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Aus den Verhandlungen des Schweiz, Bundesrathes.

(Vom 18. Oktober 1892.)

Der schweizerische Bundesrath hat den Rekurs der Gebrüder S c a l a in Carona, Bezirk Lugano, vertreten durch Herrn Advokat Giulio Lubini, gegen einen Entscheid der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Tessin, betreffend die Anwendung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs, gestützt auf folgende Erwägungen begründet erklärt : 1. Der Betrag von Fr. 25 wurde den Vertretern der Schuldnerinnen von der kantonalen Aufsichtsbehörde bewilligt als Schadloshaltung für Auslagen, Zeitverlust und andere Unannehmlichkeiten, die ihnen aus einer Betreibung erwachsen sein mögen, deren nachträgliche Aufhebung aus Gründen erfolgte, die vom Willen der betriebenen Partei unabhängig waren.

2. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat mit dieser Verfügung ihre Befugnisse überschritten, wie solche durch Art. 21 B.-G. begrenzt sind. Gemäß diesem Artikel hat die Aufsichtsbehörde bei der Entscheidung einer Beschwerde keine andere Befugniß, als die von der Beschwerde angefochtenen Handlungen eines Betreibungsoder Konkursamtes aufzuheben oder zu berichtigen oder die Vollziehung von Handlungen anzuordnen, deren Vornahme der Beamte unbegründetermaßen verweigert oder verzögert.

In den also umschriebenen Befugnissen ist allerdings das Recht mit enthalten, nach Maßgabe des Tarifs die Gebühren festzusetzen, zu bestimmen, welcher Partei sie aufzuerlegen sind, und das Betreibungsamt zur Rückerstattung widerrechtlich bezogener Gebühren anzuhalten. Niemals aber hat die Aufsichtsbehörde das Recht, einer Partei eine Beitragsleistung an die Unkosten der andern aufzuerlegen.

Um eine derartige Verfügung, durch die im Grunde eine zivilrechtliche Frage entschieden wird, treffen zu können, müßte die Aufsichtsbehörde mit richterlichen Befugnissen ausgestattet sein, was nach dem Gesetze durchaus nicht der Fall ist. Der Bundesrath hat denn auch absichtlich in Art. 58 des Tarifs nur von den Richtern gesprochen. Indem der Tessiner Staatsrath diese Bestimmung in

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analoger Anwendung auf die Aufsichtsbehörden ausdehnte, hat er die besondere Natur der Beschwerde in Betreibungssachen, wie das Betreibungsgesetz dieselbe gestaltet hat, verkannt. Die Beschwerde richtet sich nämlich durchaus nur gegen Handlungen oder Unterlassungen der ßetreibungs- und Konkursämter, niemals aber, weder im Hauptbegohren noch in Nebenpunkten, gegen die Vorkehren der Gegenpartei. Diese kann also, da sie nicht Rekurspartei ist, durch den Rekursentscheid zu keinerlei Geldleistung verurtheilt werden.

(Vom 21. Oktober 1892.)

Dem brasilianischen Vizekonsul in Bern, Herrn Alfred S t o o ß , wird das Exequatur ertheilt.

An die im Jahr 1893 im Anschluß an die schweizerische landwirlhschaftliche Ausstellung in Bern stattfindende schweizerische Fischereiausstellung wird ein Bundesbeitrag von Fr. 10,000 und an die schweizerische forstliche Ausstellung ein Beitrag von Fr. 15,000 bewilligt.

Die in Art. 5 der Konzession für eine Straßenbahn von Schwyz nach Seewen und von Schwyz nach Brunnen, vom 20. Dezember 1890 (E. A. S. XI, 243 ff.), angesetzte, durch Bundesrathsbeschlüsse vom 27. Juni 1891 (ß. A. S. XI, 399) und 12. Januar 1892 (E. A. S.

XII, 5) erstreckte Frist zur Einreichung der vorschriftsgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten wird um weitere zwei Jahre, d. h. bis 20. Dezember 1894, verlängert.

(Vom 25. Oktober 1892.)

Bezüglich der Organisation des Centralamtes für den internationalen Eisenbahntransport hat der Bundesrath folgende Beschlüsse gefaßt: Das Centralamt soll, außer dem Direktor, der bereits ernannt ist, bestehen aus: einem Stellvertreter des Direktors (Vizedirektor) ; zwei Sekretären, von denen der eine die juridischen Prägen, der andere die technischen Geschäfte zu behandeln hat; einem Uebersetzer oder Sekretärgeh Ulfen; endlich dem für die Kanzleiarbeiten und den Büreaudienst erforderlichen weitern Personal.

608 Als Stellvertreter des Direktors (Vizedirektor) wird Herr Gottfried F a r n er, von Stammheim (Zürich), gegenwärtig administrativer Inspektor im schweizerischen Eisenbahndepartement, als technischer Sekretär Herr Alexander v. T o u s s a i n t , von Michelstadt (Hessen-Darmstadt), gegenwärtig Chef des Reklamationsbüreau der Pfälzischen Eisenbahnen, in Mannheim, gewählt.

Der Sekretär für die juridischen Fragen, welcher der französischen Sprache angehören soll, wird .später bezeichnet werden.

Die Stelle des Uebersetzers oder Sekretärgehülfen wird bis auf Weiteres nicht besetzt.

Der Direktor des Centralamtes ist ermächtigt, das für die Geschäfte der Kanzlei nöthige Hilfspersonal, den Bedürfnissen des Dienstes entsprechend, einstweilen provisorisch anzustellen.

Zum Direktor des internationalen Postbüreau's mit Amtsantritt auf 1. Januar 1893 wird gewählt: Herr Edmund H ö h n , von Wädensweil, bisheriger schweizerischer Oberpostdirektor, in Bern.

Herr Hermann G a l l e , von Grossen a. 0. (Preußen), bisheriger I. Sekretär, wird zum Stellvertreter des Direktors (Vizedirektor) dieses Büreau's ernannt.

Zum Stellvertreter des Direktors (Vizedirektor), zugleich Sekretär des internationalen Büreau's der Telegraphenverwaltungen, wird ernannt: Herr Emil E s c h b ä c h e r, von Paris, bisheriger Sekretär dieses ßiireau's.

Nach Einsichtnahme eines Berichtes des Landwirthschaftsdepartements wird dieses ermächtigt : 1. Eine Milderung des vom Bundesrath am 2. September laufenden Jahres gegenüber dem Kanton Appenzell I.-Rh. erlassenen Viehausfuhrverbotes unter folgenden Bedingungen eintreten zu lassen : a. Jedes Thier, das aus einer Gemeinde in eine andere oder außerhalb des Kantons geführt werden soll, muß durch einen patentirten Thierarzt untersucht werden; b. wird das Thier bei dieser Untersuchung gesund befunden und stammt dasselbe aus einem Stall oder aus einer Viehhabe, in welchen seit mindestens 20 Tagen kein Fall von Maul- und Klauenseuche vorkam, und wo die nöthigen Desinfektionsarbeiten vor dieser Frist ausgeführt wurden, falls früher die Maul- und Klauenseuche im betreffenden Stall oder unter der betreffenden Viehhabe geherrscht hat, so stellt der untersuchende

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Thierarzt ein diese Thatsachen bestätigendes Zeugniß aus. Die Hauptmänner der Gemeinden als Viehinspektoren dürfen nur gestützt auf die tierärztlichen Zeugnisse Gesundheitsscheine ausstellen; c. über die ausgestellten und eingenommenen Gesundheitsscheine führt der Hauptmann, beziehungsweise Viehinspektor ein jür jeden Viehbesitzer gesondertes Verzeichniß, aus dem sofort der ganze Viehverkehr des Betreffenden ersichtlich ist. Die thierärztlichen Zeugnisse müssen an die Talons der ausgestellten Gesundheitsscheine angeklebt oder angeheftet werden.

2. Die Aufhebung des Viehausfuhrverbotes auszusprechen : a. Sobald eine vom schweizerischen Landwirthschaftsdepartement genehmigte Vollziehungsverordnung zu den eidgenössischen Viehseuchengesetzen für den Kanton Appenzell I.-Rh. erlassen sein wird, und o. das genannte Departement sich überzeugt hat, daß oberwähnte Bedingungen richtig erfüllt worden und die Vollziehungsverordnung zweckentsprechend ausgeführt sein wird.

Der ßundesrath hat sein Departement des Auswärtigen beauftragt, Herrn N ö l t i n g , schweizerischer Konsul in Hamburg, seine hingebende und opferwillige Haltung während der Choleraepidemie, welche jüngst Hamburg heimsuchte, zu verdanken.

Dem Direktor der eidgenössischen Konstruktionswerkstätte in Thun, Herrn v o n S t i i r l e r , wird unter Verdankung der geleisteten guten Dienste die nachgesuchte Entlassung ertheilt.

Herr Oberlieutenant P a u l H o f e r , von und in Bern, wird zum Hauptmann (Radfahrer) befördert.

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"Wahlen.

(Vom 21. Oktober 1892.)

Departement des Innern.

Adjunkt des Direktors der eidg. Bauten: Herr Architekt Theodor Gohl, von Aarberg.

Finanz- und Zolldepartement.

Kontroleur beim Schweiz.

Hauptzollamt in Singen : Herr Jakob Menn, von Ilanz, zur Zeit Kontroleurgehülfe beim Hauptzollamt Romanshorn.

(Vom 25. Oktober 1892.)

Post- und Eisenbahndepartement.

II. Gehülfe beim Telephonnetz Bern: Herr Hans Meuly, von Nufenen (Graubünden).

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