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Bundesblatt 111. Jahrgang

Bern, den 2. Juli 1959

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Band II

Bundesratsbeschluss über

die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Bürsten- und Pinselindustrie (Vom 24. Juni 1959)

Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 7, Absatz l, des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst: ' Art. l Die im Anhang wiedergegebenen Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages und der Zusatzvereinbarung vom 4. Februar 1959 für die schweizerische Bürsten- und Pinselindustrie werden allgemeinverbindlich erklärt.

2 Pur den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

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Art. 2 Dieser Beschluss gilt für das ganze Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

2 Er findet Anwendung auf die Dienstverhältnisse zwischen Inhabern von dem Pabrikgesetz unterstellten Betrieben, die Bürsten, Bürstenhölzer, Pinsel und Besen herstellen, und ihren vom Fabrikgesetz erfassten gelernten, angelernten und ungelernten Arbeitnehmern. Ausgenommen sind: a. Betriebe, die ausschliesslich Pinsel herstellen ; b. Lehrlinge im Sinne des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1980 über die berufliche Ausbildung.

Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. II.

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· Art. 3 Dieser Beschluss tritt am 3.Juli 1959 in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 1960.

Bern, den 24. Juni 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet Der Bundeskanzler : Ch. Oser

I. Gesamtarbeitsvertrag für die schweizerische Bürsten- und Pinselindustrie abgeschlossen am 4. Februar 1959 zwischen dem Verband schweizerischer Bürsten- und Pinselfabrikanten, einerseits, und dem Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverband, dem Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiter-Verband, dem Christlichen Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz, und dem Schweizerischen Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter, anderseits, sowie zwischen dem Verband schweizerischer Bürsten- und Pinselfabrikanten, einerseits, und dem Landesverband freier Schweizer Arbeiter, anderseits.

Allgemeinverbindlich erklärte Bestimmungen

Art. 8 Die ersten zwei Wochen nach der Einstellung gelten als Probezeit, Einstellung innert welcher das ArbeitsVerhältnis gegenseitig jederzeit mit sofortiger vmd Bntìa8aun8 Wirkung gelöst werden kann. Nach der Probezeit beträgt die gegenseitige Kündigungsfrist 14 Tage, auch im überjährigen Dienstverhältnis. Die Kündigung muss auf einen Samstag oder Zahltag schriftlich erfolgen.

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2 Die absichtliche oder grobfahrlässige Übertretung der Dienstpflicht, wie auch Schwarzarbeit in der Freizeit, gelten als wichtiger Grund im Sinne von Artikel 352 OE, welcher zur sofortigen Aufhebung des Dienstverhältnisses ohne Entschädigung berechtigt.

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Art. 4 1

Die wöchentliche Normalarbeitszeit beträgt 46 und ab I.Januar 1960 45 Stunden. Für je eine Stunde Arbeitszeitverkürzung unter 48 Wochenstunden ist ein Lohnausgleich von 2,2 Prozent des effektiven Bruttolohnes zu bezahlen.

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Arbeitszeit

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Die Einteilung der Arbeitszeit bleibt den einzelnen Betrieben überlassen, wobei die Wünsche der Arbeitnehmer soweit als möglich zu berücksichtigen sind. Der Samstagnachmittag ist frei.

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Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, die festgesetzte Arbeitszeit genau einzuhalten und im Interesse des Betriebes auszunützen.

Art. 5 Überzeit-, Nacht- und Sonntagsarbeit

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Als Überzeit gilt Arbeit ausserhalb der ordentlichen Arbeitszeit.

Die Arbeitnehmer haben die von der Geschäftsleitung angeordnete Überzeitarbeit zu leisten.

2 Als Nachtarbeit gilt Arbeit zwischen 20 und 6 Uhr.

3 Als Sonn- und Feiertagsarbeit gilt Arbeit zwischen 0 und 24 Uhr des betreffenden Sonn- oder Feiertages.

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Art. 6 Löhne

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Die Minimallöhne, inklusive Teuerungszulagen und Lohnausgleich für die 46-Stundenwoche betragen: mit Unterstützungspflicht

a. Gelernte selbständige Berufsarbeiter ab 2. Jahr nach der Lehre b. Gelernte Berufsarbeiter bis l Jahr nach der Lehrzeit c. Angelernte Arbeiter nach 2 Dienstjahren d. Handlanger nach dem 19.Altersjahr .

e. Angelernte Arbeiterinnennach l Dienstjahr /. Hilfsarbeiterinnen nach dem 19. Altersjahr . . . . . .

g. Jugendliche:

ohne Unterstützungspflicht

Fr.

2.77

rr.

2.59

2.66

2.48

2.50 2.30

2.83 2.15 1.81 1.76

männlich

weiblich

bis zum 16. Altersjahr 1.48 1.43 bis zum 17. Altersjahr 1.53 1.49 bis zum 18. Altersjahr 1.60 1.55 bis zum 19. Altersjahr 1.77 · 1.58 2 Als angelernte Arbeiter oder Arbeiterin gilt, wer normalerweise während zweier Jahre bzw. einem Jahr eine Maschine bedient oder handwerkliche Berufsarbeit ausgeführt und das 19. Altersjahr vollendet hat.

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Für alle Arbeiten, die im Akkord ausgeführt werden oder für die ein Prämiensystem verwendet wird, ist bei normaler Leistung der Mindestlohn im Durchschnitt einer Zahltagsperiode laut vorerwähnten Ansätzen garantiert. Die Akkord- bzw. Prämienansätze sind so festzulegen, dass dem Arbeitnehmer ein Mehrverdienst von mindestens 10 Prozent pro Stunde ermöglicht wird.

4 Die Akkordansätze bzw. Akkordpreise werden so festgesetzt, dass bei gleichbleibender Leistung im Mittel ebenfalls eine Verdiensterhöhung um 2,2 Prozent für eine Stunde eintritt.

5 Schwächliche und minderleistungsfähige Arbeitnehmer unterstehen dieser Eegelung nicht. Für solche Arbeitnehmer kann der Lohn im Einverständnis mit der Arbeiterkommission festgelegt werden. Wo keine Arbeiterkommission besteht, hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine enisprechende schriftliche Vereinbarung zu treffen und diese der Paritätischen Berufskommission für die schweizerische Bürsten- und Pinselindustrie, Bahnhofstrasse 41, Aarau, zur Kenntnis zu bringen.

6 Bei fortschreitender Leistungssteigerung ist der Mindestlohn für gute Arbeitnehmer zu erhöhen.

7 Es sind folgende Lohnzuschläge zu bezahlen: a. für Überzeitarbeit 25 Prozent b. für Nachtarbeit 50 Prozent c. für Sonn- und Feiertagsarbeit (gesetzlich .

anerkannte Feiertage) 50 Prozent d. für Schichtarbeit 15 Eappen pro Stunde 8 Für jedes Kind bis zum vollendeten 17. Altersjahr ist eine Kinderzulage von 5 Bp. pro Stunde auszurichten. Kantonale gesetzliche Begelungen bleiben vorbehalten.

9 Die Lohnzahlung findet mindestens alle 14 Tage während der Arbeitszeit statt.

10 ...

Art. 7 1 Sämtliche Arbeitnehmer haben je nach Dienstalter Anspruch auf bezahlte Ferien.

2 Für die Berechnung der Ferien ist das Kalenderjahr massgebend.

Als erstes Dienstjahr gilt das erste angebrochene Kalenderjahr, sofern der Eintritt vor dem 1. Juli erfolgte.

3 Die Dauer der bezahlten Ferien beträgt : * vom 1. bis 4. Dienstjahr 6 Arbeitstage von 5. bis 9. Dienstjähr 9 Arbeitstage

Ferien

vom 10. bis 15. Dienstjahr 12 Arbeitstage vom 16. bis 20. Dienstjahr 15 Arbeitstage vom 21.Dienstjahr an 18 Arbeitstage nach Vollendung des 35. Altersjahres mindestens . . . 9 Arbeitstage nach Vollendung des 40. Altersjahres mindestens . . . 12 Arbeitstage Jugendliche Arbeitnehmer bis zum vollendeten 19. Altersjahr mindestens 12 Arbeitstage 4 Die Vergütung für einen Ferientag entspricht dem sechsten Teil des normalen Wochenlohnes, bestehend aus Stunden- oder Akkordlohn, Familien- und Kinderzulagen. Der Samstag gilt als voller Ferientag. Als normaler Wochenlohn gilt der Durchschnittslohn des letzten abgelaufenen Kalenderquartals.

5 Bei Betriebseinschränkungen oder bei Arbeitsausfall von mehr als 2 Monaten besteht .nur ein prò-rata-Anspruch auf bezahlte Ferien. Bei Auflösung des Dienstverhältnisses hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Ferien pro rata.

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Die zeitliche Ansetzung der Ferien erfolgt durch die Geschäftsleitung unter möglichster Berücksichtigung der Wünsche der Arbeitnehmer. In der Eegel sollen die Ferientage ununterbrochen gewährt und bezogen werden.

8 Eine Barentschädigung an Stelle von Ferien ist nicht gestattet, ausgenommen bei Austritt.

Art. 8 l Feiertage und Es werden sechs Feiertage vergütet. Dieselben werden je nach Absenzen Ortsbrauch festgesetzt.

2 Die Feiertage werden zum Stundenlohnansatz vergütet.

3 Für Betriebsabsenzen aus nachstehenden Gründen wird, sofern diese ordnungsgemäss gemeldet werden, der volle Stundenlohn sowie Kinderzulage vergütet: a. Waffen- und Bekleidungsinspektion % Tag b. Verehelichung . 2 Tage c. Bei Geburt eines ehelichen Kindes l Tag d. Bei Todesfall in der Familie (Ehegatte, Kinder, Geschwister, "Eltern, Schwiegereltern), - sofern die Verstorbenen in Familiengemeinschaft gelebt haben 2 Tage - sofern die Verstorbenen nicht in Familiengemeinschaft gelebt haben l Tag

Art. 9 1 ...

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Versicherungen

Der versicherungsfällige Arbeitnehmer muss einer Krankengeldversicherung angehören. Die Wahl des Versicherungsträgers ist Sache der direkten Verständigung zwischen den einzelnen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

Die Krankengeldversicherung hat ein tägliches Krankengeld von 3 Pranken für Jugendliche, 4 Pranken für Frauen, 6 Franken für Männer ohne Unterstützungspflicht, 8 Franken für Männer mit Unterstützungspflicht, und eine Genussrechtsdauer von 360 Tagen innerhalb von 540 aufeinanderfolgenden Tagen und bei Erkrankung an Tuberkulose von 1800 Tagen innerhalb von 7 aufeinanderfolgenden Jahren vorzusehen, wobei die Karenzzeit nicht länger als 3 Monate und die Wartefrist nicht länger als 2 Tage dauern dürfen.

Für die Prämien dieser KrankengeldVersicherung von 3, bzw. 4, bzw.

6, bzw. 8 Franken pro Monat, hat der Arbeitgeber aufzukommen. Dadurch ist die ihm gemäss Artikel 335 des Obligationenrechts obliegende Lohnzahlungspflicht im Krankheitsfalle des Arbeitnehmers abgelöst. Soweit der Arbeitnehmer zufolge Krankheitsanlagen bei Versicherungseintritt von der Krankengeldversicherung ausgeschlossen wurde, gilt im Krankheitsfalle Artikel 335 des Obligationenrechts.

Art. 10 Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die ihm zugewiesenen Arbeiten Treue und sorgnach Anweisung der Betriebsleitung unter Aufwendung aller Sorgfalt a sp lc auszuführen und zu dem ihm anvertrauten Material und Werkzeug Sorge zu tragen. Ebenso ist er verpflichtet, im Betrieb Ordnung und Disziplin zu halten.

2 Wahrnehmungen über drohende oder eingetretene Schäden sind der Betriebsleitung umgehend zur Kenntnis zu bringen.

3 Bei allen Arbeiten ist der Beinlichkeit grösste Beachtung zu schenken.

4 Für Schäden, die aus fahrlässiger oder absichtlicher Nichtbeachtung der Sorgfalts- und Beinlichkeitspflicht entstehen, haftet der einzelne Arbeitnehmer....

5 Über die Fabrikationsmethoden im Betrieb hat der Arbeitnehmer strengste Diskretion zu wahren.

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u. Zusatzvereinbarung vom 4. Februar 1959 über die Kontrolle 1

Die von den vertragschliessenden Verbänden eingesetzte Paritätische Berufskommission für die Bürsten- und Pinselindustrie der ganzen Schweiz, kann Kontrollen über die Einhaltung dieser allgemein verbindlich erklärten Bestimmungen durchführen. Falls die dem Arbeitnehmer geschuldeten geldlichen Leistungen nicht erbracht oder bezahlte freie Tage nicht gewährt worden sind, hat der Arbeitgeber diese sofort in vollem Umfange nachzubezahlen bzw. nachzugewähren. Überdies hat er sofort 25 Prozent der geschuldeten Nachzahlungen in die Kasse der Paritätischen Berufskommission einzubezahlen. Diese eingehenden Beträge sind zur Deckung der Kosten für die Kontrolle über die Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrags zu verwenden.

2 Zum Inkasso und, wenn nötig, zur rechtlichen Geltendmachung des vorerwähnten Betrages von 25 Prozent sind die vertragschliessenden Verbände berechtigt, welche diesen für die Paritätische Berufskommission als Anspruchsberechtigte einziehen.

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Bundesratsbeschluss über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Bürsten- und Pinselindustrie (Vom 24. Juni 1959)

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1959

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02.07.1959

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