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Schweizerische Bundesversammlung,

Herr Dr. jur. Arnold Roth, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister der schweizerischen Eidgenossenschaft bei dem Deutschen Reiche und dem Königreich Bayern, ist am 7. April, abends 9 Uhr, im 68. Lebensjahre in Berlin gestorben.

Im N a t i o n a l r a t gedachte Herr Präsident Martin des Verstorbenen mit folgenden Worten : ,,Dieser Todesfall wird in unserem Land eine schmerzliche Bewegung und einmütiges Bedauern hervorrufen, denn Herr Roth gehört zu der Zahl derjenigen Männer, welche durch ihre Hingebung und eine den Interessen des Landes von Anfang bis zu Ende gewidmete Laufbahn demselben die hervorragendsten Dienste geleistet haben. Es ist mir nicht möglich, hier eine einläßliche Schilderung dieser Laufbahn zu geben. Ich beschränke mich darauf, daran zu erinnern, daß Herr Roth, während er, als Landammann von Appenzell A.-Rh., der allgemein beliebte und angesehene höchste Magistrat seines Heimatkantons war, diesen im Ständerate vertreten hat und zu dessen Vizepräsidenten aufgestiegen ist. Im Jahre 1876 Herrn Oberst Hammer zu ersetzen berufen, hat er bis zu seinem Hinscheide, d. h. während mehr als 27 Jahren, die hohe Aufgabe erfüllt, die schweizerische Eidgenossenschaft als ihr Gesandter in Berlin zu vertreten. Durch die Geradheit seines Charakters, durch die Würde seiner Lebensführung, durch seinen klaren Verstand, durch seinen Takt und seine weltmännische Gewandtheit hat er sich in Berlin ein An-

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sehen erworben, welches ihm ermöglichte, die Interessen seines Landes in bekannt erfolgreicher Weise wahrzunehmen.

Ich bitte Sie, sich zu Ehrung des Andenkens dieses so trefflichen und treuen Dieners seines Landes und zum Zeichen unserer herzlichen Teilnahme für seine Familie von Ihren Sitzen zu erheben.tl Der Rat ordnete an die Begräbnisfeier in Teufen die Herren Ador und Zschokke ab.

Im S t ä n d e r a t widmete Präsident Lachenal dem Verstorbenen folgenden Nachruf: ,,Ich habe die traurige Pflicht, Ihnen vom Tod des Herrn Minister Dr. Roth Kenntnis zu geben. Arnold Roth wurde 1836 in Teufen geboren. Er studierte in Heidelberg die Rechte und wurde darauf, noch in sehr jugendlichem Alter, als Sekretär des politischen Departements nach Bern berufen, um später diese Stelle mit derjenigen eines Sekretärs der schweizerischen Gesandtschaft in Paris zu vertauschen. In Paris arbeitete er an der Seite von Minister Kern. Nachdem sein Vater gestorben, kehrte Roth 1871 nach der Schweiz zurück ; er wurde von seinen Mitbürgern in Appenzell A.-Rh. zum Landammann und als Mitglied des Ständerats gewählt. Schon war der junge Magistrat auf den Stuhl des Vizepräsidenten des Ständerats berufen worden, als er 1876 an Stelle des Herrn Hammer zum Gesandten der schweizerischen Eidgenossenschaft in Berlin ernannt wurde.

Von diesem Augenblicke an kann man sagen, daß sein Leben die Geschichte der Beziehungen zwischen der Schweiz und Deutschland darstellt. Arnold Roth hat sein ganzes Leben dem Dienst seines Heimatkautous und seines weitern Vaterlandes gewidmet.

Er hat das letztere ebenso würdig als erfolgreich vertreten ; er hat zwei Handelsverträge mit unserm mächtigen Nachbarn unterzeichnet und der Tod riß ihn mitten aus den Arbeiten für den dritten heraus. Gute und böse Tage waren ihm beschieden. Im Jahre 1893 begleitete er den Bundesrat nach Luzern anläßlich des Besuchs des deutschen Kaisers ; als treuer Diener war er dem Bundesrat zur Seite gestanden, als ein Zwischenfall unsere guten Beziehungen zum Deutschen Reich zu trüben drohte. Oberst Roth hat mit seiner Geschicklichkeit, seinem Takt und seiner persönlichen Stellung mächtig dazu beigetragen, daß das gute Einvernehmen zwischen den beiden Ländern so rasch wieder hergestellt Bundesblatt. 56. Jahrg. Bd. II.

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und seither nie wieder getrübt worden ist. Seine Hingebung-, seine klare, gewählte .Rede, seine strenge Rechtlichkeit, seine Zuvorkommenheit und Festigkeit sicherten ihm die Freundschaft des Kaisers, den Einfluß und die Hochachtung, deren er in Berlin wie in der Schweiz genoß.

Sein Tod verursacht schmerzliche Bewegung und tiefe Trauer überall. Sagen wir seiner Familie, wie der -Ständerat ihr Leid teilt, sagen wir dem Schweizervolk, daß solche Männer in der Demokratie der Jugend als leuchtendes Beispiel dienen sollen und daß das Leben des Magistraten, Diplomaten und Bürgers Arnold Roth unserm Lande große Ehren gebracht habe.

Meine Herren ! Ich lade Sie ein, sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Sitzen zu erheben.a Als Vertreter des Ständerates werden die Herren Vizepräsident Isler und Dr. Ammann der Begräbnisfeier in Teufen beiwohnen.

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