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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Genehmigung des zwischen der Sensetalbahn und der Bern-Neuenburg-Bahn (direkte Linie) abgeschlossenen Betriebsvertrages.

(Vom 30. November 1904.)

Tit.

Mittelst Eingaben vom 19. Januar und 24. September 1904 legte die Direktion der Bern-Neuenburg-Bahn (direkte Linie) den zwischen der Sensetalbahn und der Bern-Neuenburg-Bahn abgegeschlossenen Betriebsvertrag vor. Der Vertrag entspricht im allgemeinen den von der G. T. B., S. E. B., S. F. B. und E. Z. B.

mit der Thunerseebahn abgeschlossenen Betriebsverträgen. Gemäß Art. 2 des Vertrages übernimmt die Bern-Neuenburg-Bahn den Betrieb und den Unterhalt der Sensetalbahn, insbesondere die Anstellung und Entlassung des Personals, den Erlaß der Réglemente und Instruktionen, die Erstellung und Einführung der Tarife, die Überwachung und den Unterhalt der Bahn, die Besorgung des Stations- und Zugsdienstes, den Unterhalt des Rollmaterials und des Mobiliars, die Führung der Kontrolle, der gesamten Buchhaltung und Kasse, die Versicherungen (Personal, Reisende, Güter u. s. w.), die Erledigang der Reklamationen, die Führung der aus dem Betriebe hervorgehenden Prozesse und die Vertretung der Sensetalbahn bei allen Verhandlungen über Angelegenheiten des Betriebes. Die Sensetalbahn behält sich dagegen gemäß Art. 22 des Vertrages die Entscheidung vor über die Jahresrechnungen, die Genehmigung der Tarife, die Neubauten

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und Anschaffung von Roll- und Oberbaumaterial, die Führung von Prozessen, welche nicht aus dem Betriebe hervorgehen, den Abschluß von Konkurrenzverträgen und Mitbenutzungsvertragen und die Festsetzung der fahrplanmäßigen Züge mit Ausschluß der Güter- und Extrazüge.

Der Vertrag dauert vorläufig bis zum 31. Dezember 1905.

Wird er nicht wenigstens l Jahr vor Ablauf der Vertragsdauer von der einen oder ändern Partei gekündet, so bleibt der Vertrag für eine weitere Dauer von 5 Jahren in Kraft. Alle Streitigkeiten, die aus diesem Betriebsvertrage entstehen sollten, sind durch ein Schiedsgericht endgültig zu erledigen. ..

Bei Auflösung des Vertrages ist die Bern-Neuenburg-Bahn gehalten, der Sensetalbahn ein Personal zur Verfügung zu stellen, wie solches zurzeit der Kündigung des Vertrages auf ihrer Linie Verwendung fand ; letztere ist verpflichtet, solches ohne Ausnahme zu akzeptieren und ferner die auf diesen Zeitpunkt bei der Bern-Neuenburg-Bahn in Kraft bestehende Gehaltsordnung anzuerkennen.

Der Regierungsrat des Kantons Bern und der Staatsrat des Kantons Freiburg sahen sich laut ihren Vernehmlassungen vom 5. und 8./18. Oktober d. Js. zu keinen Bemerkungen veranlaßt.

Zum vorliegenden Betriebsvertrag haben wir folgendes anzubringen : 1. Daß im Artikel 7 die Sensetalbahn verpflichtet wird, ,,auf Verlangen der Bern-Neuenburg-Bahn" für eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Ausrüstung ihrer Bahn zu sorgen, könnte zu dem Schlüsse führen, daß diese Pflicht für die Sensetalbahn da nicht bestände, wo die Bern-Neuenburg-Bahn es nicht verlangte. Die Worte ,,auf Verlangen der Bern-NeuenburgBahn"' wären daher besser weggelassen worden. Wir halten es indessen nicht für notwendig, diesen Artikel von der Genehmigung auszuschließen.

2. Der Vertrag enthält keine Bestimmung darüber, wer die Vorlage der Fahrplanentwürfe an die Behörden und die Bekanntmachung der definitiven Fahrpläne zu besorgen habe. Tatsächlich geschieht dies durch die Bern-Neuenburg-Bahn.

3. Art. 23 bestimmt: ,,Der Bern-Neuenburg-Bahn können weder Strafen auferlegt noch von ihr Entschädigungen irgendwelcher Art gefordert werden, welche auf den Betrieb der Sensetalbahn Bezug haben."1

95 Wenn die ßern-Neuenburg-Bahn die von ihr im Sinne des.

Artikels 28 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 über den Bau und den Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft übernommenen gesetzlichen und konzessionsmäßigen Pflichten nicht erfüllt, oder im Sinne' von Artikel 34 des zitierten Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 strafbar wird, so steht dem Bundesrat gemäß bisheriger Praxis das Recht zu, sich sowohl an die Betriebsgesellschaft als an die Bahneigentümerin zu halten.

Soweit es sich um Entschädigungen handelt, die z. B. auf Grund des Transportreglements oder des Transportgesetzes oder anderer gesetzlicher Bestimmungen verlangt werden, so wird im Streitfalle der Richter zu entscheiden haben, ob die Bern-Neuenburg-Bahn rechtlich belangt werden könne oder nicht. Durch eine vertragliche Bestimmung kann jedenfalls die Haftbarkeit der Bern-Neuenburg-Bahn nicht ohne weiteres mit Wirkung für Dritte wegbedungen werden. Ob im einzelnen Falle der Bern-Neuenburg-Bahn jeweilen ein Rückgriffsrecht gegen die Sensetalbahn zusteht, hängt von den Umständen ab und ist im Streitfalle ebenfalls vom Richter zu entscheiden.

Um nun namentlich bei Ausfällung von Strafen einen Konflikt zwischen den Strafverfügungen und diesem Art. 23 zu vermeiden, halten wir es für angezeigt, die gesetzlichen Bestimmungen hier ausdrücklich vorzubehalten.

Indem wir Ihnen die Annahme des nachstehenden Beschlussesentwurfes empfehlen, benützen wir auch diese Gelegenheit, Sie,, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 30. N.ovember 1904.

Im Namen ,des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft i Bingier.

% (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Genehmigung des zwischen der Sensetalbahn und der Bern-Neuenburg-Bahn (direkte Linie) abgeschlossenen Betriebsvertrages.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben der Direktion der Bern-Neuenburg-Bahn (direkte Linie) vom 19. Januar und 24. September 1904; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 30. November 1904, beschließt: 1. Dem zwischen den Gesellschaften der Sensetalbahn und ·der Bern-Neuenburg-Bahn (direkte Linie) am 10. August/7. September 1903 abgeschlossenen Betriebs vertrage wird unter den nachstehenden Vorbehalten die Genehmigung erteilt: 1. Für die Erfüllung der von der Betriebsgesellschaft übernommenen gesetzlichen und konzessionsmäßigen Pflichten im Sinne des Artikels 28 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 liber den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft haftet auch die Gesellschaft der Sensetalbahn.

2. Zum Artikel 23 bleiben die gesetzlichen Bestimmungen und die Befugnisse der Behörden ausdrücklich vorbehalten.

II. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses, welcher am 1. Januar 1905 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Genehmigung des zwischen der Sensetalbahn und der Bern-Neuenburg-Bahn (direkte Linie) abgeschlossenen Betriebsvertrages. (Vom 30. November 1904.)

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30.11.1904

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