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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährleistung der Verfassungsbestimmungen von Basel-Stadt und Basel-Landschaft zur Einleitung ihrer Wiedervereinigung (Vom 20. November 1959)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns hiermit, Ihnen Bericht zu erstatten über die Initiativen, die ergriffen worden sind, um die Bundesversammlung zu veranlassen, ihren Beschluss vom 10. März 1948 in Wiedererwägung zu ziehen, durch welchen sie den Verfassungsbestimmungen der Kantone Baselstadt und Baselland zur Einleitung ihrer Wiedervereinigung die Gewährleistung verweigerte.

I. Die Standesinitiativen und das Postulat Waldner 1. Am 2. Oktober 1938 wurden sowohl in Baselstadt wie in Baselland Ergänzungen der kantonalen Verfassungen angenommen, die durch im wesentlichen gleichlautende Bestimmungen (in Baselstadt § 58, in Baselland § 57bis) die Grundlage schaffen sollten, um die Wiedervereinigung der seit 1883 getrennten Halbkantone in einen ungeteilten Kanton Basel in die Wege zu leiten. Der Bundesrat beantragte mit Botschaft vom 17. März 1947 (BEI 1947 11053) den eidgenössischen Bäten, diesen Verfassungsrevisionen in Anwendung von Artikel 6 der Bundesverfassung die Gewährleistung zu erteilen. Die Bundesversammlung lehnte jedoch die Gewährleistung ab, der Ständerat am 10.Dezember 1947 (mit 21 gegen 14 Stimmen) und der Nationalrat am 10. März 1948 (mit 88 gegen 76 Stimmen; AS 1948 219).

2. Am 20. März 1956 reichten Nationalrat Waldner und zwei Mitunterzeichner folgendes Postulat ein:

1356 «Am lO.Dezember 1947 und am lO.März 1948 haben Ständerat und Nationalrat die Gewährleistung des in der basellandschaftlichen Volksabstimmung vom 2.0ktober 1938 angenommenen § 57bls der kantonalen Verfassung (Wiedervereinigung der beiden Basel) mehrheitlich abgelehnt.

In einer Vernehmlassung des Justiz- und Polizeidepartements vom ^.Oktober 1955 an den Eegierungsrat von Baselland wird ausgeführt, dass jeder Gewährleistungsbeschluss der Bundesversammlung gemäss Artikel 6 der Bundesverfassung ein Verwaltungsakt sei. Darüber, ob ein Gewährleistungsbeschluss oder ob die Verweigerung einer Gewährleistung in Wiedererwägung gezogen werden könne, habe allein die Bundesversammlung zu entscheiden.

Sofern der Bundesrat die Auffassung des Justiz- und Polizeidepartements deckt, wird er eingeladen, die Frage, ob ein Gewährleistungsbeschluss oder die Verweigerung einer Gewährleistung in Wiedererwägung gezogen werden kann, zu prüfen und den eidgenössischen Eäten mit einem Bericht zum Entscheid vorzulegen.

Das Postulat wurde vom Nationalrat am 18. Juni 1956 angenommen.

3. Am 17. Juni 1957 reichten 9124 Stimmberechtigte des Kantons Baselland gestützt auf die §§ 48 und 49 der Kantonsverfassung ein Initiativbegehren dahingehend ein, die Verfassung sei durch folgende Bestimmungen zu ergänzen: 1. Die Wiedervereinigung beider Basel darf nicht mehr länger hinausgeschoben werden und der Zusammenschluss von Basel-Stadt und Basel-Landschaft soll nunmehr so rasch als möglich vollzogen werden.

2. Im Falle der Zustimmung zu Ziffer l wird der Landrat des Kantons BaselLandschaft ersucht, bei den eidgenössischen Eäten das Gesuch um Wiedererwägung der Beschlüsse der Bundesversammlung von 1947 und 1948 betreffend die Wiedervereinigung der beiden Basel einzureichen.

Nach § 48 und 49 der Kantonsverfassung kann ein Begehren auf Eevision derselben von mindestens 1500 stimmfähigen Bürgern oder vom Landrat gestellt werden. Alsdann ist durch eine Volksabstimmung darüber zu entscheiden, ob die verlangte Eevision stattfinden soll, und im Falle der Bejahung, ob sie durch den Landrat oder durch einen Verfassungsrat vorzunehmen ist. Über Annahme oder Verwerfung des von der einen oder andern Instanz ausgearbeiteten Verfassungsentwurfs ist in einer zweiten Volksabstimmung zu entscheiden. Die erste Abstimmung fand am 1. Juni 1958 statt
und ergab die Annahme der Initiative mit 16752 gegen 11 877 Stimmen; die Ausarbeitung eines neuen Verfassungsartikels wurde einem noch zu wählenden Verfassungsrat übertragen. Dieser wurde in einer weitem Volksabstimmung vom 26. Oktober 1958 gewählt, hat aber seinen Verfassungsentwurf noch nicht ausgearbeitet.

Ferner erklärte der Landrat am 25. August 1958 eine Motion Müller erheblich, die dahingeht, der Landrat habe durch eine Standesinitiative im Sinne von Artikel 98 der Bundesverfassung bei den eidgenössischen Eäten um Wiedererwägung des Beschlusses vom 10.März 1948 nachzusuchen.

1357 Dieses Begehren ist in der Tat am S.September 1958 vom Landrat Baselland an den Nationalrat gerichtet und am 22. September dem Bundesrat zum Bericht überwiesen worden. Der Landrat begründet seinen Schritt mit dem Hinweis darauf, das durch die Volksinitiative eingeleitete, noch nicht erledigte ordentliche Verfahren auf Verfassungsrevision solle allerdings seinen Lauf nehmen; was dagegen die Frage der Gewährleistung von Artikel 57bls der Kantonsverfassung betreffe, könne angesichts des eindeutigen Ergebnisses der Volksabstimmung vom 1. Juni 1958 ein abgekürztes Verfahren eingeschlagen werden: Der Landrat brauche nicht zu warten, bis er durch eine ausdrückliche Verfassungsbestimmung mit der Einreichung einer Standesinitiative beauftragt werde, sondern er könne das zuvor schon von sich aus tun, womit er nicht nur die raschere Herbeiführung eines neuen Entscheides der eidgenössischen Bäte, sondern auch eine Beruhigung des öffentlichen Lebens im Kanton bezwecke.

4. Die Einreichung dieser Standesinitiative hatte auch im Kanton Baselstadt die Wiederaufnahme der Bemühungen um die Wiedervereinigung zur Folge. Auf Anregungen aus dem Schosse des Grossen Eates hin erstattete der,Begierungsrat von Baselstadt am S.Oktober 1958 dem Grossen Bat über die Frage Bericht, in welchem er einerseits daran erinnerte, dass in der Wiedervereinigungsfrage bisher die beiden Halbkantone immer gemeinsam handelten, und andererseits die Überzeugung aussprach, die ungünstigen Wirkungen der Kantonsteilung seien in den beiden letzten Jahrzehnten noch in verschärftem Masse zutage getreten.

Auf den Antrag des Begierungsrates fasste der Grosse Rat folgenden Beschluss : «Der Grosse Bat des Kantons Basel-Stadt, auf den Antrag des Begierungsrates, beschliesst, gestützt auf Artikel 93, Absatz 2 der Bundesverfassung und § 39 der Kantonsverfassung, den eidgenössischen Bäten die Wiedererwägung des Bundesbeschlusses vom 10. März 1948 über die Nichtgewährleistung der Verfassungsbestimmungen der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft zur Einleitung ihrer Wiedervereinigung zu beantragen.» Diese am 4. Dezember 1958 eingereichte Standesinitiative wurde am gleichen Tage ebenfalls dem Bundesrat zum Bericht überwiesen.

u. Der Gang der Arbeiten Durch die von beiden Halbkantonen eingereichten Standesinitiativen ist die Frage ihrer Wiedervereinigung
erneut vor die Bundesbehörden gebracht worden.

In beiden Kantonen sind die Initiativen von der zuständigen Behörde ausgegangen, in Baselstadt vom Grossen Bat (gemäss § 89, Buchstabe a der Verfassung), in der Landschaft vom Landrat (§ 18, Ziff.5 der Verfassung); die Bestimmung der zuständigen Instanz ist Sache des kantonalen Bechts. Das Initiativrecht ist nicht auf das Gebiet der Gesetzgebung beschränkt, es kann sich auf alles beziehen, was in den Geschäftskreis der Bundesversammlung fällt (vgl. Burckhardt, Kommentar der Bundesverfassung, 3.Aufl., S.719 f.). Insbesondere ist es also möglich, auf diesem Wege bei den eidgenössischen Bäten das

1358 Begehren zu stellen, auf einen früher gefassten Beschluss zurückzukommen, und die Räte sind verpflichtet, das Begehren entgegenzunehmen und zu entscheiden, ob sie ihm stattgeben wollen oder nicht.

Die vorliegende Botschaft hat sich demnach mit den beiden Standesinitiativen zu befassen und zu untersuchen, ob und in welcher Weise ihnen Folge zu geben sei. Durch die Standesinitiativen sollen die eidgenössischen Bäte veranlasst werden, ihren Beschluss vom 10. März 1948 in Wiedererwägung zu ziehen, also auf die Ablehnung der Gewährleistung der Verfassungsbestimmungen beider Basel vom 2. Oktober 1938 zurückzukommen und die Gewährleistung zu erteilen.

Dieses Begehren erfordert vor allem die Prüfung der Frage, ob ein solches Zurückkommen rechtlich überhaupt statthaft sei. Indem die gegenwärtige Botschaft sich zu dieser Frage äussert (Ziff. III), erfüllt sie zugleich das Postulat Waldner, das somit keiner gesonderten Behandlung bedarf.

Ob es rechtlich möglich,sei, einen negativen Gewährleistungsbeschluss in Wiedererwägung zu ziehen, ist bestritten. Diese Frage.muss in erster Linie geprüft werden, als Vorfrage zu dem von den Initiativen erstrebten Ziel, die Gewährleistung tatsächlich zu erreichen, den negativen Beschluss durch einen positiven zu ersetzen. Die Botschaft hat sich auch darüber auszusprechen, ob diesem Begehren entsprochen werden soll. Damit werden aber die weitern Fragen akut, die das Wiedervereinigungsverfahren stellt, die übrigens alle miteinander in Zusammenhang stehen und sich gegenseitig in bestimmtem Sinn bedingen : die Frage nach Art und Zeitpunkt der Mitwirkung des Bundes, nach der Notwendigkeit bundesrechtlicher Bestimmungen über das Verfahren und nach der Bedeutung des Wiedervereinigungsvorbehalts im Tagsatzungsbeschluss von 1833.

Zur Prüfung und Begutachtung aller dieser Fragen setzte der Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements mit Zustimmung des Bundesrates' eine kleine Expertenkommission ein, bestehend aus den Herren Bundesrichter Dr. A. Comment als Präsident, Nationalrat und Regierungsrat Dr. E.Boerlin, Liestal, Dr. H. Kühn, gewesenem Chef der Justizabteilung, Bern, Ständerat und Regierungsrat Prof. Dr. H.P.Tschudi, Basel, und Dr. M. Vischer, Advokat und Notar, Basel, als Mitgliedern. Die Experten reichten ihren Bericht im März 1959 dem Departement ein. Freilich
konnten sie in wesentlichen Fragen nicht zu einer einheitlichen Auffassung gelangen. Auf ihren Bericht wird im folgenden bei den einzelnen Fragen soweit erforderlich Bezug genommen werden.

m. Die rechtliche Möglichkeit der Wiedererwägung Gegenstand beider Standesinitiativen ist das an die Bundesversammlung gerichtete Begehren, ihren Beschluss vom l O.März 1948 in Wiedererwägung zu ziehen und die damals abgelehnte Gewährleistung der Verfassungsbestimmungen von Baselstadt und Baselland von 1938 zu erteilen. Die Prüfung der Initiativen hat daher vor allem die Grundfrage abzuklären, ob es rechtlich überhaupt mög-

1359 lieh ist, auf jenen Beschluss zurückzukommen. Schon darüber gehen die Auffassungen auseinander.

Die Prüfung dieser Rechtsfrage würde nur dann hinfällig, wenn sich herausstellen sollte, dass jene kantonalen Verfassungsbestimmungen der Gewährleistung durch die Bundesversammlung gar nicht bedürften. Diese Auffassung wurde in der Tat in der Gewährleistungsdebatte durch Ständerat Eaisin vertreten. Er stellte einen Nichteintretensantrag mit der Begründung, durch die Bestimmungen vom 2. Oktober 1938 seien die beiden Kantonsverfassuhgen noch nicht abgeändert, vielmehr nur ein Verfahren eingeleitet worden, das zu einer neuen Verfassung führen könne. Der Antrag wurde jedoch mit 33 gegen 5 Stimmen abgelehnt (StenB Ständerat, 1947 S.398, 401). Im Nationalrat wurde die Eintretensfrage nicht aufgeworfen, wie wir sie denn auch in unserer Botschaft vom 17.März 1947 über die Gewährleistung gar nicht berührt hatten, da wir ohne weiteres von der Voraussetzung ausgingen, die kantonalen Bestimmungen unterlägen der Gewährleistung durch den Bund. Die gegenteilige Annahme hätte der ganzen damaligen Debatte den Boden entzogen.

Mit den Experten (Bericht S.48 f., S.78 Schlussfolgerung 4) halten wir auch heute dafür, dass die erwähnten Bestimmungen von 1938 unter Artikel 6 der Bundesverfassung fallen. Dieser verlangt die Gewährleistung für kantonale Verfassungsbestimmungen schlechthin; und dieser Charakter kann jenen nicht abgesprochen werden. Als Verfassungstext hat jede Norm zu gelten, welche in der Verfassungsurkunde niedergelegt ist und die folglich auch nur durch eine Verfassungsrevision wieder aufgehoben oder abgeändert werden könnte (Burckhardt, Kommentar S.64 und dortige Zitate). Auf ihre materielle Bedeutung kommt es nicht an. Wenn die Schaffung neuen kantonalen Verfassungsrechts in mehreren Stufen vor sich geht, so hat schon die erste, vorbereitende Stufe, die selbst im Verfahren der Verfassungsrevision erreicht worden ist, formell Verfassungscharakter, nicht erst die endgültige Bestimmung. Damit hängt zusammen, dass hier die spätere Gewährleistung einer Verfassung des vereinigten Kantons Basel die Gewährleistung der vorbereitenden Verfassungsrevision nicht überflüssig machen würde. Der Gegenstand der Prüfung ist da und dort nicht derselbe. Auch im Falle der Gewährleistung der ersteren wäre es denkbar, dass
der endgültigen Verfassung wegen eines Widerspruchs zum Bundesrecht die Gewährleistung versagt würde. Beide auf Verfassungsebene stehenden Stufen sind selbständig auf ihre Übereinstimmung mit dem Bundesrecht zu prüfen.

Gegenüber dem Begehren auf Wiedererwägung ist eingewendet worden, die kantonalen Verfassungsbestimmungen von 1938 hätten sich durch die Ablehnung der Gewährleistung als ungültig erwiesen, und es fehle mithin'an einem Objekt für die erneute Prüfung der Frage ihrer Übereinstimmung mit dem Bundesrecht. Es trifft nun zu, dass durch die Ablehnung der Gewährleistung jedenfalls ein Widerspruch mit dem Bundesrecht festgestellt wird, der eben die Ablehnung begründet. Und zwar ist die kantonale Verfassungsbestimmung von Anfang an mit diesem Mangel behaftet ; der Beschluss über die Ablehnung der Gewährleistung konstatiert ihn bloss, er beseitigt aber die Bestimmung selbst

1360 nicht, hat nicht kassatorische Wirkung (vgl. Burckhardt, Kommentar S.70; · Enzelin Speiser, Die Basler Wiedervereinigung als Problem des Schweizerischen Verfassungsrechts, S.213 ff., S.219 Nr.266). Allein es erübrigt sich eine Erörterung der Frage, welches die rechtliche Eigenschaft einer kantonalen Verfassungsbestimmung nach verweigerter Gewährleistung sei, ob sie als ungültig oder bloss als nicht vollziehbar betrachtet werden müsse. Der Sinn des Wiedererwägungsgesuches geht gerade dahin, den negativen Grewährleistungsbeschluss als zu Unrecht erfolgt zu beseitigen und die Feststellung umzustürzen, dass die kantonalen Verfassungsbestimmungen dem Bundesrecht widersprechen. Das Gesuch kann also nicht bekämpft werden mit dem Hinweis auf eine Wirkung des Beschlusses, gegen dessen Gültigkeit es sich wendet.

So bleibt zu untersuchen, ob rechtliche Erwägungen allgemeiner Natur hier einer Wiedererwägung im Wege stehen. Einigkeit besteht darüber, dass im Gebiet des off entheben Rechts die behördlichen Entscheide, nicht wie im Privatrecht die Gerichtsurteile, materielle Rechtskraft erlangen und eine Angelegenheit nicht unter allen Umständen endgültig ordnen; das off enthebe Interesse kann es notwendig machen, auf einen Entscheid zurückzukommen. Besondere Bestimmungen pflegt das öffentliche Recht hierüber nicht aufzustellen; jedenfalls gibt es keine in bezug auf Beschlüsse der Bundesversammlung über Gewährleistung. Man wird also für sie die Grundsätze zu Rate ziehen dürfen, die in dieser Hinsicht für Verwaltungsakte im allgemeinen gelten, auch dann, wenn man die Gewährleistungsbescblüsse ihrer besondern verfassungsrechtlichen Bedeutung wegen nicht schlechthin den gewöhnlichen Verwaltungsakten gleichstellt, sondern sie eher für staatsrechtliche Akte eigener Art (sui generis) hält.

Die Frage der Zulässigkeit der Abänderung von Verwaltungsakten im allgemeinen wird von zwei gegensätzlichen Erwägungen beeinflusst: Einerseits kann das öffentliche Interesse gebieterisch auf das Zurückkommen hindrängen, andererseits legt das Bedürfnis nach Rechtssicherheit dabei Zurückhaltung nahe.

Nach der vom Bundesgericht wie auch vom Bundesrat in ihrem Bereich befolgten Praxis ist im Einzelfall unter Abwägung dieser Grundsätze zu entscheiden, und in diesem Sinn wird die Wiedererwägung als möglich betrachtet (vgl.

B GE
781406, 7916 ; Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden Heft 17 Nr. 19).

Was nun im besondern die Entscheide der Bundesversammlung über die Gewährleistung kantonaler Verfassungen betrifft, steht ausser Zweifel, dass ihnen keine materielle Rechtskraft zukommt. Nach Burckhardt (Kommentar S. 70) sind sie nicht endgültige, für die Bundesversammlung selbst unabänderliche Entscheidungen. Daraus ist zu folgern, dass die Bundesversammlung berechtigt sein muss, auf eine erteilte Gewährleistung zurückzukommen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass sie zu Unrecht erteilt worden war. In diesem Sinn hat sich unser Justiz- und Polizeidepartement schon im Jahre 1890 ausgesprochen, als durch eine Petition das Begehren gestellt wurde, einem Tessiner Verfassungsgesetz die erteilte Gewährleistung wieder zu entziehen; das Departement wies darauf hin, dass Verhältnisse eintreten können, die den Voraussetzungen widersprechen, von denen die Bundesversammlung bei Erteilung der Gewährleistung

1361 ausgegangen war. Infolge Eückzugs der Petition kam die Bundesversammlung nicht in die Lage, zu entscheiden.

Der Fall der nachträglichen Erteilung einer früher abgelehnten Gewährleistung ist bisher nicht vorgekommen. Hinsichtlich dieser Möglichkeit werden eher Zweifel geäussert. Nach überwiegender Auffassung unterliegt aber jeder Gewährleistungsbeschluss, der positive wie der negative, der Möglichkeit der Abänderung (vgl. Burckhardt, a.a.O.; Speiser S.215 ff., 255; Giacometti, Gutachten vom 10.August 1955 an die Justizdirektion Baselland; Nawiasky, Gutachten vom 19. Juli 1955, wo die Abänderlichkeit gerade des negativen Entscheids befürwortet wird. Diese Gutachter äussern sich immerhin in dem Sinn, dass ein Anspruch auf Wiedererwägung nicht bestehe, der Entscheid darüber vielmehr im Ermessen der-Bundesversammlung liege).

Unser Justiz- und Polizeidepartement legte auf Anfrage des Begierungsrates von Baselland in einem Schreiben vom 12. Oktober 1955 die Auffassung dar, der negative Gewährleistungsbeschluss vom 10. März 1948 könne in Wiedererwägung gezogen werden, wenn erhebliche neue Tatsachen es rechtfertigen. Auch die nun konsultierten Experten gelangen in ihrer Mehrheit zum Schluss, die besondere Natur des negativen Gewährleistungsbeschlusses schliesse die Wiedererwägung nicht aus, und entscheidend sei das öffentliche Interesse an der Abänderung eines Erlasses, der sich nachträglich als fehlerhaft herausstelle oder inzwischen eingetretenen veränderten Verhältnissen nicht mehr gerecht zu werden vermöge.

Dieser Auffassung pflichten wir bei. Sie entspricht dem Charakter des öffentlichen Bechts und der von der Bundesversammlung selbst in Anspruch genommenen Befugnis, eine Gewährleistung zurückzuziehen, wenn sie sich nachträglich als zu Unrecht erteilt herausstellt. Wir sehen keine stichhaltigen Gründe, es anders zu halten, wenn die Gewährleistung verweigert wurde. Im Gegenteil, bei dieser Sachlage entfällt gerade das Bedenken, das der Aufhebung einer erteilten Gewährleistung entgegenstehen könnte, nämlich die Eücksicht auf die Kechtssicherheit, die darunter leidet, wenn auf Grund der gewährleisteten Verfassungsbestimmung erlassene Gesetze oder getroffene Massnahmen hinfällig werden. Diese Schwierigkeit tritt hier nicht ein, denn die Verfassungsbestimmungen der Halbkantone von 1938 sind zufolge
der Verweigerung der Gewährleistung unwirksam geblieben und ausführende Massnahmen erfolgten auch nicht.

. In diesem Zusammenhang ist schliesslich zu prüfen, ob die Frage der Wiedererwägung dadurch beeinflusst wird, dass die Initiative von Baselland vom 17. Juni 1957 formell noch nicht gemäss den §§48 und 49 der Kantonsverfassung ausgeführt ist, da bisher nur die erste Abstimmung stattgefunden hat, in welcher der Grundsatz der Verfassungsrevision angenommen und diese einem Verfassungsrat übertragen wurde, der inzwischen, gewählte Verfassungsrat jedoch den Verfassungsentwurf noch nicht ausgearbeitet hat (oben I, Ziffer 2). Es ist also noch ungewiss, wie die neue Verfassungsbestimmung lauten wird, ungewiss zudem auch, ob sie in der Volksabstimmung angenommen werden wird (obwohl nach der Entwicklung der Frage im Kanton die Wahrscheinlichkeit dafür spricht).

Die erste Ziffer der Initiative enthält nicht eine konkrete Bechtsnorm, sondern

1362 sie stellt ein Postulat auf: Der Zusammenschluss beider Basel soll so rasch als möglich vollzogen werden. Dies ist nicht buchstäblich zu verstehen, da vom Vollzug der Wiedervereinigung erst nach Annahme der Einheitsverfassung die Rede sein könnte. Gemeint ist demnach ganz allgemein die Beschleunigung der Arbeiten zur Schaffung dieser Verfassung. Mit der zweiten Ziffer der Initiative sodann wird der Landrat ersucht, bei den eidgenössischen Räten das Gesuch um Wiedererwägung des Beschlusses vom 10.März 1948 zu stellen. Auch dieser Text ist insofern ungenau, als die Initianten ohne Zweifel nicht ein blosses Ersuchen, sondern einen verbindlichen Befehl an den Landrat bezwecken. Inhaltlich geht dieser aber genau auf das, was durch die Einreichung der Standesinitiative am S.September 1958 bereits geschehen ist. Einen anderen Inhalt wird die noch auszuarbeitende Verfassungsbestimmung nicht haben können, wenn sie nicht gegen den Willen der Initianten verstossen will. Sie wird somit durch die vollzogene Entwicklung tatsächlich überholt sein. Es wäre zwecklos und brächte einen verrneidbaren Zeitverlust mit sich, wenn die Bundesversammlung mit der Behandlung des Wiedererwägungsgesuches zuwarten wollte, bis der neue Verfassungstext vorliegt und ihr ebenfalls zur Gewährleistung unterbreitet wird. Gewiss hat das Vorgehen des Landrates von Baselland zu einem doppelspurigen Verfahren geführt. Allein es ist nicht Sache der Bundesbehörde, dieses Vorgehen auf seine Übereinstimmung mit kantonalen Verfahrensvorschriften hin zu überprüfen, wenn sie vor einer gültigen Standesinitiative steht.

Es ergibt sich somit, dass auch im Verhältnis zu dieser Initiative kein rechtliches Hindernis dafür liegt, auf das Wiedererwägungsgesuch einzutreten.

IV. Die im Falle des Zurückkommens zu prüfenden Fragen Die Feststellung, dass die Wiedererwägung von Rechts wegen möglich ist, bedeutet zugleich, dass die von beiden Halbkantonen eingereichten Standesinitiativen ein zulässiges Begehren zum Gegenstand haben, dass sie rechtsgültig sind. Die Bundesversammlung muss sich mit ihnen befassen und auf das Wiedererwägungsgesuch eintreten. In welchem Sinn aber kann und soll sie entscheiden? Der Zweck des Wiedererwägungsgesuches geht natürlich dahin, in der Sache selbst einen gegenteiligen Entscheid, also die Gewährleistung der
Verfassungsbestimmungen von 1938 zu erreichen. Es fehlt nun aber nicht an Stimmen, die geltendmachen, dass dies, wiederum aus rechtlichen Gründen, überhaupt nicht oder doch zur Zeit nicht möglich sei, weil der durch die Verfassungsrevision von 1938 eingeschlagene Weg nicht zum Ziel führen könne. Träfe das zu, so wäre ein Zurückkommen auf den Entscheid vom 10. März 1948 von vorneherein zwecklos. Wir haben uns daher mit jenen rechtlichen Einwänden auseinanderzusetzen, obwohl dies zum Teil bereits in der Botschaft vom 17. März 1947 geschehen ist.

Einmal ist geltend gemacht worden, die Verfassungsbestimmungen von Baselstadt und Baselland von 1938 seien nicht rechtsbeständig und dürfen die Gewährleistung nicht erhalten, weil sie den möglichen Inhalt einer Verfassungs-

1363 revision überschreiten, indem sie auf die Selbstaufgabe der beiden Halbkantone hinzielen, die Verfassung als Grundgesetz eines Staatswesens aber nicht Vernichtung dieses nämlichen Staatswesens herbeiführen könne. In erster Linie ist diese Frage der materiellen Schranken einer Verfassungsrevision zu untersuchen (unter Ziffer V). Von grösster Wichtigkeit ist sodann das Verhältnis zur Bundesverfassung, insbesondere zu Artikel l, der in der Aufzählung der Kantone die Teilung Basels in die Halbkantone in der Klammer festhält und daher im Falle der Wiedervereinigung geändert werden muss. Streitig ist in dieser Hinsicht namentlich, ob die Änderung den kantonalen Massnahmen zur WiedervePeinigung voranzugehen oder nachzufolgen hat (Ziff. VI). Weiter stellt sich die Frage, ob für das Verfahren zur Herbeiführung der Wiedervereinigung bundesrechtliche Vorschriften aufgestellt werden müssen (Ziff. VII). Endlich spielt auch der Wiedervereinigungsvorbehalt im Tagsatzungsbeschluss von 1883 eine gewisse Eolle (Ziff.VIII).

V. Die Frage der Schranken einer Verfassungsrevision Die These von den materiellen Schranken der Verfassungsrevision geht dahin, die Verschmelzung von Staatswesen sei ein Vorgang höherer Ordnung, der mit dem Staat selbst sein Grundgesetz hinfällig werden lasse und deshalb logischerweise nicht in diesem vorgesehen werden könne; eine staatliche Körperschaft könne nicht über ihre eigene Existenz verfügen und unter Berufung auf ihre Souveränität diese selbst vernichten ; das Problem der Auflösung eines Staates sei kein Rechtsproblem, und das Recht könne einen solchen Prozess weder einleiten noch verhindern (vgl. in diesem Sinne Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S.Auflage, S.273 ff.; Nef, Materielle Schranken der Verfassungsrevision, in der Zeitschrift für Schweizerisches Recht Bd.61 S.133 ff.; Siegenthaler, Die Idee der autonom-institutionellen Schranken der Verfassungsrevision, in derselben Zeitschrift Bd.77, S.222 ff.). Aus dieser Anschauung wird für den Basler Fall gefolgert, die Wiedervereinigung, welche die Ersetzung der Verfassungen beider Halbkantone durch eine Einheitsverfassung bedingt, könne nicht auf dem für Verfassungsrevisionen vorgezeichneten Weg verwirklicht werden; da somit die Verfassungsbestimmungen der beiden Halbkantone vom 2. Oktober 1938 gegen dieses fundamentale Prinzip
verstossen, könne ihnen die Gewährleistung des Bundes nicht erteilt werden (so Imboden, Die Basler Wiedervereinigung als staatsrechtliches Problem, S. 11 ff.).

' Das Bundesgericht hat in seinem Urteil vom 21. Juni 1935 (BGE 61, 1166) ohne bestimmte Stellungnahme zur allgemeinen Frage erklärt, aus § 48 der Verfassung von Baselland folge nur, dass eine Initiative unzulässig wäre, womit die Wiedervereinigung in dem Sinne direkt vorgeschlagen würde, dass sie mit der Annahme der Vorlage vollzogen wäre; nicht unstatthaft sei dagegen eine Ini tiative zu dem Zwecke, die noch fehlende Grundlage und das Verfahren zu schaf fen, um in einem späteren Entscheid die Wiedervereinigung herbeizuführen.

Damit wollte das Gericht offenbar die Wiedervereinigung als zulä&sig erklären, sobald dafür in der revidierten Verfassung eine Grundlage gegeben sei.

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Wir haben uns schon wiederholt mit der Frage befasst. In unserer Botschaft vom 4. Mai 1954 über das Volksbegehren zum Schütze der Stromlandschaft Kheinfall-Eheinau ( BEI 1954 I, 740 ff.) haben wir mit eingehender Begründung dargelegt, dass unser Verfassungsrecht inhaltliche Beschränkungen nicht kennt und dass auch die Bundesversammlung alle Bestrebungen zur Einführung solcher abgelehnt hat. Wix wollen heute auf die Frage nicht zurückkommen. Wir glauben uns weitere Erörterungen hierüber besonders deshalb ersparen zu können, Nweil wir sie für den Basler Fall nicht für schlüssig halten. Dieser Fall ist durchaus eigenartig. Sein Problem liegt darin, ob es zwei Halbkantonen, die während Jahrhunderten einen ungeteilten Kanton bildeten, sich jedoch infolge politischer Differenzen trennten, verwehrt sein soll, sich wieder zu vereinigen, zumal nachdem die Tagsatzung in ihrem Beschluss vom 26. August 1888 die Trennung unter dem ausdrücklichen Vorbehalt freiwilliger Wiedervereinigung billigte.

Nach dem Wortlaut jenes Beschlusses bildete der Kanton Basel in seinem Verhältnis zum Bunde nach wie vor einen einzigen Staatskörper, der nur in bezug auf die öffentliche Verwaltung in zwei besondere Gemeinwesen geteilt wurde.

Der Vorbehalt der Wiedervereinigung zeigt deutlich, dass die Tagsatzung die Trennung bedauerte und auf eine spätere Wiedervereinigung hoffte, jedenfalls die Möglichkeit dazu offen halten wollte. Diese besondere Sachlage darf auch unter dem Gesichtspunkt materieller Schranken einer Verfassungsrevision nicht übersehen werden. Mit der Mehrheit der Experten (Bericht S. 27 f.) halten wir es für unangängig, die Aufhebung der Trennung hier einer Selbstvernichtung der beiden getrennten Staatswesen gleichzustellen. Auch seit 1938 bilden diese zusammen einen Gliedstaat der Eidgenossenschaft. Daran würde durch die Wiedervereinigung nichts geändert, die Verschmelzung würde sich nur auf das innere Verhältnis zwischen ihnen erstrecken. Von einer Selbstvernichtung in diesem Falle zu sprechen, geht zu weit. Wir vermögen die Ansicht nicht zu teilen, dass im Sonderfall Basel eine auf Wiedervereinigung hinzielende Verfassungsrevision aus Erwägungen allgemeiner Natur unmöglich sein soll.

VI. Bas Verhältnis zur Bundesverfassung Vom Standpunkt des Bundesrechts liegt das Kriterium der Zulässigkeit der Wiedervereinigung
darin, dass sie mit der Bundes Verfassung in Einklang steht.

Diese bestimmt die Stellung der Kantone als Gliedstaaten der Eidgenossenschaft und sie ist massgebend für die Beurteilung von Veränderungen im Bestand der Kantone. Sollte sich aus der Wiedervereinigung der beiden Basel ein nicht zu behebender Widerspruch zur Bundesverfassung ergeben, so müsste sie an diesem Hindernis scheitern. Die Frage eines solchen Wiederspruches ist vor allem an Artikel l, daneben auch an weitern Artikeln der Bundesverfassung zu prüfen.

1. In der Aufzählung der Kantone, welche die Eidgenossenschaft bilden, kennzeichnet Artikel l der Bundesverfassung die geteilten Kantone Unterwaiden, Basel und- Appenzell, indem er in einer Klammer je die Halbkantone beifügt.

Basel besteht also von Verfassungs wegen aus den Teilen Stadt und Landschaft.

1365 Diese Zusammensetzung wies der Kanton im Jahre 1848 bei der Gründung des Bundesstaates auf, und sie ist seitdem unverändert geblieben. Im Falle der Wiedervereinigung trifft dieser Text nicht mehr zu. Sie ist daher nur denkbar in Verbindung mit einer Änderung deä Textes von Artikel l durch Streichung der Klammer mit den Worten «Stadt und Landschaft».

Die Frage, wie diese Änderung rechtlich zu charakterisieren und in welcher Form sie vorzunehmen sei, hat zu Zweifeln Anlass gegeben. Wir haben uns dazu in unserer Botschaft vom 17.März 1947 (unter Ziffer V) sowie im Bericht vom 14. Oktober 1947 an die Kommission des Ständerates ausgesprochen. Während eine namentlich früher vertretene Auffassung die Streichung der Klammer als ·eine bloss redaktionelle Bereinigung betrachtet, die nach beschlossener Wiedervereinigung als Konsequenz derselben ohne, weitere Voraussetzungen vorgekommen werden dürfte und müsste, erblickt die andere Auffassung darin eine Eevision der Verfassung und verlangt dafür folgerichtig die Annahme des veränderten Textes durch Volk und Stände. Die Experten haben sich (S.28 ff. des Berichts) einlässlich mit der Frage befasst und sich mehrheitlich für die zweite Auffassung erklärt. Wir halten sie ebenfalls für zutreffend. Abgesehen von den (im folgenden noch darzulegenden) politischen Erwägungen, die es wünschbar ·erscheinen lassen, dass das Schweizervolk und die Stände zur Frage der Wiedervereinigung Basels Stellung nehmen können, muss die gegenteilige Auffassung .auch aus rein rechtlichen Gründen Bedenken erwecken. Die Verfassung ist ge·setztes Eecht der höchsten Stufe, und wenn irgendwo, so ist hier der genaue Wortlaut wichtig. Auch was in einer Klammer steht, ist Verfassungstext, und ·die Beseitigung der eingeklammerten Worte ist eine Veränderung dieses Textes, .mag sie auch formell betrachtet geringfügig erscheinen. Wo wäre die Grenze zu ziehen, wenn Korrekturen solcher Art in formloser Weise zugelassen würden?

.Materiell ist die Änderung keineswegs belanglos, da der geltende Text durch die Beifügung der eingeklammerten Worte verfassungsrechtlich festgestellt hat, ·dass Basel als Glied der Eidgenossenschaft zu den geteilten Kantonen gehört.

Diesen weist die Verfassung in mehrerer Hinsicht eine besondere Stellung zu, -nämlich bezüglich der Wahl des Ständerates (Art. 80) und der
Ermittlung des Ständemehrs (Art. 123, Abs.2). Die Umwandlung eines geteilten Kantons in -einen Einheitskanton berührt somit die bundesrechtliche Ordnung und schafft · einen neuen verfassungsrechtlichen Zustand. Das kann nur mit Zustimmung des Volkes und der Stände geschehen.

Wie sich nun aber die Eevision des Artikels l der Bundesverfassung zeitlich :zu den Massnahmen der beiden Halbkantone für die Wiedervereinigung verhalte, ob sie diesen vorausgehen müsse, um ihnen erst die rechtliche Grundlage zu geben, oder ob sie umgekehrt nach durchgeführtem Verfahren erfolgen und · die Wiedervereinigung vollenden müsse, darüber gehen die Meinungen wieder auseinander; ja, es kann wohl gesagt werden, dass diese Kontroverse den Kernpunkt der Schwierigkeiten um die Wiedervereinigung bildet, der auch in den Verhandlungen der eidgenössischen Bäte von 1947/1948 über die Gewährleistung «die grösste Eolle gespielt hat. Wir haben in dieser Hinsicht keine Zweifel. Es

1366 scheint uns völlig klar, dass, wenn es zur Wiedervereinigung kommen soll, die beiden Halbkantone vorangehen und den Entscheid darüber herbeiführen müssen, dass und unter welchen Modalitäten sie wieder zusammenkommen wollen. Wie seinerzeit die Trennung durch innere Schwierigkeiten des damaligen Standes Basel ausgelöst und von der Tagsatzung nur notgedrungen genehmigt wurde, ist nun die Frage der Wiedervereinigung zunächst die Angelegenheit der beiden Kantonsteile. Der Bund hat dazu weder den Anstoss zu geben noch die Grundlage zu schaffen, er hat nur nach Massgabe der bundesrechtlichen Vorschriften und in dem ihnen entsprechenden Zeitpunkt mitzuwirken : Einerseits durch Gewährleistung der kantonalen Verfassungsbestimmungen, andererseits, wenn es einmal so weit kommt, durch die Eevision von Artikel l der Bundesverfassung.

Wollte man im umgekehrten Sinn vorgehen und mit der Revision von Artikel l beginnen, so würden in diesem die Halbkantone Baselstadt und -land verschwinden und Artikel l nur noch vom Kanton Basel sprechen, bevor feststeht, ob dieser überhaupt Wirklichkeit wird. Sollte dies nicht der Fall sein, so wäre der abgeänderte Text des Artikels l unrichtig und irreführend ; die Eevision würde sich als verfehlt erweisen. Das Schweizervolk würde ein solches Vorgehen nicht verstehen, abgesehen davon, dass es gewiss den beiden Halbkantonen zuzumuten ist, zunächst das Ihrige zur Herbeiführung der Wiedervereinigung zu tun, bevor der Apparat einer eidgenössischen Abstimmung in Bewegung gesetzt wird. Vom gesamteidgenössischen Standpunkt erscheint die Gefahr erträglicher, dass möglicherweise die Anstrengungen der beiden Halbkantone sich als nutzlos herausstellen, falls nämlich die ebenfalls erforderliche Eevision von Artikel l der Bundesverfassung von Volk und Ständen verworfen werden sollte.

Es könnte auch nicht dadurch geholfen werden, dass die Eevision des Artikels l nur unter der Bedingung vorgenommen würde, dass die beiden Halbkantone durch Annahme einer Einheitsverfassung die Wiedervereinigung, soviel an ihnen, beschliessen. Es gibt keine bedingte Verfassungsrevision; der Wortlaut der Verfassung muss eindeutig und vorbehaltlos feststehen. Wohl aber ist es andererseits möglich, die Gewährleistung der kantonalen Verfassungsbestimmungen unter dem Vorbehalt der nachfolgenden Eevision von
Artikel l der Bundesverfassung auszusprechen. Damit wird dem Einwand begegnet, die Gewährleistung dürfe und könne wegen des Widerspruchs zu Artikel l nicht erteilt werden, solange dieser nicht abgeändert sei. Die Bundesversammlung hat schon öfters kantonale Verfassungsbestimmungen nur mit einem auf die Übereinstimmung mit dem Bundesrecht bezüglichen Vorbehalt gewährleistet (vgl.

AS 17, 758; 24, 553; weitere Fälle zitiert Cereghetti, Die Überprüfung der Kantonsverfassungen durch die Bundesversammlung und das Bundesgericht, S.84 N.l; Burckhardt, Kommentar S.66). In der bisherigen Praxis pflegte sich der Vorbehalt allerdings jeweilen auf die Auslegung und Anwendung der kantonalen Verfassungsbestimmung zu beziehen, in dem Sinne, dass sie dem Bundesrecht nicht widersprechen dürfe. Allein es ist nicht einzusehen, warum nicht auch eine Gewährleistung unter Vorbehalt einer künftigen Änderung des Bundesrechts selbst möglich sein soll. Auch im Nationalrat wurde die Meinung ge-

1367 äussert, es sei nicht ersichtlich, weshalb ein derartiges Verfahren gegen Verfassungsvorschriften des Bundes verstossen sollte (StenB NB 1948, S.52).

In diesem Sinne haben wir in unserem Bericht vom 14. Oktober 1947 an die Kommission des Ständerates vorgeschlagen, den beantragten Beschluss über die Gewährleistung der kantonalen Verfassungsrevisionen durch eine Bestimmung zu ergänzen, die festlegen würde, dass die Wiedervereinigung eine Eevision de£ Artikels l der Bundesverfassung durch Abstimmung von Volk und Ständen bedingt und dass demnach, falls es zur Annahme einer Verfassung des vereinigten Kantons Basel kommt, diese nur unter Vorbehalt der nachfolgenden Bevision des Artikels l gewährleistet werden kann. Die Minderheit der Kommission des Ständerates griff diesen Gedanken auf und beantragte, dem Beschluss über die Gewährleistung der Verfassungsbestimmungen von 1938 einen bezüglichen Artikel beizufügen. Durch die Ablehnung der Gewährleistung wurde der Antrag hinfällig (StenB StR 1947, S.439). Vorausgesetzt, diesmal werde in positivem Sinne entschieden, empfiehlt es sich jedoch, von vornherein klarzustellen, welcher Schritte es gegebenenfalls später von Seite des Bundes bedarf, um die von den beiden Halbkantonen beschlossene Wiedervereinigung zu vollenden. In diesem Sinne schlagen wir die Aufnahme folgender Bestimmung in den Bundesbeschluss vor: «Führt das Wiedervereinigungsverfahren zur Annahme einer Verfassung des Kantons Basel, so kann ihre Gewährleistung nur unter Vorbehalt der nachfolgenden Bevision von Artikel l der Bundesverfassung durch Zustimmung des Volkes und der Stände erteilt .werden.» In diesem Zusammenhang müssen wir schliesslich auf Erwägungen politischer Natur hinweisen, die es neben den rein rechtlichen Gründen wünschbar, ja sogar notwendig erscheinen lassen, die Bevision des Artikels l erst dann vorzunehmen, wenn die beiden Basel sich durch Annahme einer Einheitsverfassung auf die Wiedervereinigung verständigt haben. Für Volk und Stände, die über die Bevision zu entscheiden haben, ist nicht nur die Tatsache selbst von Belang, dass die beiden Basel sich vereinigen wollen, sondern auch die Frage, wie diese Vereinigung beschaffen sein soll. Der Stimmbürger, der durch sein Ja oder Nein zur Bevision von Artikel l zugleich die Wiedervereinigung annimmt oder ablehnt, hat Anspruch
darauf, das nähere Verfahren derselben zu kennen, das vielleicht für seine Entschliessung entscheidend ist. Wohl mag der eine oder andere so grundsätzlich zur Frage der Wiedervereinigung eingestellt sein, dass er sie ohne Bücksicht auf Einzelheiten gutheisst oder verwirft. Für den Stimmbürger aber, der nicht schlechthin Gegner ist, kann die in der EinheitsVerfassung getroffene Ordnung ausschlaggebend sein. Er wird sich etwa vergewissern, wie das innerstaatliche Verhältnis zwischen der Stadt und der Landschaft gestaltet worden ist, ob und wie die Interessen beider Teile, soweit sie von einander abweichen, ausgeglichen erscheinen, ob für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben eine Organisation gefunden wurde, die beide Teile zu befriedigen vermag, und wie die für den ganzen Kanton zuständigen Behörden bestellt werden. Sollte Sich aus

1368 der Prüfung dieser und ähnlicher Fragen der Bindruck ergeben, die getroffene Ordnung gewährleiste keine gerechte und dauerhafte Lösung, so kann dies auch den Freund der Wiedervereinigung dazu führen, ihr die Zustimmung zu versagen. Diese Überlegung hat im demokratischen Staat ihre Bedeutung. Sie würde ausgeschaltet, wenn die Abstimmung über die Eevision von Artikel l der Bundesverfassung, die einzige Gelegenheit, bei welcher das Schweizervolk sich zur Frage der Wiedervereinigung aussprecheri 'kann, in einem Zeitpunkt stattfinden müsste, wo nicht einmal über ihr Zustandekommen, geschweige denn über die für den neuen Kanton Basel vorgesehene Ordnung Gewissheit besteht.

2. Kürzer können wir uns fassen in der Erörterung des Verhältnisses der Wiedervereinigung zu andern Bestimmungen der Bundesverfassung. Es ist in den früheren Beratungen über die Gewährleistung und anderswo behauptet worden, die Wiedervereinigung stehe im Widerspruch zu den Artikeln 3, 5, 7 und 123 der Bundesverfassung. Wir halten diese Einwände nicht für begründet.

Artikel 3 statuiert den Grundsatz der Souveränität der Kantone, die so weit reicht, als sie nicht durch die Bundesverfassung selbst beschränkt ist. Man hat auf die in diesem Sinn zwischen dem Bund und den Kantonen geteilte Souveränität mit Vorrang des Bundes hingewiesen und in den von beiden Basel eingeleiteten Schritten zur Wiedervereinigung einen Eingriff in diese verfassungsrechtliche Ordnung erblickt (vgl. StenB StR 1947, S. 410; NE 1948, S. 35,42,63).

Nun ist in Artikel 3 ein Schutz der Kantone gegen den Bund in dem Sinne verankert, dass letzterer die Selbständigkeit der Kantone nicht antasten darf, wo nicht die Bundesverfassung selbst es erlaubt. Die Vereinigung von Halbkantonen zu einem Vollkanton könnte ihnen also niemals vom Bund aufgezwungen werden. Dies ist nicht der Fall, wenn die Halbkantone selbst ihre Vereinigung wollen.

Andererseits wird die übergeordnete Souveränität des Bundes respektiert, wenn sie die durch die Bundesverfassung vorgesehene Mitwirkung des Bundes nachsuchen. Der aus Artikel 3 gefolgerte Einwand läuft im Grunde auf das Argument hinaus, der Begriff der kantonalen Souveränität werde verletzt, wenn sie dazu dienen soll, das eigene Staatswesen aufzugeben; gegen die These von den materiellen Schranken der Verfassungsrevision mindestens
für den Fall der Basler Wiedervereinigung haben wir uns oben (unter V) ausgesprochen.

Gemäss Artikel 5 der Bundesverfassung gewährleistet der Bund den Kantonen ihr Gebiet, ihre Souveränität innert den Schranken des Artikels 3 und ihre Verfassungen. Diese Bestimmung könnte nur verletzt sein, wenn der Bund es geschehen liesse, dass das Gebiet eines Kantons bedroht oder beeinträchtigt würde oder dass Kantone ohne seine Genehmigung Gebietsabtretungen vornähmen. In der freiwilligen Wiedervereinigung zweier Halbkantone kann aber wieder nicht ein Angriff auf ihr Gebiet oder ihre Selbständigkeit noch auch eine unzulässige Gebietsabtretung erblickt werden, immer die Zustimmung des Bundes vorausgesetzt.

Was Artikel 7 betrifft, verbietet er besondere Bündnisse und Verträge politischen Inhalts zwischen den Kantonen. An sich wäre es denkbar, die Wieder-

1369 Vereinigung beider Basel durch einen zwischen ihnen geschlossenen Staatsvertrag zu versuchen. Allein dieser Fall ist nicht aktuell. Baselstadt und Baselland haben nicht diesen Weg eingeschlagen, sondern das Verfahren zur Wiedervereinigung durch Verfassungsinitiative, also selbständige, wenn auch gleichgerichtete Schritte eingeleitet, auf die Artikel 7 nicht anwendbar ist. Übrigens fiele unseres Erachtens selbst ein zwischen den beiden Basel zur Herbeiführung der Wiedervereinigung geschlossener Staatsvertrag nicht unter Artikel 7. Dieser wollte, in Erinnerung an den. Sonderbund, jeden engern politischen Zusammenschluss unter Kantonen als dem Bundesstaat gefährlich verhindern. Die Wiedervereinigung geteilter Kantone, die früher schon einen einzigen Kanton bildeten, ist ein ganz anderer Vorgang. Es erübrigt sich jedoch, die Frage hier näher zu verfolgen.

Inwiefern die Wiedervereinigung gegen Artikel 123 der Bundesverfassung verstossen könnte, ist nicht ersichtlich. Bei der Eevision von Artikel l»üben die Stimmberechtigten der beiden Basel ihr Stimmrecht als solches der beiden Halbkantone aus, und bei der Ausmittlung zählt in beiden Halbkantonen das Ergebnis der Volksabstimmung noch als halbe Standesstimme. Die Vorschriften von Artikel 128, Absatz l und 2 werden also befolgt.

Vu. Die Frage bundesrechtlicher Verfahrensbestimmungen

Eine besondere Frage, die ebenfalls Schwierigkeiten bereitete, geht dahin, ob bundesrechtliche Vorschriften über das für die Wiedervereinigung einzuschlagende Verfahren aufgestellt werden sollen oder müssen. Diese Frage steht in einem gewissen Zusammenhang mit der im vorigen Abschnitt behandelten.

Von Gegnern der Wiedervereinigung wurde geltend gemacht, sie sei so lange bundesrechtswidrig und daher ausgeschlossen, als für sie nicht von Bundes wegen eine verfassungsmässige Grundlage geschaffen und zugleich das Verfahren geordnet werde. Diese Auffassung ist auch im Parlament zum Ausdruck gekommen. Sie war mitenthalten in einem von Nationalrat Oeri in den Beratungen vom März 1948 gestellten Antrag. Oeri sprach sich zwar für die Ablehnung der Gewährleistung aus, beantragte aber zugleich einen Zusatz, der den Bundesrat einladen sollte, für den Fall des Wiederauftauchens der Frage die staatsrechtlichen Voraussetzungen der Wiedervereinigung nochmals eingehend zu prüfen, über das Ergebnis der Bundesversammlung Bericht zu erstatten und gegebenenfalls Anträge zu stellen, wenn sich die Wünschbarkeit verfassungsrechtlicher Änderungen ergeben sollte. Oeri wollte sich also nicht mit der einfachen Ablehnung begnügen, sondern für alle Fälle das-Verfahren abgeklärt wissen. Sein Antrag wurde jedoch mit 70 gegen 19 Stimmen abgelehnt (StenB 1948 NB, S. 19, 56, 66). Schon zuvor, am 16. November 1947, hatte Nationalrat Leupin mit einer Motion ebenfalls einen Bundesbeschluss verlangt, in welchem festgelegt werden sollte, unter welchen Bedingungen die Wiedervereinigung durch den Bund zuzulassen sei. Auch diese in ein Postulat umgewandelte Motion wurde mit 66 gegen 22 gt.iTnm.eTi abgelehnt. Wir haben uns zu der Frage bereits in unserer Botschaft vom 17. März 1947 geäussert und sind zum ablehnenden Schluss gelangt.

Bundesblatt.lll.Jahrg.Bd.II.

96

1370 Es ist zuzugeben, dass die Besonderheit, ja Einmaligkeit des Wiedervereinigungsproblems den Gedanken wachrufen kann, ob nicht zur Ordnung dieses Vorgangs bundesrechtliche Vorschriften wünschbar oder sogar notwendig seien. Dafür müsste aber vor allem eine Kompetenz des Bundes bestehen. Eine solche ist nirgends festgelegt; die geltende.Bundesgesetzgebung befasst sich, was durchaus natürlich ist, nicht mit dem Problem der Wiedervereinigung von Basel. Die Grundlage für eine bundesrechtliche Ordnung des Wiedervereinigungsverfahrens müsste also eigens durch eine besondere Verfassungsbestimmung geschaffen werden. Dies ist nicht nur unnötig, es wäre auch aus folgenden Gründen grundsätzlich falsch.

Wir haben schon darauf hingewiesen, dass die Wiedervereinigung von den beiden Halbkantonen ausgehen muss. An ihnen ist es, zu bestimmen, ob sie die Wiedervereinigung versuchen und von welchen Voraussetzungen sie sie abhängig machen wollen. Sie haben - wie es auch tatsächlich geschehen ist - das Verfahren in Gang za setzen, bis es der Mitwirkung des Bundes bedarf. Die Wiedervereinigung muss in jeder Hinsicht freiwillig sein, und sie ist es nur, wenn auch die Modalitäten den beiden Halbkantonen nicht durch den Bund auferlegt, sondern von ihnen in freier Entschliessung festgestellt werden. Sie dürfen nur nicht gegen das bestehende Bundesrecht verstossen. Abgesehen von dieser Schranke kommt die kantonale Souveränität (Art. 3 BV) auch hier zur Geltung.

Sie würde verletzt, wenn der Bund irgend einen Zwang ausüben und den beiden Halbkantonen ein bestimmtes Verfahren vorschreiben würde, das sie zur Herbeiführung der Wiedervereinigung zu befolgen hätten.

Besondere Verfahrensvorschriften des Bundes sind aber auch nicht nötig.

Soll das Wiedervereinigungsverfahren zum Ziel führen, so muss es in die Schaffung und Annahme einer EinheitsVerfassung für den Kanton Basel ausmünden.

Das Verfahren hiefür haben die beiden Halbkantone in ihren Initiativen vom 2.Oktober 1938 festgelegt; ein gemeinsamer Verfassungsrat soll die neue Vorfassung ausarbeiten, die hernach der Volksabstimmung zu unterstellen ist.

Schon das Bundesgericht hat in seinem Urteil vom 21. Juni 1935 dieses Verfahren als zulässig und die Weigerung der Regierung von Baselland, ein entsprechendes Initiativbegehren dem Volk zur Abstimmung zu unterbreiten,
als ungerechtfertigt erklärt. Zudem haben die beiden Halbkantone sich nicht damit begnügt, den formellen Gang des Verfahrens in dieser Weise zu ordnen, sie haben vielmehr in ihren, die Wiedervereinigung einleitenden Verfassungsbestimmungen übereinstimmend die hauptsächlichen materiellen Grundsätze festgelegt, auf denen die Einheitsverfassung beruhen soll (Ziff. 8 beider Beschlüsse) . Ohne Zweifel ist dieses Vorgehen tauglich, zum Ziel zu führen, und es ist nicht einzusehen, weshalb es unstatthaft und inwiefern es dem Bundesrecht widersprechen sollte. Besondere bundesrechtliche Verfahrensvorschriften haben daneben nicht Raum, und sofern sie jene bereits festgelegten verdrängen wollten, wären sie, wie bereits erwähnt, als gegen die kantonale Souveränität verstossend selbst unzulässig.

1371 Nach den Verfassungsbestimmungen beider Halbkantone von 1988 (Ziff. 6) soll die Verfassung für den neuen Kanton Basel in Kraft treten, wenn sie durch die Mehrzahl der Stimmenden in Baselstadt und Baselland in gesonderter, aber gleichzeitiger Abstimmung angenommen worden ist und die eidgenössische Gewährleistung erhalten hat. Diese Bestimmung wird von manchen Gegnern der Wiedervereinigung beanstandet, weil sie der Eigenart und der ganz besondern Bedeutung der zu treffenden Entscheidung nicht gerecht werde. Nach dieser Auffassung darf es der für Verfassungsrevisionen gewöhnlichen Art hinreichenden einfachen Stimmenmehrheit nicht überlassen werden, den Verlust der Selbständigkeit des Kantons und sein Aufgehen in einem neuen Staatswesen herbeizuführen. Insbesondere wird einerseits darauf hingewiesen, dass in Baselland die M.ehrheit der Gemeinden sich nach wie vor gegen die Wiedervereinigung auflehnt, und andererseits postuliert, es sollte auch den auswärts wohnenden Kantonsbürgern das Mitspracherecht eingeräumt werden. Vornehmlich diese grundsätzliche Einstellung ist es, die das Verlangen nach bundesrechtlichen Verfahrensvorschriften wachgerufen hat, in der Meinung, die letzteren müssten besondere Garantien der angedeuteten Art schaffen.

Will man diesem Gedankengang folgen, so wären an sich für die Annahme der Einheitsverfassung verschiedene Erschwerungen denkbar, freilich unter Vorbehalt ihrer rechtlichen Zulässigkeit. So könnte die einfache durch eine qualifizierte, z.B. die Zweidrittelmehrheit ersetzt werden. Statt auf die Zahl der Stimmenden könnte auf die Zahl der Stimmberechtigten abgestellt werden. Man könnte die nicht im Kantonsgebiet wohnenden Bürger oder sogar nur die Kantonsbürger tinter Ausschluss der niedergelassenen Schweizerbürger zur Abstimmung zulassen. Auch die Stellungnahme der Gemeinden liesse sich berücksichtigen durch die Bestimmung, dass die neue Verfassung nur angenommen wäre, wenn bei Ausscheidung der Ergebnisse nach Gemeinden die Mehrheit derselben ihr zustimmen würde. Schliesslich wäre auch eine Kombination dieser Erschwerungen denkbar.

Derartigen aus politischen Gesichtspunkten geschöpften Erwägungen soll im Sonderfall der Wiedervereinigung Basels nicht jede Berechtigung abgesprochen werden ; sie sind verständlich als Ausfluss der Sorge um eine nicht bloss formalrechtliche
einwandfreie, sondern auch gefühlsmässig befriedigende Lösung, die weniger Gefahr läuft, von der unterliegenden Minderheit als Vergewaltigung empfunden zu werden. Allein durch diese Verfahrensfrage muss auf Grund der realen Tatsachen beurteilt und entschieden werden. In beiden Halbkantonen sind die Verfassungsrevisionen vom 2. Oktober 1988 nach den dafür in den Kantonsverfassungen vorgesehenen Bestimmungen und in Übereinstimmung mit dem in Artikel 6, Buchstabe c der Bundesverfassung für die Gewährleistung kantonaler Verfassungen aufgestellten Erfordernis zustande gekommen. Ein Widerspruch zum Bundesrecht kann darin nicht gefunden werden. Artikel 6 Buchstabe c, der von der absoluten Mehrheit der «Bürger spricht», lässt die Möglichkeit offen, dass ein Kanton für die Annahme einer Verfassungsbestimmung die Mehrheit nicht der sich an der Abstimmung Beteiligenden, sondern der Stimm-

1372 berechtigten als massgebend erklärt (Burckhardt, Kommentar S. 69; Cereghetti S. 53). Es hätte den beiden Halbkantonen freigestanden, wenigstens diese Erschwerung aufzunehmen. Wenn sie es nicht getan haben, hat der Bund keinen Anlass, ja er ist nicht einmal berechtigt, ihnen ein anderes Verfahren aufzuzwingen. Dies hat auch das Bundesgericht in seinem Urteil vom 21. Juni 1935 (Erwägung 10). festgestellt. Wären aber die beiden Halbkantone von dem in Artikel 6 der Bundesverfassung niedergelegten Prinzip der einfachen Mehrheit abgewichen und hätten sie zu einer oder mehreren der angedeuteten Erschwerungen gegriffen, so hätte sich die Frage gestellt, ob dies überhaupt bundesrechtlich zulässig gewesen wäre. Da sie es nicht getan haben, braucht die Frage nicht näher untersucht zu werden.

Vm. Der Tagsatzungsbeschluss (Vorbehalt der Wiedervereinigung) Die Tatsache der Trennung der beiden Basel im Eahmen des damaligen Staatenbundes wurde von der Tagsatzung in ihrem gestützt auf Artikel VIII des Bundesvertrages von 1815 gefassten Beschluss vom 26.August 1833 festgestellt und gebilligt. Der erste Artikel dieses Beschlusses hatte folgenden Wortlaut: «Der Kanton Basel wird in seinem Verhältnis zum Bunde wie bis anhin einen einzigen Staatskörper bilden, in bezug auf die öffentliche Verwaltung hingegen, jedoch unter Vorbehalt freiwilliger Wiedervereinigung, in zwei besondere Gemeinwesen geteilt.» Wie es in dem weitschichtigen Problem der Wiedervereinigung kaum eine wichtige unbestrittene Frage gibt, so auch hinsichtlich des Vorbehalts freiwilliger Wiedervereinigung im Beschluss der Tagsatzung. Ob dieser heute noch als zu Eecht bestehend betrachtet werden könne und was diesfalls aus dem Vorbehalt zu folgern sei, darüber gehen die Meinungen wieder auseinander.

Wird die Fortgeltung des Tagsatzungsbeschlusses über die Gründung des Bundesstaates von 1848 hinaus einmal angenommen, so lässt sich die rechtliche Bedeutung des Vorbehalts zunächst nach zwei Eichtungen mit Sicherheit abgrenzen. Einmal besitzt er als blosser Vorbehalt keine unmittelbare normative Kraft; er sagt nur, dass die Wiedervereinigung möglich ist und nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es war sehr natürlich, dass die Tagsatzung, die ungern die unvermeidlich gewordene Trennung bestätigte, zugleich deutlich zum Ausdruck brachte,
dass sie nicht ewig zu dauern brauche, vielmehr die Aussicht auf eine spätere Wiedervereinigung offen lasse. Ferner aber dachte schon damals niemand daran, die nun getrennten Kantone könnten zur Wiedervereinigung gezwungen werden. Schon der Tagsatzungsbeschluss hielt also fest, was seit 1848 aus Artikel 3 der Bundesverfassung folgt, dass die Wiedervereinigung nur als eine freiwillige denkbar ist.

Die Kardinalfrage bezüglich des Vorbehalts geht aber dahin, ob seine Bedeutung noch weiter geht und den beiden Halbkantonen nicht nur die Möglichkeit, sondern einen Anspruch auf die Wiedervereinigung gibt. Das würde heissen,

1373 dass eine Verständigung der beiden Basel für sich allein massgebend wäre und dass, sobald sie zustandegekommen, die Wiedervereinigung als gültig beschlossen anerkannt werden müsste. Die unerlässliche Mitwirkung des Bundes würde damit zur blossen Formsache herabsinken. Mit der Mehrheit der Experten (Bericht S.20 ff.) vermögen wir diese Auffassung nicht zu teilen. Schon auf Grund rein sprachlicher Auslegung erscheint es höchst zweifelhaft, ob einem blossen Vorbehalt eine so weitgehende Bedeutung beigemessen werden darf. Namentlich aber entstellt diese Auffassung das oben (unter Ziff.VI) dargelegte Verhältnis der Wiedervereinigung zum Verfassungsrecht des Bundes. Sie missachtet die elementare Tatsache, dass die Verschmelzung der beiden Basel, die im Zustand der Trennung als Halbkantone Glieder der Eidgenossenschaft wurden, zu einem Vollkanton die Zusammensetzung derselben verändert und infolgedessen nicht ohne Eevision von Artikel l der Bundesverfassung vor sich gehen kann. Mit der Feststellung der rechtlichen und politischen Notwendigkeit dieser von Volk und Ständen zu beschliessenden Eevision ist ein Anspruch der beiden Basel auf die Wiedervereinigung unverträglich. Es kann keine Eede davon sein, Volk und Stände zur Abstimmung über einen abgeänderten Artikel l aufzurufen^' wenn sie keine andere Wahl als die Annahme desselben hätten. Der Stimmbürger muss, wenn es einmal so weit ist, zur Frage der Wiedervereinigung frei nach seiner Überzeugung Stellung nehmen können, durch eine Abstimmung, in der neben rechtlichen auch politische Erwägungen zur Geltung kommen. Sollten Volk und Stände die Eevision verwerfen, so wäre die Wiedervereinigung als dem unveränderten Artikel l widersprechend gescheitert.

Es ergibt sich, dass aus dem Vorbehalt im Tagsatzungsbeschlüss von 1833 kein Anspruch der beiden Basel hergeleitet werden kann, die Wiedervereinigung durchzusetzen, womit das Mitspracherecht des Bundes illusorisch würde. Deshalb ist auch die Vorfrage nicht entscheidend, ob überhaupt jener Beschluss auch unter den Bundesverfassungen von 1848 und 1874 seine Geltung behalten hat, was von der Expertenmehrheit mit vielen andern verneint wird. Wir können unter diesen Umständen auch von einer Auseinandersetzung mit den zahlreichen Äusserungen über die rechtliche Bedeutung des Wiedervereinigungsvorbehalts absehen.

IX. Antrag auf Gewährleistung

In unseren bisherigen Ausführungen haben wir die rechtliche Möglichkeit festgestellt, dass die Bundesversammlung auf ihren Beschluss vom 10. März 1948 zurückkommt. Andererseits haben wir dargetan, dass die Verfassungsbestimmungen der beiden Basel vom 2. Oktober 1938, deren Gewährleistung durch die Standesinitiativen neuerdings begehrt wird, einen tauglichen Weg zur Durchführung des Wiedervereinigungsverfahrens eröffnen. Es gilt nunmehr, abschliessend zur Hauptfrage Stellung zu nehmen, in welchem Sinn die Bundesversammlung über die Wiedererwägungsbegehren entscheiden, ob sie die bisher verweigerte Gewährleistung erteilen und damit das Begehren der beiden Standesinitiativen erfüllen soll.

1374 Nach unserer Überzeugung ist die Entscheidung in diesem Sinne zu treffen, ·wie wir denn schon in unserer Botschaft vom 17. März 1947 die Gewährleistung beantragt hatten. So wenig wie damals können wir heute gelten lassen, dass die Verfassungszusätze der beiden Basel, welche die Grundlage für das Wiedervereinigungsverfahren schaffen sollten, mit dem Bundesrecht unvereinbar seien, was einzig die Verweigerung der Gewährleistung rechtfertigen könnte. Die Überprüfung kantonaler Verfassungsbestimmungen erstreckt sich nur auf die Voraussetzungen des Artikels 6 der Bundesverfassung. Sind sie erfüllt, so übernimmt nach dem Wortlaut dieser Bestimmung der Bund die Gewährleistung.

Die Bundesversammlung ist also in diesem Falle nicht frei in ihrer Entscheidung, sie muss vielmehr die Gewährleistung erteilen (vgl. Fleiner/Giacometti, Bundesstaatsrecht S.131,135; Cereghetti S.56, 67). Wir erinnern überdies nochmals an den Entscheid des Bundesgerichts vom 21. Juni 1935, worin es ausführte, die Wiedervereinigung der beiden Halbkantone könne von vornherein nicht bundesrechtswidrig sein, sie stelle im Gegenteil in einem gewissen Sinn sogar ein Postulat des Bundesrechts dar. Freilich war und ist die Bundesversammlung an diesen Entscheid des Bundesgerichts nicht gebunden; aber auch für sie verdient sicherlich die Auffassung unseres Staatsgerichtshofes Beachtung. Unsererseits pflichten wir ihr bei, und da ihre Konsequenz in der Gewährleistung der vorbereitenden Verfassungsrevision der beiden Halbkantone liegt, halten wir den ablehnenden Entscheid der Bundesversammlung für rechtsirrtümlich.

Durch diesen Entscheid hat die Bundesversammlung die gegen die Wiedervereinigung gerichtete Auffassung geschützt. Zahlreiche Gründe sind, abgesehen von den reinen Bechtsfragen, zugunsten dieser Auffassung geltend gemacht worden. Welche Erwägungen für den Entscheid zur Hauptsache ausschlaggebend sein mochten, muss dahingestellt bleiben. Ihnen stehen die Argumente gegenüber, worauf die beiden Halbkantone nunmehr ihr Begehren auf Wiedervereinigung und Erteilung der Gewährleistimg stützen; sie mögen noch kurz zusammengefasst werden.

Baselland hat diese Gründe schon im Ligress seiner Standesinitiative aufgeführt. Darnach hat sich die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der beiden Halbkantone in natürlicher Einheit weiter
verbunden, so dass die Grenzen zwischen Stadt und Land nur noch auf dem Papier bestehen; in der gleichen Zeit hat die Bevölkerung der stadtnahen Gemeinden einen gewaltigen Zuwachs erfahren (1955 im Bezirk Ariesheim 66 039, in den übrigen drei Bezirken zusammen 57 701 Einwohner), und die Vororte sind auch baulich zu Vorstädten geworden; die Zahl der Arbeiter und Angestellten aus dem untern und obern Kantonsteil, die ihr Brot in der Stadt verdienen, hat sich seit 1938 um Tausende vermehrt; heute besuchen mehr als 2500 Schüler und Studenten die Bildungsstätten von Basel ; der obere Kantonsteil ist durch wirtschaftliche Beziehungen und verbesserte Verkehrsbedingungen in einen engern und bessern Kontakt mit der Stadt gekommen; auch die Bauern verlieren immer mehr ihr Misstrauen gegen die Wiedervereinigung und kommen zur Einsicht, dass es für sie von Vorteil wäre, wenn die grosse Stadt für ihre Lage mitverantwortlich würde. Endlich

1375 wird daran erinnert, dass sich das Baselbietervolk schon zu drei Malen, in zwei Abstimmungen und in der Wahl des Verfassungsrates, zur Wiedervereinigung bekannt habe.

Der Grosse Bat von Baselstadt bestätigt in der Begründung seiner Initiative die Überzeugung, dass die Verfassungsbestimmungen von 1938 in keiner Weise dem Buchstaben und dem Geist der Bundesverfassung widersprechen. Sodann weist auch er auf die immer enger werdenden Verflechtungen aller Beziehungen wirtschaftlicher und kultureller Art auf dem privaten wie auf dem öffentlichen Gebiet hin und zieht aus ihnen den Schluss, dass nur eine Wiedervereinigung der getrennten Teile zu einer der Geschichte und der topographischen Situation entsprechenden Einheit die Voraussetzungen für eine gedeihliche Entwicklung beider Halbkantone schaffen könne.

Im Expertenbericht (S. 57 ff.) ist die Überzeugung der Mehrheit der Experten niedergelegt, dass unter den obwaltenden Verhältnissen das Zurückkommen auf den Bundesbeschluss vom 10.März 1948 nicht abgelehnt werden dürfe. Der Bericht weist darauf hin, man wisse nicht mit Sicherheit, welche Erwägungen für die ablehnende Mehrheit entscheidend waren, da der Gewährleistungsbeschluss als solcher einer politischen Behörde nicht motiviert wird. In den Beratungen der Bundesversammlung seien gegen die Gewährleistung teils rechtliche, teils politische Gründe geltend gemacht worden. Beiden misst aber die Mehrheit der Experten keine schlüssige Bedeutung zu. Für die rechtlichen Gründe ergibt sich dies aus dem Inhalt des Expertenberichts im ganzen genommen. Die politischen Erwägungen haben nach dem Urteil der Expertenmehrheit seit dem Jahr 1948 wesentlich an Gewicht verloren. Diese Beurteilung wird durch die Wahrnehmung begründet, dass in der Presse und den das Volk vertretenden Behörden, auch in Baselland, der Buf nach Wiedervereinigung nie verstummt sei, gegenteils lauter als je ertöne. Die öffentliche Meinung sei also nicht' zur Buhe gekommen, und die Zahl der Anhänger der Wiedervereinigung, die in der Stadt von jeher gross war, nehme auch in der Landschaft zu.

Bei der Würdigung des Verlangens nach Wiedererwägung darf freilich der beträchtliche Zeitablauf nicht übersehen werden. Der ablehnende Beschluss der Bundesversammlung liegt mehr als 10 Jahre zurück, und die kantonalen Verfassungsbestimmungen, das
Objekt des Gewährleistungsverfahrens, wurden vor mehr als 20 Jahren erlassen. Ist es angängig, nach so langer Zeit auf die einmal entschiedene Frage zurückzukommen ? Dazu ist zu sagen, dass die Kriterien der Entscheidung sich nicht verändert haben; die zu prüfenden kantonalen Verfassungsbestimmungen sind unverändert, und ebenso ist die Bechtsfrage ihrer Übereinstimmung mit dem Bundesrecht nach Artikel 6 der Bundesverfassung die nämliche geblieben. Dennoch wäre das Zurückkommen nicht unter allen Umständen unbedenklich, dann nämlich nicht, wenn keinerlei Gewähr dafür bestünde, dass die vor 20 Jahren angenommenen Bestimmungen heute noch dem Willen der Volksmehrheit und der Behörden entsprechen. In diesem Sinn, sagt der Expertenbericht (S. 54), genüge es für die Zulässigkeit einer Wiedererwägung, dass die nicht gewährleisteten Bestimmungen in den Kantonen wieder zum

1376 Beschluss erhoben werden; wie das geschehe, sei eine Frage des kantonalen Hechts ; das Ziel lasse sich auch in anderer Weise als durch Wiederholung des ersten Verfahrens erreichen, insbesondere durch eine Standesinitiative, womit die Wiedererwägung verlangt werde.

In der Tat muss die Entwicklung der Dinge jedes Bedenken wegen der langen Zeitspanne zerstreuen. Die Ablehnung der Gewährleistung durch die Bundesversammlung brachte zwar das eingeleitete Verfahren zum Stillstand, vermochte aber nicht die auf Wiedervereinigung gerichtete Bewegung aus der Welt zu schaffen. Diese konnte sich beim Entscheid der Bundesversammlung nicht beruhigen. Die verschiedenen Vorstösse führten schliesslich in beiden Halbkantonen zu den Standesinitiativen als dem Mittel, die Angelegenheit bei den Bundesbehörden wieder in Ga.ng zu bringen. Sie bilden den klaren Beweis dafür, dass in beiden Ständen die Volksmehrheit auch heute die Wiedervereinigung wünscht.

In Baselstadt war schon im Jahr 1938 die annehmende Mehrheit sehr bedeutend.

Was Baselland betrifft, ist bemerkenswert, dass sich das Stimmenverhältnis wesentlich zugunsten der Wiedervereinigung verschoben hat; die Initiative von 1938 wurde mit 11080 gegen 10 278, die heutige mit 16 752 gegen 11877 Stimmen angenommen. Die Präge der Wiedervereinigung ist heute so aktuell wie zur Zeit, da die Bundesversammlung sich zum ersten Mal mit ihr zu befassen hatte.

Dieser Situation wird die Bundesversammlung gerecht, wenn sie von der Möglichkeit, auf ihren Entscheid vom 10. März 1948 zurückzukommen, Gebrauch macht und die Gewählleistung ausspricht.

Demgemäss beantragen wir Ihnen die Annahme des im Entwurf beigelegten Bundesbeschlusses, durch den zugleich das Postulat des Nationalrates Nr. 7120 (Postulat Waldner) erledigt wird.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 20.November 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: P. Chaudet Der Bundeskanzler: Ch. Oser

1377 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Gewährleistung der Verfassungsbestimmungen von Basel-Stadt und Basel-Landschaft zur Einleitung der Wiedervereinigung

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 6 und 93, Absatz 2 der Bundesverfassung, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 20. November 1959, beschliesst: Art. l

Den Standesinitiativen der Kantone Basel-Landschaft vom S.September 1958 und von Basel-Stadt vom 4. Dezember 1958 wird entsprochen und demgemäss der Bundesbeschluss vom 10.März 1948 aufgehoben.

Art. 2 Den Verfassungsbestimmungen der Kantone Basel-Stadt (§ 58) und BaselLandschaft (§ 57bls) vom 2. Oktober 1938 zur Einleitung ihrer Wiedervereinigung wird die Gewährleistung erteilt.

Art. 3 Führt das Wiedervereinigungsverfahren zur Annahme einer Verfassung des Kantons Basel, so kann ihre Gewährleistung nur unter Vorbehalt der nachfolgenden Bevision von Artikel l der Bundesverfassung durch Zustimmung des 1 Volkes und der Stände erteilt werden.

Art.4 Der Bundesrat wird mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

4810

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährleistung der Verfassungsbestimmungen von Basel-Stadt und Basel-Landschaft zur Einleitung ihrer Wiedervereinigung (Vom 20. November 1959)

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31.12.1959

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1355-1377

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