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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Bau einer schmalspurigen Eisenbahn von Brienz nach Interlaken als Fortsetzung der Brünigbahn.

(Vom 12. Dezember 1904.)

Tit.

I.

Die Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen teilte mittelst Schreibens vom 6. Mai 1904 dem Eisenbahndepartement zu Händen des Bundesrates mit, daß der Verwaltungsrat am 30. April laufenden Jahres auf den Antrag der Generaldirektion folgenden Beschluß gefaßt habe: ,,Der Verwaltungsrat der schweizerischen Bundesbahnen ersucht den hohen Bundesrat, er wolle der Bundesversammlung den Erlaß eines Gesetzes vorschlagen, welches die Bundesbahnverwaltung zur Erbauung einer schmalspurigen Eisenbahn von Brienz nach Interlaken als Fortsetzung der Brünigbahn, mit 12 °/oo Maximalsteigung und einem Minimalradius von 250 Meter, Kostenvoranschlag Fr. 5,500,000 ermächtigt, unter der Voraussetzung, daß der Kanton Bern vom Tage der Betriebseröffnung hinweg während der Dauer von 10 Jahren an die Betriebskosten einen jährliehen Beitrag von Fr. 40,000 leistet."

Für die Gründe, welche die Generaldirektion bestimmt haben, die Fortsetzung der Brünigbahn von Brienz bis Interlaken durch

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die Bundesbahnen vorzuschlagen, verwies die Generaldirektion auf ihren, dieser Botschaft beigedruckten Bericht vom 8. April 1904.

Sie fügte bei, daß die Verhandlungen mit dem Kanton Bern über die Subventionsfrage noch nicht abgeschlossen seien. Während der Regierungsrat mit Beschluß vom 22. April 1904 die Subvention auf Fr. 250,000 festsetzen wollte, sei der Verwaltungsrat mit der Generaldirektion der Ansicht, daß dieselbe mindestens Fr. 400,000 betragen solle, zahlbar in zehn Katen als Beitrag an die Betriebskosten der Linie Brienz-Interlaken. Diese Art der Subvention halte die Generaldirektion deswegen für die richtigste, weil in den ersten Betriebsjahren sicher ein Ausfall auf dem Betrieb der Linie zu erwarten und daher eine Erleichterung derselben durch diesen Beitrag geboten sei.

Wir heben aus dem Berichte der Generaldirektion an den Verwaltungsrat vom 8. April 1904 folgende Hauptpunkte hervor: 1. Vom Bau und von der Entwicklung der Brüuigbahn ausgehend, weist die Generaldirektion nach, daß ein Verkehrsbedürfnis nach Fortsetzung dieser Bahn von Brienz nach Interlaken bestehe, und zwar sei diese Fortsetzung s c h m a l s p u r i g zu bauen, da es sich darum handle, die beiden Fremdenzentren Luzern und Interlaken miteinander in direkte Verbindung zu bringen, damit das Umsteigen in Brienz wegfalle. Der Fremdenverkehr werde von der schmalspurigen Brünigbahn ohne Anstand bewältigt; Verbesserungen durch Einstellung leistungsfähigerer Lokomotiven und Umbau zum elektrischen Betrieb seien nicht für alle Zukunft ausgeschlossen. Es sei aber nicht daran zu denken, daß die Brünigbahn in absehbarer Zeit auf Normalspur umgebaut werde.

Sollte aber dieser Fall doch eintreten, so wäre es richtiger, dannzumal auch die Kosten des Umbaus der Brienzerseebahu aufzuwenden, als auf sehr lange Zeit hinaus einen ganz ungeschickten Betrieb und eine eigentliche Verkehrserschwerung zu schaffen.

2. Auch in f i n a n z i e l l e r Hinsicht sei der schmalspurige Bau das richtigste. Die Kosten für das von der Generaldirektion gewählte Projekt mit 12 °/oo Maximalsteigung und 250 Meter Minimalradius werden sich, mit Ausschluß der Beteiligung an den Bahnhofumbauten in Interlaken, auf Fr. 4,800,000 belaufen, während das normalspurige Projekt der Thunerseebahn mit Inbegriff des Umbaues der Strecke Brienz-Meiringen und der
Stationen Meiringen und Brienz, jedoch mit Ausschluß der Beteiligung an den Bahnhofumbauten in Interlaken, auf Fr. 8,000,000, zu stehen käme. Die Kostendifferenz von Fr. 3,200,000 mache, zu SVa 0 /«) berechnet, einen Zinsunterschied von Fr. 112,000 aus, was für die Bundesbahnen finanziell wesentlich ins Gewicht falle.

472 3. Über die A n s c h l u ß v e r h ä l t n i s s e in I n t e r l a k e n äußert sich der Bericht dahin, daß der Anschluß an den Ostbahnhof, wo die Normalbahn beginne und auch die Berner Oberlandbahnen einmünden, gegeben sei. Die daherigen Kosten werden auf Fr. 700,000 veranschlagt. Die Fragen einer allfälligen Umgestaltung der Bahnhofverhältnisse in Interlaken und der Führung der Brünigbahnzüge über den Ostbahnhof hinaus bis in den Westbahnhof sollen für einmal offen bleiben.

4. Die B e t r i e b s e i n n a h m e n werden für den Anfang auf Fr. 200,000 geschätzt, nämlich Fr. 165,000 aus dem Personenverkehr und Fr. 35,000 aus dem Güter- und Tierverkehr. Doch werde sich bald eine Steigerung einstellen, die auf 25 °/o geschätzt werden könne, so daß die Betriebseinnahmen auf Fr. 250,000 oder Fr. 15,000 per Kilometer angenommen werden dürfen, denen Fr. 11,000 B e t r i e b s a u s g a b e n per Kilometer gegenüberständen.

Der Betriebsüberschuß werde also Fr. 4000 per Kilometer oder Fr. 66,000 im ganzen betragen, mithin rund Fr. 154,000 zu wenig, um das Anlagekapital von Fr. 5,500,000 zu verzinsen und zu amortisieren. Dieses Defizit rechtfertige es, daß der Bund vom Kanton Bern die nämliche Subvention beanspruche, welche gemäß den Erlassen des Großen Rates von 1897 und 1902 den Erbauern einer Bahn von Brienz nach Interlaken zugesichert worden sei.

5. Gegenüber dem allfälligen Einwand, es sei nicht zweckmäßig, daß die Bundesbahnverwaltung zum Bau einer neuen Linie schreite, bevor die Konsolidierung der an den Bund übergegangenen Linien durchgeführt sei, macht die Generaldirektion geltend, daß die Bundesbahnen nicht stillstehen dürfen. Es handle sich im vorliegenden Falle nicht um eine neue Linie, sondern nur um die Vollendung der Brünigbahn, um die Ausfüllung einer längst gefühlten Lücke im Eisenbahnnetz des Bundes.

II.

Das Eisenbahndepartement antwortete der Generaldirektion, daß es die Angelegenheit erst dann an den Bundesrat zu Händen der Bundesversammlung weiterleiten werde, wenn die Bedingung, unter welcher der Verwaltungsrat den Bau der rechtsufrigen Brienzerseebahn empfehle, erfüllt sei, d. h. wenn sich der Kanton Bern zur Leistung eines jährlichen Beitrages von Fr. 40,000 für die Dauer von 10 Jahren verpflichtet habe.

Hierauf wandte sich der Regierungsrat des Kantons Bern, dem die Generaldirektion diese Antwort zur Kenntnis gebracht hatte, mittelst Eingabe vom 13. Juni 1904 an den Bundesrat,

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indem er mitteilte, daß der Große Rat am 25. Mai nach eingehender Diskussion folgenden Beschluß gefaßt habe: ,,Die Behandlung des Antrages betreffend die Subventionierung der rechtsufrigen Brienzerseebahn wird auf die nächste Session verschoben.

Der Regierungsrat wird eingeladen, dem Entscheide über die Subventionsfrage vorgängig, im Verein mit den Bundesbehörden unverzüglich die Frage des Anschlusses der Brienzerseebahn in Interlaken einer allseitigen Prüfung zu unterziehen. Diese Prüfung soll sich namentlich auch auf die Frage der Einführung der Brienzerseebahn über die Oststation in den Westbahnhof von Interlaken erstrecken.

Der Regierungsrat wird gleichzeitig eingeladen, bei den kompetenten Bundesbehörden dabin zu wirken, daß die Brienzerseebahn wenn immer möglich normalspurig gebaut werde."1 Dieser Mitteilung fügte der Regierungsrat bei, er sei bereit, dem Großen Rat die Ausrichtung einer S u b v e n t i o n à f o n d s p e r d u in der verlangten Höhe von Fr. 400,000, zahlbar von der Betriebseröffnung hinweg gerechnet in zehn Jahresraten von Fr. 40,000, zu beantragen. Dabei behalte sich der Kanton Bern das Recht vor, diese Subvention in einer einmaligen Abfertigungssumme von Fr. 332,320 zu leisten.

In der S p u r f r a g e sei der Regierungsrat der Ansicht, daß eine normalspurige Eisenbahn, wenigstens so weit es die Talstrecke zwischen Meiringen und Interlaken betreffe, die volkswirtschaftlichen Interessen besser befriedigen würde als eine Schmalspurbahn.

Auch halte er unmaßgeblich dafür, daß die militärischen Interessen, welche mit den vom Bunde subventionierten beziehungsweise zu subventionierenden Alpenstraßen über die Grimsel und den Susten verbunden seien, besser gewahrt würden durch eine Normalspurbahn.

Über die E i n m ü n d u n g in I n t e r l a k e n äußerte sich der Regierungsrat dahin, daß aus den zahlreich bei ihm eingegangenen Kundgebungen der an der Brienzerseebahn beteiligten Landesgegend, namentlich von Interlaken und den umliegenden Gemeinden hervorgehe, daß weitaus der größte Teil der Interessen den Anschluß der Brienzerseebahn an die Thunerseebahn im Westbahnhof in Interlaken verlange.

III.

Mit Rücksicht auf die militärische Bedeutung, welche einer Brienzerseebahn ohne Zweifel zukommt, übermittelte das Eisenbahndepartement die Akten dem Militärdepartement mit dem

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Gesuche, sich über die Spurfrage vernehmen zu lassen. Der Bericht des Militärdepartements liegt bei den Akten; wir beschränken uns darauf, hier lediglich die Schlußfolgerung wiederzugeben, die folgendermaßen lautet: ,,Vom militärischen Standpunkte aus muß unbedingt der Normalspurbahn gegenüber der Schmalspurbahn der Vorzug gegeben werden. Anderseits ist zu betonen, daß, falls von der Spurweite Sein oder Nichtsein der Bahnverbindung Interlaken-Meiringen abhängen würde, auch eine Schmalspurbahn von großem militärischem Werte und dem jetzigen Zustande unter allen Umständen vorzuziehen ist. Es wäre in diesem Fall wünschenswert, daß bei ihrer Erstellung Rücksicht auf einen spätem normalspurigen Ausbau genommen würde."

IV.

Auf den Wunsch der Regierung von Bern berief das Eisenbahndepartement auf den 29. Juni 1904 eine Konferenz ein, an welcher die Regierung und die Generaldirektion vertreten waren.

Das Resultat war, daß das Departement zusagte, es werde dem Bundesrate beantragen, sich jetzt schon über die Spurfrage zu äußern, sowie über die Frage der Einführung der Brienzerseebahn in den Westbahnhof Interlaken. Wir lehnten es jedoch ab, diesem Antrag des Eisenbahndepartements Folge zu geben, da wir der Ansicht waren, es müsse die definitive Entscheidung der kantonalen Behörden, bei welchen der Vertrag mit den Bundeshahnen über den Bau und Betrieb der Brienzerseebahn zur Prüfung und Genehmigung liege, abgewartet werden. Werde dortseits der Vertrag genehmigt, so habe der Bundesrat das Geschäft in Behandlung zu nehmen zur Weiterleitung an die eidgenössischen Räte. Es gehe aber nicht an, daß der Bundesrat schon vorher sich konsultativ ausspreche und später, nachdem das Geschäft die kantonalen Instanzen durchlaufen habe, zur endgültigen Entscheidung schreite.

V.

Mittelst Eingabe vom 27. Juli 1904 wandten sich das Delegiertenkomitee der Gemeinden des engern Oberlandes, der oberländische Verkehrsverein, die Kurhausgesellschaft Interlaken und der gemeinnützige Verein von Meiringen an den Bundesrat, indem sie nachzuweisen suchten, daß der Bau einer schmalspurigen Brienzerseebahn nicht rationell sei, sondern daß aus volkswirtschaftlichen und militärischen Gründen nicht nur die Linie InterlakenBrienz normalspurig gebaut, sondern gleichzeitig die Strecke Brieuz- ' Meiringen der Brünigbahn auf die Normalspur umgebaut werden

475 müsse. Später hätte dann noch der Umbau der Brünigbahnstrecke Luzern-Meiringen zu folgen. Namentlich wurden die fünf Gemeinden des rechten Brienzerseeufers, Brienz, Ebligen, Oberried, Niederried und Ringgenberg, die sich mit den benachbarten Ortschaften Schwanden, Hofstetten und Brienzwiler für die Schmalspur ausgesprochen hatten, als Interessenten zweiten Ranges dargestellt, während die Fremdenorte Meiringen, Interlaken, Unterseen, Matten, Bönigen, Wilderswil, Grindelwald, Lauterbrunnen, St. Beatenberg etc.

die Hauptbeteiligten seien. Die Eingabe schloß mit dem Gesuche, ,,es möchte dem Bundesrate belieben, der Bundesversammlung vorzulegen : Den Entwurf eines Bundesgesetzes bezweckend den Bau einer rechtsufrigen normalspur igen Brienzerseebahn durch den Bund und den gleichzeitigen Umbau der Bahnstrecke BrienzMeiringen auf Normalspur, eventuell: Den Entwurf eines Bundesbeschlusses, enthaltend die Ermächtigung des Bundesrates, aus Gründen der Landesverteidigung die Erstellung einer normalspurigen Brienzerseebahn durch eine Aktiengesellschaft mit einer Aktienzeichnung im Betrage von einer Million Franken zu subventionieren."

Für den Fall, daß sich die Bundesbehörden wider Erwarten ·zurzeit nicht zur Ausführung oder Förderung des Baues einer Normalbahn entschließen könnten, wünschten die Unterzeichner ·der Eingabe, diese Behörden möchten mit ihrer definitiven Beschlußfassung noch zuwarten, bis die Frage des bernischen Alpendurchstichs sich besser abgeklärt habe. Die Petenten glauben nämlich, daß nach der Erstellung der Lötschberg- oder der Wildstrubelbahn die Notwendigkeit einer normalspurigen Verbindung Interlakens mit Luzern sich noch mehr aufdrängen werde als jetzt, weshalb ·die beteiligte Bevölkerung in ihrer großen Mehrheit lieber noch ·einige Jahre ohne Bahn bleiben wolle, als durch den Bau einer Schmalspurbahn ihre ganze wirtschaftliche Zukunft in Frage stellen au lassen.

VL Dieser Eingabe der Oberländer Interessenten schloß sich unterm 30. Juli 1904 der Stadtrat von Luzern an, indem er ebenfalls verlangte, die Brienzerseebahn solle normalspurig gebaut und damit das Fundament gelegt werden für den späteren Umbau der Brünigbahn in eine Normalbahn. Es sei schwer verständlich, daß man heute in die Verbindung Vierwaldstättersee-Berner Oberland wieder

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ein schmalspuriges Stück einschieben wolle, während doch alleFachmänner darin einig seien, daß der Bau der Brünigbahn in ihrer jetzigen Anlage seinerzeit ein schwerer Mißgriff war. Um von Luzern nach Interlaken zu gelangen oder umgekehrt, brauche man heutzutage die enorme Fahrzeit von 5 Stunden. Dem werde durch Erhöhung der Leistungsfähigkeit der gegenwärtigen Brünigbahn nicht abgeholfen. Eine rationelle Verbindung sei nur zu erreichen durch Umbau der Brünigbahn in eine Normalbahn mit Beseitigung der beiden Rampen durch einen Basistunnel. Dabei dürfe man nicht nur an die beiden, an den Endpunkten dieser Bahn gelegenen Verkehrsgebiete denken ; eine verbesserte rationelle Verbindung Luzern-Interlaken habe eine hervorragende Bedeutung für viel weiter reichende Landesgegenden. Die Bahn MontreuxMontbovon-Zweisimmen sei im Bau begriffen, und der Umbau einzelner Strecken der Südostbahn sei nur eine Frage der Zeit.

Wenn dazu die Brünigbahn auf Normalspur umgebaut würde, so wäre eine rationelle Verbindung der Fremdenzentren GenferseeBerner Oberland-Vierwaldstättersee-Engadin gesichert!

Der Stadtrat von Luzern schließe sich den Begehren des Berner Oberlandes vorbehaltlos an und betone nur noch, daß es auch nach seiner Ansicht besser wäre, die Ausführung der rechtsufrigen Brienzerseebahn zu verschieben, als daß man heute mit einer schmalspurigen Anlage die für die Zukunft allein richtige Lösung verunmögliche.

VII.

Am 6. Oktober abhin nahm der Große Rat des Kantons Bern zur Frage der Brinzerseebahn Stellung, indem er folgenden Beschluß faßte: ,,Der Große Rat des Kantons Bern erklärt sich im Prinzip mit der Ausführung der Brienzerseebahn durch die schweizerischen Bundesbahnen einverstanden.

Der Große Rat des Kantons Bern stellt bei dem Bundesrat zu Händen der Bundesversammlung den Antrag, es sei ein Bundesgesetz zu erlassen betreffend den Bau einer rechtsufrigen normalspurigen Brienzerseebahn durch den Bund und den gleichzeitigen Umbau der Bahnstrecke Brienz-Meiringen auf Normalspur. Für diesen Fall erklärt sich der Große Rat bereit, eine Subvention à fonds perdu zu leisten, welche im prozentual gleichen Verhältnis zu den Anlagekosten steht, wie bei der für die Schmalspurbahn berechneten Subvention.

Für den Fall, daß die schweizerische Bundesversammlung an dem Antrag des Verwaltungsrates der schweizerischen Bundes-

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bahnen vom 30. April 1904 festhalten sollte, erklärt der Große Rat, die seitens der Bahnverwaltung vom Kauton Bern verlangte Leistung eines jährlichen Beitrages von Fr. 40,000 an die Betriebskosten der Brienzerseebahn auf die Dauer von 10 Jahren, vom Tage ihrer Betriebseröffnung hinweg, anzunehmen mit der Modifikation, daß es dem Kanton Bern freigestellt sein soll, eine dieser jährlichen Leistung entsprechende einmalige Abfindungssumme auf den Zeitpunkt der Betriebseröffnung der Brienzerseebahn zu bezahlen.

Zudem spricht der Große Rat der schweizerischen Bundesversammlung im Falle der Erstellung einer Schmalspurbahn die bestimmte Erwartung aus, es möchte dieselbe über InterlakenOststation hinaus bis in den Westbahnhof geführt werden. Dabei betrachtet er es als selbstverständlich, daß die definitiven Erweiterungsbauten in der Oststation verschoben werden, bis die Frage der Einführung der Bahn in den Westbahnhof entschieden sein wird."

VIII.

Da in diesem Beschlüsse keine bedingungslose Zustimmung zu dem Antrage des Verwaltungsrates der Bundesbahnen lag, so lud das Eisenbahndepartement die Generaldirektion zur Vernehmlassung ein. Dieselbe antwortete unterm 4. November abhin, daß für ihre Stellungnahme der Beschluß des Verwaltungsrates vom 30. April 1904 maßgebend sei. Hiermit decke sich der dritte Absatz im Beschlüsse des Großen Rates, da sich die Bundesbahnverwaltung damit einverstanden erklären könne, daß dem Kanton Bern anheimgestellt werde, eine der zehnjährigen Leistung von Fr. 40,000 entsprechende einmalige Abfindungssumme auf den Zeitpunkt der Betriebseröffnung der Brienzerseebahn zu bezahlen.

In direktem Widersprüche mit dem Antrage der Bundesbahnen stehe dagegen der Antrag des Großen Rates, die Bundesversammlung möge den Bau einer n o r m a l spurigen Brienzerseebahn samt Umbau der Strecke Brienz-Meiringen beschließen. Die Generaldirektion halte es nicht für notwendig, von dieser Schlußnahme des Großen Rates dem Verwaltungsrate Kenntnis zu geben, da die Frage, ob Normalspur oder Schmalspur zu wählen sei, im Berichte der Generaldirektion vom 8. April 1904, welcher die Grundlage für die Stellungnahme des Verwaltungsrates bildete, bereits einläßlich erörtert worden sei. Seither seien auch für eine Normalbahn keine neuen Gründe angebracht worden, welche in jenem Berichte nicht schon berührt wären. Es würde somit eine neue Begrüßung des Verwaltungsrates lediglich eine Verzögerung der Sache bedeuten.

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Den Hinweis auf einen Umbau der Brünigbahn in eine normalspurige Bahn erachte die Generaldirektion für ganz unerheblich.

Von einem solchen Umbau werde in absehbarer Zeit gar nicht die Rede sein. Ein Verkehrsbedürfnis sei nicht vorhanden, da eine Schmalspurbahn zur Bewältigung des Verkehrs hinreiche und eine erhebliche Verbesserung des Betriebes durch leistungsfähigeres Rollmaterial schon vorbereitet sei und zudem der Übergang zum elektrischen Betrieb näher geprüft werde. Eine Kritik, die sich auf den heutigen Fahrplan stütze, könne nicht maßgebend sein.

Sodann sei nicht zu übersehen, daß ein solcher Umbau mindestens die enorme Summe von 20 Millionen Franken erfordern würde, ganz abgesehen von der Abschreibung der bestehenden Linie.

Es werde somit ohne sachliche Nötigung, im Gegenteil zur Erschwerung des Verkehrs, den Bundesbahnen eine Mehrausgabe zugemutet, welche die Generaldirektion auf mindestens Fr. 3,900,000 veranschlagt habe. Eine Mehrbelastung der Bundesbahnen um jährlich rund Fr. 160,000 sei keineswegs gleichgültig; dabei sei die Vermehrung der Betriebskosten noch nicht mitberechnet. Insoweit die Zusicherung einer Erhöhung der Subvention à fonds perdu des Kantons Bern ,,im prozentual gleichen Verhältnis zu den Anlagekosten tt eine wesentliche Erleichterung bringen solle, vermöge die Generaldirektion nicht einzusehen. Laut Gesetz vom 18. März 1902 betreffend die Beteiligung des Staates am Bau und Betrieb von Eisenbahnen betrage die Subvention im Maximum Fr. 80,000 per Kilometer, d. h. für 16,s Kilometer Fr. l 320,000. Der Große Rat wolle die Subvention nur erhöhen im Verhältnisse von Fr. 5,500,000 zu Fr. 9,400,000, d. h. von Fr. 40,000 auf Fr. 68,363 für eine zehnjährige Periode. Dadurch wäre keinerlei Äquivalent geboten, da der Betriebsausfall für die Bundesbahnen in weit stärkerem Verhältnis gesteigert und für eine viel längere Periode andauern würde. Somit wäre die Subventionsfrage für den Fall der Erbauung einer Normalspurbahn auf einen ganz ändern Boden zu stellen.

Bezüglich der Einführung der Schmalspurbahn in den Westbahnhof Interlaken könne die Generaldirektion nur ihre Erklärung bestätigen, daß sie bereit sei, diese Frage gründlich zu prüfen.

Sie sei auch damit einverstanden, daß die definitiven Erweiterungsbauten in der Oststation verschoben werden, bis die Frage der Einführung in den Westbahnhof entschieden sein werde.

IX.

Für unsere Stellungnahme zu den verschiedenen Anträgen, die vom Verwaltungsrate der schweizerischen Bundesbahnen, vom

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Großen Rate des Kantons Bern und von den Interessenten des Berner Oberlandes gestellt wurden, sind folgende Erwägungen maßgebend : 1. Spurfrage.

Es soll nicht bestritten werden, daß die Erstellung einer durchgehenden normalspurigen Bahnlinie von Interlaken durch den Brünig nach Luzern gewisse verkehrspolitische und auch militärische Vorteile bieten würde. Allein es scheint denn doch für die nächste Zukunft noch kein unabwendbares Bedürfnis zu sein, die bestehende Brünigbahn aufzugeben und mit einem unverhältnismäßig großen Kostenaufwand eine Normalbahn zu bauen.

Jedenfalls kann den Bundesbahnen nicht zugemutet werden, diesen Umbau vorzunehmen, solange die Brünigbahn -- eventuell mit Verbesserungen -- dem bestehenden Verkehr noch genügt. Solange aber die Brünigbahn schmalspurig ist, hat es weder für die Bundesbahnen, noch für den Verkehr zwischen Luzern und Interlaken einen Zweck, die Brienzerseebahn und eventuell auch die Strecke Brienz-Meiringen normalspurig zu bauen, beziehungsweise umzubauen. Vielmehr ist das einzig rationelle für die Bundesbahnen wie für die Reisenden, daß durch eine schmalspurige Fortsetzung der Brünigbahn von Brienz nach Interlaken die Möglichkeit geboten werde, von Luzern bis Interlaken ohne Umsteigen zu reisen.

Daß dafür etwas mehr Zeit beansprucht wird, als wenn die Reise mit der Normalbahn unter dem Brünig hindurch ausgeführt werden könnte, scheint uns ohne Belang zu sein. Setzt sich doch das Publikum, das die Brünigbahn benützt, in der erdrückenden Mehrheit nicht aus Geschäfts-, sondern aus Vergnügungsreisenden zusammen, die mit den Stunden nicht so zu rechnen haben und die über der Bewunderung der alpinen Gegend die langsame Fahrt vergessen.

Der Antrag, durch ein Bundesgesetz die B u n d e s b a h n e n zum Bau einer normalspurigen Brienzerseebahn zu verpflichten, ist daher unseres Erachtens für die Bundesbehören unannehmbar.

Käme man dazu, mit dem Großen Rat des Kantons Bern und mit den Interessenten des Oberlandes und von Luzern die Erstellung einer Normalspurbahn von Brienz nach Interlaken als das einzig richtige zu erklären, so müßte man auch konsequenterweise nicht die Bundesbahnen zur Erstellung dieser Bahn verpflichten, sondern der T h u n e r s e e b a h n überlassen, die für sie natürliche Fortsetzung nach Brienz beziehungsweise Meiringen zu bauen. Es scheint uns indessen, die Herstellung einer durchgehenden Schienenverbindung zwischen den Fremdenzentren Interlaken

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und Luzern sei wichtiger und diene größeren Interessen als der Anschluß des rechten Brinzerseeufers und Meiringens an das Normalhahnnetz, ganz abgesehen davon, daß die ßrünigbahn eine Fortsetzung nach Interlaken verlangt.

Mit dem Eventualantrag der Interessenten des Oberlande» und des Stadtrates von Luzern, die Entscheidung über den Bau der Brienzerseebahn zu verschieben, bis sich die Frage der Berner Alpenbahn abgeklärt habe, können wir uns schon deshalb nicht befreunden, weil uns durchaus nicht festzustehen scheint, daß die Erstellung einer Lötschberg- oder Wildstrubelbahn auch die normalspurige Ausführung der Brienzerseebahn zur bedingungslosen Folge hätte. Es steht vielmehr zu erwarten, daß dann der Streit um die Spurweite mit den ganz gleichen Gründen wieder geführt würde, wie er heute geführt wird. Davon, daß eine durchgehende internationale Linie Luzem-Interlaken-Brig-Simplon nach Italien geschaffen werden sollte, kann unseres Erachtens keine Rede se:n.

Schon ein Blick auf die Karte lehrt, daß eine solche Linie in keiner Richtung eine Abkürzung gegenüber der Gotthardbahn bedeuten könnte. Sollte aber jemals entgegen unseren Erwartungen, die Notwendigkeit einer normalspurigen Verbindung Interlakens mit Luzern sich aufdrängen, dann sind die Kosten des Umbaues der Brünigbahn so hoch, daß der Umbau auch der schmalspurigen Brienzerseebahn auf die Normalspur keine finanzielle Rolle mehr spielt.

Aus allen diesen Erwägungen kommen wir dazu, dem Antrage des Verwaltungsrates der schweizerischen Bundesbahnen zuzustimmen.2. Einmündung in Interlaken.

Der Große Rat des Kantons Bern hat die bestimmte Erwartung ausgesprochen, daß im Falle der Erstellung einer Schmalspurbahn diese über Interlaken-Oststation hinaus in den Westbahnhof geführt werde und daß man die definitiven Erweiterungsbauten in der Oststation verschiebe, bis die Frage der Einführung in den Westbahnhof entschieden sein werde.

Die Generaldirektion der Bundesbahnen hat eine gründliche Prüfung dieser Frage zugesichert und sich mit der Verschiebung der definitiven Erweiterungsbauten bis zur Entscheidung dieser Frage einverstanden erklärt.

Wir glauben, dies sei alles, was man zurzeit von der Bundesbahnverwaltung verlangen könne. Denn, ohne daß eine gründliche

481 Prüfung stattgefunden habe, wird ihr die Bundesversammlung nicht zumuten, die Verpflichtung zur Einführung der Brienzerseebahn in den Westbahnhof Interlaken zu übernehmen.

X.

Es erübrigt uns noch, eines Gesuches der Thunerseebahn zu erwähnen, das seit dem 21. September 1903 bei uns anhängig ist, des Inhalts, es möchte die durch Bundesbeschluß vom 28. Juni 1893 (E. A. S. XII, 323) den Herren U. Wyß, Gemeindepräsident in Ringgenberg, P. Küster, Großrat, in Brienz, und J. von Bergen, Gemeindepräsident in Oberried, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, erteilte Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Interlaken nach Brienz auf die Thunerseebahn übertragen und gleichzeitig in einigen Artikeln geändert werden. Wir betrachten ·es als selbstverständlich, daß die Behandlung dieses Gesuches, wie übrigens vom Regierungsrate des Kantons Bern in seiner Vernehmlassung vom 2. November 1903 beantragt wurde, verschoben wird, bis die.Frage der Erstellung der Brienzerseebahn durch die Bundesbahnen erledigt ist. Erfolgt diese Erledigung, im Sinne des nachstehenden 'Gesetzesentwurfes, so fällt das Gesuch der Thunerseebahn als gegenstandslos dahin. Andernfalls kann auf dasselbe eingetreten werden.

XL

Dem nachstehenden Gesetzesentwurf haben wir nur folgende -wenigen Bemerkungen beizufügen : Statt des Ausdruckes ,,schmalspurige Eisenbahn" im Antrage der Bundesbahnverwaltung wählen wir ,,mit Spurweite von l Meter11, da die Schmalspur nicht identisch ist mit der Meterspur.

Wir haben davon abgesehen, in den Gesetzesentwurf die in Konzessionen üblichen Bestimmungen ganz oder auch nur teilweise aufzunehmen. Die neue Bahnlinie wird ohne weiteres der für die Bundesbahnen gültigen Gesetzgebung unterstehen. Auch die Festsetzung von Fristen für die Einreichung der Baupläne, den Beginn der Erdarbeiten und die Vollendung der Bahn halten wir nicht für notwendig, da alle diese Arbeiten von der Beschaffung der Geldmittel und vom Budget abhängen, so daß die Bundesversammlung Gelegenheit haben wird, weitere Verfügungen zu treffen, wenn dies erforderlich sein sollte.

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Indem wir Ihnen den Gesetzesentwurf zur Annahme empfehlen, benützen wir auch diesen Anlaß Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 12. Dezember 1904.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

Beilage: Bericht der Generaldirektion an den Verwaltungsrat, vom 8. April 1904.

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(Entwurf.)

Bimdesgesetz betreffend

den Bau einer schmalspurigen Eisenbahn von Brienz nach Interiaken als Fortsetzung der Brünigbahn.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 12. Dezember 1904, beschließt: Art. 1. Die Bundesbahn Verwaltung wird ermächtigt, als Fortsetzung der Brünigbahn eine Eisenbahn von Brienz nach Interlaken (Brienzerseebahn) mit Spurweite von l Meter, 12 %o Maximalsteigung und 250 Meter Minimalradius im Kostenvoranschlag von Fr. 5,500,000 zu bauen.

Art. 2. Diese Ermächtigung ist an die Bedingung geknüpft, daß der Kanton Bern, gemäß dem Beschlüsse des Großen Rates vom 6. Oktober 1904, vom Tage der Betriebseröffnung hinweg während 10 Jahren an die Betriebskosten einen jährlichen Beitrag von Fr. 40,000 leistet.

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Art. 3. Es steht dem Kanton Bern frei, statt der zehnjährigen Leistung von Fr. 40,000 eine entsprechende einmalige Abfindungssumme auf den Zeitpunkt der Betriebseröffnung der Brienzerseebahn zu bezahlen.

Art. 4. Beim Bau der Bahn ist auf einen späteren allfälligen Umbau auf Normalspur möglichst Rücksicht zu nehmen.

Art. 5. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Beilage.

Bern, den 8. April 1904.

An den

Yerwaltungsrat der schweizerischen Bundesbahnen.

Tit.

Mit der Verstaatlichung der Jura-Simplon-Bahn ist auch die schmalspurige Brünigbahn in das Eigentum des Bundes übergegangen. Diese Linie ist gebaut worden, um eine direkte Verbindung zwischen Luzern und dem Berner Oberland, diesen Zentralpunkten des Fremdenverkehrs, herzustellen. Da der Personenverkehr in erster Linie in Betracht fiel, wurde die Ausführung einer Schmalspurbahn als hinreichend erachtet und der Betrieb auf die Sommermonate beschränkt. Es ist bekannt, daß der Reisenden verkehr der Linie, seit deren Eröffnung im Jahre 1888, eine ganz bedeutende Steigerung erfahren hat und auch ein ganz erheblicher Güterverkehr bedient wird. Die Verbesserungen, welche im Betrieb durch Vermehrung der Züge und des ßollmaterials vorgenommen worden sind, haben die Bedeutung der Bahn gehoben und den Nachweis erbracht, daß die Schmalspurbahn dem Verkehre ganz wesentliche Dienste leisten kann. Seit dem Winter 1902/1903 ist auch der ununterbrochene Betrieb während des ganzen Jahres eingeführt worden, ohne daß sich dabei große Schwierigkeiten gezeigt hätten.

Die bisherige gute Entwicklung der Brilnigbahn mußte notwendig in Erinnerung rufen, daß von Anfang an nicht bloß eine Linie von Luzern bis Brienz projektiert worden war, mit einer Bundesblatt. 56. Jahrg. Bd. VI.

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486 Länge von 58 Kilometern, sondern eine direkte Bahnverbindungmit Interlaken, dem Hauptzentrum des Berner Oberlandes. Die Ausfüllung der Lücke zwischen Brienz und Interlaken durch den Dampfbootbetrieb war von jeher nur als Notbehelf betrachtet worden, den man sich gefallen ließ, da die Mittel zur Erbauung einer Bahn nicht zur Verfügung standen. Die Wünsche der interessierten Landesgegend wurden immer dringender, seit dieThunerseebahn bis Interlaken führte und das Nebeneinanderbestehen von Bahn und Dampfschiff auf dieser Strecke dem reisenden Publikum große Vorteile bot.

Veranlaßt durch das tatsächlich vorhandene Verkehrsbedürfnis war daher der Bau einer Bahn von Brienz bis Interlaken von jeher ein Zielpunkt der Eisenbahnbestrebungen desKantons Bern. Im Beschlüsse des Großen Rates vom 28..

Februar 1897 betreffend die Beteiligung des Staates am Bau neuer Eisenbahnlinien, war auch die Unterstützung der Linie Interlaken-ßrienz (rechtes Ufer) in Aussicht genommen und speziell der der Jura-Simplon-Bahn durch Volksbeschluß vom 5. Juli 1891 zugesicherte Beitrag von einer Million an den Simplontunnel um Fr. 500,000 erhöht worden, für den Fall, daß diese Gesellschaft sich innerhalb drei Jahren vom Inkraftreten des Beschlusses an zum Bau der rechtsufrigen Brienzerseebahn ohne Beteiligung des Staates verpflichte und dieser Bau innert genannter Frist in Angriff genommen werde. (Art. 17.) Nachdem diese Frist unbenutzt verstrichen war, ist die allgemeine Verpflichtung zur Beteiligung wiederum in das G-esetz vom 4. Mai 1902, betreffend die Beteiligung des Staates Bern am Bau und Betrieb von Eisenbahnen aufgenommen worden.

Bekanntlich sind die Interessenten im Berner Oberland nur einig über die Wünschbarkeit der Erstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen Brienz und Interlaken; dagegen gehen die Ansichten auseinander, ob die Bahn am rechten oder am linken Ufer, ob sie schmalspurig oder normalspurig ausgeführt werden soll. Eine Reihe von Eingaben an die Behörden des Kantons Bern haben die verschiedenen Gesichtspunkte einläßlich erörtert, mehrere Gutachten sind in dieser Angelegenheit erstattet und eine lebhafte Diskussion ist in der Presse geführt worden. Anleitender Stelle hat sich das Initiativkomitee für eine rechtsufrige Brienzerseebahn der Sache angenommen und die Verwaltung der Thunerseebahn hat eingehende Studien vornehmen lassen und eine Vereinbarung mit dem genannten Komitee über Abtretung der Bundeskonzession vom 28. Juni 1893, die seither

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wiederholt verlängert worden war, an die Thunerseebahn abgeschlossen.

Nachdem wir die Entwicklung dieser Angelegenheit mit Interesse verfolgt hatten, kamen wir im Einverständnisse mit Ihrer ständigen Kommission zürn Schlüsse, daß die natürlichste Lösung der Frage die sei, daß der Bund die schmalspurige Brilnigbahn bis Interlaken fortsetze. Wir haben daher, wie Ihnen im Quartalberichte mitgeteilt wurde, mit Zuschrift vom 18. September 1903 dem Regierungsrate des Kantons Bern erklärt, daß unserer Ansicht nach die Bundesbahnen durch F o r t f ü h r u n g der B r ü n i g b a h n von Brienz nach Interlaken einem tatsächlich bestehenden Verkehrsinteresse entsprechen sollten ; wir beabsichtigen daher, an die zuständigen Behörden bezügliche Anträge zu stellen. Da es uns zweckmäßig erschien, in dieser Angelegenheit im Einverständnis mit den Behörden des Kantons Bern vorzugehen, richteten wir an den Regierungsrat die Anfrage, ob er geneigt sei, die Sache mit uns zu besprechen und uns über den derzeitigen Stand vorbereitender Arbeiten zu orientieren. Derselbe erklärte sich mit Schreiben vom 28. September zu bezüglichen Verhandlungen bereit und stellte eine Einladung zu einer Konferenz nach dem Abschlüsse der betreffenden Vorarbeiten in Aussicht.

Als uns das eidgenössische Eisenbahndepartement am 29. September das Gesuch der Thunerseebahn um Übertragung der Konzession für eine normalspurige Brienzerseebahn zur Vernehmlassung übermittelte, ersucnten wir dasselbe mit Schreiben vom 6. Oktober unter Bezugnahme auf die eingeleiteten Verhandlungen mit dem Regierungsrat des Kantons Bern die gewünschte Konzessionsübertragung nicht zu beantragen.

Die erste Konferenz mit dem Regierungsrat des Kantons Bern in dieser Angelegenheit hat am 26. Dezember stattgefunden, unter Beizug der Thunerseebahn und des Initiativkomitees für eine Brienzerseebahn. Wir erhielten Kenntnis von den bisherigen Vorgängen in dieser Angelegenheit und insbesondere von dem von der Thunerseebahn bearbeiteten Planmaterial. Das gesamte Aktenmaterial wurde uns bereitwillig zum nähern Studium zur Verfügung gestellt, und wir haben die erforderlichen Untersuchungen sofort an die Hand genommen.

Wir heben hervor, daß die Studien der Thunerseebahn sich auf drei Projekte beziehen, ein Schmalspurbahnprojekt vom Bahnhof Interlaken-Ost bis Brienz mit einer Maximalsteigung von 20 °/oo und einem Minimalradius von 150 Meter, Länge 16,233 Kilometer,

488

ein Schmalspurbahnprojekt vom Bahnhof Interlaken-Ost bis Brienz mit einer Maximalsteigung von 12 %o und einem Minimalradius von 250 Meter, Länge 16,uo Kilometer, und ein Normalspurbahnprojekt von Interlaken-Ost bis Brienz mit Umbau der Schmalspur Brienz-Meiringen in eine Normalspur und entsprechender Änderung der Stationen Brienz und Meiringen, Maximalsteigung 12 °/oo und Minimalradius 300 Meter, r, Länge der neuen Bahnstrecke 16,oe5 Kilometer, Länge der Umbaustrecke 12,3 Kilometer. Außerdem sind von der Thunerseebahn Pläne entworfen worden für Erweiterung des Ostbahnhofes Interlaken, für Fortsetzung der Schmalspurbahn bis in den Bahnhof Interlaken-W est und für Erweiterung des Westbahnhofes, sowie für Erstellung eines neuen Zentralbahnhofes in Interlaken längs der Aare hinter dem Kursaal an Stelle der bisherigen zwei ßahnhöfe. Dieses Planmaterial liegt zur Einsichtnahme auf dem Kanzleitisch.

Bevor wir zur Besprechung dieser Projekte übergehen, ist zu konstatieren, daß es sich für die Bundesbahnen nicht um die Übernahme der s. Z. dem Initiativkomitee für eine Brienzerseebahn erteilten Bundeskonzession vom 28. Juni 1893 handeln kann. Laut den Vorschriften des Rückkaufsgesetzes vom 15. Oktober 1897 (Art. 4) ist vielmehr ein besonderes Bundesgesetz zu erlassen, wenn vom Bunde neue Linien gebaut werden sollen.

Dieses Bundesgesetz hat die näheren Bedingungen des Baues und Betriebes festzusetzen; von einer Konzessionserteilung, wie sie Privatbahnen gegenüber vorgeschrieben ist, kann der Natur der Sache nach nicht die Rede sein, da der Bund selbst Eigentümer der zu bauenden Linie wird. Wenn daher öfter von Konzessionsübertragung gesprochen worden ist, war dieses eine nicht zutreffende Ausdrucksweise, welche dem früheren Rechtszustande entnommen ist, jedoch für die heutigen eisenbahnrechtlichen Zustände nicht mehr paßt.

I.

Das Resultat unserer eingehenden Untersuchung und Prüfung des umfangreichen Materials, welches uns zur Verfügung stand, war nun folgendes: 1. Nach unserer Überzeugung können die Bundesbahnen nur zur Portführung der s c h m a l s p u r i g e n Brünigbahn bis Interlaken Hand bieten. Wir haben die Gründe, welche für eine Normalspur angeführt werden, eingehend geprüft, sind aber in unserer Ansicht bestärkt worden, daß eine normalspurige Er-

489 Stellung der Teilstrecke Brienz-Interlaken vom Standpunkte des Verkehres aus verwerflich wäre. Es ist mit der Tatsache zu rechnen, daß die Brünigbahn von Luzern bis Brienz schmalspurig ist. Zweck der Bestrebungen für eine Brienzerseebahn ist nun, die Verbindung zwischen den beiden Zentren des Fremdenverkehrs, Luzern und Interlaken, zu verbessern, d. h. es soll der Mißstand beseitigt werden, welcher darin liegt, daß die Bahn in Brienz aufhört und von da bis Interlaken das Schiff benutzt werden muß. Es bedingt das ein Umsteigen der Reisenden in Brienz, das mit Zeitverlust und Unannehmlichkeiten verbunden ist. Würde nun in Brienz ein Übergang von der Schmalspur auf die Normalspur stattfinden, so wäre der bisherige Übelstand nicht beseitigt; die Belästigung der Reisenden würde annähernd die gleiche bleiben. Die Sache würde auch dann nicht verbessert, wenn der Wechsel von Brienz nach Meiringen verlegt würde. Weder Brienz noch Meiringen ist der Zentralpunkt des Fremdenverkehrs im Berner Oberlande ; dieser Charakter kommt vielmehr Interlaken zu, wo nicht nur die Thunerseebahn und künftig die Brünigbahn, sondern auch die Berner Oberland-Bahnen einmünden. Es geht nicht an, wegen der Lokalinteressen Meiringens die natürlichen Verkehrsverhältnisse auf den Kopf zu stellen.

Bekannt ist, daß der Fremdenverkehr mit der schmalspurigen Brünigbahn ohne Anstand bewältigt werden kann ; es wird dieses noch um so besser gehen, wenn die leistungsfähigem neuen Lokomotiven in Dienst gestellt sein werden. Sache späterer Untersuchungen wird es sein, zu prüfen, ob nicht der Übergang zum elektrischen Betrieb allfällig noch weitere Verbesserungen bringen könne. Es ist aber gar nicht daran zu denken, daß in absehbarer Zeit die Brünigbahn auf Normalspur wird umgebaut werden. Wenn dieser Fall in der Zukunft einmal eintreten sollte, wäre es sicher richtiger, dannzumal auch die Kosten des Umbaues der Teilstrecke Brienz-Interlaken aufzuwenden, als auf sehr lange Zeit hinaus einen ganz ungeschickten Betrieb und eine eigentliche Verkehrserschwerung zu schaffen.

Wie bequem die Reisenden in den neuerstellten Schmalspurbahnwagen fahren, ist genügend bekannt, so daß auf eine eingehende Begründung hier wohl verzichtet werden darf. Wir verweisen nur auf die günstigen Erfahrungen bei der Albulabahn. Wenn die vollständig genügende Bedienung des Personenverkehrs durch eine Schmalspurbahn ganz außer Zweifel steht, kann ebenso wenig mit Grund eingewendet werden, daß der hier in Frage

490 kommende Güterverkehr nicht ohne Anstand bewältigt werden könne.

2. Wenn somit die Beibehaltung der Schmalspur aus verkekrspolitischen Rücksichten zurzeit das allein richtige ist, kommt dazu, daß diese Lösung der Frage auch finanziell erheblich günstiger ist. Unsere technischen Untersuchungen haben ergeben, daß es sich empfiehlt, von den beiden Varianten der Thunerseebahn für eine Schmalspurbahn diejenige mit e i n e r M a x i m a l s t e i g u n g v o n 12 °/oo u n d e i n e m M i n i m a l r a d i u s v o n 2 5 0 m. vorzuziehen. Unsere Überprüfung des Projektes und Voranschlages hat das Resultat ergeben, daß die Bausumme, mit Ausschluß der Beteiligung an den Bahnhofumbauten in Interlaken, Fr. 4,800,000 betragen wird. Das Projekt mit einer Maximalsteigung von 20 °/oo und einem Minimalradius von 150 m.

würde nur Fr. 4,200,000 kosten. Dagegen würden sich die Anlagekosten für das normalspurige Projekt der Thunerseebahn mit Inbegriff des Umbaues der Strecke Brienz-Meiringen und der Stationen Meiringen und Brienz, jedoch mit Ausschluß der Beteiligung an den Bahnhofumbauten in Interlaken, auf Fr. 8,000,000 belaufen.

3. Dem günstigem Schmalspurbahnprojekt glauben wir aus folgenden Gründen den Vorzug geben zu sollen : Die Kostendifferenz von Fr. 600,000, welche, zu 3*/2 % berechnet, einer Mehrverzinsung von Fr. 21,000 entspricht, wird aufgewogen durch die wesentlich günstigem Betriebsverhältnisse, welche aus der Reduktion der Maximalsteigung von 20 °/oo auf 12 °/oo und aus der Erhöhung des Minimalradius der Kurven von 150 m. auf 250 m. sich ergeben. Wir sind der Ansicht, daß die günstigere Linie mit einer Zugsgeschwindigkeit bis auf 60 km. pro Stunde befahren werden könnte, die andere nur mit einer solchen von 40--45 km. Jedenfalls steht außer Zweifel, daß das von uns empfohlene Projekt eine Talbahn von sehr günstigen Betriebsverhältnissen darstellt.

4. Die Kostendifferenz zwischen Schmalspur und Normalspur beträgt somit, ohne Berücksichtigung der Bahnhofumbauten in Interlaken, Fr. 3,200,000, was zu 3Ys % einen Zinsunterschied von Fr. 112,000 ausmacht. Diese Differenz fällt finanziell für die Bundesbahnen wesentlich ins Gewicht. Wir erwarten allerdings, gestützt auf die unten folgenden Daten, daß die Teilstrecke Brienz-Interlaken neben der Deckung der Betriebskosten uns mit der Zeit eine bescheidene Verzinsung des Anlagekapitals von Fr. 4,800,000 bringen werde, nicht aber eines

491 aolchen von 8 Millionen, wobei wohl zu beachten ist, daß bei ·einer Normalspurbahn ein besonderer Betrieb für eine verhältnismäßig kurze Strecke (nur 28,e km., nämlich Interlaken-Brienz 16,298 km. und Brienz-Meiringen 12,3 km.) eingerichtet werden müßte, während bei der Schmalspur der Betrieb der ßrünigbahn ·einfach fortzusetzen wäre und daher namentlich für die PersonalAusgaben wesentlich billiger würde.

5. In den oben genannten Ziffern sind die Kosten für Bahnhofumbauten in Interlaken nicht inbegriffen. Bezüglich des Anschlusses in Interlaken sind wir der Ansicht, daß der Anschluß an den O s t b a h n h o f ohne weiteres gegeben ist. Bis zu diesem Punkte besteht eine Normalspurbahn und es münden außerdem die Berner Oberland-Bahnen in den Ostbahnhof ein. Die Thunerseebahn hat allerdings ein Projekt für einen Zentralbahnhof in Interlaken entworfen. Wir glauben aber, daß die Aufhebung der bestehenden beiden Bahnhöfe eine solche Störung in die allgemeinen Verkehrsverhältnisse Interlakens bringen und eine so große Summe bestehender Interessen verletzen würde, daß an die Verwirklichung solcher Ideen kaum zu denken ist. Jedenfalls darf die Erstellung der Linie Brienz-Interlaken nicht mit der Frage einer völligen Umgestaltung der Bahnhofverhältnisse in Interlaken verquickt werden. Das hieße die ganze Angelegenheit auf lange Zeit hinausschieben.

Der Anschluß an den Ostbahnhof wird nun gewisse Umtauten und Erweiterungen erfordern ; wir berechnen unsern Anteil an dieselben für eine Schmalspurbahn auf Fr. 700,000 und für eine Normalbahn auf Fr. 1,400,000. Diese Differenz ist der unter Ziffer 2 angegebenen hinzuzuschlagen.

Die ganze Anschlußfrage wird mit der Thunerseebahn und «den Berner Oberland-Bahnen noch näher zu erörtern sein ; unseres Erachtens sollten aber diese Unterhandlungen die grundsätzliche Lösung der Frage der Fortsetzung der Brünigbahn nicht verzögern.

Sache weiterer Untersuchung wird ebenfalls sein, zu prüfen, -ob die Züge der Brünigbahn allfällig über den Ostbahnhof hinaus bis in den Westbahnhof geführt werden sollen und unter welchen Modalitäten eine Mitbenutzung der bestehenden Linie OstbahnhofWestbahnhof und des letztern durch die Brünigbahn möglich .und zweckmäßig sei. Auch diese Frage braucht nicht schon .heute gelöst zu werden, sondern kann für einmal als eine offene betrachtet werden.

492 II.

Wenn nun entschieden werden soll, ob die Bundesbahnen das empfohlene Schmalspurbahnprojekt ausführen sollen, ist auch die künftige R e n t a b i l i t ä t dieser Linie zu schätzen.

1. Für die Berechnung der Betriebseinnahmen haben wir die Taxen der Bundesbahnen laut Tarifgesetz zu Grunde gelegt ;; sodann haben wir für den P e r s o n e n v e r k e h r angenommen, daß etwa l/8 der Einnahmen den Daropfbooten bleiben werde, d. h. daß das Verhältnis ungefähr das gleiche sein werde, wiebei der Schiffahrt auf dem Thunersee. Bei einer Einnahme von Fr. 14,000 per Kilometer auf eine Länge von 16,s Kilometer' erhalten wir eine Gesamteinnahme von Fr. 231,000, somit für die Brienzerseebahn 2/s hiervon mit Fr. 154,000. Dieser Betrag kann mit Rücksicht darauf, daß der Lokalverkehr InterlakenBrienz ein erheblicher wird, ohne Bedenken von Anfang an um mindestens Fr. 11,000 erhöht werden, so daß sich rund Fr. 165,000' für den Personenverkehr ergeben.

2. Beim G ü t e r v e r k e h r schätzen wir den Lokalverkehr auf Fr. 22,500 und den Transitverkehr auf Fr. 6250; zu diesen Fr. 28,750 sind jedoch wegen der ohne weiteres von Anfang an zu erwartenden Verkehrsvormehrung hinzuzuschlagen mindestens Fr. 6250, so daß wir aus dem Güter- und Tierverkehr eine Gesamteinnahme von rund Fr. 35,000 erhalten.

3. Es steht jedoch außer Zweifel, daß sich bald eine erhebliche Steigerung dieser Ziffern einstellen wird, und wir -werden nicht fehlgehen, wenn wir die Betriebseinnahmen im ganzen um 25% erhöhen und somit Fr. 250,000 oder rund Fr. 15,000 per Kilometer annehmen. Zur Vergleichung fügen wir bei, daß die Thunerseebahn 1903 per Kilometer Fr. 27,672, die Bahn SpiezFrutigen Fr. 10,494, die Bahn Spiez-Erlenbach Fr. 12,336 und.

Erlenbach-Zweisimmen Fr. 8515 eingenommen haben. Dabei ist allerdings zu beachten, daß unsere Taxen wesentlich billiger sind als diejenigen der genannten Bahnen.

4. Die B e t r i e b s a u s g a b e n der Br ünigbahn haben betragen ï 1900 . . . Fr. 626,285 oder per km. Fr. 10,798 1901 . . . ,, 674,390 ,, ,, ,, ,, 11,627 1902 . . . ,, 669,632 ,, ,, ,, ,, 11,545 Wenn wir in Betracht ziehen, daß einerseits in diesen Zifferndie Betriebskosten der Bergstrecke inbegriffen sind, während die Strecke Brienz-Interlaken als Talbahn betrieben wird, daß aber anderseits während der genannten Jahre der Winterbetrieb auf

493 der Brünigbahn noch nicht eingeführt war, darf wohl für den Betrieb der rechtsufrigen Brienzerseebahn eine Ausgabe von Fr. 11,000 per Kilometer als ausreichend angenommen werden.

Die Betriebskosten im Jahre 1902 haben, per Kilometer betragen bei der Thunerseebahn Fr. 16,637, bei Spiez-Frutigen Fr. 7454, bei Spiez-Erlenbach Fr. 7409 und bei Erlenbach-Zweisimmen Fr. 6634.

5. Es stehen somit einer voraussichtlichen Einnahme von Fr. 15,000 per Kilometer Ausgaben von Fr. 11,000 gegenüber und es verbleibt ein B e t r i e b s i l b e r s c h u ß von nur Fr. 4000 per km. oder von Fr. 66,000 im ganzen. Zur Verzinsung eines Anlagekapitales von Fr. 5,500,000 sind aber, zu 4 °/o berechnet, erforderlich Fr. 220,000. Zum voraussichtlichen Zins von 3 l/z °/o ist nämlich noch 1/z °/o für Amortisation hinzuzufügen. Das ziffermäßige Resultat ist somit ein Ausfall von rund Fr. 154,000 per Jahr. Dieses Ergebnis ist allerdings nicht erfreulich. Wir halten aber die Ausführung der Bahn gleichwohl für geboten, da sie die verkehrspolitisch notwendige Ergänzung der von uns übernommenen Brünigbahn bildet und eine Steigerung des Verkehrs der ganzen Brünigbahn zur Folge haben wird. Dieser Umstand wird mit der Zeit ein Verschwinden des anfänglich sich ergebenden Deflzites herbeiführen.

III.

Die Tatsache, daß die Erbauung der Brienzerseebahn durch die Bundesbahnen für dieselben auf längere Zeit mit erheblichen finanziellen Opfern verbunden ist, bildet die Rechtfertigung dafür, daß der Bund vom Kanton Bern die nämliche Subvention beansprucht, welche laut den oben angeführten Erlassen des Großen Rates von 1897 und 1902 den Erbauern einer Bahn von Brienz nach Interlaken zugesichert worden sind. Diese Subvention ist für die Schmalspurbahnen auf 40 °/o des Anlagekapitals der auf bernischem Gebiet gebauten Bahnstrecke, jedoch höchstens auf Fr. 40,000 per Kilometer bemessen. Auf ein Anlagekapital von 572 Millionen träfe es allerdings mit 40 °/0 Fr. 2,200,000, jedoch bei einem Maximalbeitrag von Fr. 40,000 per Kilometer nur Fr. 660,000. Durch den Großratsbeschluß von 1897 ist der JuraSimplon-Bahn nur eine Subvention von Fr. 500,000 zugesichert worden und zwar nicht direkt, sondern in Form der Zusage einer Erhöhung der Simplonsubvention um Fr. 500,000. Wenn diese Kombination durchgeführt worden wäre, hätte sich in der Folge tatsächlich die Leistung des Kantons Bern auf 40,s% oder

494 Fr. 204,000 reduziert, d. h. auf den vor dem 1. Mai 1902 einbezahlten Subventionsbetrag. Dieser Erwägung ist entgegenzuhalten, daß die Absicht war, die vollen Fr. 500,000 als eigentliche Subvention und nicht etwa als Aktienbeteiligung am Unternehmen der Brienzerseebahn zu bewilligen, wie eine solche für ·die ändern Projekte im Gesetze vorgesehen war. Es ist daher zu verlangen, daß der Kanton Bern seine frühere Zusicherung einer Subvention aufrecht erhalte ; es kann sich höchstens darum handeln, eine gewisse Reduktion derselben aus dem Grunde vorzunehmen, daß sie nicht als Aktienbeteiligung mit Anspruch auf eine allfällige Dividende, sondern als Subvention à fonds perdu zu gewähren sein wird. Es ist nämlich wünschenswert, daß'die Komplikation einer besondern Rechnungsstellung für die Strecke Brienz-Interlaken wegfällt, welche nötig wäre, wenn dem Kanton Bern ein Anteil am künftigen Reinertrag der Linie in irgend einer Form zugesichert würde.

IV.

Unserm Vorschlage kann der Einwand entgegengehalten werden, es sei nicht zweckmäßig, daß die Bundesbahnverwaltung zum Bau einer neuen Linie schreite, bevor die Konsolidierung der Verstaatlichung der an den Bund übergegangenen Linien durchgeführt und die vielen für deren Ausbau erforderlichen Umbauten und Ergänzungsarbeiten wenigstens zu einem erheblichen Teile vollendet seien. Wir anerkennen durchaus, daß die finanzielle Lage der Bundesbahnen alle Sorgfalt gebietet, und daß alle nicht dringenden Bauausgaben vermieden werden müssen. Anderseits darf aber nicht vergessen werden, daß auch die Bundesbahnen nicht stillstehen dürfen. Wo ein Verkehrsbedürfnis zu befriedigen ist, das so unzweifelhaft besteht und wo es sich nur darum handelt, eine längst erkannte Lücke im Eisenbahnnetz des Bundes auszufüllen, dürfen wir nicht aus theoretischen Bedenken uns ablehnend verhalten. Es handelt sich eben im vorliegenden Falle nicht um eine neue Linie, sondern nur um die Vollendung der Brünigbahn. Es werden daher auch aus dem von uns angeregten Vorgehen keine nachteiligen Konsequenzen für andere Projekte gezogen werden können.

V.

Die Beschlußfassung des Verwaltungsrates kann nur eine grundsätzliche sein, da die Ermächtigung zur Erbauung einer neuen Linie gemäß Art. 4 des Rückkaufsgesetzes vom 15. Oktober 1897 nur durch Erlaß eines Bundesgesetzes erteilt werden

495 kann. Erst nachdem die Bundesversammlung ein solches Gesetz unter Vorbehalt des fakultativen Referendums erlassen hat und dasselbe definitiv in Kraft getreten sein wird, können wir die erforderlichen Ausführungspläne ausarbeiten und Ihnen zur Genehmigung vorlegen. Für dieses Stadium bleiben somit die Rechte des Verwaltungsrates betreffend Plangenehmigung und bezügliche Kreditbewilligung ausdrücklich vorbehalten. Heute liegt nur ein von uns geprüftes generelles Projekt mit Kostenvoranschlag als Grundlage für eine prinzipielle Schlußnahme durch die Bundesbehörden vor.

Aus den entwickelten Gründen beehren wir uns, Ihnen folgenden Beschluß zu beantragen: Der Verwaltungsrat der schweizerischen Bundesbahnen ersucht den hohen Bundesrat, er wolle der Bundesversammlung den Erlaß eines Bundesgesetzes vorschlagen, welches die Bundesbahnverwaltung zur Erbauung einer schmalspurigen Eisenbahn von Brienz nach Interlaken als Fortsetzung der Brünigbahn, mit 12%o Maximalsteigung und einem Minimalradius von 250 Meter, Kostenvoranschlag Fr. 5,500,000 ermächtigt, unter der Voraussetzung, daß der Kanton Bern vom Tage der Betriebseröffnung hinweg während der Dauer von 10 Jahren an die Betriebskosten einen jährlichen Beitrag von Fr. 40,000 leistet.

Das Referat über diesen Gegenstand haben wir dem Präsidium übertragen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Für die Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen, Der Präsident:

Weissenbach.

-^s-O^.-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Bau einer schmalspurigen Eisenbahn von Brienz nach Interlaken als Fortsetzung der Brünigbahn.

(Vom 12. Dezember 1904.)

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Bundesblatt

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1904

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14.12.1904

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