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Bundesratsbeschluß über

die Beschwerde des Daniel Belk, in Courlevon, gegen den Entscheid des Staatsrates des Kantons Freiburg, vom 14. November/8./9. Dezember 1903, betreffend Herbergspatentverweigerung.

(Vom 2. Dezember 1904.J

Der schweizerische Bundes rat

hat über die Beschwerde des Daniel B e l k , in Courlevon, gegen den Entscheid des Staatsrates des Kantons Freiburg, vom 14. November/8. /9. Dezember 1903, betreffend Herbergspatentverweigerung; auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements, folgenden Beschluß gefaßt: A.

In tatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

I.

Mit Eingabe vom 4./6. Februar 1904 beschwerte sich Daniel Belk, in Courlevon, beim Bundesrat über den ihm eine Herbergsbewilligung verweigernden Entscheid des freiburgischen Staatsrates vom 14. November, zugestellt am 8./9. Dezember 1903, und stellte das Begehren:

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Der Bundesrat möchte den Rekurs des Daniel Belk begründet erklären und den Staatsrat des Kantons Freiburg unter Aufhebung seiner bezüglichen Schlußnahrae vom 14. November 1903 anweisen, dem Rekurrenten die nachgesuchte Wirtschaftsbewilligung zu erteilen.

Zur Begründung führte der^Rekurrent folgendes an: Die Person des Patentbewerbers, sowie das Haus, worin das Wirtschaftsgewerbe betrieben werden soll, entsprächen allen gesetzlichen Anforderungen. Der Staatsrat sei einzig und allein auf Grund des ungünstigen Gutachtens des Gemeinderates von Courlevon zur Abweisung des Patentgesuches gekommen. Das Zustandekommen dieses Gutachtens habe zu Reklamationen Anlaß gegeben. Übrigens sei der Staatsrat an die gemeinderätlichen Gutachten nicht gebunden, bald setze er sich einfach darüber hinweg, bald erteile er eine Bewilligung sogar ohne ein solches Gutachten einzuholen. Bin Fall letzterer Art habe sich in Gurwolf ereignet, wo auf Neujahr 1903 eine neue Wirtschaft eröffnet worden sei, ohne daß der Gemeinderat, wie in einer Zeitung behauptet worden sei, überhaupt Kenntnis vom Vorliegen eines Patentgesuches gehabt habe.

Die Bedürfnisfrage sei im vorliegenden Fall zu bejahen.

Courlevon und Coussiberlé bilden zusammen eine Gemeinde mit zusammen 271 Einwohnera. Die große Mehrzahl der Bevölkerung empfinde die Errichtung einer Wirtschaft als eigentliches Bedürfnis, was sich bei einer Gemeindeabstimmung am 27. Juni 1901 und in den Unterschriften der beiliegenden Erklärung zu gunsten des Rekurrenten vom 19. Juni 1903 gezeigt habe.

Im Entscheid des Bundesrates vom 29. Juli 1890 in Sachen des Pierre Böschung, Restaurant des Alpes in Plaffeien, sei nachgewiesen, daß seit Jahren in einer Reihe freiburgischer Ortschaften mit weniger Einwohnern, als Courlevon-Coussiberle zähle, Wirtschaften bewilligt worden seien. So kämen in Villarèpos auf 202, in Cormérod auf 201 und nun in Gurwolf auf 491 Seelen je 2 Wirtschaften.

Das Anwesen des Rekurrenten Hege an der Kantonsstraße Freiburg-Murten, die trotz Eröffnung der Eisenbahn einen zahlreichen Verkehr von Fuhrwerken, Fußgängern und Velozipedisten aufweise. Da sich an dieser Straße in einer Entfernung von l bis 2 Stunden von Courlevon nach beiden Richtungen weder ein Dorf noch eine Wirtschaft befinde, so würde die Belksche Wirtschaft von allen Passanten freudig begrüßt werden.

Da die Bevölkerung in Courlevon weder leichtsinniger noch trunksüchtiger sei, als anderswo, so sei die Befürchtung des Staats-

508 rates unbegründet, daß durch Eröffnung einer Wirtschaft der bescheidene Wohlstand der Gemeinde verschwinden und der Ruiü verschiedener Familien herbeigeführt würde. Jedenfalls sei es besser, den Leuten reelle, der staatlichen Kontrolle unterliegende Getränke zu bieten, als wenn dem Alkoholgenuß im Geheimen gefrönt werde. Die Eröffnung der vom Rekurrenten in Aussicht genommenen Wirtschaft stehe somit, wenn sie auch durch das öffentliche Wohl nicht gerade gefordert werden möge, nicht im Widerspruch zu demselben. Dies aber hätte der Staatsrat nachweisen müssen, während er es bloß behauptet habe, den Nachweis dafür aber schuldig geblieben sei.

Während dem Rekurrenten das Patent für sein Anwesen in der 271 Seelen zählenden Gemeinde Courlevon-Coussiberlé angeblich wegen mangelnden Bedürfnisses und aus Rücksicht auf das öffentliche Wohl verweigert werde, habe die Regierung in Gurwolf eine zweite, weder von der Bevölkerung noch vom Gemeinderat gewünschte Wirtschaft als mit dem öffentlichen Wohl vereinbar erachtet und bewilligt, so daß auf 246 Einwohner eine Wirtschaft kommt. Beim Rekurrenten werde auf das gemeinderätliche Gutachten abgestellt, bei der Wirtschaftsbewilligung in Gurwolf sei entgegen gesetzlicher Vorschrift kein solches GutO o o achten einverlangt worden, und zwar deshalb, weil in Gurwolf ein Gemeindewirtshaus bestanden habe und der Gemeinderat wohl kaum ein der drohenden Konkurrenzwirtschaft günstiges Gutachten erstattet hätte. Diese verschiedene Behandlung sei willkürlich. Dazu komme noch, daß die ökonomische Lage Gurwolfs seit Jahren eine prekäre sei, während der Staatsrat selbst für Courlevon einen bescheidenen Wohlstand zugeben müsse.

II.

In seiner Rekursantwort vom 23. Februar/2. März 1904 beantragte der Staatsrat des Kantons Freiburg Abweisung der Beschwerde aus folgenden Gründen : Belk habe schon mehrmals ein Patent verlangt und sei mit seinen Begehren am 14. Februar 1900, am 5. September 1900 und am 7. Dezember l901 abgewiesen worden. In seinem letzten Entscheid vom 14. November 1903 habe der Staatsrat seine früheren Beschlüsse über diese Angelegenheit bestätigt. Belk habe gegen die früheren Entscheide nicht rekurriert, und seine heutige Beschwerde sei daher verspätet. Die Bestimmung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, wonach innert 60 Tagen Beschwerde geführt werden müsse, könne nicht

509 dadurch umgangen werden, daß das Patent zum viertenmal verlangt werde. Eine andere Auffassung würde jene Bestimmung,, mit der der Gesetzgeber doch den Zweck verfolgt habe, das Beschwerderecht einzuschränken, jeder Wirkung berauben.

Man könne eine Behörde nur dann verpflichten, auf drei rechtskräftig gewordene Entscheide zurückzukommen, wenn das neue Gesuch sich auch auf neue Tatsachen stütze.

Die für den Wirtschaftsbetrieb in Aussicht genommenen Räumlichkeiten entsprechen, wie im Entscheid vorn 14. November 1903 näher ausgeführt sei, den gesetzlichen Anforderungen nicht vollkommen, und Belk habe in seiner Beschwerde nicht mit der wünschbaren Deutlichkeit erklärt, daß er in dieser Hinsicht die nötigen Änderungen vornehmen werde. Das Patent könnte alsoschon aus diesen Gründen nicht ohne weiteres erteilt werden.

Bei einer Untersuchung habe sich ergeben, daß die Behauptung des Rekurrenten, das Gutachten des Geineinderates sei auf unregelmäßige Weise zu stände gekomrneü, unbegründet sei. Sämtliche Gemeinderäte hätten Stellung gegen die projektierte Wirtschaft eingenommen, mit Ausnahme desjenigen, der als Vertreter der Gemeinde Coussiberlé bezeichnet worden sei. Diesen habe der Gemeindevorsteher darauf aufmerksam gemacht, daß er in dieser Sache nicht Partei zu ergreifen habe, da die Wirtschaft ia Courlevon, nicht in Coussiberló, errichtet werden wolle. Hierauf habe sich jenes Gemeinderatsmitglied der Stimmabgabe enthalten.

Wenn es nun auch klar sei, daß dieser Gemeinderat das Recht gehabt habe, zu stimmen, so habe doch seine Haltung, da er mit seiner Ansicht allein stand, keinen Einfluß auf den gemeinderätliehen Entscheid gehabt.

Der Gerneinderat habe übrigens mit seinem ablehnenden Gutachten nur die Haltung bestätigt, die er den Begehren Belks von jeher entgegengesetzt habe.

Als neue Tatsache bringe Belk den Hinweis auf die Wiedereröffnung der zweiten Wirtschaft in Gurwolf vor, in welcher er eine Verletzung der Rechtsgleichheit ihm gegenüber erblicke.

Nun habe aber der Bundesrat unter anderem im Entscheid vom 21. Juli 1898 über die Beschwerde Chassot und im Entscheid vom 20. November 1903 über die Beschwerde Thorimbert anerkannt, daß die Gleichheit der Bevölkerungsziffer in zwei verschiedenen Ortschaften für die Beurteilung der Bedürfnisfrage bei Wirtsehaftspatentgesuchen nicht allein
ausschlaggebend sei. Die Verhältnisse in Gurwolf seien aber verschieden von denen in Courlevon. Zunächst müsse konstatiert werden, daß das Begehren um Wiedereröffnung der zweiten Wirtschaft in Gurwolf von einem

510 günstigen Gutachten des Gemeinderats begleitet gewesen sei, und der Staatsrat habe dem hinterher, auftretenden Gerücht, dieses Gutachten habe den Zweck gehabt, der Bewerberin ein Patent für einen ändern Ort zu verschaffen, kein Gewicht beilegen können.

Außerdem sei der Staatsrat an diese Gutachten in keiner Weise gebunden.

Sodann habe Courlevon noch nie eine Wirtschaft besessen, während in Gurwolf längere Zeit ihrer zwei existierten. Die zweite sei eingegangen, als ihr Inhaber die Gemeindewirtschaft pachtete.

Nach Lösung dieses Verhältnisses habe er die Wiedereröffnung des früheren Wirtshauses verlangt, und man habe dieses Begehren nicht wohl übergehen können, weil mit den Verhältnissen Gurwolfs eher zwei Wirtschaften vereinbar seien. Gurwolf mit fast 500 Einwohnern habe einen Bahnhof an der Linie Freiburg-MurtenIns erhalten, was der Entwicklung seiner Geschäftstätigkeit zu gute komme und Sonntagsausflügler von Murten herbeiziehe.

Die Leute der umliegenden Gemeinden benützten die Station von Gurwolf. Zu erwähnen sei auch die Molkerei in Gurwolf, die mehrere große Landgüter der Umgegend bediene.

Von alledem sei in Courlevon nichts vorhanden. Es besitze nur 190 Einwohner, welche Ziffer der Rekurrent durch Hinzurechnung der 80 Einwohner des Dorfes Coussibeiie vergrößert habe. Diese zwei Ortschaften bildeten jedoch zwei verschiedene Gemeinden mit getrenntem Vermögen und Rechnungswesen. Sie seien nur in bezug auf die Verwaltung durch Beschluß des Staatsrates vom 22. Mai 1871 vereinigt worden. Schule und Gemeinderat seien gemeinsam. Vor 1871 habe Coussiberle zu Gurwolf gehört, von dem man es nur wegen der Sprache getrennt habe.

Courlevon besitze keinen Handel, und die durch Erstellung der Bahn hervorgerufene Verkehrsverminderung habe es ermöglicht, die Kantonsstraße Freiburg-Murten, an der es liege, in die III. Klasse zu versetzen. Die Distanz von Courlevon nach Gurwolf einerseits und nach Courtepin, das auch eine Wirtschaft besitze, anderseits betrage l,s und 3,2 km., weshalb die Behauptung des Rekurrenten, man finde auf eine Strecke von l -- 2 Stunden von Courlevon weder Dorf noch Wirtschaft, unrichtig sei. Außerdem befänden sich in der Nachbarschaft der genannten Strecke die Wirtschaften von Wallenried und Courtaman.

Vor Erstellung der Eisenbahn, und als die Zahl der Wirtschaften noch
unbeschränkt, war, habe niemand an die Eröffnung eines Wirtshauses in Courlevon gedacht. Mit Recht führe der Gemeindevat aus, daß ein solches Etablissement eine Gefahr für das Dorf bedeute, das seinen bescheidenen Wohlstand seinem Fleiß und seiner Mäßigkeit verdanke. Er fürchte, daß die jungen

511 Leute, statt in der Familie zu bleiben, dea Zug ins Wirtshaus bekämen und dort ihr Geld ausgäben und sich in Schulden stürzten.

Der Schnaps würde das gewöhnliche Getränk in einer nur von Bauern besuchten Wirtschaft werden. Die Mehrheit des Gemeinderats drohe endlich, auf die Verwaltungseinheit mit Coussiberlé zu verzichten, wenn die Bewohner dieser Ortschaft fortführen, den Interessen Courlevons entgegenzuarbeiten. Die neue Wirtschaft wäre daher ein Anlaß zu Streitigkeiten zwischen den beiden bisher friedlich miteinander verbundenen Dörfern. Gewiß sei eine öffentliche, erlaubte Wirtschaft dem heimlichen (Winkel-) Wirtschaftsbetriebe vorzuziehen. Allein die Leute von Courlevon könnten mit Leichtigkeit in der Umgebung solche öffentliche Schenken aufsuchen. Auch gäbe es nichts Fataleres als eine schlecht besuchte Wirtschaft, deren Inhaber endlich alle möglichen Kniffe anwenden müsse, um zum Trinken zu nötigen und seine Gäste anzuziehen und festzuhalten.

Belk rühme sich, daß die Mehrheit einer Gemeindeversammlung am 26. Juni 1901 sich zu seinen Gunsten ausgesprochen habe. Dieser Zwischenfall sei in dem nicht rekurrierten Entscheid des Staatsrats vom 7. Dezember 1901 behandelt worden. Aus diesem Grunde, und weil nach Gesetz einzig der Gemeinderat zur Begutachtung eines Wirtschaftsbegehrens berechtigt sei, werde hier nicht mehr auf diesen Umstanri eingegangen. Ebenso qualifiziere sich die mit einer Anzahl Unterschriften versehene Petition vom 10. Juni 1903 als ein außergesetzliches Mittel, dem kein Wert beizutnessen sei.

Der Rekurrent habe nicht nachzuweisen vermocht, daß der angefochtene Entscheid willkürlich sei.

III.

In seiner Replik vom 9.112. April 1904 führte der Rekurrent zunächst aus, die der Beschwerde gegenüber erhobene Einrede der Verspätung sei weder gemäß den Bestimmungen des Buudesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege noch nach der Praxis des Bundesrates begründet. Zahlreich seien die Fälle, in denen ein erster Entscheid der kantonalen Behörden nicht, wohl aber ein zweiter, und zwar mit Erfolg, an den Bundesrat weitergezogen worden sei; so im Fall Ducommun, Café Richemond, in Freiburg, Hogg, Café Beauregard, in Freiburg, Savary, Café de la Croix fédérale, in Bulle, Dunant, in Vaulruz. In den beiden Fällen Dunant und Savary habe sogar der Bundesrat das erste Mal negativ entschieden, und nachher seien neue Gesuche und Rekurse gutgeheißen worden.

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Im vorliegenden Fall stütze sich die Beschwerde außerdem auf neue Gründe, nämlich auf eine Verletzung der Rechtsgleichheit anläßlich der Patentbewilligungen in Gurwolf und Büchsien und weitere Wirtschaftsbewilligungen in weniger bevölkerten Ortschaften des Kantons, die weiter von Kantonsstraßen entfernt liegen als Courlevon, so in Montbrelloz mit 183, in Rueyres-lesPrés mit 204, in Seiry mit 168, Granges-de-Vesin mit 167 und Bollion mit 140 Seelen.

Da das freiburgische Wirtschaftsgesetz für die Patente B eine Dauer von höchstens 5 Jahren vorsehe und die Bewilligung auch nur von Jahr zu Jahr erteilt werden könne, so folge aus alledem naturgemäß, daß eine Patentverweigerung der freiburgischeu Regierung aus den Jahren 1899/1900 oder 1901 in keiner Weise einer im Jahr 1904 erhobenen Beschwerde präjudizieren könne, in welcher auch neue Gründe geltend gemacht würden.

Der Rekurrent erkläre, daß er sich in bezug auf die Wirtschaftslokalitäten allen gesetzlichen Anforderungen fügen werde.

Von einem Veto des Gemeinderats von Courlevon könne nicht gesprochen werden; es handle sich einfach um ein Gutachten, an das der Staatsrat nicht gebunden sei, und das von ihm oft verworfen werde, wenn es sich um eine persona grata handle.

Bezüglich des Falles von Gurwolf werde einfach auf die beigelegten Summern des ,,Murtenbieter" verwiesen, wo genügende Aufklärung zu finden sei.

Der Staatsrat habe das der Eröffnung einer Wirtschaft ungünstige Gutachten des Gemeinderats von Büchsien nicht beachtet, so wenig wie das von Tour-de-Trôme gegen eine zweite Wirtschaft, oder das von Bulle gegen zwei neue Etablissemente, für die absolut kein Bedürfnis bestand, oder das einstimmige von Freiburg gegen das abgelegene Café du Mont-Blanc, gegen dessen Eröffnung die Nachbarn protestierten.

Es herrsche eben in der Beurteilung der gemeinderätlichen Gutachten Willkür je nach den Personen und den politischen Interessen, die im Spiel seien.

Wenn auch zuzugeben sei, daß die Verhältnisse io verschiedenen Ortschaften gleicher Bedeutung verschieden sein können so könne doch sehr wohl nachgewiesen werden, daß dem Rekurrenten nicht ohne eine eigentliche Rechtsbeugung verweigert werden dürfe, was die Regierung in anderen Ortschaften von unbestreitbar geringerer Bedeutung bewilligt habe.

So sei in Büchsien eine Wirtschaft bewilligt worden, trotzdem es nur 164 Einwohner besitze, trotzdem es nur an der Ge-

513 meindestraße Galmiz-Ulmiz gelegen sei, entgegen dem ablehnenden Gutachten des Gemeinderates, und trotzdem seine Wirtschaft näher bei denjenigen von Galmiz, Ried und Ulmiz liege, als die von Belk in Aussicht genommene Wirtschaft bei denjenigen von Wallenried, Courtepin und Gurwolf.

In gleicher Weise seien in Wallenried, Courtepin, Cormérod, Courtaman, Courtion, Misery, Cormondes etc. Wirtschaften bewilligt worden, deren Existenz mit der Bevölkerungsziffer weniger gerechtfertigt sei, als es ein Wirtshaus in Courlevon wäre. Beispielsweise sei die Bewilligung einer Wirtschaft in Courtaman mit 156 Einwohnern und ohne irgendwelchen Verkehr gewiß angesichts der Abweisung Belks nicht zu rechtfertigen.

Auch im Broyedistrikt sei Ähnliches vorgekommen, so in Bussy mit 280, Gletterens mit 235, Rueyres mit 215, Montbrelloz mit 161, Seiry mit 209, Granges-de-Vesin, einem verloren im Wald liegenden Dorf, mit 153 und Bollion mit 143 Einwohnern.

Aber da habe es allerdings gegolten, politische Dienste zu belohnen, und das sei bei Belk nicht der Fall.

Nie habe die Gemeindebehörde gewagt, zu behaupten, die projektierte Wirtschaft würde zur Brandfackel der Zwietracht zwischen Courlevon und Coussiberlé, und die Mitglieder des Großen Rates aus dem Seebezirk würden eine solche Behauptung gewiß Lügen strafen. Eine Wirtschaft mit gutem Wein und Bier würde der jetzt in der betreffenden Gemeinde grassierenden Schnapsseuche Abbruch tun.

IV.

Unterm 14. April 1904 legte der Rekurrent noch eine Erklärung vom 5. April 1904 ins Recht, worin die 9 Vertreter des Seebezirks im Großen Rat des Kantons Freiburg sich dahin äußerten, sie erblickten in der Abweisung des Belkschen Patentgesuches eine ungleiche Behandlung vor dem Gesetz, da sich die Bedürfnisfrage in Erwägung aller Umstände für Courlevon-Coussiberlé ebensogut bejahen lasse, als bei Bewilligung der zweiten Wirtschaft in Gurwolf, da in bezug auf die moralischen Folgen bei Eröffnung einer Wirtschaft für Courlevon nicht mehr zu befürchten sei, als bei Bewilligung einer zweiten Wirtschaft für Gurwolf, und da unter ähnlichen, wenn nicht noch ungünstigem Verhältnissen, wie z. B. in Büchsien, die Regierung von Freiburg Patente gewährt und dadurch bedauernswerte Präzedenzfälle geschaffen habe.

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V.

Aus der Duplik des Staatsrates vom 24./30. Mai 1904 ist noch folgendes hervorzuheben: Die Einrede der verspäteten Beschwerde werde wenigstens bezüglich der in den frühern Entscheiden schon beurteilten Punkte aufrechterhalten, speziell was die Bedürfnisfrage anbelange. Belk habe gegen deren Verneinung früher nicht rekurriert und sieh damit stillschweigend der Auflassung der Regierung angeschlossen.

In dieser Hinsicht sei also die Beschwerde verspätet, ansonst die Aufstellung einer sechzigtägigen Rekursfrist im Organisationsgesetz illusorisch wäre.

In seinem Entscheid vom 22. Juni 1903 über die Beschwerde Neidhart spreche sich der Bundesrat dahin aus, daß ein für ein Patentjahr abgewiesenes Gesuch für das nächste Jahr erneuert werden könne, da die das Bedürfnis einer Ortschaft bestimmenden Elemente sich zu gunsten des Gesuches verändern können. Der Bundesrat anerkenne damit implicite, daß, wenn die Situation sich gleichgeblieben sei, der erste Entscheid den Wert einer beurteilten Sache habe. Nun sei aber schon zur Genüge bewiesen worden, daß sich die Verhältnisse Courlevons seit dem Entscheid über das erste Gesuch Belks höchstens in einem für das Begehren ungünstigen Sinne verändert hätten, weshalb die Erneuerung des Gesuches ungerechtfertigt sei.

Die Fälle Ducommun und Hogg in Freiburg, Savary in Bulle und Dunand in Vaulruz seien absolut verschieden vom vorliegenden.

In den beiden letztgenannten habe der Bundesrat seine ersten Entscheide auf Grund neuer, ihm vorher unbekannter Momente abgeändert; aber die Beschwerden gegen die Entscheidungen des Staatsrats seien immer rechtzeitig eingelegt worden.

Die zweiten Beschwerden von Ducommun und Hogg hätten sich auf neue Tatsachen stutzen können, weil sie Konzessionen für ein von Jähr zu Jahr sich mehr entwickelndes Quartier verlangten. Dies sei bei Belk nicht der Fall, der als einzigen neuen Umstand die Wiedereröffnung der zweiten Wirtschaft in Gurwolf anführe, eine Tatsache, die auf die Verhältnisse Courlevons ohne jeden Einfluß sei, und die vom Rekurrenten nur angeführt worden sei, um vor der Bundesbehörde als Opfer einer Rechtsverweigerung zu erscheinen. Ohne daß auf die schon in der Rekursantwort bewiesene Nichtigkeit einer solchen Begründung nochmals eingegangen werde, müßten doch einige tatsächliche Angaben, die der Rekurrent in falschem Licht darzustellen beliebe, berichtigt werden :

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1. Es sei richtig, daß der Staatsrat das eine oder andereMal Wirtschaften bewilligt habe trotz ungünstigen, gemeinderätlichen' Gutachten, wenn diese Erklärungen, wie gerade diejenigen von Bulle, La Tour und Freiburg, sich auf Erwägungen stützten,, die nicht strikte der Beurteilung der Bedürfnisfrage entsprachen, sondern von einem besondern Interesse, z. B. von der Furcht vor einer dem Gemeindewirtshaus schädlichen Konkurrenz, eingegeben waren.

2. Unter Protest gegen die phantastische Wiedergabe der die Eröffnung der zweiten Wirtschaft in Gurwolf betreffenden Tatsachen im ,,Murtenbieter a werde auf die diesbezüglichen Angaben der Antwort verwiesen. Wenn der dortige Gemeinderat wirklich dem Begehren feindlich gesinnt gewesen wäre, so hätte er dies in einem begründeten Gutachten zum Ausdruck bringen sollen, wie es die Behörde von Courlevon getan habe.

Zur Rechtfertigung der Bewilligung der zweiten Wirtschaft sei noch darauf zu verweisen, daß Gurwolf außer der Molkerei eine Ziegelei, eine Mühle und ein stets gut besuchtes Pensionat besitze, daß die Bevölkerung eher zu industrieller Tätigkeit hinneige, die eine beträchtlichere Geschäfts- und Verkehrstätigkeit hervorrufe, als die Landwirtschaft. Endlich werde sich Gurwolf in Zukunft sicherlieh mehr und mehr entwickeln, während kein Grund zu einer solchen Annahme für Courlevon bestehe.

Gegenüber den übrigen vom Rekurrenten zitierten Fällen, in welchen Patente ohne ausreichendere Gründe, als für Courlevon sprechen, bewilligt worden sein sollen, werde darauf hingewiesen, daß die betreffenden Entscheide alle vor mehreren Jahren, vorgängig der ersten Patentverweigerung gegenüber Belk, gefällt wurden, weshalb sie heute nicht zur Begründung angeführt werden könnten.

In Büchsien, das zuerst erwähnt werde, bestehe ein Wirtshaus schon seit 14 Jahren. Der dem Etablissement früher feindliche Gemeinderat habe später seine Nützlichkeit eingesehen und die Patenterneuerung zu zweien Malen günstig begutachtet. Außerdem liege Büchsien an der Kantonsstraße Milden-Murten-Bern, an der Abzweigung der Straßen nach Galmiz, Ried, Ormey und Lurtigen. Es bestehe dort ein weit stärkerer Verkehr als iu Courlevon.

Die Wirtschaften von Wallenried, Courtepin, Cormérod, Courtaman, Courtion, Misery und .Corrnondes hätten schon vor Inkrafttreten des neuen Wirtschaftsgesetzes bestanden. Neu sei einzig das in einem seit Erstellung der Bahn Freiburg-Murten erstandenen Quartier Courtepins gelegene Gasthaus zum Bahnhof.

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Die Vergleichung Courlevons mit verschiedenen Orfschaften ·des Bezirkes Broye seien wertlos. Auch hier stammten einige der genannten Wirtschaften aus der Zeit vor dem neuen Gesetz.

Außerdem aber ginge es gewiß zu weit, wenn man es zulassen wollte, daß außer bei offenbarer Verletzung der Rechtsgleichheit anläßlich jeder Wirtschaftsbeschwerde die Diskussion über die Gründe wieder aufgenommen werde, die die Regierung veranlaßt haben, unter verschiedenen Umständen auf irgend einem Punkt des Kantonsgebietes eine Wirtschaft zu bewilligen.

Was endlich die Erklärung der Großräte des Seebezirks betreffe, so sei sie bei der Beurteilung des Belkschen Patentgesuches nicht vorgelegen und könne schon deshalb vom Bundesrate bei Überprüfung des angefochtenen Entscheides nicht berücksichtigt werden.

Sodann sei sie ein außergesetzliches Mittel, da nach Gesetz einzig der Gemeinderat zur Begutachtung eines Patentgesuches berufen sei. Der Bundesrat aber habe in seinem Geschäftsbericht vom Jahr 1901 anerkannt, daß die von der zuständigen kantonalen Behörde ausgehenden Gutachten über Patentbewilligungsgesuche ausschlaggebend seien und nicht durch private Zeugnisse abgeschwächt werden könnten.

B.

in rechtlicher Beziehung fällt in Betracht: I.

Die vom Staatsrat des Kantons Freiburg der Beschwerde gegenüber erhobene Einrede der Verspätung ist unbegründet. Der angefochtene Entscheid datiert vom 14. November 1903, und die Rekursfrist begann frühestens am 10. Dezember 1903 zu laufen 5 denn der Entscheid wurde dem Rekurrenten anv8./9. Dezember zugestellt. Die Rekursfrist lief somit gemäß Art. 178 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege am 8. Februar 1904 ab. Die Beschwerde ging aber schon am 6. Februar 1904 beim Bundesrat ein. Auch kann die Einrede der Verspätung nicht mit dem Hinweis darauf begründet werden, daß der Rekurrent die Entscheide der frei burgisch en Regierung über seine frühern Patentbegehren nicht an den Buadesrat weitergezogen hat.

Die freiburgische Wirtschaftsgesetzgebung enthält keine Bestimmungen darüber, nach Ablauf welcher Frist ein abgewiesenes Wirtschaftsbegehren erneuert werden kann. Belk war zuletzt im Dezember 1901 mit einem Patentbegehren abgewiesen worden.

517 Als er hierauf im Jahr 1903 sein Gesuch erneuerte, hat der Staatsrat nicht einfach erklärt, es liege in Beziehung auf dies Begehren infolge des Entscheides vom Dezember 1901 res judicata vor; vielmehr fällte er neuerdings einen materiellen Entscheid.

Er hat damit selbst die Berechtigung Belks zur Erneuerung des Gesuches anerkannt. Es geht nicht an, in der Rekursinstanz diese Anerkennung zu widerrufen, indem der früher nicht geltend gemachte Einwand der abgeurteilten Sache erhoben wird.

Gegen den neuen, materiellen Entscheid der Regierung steht aber dem Rekurrenten das Beschwerderecht aus Art. 178 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege zu.

Die Einrede des Staatsrats ist aber auch in dem eingeschränkten Umfang, in welchem sie in der Duplik aufrecht erhalten wird, abzuweisen, also soweit die frühere Entscheidung über die Bedürfnisfrage als beurteilte Sache behandelt werden will. Wenn der Bundesrat im zitierten Entscheid vom 22. Juni 1903 in Sachen Neidhart contra Schwyz ausführte, die Erneuerung des Patentbegehrens sei für jede folgende Patentperiode wieder zulässig, weil in der Zwischenzeit die das Bedürfnis einer Ortschaft bestimmenden Elemente sich zu gunsten des Gesuches verändern können, so liegt hierin keineswegs die Anerkennung des Satzes, der frühere Entscheid habe, soweit sich die Situation gleichgeblieben sei, den Wert einer beurteilten Sache. Vielmehr wird gerade eine neue Überprüfung der Sachlage und ein neuer materieller Entscheid gefordert und vorausgesetzt, und die Möglichkeit des Rekurses an den Bundesrat ist auf Grund des neuen Entscheids gegeben, auch wenn die gleichen Gründe, wie früher, zur Abweisung führen sollten. Dies gilt auch für den im vorliegenden Fall angefochtenen Entscheid. Wäre dem nicht so, dann wäre das Beschwerderecht an den Bundesrat illusorisch in allen Fällen, wo ein früherer Entscheid der kantonalen Behörden nicht weitergezogen worden ist und der neue Entscheid auf denselben, der Überprüfung durch die Bundesbehörde noch nie unterstellten Gründen wie der frühere beruht.

II.

Was nun die Sache selbst anbetrifft, so ist davon auszugehen, daß der Rekurs nur dann gutgeheißen werden kann, wenn die Verweigerung der Erteilung eines Wirtschaftspatentes an den Rekurrenten sich offenbar nicht als eine durch das öffentliche Wohl geforderte Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit darstellt oder nachgewiesenermaßen ein Akt der Willkür oder rechtsungleichen Behandlung ist.

Bundesblatt. 56. Jahrg. Bd. VI.

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518 In ersterer Beziehung muß nun allerdings gesagt werdsn, daß es auffallend erscheint, wenn das Gesuch um Errichtung einer Wirtschaft in einer politischen Gemeinde, in welcher keine einzige Wirtschaft besteht, an einer noch immer wichtigen Landstraße, an der gegenwärtig auf 5 Kilometer keine Wirtschaft zu finden ist, an der für fremde Passanten einzig passenden Stelle des Dorfes, abschlägig beschieden wird, obgleich die Eignung sowohl der Person des Bewerbers als auch des Gebäudes für den Betrieb einer Wirtschaft gar nicht in Frage steht. Dabei muß insbesondere hervorgehoben werden, daß die Bewohner einer politischen Gemeinde in Freud, und Leid zusammengehören und vielfach gemeinsame Angelegenheiten öffentlicher oder geschäftlicher oder geselliger Natur besitzen, so daß der Wunsch der Einwohner begreiflich erscheint, hierfür eine jedermann zugängliche, gute und ehrbare Wirtschaft benutzen zu können.

Der Bundesrat gelangt jedoch nicht dazu, den Rekurs aus dem erstem der beiden vorerwähnten Gesichtspunkte gutzuheißen.

Das freiburgische Wirtschaftsgesetz verlangt, daß die Zahl der Wirtschaften ,,möglichst eingeschränkt" werde. Der Kanton Freiburg darf in dieser Richtung bis zu der durch die Bundesverfassung gesteckten Grenze gehen. Diese Grenze aber erreicht der angefochtene Entscheid nicht.

III.

Zu untersuchen ist sonach nur noch, ob in der Patentverweigerung seitens des Staatsrates dem Rekurrenten gegenüber, wie er behauptet, ein Akt der Willkür oder rechtsungleicher Behandlung liege. Um dies darzutun, hat sich der Rekurrent auf eine ganze Anzahl von Fällen berufen, in denen nach seiner Ansicht Wirtschaftsbewilligungen erteilt wurden, trotzdem die Verhältnisse der betreffenden Ortschaften weniger geeignet für die Erteilung eines Wirtschaftspatentes waren, als die von Courlevon. Für die Großzahl dieser Fälle ergibt sich von vornherein, daß die Verhältnisse derart verschieden von den im vorliegenden Fall gegebenen sind, daß sie nicht zur Feststellung einer Rechtsungleichheit herangezogen werden können. Es gilt dies bezüglich der Patenterteilungen in Freiburg und Bulle, weil hier städtische Verhältnisse in Betracht kommen; es gilt von Bollion, ßussy, Gletterens, Wallenried, Cormérod, Courtaman, Courtion, Misery, Cormondes, weil in diesen Ortschaften die betreffenden Wirtschaften schon vor Inkrafttreten der neuen freiburgischen Wirtschaftsgesetzgebung existierten und es doch ein wesentlicher Unterschied ist, ob es sich, wie in Courlevon, um die Bewilligung einer bisher

519 nicht bestehenden Wirtschaft oder um die Erneuerung des Patentes für eine schon lange bestehende Wirtschaft handelt. Auch die Verhältnisse der Gemeinde Courtepin, wo jüngst eine zweite Wirtschaft bewilligt worden ist, können nicht wohl vergleichsweise herangezogen werden. Die beiden Wirtschal'ten liegen dort räumlich ziemlich weit auseinander, und die zweite, neu bewilligte Wirtschaft dient, da sie in nächster Nähe der Station steht, den speziellen Bedürfnissen des Bahnverkehrs und der in der Umgebung der Station angesiedelten industriellen Anlagen. Ferner sind die Angaben des Rekurrenten über die aus ändern Distrikten angeführten Fälle von Montbrelloz, Rueyres-les-Prés, Seiry, Grangesde-Vesin, La Tour-de-Treme so wenig eingehend, daß auch diese nicht berücksichtigt werden können ; denn der Bundesrat hat schon mehrfach in seiner Praxis den Satz betont, daß für die Wirtschaftsbewilligungen nicht allein die Höhe der Bevölkerungsziffer in Betracht fallen könne, daß vielmehr noch eine ganze Reihe anderer Umstände von Bedeutung für die Bedürfnisfrage seien. Eine willkürliche, rechtsungleiche Behandlung ist aber nur dann anzunehmen, wenn bei völlig gleichen oder doch sehr ähnlichen Verhältnissen dem einen Wirtschaftsbewerber ein Patent erteilt, dem ändern aber verweigert wird.

Nur in zwei Fällen hat der Rekurrent dargetan, daß ähnliche Verhältnisse, wie in Courlevon, in ändern Gemeinden bestehen, wo Wirtschaften bewilligt wurden; es betrifft dies die Gemeinden Büchsien und Gurwolf. Büchsien zählt eine Wohnbevölkerung von 164 Seelen, während Courlevon allein schon 190, zusammen mit Coussiberlé sogar 270 Einwohner hat.

Die Gesamtheit der übrigen in Betracht fallenden Verhältnisse ist zudem bei diesen Ortschaften nicht so wesentlich verschieden, daß eine andere Behandlung angezeigt erscheinen kann.

Indessen liegt bei Büchsien die Patenterteilung zeitlich so weit zurück, daß heute darauf kaum mehr Rücksicht genommen werden kann, um aus jener Patenterteilung einen genügenden Grund zur Aufhebung des Entscheides der Regierung des Kantons Freiburg dem Rekurrenten gegenüber abzuleiten.

Dagegen erscheint die Behauptung des Rekurrenten als zutreffend, daß angesichts der in Gurwolf im Jahr 1902 bewilligten zweiten Wirtschaft das von Belk im Jahr 1903 nachgesuchte Patent ohne Verletzung der Gleichheit vor
dem Gesetz nicht verweigert werden konnte. Wenn die Regierung keinen Anstand oahm, in Gurwolf mit 490 Einwohnern eine zweite, im Jahr 1880, also vor Inkrafttreten des Bedürfnisartikels eingegangene Wirtschaft in unmittelbarer Nähe der schon bestehenden Gemeindewirtschaft

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wieder zu bewilligen, bloß weil inzwischen eine weit vom Dorf entfernt liegende, unbedeutende Bahnstation entstanden war, so konnte sie in der 270 Einwohner zählenden Nachbargemeinde Courlevon-Coussiberlé, deren wirtschaftliche Verhältnisse nicht wesentlich verschieden sind, die an einer noch immer wichtigen Landstraße liegt, an welcher auf der einen Seite des Dorfes bis in einer Entfernung von 5 Kilometer keine Wirtschaft besteht, und in welcher Gemeinde selbst keine Wirtschaft existiert, eine solche nicht verweigern, ohne den Grundsatz zu verletzen, wonach ein Bürger unter gleichen Umständen nicht ungünstiger behandelt werden darf, als ein anderer.

Aus den angeführten Gründen muß die Beschwerde des Rekurrenten gegen den abweisenden Entscheid der Regierung gutgeheißen werden. Dabei bleibt vorbehalten, daß die für den Wirtschaftsbetrieb in Aussicht genommenen Räumlichkeiten den gesetzlichen Anforderungen genügen.

Demgemäß wird erkannt: Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen für begründet erklärt.

B e r n , den 2. Dezember 1904.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

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Bundesratsbeschluß über die Beschwerde des Daniel Belk, in Courlevon, gegen den Entscheid des Staatsrates des Kantons Freiburg, vom 14. November/8./9. Dezember 1903, betreffend Herbergspatentverweigerung. (Vom 2. Dezember 1904.)

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51

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14.12.1904

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