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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend Annahme und Anweisung von Geldbeträgen im Postscheck- und Giroverkehr.

(Vom 5. April 1904.)

Tit.

Bei Anlaß der Genehmigung des Geschäftsberichts des Bundesrats für das Jahr 1902 haben die eidgenössischen Räte unterm 29. Oktober und 5. November 1903 folgendes Postulat angenommen : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, der Bundesversammlung ,,beförderlichst einen besonderen Gesetzesentwurf über dea ,,Postscheck- und Giroverkehr vorzulegen.a Die Postverwaltung hatte schon im Laufe des Jahres 1902 den Entwurf zu einem einheitlichen Bundesgesetze betreffend das schweizerische Postwesen ausgearbeitet, welches alle das schweizerische Postwesen umfassende Gesetzesbestimmungen und in diesen auch solche betreffend den Postscheck und Postgiro enthalten hatte.

Wir glaubten, diesen Entwurf durchberaten und Ihnen zur Beschlußfassung auf die Aprilsession unterbreiten zu können.

Inzwischen haben Sie bei Anlaß des Bundesbeschlusses vom 23. Dezember 1903, betreffend das Budget für das Jahr 1904, unter anderm folgendes Postulat aufgestellt:

615,,Der Bundesrat wird eingeladen : .na. zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht die ,,Verwaltung der Post und der Telegraphen zu vereinigen ,,seien; ,,6. die nötigen Maßnahmen zu treffen, daß neu zu errichtende ,,Post-, Telegraphen- und Telephpnbureaux regelmäßig in ,,den nämlichen Lokalen vereinigt werden, und daß nur in ,,Ausnahmefällen eine Trennung stattfindet."1 Bei der Bedeutung und Folgewichtigkeit dieses Postulats muß dessen genaue Prüfung, namentlich ad lit. a, notgedrungen einige Zeit in Anspruch nehmen, während welcher auch der eingangs erwähnte Entwurf betreffend das schweizerische Postwesen nicht zur Vorlage gelangen kann. Denn je nachdem über das vorstehende Postulat in zustimmendem oder ablehnendem Sinne entschieden wird, muß die Vorlage über das Postwesen umgearbeitet oder aber sie kann der Bundesversammlung nach unserer Durchberatung zur Beschlußfassung unterbreitet werden.

Wenn auch das Post- und Eisenbahndepartement die bereits in Angriff genommenen Vorarbeiten für die Prüfung des vorstehenden Postulats tunlich beschleunigen wird und demgemäß beabsichtigt, seine bestimmten Anträge dem Bundesrate noch im laufenden Jahre vorzulegen, so dürfte doch die endgültige Regelung dieser Hauptfrage noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Unter diesen Umständen glaubten wir, nach Wunsch und im Willen der Tit. Bundesversammlung zu handeln, wenn wir das erforderliche veranlassen, um die Frage des Postschecks und -Giros für sich durch Erlaß eines Spezialgesetzes der Lösung entgegenzuführen. Der mitfolgende Entwurf bezweckt, durch Einführung des Schecks und Giros in den Postverkehr die Angelegenheit im gewünschten Sinne zum Abschlüsse zu bringen.

Die erste Motion, den Scheck- und Girodienst bei der Postverwaltung einzuführen, wurde von den Herren Köchlin, Hirter und Mitunterzeichner am 15. Juni 1900 im Nationalrat gestellt.

Die Motion wurde von Herrn Nationalrat Köchlin in der Sitzung vom 28. Juni 1900 begründet und, ohne daß gegen dieselbe Einwendungen erhoben worden wären, vom Rate erheblich erklärt. Wie aus der Begründung der Motion hervorgeht, ist sie eingebracht worden in der Absicht, den Zahlungsverkehr im Lande zu erleichtern. Durch den wachsenden Handel und Verkehr wird die Nachfrage nach Zahlungsmitteln, als welche besonders im kleinern Zahlungsgeschäft fast ausschließlich Noten

616 und Bargeld zur Verwendung kommen, immer intensiver. Die Herren Motionssteiler wurden von dem Gedanken geleitet, in unser Zahlungsgeschäft Scheck und Giro mehr als dies jetzt der Fall ist, einzubürgern, dadurch dem Mangel an Noten und Bargeld, der sich hin und wieder fühlbar macht, abzuhelfen und einen Teil unserer Zahlungsmittel für andere Zwecke verfügbar zu machen.

Wir haben diese Frage durch je einen Beamten des eidgenössischen Finanzdepartements und des Postdepartements an Ort und Stelle in Deutschland und Österreich untersuchen lassen, und es liegt ein diesbezüglicher ausführlicher Bericht dieser Beamten zu Händen der Bundesversammlung bei den Akten.

Sodann hat das Postdepartement im Laufe des Monats August 1902 eine Kommission aus berufenen Vertretern der zunächst beteiligten Kreise der Finanz, des Handels, der Industrie und der Landwirtschaft zur Besprechung dieser Frage nach Bern ·einberufen. Über das Ergebnis der Beratungen liegt ein Protokoll und ein ergänzender Bericht der Oberpostdirektion ebenfalls bei den Akten.

In D e u t s c h l a n d ist der Entwurf für eine Postscheckordnung bekanntlich noch nicht zur Ausführung gekommen, indem sich zurzeit die Meinungsverschiedenheiten zwischen den gesetzgebenden und den vollziehenden Behörden noch nicht ausgeglichen haben. In Ö s t e r r e i c h dagegen besteht der Postscheckdienst auf Grund eines Gesetzes vom Jahr 1887, und es ist derselbe im Laufe der Jahre für den allgemeinen Geschäftsverkehr zu einer außerordentlichen Bedeutung gelangt.

Wir zweifeln nicht daran, daß der Postscheck- und Giroverkehr, wenn er einmal festen Boden gefaßt hat, auch für die S c h w e i z ein wirksames Mittel zur Hebung des wirtschaftlichen Verkehrs bilden wird.

Bis jetzt hat der Scheck als Zahlungsmittel im Geschäftsleben bei uns zwar noch nicht denjenigen Platz sich zu erringen vermocht, den er verdienen würde, und es dürfte richtig sein, daß die Postverwaltung, die im allgemeinen bei unserer Geschäftswelt ein weitgehendes Zutrauen genießt und die mit ihren Diensteinrichtungen wie keine andere unserer öffentlichen Verwaltungen mit dem Publikum im täglichen Verkehre steht und in alle bewohnten Gegenden unseres Landes hineinragt, zur Popularisierung des Schecks wesentliches beitragen könnte. Die Eigenschaften des Schecks als Zahlungsmittel werden von unserem

617 Publikum noch nicht richtig gewürdigt, es wird ihm in unzutreffender Weise in großen Kreisen ein gewisses Mißtrauen entgegengebracht. Wenn es der Post gelingen sollte, durch die zu schaffende neue Einrichtung eines Scheckdienstes dieses Mißtrauen zu beseitigen und das Publikum für den Scheckverkehr zu gewinnen, so dürfte dies für unsern Zahlungsverkehr eine nicht zu unterschätzende Errungenschaft bedeuten.

Da es sich für die Schweiz um eine neue Einrichtung handelt, welche voraussichtlich aus kleinen Anfängen sich zu größerer Ausdehnung und Verbreitung entwickeln wird und da naturgemäß diesem ganzen Betriebe eine gewisse Dehnbarkeit und Bewegungsfreiheit verliehen werden muß, damit er sich im täglichen Verkehr einbürgern kann, so sind wir der Meinung, daß im Gesetz selbst nur der Grundsatz der Einführung des Postscheck- und Giroverkehrs und die Organisationsfrage Aufnahme finden sollten. Alle ändern Bestimmungen, die dem Wechsel mehr oder weniger unterworfen sind, und die größtenteils erst durch die zu machende Erfahrung endgültig festgelegt werden können, sollten dagegen vom Bundesrate auf dem Wege der Verordnung, welche jeweilen nach Bedürfnis abgeändert oder ergänzt werden kann, erlassen werden. Zur allseitigen Abklärung der einzelnen Fragen liegt ein nicht genehmigter Entwurf zu einer solchen Verordnung bei den Akten.

Dabei kann der Bundesrat jetzt schon die bestimmte Zusicherung geben, daß der ganze Dienst des Postschecks und -Giros nicht zum Zwecke der Äufnung des Einnahmenüberschusses in der Postverwaltung betrieben werden soll, sondern daß die Verzinsung der Kontogutbabeu und die Festsetzung der Taxen und Gebühren nur so bemessen werden sollen, daß die Verwaltung für ihr Risiko und ihre Selbstkosten Deckung findet.

Der Scheck- und Girodienst soll bei der Postverwaltung eingerichtet werden nach den allgemeinen Grundsätzen, welche für diese Zahlungsmittel maßgebend sind. Es soll jedermann, der die hierfür aufzustellenden Bedingungen erfüllt, möglich gemacht werden, bei der Postverwaltung eine Scheckrechnung zu halten, auf die er entweder selbst oder durch Dritte einzahlen lassen kann. Über sein Guthaben würde er jederzeit mittels Schecks verfügen können. Die Einzahlungen sollen nicht nur bei den Scheckbureaux, am Sitze der elf Kreispostdirektionen, sondern bei allen rechnungspflichtigen
Poststellen, also allen Poststellen, die sich mit dem Geldanweisungsdienste befassen, gemacht werden können. Für die Äufnuug der Scheckrechnungen wird die Bundesblatt. 56. Jahrg. Bd. II.

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618 Postverwaltung die Einrichtung treffen, daß sie nicht nur durch bare Einzahlung bei einem Scheckbureau oder einer Poststelle, vielmehr auch dadurch geschehen kann, daß Beträge von Geldanweisungen und bezahlten Einzugsmandaten, die den Berechtigten jetzt ins Domizil gebracht werden, sowie auszuzahlende Beträge von Nachnahmen auf den Wunsch der Beteiligten entweder auf ihre eigene Scheckrechnung oder diejenige eines Dritten gebucht werden. Dadurch wird schon im Postverkehr allein eine bemerkenswerte Einschränkung des Barverkehrs stattfinden. Die Teilnehmer am Scheckdienst werden dadurch der Mühe enthoben, Gelder, die ihnen von der Post eingehen, aufzubewahren oder sie zum vorübergehenden Depot einem Geldinstitut überbringen zu müssen. Die Postverwaltung bietet als staatliche Institution für die ihr anvertrauten Gelder eine geradezu ideato Sicherheit, was, da die Scheckguthaben zu einem zwar mäßigen Fuße verzinst werden sollen, namentlich für die Landwirte, die kleinen Geschäftsleute und die Sparer von nicht zu unterschätzendem Werte ist. Der Umstand, daß Einzahlungen auf Scheckrechnung bei allen rechnungspflichtigen Poststellen werden gemacht werden können, kommt namentlich den Leuten aller Stände auf dem Lande zu gut, die jetzt oft nur mit großem.

Zeitverlust ihre vorübergehend verfügbaren Gelder anlegen können und aus diesem Grunde es vorziehen, von einer Anlage überhaupt abzusehen. Die Annahme dürfte zutreffend sein, daß wohl nach und nach alle Bankinstitute dem Postscheckverkchr beitreten werden. Dadurch wird es diesen möglich, sich bei allen rechnungspflichtigen Poststellen Gelder in beliebigen Beträgen auf ihre Scheckrechnungen einbezahlen zu lassen. Eine solche Einrichtung wäre nicht nur sehr wichtig für Geschäftsleute und Bankinstitute, sondern sie wäre auch geeignet, den Sparsinn der Bevölkerung zu wecken. Nach Einführung des Scheckdienstes bei der Postverwaltung, und wenn die Bankinstitute dem Scheckverkehr beitreten, wird es jedermann möglich sein, bei jeder Poststelle selbst ganz kleine Beträge auf die Scheckrechnung seiner Bank einzuzahlen mit der Bestimmung, daß sie bei der Bank auf sein Sparheft aufgetragen werden. Der Postscheckdienst wird den Bankinstituten nicht etwa Konkurrenz machen, sondern er wird Mittel in den Verkehr ziehen und ihnen zuleiten können, die jetzt oftmals
brach liegen.

Die Rückzahlungen auf Scheckrechnung sollen ebenfalls so leicht als nur möglich gemacht werden. Die Rückzahlungen werden bewerkstelligt werden können bei einem Scheckbureau

619 oder bei jeder ändern rechnungspflichtigen Poststelle. Hierfür wird immer ein Scheckformular ausgefüllt werden müssen. Wird die Rückzahlung bei einem Scheckbureau gewünscht, so ist einfach der Scheck am Schalter zur Einlösung vorzuweisen, wird aber die Rückzahlung bei einer ändern Poststelle verlangt, so ist das auf der Rückseite des Formulars anzugeben. Der Scheck ist in einem Umschlag an das Scheckbureau zu senden, worauf der Betrag an den angegebenen Ort angewiesen werden wird.

Mancher Geschäftsmann wird dadurch, daß die Rückzahlung bei jeder Poststelle bewirkt werden kann und ein Gang nach der Stadt oder dem Sitze seines Bankinstitutes nicht erforderlich ist, Zeit und Auslagen ersparen können. Auch die Geldinstitute werden gewinnen, denn es wird ihnen möglich sein, auf Rechnung ihrer Scheckguthaben durch das Mittel des Postschecks ihren Kunden Auszahlungen durch die Post leisten zu lassen. Aber auch an und für sich ist der Scheck ein sehr bequemes Zahlungsmittel, weil er innerhalb des zulässigen Maximalbetrages auf jede beliebige Summe ausgestellt und vom Aussteller als Zahlung an einen Dritten weiter gegeben werden kann. Wenn der Inhaber einer Postscheckrechnung eine Zahlung leisten will, so kann er ein Scheckformular ausfüllen und es dem Gläubiger einhändigen; dieser letztere kann den empfangenen Scheck weiter geben, und es ist nur darauf zu achten, daß die Zirkulationsfrist nicht überschritten wird.

In finanzpolitischer Beziehung kommt sodann dem Girodienst, der mit dem Postscheckdienst verbunden werden soll, eine große Bedeutung zu. Wenn es gelingen sollte, für den Postscheckverkehr eine zahlreiche Beteiligung zu gewinnen, so wird ein großer Teil der gegenseitigen Zahlungen unter den Teilnehmern durch Ab- und Zuschreibungen auf den Scheckrechnungen, also ohne Inanspruchnahme von Noten oder Barmitteln, vollzogen werden können. 'Auch hierfür wären Scheckformulare zu verwenden. Der Inhaber des Schecks hätte den letztern an das Scheckbureau zu senden unter Angabe auf der Rückseite, wem der Betrag gutzuschreiben ist. Das Scheckbureau würde zuerst die Abschreibung des Betrags auf der Rechnung des Scheckausstellers und sodann die Zuschreibuag auf derjenigen des Gutschriftempfängers vornehmen. Der Giroverkehr erreichte im Postscbeckdienst in Österreich schon im Jahre 1899 37 % des ganzen
Umsatzes; seither dürfte das Prozentverhältnis noch gestiegen sein. Dieses Verhältnis dürfte auch bei uns zu erwarten sein, besonders wenn die Postverwaltung, was in Aussicht ge-

620 nommen ist, den Giro zu fördern sich bestreben wird. Der Giro dürfte nach einigen Jahren seines Bestehens etwa 1/a des Umsatzes des Postscheckverkehrs ausmachen, so daß, wenn der letztere in einfacher Aufrechnung den Betrag einer Milliarde Franken erreicht, über 300 Millionen Franken durch Giro, also ohne jede Inanspruchnahme von Noten oder Barmitteln, ausgeglichen werden könnten.

Es soll bei der Zulassung zum Scheck- und Giroverkehr der Postverwaltung jedes nur zulässige Entgegenkommen walten.

Nur Gesuchsteller, deren rechtliche Stellung nicht klar ist oder solche, von denen zum voraus anzunehmen ist, daß sie die Zulassung mutwilligerweise begehren, sollen gemäß dem Entwurf zu einer Verordnung von der Teilnahme am Postscheck- und Giroverkehr ausgeschlossen sein.

Nach dem Entwurfe zu einer Verordnung beträgt die unantastbare Stammeinlage Fr. 100. Es ist der Ansatz so nieder bemessen worden, damit diese Einrichtung auch dem kleinern Geschäftsmann zugänglich wird.

Die Höhe des Kontoguthabens ist nach dem Entwurf zu einer Verordnung unbeschränkt; dagegen wird zur Vermeidung allfälliger mißbräuchlicher Ausnutzung des Scheckguthabens für die einmalige Einzahlung ein Höchstbetrag von Fr. 10,000 vorgesehen.

Es wird beabsichtigt, den Höchstbetrag eines Postschecks auf Fr. 5000 festzusetzen, was dem Bedürfnisse des Geschäftsverkehrs genügen sollte.

Wir sehen sodann, namentlich zur Sicherung vor mißbräuchlicher Inanspruchnahme des Scheckkontos ein jederzeitiges Kündigungsrecht für die Verwaltung vor ; dasselbe soll auch dem Kontoinhaber auf eine 14tägige Frist zustehen.

Nach den Bestimmungen des Obligationenrechtes (XXX, 832) kann die Ausstellung des Schecks an den Inhaber, an eine bestimmte Person oder an deren Ordre geschehen. Diese Vorschrift muß in bezug auf die im Postverkehr zur Einführung kommenden Schecks in dem Sinne Anwendung finden, daß nur Schecks an den Inhaber zulässig sind. Es ist dies notwendig, weil sonst, wenn auch an eine bestimmte Person oder an Ordre lautende Schecks in Verkehr gesetzt würden, die Postscheckbureaux bei der Vorweisung solcher Schecks zur Zahlung jedesmal zu prüfen hätten, ob der Vorweiser die genannte Person ist oder nicht. Eine solche Prüfung würde zu steten Anständen führen ; sobald übrigens einmal der Scheckverkehr eine gewisse Ausdehnung angenommen hat. wäre sie kaum mehr durchführbar.

621 Es mag erwähnt werden, daß in Österreich und in Ungarn ebenfalls nur Inhaberschecks im Postdienst zugelassen werden.

Auch das Projekt für den Postscheckdienst in Deutschland sieht nur Schecks auf den Inhaber vor.

Aus den nämlichen Gründen sollen die Postschecks nicht mit Indossementen versehen werden. Auf einem Inhaberscheck ist übrigens, wenn er vom Scheckaussteller weiter gegeben wird, die Beisetzung eines Indossements nicht notwendig, denn die Post wird den Scheck, sofern die erforderliche Deckung vorhanden ist, auch ohne ein solches anerkennen und einlösen. Ein Inhaberscheck kann während der zulässigen Umlauffrist wiederholt den Besitzer wechseln, ohne daß jeweilen die Übertragung auf der Rückseite vorgemerkt wird. Bei denjenigen Schecken, die einem Scheckbureau nicht zur baren Auszahlung am Schalter, sondern zur Ü b e r t r a g u n g von einer Scheckrechnung auf eine andere (Giro) oder zur Zahlung mittelst A n w e i s u n g eingesandt werden, muß allerdings von demjenigen, welcher den Scheck einreicht, auf der Rückseite angegeben werden, zu wessen gunsten die Übertraguog oder Anweisung stattzufinden habe. Diese Angabe wird aber nicht als Indossierung, sondern als eine Weisung an das Scheckbureau zur Gutschrift oder Anfertigung einer Anweisung betrachtet und sie besitzt auch tatsächlich nur diese Bedeutung.

Die Gebühren des Scheck- und Girodienstes sollen möglichst mäßig gehalten werden. Die im Art. 27 des bei den Akten liegenden Entwurfs zu einer Verordnung im einzelnen vorgemerkten Gebühren würden betragen : a. bei Einzahlungen : 5 Ct. für je Fr. 100 oder einen Bruchteil von Fr. 100; b. bei Auszahlungen: mittelst Rückzahlung am Schalter des Scheckbureaus 10 Ct.

für jeden Scheck; mittelst Übertragung von einer Rechnung auf die andere (Giro) 5 Ct. für jeden Scheck zu lasten des Auftraggebers ; mittelst Anweisungen auf gewöhnliche Poststellen 10 Ct.

für je Fr. 100 oder einen Bruchteil von Fr. 100; mittelst Postanweisungen die Geldanweisungstaxe.

Es ist somit nicht beabsichtigt, diesem Dienst einen fiskalischen Charakter zu verleihen, sondern es soll nur soviel erhoben

622 werden, daß die Selbstkosten der Postverwaltung, unter billiger Berücksichtigung des Risikos, gedeckt sind. Der Giroverkehr soll im Interesse seiner Förderung durch besonders billige Gebühren begünstigt werden. Dabei ist nicht außer acht zu lassen, daß alle im Postscheck- und Giroverkehr verwendeten Formulare auf Grund von Art. 33 des Posttaxengesetzes von den kantonalen Stempelgebühren befreit sind.

Wir haben schon vorstehend angedeutet, daß beabsichtigt ist, die Guthaben auf den Scheckrechnungen, einschließlich der Stammeinlage, zu einem mäßigen Fuße zu verzinsen, der je nach den Konjunkturen des Geldmarktes innerhalb eines festzusetzenden Maximums vom Bundesrat normiert würde. Als Verzinsung nehmen wir vorläufig den durch die Monatszahl 12 teilbaren Fuß von 1,8% an.

Es ist uns zwar bekannt, daß durchaus nicht etwa nur vereinzelt die Ansicht besteht, die Guthaben auf Postscheckrechnungen seien nicht zu verzinsen, dagegen seien auch keine Gebühren zu erheben. Eine solche Strömung hat zum Beispiel im deutschen Reichstage Oberwasser bekommen. Allein wir müssen doch darauf hinweisen, daß, wenn keine Verzinsung gewährt wird, bei unseren Verhältnissen voraussichtlich gerade diejenigen Leute -- die kleinern Kaufleute, die Gewerbetreibenden, die Landwirte, die Sparer etc. -- nicht zum Scheckdienste herangezogen werden, die wir an Scheck und Giro gewöhnen möchten. Ferner ist darauf aufmerksam zu machen, daß die nutzbringende Verwendung der Einlagensaldi des Scheckverkehrs allein die Selbstkosten der Verwaltung nicht zu decken vermag, und daher, auch wenn keine Zinsen gewährt würden, Gebühren bezogen werden müßten, wenn überhaupt Fehlbeträge in der Verwaltungsreehnung vermieden werden wollen. Es stehen sich in dieser Sache zwei Interessenstandpunkte gegenüber. Die Teilnehmer am Scheckdienst, welche einen regen Verkehr besitzen, werden wünschen, daß keine oder doch nur ganz niedrige Gebühren bezogen, dafür aber von der Verzinsung der Guthaben abgesehen werde. Die ändern, die mehr zur Kategorie der Spareinleger gehören, werden weniger auf die Gebühren als darauf sehen, daß ihnen das Guthaben verzinst wird. Wir glauben, es dürfte richtig sein, beiden Interessengruppen in der Weise entgegenzukommen, daß zwar eine Verzinsung, aber nur zu einem mäßigen Ansätze, vorgesehen, dann aber auch die Gebühren möglichst niedrig angesetzt werden.

R23

Die Postverwaltung wird den Teilnehmern am Scheck- und Giroverkehr Scheckbüchlein, enthaltend je 100 Scheckformulare, zum Selbstkostenpreise verabfolgen. Die Scheckformulare werden mit der fortlaufenden Nummer des Formulars, der Kontonummer des Teilnehmers, sowie mit seinem Namen oder seiner Firmabezeichnung bedruckt werden. Nachdem das Scheckbüchlein dem Kontoinhaber eingehändigt ist, hat die Postverwaltung weder die Macht noch die Mittel, zu verhüten, daß das Büchlein oder einzelne Scheckformulare in die Hände Unberechtigter gelangen und mißbraucht werden. Es scheint uns daher nur richtig und billig zu sein, daß er von dem Momente an, wo der Kontoinhaber im Besitze des Scheckbuches mit den Formularen ist, die Verantwortlichkeit für mißbräuchliche Verwendung, sowie den Verlust oder sonstiges Abhandenkommen von Scheckformularen, die auf seinen Namen lauten, übernehme. Es wird ihn das veranlassen, zu seinem Scheckbuche Sorge zu tragen und zu verhüten, daß dasselbe oder einzelne Fomulare in unberufene Hände gelangen.

Eine diesbezügliche Bestimmung ist im Art. 29 des Entwurfs zu ·einer Verordnung enthalten.

Bei der großen Beteiligung, die wohl nach und nach bei ·dem Postscheckdienst eintreten dürfte, wird es kaum ausbleiben, ·daß Betrugsversuche vorkommen, indem Schecks auf Postscheckbureaux ausgestellt werden von Personen, die kein Konto besitzen oder die beim bezogenen Scheekbureau nicht genügende Deckung haben. Die Postverwaltung wird zwar Vorsichtsmaßnahmen treffen, um unlautere Manipulationen zu verhindern. Im Art. 24 des Entwurfs zur Verordnung ist eine Bestimmung aufgenommen, wonach die Ausstellung wissentlich ungedeckter oder ungenügend gedeckter Schecks strafrechtlich zu verfolgen ist.

Für den Verlust von Postscheckbeträgen, sowie für die verspätete Auszahlung oder Gutschrift von einbezahlten Postscheckbeträgen, sehen wir im Art. 30 des Entwurfs zu einer Verordnung auf Grund von Art. 25 des Postregalgesetzes für den V e r l u s t von Postscheckbeträgen den vollen Ersatz und für V e r s p ä t u n g e n in der Auszahlung die nämliche Haftpflicht vor, wie bei den bereits bestehenden Geldanweisungen.

Die Organisation des Scheck- und Girodienstes bei der Postverwaltung beabsichtigen wir so, daß, außer einer neuen Dienstabteilung bei der Oberpostdirektion in Bern, zunächst am Sitze jeder
Kreispostdirektion, mithin in Genf, Lausanne, Bern, Neuenburg, Basel, Aarau, Luzern, Zürich, St. Gallen, Chur und Bellinzona, je ein Scheckbureau errichtet wird. Die zu machenden

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Erfahrungen werden zeigen, ob es möglich ist, auch noch an ändern, besonders geschäftsreichen Orten solche Bureaux einzurichten. Vorerst möchten wir dies der damit verbundenen Komplikationen wegen und um keinen Riß in die bereits bestehende Postkreiseinrichtung zu verursachen, vermeiden.

Jedes Scheckbureau würde zerfallen in eine Zahlstelle und eine Kontostelle. Die Zahlstelle wird voraussichtlich im allgemeinen mit dem Mandatbureau des betreffenden Hauptpostbureaus vereinigt werden können, und wenn später als Folge des Scheckund Girodienstes der Geldanweisungsdienst zurückgehen sollte, was zwar vorauszusehen, aber jetzt noch nicht dem Umfange nach genau zu ermessen ist, so wird das verfugbar werdende Personal im Scheck- und Girodienst Verwendung finden können.

Die Kontostelle wird entweder der Kreispostkontrolle oder der Kreispostkanzlei zugeteilt.

Bei den übrigen rechnungspflichtigen Poststellen, welche Einzahlungen auf Scheckrechnungen entgegen /u nehmen und Auszahlungen zu vermitteln haben werden, tritt dieserhalb die Notwendigkeit von Personalvermehrung oder -Verschiebung voraussichtlich nicht ein. Die neuen Verrichtungen werden die Poststellen nur in geringem Umfange mit Mehrarbeit belasten ; wo dies etwa in stärkerem Maße der Fall sein sollte, wird der betreffenden Poststelle bei der Festsetzung der Besoldung Rechnung getragen werden können.

Die Scheckbureaux werden den Kreispostdirektionen unterstellt sein und allfällige Weisungen der Zentral Verwaltung durch Vermittlung dieser Behörden empfangen. Es ist dies notwendig, damit die Kreispostdirektion, der die unmittelbare Aufsicht zusteht, über den Geschäftsgang immer auf das Genaueste orientiert sei.

Das Scheckbureau wird der Mittelpunkt des Scheck- und Giroverkehrs des betreffenden Postkreises sein. Es hat die Scheckrechnungen der Teilnehmer des betreffenden Postkreises zu führen. Zu diesem Behufe werden ihm alle Einzahlungen auf Rechnung der bei ihm abonnierten Teilnehmer successive, wie sie gemacht werden, zu melden sein, und zwar gleichviel, ob die Einzahlung im eigenen Kreise oder in einem ändern Kreise geleistet worden ist. Es wird also möglich sein, daß auf Rechnung eines Kontoinhabers Einzahlungen nicht nur innerhalb eines Postkreises, sondern im ganzen Bereiche des Landes gemacht werden können. Ebenso gehen alle Auszahlungen durch seine Vermittlung, sei es, daß die Schecks von ihm direkt am Schalter bezahlt werden oder daß es die Zahlung an eine andere Poststelle anweist. Auch die

625 Giroübertragungen sowohl innerhalb des Postkreises als im Verkehr mit den Kontoinhabern anderer Kreise werden ihm zufallen.

Das Kreisscheckbureau wird jederzeit in der Lage sein, angeben zu können, wie viele Einzahlungen am vorhergehenden Tage im Kreise geleistet und wie viele Auszahlungen gemacht, beziehungsweise angewiesen worden sind. Es wird dadurch möglich gemacht, daß ein klarer Überblick über den Geldverkehr des einzelnen Kreises vorhanden ist ; man wird ermitteln können, welche Poststellen in der Lage sind, Geldablieferungen zu machen und welchen, um die Zahlungsbereitschaft zu sichern, Vorschüsse gewährt werden müssen. Es wird in Verbindung gesetzt werden mit der Kreispostkasse, an welcher es seinen finanziellen Rückhalt für die Zahlungsbereitschaft findet.

Um den Verkehr der 11 Scheckbureaux zusammen zu fassen, den Ausgleich zwischen den Postkreisen herzustellen und den ganzen Geschäftsgang zu regeln und zu überwachen, wird eine Zentralstelle errichtet werden müssen, als welche wir, wie bereits hiervor angedeutet, eine neue Dienstabteilung bei der Oberpostdirektion in Aussicht nehmen. Dieser Zentraltselle werden unter der unmittelbaren Leitung und Aufsicht des Oberpostdirektors außerdem zu übertragen sein, die Ermittlung des Saldos jeder Poststelle und jedes Scheckbureaus aus dem Scheckverkehr und gestützt hierauf des Saldos jedes Postkreises und schließlich des Gesamtsaldos; die Nachprüfung der Scheckrechnungen, die von den Scheckbureaux geführt worden sind ; die Ausrechnung der Zinse ; die Erstellung der Monats- und Jahresbilanzen; Führung der Verzeichnisse der Teilnehmer am Scheckverkehr, inklusive der Clearingliste, und die Herstellung der erforderlichen Formulare. Die Zentralstelle wird auch täglich zu ermitteln haben, welche Postkreise, abgesehen von dem notwendigen Betriebsfonds, über soviel Gelder im Scheckverkehr verfügen, daß Anlagen gemacht werden können, oder umgekehrt, welchen Postkreisen Gelder zugeleitet werden müssen.

Für die Anlage der disponibeln Gelder aus dem Scheckverkehr würden wir nähere, im Art. 32 des Entwurfs zu einer Verordnungerwähnte Vorschriften aufstellen, aus denen hervorzugehen hat, bei welchen Bankinstituten und in welchen Werten die Anlagen zu machen sind. Wir nehmen vorläufig an, daß, abgesehen von einem Betriebsfonds, dessen Höhe durch die
Erfahrung bemessen werden wird und der in den Kassen der Dienststellen sich befinden müßte, etwa ein Dritteil der disponibeln Gelder auf Kontokorrentrechnung bei Kantonalbanken placiert werden könnte.

626 Die übrigen zwei üritteile wären in erstklassigen Wertpapieren anzulegen ; es soll auch noch untersucht werden, ob und eventuell inwieweit hierbei auch ausländische Wertpapiere zu berücksichtigen sind. Die Verwaltung dieser Wertpapiere, sowie der Verkehr mit Kantonal- oder ändern Banken, die für Anlage von Scheckgeldern bezeichnet werden, würde nach den Vorschriften eines hierfür aufzustellenden Reglements von der Oberpostdirektion zu übernehmen sein.

Wir gehen nun zu einer kurzen Begründung der im nachstehenden Gesetzesentwurf enthaltenen einzelnen Artikel über.

Ad Art. 1. Als entsprechender Zusatz zum Postregalgesetz soll die Annahme und Anweisung von Geldbeträgen im Postscheck- und Giroverkehr eingeführt werden.

Ad Art. 2. Für den Scheck- und Girodienst wird bei der Oberpostdirektion eine neue Dienstabteilung bestehend aus einem Inspektor, einem Adjunkten, aus Revisoren I. und II. Klasse, Revisionsgehülfen und ändern Gehülfen und Angestellten eingerichtet. Über die Obliegenheiten dieser neuen Dienstabteilung haben wir uns bereits in dieser Botschaft ausgesprochen ; desgleichen über die Organisation in den Postkreisen, bei welchen wir zurzeit die Schaffung von besondern Organen nicht als notwendig erachten. Die im allgemeinen Besoldungsgesetz festgesetzten Besoldungen für die bereits bestehenden Abteilungen der Oberpostdirektion, sowie die im allgemeinen für das Postpersonal gültigen Bestimmungen betreffend Wahl, Entlassung, Befugnisse und Obliegenheiten (siehe auch Art. l des Entwurfes für die Verordnung) würden auch auf die neue Dienstabteilung sinngemäße Anwendung finden.

Ad Art. 3. Wir legen den Entwurf einer von uns nach Annahme des Gesetzes zu erlassenden Verordnung bei, in welcher alle nähern Bestimmungen über den Postscheck- und Giroverkehr enthalten sind.

627 Indem wir die Annahme des nachfolgenden Gesetzesentwurfes empfehlen, benutzen wir diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 5. April 1904.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

Annahme und Anweisung von Geldbeträgen im Postscheck- und Giroverkehr.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in weiterer Ausführung des Art. 36 der Bundesverfassung; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 5. April 1904, beschließt: Art. 1. Das Bundesgesetz über das Postregal vom 3. April 1894 erhält folgenden Zusatz: Art. l, lit. Ä, die Annahme und Anweisung von Geldbeträgen im Postscheck- und Giroverkehr.

Art. 2. Bei der Oberpostdirektion Dienstabteilung errichtet, bestehend aus einem Adjunkten, aus Revisoren I. und sionsgehülfen und ändern Geholfen und

wird eine neue einem Inspektor, II. Klasse, ßeviAngestellten.

Art. 3. Der Bundesrat sorgt durch eine Verordnung für alle zur Durchführung des neuen Dienstzweiges erforderlichen Maßnahmen.

Art. 4. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend Annahme und Anweisung von Geldbeträgen im Postscheck- und Giroverkehr.

(Vom 5. April 1904.)

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