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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Goldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (Vom 9. Oktober 1959)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Am 2. Oktober 1958 reichte Herr Nationalrat Duttweiler folgendes Postulat ein :

«Der Goldvorrat des Bundes und der Nationalbank ist in den letzten fünf Jahren von 6,4 auf 8,4 Milliarden Franken gestiegen. Hinzu kommen deckungsfähige Devisen von 500 Millionen Franken. Anstatt der gesetzlich vorgeschriebenen 40 Prozent Deckung des Notenumlaufes, was Ende August 1958 einem Goldvorrat von 2,2 Milliarden Franken entsprechen würde, ist der Notenumlauf heute zu 160 Prozent gedeckt. Diese Überdeckung von 6,7 Milliarden Franken ergibt - zu 3% Prozent gerechnet - einen jährlichen Zinsausfall von rund 230 Millionen Franken. Hinzu kommt der Kaufkraftschwund des Goldes von rund . 100 Millionen Franken im Jahr.

Der Bundesrat wird eingeladen, den eidgenössischen Bäten einen eingehenden Bericht über die Goldpolitik der Nationalbank beziehungsweise des Bundesrates zu erstatten, unter Stellungnahme zu folgenden Fragen : Soll der Gesamtgoldbestand gegebenenfalls weiter anwachsen ? Wie kann der laufende Verlust von über 300 Millionen Franken jährlich durch Zinsausfall und Kaufkraftschwund vermieden werden? Ist der Bundesrat bereit, einen Teil- des Goldvorrates für konstruktive Aufgaben einzusetzen, beispielsweise - durch Gewährung zinsloser oder sehr niedrig verzinslicher erster Hypotheken für den sozialen Wohnungsbau, - durch einen niedrig verzinslichen Fonds für eine Zentralbank für die Landwirtschaft, das Gewerbe und den Kleinhandel, - für eine beschleunigte Durchführung des Strassenbauprogrammes ?»

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Im Anschluss an die Begründung des Postulates am G.März 1959 nahm der Vorsteher des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes zur Goldpolitik des Bundes Stellung und legte dar, dass der Bund heute kein Gold mehr besitzt und deshalb auch keine Goldpolitik betreiben kann.

Das Postulat wurde hierauf in dem Sinne entgegengenommen, dass der Bundesrat noch einen schriftlichen Bericht über die Goldpolitik der Nationalbank erstatten werde.

Wir beehren uns, Ihnen diesen Bericht im folgenden vorzulegen.

I.

Der Goldbestand der Schweizerischen Nationalbank belief sich Ende August 1959 auf 8307 Millionen Franken. Die Notenmission betrug im gleichen Zeitpunkt 5 797 Millionen Franken. Somit waren die ausgegebenen Noten zu 143 Prozent in Gold gedeckt. Es trifft infolgedessen zu, dass die im Nationalbankgesetz vorgeschriebene Mindestdeckung der Noten von 40 Prozent in Gold erheblich überschritten wird.

Die dem Postulat des Herrn Nationalrat Duttweiler zugrunde liegende Ansicht, dass es richtig wäre, einen Teil des Goldbestandes wirtschaftlich auszunützen und für die Durchführung «konstruktiver Aufgaben» heranzuziehen, ist jedoch aus verschiedenen- Gründen als abwegig zu bezeichnen.

Vorab muss festgehalten werden, dass der gesetzlich vorgeschriebene Deckungssatz von 40 Prozent nach dem Willen des Gesetzgebers als absolutes Minimum und nicht etwa als eine auf längere Sicht anzustrebende, angemessene Kelation zwischen der Notenausgabe und dem Goldvorrat zu betrachten ist.

Das Postulat geht sodann anscheinend von der Auffassung aus, dass jener Teil des Goldbestandes der Nationalbank, der diese Mindestdeckung von 40 Prozent übersteigt, als eine Art «Reinvermögen» der Nationalbank gelten könne, das keine wirtschaftliche Verbindung finde und gewissermassen totes Kapital darstelle. Auch diese Betrachtungsweise ist unzulässig. Ein Blick in die Bilanz der Notenbank sollte genügen, um zu erkennen, dass das ausgewiesene Gold in den Billanzaktiven nichts anderes darstellt als den Gegenwert von Verpflichtungen des Noteninstitutes gegenüber Dritten. Unter diesen Verpflichtungen stehen dem Betrag nach die ausgegebenen Banknoten an erster Stelle ; daneben gibt es aber hohe täglich fällige Verbindlichkeiten, welche die Giroguthaben von Banken, Versicherungsgesellschaften, Handels-, Industrie- und Gewerbefirmen, des Bundes und ausländischer Notenbanken umfassen. Diese Giroguthaben beliefen sich Ende August auf 2 828 Millionen Franken. Da diese Sichtforderungen gegenüber der Nationalbank ihrem Rechtscharakter nach jederzeit und theoretisch in vollem Umfang in Noten oder in fremde Währungen umgewandelt werden können, müssen sie bei der Beurteilung der Golddeckung notwendigerweise mitberücksichtigt werden. Diese Giroguthaben sind bis auf einen kleinen Betrag aus der Überweisung von Geldbeträgen aus dem Ausland ent-

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standen; die Überweisungen dienten entweder der Bezahlung schweizerischer Überschüsse im laufenden wirtschaftlichen Verkehr zwischen der Schweiz und dem Ausland, oder sie rührten von der Übertragung von Kapitalien vom Ausland nach der Schweiz her, sei es als Folge der Heimschaffung schweizerischer Anlagen, sei es als Folge des Zuflusses von ausländischen Kapitalien. Die Giroguthaben bei der Nationalbank bilden somit in hohem Masse eine Liquiditätsreserve der gesamten Wirtschaft, die ihren Gegenwert im Gold der Notenbank hat.

Sinn und Zweck der sogenannten «Überdeckung» der Notenausgabe, das heisst des Betrages an Gold, der über die Mindestdeckung von 40 Prozent hinausgeht, liegt aber nicht allein darin, dass dieser überschiessende Goldbetrag bilanzmässig gesehen zusammen mit der gesetzlichen Minimaldeckung den Gegenposten und ein in seiner Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzendes Element der Sicherstellung für die gesamte notenbankmässige Geldmenge des Landes bildet, das heisst für die ausgegebenen Noten und buchmässigen Sichtverpflichtungen der Nationalbank. Wichtig ist ausserdem die wirtschaftliche Aufgabe und Funktion, die den Währungsreserven in Form von Gold und Devisen zukommt. Ein starker Gold vorrai ist für ein Land, das wie die Schweiz wirtschaftlich in hohem Masse vom Ausland abhängt, eine unerlässliche Voraussetzung für die jederzeitige Gewährleistung der internationalen Zahlungsbereitschaft. Gold hat daher, im Gegensatz zu den Ausführungen von Herrn Nationalrat Duttweiler, einen durchaus realen wirtschaftlichen Wert, weil es von allen Ländern als internationales Zahlungsmittel anerkannt wird und gerade in den letzten Jahren in zunehmendem Masse begehrt wurde. Gut dotierte Währungsreserven sind von grosser Bedeutung für eine uneingeschränkte und störungsfreie Befriedigung unseres Importbedarfs. Das gilt namentlich für ausserordentliche Zeiten. Die Erfahrungen der Kriegs- und Nachkriegszeiten mit Einschluss der Korea- und Suezkrise haben gezeigt, wie wichtig es für ein Land ist, zu seiner Versorgung mit Lebensmitteln und Eohstoffen ausreichende Gold- und Devisenvorräte zu besitzen. Zahlreich sind die Länder, die in diesen Zeiten zu drastischen Einfuhrbeschränkungen schreiten mussten, weil es ihnen am nötigen Gold- und Devisenschatz fehlte. Demgegenüber war die Schweiz dank reichlicher
Goldreserven auch in Perioden des Krieges stets in der Lage, den Bedarf an Gütern aller Art ohne jegliche Einschränkung, soweit sie sich beschaffen Hessen, sicherzustellen. Die durch starke Währungsreserven gewährleistete Zahlungsbereitschaft setzte und setzt auch weiterhin doen Import instand, im Ausland Waren dort einzukaufen, wo sie am billigsten sind. Der Importeur unterliegt hinsichtlich der Wahl der Bezugsländer keinerlei devisenmässigen Vorschriften.

Darüber hinaus ist aber noch ein anderer Faktor zu berücksichtigen. Es ist bekannt, dass das Ausland in der Schweiz über, bedeutende Beträge an kurzfristigen Guthaben und an Anlagen verfügt. Diese Mittel können je nach Gestaltung der internationalen Zinsätze und vor allem im Falle einer kritischen Entwicklung der weltpolitischen Lage jederzeit zurückgezogen werden. Sollten diese Verpflichtungen gegenüber dem Ausland erfüllt werden, so bedarf es hiezu

735 einer starken Währungsreserve. Der hohe Bestand an Gold und Devisen der Nationalbank bietet auch auf diesem Gebiete Gewähr für die jederzeitige Zahlungsbereitschaft des Landes. Hierin liegt ein wesentliches Element des internationalen Vertrauens in den Schweizerfranken.

II.

Am Anfang der Begründung des Postulates wird gesagt, dass im Gegensatz zur früheren konservativen Auffassung heute eine Golddeckung absolut entbehrlich sei, was die übereinstimmende Meinung der Währungswissenschafter wiedergebe. Es genüge die Regulierung des Notenumlaufes, um die Wertbeständigkeit der Währung zu gewährleisten. Es dürfte jedoch schwer halten, für diese These namhafte Vertreter der nationalökonomischen Wissenschaft anzuführen. Entspräche das gegen die Golddeckung vorgebrachte Argument den Tatsachen, so wäre kaum zu verstehen, dass seit den Währungsstörungen der Nachkriegszeit ohne Ausnahme in allen Ländern der Schaffung kräftiger Goldreserven die grösste Bedeutung zur Stabilhaltung der Valuten beigemessen wird.

Es ist in den letzten Jahren zur Genüge bewiesen worden, dass dort, wo ungenügende Währungsreserven vorhanden oder diese einem ständigen Rückgang ausgesetzt waren, schwere Erschütterungen der Wirtschaftslage und eine fortschreitende Verschlechterung der Währung eintraten. Weit davon entfernt, dass solche Erschütterungen etwa durch Manipulierung des Notenumlaufes hätten behoben werden können, waren zur Wiederherstellung gesunder Währungs- und Wirtschaftsverhältnisse, grosszügige internationale Hilfs- und Stützungsmassnahmen durch Bereitstellung von Golddevisen, vor allem von Dollars - also praktisch von Gold - notwendig.

Im Postulat wird gesagt, dass aus der sogenannten «Überdeckung» ein Jahreszinsausfall von rund 230 Millionen Franken entstehe. Dazu kommt der Kaufkraftschwund des Goldes von 100 Millionen Franken im Jahr. Die vorstehend geschilderten Aufgaben und Funktionen des Goldes im Eahmen der Währungspolitik und des internationalen Zahlungsverkehrs mögen zur Genüge dartun, dass kommerzielle Überlegungen über den Zinsausfall fehl am Platze sind.

Die Nationalbank tätigt keine Anlagen im Sinne des privatwirtschaftlichen Gewinnstrebens. Richtschnur bei der Erfüllung der ihr durch das Gesetz vorgeschriebenen Aufgaben ist allein das Interesse der Gesamtwirtschaft, wie es sich aus dem zwingenden
Gebot der Aufrechterhaltung einer gesunden, und starken Währung ergibt. Auch der Hinweis auf einen Kaufkraftverlust auf dem Gold ist abwegig. Er entspringt offenbar der Ansicht, dass in der wirtschaftlichen Bilanz des Landes immer dann ein Kaufkraftverlust entsteht, wenn die Aktiven nicht aus Sachwerten bestehen. Um eine Kaufkrafteinbusse auf dem Gold zu verhüten, sollte nach dieser Theorie somit das Gold in Sachwerte umgewandelt werden. Zu diesem Ziel würde aber gerade der im Postulat vorgeschlagene Weg nicht führen, denn die zusätzlichen Aufgaben, die im Postulat für die Nationalbank genannt werden, würden samt und sonders zur Schaffung von

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Forderungen und nicht von Sachwerten Anlass geben, sei es aus der Gewährung von Hypothekarkrediten, sei es aus der Schaffung eines Fonds für eine Zentralbank der Landwirtschaft, des Gewerbes und des Kleinhandels, sei es schliesslich aus der Finanzierung des Strassenbauprogramms, Forderungen also, welche wie das Gold den Folgen der Kaufkrafteinbusse des Geldes unterliegen würden.

Da das Gold als Zahlungsmittel gegenüber dem Ausland verwendet wird, hängt im übrigen seine Kaufkraft nicht von der Bewegung der Konsumentenpreise im Inland ab, sondern von den Preisverhältnissen in jenen Ländern, von denen wir unsere Importgüter beziehen ; genauer gesagt, rnisst sich die Kaufkraft mit anderen Ländern. Diese Austauschrelationen, das heisst die sogenannte Terms of Trade, hat sich für unser Land seit Mitte 1957 vorteilhaft entwickelt, indem der Importpreisindex seit dem genannten Zeitpunkt von 108 auf 98 (1949 = 100) zurückgegangen ist, während der Exportpreisindex heute mit 94 den gleichen Stand einnimmt wie Mitte 1957. Die im Postulat aufgestellte Eechnung, die auf dem Index der Konsumentenpreise beruht, entbehrt ihres praktischen Wertes.

Im Zusammenhang mit den Überlegungen über einen vermeintlichen Zinsausfall auf den Währungsreserven wirft der Postulant in der Begründung seines Postulates die Frage nach den Aufbewahrungs- und Versicherungskosten sowie nach der Verfügbarkeit des im Ausland aufbewahrten Goldes im Kriegsfall auf.

Der Hinweis auf die Kosten für die Aufbewahrung des Goldes beruht gleichfalls auf privatwirtschaftlichen Überlegungen, worauf die Nationalbank nicht in erster Linie zu achten hat. Die ihr aus der Aufbewahrung des Goldes erwachsenden Ausgaben sind keine Kosten, wie sie ein Industrie- oder Handelsbetrieb als Zinsen für die in Lagern investierten Kapitalien in seine Kostenrechnung einzusetzen hat. Zudem ist zu bemerken, dass die ausländischen Notenbanken, bei welcher ein grosser Teil des Goldvorrates der Schweizerischen Nationalbank liegt, für die Aufbewahrung dieses Goldes keine Depotgebühren verrechnen, wie auch die Schweizerische Nationalbank Golddepots ihrer ausländischen Schwesterinstitute gratis aufbewahrt. Die Federai Eeserve Bank of New York lässt sich lediglich die Manipulationsspesen vergüten, die ihr beispielsweise aus der Entgegennahme, dem Transport, der Verschiffung
und der Übertragung von Gold auf andere Depots erwachsen. Bei den übrigen Notenbanken, bei welchen die Nationalbank Golddepots hält, liegen die Verhältnisse hinsichtlich der Verrechnung von Arbeitskosten ähnlich.

Herr Nationalrat Duttweiler fragt sich sodann, ob das im Ausland aufbewahrte Gold im Kriegsfall unserer Verfügungsgewalt entzogen werden könnte, da es in einem solchen Fall der Kriegsgesetzgebung des betreffenden Landes unterstellt würde. Der Postulant erwähnt in diesem Zusammenhang v die im letzten Weltkrieg von den Vereinigten Staaten von Amerika beschlossene Blokkierung schweizerischer Dollarguthaben. Die Frage ist an sich berechtigt. Im Juni 1941 wurden das Golddepot und die Dollarguthaben der Nationalbank von der Eegierung der Vereinigten Staaten blockiert. Was die Dollarguthaben anbelangt, konnte die Nationalbank darüber bereits eine Woche nach erfolgter

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Blockierung auf Grund einer General Licence für legitime schweizerische Zahlungsbedürfnisse aus dem Handelsverkehr wieder frei verfügen. Gold war für die Übertragung auf ausländischen Konti oder für Versendungen nach anderen Ländern nicht frei; doch war die Umwandlung von Gold in Dollars im Kahmen der erwähnten General Licenze zulässig, eine Möglichkeit, von der allerdings nie Gebrauch gemacht werden musste, da der Nationalbank für die wirtschaftlichen Zahlungsbedürfnisse der Schweiz laufend genügend Dollars zuflössen und von Zeit zu Zeit grössere Umwandlungen solcher Dollars in Gold vorzunehmen waren.

Es ist klar, dass grundsätzlich für den Fall eines Krieges wiederum mit der Möglichkeit von Blockierungsmassnahmen zu rechnen ist. Für diese Eventualität sind von der Nationalbank seit längerem vorsorglich Vorkehren getroffen worden, um nachteiligen Wirkungen allfälliger Blockierungsmassnahmen begegenen zu können. Was im vergangenen Krieg auf dem Gebiete des Zahlungsverkehrs geschah, braucht sich aber in einem neuen Konflikt nicht unbedingt in der gleichen Form zu wiederholen. Jedenfalls bestehen für die Nationalbank keine zwingenden Gründe, die aus nationalen Sicherheitsüberlegungen getroffene geographische Verteilung ihres Goldes zu ändern.

Was die Frage der synthetischen Produktion von Gold anbelangt, welche Herr Nationalrat Duttweiler gleichfalls aufwirft, wurden zwei prominente schweizerische Physiker aus Hochschulzentren um ihre Meinungsäusserung gebeten. Aus deren Vernehmlassungen geht hervor, dass theoretisch die synthetische Herstellung von Gold auf dem Wege der Atomumwandlung möglich sei, doch lasse sich Gold auf diese Weise nur in der Schweizerischen Nationalbank nur einen kleinen Bruchteil des bei den zentralen Noteninstituten der Welt liegenden Goldes ausmacht. Das Problem der synthetischen Goldherstellung musste daher andere Länder, die über grössere Goldreserven verfügen, in viel stärkerem Masse beschäftigen.

III.

Die im Postulat gemachten Vorschläge erwecken zunächst den Eindruck, als stehe das Gold der Nationalbank gewissermassen als freier Vermögensschatz zu ebenso freier Verfügung und als könnten Teile des Goldbestandes einfach von der Nationalbank weggenommen und für die ins Auge gefassten Zwecke ver-

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wendet werden. Eine derartige Vorstellung von der Verwendungsmöglichkeit von Gold ist irrig. Die Herausgabe von Gold der Notenbank an wirtschaftliche Institutionen mit dem Ziel, diesen letzteren Zahlungsmittel in die Hand zu geben, wäre ein völlig unrealistischer Gedanke, denn das Gold ist nicht frei verfügbar, sondern es bildet den Gegenwert bestehender Verpflichtungen der Nationalbank. Eine Ausnützung der Goldreserven der Nationalbank im Sinne des Postulats ist nur auf dem Wege der zusätzlichen Kredithingabe der Nationalbank möglich.

Es versteht sich, dass eine vermehrte Kreditgewährung durch die National bank, sei es an den Bund, sei es an die Wirtschaft, zu einer Senkung des Deckungssatzes der Banknoten in Gold führen würde. Die entscheidende Frage ist dabei aber die, ob eine solche Kreditgewährung nach den Ideen des Postulanten vom Standpunkt der Währung aus verantwortet werden kann oder nicht. Hier muss man zu einem entschiedenen Nein kommen. Die vom Postulanten vorgeschlagenen Aktionen sind Finanzierungen auf lange Frist. Das gilt gleichermassen für die Gewährung von Hypotheken wie auch für die Bereitstellung eines Fonds für eine neu zu errichtende Spezialbank und schliesslich auch für die Finanzierung des Strassenbaues. Der Einsatz von Notenbankgeld für solche Zwecke würde den fundamentalen Grundsätzen der Notenbankpolitik und des Notenbankgeschäftes zuwiderlaufen. Es ist das unumstössliche Notenbankprinzip zu unterstreichen, dass der Kredit der Notenbank den Charakter des kurzfristigen Kredites «par excellence» hat. Diese Forderung ergibt sich aus der Aufgabe der Notenbank, den Geldumlauf des Landes .nach den Bedürfnissen des Verkehrs zu regeln. Nur wenn das Notenbankgeld, das auf dem Wege der Kreditgewährung neu geschaffen "wird und in den wirtschaftlichen Kreislauf gelangt, nach relativ kurzer Zeit durch die Eückzahlung von Krediten wieder zur Notenbank zurückfliesst, besteht Gewähr dafür, dass die von der Notenbank ausgegebenen Gelder (Noten und Girogelder) den Charakter von Umlaufsmitteln behalten und den wirklichen Bedürfnissen der Wirtschaft nach Zahlungsmitteln entsprechen. Was im Postulat als Finanzierungsoperationen vorgeschlagen wird, ist etwas ganz anderes. Hier handelt es sich nicht mehr um die Schaffung von Umlaufsmitteln über die Kreditgewährung, sondern um eigentliche
Betriebs- und Investitionskredite auf lange Frist. Die Gewährung solcher Kredite gehört aber nicht in den Aufgabenkreis einer Notenbank. Sie müsste notgedrungen zu einer ungesunden Aufblähung des Geldumlaufes und deshalb zur Entfachung inflationistischer Auftriebskräfte führen. Das Nationalbankgesetz verbietet denn auch bewusst den Einsatz von Notenbankkrediten für andere als kurzfristige Zwecke.

Wie nun aus der Begründung des Postulates hervorgeht, verkennt Herr Nationalrat Duttweiler keineswegs, dass die Nationalbank nur die im Nationalbankgesetz festgelegten Geschäfte tätigen kann.. Der Postulant hält zwar eine Änderung dieser gesetzlichen Bestimmungen für möglich, aber politisch schwer realisierbar; dagegen sei es durchaus möglich und unbedenklich, dass die Nationalbank Gold an den Bund gegen Zahlungsverpflichtungen abgebe, wobei

789 der Bund das Gold zur Finanzierung der vom Postulanten in Ansicht genommenen Zwecke zu verwenden hätte.

Aus dem oben Gesagten geht bereits hervor - wir möchten diese Feststellung noch ausdrücklich unterstreichen -, dass vom Standpunkt der Notenbank aus eine Eevision des Nationalbankgesetzes, die der Notenbank die Möglichkeit der Gewährung langfristiger Kredite einräumen würde, ausser Betracht fällt.

Eine solche Forderung widerspricht den Grundsätzen einer gesunden Notenbank- und Währungspolitik. Aber auch das Postulat der Abtretung von Gold an den Bund, das dieser zur Finanzierung der von Nationalrat Duttweiler vorgeschlagenen Projekte einzusetzen hätte, ist als abwegig zu bezeichnen. Wenn der Bund von der Nationalbank Gold kaufen will, so muss er das Gold bezahlen.

Er müsste ihr zu diesem Zwecke Schatzanw.eisungen einreichen. Ein Abtausch von Gold gegen Schatzanweisungen kann nicht in Erwägung gezogen werden, weil dadurch an Stelle des liquiden Aktivums Gold - das ja nach dem Gesetz in normalen Zeiten der Einlösung der Banknoten zu dienen hat -, ein Bundespapier mit langfristigem und daher notenbankmässig illiquidem Charakter treten würde. Illiquid wäre ein solches Aktivum deshalb, weil der Bund nach der Idee von Herrn Nationalrat Duttweiler das von der Nationalbank bezogene Gold beziehungsweise dessen Gegenwert in Franken für langfristige Finanzierungsbedürfnisse einsetzen müsste und daher keine Möglichkeit hätte, die der Notenbank übergebenen Schuldverpflichtungen nach kurzer Frist zurückzuzahlen. Der Gedanke, die dafür benötigten Mittel durch neue Steuern oder durch Erhöhung der Anleihensschuld zu beschaffen, lässt die Sinnlosigkeit einer Goldabgabe an den Bund offensichtlich erscheinen und fällt schon deshalb ausser Betracht. Damit ist aber auch gesagt, dass die Abtretung von Gold an den Bund einer .Immobilisierung von Aktiven der Nationalbank durch langfristige Bundespapiere gleichkäme. Die Notenbank kann den Ersatz ihrer Aktiven in Gold durch langfristige Staatspapiere unter keinen Umständen ins Auge fassen.

Wenn die .Nationalbank in der Zeit vor und während des letzten Weltkrieges Keskriptionen des Bundes diskontierte, so war sie stets darauf bedacht, dass die Geldhingabe kurzfristigen Charakter trug und die aufgenommenen Mittel wieder innert kurzer Frist durch Steuer- oder
Anleihensmittel zurückbezahlt wurden.

Bei der vom Postulanten angeregten Abtretung von Gold der Nationalbank an den Bund würde es sich um einen Vorgang handeln, der mit den Goldübernahmen des Bundes vom Frühjahr 1943 an und wiederum in den Jahren 1949 und 1950 keineswegs in Parallele gesetzt werden kann. Damals leistete der Bund durch seine Goldübernahmen einen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung der Inflation aus dem Wege der Mittelsterilisierung. Im selben Umfang, wie der Bund von der Nationalbank Gold übernahm, ging die Notengeldmenge zurück, indem der Bund das übernommene Gold bar bezahlte. Mit dem Postulat Duttweiler wäre dagegen keinerlei Sterilisierung von Marktmitteln verbunden ; seme Realisierung hätte im Gegenteil eine inflatorische Wirkung zur Folge, da der Bund das von der Notenbank erhaltene Gold gegen Franken verkaufen müsste,

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um diese Franken gemäss den Anregungen des Postulanten zu verwenden, das heisst als stark aktiv wirkende Kaufkraft in die Wirtschaft hineinzupumpen.

Was die Abgabe von Gold zur Beschaffung von Franken anbelangt, würde der inländische Markt der nötigen Aufnahmebereitschaft für grössere Mengen Goldes (in Barren oder alten Goldmünzen) ermangeln. Die Abgabe von Goldmünzen neuer Prägung, die legales Zahlungsmittel sind, kommt zur Zeit aus währungspolitischen Motiven nicht in Frage, vor allem deshalb nicht, weil eine Inverkehrsetzung solcher Goldmünzen die gleiche Wirkung hätte, wie wenn die Nationalbank dem Bund' statt Goldmünzen Banknoten übergeben würde. Dabei müsste unter den heutigen Verhältnissen allerdings mit grosser Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden, dass Gold seitens des Auslandes, wo für Goldmünzen noch immer ein Agio von 5-7 Prozent, teilorts sogar von mehr als 10 Prozent, bezahlt wird, zu spekulativen Zwecken erworben würde. Die ausländischen Käufer würden sich die zur Bezahlung des Goldes erforderlichen Schweizerfranken gegen Devisen beschaffen, die dann grösstenteils von der Nationalbank aufzunehmen wären. Damit würden der Notenbank Währungsmittel zufliessen, was eine entsprechende Vermehrung des Notenbankgeldes zur Folge hätte. Der inflatorische Effekt der Mittelausschüttung durch den Bund würde infolgedessen noch verstärkt.

IV.

Eine Notenbankpraxis, die darauf hinausläuft, dem Staat in dieser oder jener Form Kredithilfen langfristiger Art zu gewähren, führt unfehlbar zu Preissteigerungen und zu einer für die Wirtschaft wie für die Bevölkerung gleichermassen schädlichen Entwertungen des Geldes. In allen Ländern, wo in den Nachkriegsjahren und an einigen Orten bis in die jüngste Zeit hinein der Kredit von Notenbanken direkt zur Finanzierung von Hypothekarkrediten, von industriellen Ausrüstungskrediten und für sonstige langfristige Zwecke eingesetzt wurde, statt dass hiezu der Kredit der privaten und anderen Banken auf Grund echter Sparkapitalien gebraucht worden wäre, endigten solche Experimente mit der Zerrüttung der betreffenden Währung. Diese Erfahrungen sprechen eine deutliche Sprache.

Herr Nationalrat Duttweiler hält die Befürchtungen inflationärer Auswirkungen an sich für berechtigt ; er glaubt aber, dass die Verwirklichung der von ihm vorgeschlagenen Projekte von keiner wesentlichen Vermehrung der Geldmenge begleitet wäre. So würde die Förderung der Bautätigkeit einen erhöhten Einsatz von ausländischen Arbeitskräften verlangen, die einen Teil ihrer Einkommen nach ihren Heimatländern überweisen würden; zudem sei mit einer Steigerung der Gütereinfuhr zu rechnen. Im weiteren macht der Postulant den Vorschlag, aus dem Verkaufserlös des Goldes Eüstungsgüter oder Eohstoffe im Ausland zu kaufen.

An sich ist es richtig, dass eine gesteigerte Importtätigkeit und vermehrte Ersparnisüberweisungen ausländischer Arbeitskräfte Währungsmittel erfor-

741 dern. Dies kann entweder zu einer Verminderung der Aktivüberschüsse in der internationalen Ertragsbilanz unseres Landes oder zu einer Passivierung der letzteren führen. Im ersten Fall ergibt sich ein geringerer Zufluss an Devisen bei der Notenbank; im zweiten Fall tritt ein Abgang von Devisen beziehungsweise von Gold ein. Es entsteht somit eine antiinflatorische Wirkung. Dieser Aspekt wird aber vom'Postulanten hinsichtlich der von ihm angeregten Finanzierung gewaltig überschätzt. Nur bei der Gewährung von Schiffshypotheken und der Beschaffung von Eohstoffen und Eüstungsmaterial im Ausland würde die vorgeschlagene Finanzierung die inländische Geldmenge unberührt lassen. Dabei mutet freilich die Gewährung von Schiffshypotheken im Betrage von 500 Millionen Franken etwas phantastisch an. Binnen wirtschaftlich scheint das Hauptgewicht in den Vorschlägen auf dem Gebiete der Bauwirtschaft, des .Gewerbes und der Landwirtschaft zu liegen (Strassenbau, Wohnungsbau, Bau von Mittelund Hochschulen und Forschungsinstituten, Schaffung einer Landwirtschaftsund Gewerbebank). Hier würden die inflatorisch wirkenden Auftriebskräfte bei weitem überwiegen.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass eine weitere Steigerung der Bautätigkeit bei der heutigen Konjunkturlage volkswirtschaftlich unerwünscht ist. Die Vorausschätzung des Bauvolumens stellt sich für das'laufende Jahr auf einen Eekordbetrag von 5,1 Milliarden Franken. Dessen Bewältigung wird nicht nur die Kapazität des Baugewerbes voll in Anspruch nehmen, sondern auch die den Kreditinstituten zur Verfügung stehenden Mittel in wachsendem Umfang absorbieren. Eine weitere Steigerung der Bautätigkeit auf dem Wege der Gewährung hoher zusätzlicher Kredite durch den Bund würde zu ernsteren wirtschaftlichen Gleichgewichtsstörungen führen mit unabsehbaren Folgen für das Preis- und Kostenniveau. Gegenüber den Auftriebskräften einer solchen Ökonomie hätten Importe aus dem Ausland und der Lohntransfer ins Ausland nur eine teilweise neutralisierende Wirkung. Die Nachfrage nach inländischen Gütern würde trotz vermehrter Importe .steigen, desgleichen die Nachfrage nach Arbeitskräften.

Was den Vorschlag einer vermehrten Heranziehung von Fremdarbeitern anbelangt, so ist darauf hinzuweisen, dass ausländische Arbeitskräfte nicht mehr beliebig zur Verfügung stehen. Vom Standpunkt
unserer Volkswirtschaft aus fällt aber vor allem ins Gewicht, dass die Einstellung solcher Arbeiter zusätzliche Investitionen für industrielle und gewerbliche Einrichtungen' nach sich zieht. Die steigende Nachfrage nach Arbeitskräften würde die Löhne zwangsläufig in die Höhe treiben. Die Tatsache, dass ein Teil der an ausländische Arbeiter ausbezahlten Löhne in Form von Ersparnissen der Fremdarbeiter über die Grenze abfliessen würde, vermöchte die durch die gesteigerte Bautätigkeit bedingte Ausweitung des Geldvolumens bei weitem nicht zu kompensieren.

Zur Veranschaulichung der Proportionen sei beigefügt, dass sich die Ersparhistransfers der kontrollpflichtigen ausländischen Arbeitskräfte im Baugewerbe im Jahre 1958 in der Grössenordnung von 150-200 Millionen Franken bewegt

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haben dürften. Dieser Betrag fällt wohl auf der Ausgabenseite unserer Zahlungsbilanz ins Gewicht, nimmt sich aber im Vergleich zum gesamten Bauvolumen von 4,3 Milliarden Franken im betreffenden Jahr doch eher bescheiden aus.

V.

Am Schlüsse der Begründung seines Postulates stellt Herr Nationalrat Duttweiler noch die Frage nach dem weiteren Anwachsen des Goldbestandes.

Die Beantwortung dieser Frage würde eine prophetische Gabe erfordern. Die künftige Bewegung unserer Währungsreserven hängt ab von der allgemeinen Konjunkturentwicklung, von der Gestaltung der internationalen Zahlungsbilanz unseres Landes und schliesslich von der weltpolitischen Lage. Das will bedeuten, dass eine weitere Vergrösserung des Goldvorrates ebenso gut möglich ist wie ein Eückgang. Das letztere ist seit Mitte Januar dieses Jahres der Fall. Die Währungsreserven der Nationalbank erreichten am 15. Januar einen Höchststand von 9 157 Millionen Franken. Bis Ende August fielen sie um 443 Millionen auf 8 714 Millionen Franken.

e VI.

Die im Postulat enthaltenen Vorschläge lassen sich, wie die obigen Ausführungen zeigen, mit einer den Gesamtinteressen des Landes dienenden Kreditund Währungspolitik nicht vereinbaren. Die Heranziehung des Notenbankkredites für langfristige Finanzierungszwecke würde diesem gesetzlich festgelegten Grundsatz im Gegenteil widersprechen und müsste zur Inflation und damit zu einer schweren Schädigung unserer gesamten Wirtschaft führen.

Wir beantragen Ihnen, vom vorliegenden Bericht Kenntnis zu nehmen und dag Postulat Nummer 7719, dem wir damit Folge gegeben haben, abzuschreiben.

Wir benützen diesen Anlass, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, um Sie unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 9.Oktober 1959.

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Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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Verleihung für die ·

Errichtung einer Wasserkraftanlage am Rhein bei Säckingen (Vom 25. August 1959)

Der Schweizerische B u n d e s r a t , gestützt auf Artikel 24bls der Bundesverfassung und Artikel 7 und 38, Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte, nach Verständigung mit der Eegierung des Landes Baden-Württemberg gemäss dem Artikel 5 der Übereinkunft zwischen der Schweiz und dem Grossherzogtum Baden vom 10.Mai 1879 betreffend den Wasserverkehr auf dem Rhein von Neuhausen bis unterhalb Basel, in Ausführung des Artikels 6, Absatz 3 des Vertrages zwischen der Schweiz und Deutschland vom 28.März 1929 über die Regulierung des Rheins zwischen Strassburg/Kehl und Istein, nach Anhörung der Regierung des Kantons Aargau, verleiht der Nordostschweizerische Kraftwerke AG., Baden, dem Aargauischen Elektrizitätswerk, Aarau und der Badenwerk AG., Karlsruhe, zuhanden einer noch zu gründenden Aktiengesellschaft (im folgenden Kraftwerkunternehmen genannt) das Recht, unter nachstehenden Bedingungen eine Wasserkraftanlage am Rhein bei Säckingen zu errichten und zu betreiben.

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I.

Umfang und Dauer der Verleihung

Art. l Umfang des Wasserrechtes 1 Das Kraftwerkunternehmen ist berechtigt, eine Wassermenge bis 1800 m3/sec und das Gefalle des Rheins von 100 m unterhalb des Stauwehres des Kraftwerkes Laufenburg bis km 37,500 (rund 1050 m unterhalb der Mündung des Giessenbaches) zu nützen, sowie den Wasserspiegel am Stauwehr auf die Höhe 288,83 aufzustauen.

2 Die in dieser Verleihung genannten Höhen beziehen sich, wenn nichts Besonderes vermerkt ist, auf den deutschen Horizont über Normal Null.

3 Die Kilometerzahlen beziehen sich auf die badische Eheinkilometrierung, deren Nullpunkt bei der schweizerisch-deutschen Grenze unterhalb Basel liegt.

Art. 2 Verhältnis zu den Werken Laufenburg und Ryburg-Schwörstadt 1 Das Kraftwerkunternehmen hat das Kraftwerk Laufenburg für den Energieausfall und für sonstige Nachteile zu entschädigen, welche diesem durch den Aufstau des Rheins entstehen.

2 Wenn dem Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt gestattet wird, den Stau über die in der Verleihung vom 9. November 1926 vorgesehene Höhe 284,00 (alter schweizerischer Horizont, R.P. N. = 376,86 m über dem Meere) zu erhöhen, hat das Kraftwerkunternehmen den entsprechenden Einstau seines Werkes gegen eine vom Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt für den Energieausfall und für sonstige Nachteile zu entrichtende Entschädigung zu dulden.

3 Die beteiligten Unternehmungen setzen die Bedingungen der Entschädigung unter sich fest. Für den Energieausfall sind die Geschädigten nach ihrer Wahl durch unentgeltliche Lieferung von elektrischer Energie loco geschädigtes Werk oder auf andere Weise zu entschädigen.

Art. 3 Enteignung Dem Kraftwerkunternehmen wird im Sinne von Artikel 46 und 47 des eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes das Recht gewährt, die zum Bau und zum Betriebe seines Werkes nötigen Grundstücke und dinglichen Rechte sowie die entgegenstehenden Nutzungsrechte zwangsweise zu erwerben.

Art. 4 Dauer der Verleihung Die Verleihung dauert 80 Jahre, von der Inbetriebnahme des Kraftwerkes an gerechnet.

745 II.

Gesellschaftsrechtliche Verhältnisse

Art. 5 Gründung einer Aktiengesellschaft 1

Vor Baubeginn ist nach den Bestimmungen der deutschen Gesetzgebung und unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen dieser Verleihung eine Aktiengesellschaft zu gründen mit dem Zwecke, das Kraftwerk Säckingen zu bauen und zu betreiben.

2 Das Kraftwerkunternehmen ist verpflichtet, dem für die Wasser- und für die Elektrizitätswirtschaft zuständigen eidgenössischen Departement und der Kegierung des Kantons Aargau im Zeitpunkte der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung ins Handelsregister die Unterlagen über die Gründung der Aktiengesellschaft in der nötigen Anzahl zuzustellen, insbesondere den Partnervertrag, den Gründungsvertrag und die Satzung. In gleicher Weise sind Änderungen dieser Unterlagen jeweils mitzuteilen.

3 Die Aktiengesellschaft hat ihren Sitz während der ganzen Dauer der Verleihung im Lande Baden-Württemberg. Sie hat ausserdem im Kanton Aargau ein Rechts- und Zustellungsdomizil zu begründen.

4 Die Aktien müssen auf den Namen lauten.

Art. 6 Beteiligung an der Gesellschaft Die Aktionäre der Gesellschaft teilen sich in eine schweizerische und eine deutsche Gruppe, die - entsprechend den Anteilen an der nutzbar gemachten Wasserkraft -je zur Hälfte am Grundkapital beteiligt sind.

2 Aktionäre können nur sein : a. auf schweizerischer Seite: der Kanton Aargau, die Nordostschweizerische Kraftwerke AG., Baden, das Aargauische Elektrizitätswerk, Aarau, die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat der Gesellschaft, sowie weitere Personen mit Zustimmung des Bundesrates ; b. auf deutscher Seite: das Land Baden-Württemberg, die Badenwerk AG., Karlsruhe, sowie weitere Personen mit Zustimmung des Wirtschaftsministeriums, im Einvernehmen mit dem Finanzministerium des Landes Baden-Württemberg.

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Art. 7 Verfassung der Gesellschaft Am Aufsichtsrate der Gesellschaft beteiligen sich die schweizerische und die deutsche Aktionärgruppe je zur Hälfte.

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Bundesblatt.lll.Jahrg.Bd.il.

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Wird ein ruehrköpfiger Vorstand bestellt, so ist er paritätisch aus schweizerischen und deutschen Staatsangehörigen zusammenzusetzen. Ein Vorsitzer wird in diesem Falle nicht bestellt.

3 Der Bundesrat kann einen Kommissär ernennen, der das Eecht hat, an den Hauptversammlungen der Gesellschaft sowie an den Sitzungen des Aufsichtsrates und seiner Ausschüsse teilzunehmen.

4 Vorbehalten bleiben besondere staatsvertragliche Begelungen.

Art. 8 Übertragung der Verleihung Die vorliegende Verleihung wird mit allen Eechten und Pflichten auf die nach Artikel 5 gegründete Aktiengesellschaft übertragen werden, sofern diese den Erfordernissen der Gesetzgebung und der Verleihung genügt.

2 Die Verleihung kann nur mit Zustimmung des Bundesrates weiterübertragen werden. Diese Zustimmung soll nicht verweigert werden, wenn der Erwerber allen Erfordernissen der Verleihung genügt und keine Gründe des öffentichen Wohles der Übertragung entgegenstehen.

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III.

Bau- und Betriebsvorschriften

Art. 9 Anlagen 1 Dem Kraftwerkunternehmen wird gestattet, die im .Konzessionsprojekt vom 15. Juni 1955 und im Nachtrag dazu vom März 1958 zur Ausnützung der Wasserkraft vorgesehenen Anlagen auszuführen, insbesondere - ein Stauwehr im Ehein bei km 40,63 am linken Ufer - ein Maschinenhaus am rechten Ufer in der Verlängerung der Wehranlage.

2 Die Behörden behalten sich vor, im Eahmen des verliehenen Nutzungsrechtes Änderungen gegenüber dem Konzessionsprojekt und dem Nachtrag dazu, die sich als notwendig oder zweckmässig erweisen, zu gestatten oder zu verlangen.

Art. 10 Genehmigung der Pläne und Berechnungen 1 Das Bauprojekt, einschliesslich Berechnungen und Bauprogramm, ist den" Behörden zu Genehmigung vorzulegen. Vor dessen Genehmigung dürfen Bauarbeiten nicht begonnen werden.

2 Die Behörden bezeichnen die Bauteile, Baugerüste und Baugrubenabschlüsse, die erst dann erstellt werden dürfen, wenn deren Einzelzeichnungen und statische Nachweise von den Behörden genehmigt worden sind.

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Von den genehmigten Plänen darf ohne Bewilligung der Behörden nicht abgewichen werden.

4 Änderungen und Ergänzungen der erstellten Kraftwerkanlagen dürfen nur nach behördlicher Genehmigung ausgeführt werden.

Art. 11 Bau der Aulagen Das Stauwehr ist so zu bemessen, dass eine Hochwassermenge von 5200 m3/sec auch dann ohne schädlichen Aufstau durch das Wehr. abfliessen kann, wenn eine Wehröffnung geschlossen ist.

2 Die Wehrverschlüsse müssen so hoch aufgezogen werden können, dass ihre Unterkanten auch unter den im vorigen Absatz genannten Abflussverhältnissen mindestens 1,2 m über dem unter den Wehrverschlüssen sich einstellenden Wasserspiegel liegen. Die Höhe der Unterkanten der hochgezogenen Wehrverschlüsse bedarf der Genehmigung der Behörden.

3 Die Wehrverschlüsse müssen mittels dreier von einander unabhängiger Energiequellen bewegt werden können.

4 Die Dämme sind so anzulegen, dass ihre Kronen a. bei einer Wasserführung von 2800 m3/sec und Normalstau am Wehr (Höhe 288,83) überall mindestens l m; b. bei einer Wasserführung von 5200 m3/sec, abgestellten Turbinen, einer geschlossenen und vier ganz offenen Wehröffnungen überall mindestens 0,5m über dem Wasserspiegel liegen.

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Art. 12 Abuahme und Inbetriebnahme der Anlagen Das Kraftwerkunternehmen hat die von den Behörden verlangten Nachweise über die plangemässe Ausführung und die Betriebsfähigkeit der Anlagen, insbesondere des Wehres, der Bauten der Turbinenanlage, der Verschlüsse und Auf Zugsvorrichtungen, der Dämme und Ufersicherungen und der Entwässerungsanlagen, zu erbringen.

2 Der Aufstau des Eheins und die erste Ingangsetzung der Maschineneinheiten dürfen nur mit Bewilligung der Behörden erfolgen. Der Aufstau hat nach einem Programm zu erfolgen, welches der behördlichen Genehmigung bedarf.

3 Als Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Werkes gilt der Beginn der dauernden Stromabgabe aus einer Maschineneinheit; er wird von den Behörden verbindlich festgestellt.

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Art. 13 Betrieb und Unterhalt der Anlagen 1 Die Stauhöhe 288,83 darf bei Wasserführungen des Eheins bis 2800 m3/sec eingehalten werden. Bei höheren Wasserführungen ist der Stau am Wehr der-

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art abzusenken, dass der Wasserspiegel im Staugebiete, überall mindestens l m unter der Dammkrone bleibt .'Dieses Mass darf nur unterschritten werden, wenn alle Möglichkeiten für den Abfluss bei Wehr und Maschinenhaus ausgenützt sind.

2 Nach Einführung der Großschiffahrt ist die Stauhöhe 288,83 auf Verlangen der Behörden bei allen schiffbaren Wasserständen zu halten.

3 Das Kraftwerkunternehmen hat das Wasser in der Menge, in der es zufliesst, ununterbrochen abfliessen zu lassen. Vorbehalten bleiben anders lautende Verfügungen der Behörden sowie besondere Vereinbarungen der Kraftwerkunternehmen unter sich, die der Genehmigung der Behörden bedürfen.

4 Vorhaben, die eine unregelmässige Wasserführung bedingen, bedürfen der Bewilligung der Behörden. Das Kraftwerkunternehmen hat die Unterlieger rechtzeitig von solchen Vorhaben und von andern Abflußschwankungen in Kenntnis zu setzen.

5 Die Behörden behalten sich vor, für die Handhabung der Wehrverschlüsse nach Anhören des Kraftwerkunternehmens eine allgemeine Anweisung zu erlassen.

8 Zur Vermeidung schädlicher Schwallerscheinungen bei plötzlichen Unterbrechungen der Stromabgabe sind die notwendigen Vorkehrungen zu treffen.

7 Sämtliche Anlagen sind stets in gutem Zustande zu erhalten.

8 Bei Arbeiten am Stauwehr darf nie mehr als eine Wehröffnung ausser Dienst gestellt werden; deren Wiederinbetriebnahme ist jeweils möglichst zu beschleunigen. Jede Ausserdienststellung bedarf der Zustimmung der zuständigen Behörden.

9 Der Zustand der Sohle ober- und unterhalb des Wehres ist von Zeit zu Zeit nach Weisung der Behörden zu untersuchen. Das Ergebnis ist den beidseitigen Behörden mitzuteilen.

Art. 14 Beobachtung der Wasserstände 1

An geeigneten Stellen sind nach den Weisungen und unter Aufsicht der Behörden die zur Kontrolle des Werkes erforderlichen Pegel und Limnigraphen vom Kraftwerkunternehmen auf eigene Kosten zu erstellen, zu bedienen und zu unterhalten.

2 Die Ergebnisse der Beobachtungen sind aufzubewahren. Doppel der Aufzeichnungen sind den Behörden auf Verlangen zuzustellen.

Art. 15 Ausführungspläne Spätestens vier Jahre nach Inbetriebnahme des Kraftwerkes sind den Behörden über die gesamte Wasserkraftanlage endgültige Ausführungspläne in der nötigen Zahl zu übergeben, nämlich : 1

749 1. Übersichtskarte l : 25 000; 2. Situationsplan .1 : 5000 (nach Katasterplan) mit Höhenkurven und Höhenangaben; 3. Wehranlage, Maschinenhaus und Vorbecken, Situation l : 500 oder l : 1000 und Schnitte l : 200; 4. Längsprofil des Rheins l :

mit eingetragenen natürlichen und ge-

stauten "Wasserspiegeln entsprechend den Abflussmengen in Säckingen von 265, 650, 1010, 2800 und 5200 m3/sec; 5. Querprofile im Ober- und Unterwasser l : 200; 6. Normalprofile der Dämme, des Uferschutzes und der Entwässerungsgräben l : 100; 7. Kahnrampe, Situation, Längsprofil und Schnitte l : 200; 8. Fischpässe, Situation und Schnitte l : 200; 9. Einmündung der Murg, Situation l : 500 oder l : 1000, Schnitte l : 200; 10. Sisselnbach, eingestaute Strecke und Strecke längs der Auffüllung, Situation l : 500 oder l : 1000, Querprofile l : 200; 11. Deponie an der Wehramündung, Situation l : 500 oder l : 1000, Schnitte 1 : 200; 12. Berme vor der Stadtmauer Säckingen, Situation l : 1000, Schnitte l : 100; 18. Strassenanschüttung am linken Ufer unterhalb Stein, Situation l : 1000 und Schnitte l : 200; 14. Pläne der Entwässerungsanlagen.

2 Änderungen oder Erweiterungen des Kraftwerkes sowie zusätzliche Uferverbauungen sind auf Kosten des Kraftwerkunternehmens in diesen Plänen jeweils nachzuführen; nötigenfalls sind neue Pläne zu liefern.

3 Sämtliche Höhenangaben sind auf den deutschen Horizont über Normal Null zu beziehen. Ferner sind auf allen Plänen die verwendeten Anschlusspunkte und das Verhältnis zum neuen schweizerischen Horizont (Repère Pierre du Niton = 873,60 m 'über dem Meere) anzugeben.

Art. 16 Fristen 1 Das Kraftwerkunternehmen ist verpflichtet, vom Inkrafttreten der beidseitigen Verleihungen an gerechnet : a. innerhalb dreier Jahre mit dem Bau der Anlagen zu beginnen ; b. innerhalb acht Jahren das Kraftwerk auf eine Schluckfähigkeit von 1300 m3/sec auszubauen und wenigstens teilweise in Betrieb zu nehmen.

2 Das Kraftwerkunternehmen hat den Behörden den Baubeginn, den Beginn des Aufstaues, die Bereitschaft zur Betriebseröffnung und die Beendigung der Bauarbeiten zu melden.

750 IV.

Flussbau Art. 17

Öffentliches Flussgebiet 1

Das Kraftwerkunternehmen hat nach Weisung der Behörden das Land zu erwerben, das für den Aufstau, die Dämme und den Uferschutz in Anspruch genommen werden muss und noch nicht öffentliches Gebiet ist. Dieser Landerwerb soll in der Eegel einen bei einer Wasserführung von 2420 m3/sec wasserfreien Uferstreifen von mindestens 2 m Breite, horizontal gemessen, einschliessen.

2 Das Kraftwerkunternehmen hat das erworbene Land nach Vorschrift zu vermarken, und es sodann dem Kanton Aargau und dem Lande Baden-Württemberg je auf ihrem Hoheitsgebiete unentgeltlich und lastenfrei abzutreten. Dem Kraftwerkunternehmen wird gestattet, diesen Uferstreifen jederzeit zu begehen, zu befahren oder für Zwecke des Unterhaltes zu benützen.

3 Soweit einzelne Uferstrecken im Privateigentum Dritter verbleiben, hat das Kraftwerkunternehmen für sich und zugunsten der mit der Staatsaufsicht betrauten Behörden (Art. 40 dieser Verleihung) die erforderlichen dinglichen Zutritts- und Durchgangsrechte zu erwerben.

Art. 18

Zustand des Rheinbettes und der Seitengewässer 1

Der Zustand des Eheinbettes ist vor dem Bau des Kraftwerkes auf Kosten des Kraftwerkunternehmens auf der ganzen ausgenützten Flußstrecke nach Weisung der Behörden durch Aufnahme der erforderlichen Längs- und Querprofile festzustellen. Nach Inbetriebnahme des Werkes sind di e Aufnahmen nach Weisung der Behörden von Zeit zu Zeit zu wiederholen.

2 Das gleiche gilt für die Seitengewässer, soweit sie beeinflusst werden.

3 Schädliche Geschiebeablagerungen und Auskolkungen hat das Kraftwerkunternehmen in den in Artikel 19 bezeichneten Gewässerstrecken nach Weisung der Behörden zu beseitigen.

Art. 19 Uferschutz 1

Vom Stauwehr aufwärts bis zur Einmündung des Kaisterbaches bei km 46,920 und abwärts bis km 37,500 (rund 1050 m unterhalb der Einmündung des Giessenbaches), sind die Rheinufer vom Kraftwerkunternehmen nach Anweisung der Behörden instandzuhalten und soweit durch besondere Bauten gegen Wasserangriff zu sichern, als eine Schädigung erwartet werden kann oder nach Inbetriebnahme des Werkes festgestellt wird.

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Das gleiche gilt für die Seitengewässer, soweit sie beeinflusst werden.

Das Kraftwerkunternehmen ist berechtigt, im Falle einer Beschädigung der Ufer nach den Bestimmungen des Zivilrechtes selbständig gegen den Schädiger vorzugehen.

4 Das Kraftwerkunternehmen hat den Kraftwerken Laufenburg und Kyburg-Schwörstadt die allenfalls durch den Einstau oder die Sohlenaustiefung in deren Unterhaltsstrecken verursachten Mehraufwendungen zu vergüten.

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V.

Öffentliche Interessen Art. 20

Berücksichtigung der öffentlichen Interessen Die Kraftwerkanlagen haben den polizeilichen Vorschriften zu entsprechen.

Wenn die Wahrung öffentlicher Interessen Änderungen oder Ergänzungen an diesen Anlagen erfordert, so hat das Kraftwerkunternehmen diese nach Weisung der Behörden auf eigene Kosten auszuführen.

Art. 21 Aufrechterhaltung des Verkehrs 1

Die durch den Kraftwerkbau stark in Anspruch genommenen Strassen und Brücken sind während der Bauzeit vom Kraftwerkunternehmen zu unterhalten und nach Bauvollendung wieder in guten Zustand zu setzen.

2 Für öffentliche Verkehrswege, die infolge des Kraftwerkbaues dahinfallen oder beeinträchtigt werden, hat das Kraftwerkunternehmen Ersatz zu leisten.

3 Das Kraftwerkunternehmen hat die bestehende Brücke Säckingen-Stein den durch die Austiefung der Bheinsohle veränderten Verhältnissen nach Weisung der Behörden anzupassen. Die Pläne hiefür sind vom Kraftwerkunternehmen der zuständigen Behörde zur Genehmigung vorzulegen. Inwieweit hiebei den Bedürfnissen der späteren Schiffahrt Bechnung zu tragen ist, werden die Behörden entscheiden.

4 Für die Zeit des Umbaues der Brücke gemäss Absatz 3 hat das Kraftwerkunternehmen die Aufrechterhaltung des Verkehrs für Personenwagen und Fussgänger sicherzustellen.

Art. 22 Flurbereinigungen Das Kraftwerkunternehmen hat alle Kosten für die in den berührten Gemeinden infolge der Werkanlage von den Behörden nötig befundenen Abänderungen der Flureinteilung und der Weganlagen nebst Zu- und Abfahrten zu den

752 Grundstücken zu tragen. Ebenso hat es sämtliche Kosten für die Nachführung der Vermarkung, der Vermessungswerke und des Grundbuches, die durch die Ausführung der Werkanlage bedingt sind, auf sich zu nehmen.

Art. 23 Geländeschutz 1

Die in den Ehein und dessen Zuflüsse mündenden natürlichen und künstlichen Wasserabläufe sind nach Weisung der Behörden den veränderten Verhältnissen anzupassen. Sie sind so abzuleiten, dass keine Versumpfungen oder Eückstauungen entstehen. Für die durch den Aufstau des Eheins dem Hinterland entzogene natürliche Vorflut hat das Kraftwerkunternehmen während der Dauer der Verleihung, entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen, Ersatz zu schaffen.

2 Kulturland ist möglichst zu erhalten. Auffüllungen und Humusierungen sind nach den Weisungen der Behörden auszuführen.

3 Für die Unterbringung von Bauschutt, Abtragmaterial und Geschiebeaushub hat das Kraftwerkunternehmen die Weisungen der Behörden einzuholen. Überschüssiges Material, welches zu öffentlichen Bauten verwendet werden kann, ist auf Verlangen der Behörden dort unterzubringen, sofern dem Kraftwerkunternehmen dadurch keine unbillige Belastung entsteht.

Art. 24 Gewässerschutz 1

Vor, während und nach dem Bau des Kraftwerkes hat das Kraftwerkunternehmen die Grundwasserverhältnisse in den durch das Kraftwerk beeinflussten Gebieten, sowie den Zustand des Eheinwassers auf der ausgenützten Stromstrecke nach Weisung der Behörden durch von diesen bezeichnete Fachleute feststellen zu lassen.

2 Das Kraftwerkunternehmen hat alle Massnahmen zu treffen, die notwendig sind, um eine Verschlechterung der Grund- und Eheinwasserverhältnisse durch Bau oder Betrieb des Kraftwerkes zu vermeiden. Dennoch eintretende Schäden sind im Einvernehmen mit den Behörden soweit als möglich zu beheben. Schadenersatzansprüche bleiben vorbehalten.

8 Das Kraftwerkunternehmen hat bestehende Wassernutzungs- und Abwasseranlagen den durch den Kraftwerkbau veränderten Verhältnissen anzupassen und allfällige Mehrkosten des Betriebes zu tragen.

4 Wenn Projekte für öffentliche Wasserversorgungen, Kanalisationen und Abwasserreinigungsanlagen, die im Zeitpunkte der öffentlichen Auflage des Konzessionsprojektes vorhanden waren, infolge des Kraftwerkbaues geändert werden müssen, hat das Kraftwerkunternehmen die Kosten der Projektänderung zu tragen. Werden Erstellung und Betrieb der projektierten Anlagen durch das

753 Kraftwerk verteuert, so hat das Kraftwerkunternehmen die Mehrkosten zu übernehmen.

5 Wird infolge des Baues oder des Betriebes des Kraftwerkes nach Feststellung der beidseitigen Behörden eine weitergehende Beinigung von aus öffentlichen oder schon bestehenden privaten Anlagen in die Stauhaltung eingeleiteten Abwässern nötig, als sie ohne das Kraftwerk vorgenommen werden müsste, so hat das Kraftwerkunternehmen die Mehrkosten zu tragen.

6 Die Behörden behalten sich vor, Weisungen über die Beseitigung des Geschwemmsels zu erlassen.

Art. 25 Natur- und Heimatschutz Sämtliche Anlagen sind so auszuführen, dass sie das landschaftliche Bild nicht oder möglichst wenig stören. Für die Gestaltung der Bauwerke, Schaltund Transformatorenanlagen, Leitungen und Deponien, die Ausbildung der Ufer, die Anlegung von Strassen, die Bepflanzungen, die Farbgebung usw., sind die zuständigen Stellen für Heimat- und Naturschutz beizuziehen. Die Behörden behalten sich vor, die nötigen Massnahmen anzuordnen.

Art. 26 Entnahme kleiner Wassermengen Die Behörden können die Entnahme kleiner Wassermengen aus dem Ehein zu öffentlichen oder privaten Zwecken gestatten, ohne dass das Kraftwerkunternehmen einen Anspruch auf Entschädigung hat.

Art. 27 Badeanlagen Das Kraftwerkunternehmen hat beeinträchtigte öffentliche Badegelegenheiten am offenen Ehein nach den Weisungen der Behörden den veränderten Verhältnissen anzupassen oder dafür Ersatz zu leisten.

Art. 28 Kleinschiüahrt Am linken Ufer ist für die Kleinschiffahrt eine Kahnrampe mit zugehörigem Windwerke nach Weisung der Behörden zu erstellen. Die Zufahrten sollen deutlich bezeichnet und leicht zugänglich sein.

2 Während der Tageszeit, das heisst eine Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang, hat das Personal des Kraftwerkes beim Transport von Schiffen über die Kahnrampe unentgeltlich mitzuwirken.

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754 Art. 29 Großschiüahrt Das Kraftwerkunternehmen hat das für den Bau und den Betrieb der Schiffahrtanlagen (Schleusen, Vorhäfen und zugehörige Anlagen) erforderliche Gelände nach Weisung der Behörden zu erwerben und zum Erwerbspreise, ohne Zinsberechnung, zugunsten der Schiffahrt abzutreten. Bis zum Zeitpunkte der Abtretung kann das Kraftwerkunternehmen über dieses Gelände verfügen, darf jedoch darauf keine bleibenden Bauten errichten.

2 Das Kraftwerkunternehmen hat die Entnahme des zur Speisung der Schiffahrtanlagen erforderlichen Wassers ohne Anspruch auf Entschädigung zu dulden. Den zum Betriebe und zur Beleuchtung der Schiffahrtanlagen benötigten elektrischen Strom hat es unentgeltlich zu liefern.

3 Sofern für die Schiffahrt Einrichtungen in' Verbindung mit Anlagen des Kraftwerkes zu erstellen sind, hat das Kraftwerkunternehmen den Anschluss und die Mitbenützung seiner Anlagen zu dulden. Es hat Anspruch auf angemessene Entschädigung für hieraus entstehende wesentliche Betriebsstörungen und Schädigungen.

4 Das Kraftwerkunternehmen hat die in seiner Nutzungsstrecke gelegenen Schiffahrtanlagen zu betreiben, zu unterhalten und zu erneuern. Soweit der Wert der bis Ablauf der Verleihungsdauer voraussichtlich hiefür erforderlichen Aufwendungen im Zeitpunkte der Betriebseröffnung der Schiffahrtanlagen den Betrag von 1,5 Millionen Schweizerfranken übersteigt, ist er dem Kraftwerkunternehmen in Form einer Abfindung zu vergüten.

5 Die Regierungen behalten sich vor, vom Kraftwerkunternehmen an Stelle der nach dem vierten Absätze zu erbringenden Leistungen einen einmaligen Beitrag von 1,5 Millionen Franken an die Baukosten der Schiffahrtanlagen zu fordern. Der Betrag von 1,5 Millionen Franken ist auf den schweizerischen Landesindex der Konsumentenpreise vom Jahre 1957 bezogen und ist entsprechend dem im Zeitpunkte der Fälligkeit der Leistung gültigen Landesindex zu ändern.

Die beiden Regierungen behalten sich vor, statt 1,5 Millionen Franken 1,5 Millionen Deutsche Mark nach Absatz 4 zugrunde zu legen oder nach Absatz 5 zu fordern ; dieser Markbetrag ist auf den im Lande Baden-Württemberg gültigen Lebenshaltungsindex vom Jahre 1957 bezogen und entsprechend dem im Zeitpunkte der Fälligkeit gültigen Index zu ändern. Der Geldbeitrag kann in Franken oder in Mark oder zum Teil in Franken und zum Teil in
Mark verlangt werden.

8 Zu den Leistungen für den Betrieb gehört, dass der Schleusendienst sowie die Bedienung der für die Ein- und Ausfahrt der Schiffe in die Schleusen erforderlichen Einrichtungen während des ganzen Jahres, auch an Sonn- und Feiertagen, bei Tag und, nach besondern Weisungen der Behörden, auch bei Nacht, unentgeltlich sichergestellt sind.

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755 7

Im übrigen sind für den Betrieb und die Bedienung der Schiffahrtanlagen die jeweils gültigen Schiffahrtpolizeivorschriften massgebend. Für den Unterhalt bleibt der Erlass einer für das Kraftwerkunternehmen verbindlichen allgemeinen Anweisung vorbehalten.

Art. 30 Fischerei 1 Das Fischereirecht bleibt im ganzen Umfange der erstellten Anlagen dem Staate vorbehalten, soweit nicht private Fischereirechte bestehen.

2 Das Kraftwerkunternehmen ist verpflichtet, allen Fischereiberechtigten, also auch den Freianglern, die Fischerei auf seinem Areal auf ihr Eisiko zu gestatten, soweit nicht besondere Verfügungen der beidseitigen Fischereibehörden, insbesondere hinsichtlich der Anordnung von Verbotsstrecken, Ausnahmen bedingen.

3 Das Kraftwerkunternehmen hat die erforderlichen Einrichtungen zur Ermöglichung des Durchzuges der Fische bei allen Wasserständen zu schaffen.

Insbesondere können die beidseitigen Fischereibehörden verlangen, dass, je nach den örtlichen Verhältnissen, an einem oder an beiden Ufern Fischpässe nach ihren Weisungen erstellt werden. Die Detailpläne der Fischpässe sind diesen Behörden vor Inangriffnahme der Bauausführung zur Genehmigung zu unterbreiten.

4 In einem der obersten Becken jedes Fischpasses ist eine Kontrollvorrichtung anzubringen, welche die Prüfung der Wirkung der Pässe erlaubt. Die Fischaufstiegkontrollen werden auf Kosten des Kraftwerkunternehmens durchgeführt.

5 Die Fischpässe dürfen nur mit Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörden ausser Betrieb gesetzt werden. Sie sind samt ihren Ein- und Ausläufen vom Geschwemmsei frei zu halten.

8 Das Kraftwerkunternehmen haftet für allen Schaden, der den Fischereirechtsinhabern nachweisbar durch Bau und Betreib des Kraftwerkes an ihren Fischereirechten entsteht.

7 Den Behörden bleibt auch nach Vollendung und Inbetriebnahme des Werkes die Anordnung weiterer Massnahmen zum Schütze der Fischerei auf Kosten des Kraftwerkunternehmens vorbehalten. Dies gilt insbesondere für später sich als notwendig erweisende Verbesserungen an den Fischpässen, für Vorkehrungen zur Wahrung der Nachhaltigkeit im Fischertrage, sowie für die Anlage von Laichplätzen und Begehungswegen.

Art. 81 Zollschutz und Laudesverteidigung Das Kraftwerkunternehmen hat den Anordnungen der schweizerischen Zoll- und Militärbehörden Folge zu leisten und sämtliche gemäss den einschlägigen Vorschriften zu stellenden besonderen Bedingungen zu erfüllen.

756 VI.

Wirtschaftliche Bestimmungen

Art. 32 Verteilung der Wasserkraft und Verwendung der elektrischen Energie 1

Die vom Kraftwerkunternehmen nutzbar gemachte Wasserkraft des Kheins entfällt je zur Hälfte auf die Schweiz und das Land Baden-Württemberg.

2 Das Kraftwerkunternehmen hat den Behörden alles erforderliche Material zur Berechnung der Wasserkraft zu Verfügung zu stellen. Die Behörden haben das Eecht, jederzeit Messungen zu deren Bestimmung vorzunehmen.

3 Entsprechend den Wasserkraftanteilen der Schweiz und des Landes Baden-Württemberg ist die im Kraftwerk erzeugbare Energie ausschliesslich den beiden in Artikel 6 genannten Aktionärgruppen zu gleichen Teilen und Bedingungen zur Verfügung zu stellen.

4 Verträge über die Energiebezugsrechte der Aktionäre sowie allfällige Änderungen derselben sind dem Bundesrat zur Kenntnis zu bringen.

6 Das Kraftwerkunternehmen hat den Behörden nach besonderen Weisungen Nachweise über Erzeugung und Verwendung der elektrischen Energie einzureichen. Die Behörden haben das Kecht, jederzeit Messungen zur Bestimmung der gewonnenen Energie vorzunehmen.

Art. 38

Verleihungsgebühr und Wasserzins Das Kraftwerkunternehmen hat dem Kanton Aargau die einmalige Gebühr und den jährlichen Wasserzins nach der jeweiligen eidgenössischen und kantonalen Gesetzgebung zu entrichten.

Art. 34 Verwendung einheimischer Arbeitskräfte und Erzeugnisse Das Kraftwerkunternehmen ist verpflichtet, die Bau- und Lieferungsaufträge, soweit wirtschaftlich zumutbar, zur Hälfte an schweizerische Unternehmen und Lieferanten zu vergeben.

2 Das Kraftwerkunternehmen hat dafür zu sorgen, dass bei den Bauarbeiten, soweit verfügbar, zur Hälfte schweizerische Arbeitskräfte beschäftigt werden.

3 Für den Betrieb des Werkes sollen zur Hälfte schweizerische Staatsangehörige verwendet werden.

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Art. 35 Nachweis der Erstellungskosten Das Kraftwerkunternehmen ist verpflichtet, innerhalb von drei Jahren nach Inbetreibnahme des Kraftwerkes den Behörden einen detaillierten Nachweis über die Erstellungskosten zu leisten. Für bauliche Erweiterungen und Erneuerungen ist 'dieser Nachweis binnen zwei Jahren nach ihrer Vollendung zu leisten.

Art. 36 Geschäftsberichte Das Kraftwerkunternehmen ist gehaltenjährlich dem für die Wasser- und für die Elektrizitätswirtschaft zuständigen eidgenössischen Departement und der Baudirektion des Kantons Aargau in der gewünschten Anzahl den Geschäftsbericht mit Bilanz und Betriebsrechnung (Gewinn- und Verlustrechnung) zuzustellen. Ferner hat es auf Verlangen den genannten Behörden Nachweise über Abschreibungen, Rücklagen und Verwendung des Eeingewinnes zu liefern.

Art. 37

.

Heimfall Nach Ablauf der Verleihungsdauer ist der Kanton Aargau, zusammen mit dem Lande Baden-Württemberg, befugt, die dem Kraftwerkunternehmen gehörenden Grundstücke nebst Bestandteilen und Zugehör, die ihm an fremdem Boden zustehenden Rechte sowie die auf öffentlichem oder privatem Boden errichteten Anlagen, welche a. zum Betriebe des Wasserkraftwerkes, b. zur Erzeugung und Fortleitung der elektrischen Energie dienen, lastenfrei an sich zu ziehen. Die gleiche Befugnis erstreckt sich auch auf die dem Kraftwerkunternehmen gehörenden, auf eigenem oder öffentlichem Boden stehenden Verwaltungs- und Dienstwohngebäude, einschliesslich des eigenen Grund und Bodens.

2 Falls der Kanton Aargau und das Land Baden-Württemberg die unter Absatz l, Buchstabe a fallenden Grundstücke, Rechte und Anlagen an sich ziehen, sind sie auf Verlangen des Kraftwerkunternehmens verpflichtet, auch die übrigen Grundstücke, Rechte und Anlagen zu übernehmen, an denen das Heimfallrecht besteht.

3 Für die unter Absatz l, Buchstabe a fallenden Grundstücke, Rechte und Anlagen wird ein Endgeld nicht gewährt, während für alle übrigen Grundstücke, Rechte und Anlagen dem Kraftwerkunternehmen eine angemessene Entschädigung zu entrichten ist. Die Entschädigung wird im Streitfalle von fünf Sachverständigen endgültig festgesetzt. Die Regierungen des Kantons Aargau und des Landes Baden-Württemberg bezeichnen je einen Sachverständigen, das Kraft1

758 werkunternehmen zwei. Die vier Sachverständigen bezeichnen den Obmann.

Können sie sich nicht einigen, so wird der Obmann von den Präsidenten des schweizerischen Bundesgerichtes und des Verwaltungsgerichtshofes des Landes Baden-Württemberg im gemeinsamen Einvernehmen bestimmt.

4 Die gesamten Anlagen sind in gutem und betriebsfähigem Zustande zu übergeben.

5 Sämtliche heimfallenden Grundstücke, Anlagen und Eechte gehen je zur Hälfte in das Miteigentum des Kantons Aargau und des Landes Baden-Württemberg über. Die Anlagen zur Fortleitung der elektrischen Kraft ab Schalthaus erwirbt jedoch jedes Land für sich, soweit sie auf seinem Hoheitsgebiet erstellt oder für die Überführung nach diesem Gebiete notwendig sind.

6 Das Kraftwerkunternehmen ist verpflichtet, das Wasserrecht, die Grundstücke und die dinglichen Eechte im Grundbuch auf ein Kollektivblatt eintragen zu lassen, in dem das Heimfallrecht anzumerken ist. Sollte die Anlage eines Kollektivblattes oder die Aufnahme einzelner Grundstücke in dieses Kollektivblatt nicht möglich sein oder ein in dem Kollektivblatt enthaltenes Grundstück später aus diesem ausgeschieden werden, so ist das Heimfallrecht auf den Blättern der betreffenden Grundstücke anzumerken.

Art. 88 Rückkauf 1 Der Kanton Aargau und das Land Baden-Württemberg können das ganze Kraftwerk auf je fünfjährige Voranzeige hin nach Ablauf von 40, 50 oder 60 Betriebsjahren lastenfrei zu Eigentum erwerben. Der Eückkaufpreis ist gleich dem arithmetischen Mittel aus dem Erstellungswert und dem Geschäftswert.

2 Der Erstellungswert wird hiebei für die festen Anlagen des Tief- und Hochbaues, mit Ausnahme der Dienstwohn- und Verwaltungsgebäude, auf den Betrag der gesamten Erstellungskosten dieser Anlagen abzüglich einer Abschreibung von 1% für jedes Jahr vom Beginn des 11.Betriebsjahres an festgesetzt.

Zu den Erstellungskosten dürfen nur die sachlich gerechtfertigten Ausgaben für Erwerb der Verleihung und Errichtung der Gesellschaft, ferner die Geldbeschaffungskosten, Kursverluste, Kosten der Organisation und der Errichtung des Betriebes und die Bauzinsen gerechnet werden. Für die seit der Vollendung des Werkes gemachten baulichen Erweiterungen und Erneuerungen ist der Erstellungswert gleich dem seinerzeitigen Kostenbetrage abzüglich einer Abschreibung von l % für jedes Betriebsjahr seit Ablauf von 10 Jahren nach der Erweiterung oder Erneuerung. Anlagen, für welche der Kostenausweis innerhalb der in Artikel 35 genannten Fristen nicht eingereicht wird, bleiben bei der Bestimmung des Eückkaufpreises ausser Betracht. Für die maschinellen und elektrischen Einrichtungen, auch die Turbinen und die beweglichen Anlagen zum Stauen oder Fassen, Zu- oder Ableiten des Wassers, sowie die Dienstwohn- und Verwaltungsgebäude und die Stromverteilungsanlagen wird eine angemessene, im Streitfalle durch Sachverständige festzusetzende Summe eingestellt. Die

759 Sachverständigen werden nach dem in Artikel 37, Absatz 8 festgelegten Verfahren bestimmt.

3 Als G e s c h ä f t s w e r t gilt der zwanzigfache Betrag des nach Vornahme der bei Unternehmungen solcher Art erforderlichen und üblichen Eücklagen, Abschreibungen und Reservestellungen verbleibenden mittleren Jahresgewinnes aus den der Voranzeige des Eückkaufes vorausgehenden fünf Geschäftsjahren.

4 Im Falle des Eückkaufes sind der Kanton Aargau und das Land BadenWürttemberg berechtigt und auf Verlangen des Kraftwerkunternehmens verpflichtet, die laufenden Energielieferungsverträge zu übernehmen und einzuhalten. Diese Verpflichtung besteht jedoch nur für solche Energielieferungsverträge, die keine Benachteiligung des Kraftwerkunternehmens bedeuten.

5 Beim Bückkaufe werden die Bestimmungen des Artikels 37, Absatz 5 sinngemäss angewendet. Ebenso ist Artikel 37, Absatz 4 auch im Falle des Eückkaufes massgebend.

VII.

Schlussbestimmungen

Art. 39 Verhältnis zu Dritten und Haftpflicht Durch diese Verleihung werden die Eechte Dritter nicht berührt.

2 Das Kraftwerkunternehmen haftet für jeden Schaden und Nachteil, der nachweisbar infolge der Errichtung oder des Betriebes der Wasserkraftanlage an Eechten Dritter entsteht.

3 Das Kraftwerkunternehmen ist verpflichtet, die beidseitigen Staaten (einschliesslich des Kantons Aargau) für gegen sie erhobene Ansprüche von Dritten schadlos zu halten und alle damit im Zusammenhang stehenden Prozesse auf eigene Kosten und Gefahr zu übernehmen.

4 Das Kraftwerkunternehmen ist berechtigt, gegen die ihm und den beiden Staaten verantwortlichen Dritten Eückgriff zu nehmen.

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Art. 40 Staatsaufsicht Die zuständigen Behörden wachen darüber, dass die Wasserkraftanlage und die damit zusammenhängenden Einrichtungen, einschliesslich der Schifffahrtanlagen, entsprechend den Bedingungen der Verleihung und den polizeilichen Vorschriften erstellt, unterhalten und betrieben werden. Das Kraftwerkunternehmen ist verpflichtet, den mit dieser Staatsaufsicht betrauten Beamten jederzeit den Zutritt zu sämtlichen Anlagen zu gestatten.

2 Die von den Behörden bei Zuwiderhandlungen zur Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes getroffenen Anordnungen hat das Kraftwerkunter1

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nehmen zu befolgen; widrigenfalls werden die nötigen Massnahmen auf seine Kosten getroffen. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen des Straf rechtes und die Pflicht des Kraftwerkunternehmens, Schadenersatz zu leisten.

3 Durch die staatliche Aufsichtführung wird das Kraftwerkunternehmen seiner Haftpflicht und Verantwortlichkeit nicht entbunden.

Art. 41 Kosten des Verleihungsverfahrens und der Staatsaufsicht Das Kraftwerkunternehmen trägt sämtliche Kosten des Verleihungsverfahrens. Es ist ferner für sämtliche aus Anlass der Prüfung der Pläne, Berechnungen und Anlagen, der staatlichen Aufsichtführung und der Pestsetzung des Wasserzinses entstehenden Kosten ersatzpflichtig.

Art. 42 Erlöschen und Verwirkung der Verleihung Die Verleihung für die Gesamtanlage erlischt : - durch Ablauf ihrer Dauer, - durch den gegenüber den beidseitigen Behörden ausgesprochenen Verzicht des Kraftwerkunternehmens.

2 Die Verleihung kann durch den Bundesrat als verwirkt erklärt werden: a. wenn die Fristen des Artikels 16 nicht eingehalten werden, b. wenn nach erfolgter Erstellung und Inbetriebnahme der Anlage der Betrieb während drei Jahren eingestellt war und hierauf die von den Behörden zur Wiederaufnahme des Betriebes bestimmte Frist von mindestens einem Jahre unbenutzt abgelaufen ist, c. wenn das Kraftwerkunternehmen wesentlichen Bedingungen dieser Verleihung trotz wiederholter Mahnung erheblich zuwiderhandelt.

3 In den Fällen von Absatz 2, Buchstabe a und fc soll die Frist verlängert werden, wenn nach den Umständen eine Verlängerung billigerweise nicht verweigert werden könnte.

" 4 Ehe der Bundesrat die Verleihung als verwirkt erklärt, wird er sich mit der Baden-Württembergischen Eegierung ins Einvernehmen setzen.

6 Beim Erlöschen oder bei der Verwirkung dieser Verleihung ist das Kraftwerkunternehmen verpflichtet, auf seine Kosten und nach den Weisungen der Behörden den den öffentlichen Interessen entsprechenden Zustand herzustellen.

6 Im Falle des Verzichtes und der Verwirkung können der Kanton Aargau und das Land Baden-Württemberg die Anlagen nach den Bestimmungen des Artikels 37 an sich ziehen.

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Art. 43 Wirksamkeit der Verleihung Diese Verleihung wird in Kraft gesetzt, wenn die Regierungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Landes Baden-Württemberg einander die ihr Gebiet betreffenden Verleihungsurkunden mitgeteilt und durch Austausch von Erklärungen festgestellt haben, dass die Verleihungen beidseits auf Grund übereinstimmender Pläne erteilt und dass die Bedingungen der zwei Verleihungen in allen Punkten, über die eine Verständigung im Sinne der Übereinkunft vom 10. Mai 1879 und des Vertrages vom 28. März 1929 erforderlich ist, übereinstimmen.

Bern, den 25. August 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P.Chaudet Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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Inkraftsetzung Nachdem die Übereinstimmung der schweizerischen und der baden-württembergischen Verleihung feststeht, wird die vorliegende Verleihung auf den I.Oktober 1959 in Kraft gesetzt.

Bern, den 29. September 1959.

Eidgenössisches Post- und Eisenbahndepartement: Der Stellvertreter: Wahlen

Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. II.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Goldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (Vom 9. Oktober 1959)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1959

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

42

Cahier Numero Geschäftsnummer

7936

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.10.1959

Date Data Seite

732-761

Page Pagina Ref. No

10 040 739

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