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Bundesblatt 111. Jahrgang

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Bern, den 30. Juli 1959

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Band II

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung eines zwischen der Schweiz und der Tschechoslowakischen Republik abgeschlossenen Abkommens über soziale Sicherheit (Vom 27. Juli 1959) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen das am 4. Juni 1959 zwischen der Schweiz und der Tschechoslowakei unterzeichnete Abkommen über soziale Sicherheit (im folgenden «Abkommen» genannt) zur Genehmigung zu unterbreiten.

A. Allgemeines Seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung sind die tschechoslowakischen Behörden wiederholt mit dem Wunsch nach Abschluss eines Sozialversicherungsabkommens an die Schweiz herangetreten. Obschon die beidseitigen Kolonien infolge der kriegerischen und politischen Ereignisse der letzten Jahrzehnte auf einen Teil ihres einstigen Bestandes zurückgegangen sind, und wenn auch unter den gegebenen Verhältnissen für die nächsten Jahre kaum mit einer Zunahme der derzeitigen Bestände zu rechnen ist, so kommt dennoch einer vertraglichen Regelung der gegenseitigen Beziehungen auf dem Gebiete der Sozialversicherung für beide Staaten erhebliche Bedeutung zu: für die Schweiz vor allem deshalb, weil es nur durch den Abschluss eines Abkommens möglich ist, die Interessen jener zahlreichen Schweizerbürger zu wahren, die durch ihren seinerzeitigen Aufenthalt in der Tschechoslowakei Ansprüche oder Anwartschaften gegenüber der dortigen Sozialversicherung erworben haben; für die Tschechoslowakei wegen der zum Teil die Rechte der Ausländer empfindlich einschränkenden Klauseln der schweizerischen Sozialversicherung.

Bundesblatt.lll.Jahrg.Bd.II.

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226 Im April 1957 fand in Prag zwischen Vertretern des Bundesamtes für Sozialversicherung und des tschechoslowakischen Staatsamtes für soziale Sicherheit eine erste Fühlungnahme informativen Charakters statt. Diese bot Gelegenheit zu einer gegenseitigen Orientierung über die Sozialversicherungsgesetzgebung sowie zur Prüfung der Grundlagen und der Möglichkeit des Abschlusses eines Sozialversicherungsabkommens.

Die offiziellen Verhandlungen zwischen einer schweizerischen Delegation, geleitet von Herrn Dr.A. Saxer, Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherung, und einer tschechoslowakischen Delegation, geleitet von Herrn Dr. J. John, erster Vizepräsident des Staatsamtes für soziale Sicherheit, wurden vom 23.Februar bis 2.März 1959 in Bern geführt. Die Unterzeichnung des Abkommens erfolgte am 4. Juni 1959 anlässlich der Internationalen Arbeitskonferenz und wurde schweizerischerseits durch Herrn Direktor Dr.A. Saxer, tschechoslowakischerseits durch Herrn Dr.E.Brban, 'Präsident des tschechoslowakischen Staatsamtes für soziale Sicherheit, vollzogen.

Das Abkommen bezieht sich schweizerischerseits auf die Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie auf die Versicherung gegen Betriebsunfälle, Nichtbetriebsunfälle und Berufskrankheiten, tschechoslowakischerseits auf die Eentensicherstellung im Falle des Alters, der Invalidität oder des Todes sowie bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und, soweit in den beiden letzteren Fällen Sachleistungen in Betracht .fallen, auf die Präventiv- und Heilfürsorge.

In Ziffer 3 des Schlussprotokolls wird schweizerischerseits die grundsätzliche Bereitschaft erklärt, nach Einführung der Invalidenversicherung diese gleichfalls in das Abkommen einzubeziehen.

Was den persönlichen Geltungsbereich des Abkommens anbetrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen des Abkommens nur auf solche tschechoslowakische Staatsangehörige Anwendung finden, die im Besitze gültiger, von der örtlich zuständigen diplomatischen oder konsularischen Vertretung ausgestellter Ausweise über ihre Staatsbürgerschaft sind (Schlussprotokoll Ziffer 1).

Entsprechend der heutigen allgemeinen Tendenz auf dem Gebiete der zwischenstaatlichen Sozialversicherung ist auch im vorhegenden Abkommen der Grundsatz der Gleichbehandlung weitgehend verwirklicht worden. So sieht Artikel 2 des Abkommens vor,
dass soweit im Abkommen nichts anderes bestimmt ist, die schweizerischen und die tschechoslowakischen Staatsangehörigen in den Eechten und Pflichten aus den vom Abkommen erfassten Versicherungszweigen einander gleichgestellt sind.

B. Die Alters-, Invaliden- und Hinterlassenenversicherung I. Die tschechoslowakische Gesetzgebung über die Renteasicherstellung der Arbeitnehmer Am I.Januar 1957 ist in der Tschechoslowakei das Gesetz über die soziale Sicherheit vom 30. November 1956 in Kraft getreten, mit welchem die bisherige

227 Sozialversicherungsgesetzgebung tiefgreifend geändert wurde. In seinem zweiten Teil regelt dieses Gesetz die Bentensicherstellung der Arbeitnehmer, die Gegenstand des vorliegenden Abkommens bildet. Das genannte Gesetz wird durch die Begierungsverordnung Nummer 56 vom 18. Dezember 1956 über die Bentenversicherung der Mitglieder der einheitlichen landwirtschaftlichen Genossenschaften, der einzeln wirtschaftenden Landwirte und anderer selbständig wirtschaftender Personen ergänzt, die ebenfalls in das Abkommen einbezogen wurde.

Zum besseren Verständnis der Probleme, die sich für die Schweiz beim Abschluss des Abkommens stellen, erscheint es zweckmässig, vorerst eine kurze Darstellung der tschechoslowakischen Gesetzgebung zu vermitteln, wobei wir die Verordnung vom 18. Dezember 1956, wegen ihrer untergeordneten Bedeutung für die Schweiz, ausser Betracht lassen. Die folgenden Ausführungen gestatten uns zudem, Einblick in den Aufbau und die beschäftigungspolitischen Aspekte der Bentenversicherung eines Staates zu nehmen, dessen System der sozialen Sicherheit auf einer von der unseren verschiedenen Wirtschaftsordnung beruht.

Der verwendete Ausdruck «Bentensicherstellung» deutet übrigens bereits an, dass es sich bei dem tschechoslowakischen System nicht um eine Sozialversicherung im herkömmlichen Sinne handelt.

1. Der Kreis der geschützten Personen Anspruch auf Leistungen der Bentensicherstellung haben alle Arbeiter und Angestellten, Heimarbeiter, Lehrlinge und Schüler staatlicher Lehrwerkstätten sowie deren Hinterlassen e.

Der gleiche Leistungsanspruch steht Hochschülern, Assistenten, Künstlern, Architekten, Wissenschaftlern, Artisten u.a.m. zu, sofern sie von der zuständigen Spitzenorganisation anerkannt sind und nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen.

2. Die Finanzierung Beiträge werden weder von den Arbeitgebern noch von den Arbeitnehmern erhoben. Die Leistungen gehen au&schliesslich zu Lasten des Staatsbudgets.

3. Die Leistungen Die Leistungen bestehen in Altersrenten, Invaliden- und Teilinvalidenrenten, Hinterlassenenrenten, Benten für die Ehefrau, sowie in Altersdienstrenten und persönlichen Benten. Neben den Benten werden gegebenenfalls noch Erziehungs- und Hilflosenzulagen ausgerichtet.

4. Die Anspruchsvoraussetzungen und die Höhe der Benten Die Anspruchsvoraussetzungen, wie auch die Höhe der Leistungen sind von der Art und der Dauer der Beschäftigung sowie von der Höhe des durchschnittlichen Einkommens abhängig.

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.

Die Arbeitskategorien Die Beschäftigungen sind in 3 Kategorien eingeteilt. In die erste gehören die Bergarbeiter und die aktiven Flieger, in die zweite Werktätige, die unter besonders schweren Bedingungen arbeiten, und in die dritte alle übrigen Arbeiter und Angestellten.

Die Beschäftigungsdauer Als Beschäftigungsdauer gilt vor allem jede Zeit der Beschäftigung seit dem I.Januar 1957 sowie die Dauer der Zugehörigkeit zur früheren Rentenversicherung. Als Ersatzzeiten werden Militärdienstzeiten, Zeiten des Hochschulbesuches oder der fachlichen und politischen Schulung, Zeiten des Bezuges von Krankengeld u.a.m. angerechnet.

Wird eine Beschäftigung während höchstens 5 Jahren unterbrochen, so werden die vorher zurückgelegten Zeiten angerechnet. Übersteigt die Unterbrechung die Dauer von 5 Jahren, so werden frühere Beschäftigungszeiten nur dann angerechnet, wenn die darauffolgende Beschäftigung mindestens 5 Jahre gedauert hat. Zeiten, während denen eine geschützte Person eine Invalidenrente oder eine Dienstrente bezogen oder aus wichtigen Gründen nicht gearbeitet hat, gelten nicht als Unterbrechung, doch werden solche Zeiten nicht als Beschäftigungszeiten angerechnet.

Der durchschnittliche Jahresverdienst Massgebend für die Ermittlung des Durchschnittsverdienstes sind die letzten fünf oder zehn Beschäftigungsjahre vor Entstehen des Leistungsanspruchs, je nachdem was für den Beschäftigten vorteihafter ist. Bis zur Höhe von 24000 Kronen wird der durchschnittliche Jahresverdienst voll und von 24000 Kronen bis 60000 Kronen zu einem Drittel angerechnet. Der anrechenbare Durchschnittsverdienst beträgt demnach höchstens 36000 Kronen im Jahr.

a. Die Altersrenten Der Anspruch auf Altersrente entsteht nach 20j ähriger Beschäftigung, und zwar für die Beschäftigten der ersten Kategorie und für die Frauen mit Vollendung des 55. Altersjahres, für die übrigen Arbeiter und Angestellten mit Vollendung des 60. Altersjahres. Zudem müssen die Eentenanwärter bei Eintritt des Versicherungsfalles beschäftigt sein oder eine Beschäftigung seit längstens 2 Jahren aufgegeben haben.

Waren sie während weniger als 20 Jahren aber mehr als 5 Jahren beschäftigt, so erwerben sie einen Anspruch mit Vollendung des 65. Altersjahres.

Die Altersgrundrente beträgt in der ersten Kategorie 60 Prozent, in der zweiten Kategorie 55 Prozent
und in der dritten Kategorie 50 Prozent des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes. Dazu kommen jährliche Steigerungsbeträge, und zwar in der ersten Kategorie von 2 Prozent und in der zweiten Kategorie von 1,5 Prozent ab dem 21. Beschäftigungsjahr und in der dritten Kategorie von l Prozent ab dem 26. Beschäftigungsjahr.

229 Demnach beträgt die Altersrente : Nach Arbeitsjahren 20 21

22 23 24

25 26 30 35 40

Bei Arbeitern und Angestellten der 3. Kategorie

2.'Kategorie

1. Kategorie

(in % des durchschnittl. Jahresverdienstes)

50 50 50 50 50 50 51 55 60 65

55 56,5 58 59,5 61 62,5 64 70 77,5 85

60 62

64 66 68 70 72 80 90 90

Arbeitet ein Angehöriger der zweiten oder dritten Kategorie nach Vollen' düng des 60. Altersjahres (bei Frauen des 55. Altersjahres) weiter, so erhält er neben seinem Lohn einen Drittel der Altersrente ausbezahlt. Gleichzeitig erhöht sich die Altersrente für jedes weitere Arbeitsjahr zwischen 60 und 65 Jahren um 4 Prozent des durchschnittlichen Jahresverdienstes.

Arbeitet er auch noch nach Vollendung des 65. Altersjahres weiter, so erhält er neben dem Lohn die volle Altersrente ausbezahlt, wobei sich die Altersrente nochmals je nach Kategorie um 1,5 bzw. l Prozent des tatsächlichen Arbeitsverdienstes für jedes weitere Jahr erhöht. Gleiches gilt für die Angehörigen der ersten Kategorie mit dem Unterschied, dass sie schon mit Vollendung des 55. Altersjahres neben dem Lohn die volle Altersrente erhalten, wenn sie in der gleichen Kategorie weiterarbeiten; dabei erhöht sich die Eente jährlich nochmals um 2 Prozent des tatsächlichen Arbeitsverdienstes.

Hat ein Beschäftigter mit 65 Jahren oder später weniger als 20 Jahre, aber mindestens 5 Jahre lang gearbeitet, so erhält er eine Teilrente im Verhältnis der tatsächlichen Arbeitsjahre zu 20 Jahren.

b. Die Invalidenrente Der Anspruch auf eine Invalidenrente setzt eine Mindestbeschäftigungsdauer voraus. Zudem muss der Arbeitnehmer während seiner Beschäftigung oder längstens 2 Jahre nach Beendigung der Beschäftigung invalid oder teilinvalid werden.

Die Mindestbeschäftigungsdauer kann bei Beschäftigten unter 20 Jahren auch weniger als l Jahr betragen. Nach dem 20. Altersjahr beträgt sie: vom 20. bis 22. Altersjahr l Jahr; vom 23. bis 24. Altersjahr 2 Jahre; vom 24. bis 26.

Altersjahr 3 Jahre; vom 26. bis 28. Altersjahr 4 Jahre und vom 28. Altersjahr aufwärts 5 Jahre.

Das Gesetz unterscheidet zwischen Invaliden- und Teilinvalidenrenten. Im Gesetz selbst findet sich keine Definition für diese zwei Begriffe ; es überlässt es der Regierung, die Grundsätze aufzustellen, wonach sich die Invalidität und die

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Teilinvalidität beurteilen. Nach einer Verlautbarung des beauftragten Staatsamtes für soziale Sicherheit gilt derjenige als invalid, der völlig erwerbsunfähig is.t, oder dessen Gesundheitszustand sich durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit wesentlich verschlechtern würde oder der nicht mehr in der Lage ist, eine Arbeit zu verrichten, die qualitativ und ihrer gesellschaftlichen Bedeutung nach der früheren Tätigkeit und seinen Fähigkeiten entspricht. Teilinvalid ist derjenige, dessen Verdienst wesentlich zurückgegangen ist, weil er seine bisherige Beschäftigung nur unter bedeutend verschlechterten Arbeitsbedingungen oder der nur noch eine weniger qualifizierte Arbeit verrichten kann.

Der Grundbetrag der Invalidenrente beträgt 50 Prozent des durchschnittlichen anrechenbaren Jahres Verdienstes. Hat bei Beginn der Invalidität die Beschäftigung mehr als 15 Jahre gedauert, so werden für das 16. und jedes weitere Beschäftigungsjahr je nach Kategorie Steigerungsbeträge von 2, 1,5 und l Prozent des durchschnittlichen Jahresverdienstes gewährt. Demnach beträgt die Invalidenrente : Nach Arbeitsiahren 15

16 17

18 20 25 30 35 40

Bei Arbeitern und Angestellten der 3. Kategorie

2. Kategorie

1. Kategorie

(in % des durchschnittl. Jahresverdienstes) 50 51 52 53 55

60 65 70 75

50 51,5

50 52

53 54,5 57,5 65 72,5 80 85

54 56 60 70 80 90 90

Die Teilinvalidenrente beträgt je nach Arbeitskategorie 85, 32 und 30 Prozent des durchschnittlichen Jahresverdienstes.

Arbeitet der Bezüger einer Invalidenrente weiter, so erhöht sich seine Eente (ab 16. Beschäftigungsjahr) nochmals je nach Arbeitskategorie um 2, 1,5 und l Prozent des tatsächlichen Jahresverdienstes.

R e n t e n m a x i m a und -minima Die Altersrenten wie auch die Invalidenrenten betragen in der ersten Kategorie höchstens 90 Prozent, in den beiden anderen Kategorien höchstens 85 Prozent des anrechenbaren durchschnittlichen Jahresverdienstes, mindestens aber 400. Kronen im Monat. Die Altersrente bei einer Beschäftigungsdauer von weniger als 20 Jahren beträgt mindestens 300 Kronen monatlich.

c. Die Hinterlassenenrenten Die Hinterlassenen eines Beschäftigten, der die Wartezeit für die Invalidenrente erfüllt, oder des Bezügers einer Alters-, Invaliden-, Teilinvaliden- oder Altersdienstrente haben Anspruch auf Hinterlassenenrenten.

231 Die Witwenrente wird zunächst immer für die Dauer eines Jahres gewährt.

Nach Ablauf eines Jahres wird die Witwenrente nur unter bestimmten Voraussetzungen weiterbezahlt, so insbesondere wenn die Witwe invalid ist oder das 50. Altersjahr zurückgelegt hat, wenn sie ein waisenrentenberechtigtes Kind hat oder wenn sie das 45. Altersjahr zurückgelegt und mindestens zwei Kinder aufgezogen hat.

Die Witwenrente beträgt 70 Prozent der Eente, auf die der verstorbene Ehegatte Anspruch gehabt hätte, oder der Alters-, Invaliden- oder Dienstrente, die er im Zeitpunkt seines Todes bezog.

Die Waisenrente wird bis zur Beendigung der Schulpflicht, in den Fällen von weiterer Ausbildung oder von Invalidität bis zum 25. Altersjahr gewährt.

Die Waisenrente beträgt ein Viertel, die Vollwaisenrente die Hälfte der entsprechenden Witwenrente, mindestens aber 120 bzw. 240 Kronen im Monat.

d. Die Benten zu Gunsten der Ehefrau Die nichterwerbstätige Ehefrau eines Beschäftigten, der die Wartezeit für die Invalidenrente erfüllt hat, oder eines Bentenbezügers erhält, wenn sie invalid ist oder das 65. Altersjahr zurückgelegt hat und keine andere Eente bezieht, die Eente zu Gunsten der Ehefrau .von monatlich 100 Kronen.

e. Die Dienstrente und die persönliche Eente Personen, die einen Beruf ausüben, der ausserordentliche Ansprüche an die Fähigkeiten und den Organismus des Beschäftigten stellt, erhalten nach einer bestimmten von der Eegierung festzusetzenden Beschäftigungsdauer ohne Eücksicht auf ihr Alter eine Dienstrente.

Ebenso kann besonders verdienten Personen auf dem Gebiete der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Kultur, der Verwaltung und anderer Zweige der öffentlichen Tätigkeit sowie deren Hinterlassenen eine persönliche Eente zugesprochen werden.

/. Die Sozialrenten Bedürftige Personen,1 denen kein Anspruch auf eine ordentliche Eente zusteht und die das 65. Altersjahr zurückgelegt haben oder invalid sind, kann eine Sozialrente zugesprochen werden.

g. Die Erzdehungsbeihilfen Zu allen Eenten, mit Ausnahme der Hinterlassenenrenten, wird für jedes Kind, und zwar bis zur Beendigung der Schulpflicht oder bei weiterer Ausbildung bis zum 25. Altersjahr, eine Erziehungshilfe gewährt. Diese beträgt für das 1. Kind 70 Kronen (bei Invalidenrenten 120 Kronen) im Monat und steigt progressiv bis zum 5. Kind"; für dieses und jedes weitere beträgt sie 710 Kronen (820 Kronen) im Monat.

232 h. Die Hilflosenzulage Ist ein Rentenempfänger so hilflos, dass er dauernd auf die Pflege und Hilfe einer Drittperson angewiesen ist, so kann seine Eente bis zu 50 Prozent erhöht werden.

5. Vergleich mit der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung Vergleichen wir das tschechoslowakische System der Bentensicherstellung mit der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung, so stellen wir im wesentlichen folgendes fest : Das tschechoslowakische System deckt neben den Eisiken des Alters und des Todes auch das Eisiko der Invalidität. Es stellt somit hinsichtlich der gedeckten Eisiken eine umfassende Versicherung dar. Der Kreis der geschützten Personen ist durch das Fehlen einer generellen Versicherung zu Gunsten der Selbständigerwerbenden und den Ausschluss der Nichterwerbstätigen enger als derjenige der schweizerischen Versicherung. Der Eahmen einer Klassenversicherung ist indessen durch den Einbezug ganzer Gruppen von Selbständigerwerbenden wesentlich erweitert worden. Die Altersgrenze liegt für Männer und Frauen tiefer als in der schweizerischen Versicherung. Das tschechoslowakische System gewährt .neben den Altersrenten gegebenenfalls Erziehungszulagen; dagegen kennt es keine Ehepaarrenten. Die Tschechoslowakei besitzt einen mit der schweizerischen Ordnung vergleichbaren Hinterlassenenschutz. Die Bezugsvorausetzungen des tschechoslowakischen Systems sind im allgemeinen strenger als diejenigen der schweizerischen Versicherung. Werden diese erfüllt, so sind die Leistungen, namentlich bei langen Beschäftigungsdauern, denjenigen der schweizerischen Versicherung überlegen.

Alles in allem muss daher die Frage der Gleichwertigkeit bejaht werden.

II. Der Inhalt des Abkommens 1. Der Leistungsanspnißh a. Stellung der tschechoslowakischen Staatsangehörigen in der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung.

Ordentliche Eenten Die tschechoslowakischen Staatsangehörigen sollen immer dann Anspruch auf die ordentlichen Eenten der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung haben, wenn sie bei Eintritt des Versicherungsfalls - insgesamt während mindestens fünf vollen Jahren Beiträge an die schweizerische Versicherung bezahlt haben oder - insgesamt während 10 Jahren - davon mindestens 5 Jahre unmittelbar und ununterbrochen vor dem Versicherungsfall - in der Schweiz gewohnt und in dieser Zeit während mindestens eines vollen Jahres Beiträge an die schweizerische Versicherung bezahlt haben.

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Ebenso sollen die Hinterlassenen eines tschechoslowakischen Staatsangehörigen, der eine der vorstehenden Bedingungen erfüllt, Anspruch auf die ordentlichen Eenten der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung haben (Art. 7, Abs. l und 2 des Abkommens).

Ferner wird in Aussicht genommen, die Kürzung der Eenten um ein Drittel gemäss Artikel 40 des Alters- und Hinterlassenenversicherungsgesetzes fallen zu lassen (Abkommen Art. 5).

Übergangsrenten Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist schweizerischerseits auch auf die Übergangsrenten ausgedehnt worden. So sollen tschechoslowakische Staatsangehörige immer dann Anspruch auf eine Übergangsrente der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung haben, wenn sie während den letzten zehn Jahren vor der Geltendmachung des Anspruchs ununterbrochen in der Schweiz gewohnt haben und während dieser Zeit keine Überweisung oder Rückerstattung von Beiträgen erfolgt ist. Indessen soll billigerweise eine vor Inkrafttreten des Abkommens erfolgte Eückerstattung der Beiträge der unmittelbaren Gewährung einer Übergangsrente nicht entgegenstehen; in diesen Fällen sollen jedoch die bereits zurückerstatteten Beiträge mit den zu gewährenden Eenten verrechnet werden (Art. 9, Abs. l des Abkommens und Ziffer 11 des Schlussprotokolls).

Der Einbezug der Übergangsrenten war insofern gegeben, als sich die Tschechoslowakei ihrerseits bereit erklärt hat, ihre beitragsfreien und an keine Mindestaufenthaltsdauer gebundenen Sozialrenten den Schweizerbürgern unter den gleichen Bedingungen wie den eigenen Staatsangehörigen zu gewähren (Art. 9, Abs. 2 des Abkommens).

6. Die Stellung der Schweizerbürger in der tschechoslowakischen Eentenversicherung Als Gegenleistung sichert die Tschechoslowakei den Schweizerbürgern und ihren Hinterlassenen unter den gleichen Voraussetzungen wie den eigenen Staatsangehörigen den Anspruch auf sämtliche Leistungen der tschechoslowakischen Eentenversicherung zu. Es sei darauf hingewiesen, dass Ziffer 14 des Schlussprotokolls diese Gleichbehandlung auch für die Abgeltung von Ansprüchen aus früheren betrieblichen Versicherungseinrichtungen gewährleistet.

Vom Grundsatz der Gleichbehandlung sind, mit Eücksicht auf ihren besonderen Charakter (vgl. oben Abschnitt B, Unterabschnitt I, Ziffer 4, Buchstabe e), einzig die Dienstrenten und die
persönlichen Eenten ausgenommen (Ziffer 4 des Schlussprotokolls).

Besondere Beachtung verdient die Eegelung des Abkommens, wonach die Tschechoslowakei im Sinne einer einseitigen Totalisation der Versicherungszeiten die schweizerischen Versicherungszeiten eigenen Versicherungs- bzw.

Beschäftigungszeiten gleichstellt. Und zwar erfolgt diese Gleichstellung für die Feststellung des Anspruchs auf sämtliche nach der tschechoslowakischen

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Gesetzgebung zu gewährenden Leistungen, mit Ausnahme der Invalidenrenten, da für diese schweizerischerseits zur Zeit des Vertragsabschlusses eine Gegenleistung fehlte.

Die getroffene Kegelung hat für die Schweizerbürger (wie übrigens auch für die tschechoslowakischen Staatsangehörigen) den Vorteil, dass nunmehr im Falle ihres Ausscheidens aus der tschechoslowakischen Eentensicherstellung namentlich dann, wenn sie die Tschechoslowakei verlassen, um in die Heimat zurückzukehren - ihr Anspruch auf eine tschechoslowakische Alters- oder Hinterlassenenrente erhalten bleibt, solange sie der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung angeschlossen sind. Und zwar ist die Anrechnung der schweizerischen Versicherungszeiten in doppelter Hinsicht bedeutsam: - einmal weil nach der tschechoslowakischen Gesetzgebung schon eine geringfügige Unterbrechung der Beschäftigungsdauer den Untergang des Leistungsanspruchs zur Folge hat und ferner - weil die neue tschechoslowakische Eentensicherstellung die früheren Möglichkeiten der freiwilligen Weiterversicherung und der Zahlung einer Anerkennungsgebühr zur Erhaltung des Leistungsanspruches nicht mehr kennt.

In den Fällen, in denen schweizerische Versicherungszeiten zur Anrechnung gelangen, gewährt die tschechoslowakische Eentensicherstellung. eine Eente pro rata .temporis, und zwar im Verhältnis der tschechoslowakischen Zeiten zur Gesamtdauer der in beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Zeiten. Ist dabei der Eentenbetrag, auf den der Beteiligte allein nach der tschechoslowakischen Gesetzgebung Anspruch erheben kann, höher als die Summe der Eenten, die ihm in beiden Vertragsstaaten bei Anwendung der pro-rata-Methode zustehen, so erhält er von der tschechoslowakischen Eentensicherstellung eine Zulage in der Höhe des Unterschiedsbetrages (Art. 8 des Abkommens).

Wir haben in unseren Ausführungen unter Abschnitt A dargelegt, dass unter den gegebenen Verhältnissen die Hauptbedeutung des Abkommens für die Schweiz in der Wahrung der Interessen der schon seit längerer Zeit aus der Tschechoslowakei heimgekehrten Schweizerbürger Hegt. Es rechtfertigt sich deshalb, kurz auf die Bedeutung der Totalisation der Versicherungszeiten für diese Landsleute hinzuweisen.

Dabei sind vor allem die alten Fälle, d. h. jene Fälle, in denen der Versicherungsfall vor Inkraftreten
des Abkommens eingetreten ist, von Interesse.

Hiebei ist zu unterscheiden zwischen den Fällen, in denen ein anerkannter Eentenanspruch besteht und jenen, in denen kein solcher besteht, sei es, weil ein Eentenantrag abgewiesen, sei es, weil noch kein Eentenantrag gestellt wurde.

Für die ersteren Fälle stellen sich nur mit Bezug auf die Auszahlung der Leistungen nach der Schweiz und nach Drittstaaten bestimmte Probleme ; wir verweisen diesbezüglich auf den nachstehenden Abschnitt 3. Was die letzteren Fälle anbetrifft, ist zunächst festzuhalten, dass die Bestimmungen des Abkommens auch auf sie Anwendung finden; dementsprechend sind solche Fälle nach diesen Bestimmungen neu zufprüfen und zu entscheiden (Art. 17, Abs. l und 3 des Abkommens). Die im Abkommen festgelegte Anrechnung von schweizeri-

235 sehen Versicherungszeiten ist hier deshalb wichtig, weil sie die einzige Möglichkeit darstellt, nach innerstaatlichem Eecht erloschene Ansprüche gegebenenfalls wieder zum Aufleben zu bringen.

Es darf dabei jedoch nicht übersehen werden, dass die Totalisation der Versicherungszeiten nur in jenen Fällen wirksam werden kann, in denen der Versicherungsfall nach Einführung der schweizerischen AHV eingetreten ist ; ist der Eentenfall vor diesem Zeitpunkt eingetreten, so ist sie dagegen mangels anrechenbarer schweizerischer Zeiten unbehelflich. Soweit also schweizerische Versicherungszeiten berücksichtigt werden können, werden sie einzelne Versicherungsansprüche reaktivieren und den Versicherten eine pro-rata-Eente sichern können.

2. Die Rückerstattung der Beiträge Die Eückerstattung von Alters- und Hinterlassenenversicherungs-Beiträgen an die tschechoslowakischen Staatsangehörigen ist schweizerischerseits auf die vom Versicherten selbst bezahlten Beiträge beschränkt worden. Eine Eückerstattung der vollen Beiträge, d. h. gegebenenfalls auch der Arbeitgeberbeiträge, konnte nicht in Betracht fallen, da die Tschechoslowakei, die keine Beiträge zur Eentensicherstellung erhebt, nicht in der Lage war, Gegenrecht zu halten. Anderseits konnten die tschechoslowakischen Staatsangehörigen nicht schlechter gestellt werden als die Angehörigen eines Nichtvertragsstaates, die auf Grund von Artikel 18, Absatz 8 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenen versicherung und der Verordnung vom 14. März 1952 Anspruch auf Eückerstattung der persönlich an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversioherung bezahlten Beiträge haben.

Nach dem Abkommen sollen die tschechoslowakischen Staatsangehörigen und ihre Hinterlassenen bei Fehlen eines Eentenanspruches verlangen können, dass die vom Versicherten an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung bezahlten Beiträge an die tschechoslowakische Eentensicherstellung überwiesen werden, sofern sie in der Tschechoslowakei wohnen und allein nach der tschechoslowakischen Gesetzgebung oder unter Berücksichtigung des Abkommens Anspruch auf Leistungen der tschechslowakischen Eentensicherstellung haben oder sofern sie in der Schweiz oder in einem Drittstaat wohnen und allein nach der tschechoslowakischen Gesetzgebung Anspruch auf eine Leistung der
tschechoslowakischen Eentensicherstellung haben. In den andern Fällen werden die Beiträge dem Versicherten oder seinen Hinterlassenen zurückerstattet.

Es ist interessant, darauf hinzuweisen, dass in den Fällen, in denen die Beiträge nach der Tschechoslowakei Überwiesenwerden, die diesen entsprechenden schweizerischen Versicherungszeiten in der dortigen Eentensicherstellung tschechoslowakischen Zeiten vollkommen gleichgestellt werden und dass folgerichtig auf die pro-rata-Berechnung der Leistungen verzichtet wird (Art.[7, Abs. 3, in Verbindung mit Art. 8, Abs. 2, Buchstabe c des Abkommens).

Was die Eückerstattung von Beiträgen durch die Tschechoslowakei an nicht rentenberechtigte Schweizerbürger betrifft, ist, wie vorstehend bereits an-

236 gedeutet, zunächst festzuhalten, dass eine solche nach der geltenden tschechoslowakischen Gesetzgebung ausser Betracht fällt, da an die neue Eentensicherstellung keine Beiträge bezahlt werden. Was die frühere Gesetzgebung anbetrifft, ist vorerst darauf hinzuweisen, dass eine Eückerstattung von Beiträgen in allen jenen Fällen gegenstandslos wird, in denen dank der Berücksichtigung von schweizerischen Versicherungszeiten der Anspruch auf eine tschechoslowakische Leistung erworben wird. In den übrigen Fällen konnte sich die Tschechoslowakei zur Eückerstattung der zum grössten Teil verlorenen und entwerteten Beiträge nicht bereit finden ; dies konnte ihr billigerweise auch nicht zugemutet werden.

3. Die Zahlung der Leistungen nach dem Ausland Wie wir schon in den Botschaften zu den früheren Sozialversicherungsabkommen dargelegt haben, ist, neben der Gleichbehandlung, eines der Hauptziele der zwischenstaatlichen Verhandlungen die Gewährung der uneingeschränkten Überweisung der Leistungen von einem Vertragsstaat in den andern und möglicherweise auch nach Drittstaaten. Im Falle der Tschechoslowakei kam der Eegelung dieser Frage insofern besondere Bedeutung zu, als die tschechoslowakische Gesetzgebung für Ausländer die Zahlung der Leistungen nach dem Ausland grundsätzlich vom Bestehen einer zwischenstaatlichen Vereinbarung abhängig macht.

Nach dem Abkommen gewährleistet die Tschechoslowakei für die Angehörigen beider Vertragsstaaten die Auszahlung der Leistungen seiner Bentensicherstellung in vollem Umfange und ohne Kürzung nach der Schweiz. Allfällige Zuschläge und Erhöhungen werden in Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung den in der Schweiz wohnhaften Schweizerbürgern unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Umfang wie den bei uns lebenden tschechoslowakischen Staatsangehörigen ausbezahlt.

Bei Aufenthalt in einem Drittstaat erhalten die Schweizerbürger die tschechoslowakischen 'Leistungen unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Umfang wie die tschechoslowakischen Staatsangehörigen, die sich in einem Drittstaat aufhalten, mit dem kein Abkommen besteht. Diese Eegelung, die anscheinend gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstösst, ist darauf zurückzuführen, dass die Tschechoslowakei mit einzelnen Oststaaten Gegenseitigkeitsabkommen auf der Grundlage des sogenannten
Territorialitätsprinzips abgeschlossen hat.

Nach einem solchen Abkommen wird ein Angehöriger der beiden Partnerstaaten, der sich von einem Vertragsstaat in den andern begibt, von der sozialen Sicherheit des letztern Staates voll und ganz übernommen, wie wenn er seine ganze Versicherungskarriere in diesem Staat zurückgelegt hätte und dies unter völliger Entlastung der Versicherung des ersten Staates. Die Versicherung des ersten Staates zahlt demnach beim Bestehen eines solchen Abkommens auch für die eigenen Staatsangehörigen keinerlei Leistungen nach dem andern Staat. Bei Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung hätte dies deshalb bedeutet, dass ein Schweizerbürger bei Wohnsitz in einem Staat, mit

237 dem die Tschechoslowakei ein Abkommen nach dem Territorialitätsprinzip abgeschlossen hat, keine tschechoslowakischen Leistungen erhalten hätte. Diese Konsequenz ist mit der getroffenen Eegelung vermieden worden : da die Tschechoslowakei den eigenen Staatsangehörigen bei Aufenthalt im Ausland die Leistungen unabhängig vom Bestehen eines zwischenstaatlichen Abkommens gewährt, werden dementsprechend die Schweizerbürger in jedem Drittstaat die tschechoslowakischen Leistungen in vollem Umfang, gegebenenfalls einschliesslich der Zulagen und Erhöhungen, genau wie die tschechoslowakischen Staatsangehörigen erhalten (Art. 5, Abs. l und 2 des Abkommens).

Es ist jedoch zu beachten, dass die geschilderte Eegelung nur für alle nach dem neuen Gesetz über die Eentensicherstellung zu gewährenden Leistungen gilt. Für die nach der früheren Gesetzgebung, d. h. für die vor dem I.Januar 1957 entstandenen Ansprüche, sah sich die Tschechoslowakei dagegen ausserstande, die Leistungen in vollem Umfang nach der Schweiz und nach Drittstaaten zu zahlen, und zwar deshalb, weil nach dem alten Eecht, das für diese Fälle allein massgebend bleibt, die nach dem Ausland bezahlten Leistungen auch für tschechoslowakische Staatsangehörige gewissen Kürzungen unterliegen. Dagegen konnte für diese Fälle, neben der Gleichbehandlung, eine sozial sehr wertvolle Mindestgarantie erreicht werden, und zwar in dem Sinne, dass Schweizerbürger (wie auch tschechoslowakische Staatsangehörige), deren Anspruch vor dem I.Januar 1957 entstanden ist, die Leistung zwar in der bisherigen Höhe, zum mindesten aber den Gegenwert von hundert Sschweizerfranken für eine Altersrente, von achtzig Schweizerfranken für eine Witwenrente und von vierzig Schweizerfranken für eine Waisenrente monatlich erhalten (Schlussprotokoll Ziff. 12).

Als Gegenleistung gewährt die Schweiz, in Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, den tschechoslowakischen Staatsangehörigen die Auszahlung der ordentlichen Eenten in vollem Umfang nach jedem beliebigen Drittstaat.

Die schweizerischen Übergangsrenten wie auch die tschechoslowakischen Sozialrenten werden dagegen von jedem Vertragsstaat den Angehörigen des andern nur so lange gewährt, als sich der Berechtigte im Inland aufhält.

4. Die Nachzahlung der tschechoslowakischen Rentenrückstände Von besonderer Bedeutung war für
die Schweiz die Eegelung der Nachzahlung der tschechoslowakischen Eentenrückstände, da die Tschechoslowakei, mit Hinweis auf die fehlende Gegenseitigkeit für eine gewisse Anzahl von laufenden Eenten die Zahlung nach der Schweiz eingestellt hat. Es konnte erreicht werden, dass alle mangels vertraglicher Gegenseitigkeit zum Euhen gebrachten Eenten mit Inkraftreten des Abkommens rückwirkend auf den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung nachbezahlt werden (Schlussprotokoll Ziff. 13).

5. Die freiwillige Versicherung Die ungehinderte Durchführung der freiwilligen schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung in der Tschechoslowakei wird durch Artikel 12, Absatz 3 des Abkommens sichergestellt.

288 C. Die Unfallversicherung I. Die Regelung in der Tschechoslowakei Die Eegelung der Entschädigung der Unfälle ist in der Tschechoslowakei in das allgemeine System der sozialen Sicherheit eingebaut und erfolgt im Eahmen des nationalen Gesundheitsdienstes, der Krankenversicherung und der Eentensicherstellung der Arbeiter und Angestellten.

Zunächst gewährt der tschechoslowakische Staat den Arbeitern und Angestellten bei Krankheit und Unfällen kostenlose Heilbehandlung, einschliesslich der Arzneien, Heil- und orthopädischen Hilfsmittel, Keisekosten und anderen notwendigen Auslagen.

Krankengeld wird anstelle des Lohnes oder Gehaltes vom ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit an gewährt, die durch Krankheit oder einen Unfall verursacht wurde. Das Ausmass variiert zwischen 50 und 90 Prozent des Verdienstes, wobei ein solcher von über 100 Kronen im Tag nicht berücksichtigt wird.

Im Falle von Invalidität infolge eines Unfalles - einschliesslich der Unfälle auf dem Wege von und zur Arbeit - oder einer Berufskrankheit werden Invalidenund Teilinvalidenrenten durch die Eentensicherstellung gewährt, jedoch fällt das Erfordernis einer Mindestbeschäftigungsdauer weg und die Eente erhöht sich bei Invalidenrenten um 15 Prozent, bei Teilinvalidenrenten um 10 Prozent gegenüber der allgemeinen Ordnung. Die Invalidenrente beträgt demnach mindestens 65 Prozent, die Teilinvalidenrente, je nach Arbeitskategorie, mindestens 45, 42 oder 40 Prozent des anrechenbaren Arbeitsverdienstes.

Ebenso ist die Ausrichtung von Witwen- und Waisenrenten infolge eines Arbeitsunfalles oder einer Brufskrankheit an keine Mindestbeschäftigungsdauer gebunden. Die übrigen Voraussetzungen und die Höhe der Leistungen entsprechen dagegen denjenigen der allgemeinen Eegelung (vgl. oben Abschnitt B, Unterabschnitt I).

Die Hinterlassenen eines Verunfallten, die für die Bestattung besorgt waren, haben Anspruch auf eine Bestattungsentschädigung von 1000 Kronen.

II. Der Inhalt des Abkommens Sowohl die Tschechoslowakei als auch die Schweiz haben das internationale Abkommen über die Gleichbehandlung einheimischer und ausländischer Arbeitnehmer in der Entschädigung bei Betriebsunfällen vom Jahre 1925 ratifiziert.

Damit sind'die Kürzungsbestimmungen des Artikels 90 des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes vom 18. Juni 1911 für die Betriebsunfälle
(Arbeitsunfälle) gegenüber der Tschechoslowakei bereits aufgehoben.

Die schweizerische Gesetzgebung über die obligatorische Unfallversicherung deckt auch die Nichtbetriebsunfälle. Gemäss der Eegelung in der Tschechoslowakei sind die Nichtbetriebsunfälle über den allgemeinen Gesundheitsdienst und die Krankenversicherung sowie die Eentensicherstellung der Arbeiter und Arbeitnehmer ebenfalls gedeckt. Den in der Tschechoslowakei niedrigeren Entschädi-

239 gungen steht anderseits ein weiterer persönlicher Geltungsbereich der entschädigungsberechtigten Arbeitnehmer gegenüber, der auch den Schweizerbürgern zugute kommt. Es erscheint deshalb richtig, den tschechoslowakischen Staatsangehörigen auch in der Nichtbetriebsunfallversicherung die vollen Leistungen zu gewähren und auf eine Kürzung zu verzichten.

D. Die finanziellen Auswirkungen Die zahlenmässig nicht sehr bedeutende tschechoslowakische Kolonie, deren Umfang durch die Umschreibung des persönlichen Geltungsbereichs gemäss Ziffer l des Schlussprotokolls zudem noch eingeschränkt wird, stellt nur wenige Promille des Gesamtbestandes der in unserem Lande lebenden Ausländer dar.

Schon aus dieser Verhältniszahl erhellt, dass die finanziellen Auswirkungen für die durch das Abkommen berührten Zweige der schweizerischen Sozialversicherung nur gering sein können.

Für die Alters- und Hinterlassenenversicherung kann die finanzielle Auswirkung durch die Herabsetzung der Karenzfrist, die Aufhebung der Drittelskürzung und die Gewährung der Übergangsrenten auf höchstens 50 000 Franken im Jahresdurchschnitt geschätzt werden, also ein im Verhältnis zu den in der technischen Bilanz ausgewiesenen durchschnittlichen Gesamtverpflichtungen verschwindend kleiner Betrag.

Noch geringfügiger sind die Auswirkungen für die Unfallversicherung. Eine Mehrbelastung kann hier lediglich aus der Aufhebung der Viertelskürzung bei den Nichtbetriebsunfällen entstehen.

E. Inkrafttreten des Abkommens Das Abkommen,tritt am ersten Tage des zweiten auf den Austausch der Eatifikationsurkunden folgenden Monates, mit Wirkung von diesem Tag an, in Kraft. Anderseits finden seine Bestimmungen auch auf Versicherungsfälle Anwendung, die vor seinem Inkrafttreten eingetreten sind. Demnach sind Fälle, in denen Leistungen auf Grund des innerstaatlichen Eechts eines Vertragsstaates bisher nicht gewährt werden konnten, nach den Bestimmungen des Abkommens neu zu entscheiden. Allfällige Leistungen werden jedoch, vorbehaltlich der Eegelung über die Nachzahlung von Eentenrückständen, frühestens ab Inkrafttreten des Abkommens gewährt.

Das Abkommen ist für die Dauer eines Jahres abgeschlossen. Es gilt jedoch jeweils als stillschweigend für die Dauer eines weiteren Jahres verlängert, wenn es nicht drei Monate vor Ablauf einer Jahresfrist gekündigt
wird. Wird das Abkommen gekündigt, so bleiben die gemäss seinen Bestimmungen erworbenen Ansprüche erhalten.

F. Schlussbetrachtungen Wie wir eingangs erwähnt haben, entspricht der Abschluss eines Sozialversicherungsabkommens zwischen der Schweiz und der Tschechoslowakei einem beiderseitigen Bedürfnis.

240 Das vorliegende Abkommen trägt, soweit dies unter den gegebenen Verhältnissen möglich war, den berechtigten Interessen unserer Landsleute gegenüber der tschechoslowakischen sozialen Sicherheit in fortschrittlicher und grosszügiger Weise Rechnung. Als Vorteile für unsere Landsleute sind insbesondere hervorzuheben : die völlige Gleichstellung mit den tschechoslowakischen Staatsangehörigen, die Berücksichtigung der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherungs-Zeiten durch die tschechoslowakische Eentensicherstellung zwecks Erhaltung und gegebenenfalls Eeaktivierung des Anspruchs auf die tschechoslowakischen Leistungen, die Auszahlung der tschechoslowakischen Leistungen nach der Schweiz und nach Drittstaaten, die Mindestgarantie für die vor der Einführung der neuen Eentensicherstellung entstandenen Ansprüche und endlich die Nachzahlung der wegen Fehlens der Gegenseitigkeit zum Euhen gebrachten Eenten.

Wenn auch diese Vorteile zur Hauptsache den aus der Tschechoslowakei heimgekehrten Landsleuten zugute kommen, so darf nicht übersehen werden, dass der Abschluss eines Sozialversicherungsabkommens immer auch für die auf dem Gebiet des Vertragspartners lebenden Schweizerbürger eine willkommene Festigung ihrer Stellung in der dortigen Sozialversicherung mit sich bringt. Es ist daher verständlich, dass das vorliegende Abkommen von unserer diplomatischen Vertretung wie auch von der Schweizerkolonie in der Tschechoslowakei, mit denen die schweizerische Verhandlungsdelegation vor und nach den Verhandlungen Fühlung genommen hat, warm begrüsst worden ist.

Wir sind überzeugt, dass das Vertragswerk, das auch die Stellung der tschechoslowakischen Staatsangehörigen in' der schweizerischen Sozialversicherung in nicht minder entgegenkommender Weise regelt, sich für die beiderseitigen Staatangehörigen segensreich auswirken wird.

Gestützt auf vorstehende Ausführungen beehren wir uns, Ihnen zu beantragen, es sei das am 4. Juni 1959 zwischen der Schweiz und der Tschechoslowakei abgeschlossene Abkommen über soziale Sicherheit durch die Annahme des beiliegenden Entwurfs eines Bundesbeschlusses zu genehmigen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 27. Juli 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Für den Bundespräsidenten: Wahlen Der Vizekanzler : F. Weber

241

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und der Tschechoslowakischen Republik über soziale Sicherheit

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 27. Juli 1959, beschliesst:

Art. l Das am 4. Juni 1959 unterzeichnete Abkommen zwischen der Schweiz und der Tschechoslowakischen Eepublik über soziale Sicherheit wird genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, das Abkommen zu ratifizieren.

Art. 2 Der Bundesrat wird ermächtigt, die zur .Anwendung des Abkommens notwendigen Vorschriften zu erlassen.

4568

Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. II.

17

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung eines zwischen der Schweiz und der Tschechoslowakischen Republik abgeschlossenen Abkommens über soziale Sicherheit (Vom 27. Juli 1959)

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Jahr

1959

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2

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31

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7867

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30.07.1959

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225-241

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