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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den teilweisen Ausgleich des Mahllohnes der Weichweizenmühlen (Vom 24. Dezember 1959)

Herr Präsident!

Hochgeachtete Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen unter Bezugnahme auf Artikel 25, Absatz 2 des Getreidegesetzes vom 20. März 1959 über die für den teilweisen Ausgleich des Mahllohnes der Weichweizenmühlen getroffenen Massnahmen nachstehenden Bericht und Antrag zu unterbreiten : I. Die Bedeutung des teilweisen Mahllohnausgleichs in der neuen Getreideordnung Wie in der Botschaft vom 16. Juni 1958 betreffend die Brotgetreideversorgung des Landes (BB1 1958 II 166) dargelegt wird, kann eine möglichst weitgehende Sicherung unserer Brotversorgung nur durch eine leistungsfähige und angemessen auf das ganze Land verteilte Müllerei erreicht werden. Die Mühlen dürfen sich aber nicht nur auf die Verarbeitung von Getreide zu Mehl beschränken, sondern müssen auch in der Lage sein, die Einlagerung und Auswechslung eines wesentlichen Teiles der Vorräte an Brotgetreide sicherzustellen. Im Interesse der wirtschaftlichen Kriegsvorsorge ist es wichtig, die Lager dezentralisiert anzulegen und sie mit den Verarbeitungsstätten örtlich zu verbinden. Zum Aufgabenkreis der Mühlen gehört ferner die Übernahme des Inlandgetreides; sie verarbeiten das von den Produzenten für den Bedarf ihres Haushaltes und Betriebes zurückbehaltene Getreide. Auch diese Aufgabe kann nur erfüllt werden, wenn in den Getreidebaugegenden leicht erreichbare Mühlen in genügender Zahl vorhanden sind.

Dies sind die wichtigsten Gründe, die den Gesetzgeber dazu geführt haben, Vorkehren für die Erhaltung eines leistungsfähigen, angemessen über das ganze Land verteilten Müllereigewerbes zu treffen.

1407 Als gesetzliche Dauermassnahmen zur Erhaltung des einheimischen Müllereigewerbes waren in der eingangs erwähnten Botschaft in Vorschlag gebracht worden: eine Eegelung der Einfuhr von Backmehl, die Gewährung von Prachterleichterungen auf den Transportkosten des Auslandgetreides im Innern des Landes und die Frankozustellung des Inlandgetreides an die Handelsmühlen.

Als Übergangsmassnahmen für eine Geltungsdauer von fünf Jahren wurden die Ausstosskontingentierung für Backmehl und ein teilweiser Mahllohnausgleich vorgeschlagen.

In der parlamentarischen Beratung ist in der Folge der teilweise Mahllohnausgleich als ein wesentliches Mittel zur Erhaltung der dezentralisierten Müllerei betrachtet worden, weshalb die eidgenössischen Bäte dazu kamen, diesen als Dauermassnahme im neuen Getreidegesetz vorzusehen.

Die Schaffung des teilweisen Mahllohnausgleichs ging von der Überlegung aus, dass die Selbstkosten pro 100 kg Mahlgut in einer rationell geführten grossen Mühle unter normalen Verhältnissen niedriger seien als in einem mittleren oder kleinen Betrieb. Der Mahllohnausgleich hat die Funktion, diese Differenzen in einem gewissen Ausmass zu vermindern und damit den kleinen und mittleren Handelsmühlen im Konkurrenzkampf mit den Grossbetrieben eine etwas bessere Ausgangslage zu verschaffen.

II. Kommentar zur Gestaltung des Mahllohnausgleichs in der Vollziehungsverordnung n vom 10. November 1959 l. Das bei der Gestaltung des Mahllohnausgleichs seit seiner Einführung im Jahre 1950 befolgte Prinzip besteht darin, dass die kleinen und mittleren Weichweizenmühlen nach Massgabe ihres Mehlausstosses abgestufte Beiträge erhalten, wobei auf die nach Betriebsgrösse unterschiedliche Kostengestaltung Bücksicht genommen wird. Selbstverständlich kann dabei individuellen Abweichungen der Kostenstruktur bei Mühlen ungefähr gleicher Grosse nicht Bechnung getragen werden, sondern der Mahllohnausgleich muss sich nach den durchschnittlichen Kosten richten.

Eine in einer Anzahl Mühlen der verschiedenen Grössenkategorien im Jahre 1956 durchgeführte Erhebung hat gezeigt, dass die durchschnittliche Belastung mit einzelnen Unkosten, umgerechnet auf je 100 kg Mehl, bei den Mühlen mit dem kleinsten Ausstoss am grössten war. Das gilt vor allem für gewisse sogenannte Fixkosten, wie Zins, Amortisation und Unterhalt der Anlagen. Auch
die elektrische Kraft ist bei einem grossen Verbrauch in der Begel billiger als bei einem geringen Verbrauch und belastet somit die gleiche Gewichtseinheit des Mahlgutes bei Betrieben mit geringem Mehlausstoss stärker als bei solchen mit einem hohen Absatz. Es ergaben sich beispielsweise für einige wichtige Unkostenelemente pro 100 kg ausgestossenen Mehles bei kleinen Mühlen mit einem Ausstoss bis zu 300 Tonnen durchschnittliche Belastungen von ca. 7 Franken, während die entsprechende Belastung bei Grossmühlen sich auf ca. 3,60 Franken belief, woraus eine Mahllohndifferenz von 3,40 Franken resultiert bei einem Gesamtmahllohn von ca. 12 Franken je 100 kg Mehl.

1408 Nun tritt am l. Juli 1960 die Vollziehungsverordnung III vom 10. November 1959 betreffend die\Kontingentierung der Handelsmühlen in Kraft. Dabei werden die Kontingente per l. Juli 1960 in der Weise neu festgesetzt, dass sie vom durchschnittlichen Ausstoss der drei letzten Jahre (I.Juli 1957 bis 30.Juni 1960) bestimmt werden, statt wie bisher auf einem durchschnittlichen Ausstoss von fünf Jahren (I.Juli 1952 bis 30.Juni 1957) zu beruhen. Es wird dadurch eine wesentliche Anpassung der Kontingente an die effektiven Absatzverhältnisse der letzten Jahre erreicht, wobei namentlich auch einige Grossbetriebe, die in den letzten Jahren einen Mehrausstoss aufgewiesen haben, ein grösseres Kontingent erhalten werden. Im weitern werden ab 1. Juli 1960 die bisher an Mühlen, welche ihren Kontingentsanteil nicht voll ausnützten, entrichteten Ausgleichsentschädigungen hinfällig werden. Ferner ist zu erwähnen, dass die bisherige regionale Ordnung der Kontingentierung durch die neue Ordnung aufgehoben wird.

Aus allen diesen Gründen kann gesagt werden, dass die neue Kontingentierung wesentlich gelockert sein wird und demzufolge die kleinen und mittleren Betriebe in stärkerem Masse der Konkurrenz der Grossbetriebe ausgesetzt sein werden. Nachdem der teilweise Mahllohnausgleich das gesetzliche Mittel ist, dio kleinen und mittleren Betriebe gegen diese Konkurrenz zu unterstützen, rechtfertigt sich eine gewisse Verstärkung der bisherigen Eegelung. Wir haben dieser Situation in unserer Vollziehungsverordnung II vom 10.November 1959 in der Weise Eechnung getragen, dass wir die den kleinen und mittleren Mühlen auszurichtenden Entschädigungen gegenüber der bisherigen Eegelung verdoppelt haben. Dieser Neugestaltung entsprechend wurde die bisherige einheitliche Abgabe, die von allen Mühlen zu entrichten ist, von 15 Eappen auf SO Sappen je 100 kg des von jeder Mühle ausgestossenen Backmehles erhöht. Dabei ist eine besondere Vergünstigung für die kleinsten Betriebe vorgesehen worden, indem Mühlen mit einem jährlichen Backmehlausstoss von weniger als 500 Tonnen nur einen Teil der Abgabe zu entrichten haben, der nach folgender Formel berechnet wird : Backmehlausstoss in Tonnen x 30

500 . Die Anwendung dieser Formel führt im einzelnen zu folgender Abstufung: Backmehlausstoss Tonnen

50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 und mehr

Abgabe Rp.

(je 100 Kg Backmehl au&toss)

3 6 9 12 15 18 21 24 27 30

1409 Die Tabelle im Anhang veranschaulicht in graphischer Darstellung die betragsmässigen Auswirkungen der Eegelung des Mahllohnausgleichs gemäss der Vollziehungsverordnung II vom 10. November 1959 gegenüber der bisherigen a Regelung.

Unter der Voraussetzung eines gleich hoch bleibenden Mehlausstosses wie im Jahre 1958/59 würden sich die in Anwendung der neuen Skala an die Mühlen auszurichtenden Entschädigungen auf jährlich rund l 043 000 Franken belaufen und im Durchschnitt 66 Eappen je q verkauften Mehles betragen. 292 Mühlen kämen in den Genuss einer Entschädigung gegenüber 269 im Jahre 1958/59 und 16 Grossmühlen erhielten keine Entschädigung, während es im erwähnten Vergleichsjahr 24 Betriebe waren.

2. Die zum teilweisen Ausgleich des Mahllohnes ausgerichteten Entschädigungen werden aus den Einnahmen einer von allen Weichweizenmühlen erhobenen einheitlichen Abgabe finanziert. Diese wird nach Massgabe des Backmehlausstosses jeder Mühle berechnet. Im Hinblick auf die wichtige Funktion des Mahllohnausgleichs hat der Gesetzgeber für diese Abgabe einen relativ weiten Rahmen vorgesehen, indem sie bis höchstens l Franken je 100 kg Mehl betragen kann. Die in der Vollziehungsverordnung vom l O.November 1959 vorgesehene Abgabe von 80 Rappen genügt zur Finanzierung der oben erwähnten Entschädigungen.

Eine Belastung des Konsumenten erfolgt durch den Mahllohnausgleich nicht, indem dieser lediglich gewisse Unkostendifferenzen zwischen den Mühlen teilweise ausgleicht, um so den Mahllohn der kleinen und grossen Betriebe einander etwas anzunähern. Der erhobene Beitrag von 30 Rappen wird vollumfänglich wieder an die Mühlen zurückerstattet, so dass er nicht generell eine Verteuerung des Mehles bedeutet.

^ . 3. Unter der bisherigen Ordnung war die Zentralclearingstelle des Verbandes Schweizerischer Müller mit der Erhebung der einheitlichen Abgabe und der Auszahlung der Beiträge betraut, wobei die Rechnung von der Verwaltung kontrolliert wurde. Die neue Ordnung überträgt diese Aufgabe der Verwaltung. Es ist indessen vorgesehen, dass Mühlen auf schriftliches Begehren hin von der Verwaltung ermächtigt werden, die Abgabe durch Vermittlung der von den Organisationen der Müllerschaft geführten regionalen Ausgleichsstellen, welchen sie nach Massgabe der bisherigen Gesetzgebung angeschlossen waren, zu entrichten und
sich die Beiträge durch diese auszahlen zu lassen.

m. Schlussbemerkung Die in der Vollziehungsverordnung II vom 10. November 1959 getroffene Regelung des Mahllohnausgleichs ist für die höchstens fünf Jahre dauernde Übergangszeit, während der die Kontingentierung der Handelsmühlen noch weiterbestehen soll, vorgesehen. Die definitive spätere Ordnung des Mahllohnausgleichs, die im Anschluss an die Aufhebung der Kontingentierung in Kraft zu setzen sein wird, soll durch die Bestimmungen der vorliegenden Vollziehungs-

1410 Verordnung nicht präjudiziert werden. Nachdem heute die Auswirkungen des neuen Getreidegesetzes, insbesondere auf den Mehhnarkt, noch nicht bekannt sind, wird erst in einem spätem Zeitpunkt über die nach Aufhebung der Kontingentierung zu treffende Gestaltung des teilweisen Mahllohnausgleichs zu befinden sein. Zur Vorbereitung dieser Massnahmen werden neue und eingehende Erhebungen über die Kostengestaltung im Müllereigewerbe notwendig sein. Ferner sind die beteiligten Organisationen zu begrüssen.

Gestützt auf die vorstehende Berichterstattung stellen wir Ihnen den Antrag, Sie möchten den vom Bundesrat durch die Vollziehungsverordnung II zum Bundesgesetz über die Brotgetreideversorgung des Landes (Mahllohnausgleich) vom 10. November 1959 getroffenen Massnahmen zustimmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 24. Dezember 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P.Chaudet Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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31.12.1959

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