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Anleitung zur

Erlangung der im Bundesgesetz vom 25. Juni 1903, betreffend die Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes und den Verzicht auf dasselbe, vorgesehenen bundesrätlichen Bewilligung.

(Bundesratsbeschluß vom 30. Dezember 1903.)

I. Einbürgerung.

§ 1.

Gesuch.

Der Ausländer, welcher das Schweizerbürgerrecht zu erlangen wünscht, hat beim ßundesrate die Bewilligung zur Erwerbung eines Kantons- und Gemeindebürgerrechtes nachzusuchen.

Das auf einem u n g e s t e m p e l t e n Papierbogen einzureichende Gesuch muß folgende Angaben enthalten : a. den Namen und Vornamen des Bewerbers, seinen Beruf, Zeit und Ort seiner Geburt, seine Staatsangehörigkeit, die Namen seiner Eltern, seinen Wohnort und seine genaue Adresse, Ort und Zeitdauer seines Aufenthaltes in der Schweiz ; b, den Familienstand, d. h. Aufschluß darüber, ob er ledig, verheiratet, Witwer, geschieden oder von Tisch und Bett getrennt sei, und ob und wie viele Kinder er habe.

Wenn der Bewerber verheiratet ist, so sind Namen und Vornamen, Tag und Ort der Geburt und Heimatort der Ehefrau anzugeben.

18 Sind Kinder vorhanden, so muß deren Name, Geburtstag und Geburtsort angegeben werden.

Die Eingabe soll ferner darüber Aufschluß geben, ob die Ehefrau und die Kinder in gemeinsamer Haushaltung mit dem Bewerber leben.

§ 2.

Dem Gesuche sind ein Leumundszeugnis und die nötigen Ausweise über die gemäß § l gemachten Angaben beizulegen, nämlich : a. ein Paß, ein Heimatschein oder ein ähnlicher von einer kompetenten Behörde ausgestellter Ausweis über die Staatsangehörigkeit des Bewerbers; b. der Geburtsschein des Bewerbers und gegebenenfalls der Geburtsschein der Ehefrau, der Eheschein, der Totenschein des verstorbenen Ehegatten, sowie die Geburtsscheine der Kinder.

An Stelle der unter lit. b aufgezählten Schriftstücke kann ein von der zuständigen Behörde ausgestelltes Familienbüchlein oder ein Familienschein eingereicht werden, sofern darin die nötigen gehörig beglaubigten Angaben enthalten sind.

c. Eine beglaubigte Ausfertigung des ergangenen Urteils, wenn der Bewerber geschieden oder von Tisch und Bett getrennt ist.

Belege.

Identität und Zivilstand des Bewerbers und seiner Familie.

§ 3..

Minderjährige haben eine gehörig beglaubigte Zustimmungserklärung ihres Vormundes oder derjenigen Person vorzulegen, unter deren elterlicher Gewalt sie stehen. Rührt diese Erklärung von einer andern Person her als dem Vater, so muß ein Ausweis darüber beigebracht werden, daß der Unterzeichner der Erklärung zur Abgabe derselben befugt ist CBestallungsurkunde etc.).

Minderjährige, welche volljährig erklärt worden sind, müssen eine beglaubigte Ausfertigung der Jahrgebungsurkunde vorlegen.

Die persönliche Handlungsfähigkeit der Ausländer richtet sich nach dem Recht des Staates, dem sie angehören.

Minderjährige.

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Das Alter der Großjährigkeit beginnt nach zurückgelegtem 16. Jahre in der Türkei (für die Mohammedaner) ; 21. Jahre in Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Italien, Rußland, dea Vereinigten Staaten Amerikas, Rumänien, Portugal, Schweden, Belgien, Luxemburg, Griechenland, Brasilien, der Türkei (für nicht Mohammedaner) etc. ; 22. Jahre in der Argentinischen Republik ; 23. Jahre in den Niederlanden ; 24. Jahre in Österreich-Ungarn, Norwegen und Dänemark ; 25. Jahre in Spanien, Bolivien, Chile und Salvador.

§ 4.

Wohnsitz-

Beziehungen des Bewerbers zu seinem Heimatstaat.

Der Bewerber muß sich über einen zweijährigen ordentlichen Wohnsitz in der Schweiz ausweisen (Art. 2, Absatz 1, des Gesetzes), d. h. eine oder mehrere Bescheinigungen der zuständigen kantonalen oder Gemeindebehörden vorlegen, aus welchen hervorgeht, daß er während den zwei seinem Gesuche unmittelbar vorangehenden Jahren in der Schweiz gewohnt hat.

Wenn der Bewerber im Laufe der letzten zwei Jahre sich ins Ausland begeben hat, so sind in der Wohnsitzbescheinigung die Grunde und die Dauer der Abwesenheit anzugeben.

§ 5.

Nach Art. 2, Absatz 2, des Bundesgesetzes vorn 25. Juni 1903 kann der Bundesrat die Bewilligung zur Erwerbung des Schweizerbürgerrechts verweigern, wenn die Beziehungen des Bewerbers zum Heimatstaate so beschaffen sind, daß aus dieser Einbürgerung der Eidgenossenschaft Nachteile erwachsen würden.

Der Umstand, daß der Bewerber noch dem aktiven Militärdienst in seiner Heimat unterworfen ist, bildet an sich kein Hindernis, ihm die Bewilligung zur Einbürgerung in der Schweiz zu erteilen. Der Bundesrat behält sich indessen vor, jeden einzelnen Fall zu prüfen und je nach Umständen die Bewilligung zu erteilen oder zu verweigern.

Im allgemeinen wird darauf aufmerksam gemacht, daß d e u t s c h e , ö s t e r r e i c h i s c h e , ungarische, französische, i t a l i e n i s c h e , r u s s i s c h e S t a a t s a n g e h ö r i g e etc., welche ihre militärischen Verpflichtungen in ihrer Heimat nicht erfüllt haben und sich in der Schweiz einbürgern lassen, ohne im Besitz

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einer Entlassungsurkunde, einer Entlassungszusicherung oder einer von der zuständigen Behörde ausgestellten Erklärung zu sein, die ihnen die Erwerbung eines fremden Bürgerrechtes gestattet, Gefahr laufen, wenn sie in ihre ursprüngliche Heimat zurückkehren, verhaftet, bestraft und zum Militärdienst herangezogen zu werden.

F ü r diese Folgen w e r d e n d i e B e t r e f f e n d e n allein v e r a n t w o r t l i c h sein; der ß u n d e s r a t k a n n sie nicht hiergegen schützen.

Der Italiener, welcher ein fremdes Bürgerrecht erwirbt, verliert die italienische Staatsangehörigkeit, wird aber damit vom Militärdienst in Italien nicht frei, noch entgeht er den Strafen, welche diejenigen treffen, die gegen ihr Vaterland die Waffen tragen (Art. 11 und 12 des italienischen Zivilgesetzbuches; siehe auch die Erklärung zum Niederlassungs- und Konsularvertrag mit Italien vom 22. Juli 1868 [A. S. a. F. IX, 729]).

Die Frau und die minderjährigen Kinder des Italieners, der durch Erwerbung eines fremden Bürgerrechtes die italienische Nationalität verliert, hören auf, Italiener zu sein, es sei denn, daß sie fortfahren, ihren Wohnsitz in Italien zu haben. D e r Verlust des i t a l i e n i s c h e n B ü r g e r r e c h t e s hat aber für die K i n d e r n i c h t zur Folge, daß sie auch vom M i l i t ä r d i e n s t i n I t a fi e n b e f r e i t w e r d e n ; s i e bleiben vielmehr in Italien militärdienstpflichtig, und wenn sie dorthin zurückkehren, so laufen sie Gefahr, verhaftet und in die italienische Armee eingereiht zu werden. Die Bundesbehördo kann sie gegen diese Folgen nicht schützen.

Der Eisass-Lothringer, welcher ein fremdes Bürgerrecht erwirbt, darf nicht mehr in Elsaß-Lothringen bleibenden Aufenthalt nehmen ; er wird des Landes verwiesen. Der Bundesrat kann sich in diesem Falle nicht zu seinen Gunsten verwenden.

Der Franzose, welcher noch dem Militärdienst in der aktiven Armee und in der Reserve unterworfen ist, verliert durch seine Einbürgerung im Auslande die französische Nationalität n i c h t , wenn er die Erlaubnis der französischen Regierung zur Naturalisation nicht erhalten hat.

Minderjährige Franzosen, die sich mit der Einwilligung des Vaters oder des Vormundes naturalisieren lassen, behalten nach französischem Gesetz, welches Minderjährigen das Recht, über ihre Nationalität zu verfügen, nicht zuerkennt, die französische Staatsangehörigkeit bei. Daraus folgt, daß dieselben in Frank-

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reich zum Militärdienst herangezogen werden können, obwohl sie nach schweizerischem Recht Schweizerbürger geworden sind.

Dagegen wird die Rechtsstellung der m i n d e r j ä h r i g e n K i n d e r von Franzosen, die sich in der Schweiz n a t u r a l i s i e r e n l a s s e n , durch die Übereinkunft mit Frankreich vom 23. Juli 1879 geregelt (A. S. n. F. V, 178), deren Art. l lautet: ,,Die zur Zeit der Naturalisation französischer Eltern noch minderjährigen Kinder derselben haben während ihres z w e i u n d z w a n z i g s t e n A l t e r s j a h r e s das Recht der Option zwischen der schweizerischen und französischen Nationalität. Bis zu dem Zeitpunkte, in welchem sie für die schweizerische Nationalität optiert haben, w e r d e n sie als F r a n z o s e n b e t r a c h t e t / ' In der Schweiz und in Frankreich werden die Optionserklärungen vor der Gemeindebehörde, in andern Staaten vor den Vertretern (Gesandten oder Konsuln) der Schweiz oder Frankreichs abgegeben.

II* Wiedereinbürgerung.

§ 6.

Diejenigen Personen, welche, gestützt auf Art. 10 des Gesetzes, ihre Wiederaufnahme in das Sehweizerbürgerrecht verlangen, müssen die in §§ l, 2 und 3 vorgesehenen Schriftstücke und eine Bescheinigung der zuständigen Behörde ihres Wohnortes darüber vorlegen, daß sie ihren ordentlichen Wohnsitz in der Schweiz haben.*} Ebenso müssen sie einen Ausweis über das Bürgerrecht, das sie oder ihre Eltern früher in der Schweiz besessen haben, beibringen.

§ 7.

Übersetzungen.

Jedes in einer andern als der deutschen, französischen oder italienischen Sprache abgefaßte Aktenstück muß mit einer amtlichen Übersetzung in einer jener drei Landessprachen versehen sein.

*) Diese Personen haben sich nur darüber auszuweisen, daß sie ihren Wohnsitz in der Schweiz haben ; es ist nicht erforderlich, daß dieser Wohnsitz sich im frühern Heimatkanton befinde und seit zwei Jahren dauere.

17 § 8 (Art. 11 des Gesetzes).

Für die Ausfertigung der Bewilligung zur Erwerbung eines ·G-emeinde- und Kantonsbilrgerreehtes erhebt die Bundeskanzlei eine Gebühr von Fr. 20.

Diese Gebühr ist zu erlassen : a. bei "Wiederaufnahme in das schweizerische Bürgerrecht; 6. wenn der Bewerber in der Schweiz geboren ist und wenigstens zehn Jahre in der Schweiz gewohnt hat; c. wenn eine Kantonsregierung die Bewilligung für einen Ausländer nachsucht, dem das Bürgerrecht schenkungsweise erteilt werden soll (Art. l, Absatz 2).

Bundesblatt. 66. Jahrg

Bd. I.

Taxen.

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Anleitung zur Erlangung der im Bundesgesetz vom 25. Juni 1903, betreffend die Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes und den Verzicht auf dasselbe, vorgesehenen bundesrätlichen Bewilligung. (Bundesratsbeschluß vom 30. Dezember 1903.)

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06.01.1904

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