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Bericht des
Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Arthur Tüscher, Graveur in Biel.
(Vom 10. Dezember 1904.)
Tit.
Arthur Tüscher in Biel wurde am 7. Januar 1904 vom dortigen Richteramt mit zwei Tagen Gefängnis und zwei Jahren Wirtshausverbot bestraft, weil er die Militärsteuer pro 1903 im Betrage von Fr. 5.30 nicht bezahlt hatte. Er hat die Taxe nachträglich bezahlt und ersucht nun um Erlaß der Strafe durch Begnadigung, indem er vorbringt, die rechtzeitige Tilgung der Schuld sei ihm nicht möglich gewesen; er habe im Jahre 1903 infolge der bekannten Krisis in der Uhrenindustrie beinahe keine Arbeit und daher auch wenig Verdienst gehabt. Erst seit der Verurteilung, und nachdem er etwas mehr Arbeit und Verdienst gefunden, habe er seiner Verpflichtung nachzukommen vermocht.
Der Regierungsstatthalter von Biel übermittelt das Gesuch des Tüscher in empfehlendem Sinne. Von seiten des Richteramtes wird erklärt, Tüscher habe schon im Verhör behauptet, die Bezahlung der Steuer sei ihm nicht möglich gewesen, habe aber hierfür keine ernstlichen Gründe anzuführen vermocht. Die Tatsache der Krisis allein könne dem Richter nicht zum Beweise dafür genügen, daß Tüscher nicht in der Möglichkeit gewesen wäre,
505 das zur Tilgung der schuldigen Militärsteuer erforderliche Geld dennoch zu beschaffen. Im jetzigen Zeitpunkte aber wäre es kaum mehr möglich, die Frage des Verschuldens des Verurteilten nachzuprüfen.
Potent hat auch bei Einreichung des Begnadigungsgesuches die von ihm behauptete ökonomische Notlage nicht durch Anführung spezieller Tatsachen begründet, und es ist dem Richteramt Biel darin beizustimmen, daß der bloße Hinweis auf die allgemeine Krisis in der Uhrenindustrie nicht zum Nachweis dafür genügt, daß die Zahlungsversäumnis im konkreten Fall keine schuldhafte gewesen sei. Immerhin darf gesagt werden, daß kein Grund dafür ersichtlich ist, bei Ausmessung der Strafe über das gesetzliche Minimum von einem Tag Gefängnis hinauszugehen und insbesondere die Zusatzstrafe des Wirtshausverbotes auf die höchste zulässige Zeitdauer auszudehnen.
Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es sei die dem Arthur Tüscher auferlegte Strafein Gnaden auf einen Tag Gefängnis und sechs Monate Wirtshausverbot zu ermäßigen.
B e r n , den 10. Dezember
1904.
Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:
Comtesse.
Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.
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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Arthur Tüscher, Graveur in Biel. (Vom 10. Dezember 1904.)
In
Bundesblatt
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Feuille fédérale
In
Foglio federale
Jahr
1904
Année Anno Band
6
Volume Volume Heft
51
Cahier Numero Geschäftsnummer
---
Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum
14.12.1904
Date Data Seite
504-505
Page Pagina Ref. No
10 021 239
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