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Bericht der

ständigen Alkoholkommissionen des National- und Ständerates über die Geschäftsführung und Rechnung der Alkoholverwaltung pro 1903.

(Vom 28. Oktober 1904.)

Tit.

Einleitung.

In der Dezembersession 1903 gelangte folgendes von den ständigen Alkoholkommissionen des National- und Ständerates gestellte Postulat zur Behandlung: ,,Der Bundesrat wird eingeladen, spätestens bei Vorlegung des Betriebsbudgets der Alkoholverwaltung pro 1905 Bericht und Antrag darüber einzubringen, ob nicht die Bestimmungen der Art. 6 und 13 des Alkoholgesetzes auch mit bezug auf den relativ denaturierten Sprit sobald als möglich vollständig zur Durchführung zu bringen seien."

Einstimmig war dieses Postulat, welchem eine bedeutende Tragweite innewohnt, von den beiden genannten Kommissionen aufgestellt und vom Bundesrate in zustimmendem Sinne akzeptiert worden, und, ohne Widerspruch zu finden, wurde dasselbe von den eidgenössischen Räten angenommen. Wir werden im Falle sein, in unserm nächsten Berichte Näheres über die demnächst stattfindende Ausführung dieses Beschlusses mitzuteilen.

Bundesblatt. 56. Jahrg. Bd. VI.

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Wir haben in unserm letztjährigen Berichte die Motion des Herrn Odier, sowie diejenige des Herrn Hochstraßer erwähnt.

Erstere bezweckte eine Erhöhung des Verkaufspreises des Alkohols j unzweifelhaft wäre dadurch trotz etwelcher Verminderung des Alkoholgenusses ein Mehrerträgnis zu gunsten der Kantone entstanden. Die Motion wurde mit bedeutender Mehrheit abgewiesen, und das gleiche Schicksal ereilte die Motion Hochstraßer, welche das Gegenteil, eine Herabsetzung des Verkaufspreises, anstrebte.

Da die Erträgnisse des Alkoholmonopoles zurzeit befriedigende waren, war man offenbar zu einer Gesetzesrevision nicht aufgelegt. Wäre die Motion Odier in einem Zeitpunkte des Rückganges des Reingewinnes gestellt worden, hätte sie vielleicht mehr Aussicht auf Erfolg gehabt.

Die Vorlage des Entwurfes eines Organisationsgesetzes der Alkoholverwaltung wird demnächst erfolgen. Nachdem letztere auf Grund von Art. 19 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser das Recht der Persönlichkeit erworben hat, erscheint es geboten, im Organisationsgesetze auch die nähere Ausführung dieses neuen Grundsatzes zu ordnen. Sowohl die Einbeziehung des relativ denaturierten Sprits in das Monopol als auch einige andere Vorkommnisse lassen bei nächster passender Gelegenheit eine Revision der Vollziehungsverordnung zum Alkoholgesetze angezeigt erscheinen; wir erwähnen die Art. 22, 32 und 100, welche revisionsbedürftig sind.

I. Verwaltung.

Bei der im Juni 1904 stattgehabten Beratung des allgemeinen Geschäftsberichtes des Bundesrates wurde gerügt, daß sich da* Bureaupersonal der verschiedenen Verwaltungszweige beständig vermehre; bei der Alkoholverwaltung nun trifft dieser Vorwurf nicht zu. Die Zahl unserer Beamten, Angestellten und Arbeiter belief sich im Jahre 1903 auf 73, während dieselbe acht Jahre früher 78 betragen hatte. Die Verwaltung ist bemüht, ihr Personal zu reduzieren, soweit solches ohne Nachteil des Geschäftes möglich ist. Nächstens wird sie indessen dazu gelangen, eine neue Stelle zum Zwecke der Verhütung von Alkoholübertretungen zu schaffen ; wir werden im Falle sein, bei der Beratung des Budgets pro 1905 hierauf zurückzukommen.

Die Ausgaben für die Verwaltung haben rund Fr. 443,000 betragen; sie stehen um Fr. 27,000 höher als im Jahre 1902, wo ausnahmsweise Verhältnisse vorübergehend Platz gegriffen

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hatten, dagegen um Fr. 41,000 niedriger als im Budget. Die Zahlen des letztern wurden nirgends überschritten, dagegen finden wir folgende Minderausgaben : Fr. 10,000 beim Zentralamte in Bern, Fr. 9000 bei der Brennereikontrolle, Fr. 20,000 bei den Lagerhäusern in Burgdorf und Romanshorn. Die nähern Ursachen önden sich im ,,Berichte über die Geschäftsführung", Seite 4, niedergelegt.

Während des Jahres 1903 sind die Kurse für den Auslandsprit fortwährend in die Höhe gegangen. Die Alkoholverwaltung sah sich daher veranlaßt, in erster Linie die Lagerware, welche bei früherer tiefer Preislage eingekauft wurde, zu realisieren.

Unsere Warenvorräte wurden somit kleiner und dadurch die Passivzinse reduziert; durch den bedeutenden Betriebsüberschuß vom Jahre 1902 erfuhren sodann die Aktivzinse eine Steigerung, und auf diese Weise ergab sich auf dem Posten ,,Verzinsung"1 eine Minderausgabe von Fr. 21,500 gegenüber dem Budget.

II. Einkauf, a. Inlandsware.

Im Jahre 1903 belief sich der Landesbedarf: 55,485 Meterzentner Trinksprit, 64,358 Meterzentner Denaturierungsware.

Total

119,843 Meterzentner (5609 Meterzentner mehr als 1902).

Der Inlandsviertel hätte somit 29,960 Meterzentner betragen, und es kam daher das gesetzliche Maximum von 25,700 Meterzentnern zur Anwendung, welches annähernd erreicht wurde, indem die Ablieferungen von den Losinhabern 25,207 Meterzentner betragen hatten. Der Normalpreis dieses Quantums kam auf Fr. 88. 17 per Meterzentner zu stehen (im Jahre 1902 auf Fr. 87. 10). Genanntes Quantum repräsentiert 45 °/o des Absatzes von Trinksprit.

Die Brennereien haben in der Campagne 1902/1903 beinahe ausschließlich Kartoffeln (93 °/o) un d nur ausnahmsweise (7 °/o) Körnerfrüchte für die Herstellung des Spiritus verwendet. Der Durchschnittspreis für erstere hatte Fr. 4. 98 und für letztere Fr. 16. 94 per Meterzentner betragen.

Der Überschuß der Landeseinfuhr von Kartoffeln über die Ausfuhr erzeigt in den Jahren 1887/1903 einen Durchschnitt

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von 348,500 Meterzentnern, das Kalenderjahr 1903 einen solchen von 432,841 Meterzentnern; am kleinsten ist derselbe 1895 mit 214,466 Meterzentnern, am größten 1896 mit 509,649 Meterzentnern per Jahr.

B. Auslandsware.

Zum Durchschnittspreise von Fr. 19. 46 per Meterzentner wurden im Jahre 1903 69,194 Meterzentner bezogen; hiervon kamen 36,789 Meterzentner aus Deutschland und 32,405 Meterzentner aus Österreich-Ungarn. Unter Hinzufügung von Fr. 23. 08 für Zoll und 52 Cts. für Fracht kam uns der Auslandsprit auf Fr. 43. 06 zu stehen (1902 Fr. 47. 64 und 1901 Fr. 51. 96). Die betreffenden Einkäufe stammten zum größten Teile aus dem Jahre 1902, gelangten aber nach Übereinkunft erst im Jahre 1903 zur Ablieferang. Dieser Ankaufspreis von Fr. 19. 46 war der tiefste seit dem Bestände des Monopoles; er wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht oder doch nicht so bald wiederkehren, denn die Ursachen, welche den seitherigen Aufschlag hervorgerufen haben, sind zu ernster Art. Als solche können in der Hauptsache bezeichnet werden : die kleinen Vorräte sowohl in Deutschland als in Österreich-Ungarn und die Verteuerung der Produktion infolge der hohen Rohstoffpreise. Der Aufschlag nahm seinen Anfang im Monat November 1902, steigerte sich bis Ende 1903 auf volle 100 % und hatte damit sein Ende noch nicht erreicht, sondern in den ersten Monaten 1904 noch weitere Fortschritte gemacht. Bei dieser Gelegenheit erwähnen wir, daß wir einzig im Jahre 1892 noch höhere Einkaufspreise als heute zu verzeichnen hatten, und wenn dasselbe gleichwohl ein sehr günstiges Schlußresultat ergab, so war solches dem großen Absatz von Trinksprit zuzuschreiben.

III. Verkauf.

Wir haben im Verbrauche von Trinksprit gegenüber 1902 eine Zunahme von 4761 Meterzentnern zu verzeichnen, indem der Verkauf im Jahre 1903 56,771 Meterzentner betragen hat.

Die Zusammenstellung der Verkaufsquantitäten in den 12 Jahren 1892/1903 zeigt bedeutende Schwankungen: höchste Ziffer 1892 mit rund 70,900 Meterzentnern, tiefste Ziffer 1901 ,, ,, 50,800 ,, Durchschnitt 1892/1903 ,, ,, 61,100 ,,

389 Die verschiedenen Sorten Sprit waren 1903 in folgender Weise vertreten : 70 % Feinsprit, Verkaufspreis Fr. 170, 15 ,, Rohsprit, ,, ,, 170, 4 ,, Primasprit, ,, ,, 173, 7 ,, Weinsprit, ,, ,, 175, 4 ,, Kahlbaumsprit, ,, ,,175.

Auch der Bedarf an Denaturierungsware zeigt eine Vermehrung; er hat im ganzen 64,365 Meterzentner betragen, welche sich in folgender Weise zusammensetzen : 47,580 Meterzentner absolut denaturierter Sprit ; 1,109 ,, relativ denaturierter Sprit, direkt von der Alkoholverwaltung bezogen ; 15,676 ,, relativ denaturierter Sprit, welcher von den Industriellen vom Auslande bezogen wurde.

64,365 Meterzentner total, gegenüber 63,466 Meterzentner im Vorjahre.

IV. Monopolgebuhren auf Qnalitätsspirituosen.

Das Erträgnis dieser Abteilung ist um rund Fr. 18,000 höher als der Budgetansatz und weist ungefähr den nämlichen Betrag wie die Rechnung für 1902 auf. Mehr als die Hälfte dieser Einnahme rührt von den importierten Branntweinen und Likören her, dann folgen Rohstoffe zu Destillationszwecken, Parfümerien, chemische Produkte etc.

V. Rückvergütung bei Ausfuhren.

Dieser Posten, Fr. 167,000, ergab gegenüber dem Budget ein Minus von Fr. 8000, indem 114 Meterzentner weniger ausgeführt wurden. 93 °/o dieser Ausfuhr entfallen auf Absinthe und Wermuth, 6 % auf Liköre und Magenbitter und l % auf Parfümerien etc. Bei dieser Ausfuhr sind 38 Häuser in zehn Kantonen beteiligt.

VI. Strafbestimmungen.

Die Kantonsregierungen scheinen noch-immer keinen Eifer in der Nachforschung von Übertretungen des Alkoholgesetzes zu entwickeln und doch ist ihnen jeweilen eine recht ausgiebige Zuweisung aus dem Monopole sehr erwünscht.

390 Im Laufe des Jahres 1903 sind nur 12 Strafanzeigen erfolgt, welche sich auf sechs Kantone verteilen. Die umgangenen Monopolgebiihren bezifferten sich auf Fr. 1336 und die einbezahlten Bußen (Art. 24 des Gesetzes) auf Fr. 4341, und hiervon entfielen Fr. 1332 von erstem und Fr. 4328 von letztem auf einen einzigen Fall, welcher durch einen Beamten der Alkoholverwaltung verzeigt wurde, infolgedessen der Verleideraoteil in den Verleiderfonds fiel, welcher nunmehr den Betrag von Fr. 7000 erreicht hat.

Noch immer werden Trockenbeeren (Korinthen mit Fr. 20 Zoll) zur Weinbereitung unter der falschen Etikette ,, Tafeltraube na (Zoll Fr. 3) in Kistchen zu 5 Kilo eingeführt. Sowohl die Kontrolle als die strafrechtliche Ahndung dieser Vorkommnisse bietet Schwierigkeiten, und es ist sehr zu wünschen, daß die neuen Handelsverträge hier Abhülfe schaffen werden.

Genaue Angaben betreffend die Abgabe von denaturiertem Sprit an die Empfänger werden den Kantonsregierungen schon seit Jahren zugestellt. Bisher erfolgten diese Mitteilungen jeden Monat; in Zukunft nun sollen dieselben nur am Schlüsse des Jahres erfolgen und damit dann gleichzeitig Angaben über den Versand von Trinksprit verbunden werden. Es dürfte diese Neuerung für diejenigen kantonalen Organe, welchen die Ausübung der Alkoholpolizei obliegt, von Nutzen sein, und könnte wohl bei einer Konferenz des Finanzdepartements mit dea Kantonsdelegierten der Gegenstand einer Besprechung bilden.

VIT. Rechnung und Bilanz.

Die Betriebsrechnung ergibt einen Einnahmenüberschuß von Fr. 6,455,897, während der Voranschlag nur einen solchen von Fr. 5,751,250 verzeichnet hatte ; das Reinerträgnis zeigt somit ein Plus von Fr. 704,647 und gestattet die Ausrichtung von Fr. 1.90 auf den Kopf der ortsanwesenden Bevölkerung (3,325,023). Den Kantonen war nur ein Verteiler von Fr. 1.70 in Aussicht gestellt worden. Aus diesem Einnahmenüberschuß wurden sodann gemäß dem Beschlüsse der eidgenössischen Räte Fr. 50,000 dem Fonds für Erstellung eines Verwaltungsgebäudes in Delsberg zugeschieden.

Das sehr günstige Rechnungsergebnis erklärt sich einerseits aus den tiefen Einkaufspreisen der ausländischen Sprite und anderseits aus dem vermehrten Absatz des Trinksprits.

Die Rechnung und Buchführung der Alkoholverwaltung ist sehr eingehend geprüft worden, in erster Linie durch den Re-

391 Visionsausschuß, bestehend aus je zwei Mitgliedern der beiden Alkoholkommissionen (des National- und Ständerates), und sodann noch durch zwei Mitglieder der Delegation. Ein besonderes Regulativ ordnet die Funktionen dieser beiden Organe. Das Resultat dieser Prüfung war befriedigend, sowohl die Rechnung als die Buchführung sind in guter Ordnung befunden worden.

VIII. Schlusserörterungen.

Der Konsum der monopolpflichtigen Branntweine wird iin Berichte der Alkoholverwaltung auf 4Ys Liter (SOgrädigen) berechnet; der Konsum von monopolfreiem Branntwein darf auf l Liter (SOgrädigen) veranschlagt werden, so daß der Gesamtkonsum im Jahre 1903: S1/* Liter per Kopf der Bevölkerung betragen hat. In unserm Kommissionsberichte über das Jahr 1899 schätzten wir den Konsum auf 6--6 1 /i Liter per Kopf; es ist somit ein bescheidener Rückgang im Konsum des Alkohol in unserm Lande zu konstatieren. Wenn wir aber die Verhältnisse des Konsums gebrannter Wasser vor Einführung des Monopoles (1887) in Betracht ziehen, so erscheint dieser Rückgang bedeutend.

Herr Direktor Milliet veranschlagt denselben seit 1880/1884 auf 40 °/o *), während er die Zunahme des Verbrauchs von Wein in der gleichen Epoche auf 27 °/o und diejenige von Bier auf 70 °/o schätzt. Der Konsum des in diesen Getränken enthaltenen Alkohols (129/io Liter à 100°) zusammengezählt mit demjenigen der gebrannten Wasser (2 9 /io Liter à 100°) ergibt für die Periode 1893/1902 einen jahresdurchschnittlichen Verbrauch von zirka 15 3/i Liter auf den Kopf der Bevölkerung, während derselbe in den Jahren 1880/1884 auf nur 14 J /B Liter geschätzt wurde.

Wir schließen mit dem Antrag, es sei der Geschäftsführung und Rechnung der Alkoholverwaltung für 1903 die Genehmigung zu erteilen.

Z ü r i c h , den 28. Oktober 1904.

Namens der ständigen Alkohollcommissionen, Der Berichterstatter : Abegg, Nationalrat.

*) Siehe Handwörterbuch der schweizerischen Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung ,,Geistige Getränke".

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