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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungs-gesuch des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Johann Hänni, Karrer, Murtenstraße 32, Bern.

(Vom 28. Mai 1904.)

Tit.

Petent wurde durch Urteil des Polizeirichters von Bern im März 1904 wegen schuldhafter Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz mit einem Tag Gefängnis und 6 Monaten Wirtshaus verbot bestraft. Er bittet um gnadenweisen Erlaß dieser Strafe, indem er geltend macht: Er sei von Anfang Dezember 1903 während mehrerer Monate wegen Krankheit in Spital behandlung und verdienstlos gewesen, deshalb habe er den schuldigen Militärpflichtersatz nicht rechtzeitig leisten können.

Aus den Akten und der Vernehmlassung des Polizeirichters von Bern geht hervor, daß diese Sachdarstellung richtig ist und daß Hänni vor Eröffnung des Urteils den schuldigen Militärpflichtersatz bezahlt hat. Der Richter erklärt, er habe die von Hänni als Entschuldigung angeführte Krankheit deswegen nicht berücksichtigt, weil dieselbe erst vom Dezember 1903 datierte und Hänni während des ganzen Jahres 1903 sonst nie krank gewesen sei und Arbeit gehabt habe, so daß bei einigem guten Willen der geringe Betrag von Fr. 6 plus Fr. 1. 30 Gebühren wohl hätte bezahlt werden können. Vom Polizeidirektor der Stadt Bern wird

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das Begnadigungsgesuch mit Rucksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Petenten zur Entsprechung empfohlen.

Das Bundesgesetz vom 29. März 1901 gewährt den Ersatzpflichtigen Aufschub zur Leistung bis nach Ablauf der von der Militärbehörde gesetzten Fristen und schließt nach der von der Bundesversammlung als richtig anerkannten Auslegung Bestrafung auch dann aus, wenn nach Überweisung der Sache an den Strafrichter die Zahlung noch vor der Urteilsfällung erfolgt. Gemäß diesen Grundsätzen ist die Krankheit, welche Johann Hänni vor der Verhandlung vor Polizeirichter längere Zeit verdienstlos machte, keineswegs unerheblich für die Entscheidung der Frage, ob die Nichtbezahlung des Militärpflichtersatzes im kritischen Moment eine schuldhafte gewesen sei, vielmehr sprechen alle Verhältnisse für Gewährung der nachgesuchten Gnade.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es sei dem Johann Hänni die vom Polizeirichter von Bern ausgefällte Strafe in Gnaden zu erlassen.

B e r n , den 28. Mai 1904.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der I. Vizekanzler: Sckatzmaiiii.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Johann Hänni, Karrer, Murtenstraße 32, Bern. (Vom 28. Mai 1904.)

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Jahr

1904

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3

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22

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01.06.1904

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711-712

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