488

# S T #

Bundesratsbeschluss über

die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Tapezierer-Dekorateurgewerbe (Vom 10. März 1959)

Der Schweizerische B u n d e s r a t , gestützt auf Artikel 7, Absatz l des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen beschliesst:

Art. l Die im Anhang wiedergegebenen Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages vom 5.Januar 1959 für das schweizerische Tapezierer-Dekorateurgewerbe werden allgemeinverbindlich erklärt.

2 Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

1

Art. 2 Dieser Beschluss erstreckt sich auf das ganze Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Ausgenommen sind folgende Kantone: a. Basel-Stadt, solange die dort für das Tapezierer-Dekorateurgewerbe geltenden Gesamtarbeitsverträge für das Baugewerbe in Kraft sind; b. Genf, solange der dort geltende Gesamtarbeitsvertrag für das TapeziererDekorateurgewerbe in Kraft ist.

2 Er findet Anwendung auf die Dienstverhältnisse zwischen Inhabern von Betrieben des Tapezierer-Dekorateurgewerbes und ihren gelernten, angelernten und ungelernten Arbeitnehmern. Ausgenommen sind: a. Betriebe, die vom Gesamtarbeitsvertrag für das schweizerische Sattlerund Sattler-Tapezierergewerbe erfasst werden; 1

489 b. Betriebe des Karosseriegewerbes; c. Betriebe, die eine eigene Tapeziererwerkstätte unterhalten, aber keine Arbeiten des Tapezierer-Dekorateurgewerbes direkt oder indirekt auf dem Markte anbieten; d. Lehrlinge im Sinne des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1930 über die berufliche Ausbildung.

Art. 3 Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement kann auf begründetes Gesuch hin und nach Anhörung der Zentralen paritätischen Berufskommission im Tapezierer-Dekorateurgewerbe gewisse Ausnahmen zulassen, sofern genügend Gewähr geboten ist, dass die Arbeitnehmer dadurch in ihren Arbeitsbedingungen gesamthaft nicht schlechter gestellt werden.

Art. 4 Dieser Beschluss tritt am 20. März 1959 in Kraft und gilt bis zürn 31. Dezember 1960.

Bern, den 10.März 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: P. Chaudet Der Bundeskanzler: Ch. Oser

490 Anhang

Gesamtarbeitsvertrag für

das schweizerische Tapezierer-Dekorateurgewerbe abgeschlossen am 5. Januar 1959 zwischen dem Schweizerischen Verband der Tapezierermeister-Dekorateure und des Möbeldetailhandels und dem Verband schweizerischer Möbeldetaillisten, einerseits, sowie dem Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverband, dem Christlichen Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz und dem Schweizerischen Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter, anderseits.

Allgemeinverbindlich erklärte Bestimmungen Ziffer 2 Arbeitszeit

1

Die normale wöchentliche Arbeitszeit beträgt 47 Stunden. Sie beginnt nicht vor 7 Uhr morgens und endigt spätestens um 18 Uhr.

2 Der Samstagnachmittag ist frei.

3 In Zusammenhang mit der um eine Stunde verkürzten Arbeitszeit soll der neue Stundenplan nach Möglichkeit so festgesetzt werden, dass jeder vierte Samstag ganz arbeitsfrei ist.

Ziffer 3

Löhne

1

Der Lohn richtet sich nach der Leistung. Er wird während der Probezeit (Ziffer 14) festgelegt.

2 Zur Anpassung an die Verhältnisse zwischen Stadt und Land sollen die Ansätze gestaffelt werden nach großstädtischen Verhältnissen, städtischen Verhältnissen, halbstädtischen Verhältnissen, ländlichen Verhältnissen.

3 Als Großstädte gelten Städte mit über 100000 Einwohnern; für die Einteilung gilt in der Eegel das Ortschaftenverzeichnis für die Übergangsrenten der AHV.

4 Als Mindestansätze, einschliesslich der 2,2 Prozent für die um eine Stunde verkürzte Arbeitszeit gelten:

491 grossstädtische Verhältnisse

städtische Verhältnisse

halbstädtische Verhältnisse

ländliche Verhältnisse

Fr Fr Er.

für gelernte Tapezierer und Ta- rrpezierer-Dekorateure im ersten Jahr nach der Lehre . . 2.76 2.66 2.56 2.45 2.56 . im 2. Jahr nach der Lehre . 2.86 2.76 2.66 2.86 ab 3. Jahr nach der Lehre. . 3.22 3.07 2.96 2.35 für angelernte Arbeiter . . . . 2.66 2.56 2.45 2.20 für Hilfsarbeiter . .

. . . 2.56 2.45 2.25 für gelernte Tapezierer-Näherinnen im I.Jahr nach der 2.05 Lehre 2.25 2.20 2.15 2.15 ab 2. Jahr nach der Lehre. . 2.35 2.30 2.25 für angelernte Näherinnen . . 2.05 2. --· 1.95 1.85 5 ... die Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine Erhöhung ihrer effektiven Stundenlöhne von 2,2 Prozent als Ausgleich der Arbeitszeitverkürzung von einer Stunde pro Woche.

6 Alle beruflichen Arbeiten werden im Stundenlohn ausgeführt.

Arbeitnehmer, die im Wochen- oder Monatslohn angestellt sind, dürfen nicht schlechter gestellt werden.

Ziffer 5 Für Überzeitarbeit wird ein Zuschlag von 25 Prozent, für Nachtarbeit 50 Prozent und für Sonn- und Feiertagsarbeit ein solcher von 100 Prozent des Stundenlohnes, einschliesslich Teuerungszulage, bezahlt.

2 Als Nachtarbeit gilt die Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr. Die übrige Zeit ausserhalb der normalen Arbeitszeit gilt als Überzeit.

3 Zuschläge werden nur bezahlt, wenn die Verlängerung der Arbeitszeit vom Betriebsinhaber angeordnet worden ist. Die Anordnung darf nur in dringenden Fällen erfolgen.

4 Die Eeisezeit gilt nicht als Überzeit.

1

Zuschläge

Ziffer 6 Reise- und Für Arbeiten im Ortsgebiet'(Stadt) sind, sofern öffentliche Verkehrs- Unterkunftsmittel benutzt werden, die Fahrauslagen (Tram, Trolleybus, Omnibus, entschädigungen Bahn) zu vergüten.

2 Bei Arbeiten ausserhalb des Ortsgebietes wird neben den Fahrauslagen eine Entschädigung für das Mittagessen und gegebenenfalls für die Unterkunft ausgerichtet. Die Festsetzung der Höhe dieser Entschädigung bleibt der direkten Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorbehalten.

1

492 Ziffer 7 Feiertage

* Als Feiertage gelten die Sonntage, die gesetzlich festgelegten Feiertage und der I.Mai, ferner die allgemein anerkannten bürgerlichen Feiertage ...

2 Von den vereinbarten Feiertagen werden sechs auf einen Werktag fallende Feiertage bezahlt, und zwar: 18 Franken für Arbeiter in städtischen Verhältnissen, 16 Franken für Arbeiter in halbstädtischen Verhältnissen, 14 Franken für Arbeiter in ländlichen Verhältnissen, 15 Franken für Arbeiterinnen in städtischen Verhältnissen, 13 Franken für Arbeiterinnen in halbstädtischen Verhältnissen, 11 Franken für Arbeiterinnen in ländlichen Verhältnissen.

Ziffer 8

Lohnzahlung

1

Die Lohnzahlung erfolgt alle 14 Tage innerhalb der Arbeitszeit.

Die Auszahlung des Lohnes hat mit detaillierter Abrechnung zu erfolgen, welche die Abzüge für die AHV, für die Nichtbetriebsunfallversicherung sowie allfällige andere Abzüge enthalten soll.

2

Ziffer 9 1

standgeia

Als Standgeld darf höchstens ein Betrag zurückbehalten werden, welcher 16 Arbeitsstunden entspricht. · 2 Das Standgeld ist mit der ordnungsgemässen Beendigung des Dienstverhältnisses auszuzahlen.

Ferien

i Alle Arbeitnehmer haben Anspruch auf bezahlte Ferien. Die Ferienvergütung beträgt 4 Prozent des Bruttolohnes. Vom 10. Dienstjahr an oder nach Vollendung des 40. Altersjahres beträgt die Ferien Vergütung 5 Prozent des Bruttolohnes.

2 Jeder Arbeitnehmer hat sich über den Ferienantritt mit seinem Arbeitgeber zu verständigen.

8 Eine Barentschädigung an Stelle von Ferien ist während der Dauer des Dienstverhältnisses nicht gestattet.

4 Bei der Festsetzung des Ferienantrittes ist auf die Dringlichkeit der laufenden Arbeiten Bücksicht zu nehmen.

Versicherungen

* Der versicherungsfähige Arbeitnehmer muss einer Krankengeldversicherung angehören. Dio Wahl des Versicherungsträgers ist Sache

Ziffer 10

Ziffer 11

493 der direkten Verständigung zwischen den einzelnen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

2 Die Krankengeldversicherung hat ein Krankengeld von 50 Prozent des Bruttolohnes und eine Genussberechtigungsdauer von 360 Tagen innerhalb von 540 aufeinanderfolgenden Tagen und bei Erkrankung an Tuberkulose von 1800 Tagen innerhalb von 7 aufeinanderfolgenden Jahren vorzusehen, wobei die Karenzzeit nicht länger als 3 Monate und die Wartefrist nicht länger als 2 Tage dauern dürfen.

3 Die Prämie dieser Krankengeldversicherung (in der Eegel 2 Prozent des Bruttolohnes) geht zu Lasten des Arbeitgebers. Dadurch ist die ihm gemäss Artikel 335 des Obligationenrechts obliegende Lohnzahlungspflicht im Krankheitsfalle des Arbeitnehmers abgelöst. Soweit der Arbeitnehmer infolge Krankheitsanlagen bei Versicherungseintritt von der Krankengeldversicherung ausgeschlossen wurde, gilt im Krankheitsfalle Artikel 335 des Obligationenrechts.

4 ...

5 Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Arbeitnehmer seines Betriebes gegen Unfall zu versichern. Die Prämien der Versicherung für Nichtbetriebsunfälle gehen zu Lasten der Arbeitnehmer.

Ziffer 12 Den Arbeitnehmern sind in den hiernach aufgeführten Fällen fol- Absengende Entschädigungen zu entrichten: entschädigungen a. % Tagesentschädigung bei militärischen Inspektionen; o. l Tagesentschädigung bei Todesfall des Ehegatten, der Eltern oder eigener Kinder; c. l Tagesentschädigung bei Geburt eigener Kinder.

2 Die Entschädigung richtet sich nach dem Lohnausfall.

1

Ziffer 14 Die gegenseitige Kündigungsfrist beträgt 14 Tage, auch bei überjährigem Dienstverhältnis. Die Kündigung kann nur auf einen Zahltag oder Samstag erfolgen.

2 Die ersten zwei Wochen nach der Anstellung gelten als Probezeit, während welcher das Arbeitsverhältnis täglich auf das Ende des Arbeitstages gelöst werden kann.

3 ... während einer ohne Verschulden des Arbeitnehmers durch Unfall oder Krankheit verursachten Erwerbsunfähigkeit bis zum Ablauf von acht Wochen darf nicht gekündigt werden.

4 Vorbehalten bleiben die Artikel 352 und 353 -des Obligationenrechts über den Rücktritt aus wichtigen Gründen.

1

Kündigung

494

Ziffer 15 Schwarzarbeit Jedem Arbeiter ist es strengstens untersagt, in seiner Frei- und Ferienzeit Berufsarbeiten zu Erwerbszwecken auszuführen. Arbeiter, die Schwarzarbeit verrichten, können nach erfolgloser schriftlicher Verwarnung sofort und ohne Entschädigung für die fristlose Aufhebung des Dienstverhältnisses entlassen werden.

2 Jeder Fall von Schwarzarbeit ist der Zentralen paritätischen Berufskommission im Tapezierer-Dekorateurgewerbe, Zürich, Sihlpostfach 915, schriftlich unter Angabe der Personalien des Fehlbaren, Ort und Zeit sowie der Art der ausgeführten Schwarzarbeit zu melden, die über ... die Höhe der Konventionalstrafe zu beschliessen hat.

3 Arbeiter, die gegen das Verbot der Schwarzarbeit verstossen, werden mit einer Konventionalstrafe belegt, deren Höhe nach dem Verschulden und dem Umfang der ausgeführten Arbeit zu bemessen ist, jedoch im Einzelfall 200 Franken nicht überschreiten darf.

4 Diese Konventionalstrafe wird auch dem Arbeitgeber auferlegt, wenn er Schwarzarbeit ausführen lässt oder diese in irgendwelcher Form begünstigt.

5 In leichten Fällen kann die Berufskommission von einer Konventionalstrafe absehen und dem Fehlbaren einen Verweis erteilen.

6 Die Konventionalstrafen müssen in die Kasse der Zentralen paritätischen Berufskommission einbezahlt werden und werden zur Deckung der Kosten des Vertragsvollzuges verwendet.

1

Ziffer 18 Kontrolle

1

Die von den Berufsverbänden eingesetzte Zentrale paritätische Berufskommission kann Kontrollen über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen durchführen.

2 Bei festgestellter Nichteinhaltung der Löhne, Überzeitzuschläge, Ferien, bezahlten Feiertage, Krankenkassenprämien und Absenzentschädigungen hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmern diese sofort in vollem Umfange nachzuzahlen bzw. nachzugewähren. Überdies hat er sofort 25 Prozent der geschuldeten Nachzahlungen in die Kasse der Zentralen paritätischen Berufskommission im Tapezierer-Dekorateurgewerbe einzuzahlen. Die eingehenden Beträge sind zur Deckung der Kosten der Kontrolle über die Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrages zu verwenden.

3 Zum Inkasso und, wenn nötig, zur rechtlichen Geltendmachung des vorerwähnten Betrages von 25 Prozent sind die vertragschliessenden Verbände berechtigt, welche diesen für die anspruchs berechtigte Zentrale paritätische Berufskommission einziehen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesratsbeschluss über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Tapezierer-Dekorateurgewerbe (Vom 10. März 1959)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1959

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

11

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

19.03.1959

Date Data Seite

488-494

Page Pagina Ref. No

10 040 514

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.