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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung der Vorschriften betreffend die Viehseuchenpolizei bestraften Gottfried Siegenthaler, Viehinspektor in Adlemsried, Gemeinde Boltigen (Kanton Bern).

(Vom 28. Oktober 1904.)

Tit.

Gottfried Siegenthaler in Adlemsried wurde bei den Behörden des Kantons Bern verzeigt, weil er Ende August 1904 für Abfuhr eines Transportes von 240 Schafen aus seinem Inspektionskreis 23 Gesundheitsscheine ausgestellt hatte, auf welchen er seine Unterschrift nicht mit Tinte beigesetzt, sondern einen seinen Namen tragenden Farbstempel aufgedrückt hatte. Wegen dieses Verfahrens, das mit Art. 18 der bundesrätlichen Vollziehungsverordnung zu den Gesetzen über polizeiliche Maßregeln gegen die Viehseuchen vom 14. Oktober 1887 im Widerspruche steht, bestrafte der Polizeirichter vom Obersimmental den Fehlbaren mit Fr. 115 Geldbuße, indem er für jeden unrichtig behandelten Schein das in Art. 103, Ziff. l, der Verordnung festgesetzte Strafminimum von Fr. 5 berechnete.

Siegenthaler ersucht um Nachlaß dieser Bußen auf dem Wege der Begnadigung mit der Begründung, er habe lediglich aus Unkenntnis gefehlt und empfinde deshalb die verhängte Strafe als eine ungerechte.

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Im vorliegenden Fall muß die Gesetzesübertretung auch dann bestraft werden, wenn sie nicht aus bösem Willen begangen wurde, und zwar um so eher, da der Fehlharo als Viehinspektor eine besondere Pflicht hatte, sich Kenntnis der für Ausübung seines Dienstes aufgestellten Vorschriften zu verschaffen und denselben nachzuleben. Immerhin darf die Voraussetzung des kantonalen Richters, daß 23 Übertretungen vorliegen, welche einzeln zu ahnden seien, als eine zu strenge bezeichnet und zu gunsten des Fehlbaren angenommen werden, es handle sich um ein Gesamtdelikt, für welches eine einheitliche Buße innerhnlb der verordnungsgemäßen Grenzen von Fr. 5--100 ausgesprochen werden müsse. Von diesem Gesichtspunkte aus ist das Gesuch wenigstens teilweise zu berücksichtigen.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den A u tr ag:

Es sei die über Siegenthaler verhängte Buße in Gnaden auf Fr 25 zu ermäßigen.

B e r n , den 28. Oktober 1904.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates.

Der Bundes p r ä s i d o n t :

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Singier.

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Jahr

1904

Année Anno Band

5

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44

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

02.11.1904

Date Data Seite

285-286

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10 021 162

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