614

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Schottland nach Sursee.

(Vom 22. Juni 1904.)

Tit.

Die durch Bundesbeschluß vom 29. Juni 1893 (E. A. S. XII, 359) den Herren Olivier Zschokke in Aarau, als Präsident, und Häfliger-Amrhyn in Triengen, als Sekretär eines Initiativkomitees zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft erteilte Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Suhr, eventuell Entfelden oder Kölliken über Schottland nach Sursee (Suhrentalbahn) ist infolge unbenutzten Ablaufes der zur Einreichung der vorschriftsmäßigen Vorlagen angesetzten und wiederholt verlängerten Frist am 29. Dezember 1903 (E. A. S. XIX, 274) erloschen.

Die Herren V. Krell, Fürsprech in Triengen, und HäfligerAmrhyn in Sursee unterbreiteten mittelst Eingabe vom 24. März 1904, handelnd namens eines Initiativkomitees, dem Bundesrat zu Händen der Bundesversammlung das Gesuch um Erteilung der Konzession für den Bau und den Betrieb einer e l e k t r i s c h e n S c h m a l s p u r b a h n von S c h ö f t l a n d nach S u r see, indem sie darauf hinwiesen, daß das frühere Initiativkomitee das Projekt einer normalspurigen Suhrentalbahn definitiv fallen gelassen und sich als Initiativkomitee für eine elektrische

Schmalspurbahn von Schöftland nach Sursee (Fortsetzung der elektrischen Straßenbahn Aarau Schöftland) am 17. Januar 1904 in Triengen neu konstituiert habe.

Das Tracé sei noch nicht endgültig festgestellt, es seien verschiedene Varianten vorgesehen.

> In dem dem Konzessionsgesuche beigefügten Berichte wird zunächst darauf hingewiesen, daß auch eine Schmalspurbahn allen Anforderungen einer Nebenbahn zu entsprechen vermöge, wie das die Erfolge der elektrischen Straßenbahn Aarau-Schöftland dargetan haben.

Zur Beschreibung des Projektes übergehend, wird bemerkt, daß die Fortsetzung der elektrischen Straßenbahn Aarau-Schöftland talaufwärts innerhalb des Kantons Aargau mit Rücksicht auf die hohen Anforderungen, welche der Regierungsrat an eine Straßenbahn stelle, größere Schwierigkeiten als in der untern Strecke biete, weil nämlich die Talstraße zu eng sei und vielfach verbreitert werden müßte und weil dieselbe in stark wechselndem Gefalle immer einer Talseite folge und die andere unberücksichtigt lasse. Unter diesen Umständen sei es offenbar angezeigt, wenigstens auf dieser Strecke mit der Bahnlinie die Straße zu verlassen und auf eigenem Bahnkörper die Richtung einzuschlagen, welche den Verkehrsverhältnissen am besten entspreche. Statt der Landstraße folgend, nach Kirchleerau, das bloß 447 Einwohner zähle, zu fahren, erscheine es angezeigt, die Bahn.direkt nach Staffelbach, dessen Bevölkerung 686 Seelen betrage, zu führen. Daselbst schneide sie die Dorfstraße bei km. 2,700 ; die dortige Station werde in die Wiese südlich des Straßenübergangs verlegt. Bei km. 3 überschreite die Linie die Suhre. Das nächste Ziel, das erreicht werden solle, sei die Gemeinde Reitnau, und man könne sich bloß fragen, ob es vorzuziehen sei, sich mit der Bahnlinie unterhalb dieser Ortschaft soweit tunlich der Gemeinde Moosleerau zu nähern oder auf der westlichen Talseite zu verbleiben, um vor Reitnau auch noch Attelwil anzufahren.

Das Initiativkomitee gibt der Linie, welche östlich von Attelwil durchführt und bei km. 5 eine für Attelwil und Moosleerau bestimmte Haltstelle vorzieht, den Vorzug.

Bei km. 7,25o verlasse die Bahn den Kanton Aargau und trete in den Kanton Luzern. Von hier handle es sich darum, die größte Ortschaft des Tales, nämlich Triengen, mit seinen 1520 Einwohnern zu erreichen. Es seien verschiedene Varianten denkbar. Von km. 7 an könne die Linie östlich geführt werden

616

mit Überschreitung der Suhre bei Brlenstude ; von hier sei die Bahn entweder in südöstlicher Richtung nach Triengen oder zunächst in östlicher Richtung und dann anlehnend an die Straße Moosleerau-Triengen in diesen letztern Ort zu führen. Endlich dürfe noch eine andere Variante nicht unerwähnt bleiben. Von Reitnau ausgehend, könnte die Bahn vorerst nach Winikon weitergeführt werden, das 560 Einwohner zähle. Die Überschreitung des Tales würde sofort nach der Station Winikon beginnen und die Suhre beim Mühlehof überschritten. Dieser letztern Linie sei der Vorzug zu geben.

Was die Fortführung der Linie von Triengen aus betreffe, 'so folge die östliche Linie zirka von km. 11 an der Straße nach Sursee, wogegen die westliche sich näher der Talsohle halte.

Die Straße sei im allgemeinen 5,eo bis 6 Meter breit. Um die Bahn auf der Straße anzulegen, müßten namentlich bis nach Geuensee viele Verbreiterungen und wohl auch Stützmauern erstellt werden, so daß es zweifelhaft sei, ob nicht die Führung der Bahn auf eigenem Trace vorteilhafter sei. Der Entscheid hange wesentlich davon ab, welche Bestimmungen die Regierung des Kantons Luzern an die Benützung der Straße knüpfe. Von G-euensee an sei die Straße breiter oder jedenfalls derart gebaut, daß eine allfällige Verbreiterung sehr leicht und billig bewerkstelligt werden könnte. Während hier also die Verhältnisse einfach liegen, so sei dies nicht gleicherweise der Fall bezüglich der Einfahrt in Sursee. Wenn es sich bloß darum gehandelt hätte, direkt auf den Bahnhof in Sursee zu gelangen, so wäre es möglich gewesen, die Stadt auf der nördlichen Seite zu umgehen und sich derselben doch so zu nähern, daß keine große Entfernung bis zum Mittelpunkt der Stadt entstanden wäre.

Wolle man aber direkt in die Stadt fahren, was bei einer Straßenbahn erwünscht sei, so gestalte sich die Lösung am einfachsten in der Weise, daß die Bahn vor der Stadt südlich abschwenke und durch eine Bresche in der Stadtmauer auf den Hauptplatz der Stadt gelange, um von dort südlich vom Tor durch eine Bresche in der Stadtmauer auf die neue Bahnhofstraße zu gelangen und am Ende derselben zum Güterbahnhof und nachher zum Personenbahnhof. Damit bleibe die Möglichkeit offen, die Linie nach Willisau weiter zu führen.

Der summarische Kostenvoranschlag enthält folgende Hauptposten :

61T

1.

2.

3.

4.

5.

6.

Unterbau Oberbau Hochbauten Elektrische Leitungen Rollmaterial Verschiedenes

Fr.

,, ,, ,, ,, ,, Total

260,000 520,000 125,000 270,000 260,000 85,000

Fr. 1,520,000

Bezüglich des Betriebes der Bahn wird darauf hingewiesen, daß kürzlich zwischen der elektrischen Straßenbahn Aarau-Schöftland und der A. Gr. Wynentalbahn ein Übereinkommen getroffen worden sei, demzufolge beide Bahnen ihren Betrieb einer gemeinschaftlichen Betriebsleitung unterstellt haben, welche gleichzeitig auch das Rechnungswesen beider Bahnen übernehme, aber für jede getrennte Rechnung führe. Nur die Kosten für die Betriebsleitung werden auf gemeinschaftliche Rechnung gestellt und den Rechnungen der beiden Bahnen nach Maßgabe ihrer Bahnlänge jeweilen am Jahresschluß zu Lasten geschrieben. Die Betriebsleitung unterstehe einer Betriebskommission, welche aus wenigen Delegierten der verschiedenen Direktionen gebildet werde. In allen Fragen, welche den Betrieb nicht direkt angehen, wie Anstellung der untern Beamten der Bahn (Wagenführer, Kondukteure, Stationsvorsteher, Bahnwärter, Mechaniker der Umformerstationen etc.) bleiben die Direktionen der zwei Bahnen unabhängig wie bisher. Diese Einrichtung besitze die nötige Elastizität, um auf den Betrieb der Strecke Schöftland-Kantonsgrenze und Kantonsgrenze-Sursee, d. h. auf zwei weitere Teilstrecken ausgedehnt werden zu können, wodurch der Betrieb auf einem größern Netz einheitlich und im ganzen ökonomisch durchgeführt werden könnte.

Die Konzessionsbewerber sind mit den Behörden des Kantons Luzern wegen der Benützung der Kantonsstraße von Geuensee nach Sursee in Unterhandlungen getreten. Da sich aber Schwierigkeiten ergaben, erklärten sie mittelst Eingaben vom 13. und 25. Mai und 6. Juni 1904, daß sie auf die Benützung der Kantonsstraße verzichten und daß die Bahn auf eigenem Trace dicht neben derselben erstellt werden solle. Ob die Bahn durch Sursee hindurch oder neben Sursee vorbei zur Station Sursee der S' B. B. geführt werden solle, sei heute noch nicht entschieden. Die Frage des Anschlusses an diese Station werde noch mit den Schweizerischen Bundesbahnen geregelt werden. Der Regierungsrat des Kantons Bundesblatt. 66. Jahrg. Bd. IV.

40

618

Luzerii teilte mittelst Vernehmlassung vom 28. Mai 1904 mit, daß er gegen die Erteilung der nachgesuchten Konzession keine Einwendungen erhebe, unter der Voraussetzung immerhin, daß das im Situationsplan über Winikon führende Trace konzessioniert und daß für das Städtchen Sursee eine Station vorgesehen werde.

Der Regierungsrat des Kantons Aargau äußerte sich in seiner Vernehmlassung vom 28. Mai abbin eingehend über die Tracefrage. Seine Ausführungen legte er in folgendem Resumé nieder : Der Regierungsrat gebe dem Trace nach dem im Situationsplane stark ausgezogenen Zinnoberstrich -- vorbehaltlich einer Verbesserung zu gunsten der Gemeinde Moosleerau -- den Vorzug, lehne im einen oder anderen Trace jede Benützung der Ortsverbindungsstraße, speziell der Straße Attelwil-Reitnau-Grenze und namentlich der Dorfstraße Reitnau ab und verlange daher eine entsprechende Änderung des Traces.

Den Konzessionsbewerbern wurde diese Vernehmlassung zur Kenntnis gebracht, mit der Einladung, sich darüber zu äußern, welches Trace zur Ausführung gelangen solle und ob auch im Kanton Aargau auf die Benützung der Straßen definitiv verzichtet werde.

Mittelst Eingabe vom 6. Juni 1904 erklärten nun die Konzessionsbewerber, daß der ausgezogene Zinnoberstrich für die ganze Linie maßgebend sein solle mit der Modifikation, daß Reitnau und Winikon nicht mehr direkt von der Bahn berührt werden, sondern daß einer mehr östlich gelegenen Linie mit Stationen für beide Dörfer der Vorzug gegeben werde. Einer Verbesserung des Traces zu gunsten Moosleeraus in der Festlegung des Traces werde zugestimmt, jedoch mit dem Vorbehalte, daß die Gemeinden Moosleerau und Kirchleerau entsprechend höhere Subventionen bewilligen oder Reitnau damit zurückbliebe. Sodann werde ausdrücklich erklärt, daß jede Benützung der Ortsverbindungsstraße, speziell der Straße Attelwil-Reitnau-Grenze und namentlich der Dorfstraße Reitnau ausgeschlossen sei.

Die üblichen konferenziellen Verhandlungen fanden am 20. Juni 1904 in Bern statt. In dem vom Bisenbahndepartement vorgelegten Entwurfe war im Artikel 3 als Sitz der Gesellschaft ,,Aarau1* bezeichnet worden, indem das Initiativkomitee, von der Voraussetzung ausgehend, die Straßenbahn Aarau-Schöftland, die Wynentalbahti und die Schmalspurbahn Schöftland-Sursee werden seinerzeit einheitlieh betrieben werden, in erster Linie Aarau, und nur eventuell, nämlich für den Fall, daß die Bahn SchöftlandSursee selbständig betrieben werden sollte, Triengen als Sitz der

619

Gesellschaft vorgeschlagen hat. Auf Verlangen des Vertreter^ der Regierung des Kantons Luzern, der betonte, daß die Linie zum größten Teil sich im Kanton Luzern befinde, daß es sich im gegenwärtigen Moment um die Konzessionierung einer selbständigen Linie handle, und daß die Subventionierung derselben durch den Kanton Luzern und die Gemeinden auf Schwierigkeiten stoßen würde, wenn der Sitz außerhalb des Kantons Luzern gewählt werde, wurde Triengen als Sitz der Gesellschaft bezeichnet.

Man war aber allseitig darüber einig, daß im Falle einer Fusion mit der Gesellschaft der Aarau-Schöftland-Bahn das Domizil der neuen Gesellschaft nach Aarau zu verlegen wäre. Im übrigen erklärte man sich mit dem vom Departement vorgelegten Entwurfe nach Vornahme einer kleinen Änderung im Artikel 12 einverstanden.

Der nachstehende Beschlußentwurf, der die üblichen Bestimmungen enthält und in welchem die bestehenden Taxen der elektrischen Straßenbahn Aarau-Schöftland eingesetzt sind, gibt uns zu keinen weitern Bemerkungen Anlaß.

Indem wir Ihn en den Beschlußentwurf zur Annahme empfehlen, benutzen wir auch diese Gelegenheit, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 22. Juni 1904.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

620

(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Schottland nach Sursee.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer" Eingabe der Herren V. Krell, Fürsprech in Triengen, und Häfliger-Amrhyn, in Sursee, vom 24. März 1904 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 22. Juni 1904, beschließt: Den Herren V. K r e l l , Fürsprech in Triengen, und H ä f l i g e r - A m r h y n in Sursee, handelnd namens eines Initiativkomitees, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn von S c h ö f t l a n d nach S u r s e e unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Bisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

621

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Triengen.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, 'welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vor lagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, -wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Sollte für die Führung der Bahn durch Sursee die dortige Gemeindestraße benutzt werden, so hätten sich die Konzessionsbewerber mit der Stadt Sursee rechtzeitig über die Straßenbenützung zu verständigen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

622

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, daß Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlaß zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens achtmal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und mit Anhalten auf allen Stationen erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrate festgesetzt.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit einer Klasse aufstellen, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muß.

Wenn sich das Bedürfnis zeigen sollte, kann der Bundesrat die Einführung einer zweiten Wagenklasse gestatten.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, daß alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 15. Die Gesellschaft kann für die Beförderung von Personen Taxen bis anf den Betrag von 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge beziehen.

Im Falle der Einführung einer zweiten Wagenklasse setzt hierfür der Bundesrat die Taxe fest.

Für Kinder unter vier Jahren ist, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, keine Taxe, für Kinder

623 zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen. Der Bundesrat kann eine angemessene Ausdehnung der zur Hälfte der Taxe berechtigenden Altersgrenze verlangen.

Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillete zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 16. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der-zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personen taxe zu berechnen. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisendengepäck ein Abfertigungs verfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 3 Rappen und deren niedrigste nicht über l,s Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspr.uch auf Rabatt.

Bei Beförderung von Waren in Eilfracht kann die Taxe um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

624 Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

Art. 19. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Geld und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens 1,6 Rappen zu erheben.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 21. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten,Kartoffeln,Futtermitteln u.s.w. zeitweise niedrigere Taxen zu bewilligen, welche vom Bundesrat nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen sind Taxen zu beziehen, welche nach Klassen und Transportmengen (Stückzahl Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 20 Rappen per Stück und Kilometer für die höchste und 7 Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen.

Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40 °/o erhoben werden.

Art. 23. Die Minimaltransporttaxe für Gepäck, für Gütersendungen und für Tiersendungen beträgt höchstens 40 Kappen.

Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist.

625

Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Bezüglich des Gewichtes werden Sendungen in Eilfracht und in gewöhnlicher Fracht bis auf 20 kg. für volle 20 kg. gerechnet und Gepäcksendungen bis auf 10 kg. für volle 10 kg. ; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der gemäß diesen Vorschriften berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird dieselbe auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, insofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 27. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

626

Art. 30. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Aargau und Luzern gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

e. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1940 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1940 und 1. Januar 1955 erfolgt, den 221/sfachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1955 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller andern etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder

627

der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 31. Haben die Kantone Aargau und Luzern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 30 definiert worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu. fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 32. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche am 15. Juli 1904 in Kraft tritt, beauftragt.

-3»O«--

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Schottland nach Sursee. (Vom 22. Juni 1904.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1904

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

26

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

29.06.1904

Date Data Seite

614-627

Page Pagina Ref. No

10 021 048

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.