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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Peter Wyß, Schreiner in Zürich.

(Vom 28. Oktober 1904.)

Tit.

Peter Wyß, Schreiner in Zürich, wurde vom Kreiskommando Zürich dem Strafrichter überwiesen, nachdem er trotz zweimaliger Mahnung die Militärsteuer für die Jahre 1901 bis 1903 im Gesamtbetrag von Fr. 36 nicht bezahlt, sich über die Unmöglichkeit der Zahlungsleistung nicht genügend ausgewiesen und auch von dem ihm gemachten Anerbieten der Arbeitsanweisung in der Kaserne zu Fr. 3 per Tag nebst freier Kost und Logis keinen Gebrauch gemacht hatte. Vor dem Untersuchungsrichter und dem Bezirksgerichte Zürich suchte der Verzeigte die Unterlassung der Zahlung zu entschuldigen mit geringem Arbeitsverdienst bei mehrfachem Ausfall von Arbeitstagen und durch erhebliche Auslagen für ärztliche Behandlung seiner Ehefrau.

Polizeiliche Nachfrage über die Verhältnisse des Wyß hatten aber kein günstiges Resultat. Mehrere Personen in dem von ihm bewohnten Hause, welche der rapportierende Polizist als vertrauenswürdig bezeichnet, erklärten, daß Wyß ein Trinker und Nachtschwärmer sei, der, wenn er nach Hause komme, was zu jeder Stunde der Nacht schon vorgekommen, mit seiner Frau noch Wortwechsel habe und dadurch die Nachtruhe der übrigen Hausbewohner störe. Ein älteres Ehepaar, das schon fünf Jahre im Hause wohnte, habe wegen Wyß die Wohnung gekündigt Das Bezirksgericht Zürich wies die Entschuldigungsversuche des Verzeigten in eingehender Begründung als unstichhaltig zurück und verurteilte ihn wegen schuldhafter Nichtbezahlung der Mi-

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liUirtaxe zu drei Tagen Gefängnis und zur Tragung der Koston mit Inbegriff einer Staatsgebühr von Fr. 10. Dieses Urteil wurde vom zürcherischen Obergericht im wesentlichen aus den von der ersten Instanz angeführten Gründen bestätigt, nachdem Wyß unter Zuzug eines Rechtsanwaltes gegen dasselbe appelliert hatte.

In seinem Begnadigungsgesuche wiederholt der Bestrafte im wesentlichen die bereits vor den kantonalen Gerichten vorgebrachten Behauptungen mit dem Zusätze, er hoffe, daß man auf Polizeirapportc, die ungünstig lauten, nicht abstellen werde, da man ja wisse, daß Polizeirapporte unzuverlässig seien. Er ersucht um Erlaß der Strafe und der Kosten.

Auch im vorliegenden Falle sind die Bundesbehörden nicht kompetent, dem Begehren des Potenten um Nachlaß der Gerichtskosten zu entsprechen, da diese dem kantonalen Fiskus zufallen.

Was aber die verhängte Freiheitsstrafe anbetrifft, so muß auf die Würdigung der faktischen Verhältnisse durch die Gerichtsbehörden abgestellt, und kann namentlich die Bemängelung der polizeilichen Feststellungen durch den Gesuchsteller nicht gehört werden. Die Art, wie er solche vorbringt, ist durchaus nicht geeignet, seinen eigenen Behauptungen und Bestreitungen Glauben zu verschaffen, die insbesondere hinsichtlich der Höhe des jährlichen Arbeitsverdienstes mit keinerlei Beweismitteln belegt sind.

Es darf vielmehr angenommen werden, Wyß habe schuldhafterweise die Leistung der Militärsteuer unterlassen, und daher kann seinem Gesuch auch in der Hauptsache nicht entsprochen werden.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den A ntr ag:

Es sei das Gesuch des Peter Wyß abzuweisen.

B e r n , den 28. Oktober 1904.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Comtesse.

Ber Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

-S-O-eS-

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Peter Wyß, Schreiner in Zürich. (Vom 28. Oktober 1904.)

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Jahr

1904

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02.11.1904

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287-288

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