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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Nichtleistung von Militärpflichtersatz bestraften Alfred Schmid, Coiffeur, Gerechtigkeitsgasse 36, Bern.

(Vom 29. März 1904.)

Tit.

Schmid wurde von der Militärbehörde wegen schuldhafter Nichtleistung des Militärpflichtersatzes pro 1903 dem Strafrichter überwiesen und von diesem auf 30. Januar 1904 zur mündlichen Verhandlung vorgeladen. Er blieb unentschuldigt aus, weshalb er vom Richter auf 24. Februar neu zitiert wurde, unter Androhung polizeilicher Vorführung bei wiederholtem Nichterscheinen.

Hierauf bezahlte Schmid am 22. Februar Taxe und Kosten an den Sektionschef, der Polizeirichter des Amtsbezirkes Bern aber schritt dessenungeachtet zur Urteilsfällung und bestrafte den Säumigen mit einem Tag Gefangenschaft und sechs Monaten Wirtshausverbot.

Nunmehr ersucht Schmid um gnadenweisen Erlaß der Strafe, indem er geltend macht, daß die verspätete Bezahlung der Taxe nicht aus Renitenz oder Gleichgültigkeit erfolgt sei, sondern wegen ökonomischer Not. Er habe bei sehr beschränktem Verdienst den Unterhalt für sich, Frau und fünf Kinder zu bestreiten. Die städtische Polizeidirektion bestätigt die Richtigkeit der Angaben des Petenten über dessen ökonomische Verhältnisse

353 und erklärt, sein Leumund sei kein ungünstiger, da er nur zwei kleine Geldbußen wegen polizeilicher Übertretungen erlitten habe.

Diese Behörde sowohl als das Regierungsstatthalteramt empfehlen das Begnadigungsgesuch zur Entsprechung.

Der Polizeirichter des Amtsbezirkes Bern berichtet, die Bestrafung des Alfred Schmid sei trotz vorheriger Regulierung des Pflichtersatzes deswegen erfolgt, weil er beim ersten Termin unentschuldigt ausgeblieben und auch nachher nichts dafür vorgebracht habe, daß ihm die Bezahlung ohne eigene Schuld nicht möglich gewesen sei. Mit Rücksicht auf die gegenwärtig durch die amtlichen Zeugnisse notorisch gewordenen Tatsachen erscheine die Begnadigung allerdings am Platze und müsse man sich nur wundern, daß Petent sich nicht darauf bezogen habe, um eine Verurteilung abzuwenden.

Der Gesuchsteller hat sich nachträglich darüber ausgewiesen, daß er nicht aus bösem Willen, sondern aus Mangel an ökonomischen Mitteln unterlassen hat, den schuldigen Militärpflichtersatz rechtzeitig zu leisten. Es rechtfertigt sich daher, seinem Begehren in vollem Umfange zu entsprechen.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den A ntrag: Es sei dem Alfred Schmid die vom Polizeirichter des Amtsbezirkes Bern am 24. Februar 1904 über ihn verhängte Strafe in Gnaden zu erlassen.

B e r n , den 29. März 1904.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates.

Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Rangier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Nichtleistung von Militärpflichtersatz bestraften Alfred Schmid, Coiffeur, Gerechtigkeitsgasse 36, Bern. (Vom 29. März 1904.)

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Jahr

1904

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13

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

30.03.1904

Date Data Seite

352-353

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10 020 909

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