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Bundesratslbeschluss über

den Rekurs des Baumeisters Frutiger in Oberhofen und des Architekten Rieser in Bern gegen den Beschluß des bernischen Regierungsrates, vom 1 O.Dezember 1903, die Eintragung der Frl. M. Stern (nunmehr Frau Maria Wiedmer-Stern) in Wengen in das Handelsregister betreffend.

(Vom 5. April 1904.)

Der schweizerische Bundesrat hat über den Rekurs des Baumeisters F r u t i g e r in Oberhof eu und des Architekten R i e s er in Bern gegen den Beschluß des bernischen Regierungsrates vom 10. Dezember 1903, die Eintragung der Frl. M. S t e r n (nunmehr Frau Maria Wiedmer-Stern) in Wengen in das Handelsregister betreffend, auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements, folgenden Beschluß gefaßt: A.

In tatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

I.

Mit Eingabe vom 14. November 1903 hat der Handelsregisterführer von Interlaken der bernischen Justizdirektion, in Gemäßheit

804 des Art. 26, Absatz 3, der bundesrätlichen Verordnung über Handelsregister und Handelsamtsblatt vom 6. Mai 1890 zur Kenntnis gebracht, daß Frl. M. Stern, trotz der an sie ergangenen Aufforderung, es abgelehnt habe, sich, mit Rücksicht auf die von ihr während der Fremdeosaison in Wengen betriebene Hotel-Pension, in das Handelsregister eintragen zu lassen.

Durch Rilekweisung vom 16. November 1903 sprach sich die Justizdirektion über den obwaltenden Anstand dahin aus, daß, im Hinblick auf den Umstand, daß das von der Frl. Stern betriebene Saisongeschäft im gegenwärtigen Zeitpunkt geschlossen sei, von ihrer Eintragung erat dann die Rede sein könne, wenn sie letzteres im nächsten Frühjahr wieder in Betrieb nehme. Die Justizdirektion wies deshalb den Registerführer an, die an Frl. Stern erlassene Aufforderung bis dahin zu suspendieren.

II.

Unter Bezugnahme auf diese Verfügung stellten Großrat Frutiger in Oberhofen und Architekt Rieser in Bern am 23. November 1903 an die bernische Justizdirektion das Ansuchen, sie möchte auf ihre Schlußnahme vom 16. November 1903 zurückkommen und die Eintragung der Frl. Stern schon jetzt anordnen.

Daraufhin unterbreitete die Justizdirektion den streitigen Fall dem bernischen Regierungsrate, als der obersten kantonalen Aufsichtsbehörde in Handelsregistersachen, zum Entscheid. Derselbe zog in Erwägung: Die Aufsichtsorgane in Handelsregistersachen haben ihren Entscheidungen und Verfügungen jeweilen denjenigen Tatbestand zu Grunde zu legen, der im Zeitpunkt der zu treffenden Schlußnahme existent ist. Es würde dem Zwecke des Handelsregisters widerstreiten, wenn Personen in einem Zeitpunkt zur Vornahme einer Eintragung verhalten werden könnten, wo die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür gar nicht mehr vorhanden sind. Ob Frl. Stern zur Eintragung gezwungen werden kann, hängt demnach lediglich davon ab, ob sie im gegenwärtigen Zeitpunkt ein nach kommerzieller Art geführtes Gewerbe betreibt, beziehungsweise dermalen noch als Inhaberin eines derartigen Betriebes zu betrachten ist.

Unbestrittenermaßen ist der Betrieb der von Frl. Stern während der Sommersaison geführten Hotel-Pension seit Ende Oktober 1903 eingestellt. Allerdings ist zuzugeben, daß diese Betriebssistierung bei derartigen Saisonetablissementen in der Natur des Geschäftes begründet liegt, und an und für sich keinenfalls den Schluß auf «ine beabsichtigte Geschäftsaufgabe zuläßt. Frl. Stern hat aber in

805 ihrer Einsprache gegen die an sie eïlassene Aufforderung zur Handelsregistereintragung geltend gemacht, daß die gegenwärtigen Verhältnisse wenig Wahrscheinlichkeit dafür bieten, daß sie die fragliche Hotel-Pension selbst weiter betreiben werde; außerdem gedenke sie sich im Laufe des Winters zu verheiraten. Durch diese Ausführungen hat sie die Absicht des Weiterbetriebes ihres Saisongeschäftes ausdrücklich in Abrede gestellt. Ob die Absicht der ·Geschäftsaufgabe tatsächlich vorhanden oder nur behufs Erwirkung eines Aufschubes simuliert worden ist, entzieht sich der Kenntnis und dem Feststellungsvermögen der Aufsichtsorgane.

Die beanstandete Verfügung entspricht sowohl der bestehenden Praxis, wie den bestehenden Vorschriften über das Handelsregister, weshalb erkannt wird: Die Verfügung der Justizdirektion vom 16. November 1903 wird bestätigt.

III.

Gegen dieses Erkenntnis rekurrierten Großrat Frutiger und Architekt Rieser mit Eingabe vom 30. Dezember rechtzeitig an «den Bundesrat und stellten den Antrag: Es möchte der Bundesrat jenes Erkenntnis aufheben und verfügen, Frl. M. Stern sei dermalen schon zur Eintragung ins Handelsregister verpflichtet, und es sei diese Eintragung von Amtes wegen ·anzuordnen.

Zur Begründung führten sie im wesentlichen aus: Die Tatsache, daß das von Frl. Stern betriebene Gewerbe an und für sich zur Eintragung ins Handelsregister verpflichtet ist, ist nicht bestritten; sie ist sogar von Frl. Stern ausdrücklich anerkannt worden. Anerkannt und von der Berner Regierung zugegeben ist ferner die Tatsache, daß die Schließung ihres Saison-etablissements über den Winter eine normale, in der Natur des Betriebs solcher Geschäfte liegende Erscheinung ist, welche keinerlei Schluß auf eine beabsichtigte Geschäftsaufgabe zuläßt. Dies ist schon deshalb durchaus richtig, weil solche Geschäftsinhaber gerade die s t i l l e Zeit dazu zu benützen pflegen, um ihre Bestellungen für den Sommer zu machen, d. h. diejenigen Akte des Geschäftsbetriebs auszuführen, für welche die Eintragung im Handelsregister · von Belang ist. Nicht um der zahlenden Pensionäre, sondern um der unbezahlten Lieferanten willen, ist aber das Handelsregister da. Wenn es aber wahr ist, daß die Schließung eines Sommerhotels im Winter gar nichts für die Geschäftsaufgabe beweist, so müßten, um eine solche als beabsichtigt annehmen zu dürfen, neue Tatsachen eingetreten sein, aus denen normalerweise geschlossen ßundesblatt. 56. Jahrg. Bd. II.

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werden müßte, daß der betreffende kaufmännische Betrieb definitiv aufgegeben worden ist. Die schlüssigste Tatsache dieser Art wäre der Verzicht auf das Wirtschaftspatent, während aus der Beibehaltung desselben auf das Gegenteil geschlossen werden muß.

Frl. Stern hat nun aber weder das Patent aufgegeben, noch irgend sonst etwas getan, was als Geschäftsaufgabe oder auch nur als Vorbereitung dazu gedeutet werden könnte. Sie hat sich vielmehr mit bloßen Redensarten begnügt, von denen die bernische Regierung selbst sagt, es entziehe sich ihrer Kenntnis und ihrem Feststellungsvermögen, ob eine ernste Absicht oder eine bloße Simulation dahinter stecke. Wenn nun die bernische Regierung im Grunde doch wieder einzig auf die Tatsache abgestellt hat, von der sie anfänglich selbst zugegeben hat, sie beweise gar nichts: die Schließung eines Sommergeschäftes während des Winters, so ist dies rechtsirrtumlich und involviert eine Art von Rechtsverweigerung. Die mit einem Kaufmann kontrahirenden Personen haben ein Recht darauf, zu verlangen, daß sich dieser in das Handelsregister eintragen lasse. Dieses Recht zessiert erst in dem Moment, in dem der Betreffende aufgehört hat, Kaufmann zu sein. Hierfür aber ist er selbst bevveispflichtig, und zwar muß dieser Beweis in der Weise schlüssig sein, daß er in Tatsachen besteht, die normalerweise dem unbefangenen Beurteiler den Schluß aufnötigen, der Betreffende habe sein Geschäft aufgegeben. Diesen Beweis ist Frl. Stern schuldig geblieben.

IV.

Zur Vernehmlassung eingeladen, hot der bernische Regierungsrat mit Schreiben vom 28. Januar 1904 beantragt, es sei der vorliegende Rekurs als unbegründet abzuweisen, und zur Begründung auf die im Protokollauszug über seine Sitzung vom 10. Dezember 1903 niedergelegten Erwägungen verwiesen. Im weitern führte er zur Rechtfertigung des von ihm eingenommenen Standpunktes noch ausdrücklich bei: Frl. Stern hat, wie seit einer Reihe von Jahren, so auch im Frühjahr 1903 ein S o m m e r patent gegen Entrichtung einer Gebühr von Fr. 150 gelöst. Derartige Saisonpatente sind nach Maßgabe des Art. 6 der Vollziehungsverordnung zum Wirtschaftsgesetz vom 15. Juli 1894 regelmäßig nur gültig für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober des betreffenden Jahres. Mit letzterm Zeitpunkt verlieren sie ipso facto ihre Rechtskraft bis zu ihrer Wiedererneuerung. Die Rekursbeklagte stellt deshalb mit Recht in Abrede, daß sie noch Inhaberin eines Hotelpatentes sei, und es ist

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dieselbe daher jedenfalls solange von der Pflicht zu der Eintragung in das Handelsregister befreit, als sie sich nicht mit Erfolg um ein neues Saisonpatent beworben hat.

Der Regierungsrat übersandte gleichzeitig eine, die Abweisung des Rekurses beantragende Vernehmlassùng der Rekursbeklagten, vom 19. Januar 1904, in welcher in der Hauptsache ausgeführt wird : Zum Zweck des Betriebs ihrer Hotel-Pension ist bisher von der Rekursbeklagten in den Jahren 1900 bis 1903 je ein Sommerpatent gelöst worden, welches jeweilen im Herbst von selbst erlosch; ohne Lösung eines neuen Patentes kann deshalb die fragliche Hotel-Pension nicht wieder zum Leben erweckt werden. Die Behauptung der Rekurrenten, daß mit den Lieferanten Abkommen während des Winters getroffen werden, ist unrichtig. Kein Lieferant verpflichtet sich auf Monate hinaus, d. h. auf Termine, innert denen die größten Preisschwankungen möglich sind, so wenig, als der Käufer sich einer Baissegefahr aussetzen will. Die behauptete Vereheliehung wird demnächst stattfinden.

Speziell bezüglich der frühern Behauptung, die gegenwärtigen Verhältnisse bieten wenig Wahrscheinlichkeit dafür, daß die HotelPension von ihr selbst weiter betrieben werde, versichert die Rekursbeklagte: Am 15. Januar ist mit den beiden unbezahlten Gläubigern, den Rekurrenten Frutiger und Rieser, ein Vergleich zu stände gekommen. Bis zum Abschluß desselben hatte ich überhaupt nicht die Absicht, die Pension weiter zu führen; vielmehr habe ich bei der bisherigen Unklarheit der Verhältnisse im Sinne gehabt, die Pension ihrem Schicksal zu überlassen, wie sich solches aus in Händen des Amtsnotars von Greyerz liegenden Belegen ergibt.

V.

Zur Klarlegung der dermaligen Sachlage lud das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement den Amtsnotar von Greyerz ein, diese Belege zu den Akten zu geben. Allein dieser teilte mit, daß er zur Aktenaushingabe nicht autorisiert sei, und fügte die weitere Erklärung bei, Frl. M. Stern sei jetzt Ehefrau von J. Wiedmer in Niederönz; im Laufe der Verhandlungen mit den Rekurrenten habe ihm Frl. Stern, wie ihr damaliger Bräutigam, mehrmals davon gesprochen, daß im Fall des Nichtzustandekommens eines Vergleichs die Rekursbeklagte Wengen verlassen und ein anderes ähnliches Unternehmen suchen würde.

Eine hierauf angeordnete Aktenergänzung hatte zur Folge, daß der Kaufmann J. Wiedmer von Sumiswald, zurzeit in ,,Hotel und Pension Stern" in Wengen, einen Eheschein zu den Akten

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lieferte, aus welchem sich ergibt, daß er sich am 29. Januar dieses Jahres in Herzogenbuchsee mit der ,,Hotelbesitzerin Maria Stern in Wengen"1 verehelicht hat. Als Ehemann der Rekursbeklagten gab er im übrigen folgende Erklärungen ab : Meine nunmehrige Frau wird das von ihr bis letzten Herbst (1903) betriebene Geschäft, Hotel-Pension Stern in Wengen, nicht auf ihren Namen weiterführen, und sie hat mit dem Betrieb desselben ,,rechtlich" nichts mehr zu tun. Das genannte Geschäft wird aber nächstes Frühjahr unter meinem Namen wieder eröffnet. Ich bin von Beruf Kaufmann; meine Frau lebt gegenwärtig in Wengen als Privatperson.

Das mit den Rekurrenten unter dem 15. Januar erzielte Abkommen ist erst auf mein persönliches Einschreiten hin und nur unter meiner Bürgschaft zu stände gekommen. Ohne dies hätten die Rekurrenten das Haus, in welchem die Hotel-Pension installiert ist, wieder an sich ziehen müssen.

B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht: I.

Es ist unbestritten, daß die von Frl. Stern bisher betriebene Hotel-Pension an und für sich zu den nach Verordnung, Art. 13, Ziffer 3 d, eintragspflichtigen Gewerben gehört, und daß deshalb die Eintragspflicht für dieselbe auch heute noch besteht, wenn angenommen werden muß, daß sie auch heute noch betrieben wird. Ebenso sind die Parteien darüber einig, daß diese Eintragspflicht dahinfällt, wenn anzunehmen ist, es habe das fragliche Gewerbe zurzeit zu existieren aufgehört. Es fragt sich deshalb lediglich, ob solche Hotel-Pensionen, welche als ,,Saisongeschäfte"1 nur während der Sommermonate zur Aufnahme und Bewirtung von Gästen dienen, jeweils im Herbst aufhören, und im Handelsregister gestrichen werden können, oder ob dieselben auch während der ,,stillen Zeita fortdauern, so daß deren Streichung im Herbst nur dann zulässig wäre, wenn b e s o n d e r e Tatsachen dargetan würden, aus denen normalerweise geschlossen werden müßte, der Geschäftsbetrieb habe mit Saisonschluß sein definitives Ende erreicht.

Der Regierungsrat des Kantons Bern hebt nun ausdrücklich hervor, daß die Betriebssistierung über den Winter bei derartigen Saisonetablissementen in der Natur des Geschäftes begründet sei und an und für sich keineswegs den Schluß auf eine beabsichtigte Geschäftsaufgabe zulasse. Wenn er dennoch die Zwangs-

809 eintragung der Frl. Stern abgelehnt hat, so geschah dies eben deshalb, weil er auf Grund der ihm vorliegenden Akten glaubte annehmen zu müssen, es werde dieselbe ihre Hotel-Pension nicht mehr weiter betreiben. Alle von ihr in Zukunft mit bezug auf ihr Geschäft etwa noch vorkommenden geschäftliehen .Handlungeû hätten nur als Liquidationstransaktionen in Betracht zu fallen, und könnten, da sie nicht von einer eintragspflichtigen G e s e l l s c h a f t oder juristischen Person, sondern vielmehr von einer E i n z e l p e r s o n vorgenommen würden, unter keinen Umständen eine dermalige Zwangseintragung rechtfertigen.

II.

Man wird den vom bernischen Regierungsrat zu der streitigen Frage p r i n z i p i e l l eingenommenen Standpunkt unbedingt als richtig anerkennen müssen, denn es wäre durchaus unnatürlich, wollte man derartige Saisonetablissemente mit Rücksicht darauf, daß sie nur während der Sommermonate dem Fremdenverkehr offenstehen, in zwei Gewerbebetriebe zerlegen : einen e i n t r a g s p f l i c h t i g e n , dauernd vom Mai bis Oktober, und einen n i c h t e i n t r a g s p f l i c h t i g e n für den Rest des Jahres. Diese Etablissemente sind vielmehr als einheitliche, über das g a n z e Jahr sich erstreckende Geschäftsbetriebe anzusehen, welche sich von ändern Hoteluuternehmungen nur dadurch unterscheiden, daß sich bei ihnen der Hauptumsatz und 'der die Einnahmen abwerfende Betrieb auf einen b e s t i m m t e n Zeitraum des Jahres zusammendrängt, während der übrige Teil des Jahres zur Abwicklung der während der abgelaufenen Saison entstandenen Verpflichtungen und zur Vorbereitung auf die kommende Saison benutzt wird.

Auch muß die Tatsache, daß nicht nur die Anstellungsverträge mit dem Dienstpersonal solcher Etablissernente, sondern meistens auch die hauptsächlichsten Lieferungsverträge schon geraume Zeit vor Saisonbeginn abgeschlossen zu werden pflegen, als eine so sehr in der Natur der Sache begründete und allgemein bekannte gelten, daß die gegenteilige Behauptung der Rekursbeklagten bedeutungslos erscheint; ganz abgesehen davon, daß die Nach*teile, welche nach ihrer Behauptung aus einem derartigen frühzeitigen Abschluß derselben für Käufer und Verkäufer drohen und ihrem Zustandekommen hindernd im Wege stehen, durch zweckdienliche Abrede unter den Parteien vermieden werden können.

Daran, daß diese Saisongeschäfte als solche eintragspflichtig sind, vermag die Tatsache nichts zu ändern, daß der Kanton Bern in richtiger Würdigung des Umstandes, daß dieselben nur wäh-

810 rend der offenen Saison einen eigentlichen Wirtschaftsbetrieb betätigen können, für sie nach Maßgabe des Art. 6 der Vollziehungsverordnung zum bernischen Wirtschaftsgesetz vom 15. Juli 1894 spezielle S o m m e r patente ausgibt, welche regelmäßig nur für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober des betreffenden Jahres gültig sind und mit letzterem Zeitpunkt ihre Rechtskraft bis zu ihrer Wiedererneuerung verlieren.

III.

Demnach kann Frl. Stern nur dann als n i c h t eintragspflichtig erklärt werden, wenn sich aus den Akten b e s o n d e r e Tatsachen ergeben, durch welche die bestehende Präsumption für Weiterdauer ihres Geschäftes widerlegt wird.

Solche Tatsachen lagen in dem für die Eintragspflicht maßgebenden Zeitpunkt der durch den Regierungsrat des Kantons Bern zu treffenden Sch'lußnahme nicht vor. Die in ihrer Vernehmlassung abgegebene Erklärung der Rekursbeklagten, daß sie die Weiterführung der Hotel-Pension von einem mit ihren Gläubigern, den Rekurrenten Frutiger und Rieser abzuschließenden Vergleich abhängig gemacht habe, weist vielmehr, nachdem dieser Vergleich zustande gekommen ist, darauf hin, daß die Aufgabe ihres Geschäftes weder beabsichtigt war, noch auch in Zukunft ist. In dieser Annahme wird man noch bestärkt durch die seither abgegebenen Erklärungen des Amtsnotars von Greyerz und ihres Ehemanns, insbesondere die ausdrückliche Mitteilung des letztern, daß das Geschäft im nächsten F r ü h j a h r wieder eröffnet w e r d e . Die bestehende Präsumption kann deshalb in dieser Hinsicht nicht als widerlegt gelten.

Dagegen ist durch den zu den Akten gegebenen Eheschein festgestellt, daß Frl. M. Stern am 29. Jauuar a. c. die Ehefrau des zurzeit in Wengen domizilierten J. Wiedmer geworden ist.

Als solche kann sie die bis zu diesem Zeitpunkt betriebene HotelPension, und zwar als Handelsfrau, nur fortsetzen, wenn die beiden Voraussetzungen, von denen Art. 35 des Obligationenrechtes die Behandlung als Haudelsfrau abhängig macht: ,,selbständiger Betrieb" und ,,ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung des Ehemannes" vorhanden sind. Der Beweis hierfür ist nicht erbracht. Vielmehr muß aus dem Verhalten und den Äußerungen des Ehemanns geschlossen werden, daß diese Voraussetzungen fehlen. Es kann somit bei der heutigen Sachlage, die beim Entscheid über die Eintragspflicht maßgebend ist, die Ehefrau Wiedmer

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zum Eintrag in das Handelsregister als Inhaberin der durch ihre Verehelichung an ihren Ehemann übergegangenen Hotel-Pension nicht angehalten werden.

Demnach wird e r k a n n t : Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.

B e r n , den 5. April 1904.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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20.04.1904

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