291

# S T #

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Josef Rüde, Schreiner in Kaisten (Kanton Aargau).

(Vom 28. Oktober 1904.)

Tit.

Durch Urteil vom 28. April 1904 bestrafte das Bezirksgericht Laufenburg den Joseph Rüde wegen schuldhafter Nichtbezahlung von Militärsteuer im Betrage von Fr. 14 mit vier Tagen Gefängnis. Der Verzeigte hatte schon im Vorverfahren geltend gemacht, daß es ihm ohne eigenes Verschulden nicht möglich gewesen sei, die Forderung des Militärfiskus zu erfüllen.

Er wurde aber mit dieser Schutzbehauptung nicht gehört, weil der Gemeinderat Kaisten am 10. November 1902 und am 17. September 1903 bezeugte, ßüde hätte bei gutem Willen bezahlen können.

Petent ersucht nun um gnadenweisen Erlaß der über ihn verhängten Freiheitsstrafe. Neuerdings bringt er vor, er sei durch Krankheit und Arbeitsunfähigkeit seiner Ehefrau in arge ökonomische Bedrängnis geraten und habe aus seinem eigenen kargen Verdienste von Fr. 2. 85 per Tag kaum die notwendigen Bedürfnisse seiner Haushaltung bestreiten können. Dem Bezirksgerichte legte er ein vom 12. April 1904 datiertes Privatzeugnis darüber vor, daß er für Pflege seines zwei Jahre alten Kindes an drittem Ort Fr. 12 habe bezahlen müssen. Gegenwärtig produziert er ein

292 ärztliches Zeugnis, nach welchem seine Ehefrau im Februar und März 1904 zu Freiburg i. B. wegen Unterleibsaffektion in Spitalbehandlung stand.

Das Bezirksgericht Laufenburg hat darauf verzichtet, über die im Begnadigungsgesuche enthaltenen Vorbringen des Potenten sich auszusprechen.

Aus den von Rüde vorgelegten Zeugnissen geht hervor, daß er bei geringem Einkommen durch Krankheit und Abwesenheit seiner Ehefrau, also ohne eigenes Verschulden, in schwere ökonomische Bedrängnis gekommen ist, und es muß ihm wohl auch ohne strikten Nachweis geglaubt werden, daß er aus diesem Grunde die Entrichtung des Militärpflichtersatzes unterlassen hat.

Es dürfte sich demgemäß rechtfertigen, dem gestellten Gesuche zu entsprechen.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es sei dem Josef Rüde die ihm von dem Bezirksgerichte Laufenburg unterm 28. April 1904 auferlegte Gefängnistrafe von vier Tagen in Gnaden zu erlassen.

"o B e r n , den 28. Oktober 1904.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

ra-O-s^.-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Josef Rüde, Schreiner in Kaisten (Kanton Aargau). (Vom 28. Oktober 1904.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1904

Année Anno Band

5

Volume Volume Heft

44

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

02.11.1904

Date Data Seite

291-292

Page Pagina Ref. No

10 021 165

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.