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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzes-sion einer elektrischen Eisenbahn von Martigny nach Orsières.

(Vom 13. Juni 1904.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 30. Januar abbin unterbreiteten uns die Konzessionäre einer Eisenbahn von Orsières bis zur Landesgrenze am Col Ferret das Gesuch für die Erteilung einer weiteren Konzession für eine elektrische Schmalspurbahn von Martigny nach Orsières, welche die Fortsetzung oder vielmehr das notwendige Anfangsstück für die Linie Orsières-Col Ferret bilden solle. Gleichzeitig legten sie eine schriftliche Erklärung der Herren Besson und Nicollier vor, wonach diese auf ihre Konzession für eine Eisenbahn von Martigny nach Villette und nach Liddes, die ihnen durch Bundesbeschluß vom 30. März 1900 erteilt wurde (E. A. S. XVI, 93), verzichten.

Die Konzessionsbewerber, nämlich die Herren Gr. Dietrich in Lausanne, de Cocatrix, Ingenieur und A. Closuit in Martigny und F. Troillet, Kantonsrichter in Orsières, machen im allgemeinen Berichte geltend : wenn auch infolge des Simplondurchstiches eine neue n o r m a l s p u r i g e Überschienung der Alpen über den Col Ferret keine Berechtigung hätte, so biete dagegen die Erstellung einer S c h m a l s p u r b a h n zwischen Martigny und Aosta unbestreitbare Vorteile für das schweizerische Bahnnetz unter

416 gleichzeitiger Befriedigung der lokalen Verkehrsbedürfnisse. Die Aktiengesellschaft Rieter in Winterthur habe daher der italienischen Regierung das Konzessionsgesuch für eine Linie von Col Ferret bis nach Aosta eingereicht, das heißt für die Fortsetzung der Strecke Martigny-Orsieres-Col Ferret.

Der allgemeine Bericht weist darauf hin, daß die bevorstehende Eröffnung der Bahn Martigny-Chamonix auf der Station Martigny und im Rhonetal einen beträchtlichen Fremdenverkehr hervorrufen werde; daher sollte Martigny der Ausgangspunkt der nach dem Aostatal führenden Linie werden.

Dem technischen Berichte entnehmen wir folgende Beschreibung der projektierten Bahn : Die Länge betrage ungefähr 18 Kilometer. Die Bahn beginne in der Station Martigny-Ville auf einer Höhe von 469 Metern.

Hierauf umfahre sie die Stadt auf der östlichen Seite, um nach der Dranse zu führen, die sie in der Nähe von Martigny-Bourg überschreite. Dann folge die Bahn dem Talweg der Dranse mit zweimaliger Überbrilckung bis zu 11 km., worauf sie sich während etwa 2 km. vom Ufer entferne, um sich ihm oben, bei km. 13 wieder zu nähern und sich, immer dem Flusse folgend, nach Süden zu wenden. Der Endpunkt Orsières liege 885 Meter über Meer.

Die Bahn sei eine Adhäsionsbahn mit elektrischem Betrieb nach Trolleyeystem. Die elektrische Kraft werde in einer Anlage an der Dranse bei Orsières erzeugt, die schon für die Bahn Orsieres-Col Ferret in Aussicht genommen worden sei.

Der Radius der Kurven betrage im allgemeinen 80 Meter, im Minimum 40 Meter. Die Maximalsteigung sei zu 35°/oo angenommen. Es sollen Schienen nach dem Vignolsystem verwendet werden mit Ausnahme der Kreuzungen, die Rillenschienen erhalten. Die Weichen werden automatisch eingerichtet. Ausweichstellen seien vorgesehen in Sembrancher, Bovernier und MartignyBourg, sowie an zwei weiteren Stellen, wo dies am nötigsten sein sollte.

An Kunstbauten werde die Bahn zwei kleine Tunnel mit einer Gesamtlänge von 200 Meter erhalten, sowie Stütz- und Futtermauern am Eingang des Talweges. Über die Dranse und deren Nebenflüsse seien drei eiserne Brücken mit je einer Öffnung vorgesehen. Außerdem sei noch eine Anzahl kleinerer Brücken

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zu erstellen über den Kanal von Martigny-Bourg und einige andere Wasserläufe.

Stationen für Personen- und Güterverkehr sollen erhalten: Martigny-Ville, Martigny-Bourg und Orsières. Bloße Haltstellen werden errichtet für Martigny-Combe, Le Brocard, Bovernier, Sembrancher und La Douay.

Die Konzessionsbewerber haben folgenden Kostenvoranschlag aufgestellt : 1. Gründungskosten Fr. 100,000 2. Bauzinsen ,, 104,000 3. Expropriation ,, 126,000 4. Unterbau ,, 785,000 5. Kunstbauten ,, 90,000 6. Oberbau .

,, 350,000 7. Hochbauten ,, 62,000 9.' Maschinen } AnteilderLinieMartigny-Orsieres 10.

11.

12.

13.

ä

Speiseleitung Rollmaterial Signale und Telephon Unvorhergesehenes und Verschiedenes

.

.

.

,,

402,500

,, ,, ,, ,,

171,500 376,000 18,000 135,000

Total Fr. 2,720,000 Dieser Betrag soll aufgebracht werden durch ein Aktienkapital von Fr. 1,600,000 und ein Obligationenkapital von Fr. 1,120,000.

Die jährlichen Einnahmen werden veranschlagt auf Fr. 328,500 die Ausgaben auf ,, 204,800 so daß sieh ein Einnahmenüberschuß von . . . .Fr. 123,700 ergebe, der eine 7,7 °/o Verzinsung des Aktienkapitals erlauben würde.

In seiner Vernehmlassung vom 12. März 1904 empfahl der Staatsrat des Kantons Wallis die Erteilung der Konzession.

Die gesetzlich vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen fanden am 10. Mai 1904 statt. Der vom Eisenbahndepartement aufgestellte Konzessionsentwurf wurde von den Anwesenden einstimmig gebilligt.

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Auch wir können Ihnen die Erteilung der Konzession empfehlen und beantragen daher, dem nachstehenden Beschlussesentwurf, der uns zu besonderen Bemerkungen nicht Anlaß gibt, die Genehmigung zu erteilen.

Wir benützen auch diesen Anlaß, Sie, Tit, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 13. Juni 1904 Im Namen des Schweiz. Bundesrates, DerBundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Martigny nach Orsières.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Herren G. Dietrich, Ingenieur in Lausanne, M. de Cocatrix, Ingenieur, und A. Closuit in Martigny und F. Troillet, Kantonsrichter in Orsières, vom 30. Januar 1904 5 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 13, Juni 1904, beschließt": Den Herren G. D i e t r i c h , Ingenieur in Lausanne, M. de C o c a t r i x , Ingenieur, und A. C l o s u i t in Martigny und F. T r o i l l e t , Kantonsrichter in Orsières, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn von M a r t i g n y nach O r s i è r e s unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die .jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

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Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Martigny.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Sehweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Sch\veiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Wallis und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

421 Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und- gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen1, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, daß Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlaß zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und mit Anhalten auf allen Stationen erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt; Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach dem Durchgangssystem mit zwei Klassen aufstellen.

In der Regel sind allen Eersonenzügen Wagen beider Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, daß alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Die Gesellschaft kann für die Beförderung von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze beziehen : in der zweiten Wagenklasse 23 Rappen, in der dritten Wagenklasse 15 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

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Für Kinder unter 4 Jahren ist, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, keine Taxe, für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen. Der Bundesrat kann eine angemessene Ausdehnung der zur Hälfte der Taxe berechtigenden Altersgrenze verlangen.

Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 16. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Buhdesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 15 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisendengepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 7 Rappen und deren niedrigste nicht über 8,5 Rappen per 100 Kilogramm, und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

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Bei Beförderung von Waren in Eilfracht kann die Taxe um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

Art. 19. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert sind für Fr. 1000 per Kilometer höchstens 3,s Rappen zu erheben.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

&*· Art. 21.' Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln u. s. w. zeitweise niedrigere Taxen zu bewilligen, welche vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen sind Taxen zu beziehen, welche nach Klassen und Transportmengen (Stückzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 30 Rappen per Stück und Kilometer für die höchste und 7 Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen.

Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40 °/o erhoben werden.

Art. 23. Die Minimaltransporttaxe für Gepäck, für Gütersendungen und für Tiersendungen beträgt höchstens 40 Rappen.

Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu trefien (Camionnagedienst).

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Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Bezüglich des Gewichtes werden Sendungen in Eilfracht und in gewöhnlicher Fracht bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm gerechnet und Gepäcksendungen bis auf 10 Kilogramm für.volle 10 Kilogramm; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der gemäß diesen Vorschriften berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird dieselbe auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, insofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 27. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn déni Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

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Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerangs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 30. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Wallis, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröfinung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen.

Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

' Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1940 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; --sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1940 und 1. Januar 1955 erfolgt, den 22ysfachen Wert ; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1955 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Brneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezpgen werden.

Bundesblatt. 56. Jahrg. Bd. IV.

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d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reserve' fonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 31. Hat der Kanton Wallis den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, seia Rückkaufsrecht, wie es im Art. 30 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 32. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche am 15. Juli 1904 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Martigny nach Orsières. (Vom 13. Juni 1904.)

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Jahr

1904

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25

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.06.1904

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415-426

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