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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über einen Gesetzesentwurf betreffend Abänderung der im Gesetz über die Wahl des Nationalrates vorgesehenen Fristen.

(Vom 17. Mai 1946.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren !

Am 22. Juni 1939 haben die gesetzgebenden Bäte verschiedene Bestimmungen des Gesetzes vom 14. Februar 1919 betreffend die Wahl des Nationalrates abgeändert, um mehrfache Kandidaturen zu verhindern, d. h. um zu verunmöglichen, dass der Name des gleichen Kandidaten auf Listen mehr als eines Kantones steht. Die eine dieser abgeänderten Bestimmungen -- Art. 6 -- sieht vor, dass der Bundesrat einen in mehr als einem Wahlkreis vorgeschlagenen Kandidaten auffordert, bis zum 16. Tage (drittletzten Freitag) vor dem Wahltage zu erklären, in welchem Wahlkreis er kandidieren wolle. Ist eine Erklärung innert dieser Frist nicht erhältlich, so entscheidet das Los, auf welchem Wahlvorschlag der Name des Vorgeschlagenen stehen bleiben soll. Sein Name ist auf den andern Wahlvorschlägen zu streichen. Damit der Bundesrat die Listen vergleichen und gegebenenfalls einen Kandidaten auffordern kann, sich für einen Wahlkreis zu entscheiden, hat der Gesetzgeber Art. 3 des Gesetzes durch eine Bestimmung ergänzt, wonach die Kantonsregierungen dem Bundesrat von den Wahlvorschlägen unverzüglich Kenntnis zu geben haben. Die Feststellung, ob mehrfache Kandidaturen vorhanden sind oder nicht, ist erst dann möglich, wenn die Listen aller Kantone eingegangen sind, in denen die Nationalrätswahlen nach dem Grundsatz der Proportionalität stattfinden. Die Zustellung der Wahlvorschläge kann, wenigstens nach strengem Becht, frühestens am drittletzten Dienstag, d. h. am Tag nach dem letzten Einreichungstag, erfolgen (siehe Art. 3 in Verbindung mit Art. 27). Der Bundesrat kann daher die Wahlvorschläge erst am Mittwoch endgültig vergleichen, und die Kantone können vor diesem Tage nicht mit Bestimmtheit wissen, ob ihre Wahlvorschläge in Ordnung sind. Diese Notwendigkeit, die Wahlvorschläge durch die Bundesbehörde vergleichen zu lassen, hatte zur Folge, dass Art. 26 des Gesetzes, wonach die Kantonsregierungen berechtigt sind, nach Massgabe der besonderen Verhältnisse des Kantons mit Genehmigung des Bundesrates die im Gesetz vorgesehenen Fristen zu verkürzen oder zu verlängern, wirkungslos wurde. Es nützt in der Tat nichts, die Fristen zu ändern, wenn die Wahlvorschläge erst nach vollzogener Prüfung durch die Bundesbehörde als endgültig betrachtet werden können.

147 Der Kanton Zürich, der sich, nach Massgabe seiner besonderen Verhältnisse, wie sie Art. 26 vorsieht, im Jahre 1939 veranlagst sah, von der hier vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch zu machen und die gesetzlichen Fristen um 7 Tage vorzuschieben, kam in Verlegenheit, als er wegen der inzwischen in Kraft getretenen, abgeänderten Bestimmungen gezwungen war, die Prüfung der Wahlvorschläge durch die Bundesbehörde abzuwarten, und konnte so von der in Frage stehenden Ermächtigung keinen Gebrauch machen.

Namens der Zürcher Begierung reichte dann Herr Nationalrat Kägi am 6. Juni 1944 folgendes Postulat ein: .Der Bundesrat wird eingeladen, die Frage zu prüfen und darüber Bericht und Antrag einzubringen, ob nicht das Bundesgesetz vom 14. Februar 1919 betreffend die Wahl des Nationalrates in dem Sinne abzuändern sei, dass die Einreichung der Wahlvorschläge und die mit deren Behandlung in Zusammenhang stehenden Termine auf ein früheres Datum anzusetzen seien.

In einer Eingabe des Eegierungsrates des Kantons Zürich an den Bundesrat vom 26. Oktober 1944, welche im allgemeinen die von Herrn Kägi dargelegte Begründung wieder aufnahm, wurde das Postulat wiederholt.

Die Gründe, die Herr Kägi dem Parlament vorbrachte und die der Begierungsrat des Kantons Zürich in seiner Eingabe vom 26. Oktober 1944, ergänzt am 7. März 1945, anführt, lassen sich folgendermassen zusammenfassen : ; , .

Bei den bestehenden Fristen ist für den Kanton Zürich die zur Verfügung stehende Zeit zwischen dem Tag, von welchem an die Wahlvorschläge nicht mehr geändert werden; dürfen (zweitletzter Montag), und dem Wahltage zu knapp, um die Listen drucken und rechtzeitig an die Wähler verteilen zu lassen.

Der Kanton Zürich zählt zur Zeit 224 000 Stimmberechtigte in eidgenössischen Angelegenheiten, wovon die Stadt Zürich allein 114 000. Im Gegensatz zu andern Kantonen stellt der Kanton Zürich (ausser dem leeren Stimmzettel) die verschiedenen unter seiner Aufsicht gedruckten Wahlvorschläge den Wählern von Amtes wegen zu. Im Jahre 1940 wurden elf Wahlvorschläge eingereicht, so dass für jeden Stimmberechtigten elf Wahlzettel mit je 31 Namen und ein Zettel mit 31 freien Linien gedruckt werden mussten. Für die Wahlen im Jahre 1943 mussten, einschliesslich eines Vorrates, 2 736 000 Wahlzettel gedruckt und nachher verteilt werden. Diese Arbeit erforderte,
trotzdem damit 6 zum Teil grosse Druckereien beauftragt wurden, eine Zeit von 10 bis 14 Tagen. Die Städte Zürich und Winterthur sind genötigt, das Versandbereitmachen der Listen durch einschlägige Firmen ausführen zu lassen., was im Jahre 1943 12 Arbeitstage beanspruchte. In diesen beiden Städten erfolgt nämlich die Zustellung des Stimmaterials an die Stimmberechtigten durch die Post. Mit der Übergabe an die Post muss daher am Montag vor dem Wahltag begonnen werden, wenn man will, ;dass die Wähler, wie dies das Bundesgesetz vorschreibt, das Stirnmaterial bis;am Freitag vor der Abstimmung, erhalten.

148 Diese Angaben beweisen zur Genüge, dass der Kanton Zürich für den Druck und die Zustellung der Wahlzettel einen Zeitraum von über 13 Tagen absolut nötig hat.

Bei den Nationalratswahlen von 1943 behalf sich der Kanton Zürich damit, dass er von den 268 Kandidaten die schriftliche Erklärung abnahm, nur im Kanton Zürich zu kandidieren. Es konnte so innert nützlicher Frist, d. h. vor dem zweitletzten Dienstag vor dem Wahltag, mit dem Druck begonnen werden. Die Kantonsregierung ist jedoch der Auffassung, dass dieses Vorgehen auf die Dauer nicht durchführbar ist. Wir müssen zum mindesten zugeben, dass es nicht vollauf befriedigen kann, schon mit Bücksicht auf die Schwierigkeiten, die mit der Abnahme all dieser Erklärungen verbunden sind.

Man kann sich überdies den Fall vorstellen, dass ein Kandidat guten Glaubens erklärt, nur im Kanton Zürich zu kandidieren, während sein Name wegen eines Missverständnisses unter den kantonalen Parteien auch auf einem Wahlvorschlag eines andern Kantons figuriert. Es empfiehlt sich daher, zu prüfen, ob stichhaltige Gründe vorliegen gegen eine Änderung der Fristen, was ermöglichen würde, auf die erwähnte Befragung der Kandidaten zu verzichten.

Gegen den Antrag des Kantons Zürich, die im Gesetz vorgesehenen Fristen zu verlängern, wurden verschiedene Einwände erhoben.

Ein erster Einwand weist darauf hin, dass verschiedene Kantone für die Wahl ihres Grossen Eates die genau gleichen Fristen wie das Bundesgesetz eingeführt haben und dass man auf einem Gebiete, wo die Gesetzesbestimmungen ohnehin schon kompliziert sind, jede Verwirrung der Begriffe vermeiden sollte, die durch zwei verschiedene Fristenreihen entstehen könnte: Wir glauben, dass dieser Einwand nicht stark ins Gewicht fällt, da -- Irrtum vorbehalten -- in keinem Kanton die Grossratswahlen gleichzeitig mit denen des Nationalrates stattfinden und somit die Verschiedenheit der Fristen kaum Anlass zu Verwirrungen geben dürfte. Im schwierigen Bereiche des Wahlverfahrens müssen die Behörden und die Vertreter der Parteien ständig den Gesetzestext zu Bäte ziehen, und es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass bei einer kantonalen Wahl die Erinnerung an die bundesgesetzlichen Fristen die Geister verwirren könnte oder umgekehrt. Wie dem auch sei, jedenfalls steht fest, dass nur eine einzige kantonale Begierung sich darauf
berufen hat.

Ein zweiter Einwand, der erhoben wurde, ging dahin, dass Art. 6 des Bundesgesetzes (welcher bestimmt, dass der Bundesrat einen Kandidaten, dessen Name auf Listen mehr als eines Wahlkreises steht, auffordert, zu erklären, auf welchem von diesen Vorschlägen sein Name stehen soll) bereits prohibitive Wirkung habe und man sich daher höchst wahrscheinlich nie genötigt sehe, wegen mehrfachen Kandidaturen die eingereichten Wahlvorschläge abzuändern. Gewiss, die Gefahr mehrfacher Kandidaturen ist gering.

So gering sie aber auch sein mag, so ist sie doch vorhanden (wir denken dabei vor allem an den Fall eines Missverständnisses zwischen zwei kantonalen Parteien), so dass man vom Kanton Zürich kaum verlangen darf, einfach auf die Abklärung zu verzichten.

149 Ein dritter Einwand beruht auf der Tatsache, dass mit; der Verlängerung der Fristen die Wahrscheinlichkeit wächst, dass ein Kandidat sterben oder seine Wahlfähigkeit verlieren kann. Dieses Eisiko scheint uns jedoch wirklich zu klein, um ihm zuliebe auf die Notwendigkeit, dem Kanton Zürich für den Druck und die Verteilung der Wahlvorschläge normale Bedingungen zu gewähren, zu verzichten.

: Vermerkt sei noch, dass sich die interessierten Kantone sozusagen gesamthaft für eine Abänderung der Fristen aussprachen oder erklärten, keine Einwendungen zu erheben.

· . .

.

Nachdem wir uns grundsätzlich über die Wünschbarkeit der Abänderung ausgesprochen haben, müssen wir; uns noch über die Länge : der neuen Fristen äussern. In seiner Eingabe vom 26. Oktober 1944 verlangte der Kanton Zürich eine Vorverlegung der Fristen um mindestens eine Woche. Wenn die gegenwärtigen Studien über eine Eegelung, welche die Stimmabgabe für die vom Wohnsitz abwesenden Bürger auf dem Korrespondenzwege zum Ziele hat, eines Tages zur Annahme eines Gesetzes führen sollten, so wäre es mit Bezug auf die Nationalratswahlen wichtig, dass die Wahlvorschläge früh genug gedruckt werden, damit die Abwesenden sie innert nützlicher Frist erhalten können. Aus diesem Grunde haben wir die Kantonsregierungen ersucht, sich darüber zu äussern, ob nicht die Fristen um 14 Tage statt um nur 7 vorverlegt werden sollten. Die interessierten Kantone haben sich mehrheitlich für eine Verlängerung um 14 Tage ausgesprochen. Daher sieht unser Gesetzesentwurf .eine Verlängerung um 14 Tage vor.

, Gestützt auf die vorausgehenden Erwägungen, empfehlen wir Ihnen Zustimmung zu einem Gesetzesentwurf betreffend Abänderung der durch das Gesetz über die.Wahl des Nationalrates vorgesehenen Fristen. Abgesehen von den Fristen stimmen die Art. 3, 6, 7, 8 und 9, Abs. 4, des .Gesetzesentwurfes, den wir Ihnen unterbreiten, mit den in Kraft stehenden Bestimmungen wortwörtlich überein. Der Entwurf enthält eine Bestimmung über die Aufhebung von Art. 26 des Gesetzes, der nicht mehr anwendbar ist.

Das von Herrn Kägi eingereichte Postulat kann damit als erledigt abgeschrieben werden.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

i Bern, den 17. Mai 1946.

: Im Namen des Schweiz. Buhdesrates, Der Bundespräsident:

Kobelt.

Der Bundeskanzler: Leimgruber.

Bundesblatt. 98. Jahrg. Bd. II.

11

Ì50 (Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

Abänderung der durch das Gesetz über die Wahl des Nationalrates vorgesehenen Fristen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 17. Mai 1946, beschliesst: Art.l, Die Artikel 3, 6, 7, 8 und 9, Abs. 4, des Bundesgesetzes vom 14. Februar 1919/22. Juni 1939 betreffend die Wahl des Nationalrates werden aufgehoben und durch folgende Bestimmungen ersetzt: Art. 3. Die Wahlvorschläge sind bei der Kantonsregierung spätestens 34 Tage (am fünftletzten Montag) vor dem Wahltage einzureichen.

Art. 6. Steht der Name eines Vorgeschlagenen auf mehr als einem Wahlvorschlag desselben Wahlkreises, so fordert die Kantonsregierung den Vorgeschlagenen sofort auf, bis zum 30. Tage (fünftletzten Freitag) vor dem Wahltage zu erklären, auf welchem von diesen Vorschlägen sein Name stehen soll. Der Bundesrat erlässt eine gleiche Aufforderung an diejenigen Vorgeschlagenen, deren Name auf Listen mehr als eines Wahlkreises steht.

Ist eine Erklärung innert dieser Frist nicht erhältlich, so entscheidet das Los, auf welchem Wahlvorschlag der Name des Vorgeschlagenen stehen bleiben soll. Auf den andern Wahlvorschlägen ist der Name des Kandidaten zu streichen.

Art. 7. Zwei oder mehreren Wahlvorschlägen kann bis spätestens am 27. Tage (viertletzten Montag) vor dem Wahltage die übereinstimmende Erklärung der Unterzeichner oder ihrer Vertreter beigefügt werden, dass die Vorschläge miteinander verbunden seien (verbundene Listen).

Eine Gruppe miteinander verbundener Listen gilt gegenüber anderen Listen als eine einzige Liste.

151 Ari. 8. Ein Vorgeschlagener kann bis spätestens am 30. Tage (fünftletzten Freitag) vor dem Wahltag die schriftliche Erklärung abgeben, dass er eine Wahl ablehne; in diesem Ealle wird sein Name von Amtes wegen auf dem Wahlvorschlag gestrichen.

Art. 9, Abs. 4. Nach dem 27. Tage (viertletzten Montag) vor dem,Wahltag dürfen an den Wahlvorschlägen keine Änderungen mehr vorgenommen werden.

Art. 2.

Art. 26 des oben erwähnten Gesetzes wird aufgehoben.

Art. 3.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

6591

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über einen Gesetzesentwurf betreffend Abänderung der im Gesetz über die Wahl des Nationalrates vorgesehenen Fristen. (Vom 17. Mai 1946.)

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1946

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5019

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23.05.1946

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