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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Ausdehnung der Konzession für das Netz der Rhätischen Bahn auf die Linie Samaden-Pontresina.

(Vom 30. November 1904.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 18. August 1904 unterbreitete die Direktion der Rhätischen Bahn im Auftrage des Verwaltungsrates dem Bundesrate ein Konzessionsgesuch für eine Schmalspurbahn von Samaden nach Pontresina, indem sie zugleich folgende allgemeine Bemerkungen beifügte : Die Konzessionsbewerbung geschehe im Einverständnis mit der Gemeinde Pontresina, und auf deren besonderes Verlangen, da sie mit Rücksicht auf ihre bedeutende Fremdenindustrie einen direkten Anschluß an die Albulabahn als unerläßlich erachte.

Bezüglich der Tarife stellte die Direktion das Gesuch, es möchte die Linie Samaden-Pontresina im Sinne des Artikels 15 der Konzession für das Netz der Rhätischen Bahn vom 10. Oktober 1902 (E. A. S. XVIII, 176) in die e r s t e Taxgruppe eingereiht werden, indem sie zur Begründung anführte, diese Linie weise bei hohen Anlagekosten während drei Viertel des Jahres einen äußerst geringen Verkehr auf, und es komme bei einer Höhenlage von über 1700 Meter der Winterbetrieb teuer zu stehen.

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Es kämen somit folgende Taxen zur Anwendung: 1. P e r s o n e n t a x e n : 1. Klasse 30 Rappen per Person und Kilometer.

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2. G e p ä c k t a x e n : 12 Rappen per 100 Kilogramm und Kilometer.

3. G ü t e r t a x e n : Höchste Klasse 6 Rappen per 100 Kilogramm und Kilometer.

Niedrigste ,, 4 ,, ,, 100 ,, ,, ,, In der gleichen Gruppe sei z. B. die Strecke Filisur-St. Moritz ; es würde der Billigkeit widersprechen, Samaden-Pontresina anders zu behandeln als die Linie Bevers-St. Moritz, die gleiche Steigungsverhältnisse aufweise.

Dem technischen Berichte entnehmen wir folgende Angaben : Die Linie Samaden-Pontresina solle, wie die übrigen Linien der Rhätischen Bahn als Adhäsionsbahn mit l Meter Spurweite und hinsichtlich Bau- und Ausrüstung in ganz gleicher Weise wie diese zur Ausführung gelangen. Die Länge der Linie betrage rund 5,250 Kilometer, die Maximalsteigung sei auf 20 °/oo und der Minimalradius auf 150 Meter festgesetzt.

Von der Station Samaden aus wende sich die 'Linie nach links und überschreite den Inn, etwas unterhalb der Straßenbrücke, mittelst einer 30 Meter weiten eisernen Brücke, durchquere dann das Tal, immer parallel der Straße, um bei km. 2,750 die an der Abzweigung nach Celerina projektierte Haltstelle Punt Murail zu erreichen. Diese erste Strecke erfordere außer der bereits erwähnten Innbrücke keine Objekte von Belang und biete in jeder Hinsicht einfache Bauverhältnisse bei einer Maximalsteigung von 12%o. Die Durchquerung des Tales finde durchgehends auf einem l bis 2 Meter hohen Damm statt, was mit Rücksicht auf die Schneeverhältnisse und die vorherrschende Windrichtung geboten erscheine. Die Haltstelle Punt Murail liege ziemlich in der Mitte zwischen Samaden und Pontresina, sei etwas über 1,5 km. von Celerina entfernt, und habe eine gewisse Bedeutung als Ausgangspunkt für die beliebte Tour nach Muottas Murail. Hernach werde die Straße nach Pontresina gekreuzt und

111 über die Bahn hinweggeführt. Bei km. 8,450 gehe dann die Linie auf die linke Talseite über, welche einen gestreckten, sanft ansteigenden Verlauf nehme, so daß die Station Pontresina in fast gerader Linie erreicht werden könne. Die Brücke über den Flazbach solle als gewölbte Brücke mit 25 Meter Spannweite ausgeführt werden. Die Maximalsteiguag auf dieser Strecke betrage 20°/oo auf eine Länge von 2200 Meter. Die Station Pontresina sei auf der linken Seite des Rosegbaches projektiert, in ziemlich flachem Terrain, an einer Stelle, welche eine spätere Erweiterung ohne allzu große Kosten ermögliche. Dieser letztere Punkt sei namentlich mit Rücksicht auf den Anschluß der in naher Aussicht stehenden Berninabahn von Bedeutung. Die Zufahrtsstraße erhalte bis mitten ins Dorf eine Länge von 700 Meter und erfordere zwei größere Straßenbrücken über den Roseg- und Berninabach. Die bezüglichen Kosten seien im Kosten veranschlag mit aufgenommen. An Hochbauten seien für Pontresina ein freistehendes Aufnahmsgebäude mit Perron und ein Güterschuppen wie auf Station Bevers, ferner ein Wärterhaus vorgesehen. Als Rollmaterial seien zwei kleine Zugskompositionen, wovon die eine als Reserve diene, in Aussicht genommen.

Der Kostenvoranschlag enthält folgende Hauptposten: I. Bahnanlage und feste Einrichtungen: a. Organisation u n d Verwaltung . . . . F r . 30,000 b. Bauzinsen ,, 21,000 c. Expropriation ,, 33,000 d. Bahnhau 1. Unterbau Fr. 314,000 2. Oberbau ,, 153,000 3. Hochbau etc ,, 95,000 4. Telegraph etc. . . . ,, 17,000 ,, 579,000 II. Rollmaterial ,, 286,000 III. Mobiliar und Geräte ,, 12,000 Total Fr. 961,000 oder per Kilometer Fr. 183,000, ungefähr gleich viel wie für die Strecke Landquart-Davos.

Der Kleine Rat des Kantons Graubünden befürwortete mittelst Vernehmlassung vom 6. September dieses Jahres das Konzessionsgesuch. Bezüglich der Taxen fügte er bei, er erachte die vorgesehenen Taxansätze als den Verhältnissen entsprechend.

112 Da es sich im Grunde genommen nicht um eine neue Konzession, sondern um die Ausdehnung der bereits bestehenden Konzession für das Netz der Rhätischen Bahn vom 10. Oktober 1902 handelt, wurde von den konferenziellen Verhandlungen Umgang genommen, dagegen der Entwurf eines Bundesbeschlusses für die Ausdehnung der bestehenden Konzession dem Kleinen Rate des Kantons Graubünden und der Rhätischen Bahn zur Rückäußerung übermittelt. In diesem Entwurfe wurde vom Eiscnbahndepartement die Linie Samaden-Pontresina der II. Taxgruppe zugeteilt, da auch die ungefähr gleiche technische Verhältnisse aufweisende Linie Bevers-Schuls-Martinsbruck dieser Gruppe angehört. Damit glaubte das Departement den besonderen Verhältnisse der Linie Samaden-Pontresina in weitgehendem Maße Rechnung zu tragen.

Sowohl der Kleine Rat, als die Direktion der Rhätischen Bahn, stellten in ihren Rückäußerungen vom 16. und 19. November d. Js., indeni sie sich im übrigen mit dem Entwurfe einverstanden erklärten, das Gesuch, es möchte die neue Linie der I. Taxgruppe zugeteilt werden, im wesentlichen mit folgender Begründung : Die unmittelbar anschließende Talstrecke Bevers-SamadenCelerina gehöre der I. Gruppe an. Die der II. Gruppe zugeteilte Strecke Bevers-Schuls habe eine durchschnittliche Höhe von 1450 Meter, während die Linie Samaden-Pontresina eine solche von 1700 Meter aufweise. In dieser Höhe werden im Winter die Schneeschwierigkeiten große sein und erhebliche Kosten verursachen ; betrage doch der Ansatz für Schneeräumungskosten der offenen Strecke Pilisur-St. Moritz allein, die durchschnittlich nicht so hoch liege wie die Linie Samaden-Pontresina, Fr. 1500 pro Kilometer. Gerade im Winter werde aber die Linie Samaden-Pontresina, bei aller Schwierigkeit des Betriebes, wenig Verkehr haben. Die Linie diene hauptsächlich während des Sommers dem Fremdenverkehr und gerade wegen dieses Fremdenverkehrs habe Pontresina den Bau dieser Linie verlangt und zugestanden erhalten. Die Taxen der Gruppe I der Rhätischen Bahn seien, wenigstens soweit sie sich auf den Personenverkehr beziehen, immer noch bedeutend niedriger, als die in der Konzession der Bernina-Bahn vom 22. Dezember 1899 (E. A. S. XIV, 826) vorgesehenen. Pontresina habe sich seinerzeit die höhern Taxen der Berninabahn ohne Widerspruch gefallen lassen, obwohl die Berninabahn nur als Sommerbahn gedacht war und als solche die Interessen von Pontresina weniger gut bedient hätte.

113 In dieser Taxfrage können wir die Argumentation mit der Linie Bevers-St. Moritz nicht als zutreffend anerkennen. Für diese Strecke wäre, wenn sie nicht das kurze Zwischenstück zwischen der Linie Filisur-Bevers und St. Moritz-Maloja-Castasegna gebildet hätte, nicht die Gruppe I, sondern die Gruppe II allein in Betracht gekommen. Wäre bei Aufstellung der einheitlichen Konzession der Rhätischen Bahn die Aufnahme der Linie SamadenPontresina schon in Aussicht gestanden, so würden diese beiden Strecken mit der Linie Bevers-Schuls-Martinsbruck zusammen in der Gruppe II als einheitliches Ganzes vereinigt worden sein.

Da aber die Kantonsregierung mit der Rhätischen Bahn in diesem Begehren einig geht, und auch von der zunächst interessierten Gemeinde Pontresina kein Widerspruch erhoben wird, haben wir im nachstehenden Entwurfe die neue Linie in die I. Taxgruppe eingestellt, indem wir insbesondere in Erwägung zogen, daß die Linie Samaden-Pontresina voraussichtlich nur während der Sommermonate eine erhebliche Frequenz aufweisen wird, daß die SchneeTäumungskosten erheblich sein werden, und daß die Personaltaxen der Berninabahn höhere sind als die Taxen der I. Gruppe der Rhätischen Bahn.

Bezüglich des Verhältnisses der Berninabahn zur neuen Linie der Rhätischen Bahn haben wir noch beizufügen, daß die Firma Froté, Westermann & Cie. in Zürich, Inhaberin der Konzession für eine elektrische Eisenbahn (teilweise Straßenbahn) von Samaden nach Campocologno (Grenze), mit Abzweigung von Pontresina nach St. Moritz, vom 22. Dezember 1899 (E. A. S. XV, 826) mit Schreiben vom 6. Februar d. J. an den Verwaltungsrat der Rhätischen Bahn und vom 29. August d. J. an das Eisenbahndepartement, zu gunsten der Rhätischen Bahn auf die Konzession vom 22. Dezember 1899 verzichtet hat, soweit es sich um die Strecke Samaden-Pontresina handelt, so daß sich diese Konzession auf die Strecke St. Moritz-Pontresina-Campocologno beschränkt.

Im nachstehenden Entwurfe wird unter Abschnitt II von dieser Erklärung in zustimmendem Sinne Vormerk genommen.

Wir empfehlen Ihnen, die Konzession für das Netz der Rhätischen Bahn durch Annahme des nachstehenden Beschlußentwurfes auf die Strecke Samaden-Pontresina auszudehnen und be-

Bundesblatt. 56. Jahrg. Bd. VI.

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nützen auch diese Gelegenheit, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 30. November 1904.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

115 (Entwurf.)

Bimdesfoeschluß betreifend

Ausdehnung der Konzession für das Netz der Rhätischen Bahn auf die Linie Samaden-Pontresina,

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Direktion der Rhätischen Bahn vom 18. August 1904; 2. zweier Eingaben der Herren Froté, Westermann & Cie. in Zürich vom 14. März und 29. August 1904 ; 3. einer Botschaft des Bundesrates vom 30. November 1904, beschließt: I. Die durch Bundesbeschluß vom 10. Oktober 1902 (E.

A. S. XVIII, 176) erteilte einheitliche Konzession für das Netz der Rhätischen Bahn wird unter den gleichen Bedingungen und mit folgenden besondern Bestimmungen auf die Linie SamadenPontresina ausgedehnt: 1. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses angerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen für die Strecke Samaden-Pontresina nebst den revidierten Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der neuen Linie zu machen.

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2. Binnen 24 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die neue Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

3. Bezüglich der Taxen wird die Linie Samaden-Pontresina im Sinne des Artikels 15 der Konzession vorn 10. Oktober 1902 der I. Gruppe zugeteilt.

4. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Graubünden, gelten die im Artikel 30 der Konzession vom 10. Oktober 1902 enthaltenen.Bestimmungen, in der Meinung, daß die Linie Samaden-Pontresina mit dem übrigen Netz ein Rückkaufsobjekt bildet.

II. Von der Erklärung der Firma Froté, Westermann & Cie.

in Zürich vom 29. August 1904, wonach dieselbe auf die Konzession für eine elektrische Eisenbahn (teilweise Straßenbahn) von Samaden nach Campocologno (Grenze), mit Abzweigung von Pontresina nach St. Moritz, vom 22. Dezember 1899 (E. A. S.

XV, 826) zu gunsten der Rhätischen Bahn verzichtet, soweit es sich um die Strecke Samaden-Pontresina handelt, so daß sich diese Konzession auf die Strecke St. Moritz-Pontresina-Campocologno beschränkt, wird in zustimmendem Sinne Vormerk genommen.

III. Sollten die unter Ziffer I, l und 2, hiervor festgesetzten Fristen nicht eingehalten und eine Verlängerung von der Bundesversammlung verweigert werden, so fällt der gegenwärtige Bundesbeschluß dahin, und es tritt der Bundesbeschluß vom 22. Dezember 1899 betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn (teil\veise Straßenbahn) von Samaden nach Campocologno (Grenze), mit Abzweigung von Pontresina nach St. Moritz wieder unverändert in Kraft.

IV. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses, welcher am 1. Januar 1905 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Übertragung der Konzession für eine Eisenbahn von Aigle nach Sépey und von Sépey nach Leysin und Feydey.

(Vom 30. November 1904.)

Tit.

Unterm 1. September abhin hat die Bahngesellschaft AigleOllon-Monthey, deren Linie demnächst ausgeführt werden soll, das Gesuch gestellt, es möchte die Konzession vom 2. November 1898 für eine elektrische Eisenbahn (teilweise Straßenbahn) von Aigle nach Sépey und von Sépey nach Leysin und Feydey auf sie übertragen werden. Gleichzeitig sollte die am 2. November nächsthin ablaufende Frist zur Binreichung der finanziellen und technischen Vorlagen verlängert werden.

Mittelst Erklärung vom 8. September abhin hat sich das Initiativkomitee für eine Eisenbahn von Aigle nach Sépey und von Sépey nach Leysin und Feydey mit dem Gesuche der Bahngesellschaft Aigle-Ollon-Monthey einverstanden erklärt.

Die Regierung des Kantons Waadt befürwortet in ihrer Vernehmlassung vom 16. September 1904 sowohl die Übertragung der Konzession, als eine zweijährige Fristverlängerung.

Unserseits haben wir weder gegen die Übertragung noch gegen die Fristverlängerung etwas einzuwenden. Den Statuten

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Ausdehnung der Konzession für das Netz der Rhätischen Bahn auf die Linie Samaden-Pontresina. (Vom 30.

November 1904.)

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1904

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30.11.1904

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