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Bericht der

Kommission des Nationalrates über

die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts im Jahre 1903.

(Vom 13. Mai 1904.)

Herr Präsident, meine Herren!

Wir beehren uns, Ihnen nachstehend die Punkte anzuführen, welche bei der Prüfung des Geschäftsberichtes des Bundesrates und des Bundesgerichts für das Jahr 1903 unsere Aufmerksamkeit spezieller auf sich gezogen haben :

Geschäftsbericht des Bundesrates.

Allgemeiner Teil.

i.

Im Jahr 1903 haben die fünf schweizerischen Kantone: Waadt, Aargau, Thurgau, St. Gallen und Tessin die Gedenkfeier ihres hundertjährigen Bestandes als Staaten und Mitglieder der

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schweizerischen Eidgenossenschaft begangen und haben in verschiedenen Formen ihrer Freude und ihren patriotischen Gefühlen bezüglich dieses denkwürdigen Ereignisses in ihrer Geschichte Ausdruck gegeben.

Für die Gesamtschweiz begann mit dieser wesentlichen Vermehrung der Zahl ihrer Bundesglieder, die einen neuen Geist in den Bundesstaat brachten, ein neuer Geschichtsabschnitt.

Eine Reihe von Kämpfen um eine Staatsform, die den alten und neuen Anschauungen Rechnung tragen sollte, führte zur Bundesverfassung des Jahres 1848, die im Jahre 1874 ihren heute noch zu Recht bestehenden Ausbau fand.

Es war somit das Jahr 1903 für das ganze Schweizervolk bedeutungsvoll. .

II.

In dem Zeitraum von beinahe 30 Jahren, die seit dem Bestand der gegenwärtigen Verfassung abgelaufen sind, hat die Schweiz sich ruhig entwickeln können, indem weder äußere Feinde noch schwere innere politische Kämpfe den Landesfrieden gestört haben.

So vollzog sich denn auch' in den Kantonen namentlich der Ausbau der Volksrechte, im Bund die Ausbildung der Aufgaben, die ihm durch die Verfassungen von 1848 und 1874 übertragen worden waren.

In den letzten Jahren ist diese Arbeit etwas ins Stocken geraten,' weil die Räte und das Volk mehrere Gesetze organisatorischen Charakters abgelehnt haben.

Diese Erscheinung muß namentlich dem Umstand zugeschrieben werden, daß die Handhabung der Bundesinstitutionen im Volke vielfach Anstoß erregt. Das Volk hat den Eindruck, als ob die Mitglieder des Bundesrates, seine Vertrauensmänner, nicht mehr, wie einst, die ihnen unterstellten, stark angewachsenen Verwaltungszweige persönlich so zu überwachen vermögen, daß der ihnen bekannte Volksgeist dabei gebührend berücksichtigt wird. Es stößt sich an der Tatsache, daß deshalb die Bundesangestellten vielfach eigenmächtig und in wenig volkstümlicher Weise die Verwaltung handhaben. Das Gemisch von Überhebung und Wichtigtuerei, das damit zum Ausdruck kommt, gepaart mit Vielregiererei und gedankenlosem Formenwesen, ist ihm zuwider, und es bezeichnet dasselbe mit dem Namen ,,Bureaukratie" oder Beamtenherrschaft.

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Deshalb sucht es zu vermeiden, neue eidgenössische Verwaltungen zu schaffen, dagegen die notwendigen Neuorganisationen auf dem Boden der Kantone aufzubauen und verlangt hierzu vom Bund die nötigen Geldmittel.

Dieses Vorgehen unterbindet aber die gleichmäßige und gleichartige Entwicklung unseres Gesamt Vaterlandes und verlangt eher Abhülfe der Mißstände in der Bundesverwaltung.

Die Kommission stellt deshalb das Postulat l (siehe am Schlüsse) und wünscht im weitern : 1. Es möchte bei Ausarbeitung der im Wurfe liegenden Reorganisation der Militär-, Post-, Telegraphen- und Eisenbahnverwaltungen die tunlichste Vereinfachung und die Reduktion der Zahl der Angestellten im Auge behalten werden.

2. Es mögen die Finanzdelegationen und -kommissionen mit dem Bundesrat bei Anlaß der Budgetberatung untersuchen, ob nicht eine Reihe bestehender Ausführungsverordnungen im Sinne der Vereinfachung und einer gleichzeitigen Reduktion der Zahl der Angestellten abgeändert werden könnten.

m.

Die Zahl der Sessionen und .Sitzungstage der Räte ist in den letzten Jahren auf eine Höhe gestiegen, die der Befürchtung Raum läßt, es möchte nachgerade eine Reihe von Mitgliedern der Räte auf ihre Mandate verzichten müssen, weil deren Ausübung ihnen zu viel Zeit beansprucht.

Diesem Umstand könnte dadurch einigermaßen gesteuert werden, daß die -Großzahl von Rekursen in anderer Weise (von einem Verwaltungsgerichtshof) erledigt würden.

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Politisches Departemeoi Man hat mehrfach die Erfahrung gemacht, daß die gegenwärtige Organisation des politischen Departementes mit bezug auf unsere Beziehungen zum Auslande zu wünschen übrig laut. Von allen Departementen bedarf unstreitig das politische Departement am meisten der Stabilität, einer ausgedehnten Sachkenntnis und der Pflege der Tradition, und doch ist es gerade dasjenige, welches jedes Jahr mit dem Bundespräsidenten seinen Vorsteher wechselt. Die Kommission ist der Meinung, daß die Frage der Reorganisation dieses Departementes in dem Sinne geprüft werden sollte, daß damit den dem jetzigen System anhaftenden Mängeln abgeholfen würde. Sie fragt sich, ob die beste Lösung nicht die Rückkehr zur früheren Organisation wäre, welche das Amt eines Vorstehers des politischen Departementes nicht notwendigerweise mit demjenigen des Bundespräsidenten verknüpfte.

Wie dem auch sei, so ersucht die Kommission den Bundesrat, diese wichtige Frage einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen.

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Departement des Inoern.

I. Zentralverwaltung.

1. Organisation und Geschäftsgang.

Schon die nationalrätliche Prüfungskommission über die Geschäftsführung des Bundesrates vom Jahre 1901 hat auf die große Geschäftslast des Bibliothekars der Zentralbibliothek aufmerksam gemacht. -- Wie der folgenden Ziffer 3 des Geschäftsberichtes zu entnehmen ist, hat sich diese Geschäftslast seither noch mehr gesteigert, und ist der Bundesrat der gemachten Anregung durch die Wahl eines Gehülfen des Bibliothekars gerecht geworden.

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2. Archive und Münzsammlung.

Dem Archive und der Landesbibliothek hat eine Subkonv mission ihren Besuch abgestattet und sich schon äußerlich an dem schönen Bau dem neuen Bundeshause gegenüber und an der ruhigen Lage desselben erfreut und den Bindruck gewonnen, daß die einst so viel umstrittene Frage des Standortes nicht unglücklich gelöst worden sei. Noch mehr erfreute sie sich an dem praktischen und lichten Avisbau im Innern und an der musterhaften Ordnung, die da waltet.

Die erste Serie der helvetischen Aktensammlung -- offizielle, politische und verwaltungsgeschichtliche Abteilung umfassend -- hat mit dem Druck des IX. Bandes abgeschlossen und wird nun laut Arbeitsprogramm die II. Abteilung, die kulturgeschichtliche, insbesondere das Erziehungs- und Kirchenwesen betreffend, in Angriff genommen werden.

Als ein Unikum eidgenössischer Verwaltung darf wohl hervorgehoben werden, daß das Archiv seit 1848 und trotz steigender Arbeitslast in seinem Verwaltungspersonalbestande von 4 Mann bis heute sich gleich geblieben ist!

657 3. Zentralbibliothek.

Beim Augenscheine derselben ist geradezu überraschend, wie praktisch unser alte Nationalratssaal und dessen eigenartigen Bauverhältnisse verwendet und in eine lichte Bibliothek umgewandelt werden konnten.

Auch die anstoßenden neuen Lokalitäten des Departementes des Innern präsentieren sich als ein Prachtbau, rivalisierend mit den Prunksälen im Ostfliigel der ganzen Bundesbaute.

Der Zuwachs der Bibliothek selbst umfaßt im Berichtsjahre 1000 Bände; der Ein- und Ausgang geliehener Bücher ist auf 14,400, der Austausch der amtliehen Publikationen auf 20,000 Packete und die Durchschnittszahl der täglichen Besuche auf 30 Personen gestiegen. Die Klage des Bibliothekars, daß der für die Bibliothekäufnung ausgesetzte Jahreskredit von Fr. 5000 kaum für die Fortsetzung bestellter Werke genüge, will die Kommission gerne der Berücksichtigung empfehlen, gleichzeitig aber auch die Miterdauerung der Frage, ob nicht durch die Anschaffung moderner belletristischer Werke die eigentliche Zweckbestimmung der Bibliothek für das Verwaltungsfach in etwas verschoben werde.

II. Vollziehung der Bundesverfassung und eidgenössischer Gesetze.

1. Ausführung des Art. 27.

Wie im Vorjahre 1902 der Zusatzartikel zu Art. 27 der B u n d e s v e r f a s s u n g von der Mehrheit des Volkes und der Stände seine Sanktion erhalten hat, so in diesem Berichtsjahre das Bundesgesetz betreffend die Bundesunterstützung der öffentlichen Primarschule, gegen welches das Volk vom Rechte des Referendums keinen Gebrauch gemacht hat.

So ist es möglich geworden, daß der neue Verfassungsartikel 27bis und das neue Bundesgesetz seitens des eidgenössischen Ressortdepartementes und der Kantone zur raschen und wie wir hoffen auch segensreichen Ausführung gelangen konnte.

Die e r s t e Bundessubvention seitens der Eidgenossenschaft an die Kantone ist bereits ausgerichtet.

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HL Gesetzgebung.

Primarschulsubventionsgesetiä oben sub II/l behandelt. Im übrigen Verweisung auf den Bericht des Bundesrates mit der einzigen Ergänzung zu Ziffer 4 dahingehend, daß unterdessen der Bundesbeschluß betreffend Wiederherstellung des ordentlichen Jahreskredites für Hebung und Förderung der schweizerischen Kunst vom 24. Oktober bis 7. Dezember 1903 die Referendumsfrist ohne Anfechtung passiert hat und der fragliche Kredit in seiner früheren Höhe von Fr. 100,000 wiederum hergestellt ist.

V. Werke der öffentlichen Gemeinnützigkeit.

2b. Schweizerisch-deutsches Idiotikon.

Bezüglich der Geschäftsleitung bemerkt der bundesrätliche Geschäftsbericht, daß dieselbe aus der Hand des Vizepräsidenten, Herrn Oberst Meister, im Frühling 1903 wieder an Herrn Professor Dr. A. Schneider übergegangen sei, ,,der sich von seiner Krankheit völlig erholt hata. Leider hat diese hoffnungsvolle Prognose durch den Tod Schneiders ein unerbittliches Dementi erfahren. Der Verlust dieses auch auf andern Gebieten der Wissenschaft hervorragenden Gelehrten ist für das deutschschweizerische Idiotikon um so bedauerlicher, als er mit dem Austritt mehrerer anderer verdienter Mitglieder des Ausschusses zusammenfällt, nämlich der Herren Tobler-Meyer und Professor Paul Schweizer in Zürich.

Der Fortgang des Wörterbuches selbst ist ein sehr erfreulicher und durch das in diesem Jahre erstellte Verzeichnis der literarischen Quellen das Verständnis und die Redaktion wesentlich erleichtert worden.

Auch das Wörterbuch der Mundarten der französischen Schweiz -- Ziffer 2C -- verdankt der frischen Schaffungskraft seiner drei Redaktoren einen regen Fortschritt und wird -- wie das deutsch-schweizerische -- in verdankenswertester Weise von Freunden und Mitarbeitern unterstützt.

VI. Polytechnische Schule.

Wie der Besuch der Anstalt abermals gestiegen ist, an regulären Studierenden und Zuhörern auf 1773 gegenüber 1511 im Schuljahr 1900/01, so erweitern sich auch die Sammlungen der

659 Schule fortwährend. Namentlich sind es zahlreiche, zum Teil große und höchst wertvolle Schenkungen, die zufließen. Es besteht aber die Verlegenheit, sie ordentlich unterzubringen, da die Sammlungsräume überfüllt sind und nirgends Gelegenheit zu zweckmäßiger Aufstellung der Ergänzungen sich bietet. Dem Zwecke des Unterrichts kann diese Ordnung nicht dienen.

Damit berühren wir die . brennendste Frage für das Polytechnikum : die Kaumfrage. Die Kommission hat sich von den unhaltbaren Verhältnissen sowohl im Hauptgebäude wie im Chemiegebäude überzeugt; die Dinge drängen auf Abhülfe. Abgesehen von der Kalamität, daß die Sammlungen sich nicht frei entfalten können, mangelt es sozusagen überall an Raum. Insbesondere die Zeichnungs- und Lehrräume der Ingenieurschule und die Laboratorien des Chemiegebäudes sind überfüllt. Die Verhältnisse sind unhaltbar, unleidlich namentlich für die ersten Kurse verschiedener Abteilungen, sowohl vom Standpunkt des Unterrichts wie der Hygiene.

Die Dinge werden natürlich in dein Maße noch schwieriger, je länger sie andauern und die Frequenz der Schule weiter anwächst. Darum sollte mit der Abhülfe nicht länger gezögert werden. Die Lösung der Frage, wie das zu geschehen habe, ist sowohl eine Baufrage -wie eine Frage der Aussonderung mit Kanton und Stadt Zürich, und da die Regelung der letztern vorauszugehen hat, weil von ihr allfällige Erweiterungs- und Umbauten abhängen, ist dringend zu wünschen, daß die ins Stocken geratenen Unterhandlungen mit den Zürcherischen Behörden wieder aufgenommen und beförderlich zum Abschluß gebracht werden.

In den pendenten Fragen einer Änderung der Schulreglemente im Sinne einer Reorganisation des Studienganges an der Anstalt, Fragen, die sich im speziellen beziehen auf die Einführung der Studienfreiheit, das Prüfungswesen und die Kompetenzverhältnisse des Lehrerkollegiums, sind entscheidende Beschlüsse noch nicht ergangen. Der Schulrat hat von der Gesamtkonferenz der Lehrerschaft einen vom 31. Dezember 1903 datierten umfassenden Bericht über die ganze Angelegenheit mit Mehrheits- und Minderheitsanträgen entgegengenommen, der jetzt zur Prüfung beim Departement liegt.

VII. Gesundheitsamt.

Die 162 Pockenerkrankungsfälle, die im Berichtsjahr zu verzeichnen waren, verteilen sich auf 40 Gemeinden in 13 Kan-

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tonen. Zwei Fälle endigten mit Tod und betrafen Ungeimpfte.

Die Erkrankungen sind meist auf Einschleppungen aus dem Ausland, durch reisende Handwerksburschen und wanderndes Volk, zurückzuführen. Wie höchst wichtig es ist, daß jeweilen solche Krankheiten sofort erkannt, angezeigt und mit Nachdruck bekämpft werden, lehrt die Geschichte der einzelnen Fälle.

Der Geschäftsbericht rügt, daß einzelne Kantone bei Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen zur Pockenbekämpfung zu hohe Kosten machen. Das Maß dieser Kosten hängt aber sehr ab von den Umständen, unter denen Pockenerkrankungen sich ereignen, auch von den örtlichen Verhältnissen, und im allgemeinen wird man sagen müssen, daß die vorteilhaftere Epidemienpolizei nicht die ist, welche weniger kostet und dafür die Krankheit um so mehr und weiter sich verbreiten läßt.

Die Kommission empfindet es als einen Mangel, daß das Epidemiengesetz nur Anwendung findet auf Pocken, asiatische Cholera, Fleckfieber und Pest. Mit Ausnahme der Pocken sind diese Krankheiten bei uns fast nur dem Namen nach bekannt, während andere gemeingefährliche Epidemien Jahr um Jahr im Lande tatsächlich häufig vorkommen, auch ihre zahlreichen Opfer fordern. Es ist dies ein widersinniger Zustand und um so anstößiger, als anderseits der Bund sich der vorkommenden ansteckenden Viehkrankheiten in weit umfassenderem Maße annimmt.

In der Reihe der unerledigten Postulate findet sich auch dasjenige betreffend Erweiterung des Epidemiengesetzes. Wir wünschen die baldige Erledigung desselben. Dabei wird es sich nicht sowohl um die Frage einer Revision des Gesetzes als seiner Ergänzung durch eine Novelle handeln können in dem Sinne, daß der Bund das Recht und die Pflicht erhält, in zweckmäßiger Weise auch sich an der Bekämpfung weiterer epidemischer Krankheiten (Diphtherie, Scharlach, Abdominal-Typhus, Tuberkulose etc.)

zu beteiligen.

VIII. Statistisches Bureau.

Wir vermissen in der Aufzählung der Arbeiten des statistischen Bureaus die Statistik der amtlichen Armenpflege. Es handelt sich um die Bearbeitung von Erhebungen aus dem Jahre 1890 und noch steht der 1901 bei Erscheinen des II. Bandes in Aussicht gestellte dritte Band aus. In unserer schnelllebenden Zeit verliert eine statistische Aufnahme ihren Wert, wenn das gewonnene Zahlenmaterial nicht rascher seine Verarbeitung findet.

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X, Schweizerische Landesbibliothek.

Die Landesbibliothek wächst bedrohlich. Alles was in der Schweiz gedruckt wird oder im Ausland erscheint und die Schweiz berührt, fließt hier zusammen. Ob das alles des Sammeins und Aufbewahrens wert ist? Zur Bewältigung der Arbeit hält die Bibliothek 12 Angestellte. Wir möchten zu etwelcher Mäßigung raten.

XII. Oberbauinspektorat.

A. Allgemeines.

Einer Anregung der Finanzkommission Folge gebend, werden künftig die Flußkorrektionsprojekte nicht mehr in kleine Abschnitte zerlegt und nach solchen getrennt der Bundesversammlung vorgelegt werden, sondern für größere Flußstrecken je zusammenhängend. Auch sind die Ausgaben der Kantone, an welche Bundesbeiträge verabfolgt werden, nunmehr samt ihren Belegen der Prüfung der eidgenössischen Finanzkontrolle zu unterstellen.

Die Neuerung ist im Interesse besserer Wahrung des Budgetrechts der Räte und einer ernsthaften Kontrolle zu begrüßen.

Zur Vermeidung unnötiger Ausgaben, welche trotzdem noch möglich bleiben, und um die nötigen Garantien für sorgfältigere Vorprüfung der Korrektions- und anderer Bauten zu gewinnen, halten wir aber noch eine organisatorische Änderung, beziehungsweise Erweiterung für geboten.

Wir befürworten die Schaffung einer technischen Kommission, ·welche alle größern Flußkorrektions-, Straßen- und Hoehbauprojekte, die an die Bundesversammlung gelangen sollen, schon zu Händen des Bundesrates zu begutachten hätte. Da in der übrigen Verwaltung das System der Beiziehung von Expertenkommissionen längst mit Vorteil zur Anwendung kommt, ist nicht verständlich, weshalb es gerade in den großen technischen Baufragen, wo Hunderttausende und Millionen in Betracht fallen, länger ausgeschlossen sein soll.

C. Wasserbauwesen.

Die Bestrebungen für den Ausbau des Rheins als Schifffahrtslinie bis Basel und weiter hinauf verdienen nachdrückliche Förderung. Wir verzeichnen mit Befriedigung, daß das OberbauBundesblatt. 56. Jahrg. Bd. EU.

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662 inspektorat auch der weitern Frage, ob und welche Wasserstraßen: für den Güterverkehr im Innern des Landes anzulegen wären, seinevolle Aufmerksamkeit schenkt. Die Neubelebung und Erweiterung des Verkehrs auf den schweizerischen Gewässern ist unter bestimmten Voraussetzungen eine der Unterstützung des Bundes durchaus würdige, wirtschaftlich bedeutsame Aufgabe der Zukunft.

Weil der Große Rat von Schaffhausen es abgelehnt hat,.

Hand zu bieten zu einer Beschränkung der Flößerei auf dem Rhein, hat die Revision der betreffenden interstaatlichen Übereinkunft mit Baden unter Ausschluß des Gebietes von Schaffhausen an die Hand genommen werden müssen. Da durch den Charakter des Rheins als Grenzfluß die Wünschbarkeit einer einheitlichen und gemeinsamen Ordnung solcher Dinge auf der Hand liegt, fallt diese Separation Schaff'hausens auf, und es ist zu hoffen, daß.

dasselbe seine Schlußnahme in Wiedererwägung ziehe.

Wasserwerhanlagen.

1jl^l Dieser, Abschnitt des Berichts veranlaßt uns, die Frage aufzuwerfen, ob der Bund nicht rechtzeitig Schritte tun sollte, um für den Fall des Übergangs zum elektrischen Betrieb der Bundesbahnen in allen Landesteilen der nötigen Menge elektrischer Energie sicher zu sein. Unbeschadet der Prüfung der vom Nationalrat erheblich erklärten Motion Muri dürfte vorgängig oder parallel derselben namentlich zu prüfen sein, ob und wieweit der Bund sich beteiligen könnte an einzelnen jetzt schwebenden großen Wasserwerkprojekten gegen die Bedingung, daß je einebestimmte Kraftmenge ihm reserviert bleibe.

XIII. Direktion der eidgenössischen Bauten, Dem im Nationalrat wiederholt geäußerten Wunsch umEinführung der Öffentlichkeit im Submissionsverfahren hat die Verwaltung versuchsweise in dem Sinne entsprochen, daß die Submittenten nun eingeladen werden, der Eröffnung der Angebotebeizuwohnen, bei welchem Anlasse ihnen Einsicht in sämtliche Angebote gestattet wird. Nach erfolgter technischer und arithmetischer Prüfung der Angebote und Vergebung der Arbeiten; .iegen dann sowohl die Angebote wie die vergleichenden Zusammenstellungen nochmals, jeweilen während 8 Tagen, zur Einsichtnahme durch die Submittenten auf.

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Es entspricht dieses Verfahren nicht der Anregung, wie sie im Rate gemacht wurde, und auch nicht der Art der Öffentlichkeit, wie sie in andern Ländern geübt wird. Das damit den Submittenten eingeräumte gegenseitige Kontrollrecht ist insofern zu weitgehend, als es denselben auch die Kenntnisnahme sämtlicher Einzelheiten und Kalkulationen der Konkurrenzofferten gewährt, was natürlich speziell den seriösen Eingabestellern nicht konvenieren und zu einer Quelle des Mißbrauchs werden kann.

Die Öffentlichkeit des Verfahrens soll kein bloß vorübergehender Versuch sein, sondern eine bleibende Einrichtung werden; zu diesem Zweck ist es aber zu vereinfachen und brauchbarer zu gestalten.

Wir halten überhaupt dafür, daß es gerechtfertigt wäre, das ganze Submissionsverfahren der Bundesverwaltung, mit Einschluß der.Bundesbahnen, einmal gründlich zu prüfen und dasselbe einheitlich, nach bestimmten Normen, die in die Form eines Bundesbeschlusses zu bringen wären, zu ordnen. Die Angelegenheit ist so,.wichtig, und es sind so viele Interessen dabei beteiligt, daß aus allen zulässigen Gesichtspunkten eine Solche Neuordnung erwünscht erscheint. Dabei würden ebenso wie die Interessen der Verwaltung, so auch diejenigen der Gewerbetreibenden und der Arbeitnehmer in billiger, gerechter Art berücksichtigt werden können.

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Crebäudeunterhalt etc.

Die Stadt Bern liefert für die Bundeshäuser und deren Dependenzen das elektrische Lieht. Der Bund bezahlt dafür mehr als Fr. 80,000 jährlich. Vergleichungen mit den Lichtpreisen anderer Städte der Schweiz ergeben, daß diese Summe um zirka Fr. 35,000 höher ist, als der gleiche Lichtbedarf dort kosten würde. Wir wünschen, daß der Bundesrat auf Änderung dringe.

XIV. Forstwesen, Jagd und Fischerei.

B. Vogelschutz.

Es wird die Klage erneuert, daß im Kanton Tessin nach wie vor das Vogelschutzgesetz in großartigem Maße übertreten werde. Der Einladung des Bundesrates an die Tessiner Behörden, diesem Skandal und der eines Kulturstaates unwürdigen, ebenso grausamen wie schädlichen Vogelmörderei mit außerordentlichen Maßnahmen entgegenzutreten, schließen wir uns mit Nachdruck an.

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Justiz- und Polizeidepartement.

A. Gesetzgebung und Rechtspflege.

L Bundesgesetzgefoung.

1. S c h w e i z e r i s c h e s Z i v i l g e s e t z b u c h . Die Kommission konstatiert mit Genugtuung die erfreuliche Tatsache, daß dank der energischen Leitung des Vorstehers des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements ein Entwurf für ein schweizerisches Zivilgesetzbuch vorliegt, welcher nach dem Ausspruch der außerparlamentarischen Expertenkommission nunmehr als Grundlage für die Verhandlungen der politischen Behörden der Eidgenossenschaft dienen kann. Dieser Entwurf umfaßt das Personen-, Familien-, Erb- und Sachenrecht. Die Kommission nimmt an, daß der Bundesrat den Entwurf in Bälde in Beratung zieht und den gesetzgebenden Räten vorlegt.

2. S c h w e i z e r i s c h e s S t r a f g e s e t z b u c h , Auch für ein schweizerisches Strafgesetzbuch liegt ein Entwurf vor. Die Kommission ist jedoch der Ansicht, daß das Zivilgesetzbuch zuerst von den Räten in Behandlung genommen werden soll.

3. E i d g e n ö - s s i s c h e r V e r w a l t u n g s g e r i c h t s h o f . Die Frage der Errichtung eines eidgenössischen Verwaltungsgerichtshofes wird wegen der Zunahme der Geschäfte der Behörden immer dringlicher. Es liegen über diesen Gegenstand bereits mehrere Gutachten vor, und gegenwärtig ist Herr Professor Fleiner in Basel mit der Ausarbeitung eines solchen beauftragt, dessen Abgabe auf Ende dieses Jahres in Aussicht steht. Die schwierigste Frage dabei ist die Ausscheidung der Kompetenzen. Die Kommission ist mit diesen Vorarbeiten einverstanden.

II. Internationales Recht.

1. Die internationale Übereinkunft über Zivilprozeßrecht im Haag vom 14. November 1896 und 22. Mai 1897 hat ein Kon-

665 kordat unter den Kantonen betreffend Befreiung von den Prozeßkautionen zur Folge gehabt, welchem bis jetzt 15 Kantone beigetreten sind, nämlich Zürich, Luzern, Schwyz, Glarus, Zug, Baselstadt, Schaffhausen, Appenzell A.-Rh., St. Gallen, Graubünden, Aargau, Tessin, Waadt, Neuenburg und Genf. Der Beitritt von Bern steht in naher Aussicht. Solothurn hat seine Zivilprozeßordnung im Sinn des Konkordats revidiert und wird unzweifelhaft bald auch dem Konkordat beitreten.

2. Dieses Konkordat ist zu begrüßen, weil in der Schweiz gleichzeitig durch ein einheitliches Betreibungs- und Konkursgesetz die Exekution eines Kostenurteils mit geringen Kosten gesichert ist. Anders verhält es sich im Ausland. Die oberwähnte internationale Übereinkunft erklärt zwar in Art. 11, daß die Kostenurteile eines jeden Staates in den andern Vertragsstaaten exekutionsfâhig seien, allein die Exekution ist im Ausland mit so großen Kosten verbunden, daß die Übereinkunft in bezug auf diesen Punkt für die Schweiz fast wertlos ist. Es muß daher begrüßt werden, daß auf der IV. Konferenz für internationales Privatrecht, welche auf den 16. Mai 1904 einberufen wurde und in welcher die Schweiz vertreten ist, dieser Punkt im Sinn der Revision zur Sprache gebracht wird. Es liegen mehrere Vorschläge vor. Deutschland stellt den Antrag, die Exekution sollte kostenlos erfolgen.

Die Kommission nimmt mit Befriedigung Notiz von diesem Vorgehen des Bundesrates und hofft, daß eine annehmbare Einigung erfolgen werde.

3. Den internationalen Konventionsprojekten über Eheschließung, Ehescheidung und Vormundschaft über Minderjährige sind bis jetzt Holland, Frankreich und Deutschland beigetreten, und der Beitritt von Österreich und Italien steht in naher Aussicht.

Die Kommission ist der Ansicht, daß der Beitritt der Schweiz jetzt ohne Zögern erfolgen sollte und erwartet gern eine daherige Vorlage des Bundesrates.

4. Auf der oberwähnten IV. internationalen Konferenz sollen weitere privatrechtliche Fragen zur Behandlung kommen betreffend Erbrecht, Kechtsstellung der Ehefrau, Güterrecht der Ehegatten, Wirkungen der Ehescheidung, internationales Konkursrecht etc.

Bei diesen Verhandlungen ist nicht zu verkennen, daß für die Schweiz erhebliche Schwierigkeiten bestehen, weil im Ausland das Heimatsprinzip immer mehr zur Geltung kommt, während

666 die schweizerische Bundesverfassung das Territorialprinzip in den Vordergrund stellt. Gleichwohl besteht ein großes Interesse für uns, derartigen Vereinbarungen beizutreten.

V. Zivilstand und Ehe.

1. Aus dem .Geschäftsbericht geht hervor, daß einige Kanr tone in bezug auf die ihnen obliegenden Berichterstattungen stark im Rückstand sind.

Die Kommission ist der Ansicht;, daß diese Kantone jeweilen mit Namen genannt werden dürften.

2. Unter den Entscheiden des Bundesrates über Fragen des Eherechts ist der Fall J. G. D. von E., Kanton St. Gallen (Nr. 14), erwähnenswert. Der Bundesrat hat eine im Ausland nach den dortigen Gesetzen gültig abgeschlossene Ehe anerkannt, obschon das vorausgegangene Scheidungsurteil nach Schweizergesetz nicht gültig war. Man kann an der Hand des Wortlautes des Art. 54 der Bundesverfassung zu keinem andern Schluß kommen.

TU. Rechtspflege.

Statistik.

Aus der Statistik geht hervor, daß die regelmäßig wiederkehrende Arbeitslast des Justiz- und Polizeidepartements eine große ist. Die Zahl der Arbeiten, welche erforderlich wurden durch Beschwerden, Mitberichte, Gutachten, Verlassenschaftsfälle, Vormundschaftsangelegenheiten und andere Rechtsfälle betrugen im Berichtsjahr 1370.

m. Konfessionelles.

Gegenüber einigen aus Frankreich eingewanderten Orden und Kongregationen war der Bundesrat schon im Jahr 1902 und auch im Berichtsjahr genötigt, den Vorschriften des Art. 52 der Bundesverfassung Nachachtung zu verschaffen, welcher lautet: ,,Die Errichtung neuer und die Wiederherstellung aufgehobener Klöster oder religiöser Orden ist unzulässig."

Die Mehrheit der Kommission billigt das Vorgehen des Bundesrates und vertraut darauf, daß er auch in Zukunft die Verfassung in Schutz nehmen werde.

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Eine Minderheit der Kommission hat hier einen Vorbehalt gemacht. Im übrigen ist darauf aufmerksam zu machen, daß diese Einwanderung von Kongregationen bedeutende Dimensionen angenommen hat. Nicht weniger als 21 derselben haben den Bundesrat beschäftigt, wozu noch einige Fälle kommen, .bei denen der Name der Kongregation oder des Ordens. dem Bundesrat un: bekannt geblieben ist. Es wird zu gelegener Zeit erforderlich ·sein, daß sich die Bundesbehörden über diese Verhältnisse Klarheit verschaffen und die nötigen Anordnungen treffen.

.,

B. Pqlizeiwesen.

IT. Heimschaffungen.

Der Geschäftsbericht bespricht die Heimschaffungen von der Schweiz ins Ausland und umgekehrt.

Die interkantonalen Heimschaffungen (Ausweisungen) entziehen sich der Kontrolle der Bundesbehörden. Es bestehen aber in dieser Richtung in der Schweiz arge Übelstände, welche herbeigeführt worden sind durch die Vorschriften und die nachfolgende Interpretation des Art. 45, Absatz 3, der Bundesverfassung. Diese Übelstände haben im Ständerat die Motion der Herren Bigler und Stößel veranlaßt, welche dem gegenwärtigen Ausweisungssysteme entgegentreten will.]

Es bleibt der Erfolg dieser Motion im Ständerat abzuwarten.

Dieselbe bringt eine Frage zur Sprache, welche die Aufmerksamkeit der eidgenössischen Behörden in hohem Grade verdient.

C. Bundesanwaltschaft.

V. Begnadigung.

Die Kommission billigt die Bestrebungen, welche eine Revision des gegenwärtigen Verfahrens in Begnadigungsfällen zum Zwecke haben.

D. Versicherungsamt.

Die Kommission spricht den Wunsch aus, daß der Gesetzesentwurf' über den Versicherungsvertrag beförderlich den eidgenössischen Räten vorgelegt werde.

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E. Amt für geistiges Eigentum« 1. Mit Botschaft vom 13. November 1903 hat der Bundesrat der Bundesversammlung den Antrag unterbreitet, den Art. 64 der Bundesverfassung in dem Sinn zu revidieren, daß auch Erfindungen, welche nicht durch Modelle dargestellt sind, geschützt werden können.

Es ist zu konstatieren, daß dieser Antrag von Seiten eines großen Teils der chemischen Industrie in der Schweiz Widerstand findet, weshalb jedenfalls mit Vorsicht vorgegangen werden muß.

2. Die Vorarbeiten zur Revision des Bundesgesetzes über den Schutz des literarischen und" künstlerischen Eigentums sind in vollem Gang und geben die Hoffnung auf eine baldige Vorlage.

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I. Allgemeines.

Die Frage der R e v i s i o n der b e s t e h e n d e n M i l i t ä r * O r g a n i s a t i o n ist im letzten Jahre nicht nur im Militärdepartemente und von den höhern Militärs intensiv erörtert worden, sondern es haben sich damit sozusagen alle militärischen Verbindungen und Kreise in der ganzen Schweiz beschäftigt. Zu einem Abschlüsse ist dieselbe im Berichtsjahre nicht gelangt, dagegen stellt das Militärdepartement einen V o r e n t w u r f zu e i n e r n e u e n M i l i t ä r o r g a n i s a t i o n für das laufende Jahr 1904 in Aussicht. Eine befriedigende Erledigung dieser für unser Land und Volk höchst wichtigen Angelegenheit zu bewirken, ist nicht leicht und bei den vielen in ganz wesentlichen Punkten sehr divergierenden Ansichten mit großen Schwierigkeiten verbunden.

Wir wissen, daß das Departement sich sehr eifrig mit dieser Aufgabe beschäftigt, und zweifeln nicht daran, daß die bezügliche Vorlage des Bundesrates möglichst bald erfolgen wird. Bei dieser Sachlage können in unserer Berichterstattung alle diejenigen Gegenstände und Fragen, welche mit der Revision der Militärorganisation im Zusammenhange stehen, nur kurz erwähnt werden oder ganz unberührt bleiben.

Die bedauerlichen V o r g ä n g e i m K a v a l l e r i e re m o n t e n d e p o t und die V e r u n t r e u u n g e n der D i r e k t i o n der K r i e g s p u l v e r f a b r i k W o r b l a u f e n , welche im letzten Frühjahr öffentlich bekannt wurden und großes Aufsehen, sogar eine unseres Erachtens wohl zu weitgehende Aufregung hervorgerufen haben, sind durch die Räte noch im letzten Jahre behandelt und die darauf bezüglichen Postulate, nämlich : Strafuntersuchung im Breakankauf (Nr. 608), Unregelmäßigkeiten beim Militärdepartement (Nr. 609) und Kompetenzen von Militärbeamten (Nr. 610), erledigt worden. Der Bundesrat hat den Beschlüssen der Bundesversammlung einerseits durch die nötigen Erlasse materieller Natur und anderseits durch die gebotenen Änderungen in personeller Beziehung entsprochen. Die bei den kompetenten Behörden des Kantons Bern eingeleitete Strafuntersuchung im Breakhandel ist von ihnen wegen mangelnder Schuldbeweise aufgehoben worden. -- Inwieweit diejjei den Verhandlungen im

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bekannten Prozesse Keppler contra Züreherpost in diesem Frühjahr zur Sprache gelangten Erscheinungen und Gepflogenheiten im Militärdepartemente über die Behandlung von Aktenstücken, die Mitteilungen von Verordnungen an die verschiedenen Verwaltungsabteilungen und dergleichen den Bundesrat veranlassen, in dieser Beziehung in der ganzen Bundesverwaltung Nachschau zu halten und Remedur zu schaffen, ist abzuwarten. Daß Vereinfachungen im Geschäftsgange, eine bessere Kontrolle etc. höchst wünschbar sind, erscheint uns unzweifelhaft.

Für die N e u b e w a f f n u n g der A r t i l l e r i e in einer den Fortschritten der Technik auf diesem Gebiete entsprechenden Weise haben die Räte im Berichtsjahre nach reiflicher Prüfung dieser Angelegenheit durch Sachverständige Beschluß gefaßt und die nötigen Kredite erteilt. Der Bundesrat hat alle Anordnungen für die Ausführung getroffen, so daß die Ausrüstung unserer Feldärtillerie mit den neuen Geschützen innerhalb möglichst kurzer Frist verwirklicht sein wird.

Zu einer vom Nationalrate gutgeheißenen Anregung, von dem in den Dienst der eidgenössischen Militärverwaltung eintretenden Personal G e s u n d h e i t s a u s w e i s e zu verlangen, berichtet der Bundesrat, es sei diesem Postulate mit bezug auf die Arbeiter in den Regiewerkstätten der Militärverwaltung, in den Kriegsdepots, im Remontendepot und in den Armeemagazinen schon seit längerer Zeit ein Genüge geleistet. Eine Ausdehnung auf das Personal der übrigen Beamten erscheine nicht für angezeigt, weil bei den Beamten der andern Departemente der Bundesverwaltung solche Ausweise auch nicht gefordert werden. Wir gehen mit dieser Auffassung einig.

IL Personelles.

Die im Jahre 1904 infolge Rücktrittes der Inhaber vakant gewordenen Beamtungen eines Waffenehefs der I n f a n t e r i e und eines solchen der K a v a l l e r i e sind vom Bundesrate nicht wieder besetzt, sondern die daherigen Funktionen dem Oberinstruktor der betreffenden Waffengattungen übertragen worden.

Es wird sich zeigen, ob die Vorteile dieses Systems die Nachteile, welche damit verbunden sind, so sehr überwiegen, daß bei der Revision der Militärorganisation solches allgemein bei allen Waffengattungen grundsätzlich gewählt und im Detail den einzelnen Waffengattungen nach ihren Bedürfnissen angepaßt werden kann.

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Finanz- und Zolldepartement A. Finanzverwaltung.

I. Finanzbureau Gesetzgebung und Postulate.

Ein Gesetzesentwurf betreffend Ausführung von Art. 39 der Bundesverfassung (Banknotenmonopol) wird demnächst an die Bundesversammlung gelangen und zweifelsohne von den eidgenössischen Räten mit tunlichster Beförderung durchberaten werden. Es wäre sehr zu bedauern, wenn auch dieses Mal dieser Entwurf keine Gesetzeskraft erhalten und die darin vorgesehene Errichtung einer Bundesbank nicht perfekt würde.

Sollte das gegen unsere Erwartung der Fall sein, so wäre die Anhandnahme der Revision des Banknotengesetzes vom Jahre 1881 im Sinne der Motion von Arx und Mitunterzeichneten unerläßlich.

Münzkommissariat Die Kontrollierung, der verschiedenen Münzen durch das zuständige Kommissariat hat ein sehr befriedigendes Resultat ergeben, was auf eine gute Ordnung in der Fabrikation unserer Münzen schließen läßt.

Lateinische Münzunion Die Zusammenstellung der Gold- und Silberprägungen der dieser Union angehörenden Staaten repräsentiert folgenden Nominalwert: Goldmünzen rund 101/2 Milliarden, wovon 87 Millionen auf die Schweiz entfallen ; Silbermünzen rund 6 1/2 Milliarden, wovon 38 1 /2 Millionen auf die Schweiz entfallen.

Beim Rückzuge alter Prägungen von Gold- und Silbermünzen sollen jeweilen 20% bis 50% der ,,Mortalität" verfallen sein, d. h. beim Umtausche nicht mehr vorgewiesen werden, und daß

672 hierbei die ausstehenden Goldmünzen einen größeren Wert repräsentieren als die Silbermünzen, ist ganz natürlich. Niemand wäre es wohl in den Sinn gekommen, diesen Ausfall so hoch zu taxieren.

II. Finanzkontrolle.

Durch das Bundesgesetz über den Geschäftsverkehr zwischen Nationalrat, Ständerat und Bundesrat vom 9. Oktober 1902, welches im Januar 1903 zum Vollzug gelangte, wurde eine ständige Finanzkommission, welche aus Mitgliedern beider Räte zusammengesetzt ist, etabliert, dieselbe hatte dann wiederum eine Delegation von 6 Mitgliedern zu bestellen, und es sind nunmehr hauptsächlich diese Organe, welchen die Überwachung der ßundesverwaltung in finanzieller Richtung und speziell auch die Finanzkontrolle zufallt. Ein besonderes Regulativ, welches die Genehmigung der Bundesversammlung erhalten hat, ordnet die Tätigkeit und Befugnisse dieser neugeschaffenen Institution, welche nun das erste Jahr geamtet hat; ihre Aufgabe ist eine sehr wichtige, und die Lösung derselben beansprucht viel Mühe und Arbeit.- Wir dürfen es heute schon aussprechen, daß sich diese neue Einrichtung gut bewährt.

III. Banknotenkontrolle.

Die Anzahl der E m i s s i o n s b a n k e n (36) ist unverändert, geblieben. Die Banknotenemission beträgt rund 242 Millionen und hat sich seit dem Vorjahre um 2 Millionen erhöht. Diegrößte Emission beziffert sich auf 30 Millionen (Zürcher Kantonalbank), die schwächste beträgt je l Million bei 7 verschiedenen Banken. Bei 23 Emissionsbanken ist die Banknotenemission größer als das einbezahlte Geschäftskapital. Für den nicht durch Barschaft gedeckten Teil der Emission haben die Banken Garantie zu leisten. Es sind 40 % der letztern durch Hinterlage von Wertschriften oder durch Verpfändung des Wechselportefeuille effektuiert worden, während die übrigen 60 % von Kantonalbanken jn überaus einfacher Weise durch einen Garantieschein des bej-reffenden Kantons geleistet wurden. In einer ernsthaften Krisis jst der Wert eines solchen Garantiescheines nicht über alle 2weifel erhaben; trotz seines innern soliden Gehaltes könnte (jgpgelbe vielleicht in einem solchen Momente nicht den gewünschten Anforderungen entsprechen; diese Art der Garantie

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wird daher in Fachkreisen oft gerügt, und es ist sehr zu begrüßen, daß die in Aussicht stehende Bundesbank hier Wandel schaffen wird.

Die Barvorräte der Banken bestehen zu 90 °/o in Gold und zu 10% in Silber, welches Verhältnis seit mehreren Jahren ohne wesentliche Schwankungen geblieben ist.

Die Art und Weise der Fabrikation unserer Banknoten hat sich bewährt; falsche Noten kommen sehr selten vor, und es müssen daher anderweitige Wünsche betreffend Qualität des Papieres in den Hintergrund treten.

Bankausweise und wirtschaftliche Erscheinungen.

Es darf als eine gesunde Erscheinung betrachtet werden, daß die Emissionsbanken sich größerer Zurückhaltung in der Ausgabe ihrer Banknoten befleißen, wodurch sie momentanen Anforderungen in gewissen Terminen besser gewachsen sind und «ine regelmäßige Verkehrsbedienung ungeschwächt erhalten können.

In den D e v i s e n k u r s e n bieten Frankreich, Deutschland und England seit langer Zeit nur unwesentliche Abweichungen, während der Durchschnittskurs von Italien, welcher vor zirka 10 Jahren .auf 90 stand, seither eine sukzessive Erhöhung durchgemacht hat und heute bei pari angelangt ist; es ist das ein untrügliches Zeichen der innern wirtschaftlichen Gesundung dieses Landes.

Die Zunahme der ,,Sparkasseneinlagen" um rund 34 Millionen Franken ist an und für sich sehr zu begrüßen^ doch können ·wir diesen Betrag nicht in vollem Umfange auf Rechnung unserer eigentlichen ,,Sparer" setzen, denn häufig werden die Sparkassen aus Bequemlichkeit oder aus anderen Gründen für vorübergehende ·oder feste Anlagen benutzt.

IT. Staatskasse.

Münzauswechslungsdienst.

Die fortwährenden Schritte der Finanzverwaltung, unser Land von abgeschliffenen, auswärtigen Münzen zu befreien, verdienen Anerkennung, und wenn diese Bemühungen auch mit Einbuße verbunden sind, so ist deren Fortsetzung gleichwohl angezeigt. Leider findet dieses Bestreben beim Publikum wenig Unterstützung, indem beinahe jeder Empfänger solcher Münzen dieselben weiter zirkulieren läßt.

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Postmandate, Der Verkehr durch Postmandate weist eine Vermehrungvon 4 Millionen gegenüber dem Vorjahre auf; er ist im Jahre 1903 auf 70 Millionen gestiegen, welcher Betrag von der Staatskasse durch Vorschüsse an die Kreispostkassen gedeckt werden mußte.

Es darf wohl erwartet werden, daß sowohl die Post- alsandere öffentliche Kassen dem Checkverkehr, wenn derselbe einmal durch ein Gesetz geregelt sein wird, nicht fremd bleiben und dadurch das Ihrige zur Popularisierung dieses neuen Zahlungs*mittels beitragen werden.

Y. Wertschriftenverwaltung.

Émission des 3 % Staatsanleihens von 70 Millionen Franken.

Die Kursverluste und weitern Spesen dieses Anleihens haben die Summe von Fr. 2,659,700 absorbiert, und der Ertrag derselben beträgt genau 96,2 °/o des Nominalbetrages, der Zinsfuß stellt sich demnach auf 3. 19. Unsere Verschuldung an Frankreich nimmt allmählich zu große Dimensionen an ; sie beträgt dermalen mindestens 700 Millionen, wovon 450 Millionen auf den Bund und die Bundesbahnen und die übrigen 250 Millionen auf einige Kantone fallen. Wenn auch der Kurs, zu welchem diese Anleihen kontrahiert wurden, vorteilhaft ist, so läßt sich anderseits kaum bestreiten, daß dieses Schuldverhältnis für unser wirtschaftliches Leben Schattenseiten zeitigen wird, deren Beseitigung nicht in unserer Macht liegt. Wir wollen mit dieser kurzen Betrachtung über das Geschehene den Bundesrat nicht tadeln, benutzen aber diese Gelegenheit, unsere Meinung dahin zu äußern, er sollte in Zukunft die Placierung unserer Anleihen im Inlande angestrebt und durchgeführt werden, insofern keine zu große Einbuße damit verbunden ist; wenn diese Differenz sich innerhalb gewisser Grenzen bewegt, so wird ein erheblicher Teil dieser Anlagen jedenfalls dem Lande erhalten bleiben, was demselben zum Nutzen gereicht.

Anleihensamortisationsfonds und Münzreservefonds.

Der erstere der beiden genannten Fonds ist auf 7 Millionen und der letztere auf rund 10l/2 Millionen Franken angewachsen; da eine weitere Zunahme beider in Aussicht steht, hat der Bundesr

675 rat auf Antrag seines Finanzdepartements beschlossen, es seien diese beiden Fonds aus den Passiven der Kapitalrechnung zu entfernen und unter die Spezialfonds I einzustellen und entsprechend mit Wertschriften zu dotieren. Es liegt diese Maßnahme im Interesse einer klaren Rechnungsstellung und ist sehr zu begrüßen.

VI. Münzverwaltung.

« Münzprägungen.

Dem interessanten Berichte über diese Abteilung entnehmen wir, daß unsere Münzstätte im Jahre 1903 für 4 Millionen Goldmünzen und für 2 Millionen Silbermünzen geprägt hat. Die Erstellungskosten der Zwanzigfrankenstücke belaufen sich auf Fr. 20. 06r diejenigen der Silberfranken auf 37 Centimes. Durch das Zusatzabkommen vom 15. November 1902 zum internationalen Münzvertrag erhielt der Bundesrat die Ermächtigung, weitere 12 Millionen Silberscheidemünzen zu prägen. Der Bundesrat hat sich indessen nicht veranlaßt gesehen, hiervon vollen Gebrauch zu machen; er hat vorderhand die Prägung nur für den Betrag von 2 Millionen Franken vorgenommen und wird dieselbe erst vermehren, wenn sich das Bedürfnis hierfür einstellt. Wir.halten dafür, es sei dieses vorsichtige Verfahren des Bundesrates angesichts der bedeutenden Entwertung des Silbers nur zu loben.

B. Zollverwaltung.

I. Gesamtergebnisse der Rechnung.

Das Gesamtergebnis der Roheinnahmen mit rund Fr. 53,300,000 ist das höchste Erträgnis der Zölle seit dem Bestehen des eidgenössischen Zollwesens und weist gegenüber den Einnahmen des Vorjahres wiederum ein Mehrbetreffnis von rund 3 Millionen auf. Diese Tatsache ist um so bemerkbarer, als man noch vor wenigen Jahren mit einem Zurückgehen der Zölle glaubte rechnen zu sollen. Sie erhärtet den großen Import unseres Landes. Das baldige Inkrafttreten des neuen Zolltarifes mit seinen zum Teil wesentlichen Erhöhungen, so z.. B. auf Lebensmittel, wie Wein u. .s. w., mag vielleicht große Konsumenten bestimmt haben, sich noch rechtzeitig mit langereichenden, billigeren Vorräten zu decken.

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IL Gesetze, Verordnnagen, Verträge.

1. A n w e n d u n g des g e g e n w ä r t i g e n Z o l l t a r i f e s.

a. Die Anwendung des gegenwärtigen Zolltarifes hat insofern noch Ergänzungen erfahren, als gestützt auf eine Petition die P e t r o l e u m r ü c k s t ä n d e eine Gleichstellung des Zollansatzes von 2 Cts. per q. g l e i c h ' d e n S t e i n k o h l e n erfahren haben, entgegen dem gleichzeitig gestellten Begehren um gänzliche Zollbefreiung. Da diese Ruckstände bei industriellen Etablissements und Eisenbahnen zu Feuerungszwecken Verwendung finden, als Ersatz für Steinkohlen, ist dieser Beschluß in volkswirtschaftlicher Beziehung zu begrüßen.

b. Aus Österreich wurden zahlreiche Sendungen sogenannter K l o t z b u t t e r als frische Butter zur Verzollung angemeldet, um gleich dieser zum Ansatz von Fr. 7 per q. angesetzt zu werden.

Chemische Untersuchungen dieses Produktes ergaben, daß es absolut keinen Anspruch auf reine, frische Butter machen kann, gegenteils sich meist als a l t e und durch längeres Lagern r a n z i g gewordene Butter erwies. Gestützt hierauf versetzte man dieses Surrogat unter die Rubrik der ,,nicht genannten Speisefette"und bestimmte, daß es zum Ansatz von Fr. 10 zu verzollen sei.

c. Die Verzollung der A u t o m o b i l w a g e n s a m t M o t o r wurde auf Fr. 20 per q. angesetzt, analog den Fuhrwerken für Personentransport. Dieser Ansatz wurde getroffen gegenüber manchen Begehren, die dahin gingen, den Motor als Maschine nur zu Fr. 4 per q. und nur die übrigen Bestandteile auf Fr. 20 per q. anzusetzen.

Die Kommission billigt diese Verfügungen. Mit bezug auf die ,,Klotzbuttertt erachtet sie jedoch, daß es mit der Erhöhung des Zollansatzes allein nicht getan sein dürfte, sondern daß mit Rücksicht auf allfällig gesundheitsschädliche Einflüsse solcher Ware, die kantonalen Gesundheitsaufsichtsorgane von solchen Einfuhren und Verwendungen seitens der Zollbehörden genügend aufmerksam gemacht und verständigt werden sollten. Auf Grund eingezogener Erkundigungen fügen wir gerne bei, daß solche Anzeigen in erheblicheren Fällen schon erfolgt sind, wie dies z. B. auch bei anfechtbaren Getränken (Weine) u. s. w. geschehe.

5. E n t s c h ä d i g u n g e n an das Z o l l p e r s o n a l bei U n f ä l l e n im D i e n s t e . Wie die Postverwaltung, erhebt nun auch die Zollverwaltung einen jährlieh festzusetzenden Kredit zur Bestreitung allfälliger Dienstunfälle. Für diesen Versicherungs-

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fonds, der bis auf den Betrag von Fr. 100,000 vorläufig zu äufnen ist, wurde dieses Jahr der erstmalige Betrag von Fr. 10,000 bezogen und bei der Berner Kantonalbank zinstragend angelegt Dieses Vorgehen, gestützt auf den Bundesratsbeschluß vom 5. Februar 1904, ist anerkennenswert.

7. L a n d w i r t s c h a f t l i c h e r G r e n z v e r k ehr. Die Kommission begrüßt es, daß dem allzu ausgiebigen Gebrauche der Zollerleichterung im Grenzverkehr, namentlich mit bezug auf die Einfuhr der Weine aus den Grenzzonen des Veltlins und Savoyens, nach aller Möglichkeit Schranken gesetzt werden. Sie findet es richtig, daß Ausländern, die ein faktisches Domizil in der Schweiz zu verzeigen sich bestreben, tatsächlich aber die Niederlassung im Auslande haben und mit fingierten Pachtverträgen die Zollbehörden zu täuschen sich bemühen, keine landwirtschaftlichen Freipässe mehr ausgestellt werden.

8. Z o l l a b f e r t i g u n g des P e r s o n e n v e r k e h r s in C h i a s s o . Die Kommission sähe gerne diese Zollabfertigung sowohl mit bezug auf die Zollbehandlung des Passagiergutes, als auch hinsichtlich des Ruhebedürfnisses des meist in den Nachtschnellzügen reisenden Publikums, möglichst geordnet und wenig störend, was noch nicht immer der Fall zu sein scheint, trotz aller seitens der Zollbehörde bereitwilligst getroffenen Maßnahmen und Verfügungen.

Die Direktion erklärt, daß bei dem gewaltigen Anschwellen des Reisendenverkehrs an der Grenze eine möglichst wirksame Zollrevision des Gepäckes der Reisenden geradezu unerläßlich sei, wenn man dem Schmuggel nicht offiziell Vorschub leisten wolle.

·Gerade die Geschäftsreisenden seien es, die mit Bevorzugung die Nachtschnellzüge benutzen, und denen eine oberflächliche Zollabfertigung unter Umständen geradezu ein Ansporn sein könnte, .zollpflichtige Waren mit den Nachtschnellzügen u n v e r z o l l t und zum Schaden der fiskalischen Interessen durchzubringen. Gebrechliche Personen seien der Verpflichtung der Zollrevision im Revisionslokal enthoben und Schlafwagenreisenden sei es anheimgestellt, ihr Gepäck durch den Schlafwagenkontrolleur deklarieren zu lassen.

Die Anordnung der Zollrevision in den Wagen selbst sei bei den Nachtschnellzügen getroffen. Eine in diesem Sinne seitens ·der Oberzolldirektion mit der Direktion der Gotthardbahn nachgesuchte Verständigung
sei jedoch b a h n s e i t i g auf bedeutende Schwierigkeiten gestoßen, deren Hebung unter Beiziehung der italienischen Mittelmeerbahn, Sache- weiterer Beratungen sein Bundesblatt. 56. Jahrg. Bd. III.

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müsse. Die Kommission wünscht sehr, daß dringliche Besserungen in Bälde erzielt werden und laut eingezogenen Erkundigungen ist die versuchsweise Einführung der Revision des Handgepäcks in den Wagen selbst bei Schnellzügen auf den 1. Juni dieses Jahres vorgesehen und damit die oben in Aussicht genommene Verständigung offenbar erzielt worden.

9. Ü b e r s i e d l u n g e n von französischen K o n g r e g a t i o n e n n a c h der S c h w e i z . Im Berichtsjahre sind zirka 30 zum Teil sehr beträchtliche, jeweilen mehrere Wagenladungen umfassende Mobiliarsendungen aus Frankreich in die Schweiz zur Einfuhr gelangt. Um die beanspruchte Zollfreiheit gestatten' zu können, ist jeweilen der Nachweis zu erbringen, daß der Eigentümer sich tatsächlich in der Schweiz niedergelassen habeT daß die Gegenstände schon vor ihrer Einfuhr im Gebrauche des Einziehenden gestanden haben und daß dieselben auch künftig zu seinem eigenen Gebrauche dienen sollen. Wir finden es nun richtig, wenn, wie es geschieht, die Zollbehörde in jedem einzelnen Falle im Sinne dieser Bestimmungen genaue Prüfung walten läßt und von der Einfuhr von solchem Umzugsmaterial jeweilen das schweizerische Justiz- und Polizeidepartement verständigt. In einem Falle mußte das Strafverfahren wegen Zollübertretung eingeleitet werden, weil behufs Erwartung der Zollbefreiung unrichtige Angaben gemacht worden sind.

YIL Grenzschutz.

Neu ist die U n i f o r m i e r u n g der G r e n z w a c h t m a n n -- s c h a f t durch die Verwaltung, während früher diese Anschaffungen ,,auf Kosten der Mannschaft, allerdings gegen Bekleidungsentschädigung, erfolgte. Wir billigen diese Vornahme in Analogiemit dem gleichen Verfahren bei der Postverwaltung. Die Verschmelzung der bisher selbständigen Grenzwachtabteilungen Bern (Jura) mit Basel (Solothurn, heide Basel und Aargau) zu einem, einheitlich geleiteten und administrativen Korps bewähre sich gut.

Diese neue und seit dem 1. Januar 1904 in Kraft getretene Organisation erzwecke nicht nur die bessere und nötige Fühlung der G-ebietsdirektion mit der ihr unterstellten und im Direktionsgebäude in Basel untergebrachten Grenzwachtleitung, sondern biete auch den Vorteil vereinfachter Organisation, Vereinfachung in der Administration ist nicht mancherorts zu verzeichnen, um so erfreulicher, da wo sie geschehen kann,

679 und vollzogen wird. Die eingetretene Vermehrung der Grenzwachtmannschaft um 27 Mann ist unseres Erachtens vollauf gerechtfertigt. Die Grenz wacht an unserer gegen 1900 Kilometer Länge haltenden Landesgrenze ist sowieso noch eine schwache, entfällt doch auf je 6 Kilometer Grenzlänge nur l Mann, während die italienische Finanzwache an der tessinischen Grenze eine 17fache numerisch größere Stärke aufweist.

Mit dem Inkrafttreten des neuen Zollgesetzes mit seinen zum Teil wesentlich erhöhten Zollansätzen wird übrigens eine ganz bedeutende Verstärkung des Grenzdienstpersonals erforderlich werden.

Bei dem Umstände eines ziemlich schwach besetzten Grenzwachtdienstes finden wir es nur richtig, daß den Ansuchen der Regierungen von Tessin und Graubünden mit bezug auf die Schwierigkeit einer wirksamen Überwachung der Grenze durch die kantonalen Polizeiorgane, nur v e r s u c h s w e i s e die Mitwirkung des eidgenössischen Grenzwachtpersonals an einzelnen Haupteiugangspunkten gestattet worden ist und unter ausdrücklicher Ablehnung jeglicher Verantwortlichkeit und dem Vorbehalte jederzeitigen Widerrufes dieses Zugeständnisses im Falle nachteiligen Einflusses auf die zolldienstliche Grenzbewachung. Wir konstatieren auf Grund eingeholter Informationen, daß sich bis zur Stunde keinerlei Inkonvenienzen aus diesem neuen Verhältnis ergeben haben, ja, daß die Sache sich sogar in beidseitigem Interesse gut anläßt. Die Notwendigkeit der Bewilligung nachgesuchter g r ö ß e r e r K r e d i t e für den Grenzwachtdienst ist durch die Verhältnisse bedingt und ausgewiesen.

Die V e r m e h r u n g der R u h e t a g e für die Grenzwächter von 26 auf 32 bedingte auch die oben angezogene Vermehrung derselben und absorbierte allein eine jährliche Mehrausgabe von gegen Fr. 50,000.

VIII. Straffälle.

Wir erwähnen hier nur eines Falles von Bedeutung, wo der Beklagte für eine Zollkürzung von Fr. 1405. 66 in den gesetzlichen achtfachen Betrag dieser umgangenen Zollgebühr, resp.

in eine Buße von Fr. 11,245. 28 verfällt und außerdem das Strafverfahren gegen ihn beim Bundesgericht eingeleitet worden ist. Die Beurteilung dieses Falles fällt ins nächste Berichtsjahr.

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X. Handelsstatistik.

Der Abschluß unserer Handelsbilanz weist wiederum ein erhebliches Defizit auf. Einer Einfuhr von 1178 Millionen steht nur eine Ausfuhr von 888 Millionen gegenüber, und wir haben somit einen Fehlbetrag von 290 Millionen gegenüber 254 Millionen im Jahre 1902 zu konstatieren. Auf den ersten Blick ist diese Erscheinung beunruhigend, bei näherer Betrachtung verliert sie jedoch diesen Charakter. Reiche Länder, wie England, Frankreich und Deutschland, haben ebenfalls ungünstige Handelsbilanzen aufzuvveisen, gleichwohl marschieren sie vorwärts ; verschiedene Staaten im Osten hingegen erfreuen sich guter Handelsbilanzen, und doch genießen sie keinen Prima-Kredit, ihre Kaufkraft ist eine geringe und daher auch ihre Einfuhr eine sehr mäßige. Niemand wird auch behaupten, daß unsere volkswirtschaftliche Lage sich gegenüber früher verschlimmert hat. Es sind hauptsächlich folgende Momente, welche, weil in unserm Staatshaushalte nicht gebucht, dieses Defizit ungefährlich erscheinen lassen : 1. die Einnahmen der Fremdenindustrie, bei welcher nicht allein die Touristen und Sommerfrischler, sondern auch die zahlreichen auswärtigen Geschäftsreisenden einzureihen sind ; 2. die Einnahmen aus dem Transitverkehr der Eisenbahnen ; 3. das Geld, das aus den vielen Unternehmungen der Schweizer im Auslande zu uns gelangt; 4. große Summen schweizerischen Kapitals sind in ausländischen Werten angeliehen, und die Zinsen derselben fließen regelmäßig in unser Land zurück. Wenn wir auch über die Höhe dieses Betrages keine Anhaltspunkte haben, so ist es dennoch sicher, daß wir auf diese Weise jedes Jahr eine bedeutende Anzahl Millionen erhalten.

Es ließen sich in dieser Richtung noch einige weitere Gründe anführen, und es darf auch nicht außer acht gelassen werden, daß Grund und Boden au vielen Orten unseres Landes im Werte gestiegen ist und unsere Kaufkraft gemehrt hat. Wir glauben damit dargetan zu haben, daß dieses Defizit nichts Beunruhigendes hat.

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Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement, I. Handel.

I. Handelsverträge und auswärtige Zollverhältnisse.

Das verflossene Jahr bildet einen Markstein in unserer Handelspolitik und dem künftigen Verkehr mit dem Auslande.

Infolge der Annahme durch das Volk des neuen Zolltarifes, hat der Bundesrat die im Jahre 1902 angefangene Enquete über die Frage der Revision unserer Handelsverträge fortgesetzt, und alle Wunsche der Interessenten genau prüfen lassen. Diese Prüfung ist durch eine mündliche Einvernahme von Vertretern der verschiedenen Zweige unserer nationalen Produktion vervollständigt worden.

Der Handelsvertrag mit Deutschland vom i. Dezember 1891 ist nicht gekündigt worden, dagegen wurden auf den Antrag Deutschlands und im gemeinsamen Einverständnis, im Laufe des letzten Oktobers, in Berlin Unterhandlungen /um .Zwecke des Abschlusses einer neuen Übereinkunft zwischen den beiden Ländern angeknüpft.

Das ungünstige Ergebnis des Warenaustausches mit Italien hat uns die Kündigung des Handelsvertrages vom 19."April 1892 zur Notwendigkeit gemacht. Indem er diesen Vertrag, der am 19. September 1904 ausläuft, kündigte, hat der Bundesrat Italien vorgeschlagen, zum Zwecke des Abschlusses eines neuen Abkommens in Unterhandlungen zu treten; die italienische Regierung hat diesen Vorschlag angenommen. Die Unterhandlungen haben letztes Jahr nicht begonnen werden können ; dagegen ist es seither der Fall gewesen.

Was den Handelsverkehr unseres Landes betrifft, so sehen wir, daß die Einfuhr 1142 Millionen betrug; es ist dies der höchste Betrag, den wir bis jetzt zu verzeichnen gehabt haben ; die Zunahme gegenüber dem letzten Jahr beträgt 54 Millionen.

Die Ausfuhr behielt ihre steigende Tendenz bei und wies mit einer Totalausfuhr von 882 Millionen einen Mehrbetrag von 14 Millionen auf.

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III. Kommerzielle Berufsbildung.

Die Beiträge des Bundes an 20 Handelsschulen betrugen im Jahre 1903'Fr. 274,664 gegenüber Fr. 265,301 im Jahre 1902. Die Anzahl der Schulen ist sich gleich geblieben, dagegen hat die Zahl der Schüler merklich zugenommen; dies ist auch der Fall gewesen bei den kaufmännischen Fortbildungsschulen, denen Beiträge im Betrage von Fr. 136,855 gegenüber Fr. 131,219 im Jahre 1902 ausgerichtet wurden.

IT. Handelsamtsblatt.

Diese Publikation fährt fort, schätzbare Dienste zu leisten.

Die in einer Auflage von 6100 Exemplaren erschienenen 473 Nummern haben einen Reinertrag von Fr. 32,864. 51 ergeben.

1983 Abonnemente wurden gratis geliefert.

T. Handelsreisende.

Die Bruttoeinnahmen an Patenttaxen betrugen im Jahre 1903 Fr. 392,000 gegenüber Fr. 361,550 im Jahre 1902; sie rührt von 30,478 Handelsreisenden, 1125 mehr als im Vorjahre, her.

Davon waren 23,545 aus der Schweiz, während 6933 ausländische Firmen vertraten. Der den Kantonen überwiesene Nettoertrag belief sich auf Fr. 372,294.

Tl. Bureau für Gold- und Silberwaren.

Aus der Übersicht über den Verkehr der Kontrollämter ergibt sich, daß 11,458 goldene Uhrgehäuse und 3288 Schmucksachen mehr zur Kontrollierung vorgewiesen wurden als im Jahre 1902 ; dagegen hat die Zahl der silbernen Uhrgehäuse einen Rückgang von 281,642 Stück gegenüber dem Jahre 1902 zu verzeichnen. Die Gesamtzahl der kontrollierten Urgehäuse betrug 3,012,988, diejenige der Schmuckscachen 76,054.

II. Industrie.

T. Allgemeines.

Das Postulat betreffend den öffentlichen Arbeitsnachweis und den Schutz gegen unverschuldete Arbeitslosigkeit datiert vom Juni i 894 ; die Kommission spricht den Wunsch aus, der in

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Aussicht gestellte Bericht über diese Frage möchte sobald als möglich vorgelegt werden.

Die hochinteressante Frage der ,,internationalen Regelung des Arbeiterschutzes"' steht im Begriffe, einen großen Schritt vorwärts zu tun. Die Mehrzahl der mitteleuropäischen Staaten scheint geneigt zu sein, einer Einladung des Bundesrates Folge zu geben und eine Konferenz zu beschicken, welche zu prüfen hätte, ob die Möglichkeit gegeben sei : 1. die gewerbliche Nachtarbeit der Frauen und 2. die Verwendung des weißen Phosphors bei der Herstellung von Zündhölzchen zu verbieten.

Alles scheint darauf hinzudeuten, daß die Konferenz im Mai 1905 wird zusammentreten können. Die Kommission gibt ihrer Freude darüber Ausdruck, nicht nur deshalb, weil sie hofft, die erwähnten bescheidenen Reformen durchgeführt zu sehen, sondern hauptsächlich, weil ein solches Übereinkommen neue Horizonte eröffnen und dadurch die Möglichkeit geschaffen würde, später wichtigere Probleme in Angriff zu nehmen.

Der schweizerische Gewerbeverein hat das Begehren gestellt, es möchte die Frage einer besonderen auf das Gewerbe bezüglichen Gesetzgebung geprüft werden, damit die kleinen Gewerbetreibenden und die Handwerker nicht im gleichen Maße wie die großen Unternehmer den oft allzu starren Bestimmungen des Fabrikgesetzes unterstellt werden müssen. Die vom Gewerbeverein aufgeworfene Frage ist von allgemeinem Interesse und ruft einer gründlichen Prüfung. Der Bundesrat scheint denn auch geneigt zu sein, ihr seine Aufmerksamkeit zu widmen und später darauf zurückzukommen.

II. Bandesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken.

Der Bestand der dem Gesetze unterstellten Etablissemente beläuft sich auf 6404, welche annähernd 250,000 Arbeiter der beiden Geschlechter beschäftigen. Im Jahre 1902 waren 6272 Etablissemente dem Gesetze unterstellt, neu hinzugekommen sind 377; 245 wurden gestrichen, so daß die Zunahme 132 Etablissemente beträgt.

Der Bericht des Bundesrates läßt darauf schließen, wie verschiedenartig die Anstände sind, zu denen die Ausführung des Fabrikg'esetzes Anlaß bietet. Die Revision des Gesetzes ist durch verschiedene Umstände, namentlich durch das Mißlingen aller auf

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eine internationale Regelung der Arbeitsverhältnisse gerichteten Bestrebungen verzögert worden. Immerhin ist das Studium der Revision im Gange. Die kürzlich erfolgte Erheblichkeitserklärung der Motion Studer durch den Nationalrat enthebt uns der Notwendigkeit, uns über diesen Punkt weiter auszulassen.

V. Bandesgesetz betreffend die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb und deren Ausdehnung.

Die Revision der Haftpflichtgesetze ist wünschenswert- und sogar notwendig; sie muß jedoch bis zum Entscheid über die Frage, ob die Unfallversicherung wieder aufzunehmen ist oder nicht, verschoben werden.

VI. Kranken- und Unfallversicherung.

Der Bericht gibt Rechenschaft über die zahlreichen Kundgebungen, welche zu gunsten der Wiederaufnahme der auf die Kranken- und Unfallversicherung bezüglichen Gesetzgebung eingegangen sind. Die Eingaben der verschiedenen Gruppen empfehlen auch verschiedene Lösungen der Frage. Die Arbeiten werden mit Eifer fortgesetzt, und der Bundesrat gedenkt für sein weiteres Vorgehen ein Programm aufzustellen. Unterdessen nimmt der Versicherungsfonds rasch zu; er betrug Ende letzten Jahres Fr. 11,902,943. 27.

TII. Bundesbeschluss betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung.

301 Anstalten für gewerbliche und industrielle Berufsbildung, also drei mehr als im Jahre 1902, sind im Berichtsjahre auf Grund des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884 mit Bundesbeitriigen bedacht worden. Die Beiträge beliefen sich auf Fr. 1,079,974. 20, also auf ungefähr Fr. 100,000 mehr als letztes Jahr. Wenn man in Betracht zieht, daß im Jahre 1894 185 Anstalten Fr. 470,399 erhalten haben und daß im ersten Jahre nach dem Inkrafttreten des Beschlusses 43 Anstalten mit Fr. 42,609 subventioniert worden sind, so kann man sich über die außerordentliche Entwicklung des beruflichen Bildungswesens und den wohltätigen Einfluß, den die Eidgenossenschaft ausgeübt hat, Rechenschaft geben.

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YIII. Bundesbeschluss betreffend die hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechtes.

Diese Bildung wird in 240 verschiedenen Anstalten gepflegt.

Die letzteren haben sich also um zwei vermehrt. An Bundesbeiträgen wurden ihnen Fr. 211,550 gegenüber von Fr. 200,741 im Jahre 1902 ausgerichtet.

Landwirtschaft.

I. Landwirtschaftliches Unterrichtswesen.

Das Bedürfnis nach beruflicher Ausbildung macht sich bei der Landwirtschaft in immer steigendem Maße geltend. Dank dem Zusammenwirken von Bund und Kantonen ist das landwirtschaftliche Bildungswesen in einer erfreulichen Entwicklung begriffen.

Namentlich hat das mittlere landwirtschaftliche Bildungswesen, entschiedene Fortschritte zu verzeichnen. Die 10 l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n W i n t e r s c h u l e n weisen im Berichtsjahre die bis dahin höchste Frequenz von 475 Schülern auf. Die landwirtschaftliche Winterschule hat sich, weil unsern kleinbäuerlichen!

Verhältnissen angepaßt, rasch eingelebt und genießt die Sympathie der landwirtschaftlichen Bevölkerung.

Auch die t h e o r e t i s c h - p r a k t i s c h e n A c k e r b a u s c h u l e n haben im Berichtsjahre mit 143 Schülern eine vermehrte Frequenz zu verzeichnen. Die Befürchtung, daß mit der Errichtung der landwirtschaftlichen Winterschulen die Jahresschulen in ihrer Fortexistenz bedroht würden, hat sich glücklicherweise nicht erfüllt. Der Wettbewerb hat auch hier eher eine günstige Wirkung ausgeübt.

Etwas auffallend sind die großen Unterschiede in den Ausgaben der erwähnten Lehranstalten filr Lehrkräfte und Lehrmittel.

Auf den einzelnen Zögling berechnet, wird zu genanntem Zwecke bei den Ackerbauschulen an der einen Lehranstalt Fr. 509. 26, an einer andern Fr. 1048. 21 verausgabt. Die lâadwirtschai'tlichen Winterschulen verzeichnen per Schüler eine Minimalausgabe von Fr. 174. 23 und eine Maximalausgabe von Fr. 533. 99. Diese Differenz ist in der Hauptsache auf die Ungleichheit der Zahl der Schüler an den verschiedenen Lehranstalten zurückzuführen, allein auch bei annähernd gleichen Verhältnissen können auffallende Unterschiede konstatiert werden.

686 Für das M o l k e r e i w e s e n sind Anstalten auf der Rutti, in Pérolles und Moudon mit zusammen 58 Schülern. Diese geringe Zahl ist zum wesentlichen Teil durch den praktischen Molkereibetrieb diktiert. Es muß allerdings zugegeben werden, daß infolge der rasch zunehmenden Ausdehnung des Milchkondensationsgeschäftes das Bedürfnis nach Ausbildung im Käsereibetrieb in der Westschweiz etwas abgenommen hat, dagegen konnte die zentralschweizerische Anstalt dem wachsenden Andränge seit Jahren nicht entsprechen.

Für den O b s t - , W e i n - und G a r t e n b a u besitzen wir Wädenswil mit 15 Schülern. Dabei ist zu beachten, daß diese Anstalt auch eine größere Anzahl von Kursen für kürzere oder längere Zeit veranstaltet. Für G a r t e n b a u a l l e i n sorgt Genf mit 48 Schülern, und für W e i n b a u a l l e i n bestehen die Schulen in Vevey und Auvernier.

Die höhere landwirtschaftliche Ausbildung findet in der landwirtschaftlichen Abteilung am Polytechnikum 'ihre Berücksichtigung. Auffallend ist der starke Rückgang der S t i p e n d i e n für Studierende am Polytechnikum. Die Stipendien an unbemittelte oder wenig bemittelte Schüler sind gut angelegte Gelder und zahlen sich reichlich zurück. Gelingt es, vermittelst Stipendien für das Landwirtschaftsstudium hervorragende Kräfte zu gewinnen, so wird das gesamte landwirtschaftliche Unterrichtswesen in seinen verschiedenen Abstufungen vorteilhaft beeinflußt und die Landwirtschaft damit gefördert. Der Bund verabfolgt Stipendien, sofern die Kantone ein Gleiches tun. Der Beitrag des Bundes ist bekanntlich gleich hoch wie jener der Kantone. In Kantonen, welche zugeknöpft sich verhalten, erleidet also der junge Studierende einen doppelten Schaden. Es ist zu hoffen, daß die Kantone der Stipendienfrage eine erhöhte Aufmerksamkeit zuwenden.

Die volle Würdigung verdienen die K u r s e und V o r t r ä g e , die als das niedere Bildungswesen zu bezeichnen sind, und die in großer Zahl teils von den Kantonen, teils von den landwirtschaftlichen Haupivereinen veranstaltet werden. Dieselben sind bestimmt, die wenn auch nur notdürftige Fachbildung in die breiten Schichten der Bevölkerung zu tragen. Die hierzu verwendeten Ausgaben bewegen sich auf vorjähriger Höhe.

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la. Das landwirtschaftliche Tersuchswesen.

Durch die Eingliederung der schweizerischen land- und milchwirtschaftlichen Versuchsstation hat unser Versuchswesen eine glückliche Ausgestaltung erfahren. Wohl kaum ein anderes Land besitzt ein besser organisiertes landwirtschaftliches Versuchswesen als die Schweiz. Neben den agrikulturchemischen Anstalten in Zürich, Bern und Lausanne, den Samenkontrollstationen Zürich und Lausanne besitzen wir die erforderlichen Institute zur Erforschung gewisser Spezialgebiete der Landwirtschaft.

Hierunter finden wir die milchwirtschaftliche Versuchsanstalt und das bakteriologische Laboratorium in Bern, die Versuchsanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Wädenswil, die Weinbauversuchsanstalten in Vevey, Auvernier, Lenzburg und Zürich.

Alle Kosten trägt der Bund.

Die Kontrolltätigkeit der agrikultur-chemischen Anstalten und der Samenkontrollstationen ist eine von Jahr zu Jahr sich steigernde.

Diese Erscheinung steht mit der Entwicklung des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens und mit der zunehmenden Berufsbildung unserer Landwirte in einem bestimmten Zusammenhang.

Für die Landwirte weniger in die Augen springend ist die Forscherarbeit der Versuchsanstalten. Für die Praxis können nicht ohne weiteres brauchbare Resultate .geliefert werden. Was in den Laboratorien, in den Vegetationsversuchen u. dgl. wissenschaftlich erprobt und festgelegt worden ist, muß durch größere Versuche in der Praxis (Felddüngungsversuehe, Fütterungsversuche etc.) unter verschiedensten Verhältnissen erhärtet werden.

Die Wissenschaft muß mit der Praxis, die Anstalten mit der Bevölkerung in lebendige Beziehung gebracht werden, erst dann ·werden sich die für die Landwirtschaft erhofften Früchte einstellen.

Wir begrüßen deshalb die von der Konferenz von Landwirtschaftslehrern und praktischen Landwirten bei Anlaß eines Kurses an der schweizerischen landwirtschaftlichen Versuchsstation auf dem Liebefeld gernachte Anregung, es möchten zum Zwecke der nötigen Aufklärung über das Düngerbedürfnis des Bodens nach einem einheitlichen Plane festgesetzte Felddüngungsversuche vorgenommen werden, und es möchte sich zur Durchführung dieser Aufgabe die Versuchsanstalt mit landwirtschaftlichen Schulanstalten, Genossenschaften und Vereinen in Verbindung setzen.

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II. Förderung der Tierzucht.

A. Hebung der Pferdezucht, Pferdeankäufe.

Der Bund ist an der Förderung der Pferdezucht nach zwei Richtungen beteiligt: Einmal durch die Beschaffung von Zuchthengsten, die Prämiierung von Stutfohlen und Zuchtstuten und die Prämiierung von Fohlenweiden, anderseits durch den Ankaut von Zuchtprodukten für die verschiedenen Zweige der Militärverwaltung. Auch im Berichtsjahre wird von den pferdezüchterischen Kreisen Klage geführt, daß die inländische Produktion bei den Pferdeeinkäufen durch den Bund zu wenig Berücksichtigung finde. Diese Klagen fallen um so schwerer ins Gewicht, als bekanntlich der Ankauf von dreijährigen Fohlen für die Anstalt-in Avenches in den letzten Jahren sistiert wurde.

Angekauft wurden im ganzen 129 Pferde, wovon 13 für die Kavallerie (inklusive selbstgestellte Pferde), 7 für die Regie und 109 für das Depot der Artilleriebundespferde. Geradezu verschwindend ist der Ankauf von Reitpferden. Diese Erscheinung 'steht nicht im Einklang mit den jahrzehntelangen Bestrebungen, ein Kavalleriepferd heranzuzüchten. Wir wollen dahingestellt sein lassen, ob der Maßstab durch die Ankaufskommission zu rigoros angelegt wurde, oder ob die Qualität der Produkte den militärischen Anforderungen nicht entsprach. Des Eindruckes kann sich die Kommission nicht erwehren, daß die Resultate unserer Pferdezucht den aufgewendeten großen Opfern nicht entsprechen.

Pferdezuchtkommission.

Im Jahre 1901 wurde in Folgegebung einer vom Nationalrat erheblich erklärten Motion eine Fachkommission eingesetzt, um als begutachtendes Organ an der Leitung der schweizerischen Pferdezucht mitzuwirken. Die Kommission hat die Aufgabe, die Pferdezucht volkstümlicher zu gestalten, eine glückliche Verbindung zwischen Bund und Pferdezüchtern herzustellen und Ziel und System in die Leitung der Pferdezucht zu bringen. Die gestellten Forderungen sind leider bis dahin nicht in erwünschtem Maße erreicht worden. Von den Pferdezüchtern wird geltend gemacht, daß die erhoffte Klarheit in der Bestimmung der Zuchtrichtung nicht eingetreten sei, daß die Kommission den Wünschen der

689 beteiligten Kreise zu wenig Verständnis entgegenbringe und daß die hauptsächlichsten Zuchtgebiete in der Kornmission ungenügend oder gar nicht vertreten seien. Wir sind nicht im Falle, die verschiedenen Klagen auf ihre Begründetheit zu untersuchen, dagegen glauben wir, es sollte dem letztern Wunsche durch Erweiterung der Kommission um zwei Mitglieder Rechnung getragen werden.

Für eine zielbewußte Leitung der Pferdezucht ist erforderlich, daß die beiden in Frage stehenden Departemente -- Landwirtschaft und Militär -- auf gemeinsame Ziele hinarbeiten. Das Landwirtschaftsdepartement befaßt sich mit der Förderung der Zucht, das Militärdepartement mit dem Ankauf der Zuchtprodukte.

Dadurch bestimmt das letztere die Zuchtrichtung.

In der Pferdezuchtkommission müssen die verschiedenen Richtungen -- Militär, Landwirtschaft, Verwaltung -- ihre Vertretung finden. Die leitenden Gesichtspunkte der Pferdezuchtkommission müssen im Ankaufe der Zuchtprodukte durch das Militärdepartement praktisch dokumentiert werden. Solange ein harmonisches Zusammenwirken der beiden Departemente nicht zur Tatsache wird, werden unsere Pferdezüchter die notwendige "Wegleitung in der Pferdezucht vermissen.

Ankauf dreijähriger|Fohlen.

Mit Befriedigung nehmen wir Kenntnis von dem in der Pferdezuchtkommission gestellten Antrag, es möchten alljährlich für den Fohlenhof in Avenches eine größere Zahl dreijährige Fohlen, die später als Kavallerie-, Regie- oder Artilleriebundespferde Verwendung finden sollen, angekauft werden. Durch die Sistierung dieser Ankäufe, wie dies in den letzten drei Jahren praktiziert wurde, wird die Halbblutzucht beeinträchtigt. Die Pferdezüchter haben ein Interesse, ihre Produkte frühzeitig abzusetzen, dem Bunde seinerseits ist gedient, wenn die für den Militärdienst qualifizierten Fohlen sorgfältig aufgezogen und nicht durch übermäßigen Gebrauch verdorben werden. Der Ankauf von dreijährigen Fohlen liegt demnach im Interesse von Militär und Landwirtschaft. Die Kosten der Nachzucht werden am zweckmäßigsten vom Militärdepartement übernommen.

Der alljährliche Ankauf von zirka 80 dreijährigen armeetüchtigen Pferden bedingt eine Entlastung der Anstalt Avenches in anderer. Richtung.

690 Dies kann erfolgen a. durch Abgabe einer Anzahl Hengste an Genossenschaften und Private; b. durch etwelche E i n s c h r ä n k u n g des E i n k a u f s von Yajährigen Hengstfohlen.

Die Abgabe von Hengsten wird nach Maßgabe der Bundesgesetegebung erfolgen. Damit in Zusammenhang steht die Erh ö h u n g des S p r u n g g e l d e s . Die qualitative Förderung der Pferdezucht bedingt, daß geringwertiges Stutenmaterial soviel wie möglich von der Zucht ferngehalten wird. Die Herabsetzung des Sprunggeldes bewirkte eher das Gegenteil.

Stutenprämiierung.

Der Widerstand gegen die Stutenprämiierung scheint nach und nach gebrochen zu werden ; die Pferdezuchtkommission hat sich in ihrer letzten Sitzung mit Mehrheit für dieselbe ausgesprochen. Wir wünschen, daß dem Beschluß bald die Tat folge.

Die Stutenprämiierung wird zu einem eidgenössischen Stutbuch führen und die Ausscheidung nach dem Zuchtziel -- Reitschlag, Zugschlag -- ermöglichen. Die Stutenprämiierung ist für die Durchzüchtung eines bestimmten Typus notwendig.

Bundesmonopol der Hengstenhaltung oder Zulassung der Privatinitiative.

Diese grundsätzliche Frage ist namentlich in der letzten Budgetberatung aufgerollt, aber nicht mit Bestimmtheit beantwortet worden. Die Gesetzgebung hat für die Privatinitiative in der Aufzucht und Haltung von Hengsten Raum geschaffen und bezügliche Bestimmungen aufgestellt, allein der Bund hat die Mittel an der Hand, trotz der bestehenden Gesetzgebung die Privathengsthalterei, die eine genossenschaftliche oder eine private sein kann, lahmzulegen.

In den letzten Jahren ist die Tendenz des Bundes, auf die Beseitigung der Privathengsthalterei hinzuarbeiten, offen zu Tage getreten. Diese Bestrebungen werden in den Hauptgebieten unserer Pferdezucht nicht gebilligt, und die Stimmen mehren sich, die den Monopolisierungsgelüsten der Bundesorgane entgegentreten.

Die Kommission kann sich mit der beabsichtigten Ausschaltung der privaten Hengstenaufzucht und Hengstenhaltung

691 nur dann einverstanden erklären, wenn mit der Existenz derselben eine Schädigung der Pferdezucht, beziehungsweise der züchterischen Bestrebungen des Bundes verbunden wäre.

O Dieser Nachweis kann nun glücklicherweise nicht geleistet werden. Im Gegenteil muß konstatiert werden, daß heute nur noch in den Bezirken eine gesunde Grundlage für eine gedeihliche Pferdezucht vorhanden ist, wo die Privathengsthalterei aufrecht erhalten wurde. Die Privathengstenhalter sind die wahren Pioniere für die Förderung der Pferdezucht und können in dieser Richtung niemals durch Bundespferdewärter ersetzt werden.

Für die nächste Zukunft muß unsere Losung sein : Das eine tun und das andere nicht lassen. Ein harmonisches Zusammenwirken von Bund und Privatinitiative (Genossenschaften, Private) wird belebend und fördernd auf die pferdezüchterischen Bestrebungen einwirken. Stelle man nur einen bescheidenen Teil der fraglichen Mittel den Pferdezuchtgenossenschaften und den Einzelzilchtern zur Verfügung, so wird es vorwärts gehen. Mit dei» Machtmittel der Subvention bestimmt der Bund die Richtung.

B. Bindviehzucht.

Die pro 1902 zuerkannten eidgenössischen Z u c h t s t i e r p r ä m i e n betrugen für 3548 Stiere Fr. 261,729. Die durchschnittliche Beiprämie des Bundes betrug daher rund Fr. 73, Hiervon sind im Jahre 1903 3329 Prämien (93,8 %) mit Fr. 247,308. 50 (94,B %) zur Auszahlung gelangt. Ein erheblicher Teil des Betrages fließt somit wieder an den Bund zurück..

Der Beitrag von Fr. 5000 für S c h l a c h t v i e h m ä r k t e ist im Bericht nicht erwähnt. Die Förderung der Schlachtviehproduktion liegt nicht bloß im landwirtschaftlichen, sondern im allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse. Die einseitige Milchwirtschaft hat ihre Schattenseiten. Mit dem zunehmenden Fleischkonsum gewinnt die Schlachtviehproduktion an Bedeutung. Mit der Viehzucht und der Milchwirtschaft' muß auch die Fleischproduktion gefördert werden. Ein geeignetes Mittel hierzu sind die Schlachtviehmärkte mit Ausstellungscharakter. Dieselben haben den Zweck,, das Interesse der Viehbesitzer für die Schlachtviehproduktion wachzurufen, dieselben mit den Grundlagen eines rationellen Betriebes dieses Produktionszweiges vertraut zu machen und das Mastgeschäft im Lande zu beleben. Die gemachten Erfahrungen sind ermutigend und rechtfertigen die von den Bundesbehörden bewilligten kleinen Opfer in vollem Maße. Dagegen halten wir eine Verzettlung.

692 dieser kleinen Subvention, wie dies von dem Departemente in einem Kreissohreiben, entgegen den Intentionen der Bundesversammlung, in Aussicht genommen wird, dem Zwecke nicht entsprechend und in ihrem Resultate wirkungslos.

IV. Vieh Seuchenpolizei.

Der Stand der Viehseuchen ist im Berichtsjahr ein günstiger.

Erfreulich ist der Rückgang der gefürchteten Blaul- und Klauenseuche. An Groß- und Kleinvieh waren im ganzen nur 665 Tiere verseucht, gegenüber 15,552 Stück im Vorjahre und 106,884 Stück im Jahre 1898. Der Schaden, den die Maul- und Klauenseuche ·der schweizerischen Landwirtschaft seit Jahren zufügt, ist enorm, ·und es ist zu begrüßen, wenn es der Viehseuchenpolizei gelungen ist, diesen Feind der Landwirtschaft im letzten Jahre von unserm Lande fernzuhalten.

Die Kommission spricht den Wunsch aus, es möchten die Revisionsarbeiten für die Viehseuchenpolizeigesetzgebung vom Departemente möglichst gefördert werden. Abgesehen von der Notwendigkeit der Revision einzelner Bestimmungen zur Ermöglichung einer wirksamem Handhabung der Viehseuchenpolizei ist eine neue Regelung der Entschädigungsfrage bei Viehseuchenfällen zwischen Bund und Kantonen dringend geboten. Der Bund erläßt die Vorschriften für die Durchführung der Viehseuchenpolizei, er ordnet an, welche Maßnahmen die Kantone zur Bekämpfung ·der verschiedenen Seuchen zu treffen haben. Die Kantone haben für die Kosten der sanifcarischen Maßnahmen aufzukommen, sie beteiligen sieh durch Beiträge am Viehverluste in Seuchenfällen.

Der Bund nimmt Beiträge an die Kantone nur in Aussieht für Viehverluste durch Seuchen, die in der Schweiz nicht vorkommen (Rinderpest, Lungenseuche). Im weiteren liegt es im Interesse ·eines geordneten Ganges der Viebversicherung, wenn die Seuehenentschädigungsfrage zwischen Bund und Kantonen und damit auch zwischen Kantonen und Viehbesitzern geordnet wird.

Bei einer Ausgabe von Fr. 152,351. 89 erzielte die Viehseuchenpolizei im Jahre 1903 eine Einnahme von Fr. 294,839. 35.

Es konnte demnach eine Summe von Fr. 142,487. 46 dem eidgenössischen V i e h s e u c h e n f o n d s einverleibt werden, der auf Jahresschluß auf eine Höhe von Fr. 1,629,146. 86 angewachsen ist. Mit den Zinsen dieses Fonds und einem Teil der jährlichen Mehreinnahmen aus der Viehseuchenpolizei kann den Kantonen und damit auch den durch Seuchen geschädigten Viehbesitzeru "wirksam unter die Arme gegriffen werden.

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Y. Massnahmen gegen Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion bedrohen.

B, Hagelversicherung, Die Hagelversicherung findet zunehmende Würdigung. Die Zahl der Policen beträgt im Berichtsjahr 47,015 und ist gegenüber dem Vorjahre um rund 3500 gestiegen. In gleichem Maße hat sich auch die Versicherungssumme von Fr. 38,128,920 (pro 1902) auf Fr. 43,782,610 (pro 1903) erhöht. Der Bundesbeitrag belief sich auf die Summe von Fr. 156,694. 35.

0, Viehversicherung Die Viehversicherung macht erfreuliche Fortschritte. Im Berichtsjahre hatten 11 Kantone die Viehversicherung, sei es im ganzen Kantonsgebiet oder in einzelnen Teilen desselben, eingeführt. Der Bundesbeitrag beziffert sieh auf die ansehnliche Summe von Fr. 329,731. 66. Im laufenden Jahre hat; die Viehversicherung in weitem Kantonen Eingang gefunden.

VI. Schweizerische landwirtschaftliche Ausstellung in Frauenfeld.

Die VII. schweizerische landwirtschaftliche Ausstellung hat mit einem vollen Erfolg abgeschlossen.. Die schweizerische. Landwirtschaft darf mit berechtigtem Stolze auf dieselbe zurückblicken.

Die Beschickung der Ausstellung war sowohl quantitativ als qualitativ qine hervorragende, die Durchführung der Ausstellung eine mustergültige. Wir schulden, den Mitwirkenden an diesem großen und schönen nationalen Werk unsere Anerkennung und unsern Dank.

Bundesblatt. 56. Jahrg. Bd. III.

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Post- und Eisenbahndepartement.

I. Eisenbahnwesen.

A. Allgemeines.

2. Gesetze, Verordnungen und Postulate.

Die Kommission empfiehlt die baldmögliche Erledigung des Postulates betreffend die Reorganisation des Eisenbahndepartements.

B. Rechtliche Verhältnisse.

1. Rechtliche Grundlagen der Eisenbahnnnteruehniungeu.

· Das Konzessionsgesuch Pruntrut-Laufen ist mit Rücksicht auf die bekannte Pendenz der Frage, ob die Konzessionsfreiheit fortbestehe, zurückgelegt worden. Ohne diese Frage zurzeit materiell beantworten zu wollen, halten wir es für wünschbar, daß der letztes Jahr in Aussicht gestellte Spezialbericht bald erscheinen möge. · · .

: Wir wünschen, daß in Zukunft dem Berichte ein Verzeichnis der bestehenden noch nicht ausgeführten Konzessionen beigegeben werde.

C. Technische Kontrolle.

1. Bahnanlagen und feste Einrichtungen.

a. Bahnbau.

Die Eröffnung der Albulabahn gab den Behörden und dem Volke von Graubünden die Gelegenheit, durch die Bundesver-

695 Sammlung das herrliche Werk, an dessen Gelingen Natur und Kunst wetteifern, bewundern zu lassen ; die freundeidgenössische Gesinnung des ganzen Landes kam dabei zu erhabenem Ausdrucke. Die Subvention des Bundes an dieses Werk ist wohl verwendet.

Bahnhöfe und Stationen.

Der Bericht konstatiert an mehreren Stellen (betreffend Bahnhof Zürich, linksufrige Zürichseebahn, Bahnhof Bern, Bahnhof Biel), daß die Verwaltung der Bundesbahnen dem Eisenbahndepartement und dem Bundesrat auf Fragen und Verfügungen gar nicht oder erst nach einem Ultimatum antwortete. Diese Erscheinung ist zu bedauern und weist darauf hin, daß das Verhältnis der beiden Instanzen KU einander noch nicht die richtige Lösung gefunden hat.

Ausbau auf zweite Spur.

Die Kommission ist damit nicht einverstanden, daß die Ausführung der zweiten Spur Aarburg-Fluhmühle von einer Zustimmung des Verwaltungsrates abhängig gemacht wird.

Einführung des elektrischen Betriebs.

Wir nehmen mit Befriedigung Notiz davon, daß die Studien für elektrischen Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen gefördert werden und hoffen, dieselben führen zu einem günstigen Resultate.

Der eingeschlagene Weg scheint uns sehr glücklich gewählt.

Inspektionen und Kontrolle der Bahnen.

Wir vermissen im Berichte eine Mitteilung darüber, ob die Beanstandungen der Kontrolle bei den betreffenden Speziai- und Straßenbahnen auch die wirkliche Abhülfe. zur Folge hatten.

Zustand der Bahnen.

Unterbau.

Wir ersuchen den Bundesrat, mit der größten Strenge darauf zu dringen, daß die von ihm signalisierten erheblichen Rückstände in der Verstärkung von Brücken ohne Verzug gehoben werden.

2. Rollmaterial Die Kommission ist mit dem Bundesrat einverstanden, daß er die Normen im Sinne der Vermehrung des Rollmaterials revidiere.

Den Prozentsatz von 37,5 der Personenwagen, in welchen noch die Petrolbeleuchtung besteht, finden wir im Gegensatze zum Berichte sehr hoch und ersuchen den Bundesrat, um raschere Beseitigung dieses Zustandes besorgt zu sein.

Die Zahl der Störungen im Betriebe der beiden Motorwagen ist überraschend und so hoch., daß wir vermuten, die Ursache Derselben könne nicht im System liegen.

Wir bedauern die Erscheinung, da wir von der Einführung von Motorwagen eine Erleichterung des kleinen Lokalverkehrs erhoffen. Wir muntern auch auf, die Versuche, eventuell mit anderen Systemen fortzusetzen.

3. Bahnbetrieb, a. Fahrplanwesen.

Die Kommission unterstützt die Bestrebungen des Bundesrates, die Anschlüsse sowohl im internationalen als im internen Verkehre beständig zu verbessern. Eine bessere Trennung des Schnellzugs vom Lokalverkehr scheint uns angezeigt.

Über die Angelegenheit des Plakatfahrplanes sprechen wir uns nicht aus, da der Bundesrat einen Spezialbericht in Aussicht gestellt hat.

c. Vollziehung des Arbeitsgesetzes.

Nachdem der Bundesrat das Gesetz auf den 1. Oktober 1903 einmal in Kraft gesetzt hatte, war auch dafür zu sorgen, daß es ausgeführt werde. Wir haben kein Verständnis dafür, daß ein Gesetz nur nach Konvenienz der Belasteten in Vollziehung komme.

Am meisten zu bedauern ist es, daß die Verwaltung der Bundesbahnen das schlechte Beispiel gegeben und dabei zu Interpretationsversuchen Zuflucht genommen hat, welche der Bericht mild als befremdend bezeichnet.

d, Fahrleistungen und Zugsverspätungen.

Der Bericht spricht mit Recht von einer wahren Kalamität, die in der Sommersaison 1903 im Zugsverkehr bestanden hat.

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Außer den vom Berichte erwähnten Ursachen der Verspätungen nennen wir noch u. a. die verspäteten Anschlüsse von Zügen Von Nebenbahnen, den Mangel an Wagen und den Unfug, daß viele Reisende ganze Berge von Gepäck in die Personenwagen schleppen, dadurch den Platz versperren und Mitreisende wie Personal belästigen.

Wir erwarten zuversichtlich, die Kalamität von 1903 kehre nicht wieder.

e. Unfälle.

Die beklagenswerte Katastrophe von Palézieux legt deutlich die Mahnung nahe, die strengsten Forderungen an das Personal aller Kategorien zu stellen. Über die Schuldfrage sprechen wir uns nicht aus.

D. Administrative Kontrolle.

1. Tarif- und Transportwesen.

a. Tarifwesen.

Die Kommission schließt sich dem Ausdrucke der Befriedigung über den internen Personen- und Gepäcktarif der S. B. B. an.

Wir regen die Prüfung der Frage an, ob nicht die kurz fristigen Generalbonnement (15 und 30 Tage) aufgehoben dagegen. Generalabonnemente für Teilgebiete eingeführt werden Sollten.

2. Rechnungswesen und Statistik, a. Vollziehung des Rechnungsgesetzes.

Da der Bericht die Buchung der Toggenburgerbahn durch die Bundesbahnen als gesetzwidrig erklärt, hätte er Sie wohl auch als provisorisch nicht zulassen sollen.

II. Postverwaltung.

L Allgemeines Die Einnahmen del- Postverwaltung betrugen im Jahr 1903 Fr. 40,767,700. 65 und die Ausgaben Fr. 37,211,422. 62.

698 Der Reinertrag stellt sich somit auf Fr. 3,556,278. 03 gegenüber von Fr. 3,666,289. 11 im Jahre 1902.

Der Unterschied zwischen den beiden Jahren ist unbedeutend, und das finanzielle Ergebnis des Jahres 1903 kann somit als sehr günstig bezeichnet werden.

III. Entscheide des Bundesrates.

Wir nehmen mit Vergnügen davon Notiz, daß dem neuen Gesetz über die Arbeitszeit genau nachgelebt worden ist. Wir halten um so mehr darauf, dies hier zu konstatieren, als wir früher schon in der Lage gewesen sind, einige Bemerkungen zu machen über die Art und Weise, wie diese"s Gesetz bei den Bundesbahnen durchgeführt wird.

Von speziellem Interesse ist die Auslegung durch den Bundesrat des Artikels 4 des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1889 betreffend den Bau und den Betrieb der Nebenbahnen. Es handelt sich hier um eine sehr heikle forage. Die Kommission als solche enthält sich jeder Meinungsäußerung über diesen vielumstrittenen Punkt.

IV. Verträge.

Wir heben die am 6. November 1903 zwischen der Postverwaltung und der Generaldirektion der Bundesbahnen abgeschlossene Übereinkunft hervor. Wir zweifeln daran, daß der Abschluß von Verträgen zwischen verschiedenen Abteilungen der Bundesverwaltung vom juristischen und verfassungsrechtlichen Standpunkt aus betrachtet, absolut korrekt sei. Der Verkehr zwischen den verschiedenen Abteilungen sollte eher durch Beschlüsse des Bundesrates festgesetzt werden. Wie dem auch sei, so muß anerkannt werden, daß die erwähnte Übereinkunft einige glückliche Neuerungen zur Folge gehabt hat und die Abrechnungen zwischen den beiden Verwaltungen vereinfacht. Wir machen speziell auf die für das Publikum sehr vorteilhafte, durch die Übereinkunft sanktionierte Einrichtung aufmerksam, wonach Expreßsendungen mit allen Personenzügen befördert werden können, auch wenn dieselben vom Postpersonal nicht begleitet werden.

V. Personal uud Besoldungen.

Wir glauben, die Aufmerksamkeit des Bundesrates auf die mißliche Lage des provisorischen Personals, speziell der Gehülfen und Aushelfer, lenken zu sollen.

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Es kommt häufig vor, daß noch junge Leute als Aushelfer angestellt werden. Dieselben müssen beständig zur Verfügung der Verwaltung stehen, werden aber nur für die effektiv geleistete Arbeit bezahlt. Infolgedessen können sich diese Aushelfer keiner andern ständigen Beschäftigung widmen. Ihr Verdienst ist sehr klein und nur die Hoffnung, einmal definitiv angestellt zu werden, kann ihre Lage erträglich gestalten.

Wir sind der Meinung, daß eine große staatliche Verwaltung so wenig als möglich von einem solchen Auskunftsmittel Gebrauch machen und daß der Bundesrat Mittel und Wege suchen sollte, die Lage der Gehülfen und Aushelfer zu verbessern.

III. Telegraphen- und Telephonverwaltung.

Die Telegraphenverwaltung weist einen Passivsaldo von Fr. 1,180,392. 61 auf. Derselbe beträgt Fr. 161,847. 98 weniger als derjenige des Jahres 1902.

Wenn auch die finanzielle Lage dieser Verwaltungsabteilung noch keine günstige genannt werden darf, so ist sie doch in ein befriedigendes Stadium eingetreten. Die Einnahmen sind im steten Zunehmen begriffen.

"Wir sind mit dem Bundesraie damit einverstanden, daß man noch nicht daran denken könne, die Abonnementstaxen für das Telephon zu erhöhen. Eine solche Erhöhung würde die Entwicklung des Telephonwesens beeinträchtigen und im Publikum einer sehr großen Opposition rufen.

Bevor man zu einer solchen Maßregel schreitet, dürfte es sich jedenfalls empfehlen, genau zu untersuchen, ob die Telegraphen- und Telephonverwaltung die Ausgaben nicht einschränken könnte, welche durch die von der Verwaltung befolgte Praxis verursacht werden, bei der Ausführung von Bauten und. Installationen dem sehr kostspieligen Regiebetrieb jeweilen den Vorzug zu geben.

, '

700

Bundesgericht Das Bundesgericht macht in seinem Bericht für das Jahr 1903 wiederholt über die stets zunehmende Geschäftslast der einzelnen Mitglieder des Gerichtshofes aufmerksam und bezeichnet eine Abhülfe als dringend. Das Gericht sagt auf Seite 4 seines Berichts : ,,Die Verhältnisse sind zurzeit derart, daß die Richter ohne Gefährdung ihrer Gesundheit kaum mehr im stände sind, sämliche ihnen vorgelegte Fragen mit der nötigen Ruhe und Gründlichkeit zu studieren, geschweige denn, daß sie noch die Zeit fänden für das Studium rechtswissenschaftlicher Werke, sowie der Entscheide anderer Gerichte.a Ein Blick in die Tabellen über die Geschäfte, welche dem Bundesgericht zukommen, bestätigt vollauf die Richtigkeit dieser Beschwerden.

Das Bundesgericht deutet an, daß etwelche Verbesserung geschaffen werden könnte durch Einschränkung seiner Kompetenzen regt aber insbesondere eine Vermehrung der MitgliederZahl an.

Diese Vermehrung Wäre so gedacht, daß die angehörenden Vorsitzenden und vier weitern Mitgliedern (Statt zwei) bestellt würde.

Ein Gutachten von Herrn alt Bundesrichter Dr. L. Weber spricht sich ebenfalls in diesem letztern Sinn aüS.

Die Kommission liait dafür, daß eine Einschränkung der Kompetenzen des Bundesgerichts nicht wohl tunlich ist, daß dagegen die Vermehrung der Mitgliederzahl ohne Verzug ins Auge gefaßt werden sollte. Sie stellt daher das nachfolgende Postulat, (siehe Postulat 3 am Schlüsse).

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Nationalrates über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts im Jahre 1903. (Vom 13. Mai 1904.)

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1904

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22

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01.06.1904

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