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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Zuständigkeit zur Regelung der Teuerungszulagen des Bundespersonals (Vom 1. Mai 1959)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Gemäss Bundesgesetz vom 21. Juni 1955 über die Zuständigkeit zur Regelung der Teuerungszulagen des Bundespersonals ist die Bundesversammlung ermächtigt, für die Jahre 1956 bis 1959 angemessene Teuerungszulagen festzusetzen. Diese Zuständigkeitsordnung behält somit nur bis 31. Dezember dieses Jahres Gültigkeit. Wenn inzwischen keine neue gesetzliche Grundlage geschaffen wird, können ab 1.Januar 1960 keine Teuerungszulagen mehr ausgerichtet werden. Da,aber solche Zulagen unter den gegenwärtigen Voraussetzungen noch notwendig sind, erachten wir es als zweckmässig, Ihnen den Erlass der erforderlichen Bestimmungen vorzuschlagen. Wir unterbreiten Ihnen den beiliegenden Gesetzesen wurf und gestatten uns dazu die folgenden Bemerkungen : I.

Seit 1928 sind die Bezüge der Bundesbeamten im Beamtengesetz einheitlich geregelt und können nur durch einen mit dem Gesetz auf gleicher Stufe stehenden Erlass geändert werden. Die Gesetzesrevisionen folgten sich in mehr oder weniger längeren Zeiträumen. Die letzte datiert vom 3.Oktober 1958; sie ist auf den 1. Januar 1959 in Kraft getreten. Bei jeder Eevision nahm, der Gesetzgeber bisher die Gelegenheit wahr, die Besoldungen gesamthaft auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. So führte die Abänderung der besoldungsrechtlichen Gesetzesbestimmungen in den letzten zehn Jahren dreimal zu Verbesserungen des Eealwertes der Beamtenbezüge. Den Änderungen der Kosten der Lebenshaltung kann aber nicht von Fall zu Fall mit Gesetzesänderungen

1282 Eechnung getragen werden. Der Gesetzgeber hat sich darum darauf beschränkt, die Besoldungsverhältnisse bei einem bestimmten Stande des Indexes der Konsumentenpreise grundsätzlich neu festzulegen, ihre Anpassung an die veränderlichen Kosten der Lebenshaltung aber, s o web not wendig, gesonderter Eegelung auf dem Wege der Ausrichtung von Teuerungszulagen vorzubehalten.

Diese Zulagen sind zwar nicht Bestandteil der gesetzlichen Besoldungen. Aber sie beeinflussen doch die besoldungsrechtliche Stallung der Beamten und dürfen daher nur auf Grund gesetzlicher Vorschrift aasgerichtet werden. Von 1940 bis 1946 wurden die Teuerungszulagen durch Vollmachtenbeschlüsse des Bundesrates und von da bis 1949 auf dem Wege dringlicher Bundesbeschlüsse festgesetzt. Die Zulage des Jahres 1951 war durch Bundesgesetz geregelt.

Der Gesetzgebungsweg erfordert indessen Zeit, und für die Anpassung der Beamtenbezüge an die Lebenskosten erscheint das Verfahren einer Gesetzesänderung etwas schwerfällig. Aus diesem Grunde hielt es der Gesetzgeber für zweckmässiger, das Vorgehen durch Kompetenzdelegation zu vereinfachen.

Durch Bundesgesetz vom 3.Oktober.1951 wurde die Bundesversammlung ermächtigt, für 1952 eine angemessene Teuerungszulage ausrichten zu lassen.

Gemäss Bundesgesetzen vom 26. September 1952 und 21. Juni 1955 über die Zuständigkeit zur Eegelung der Teuerungszulagen des Bundespersonals wurde die der Bundesversammlung übertragene Befugnis je für drei und vier Jahre erneuert. Diese Lösung ermöglichte es, rechtzeitig alles vorzukehren, um dem Bundespersonal eine angemessene Teuerungszulage zu gewähren; der Föderativverband des Personals öffentlicher Verwaltungen und Betriebe wünscht deshalb, dass sie für weitere vier Jahre beibehalten werde. Es sind jedoch auch bei diesem Vorgehen Nachteile in Erscheinung getreten, auf die wir im folgenden zu sprechen kommen.

II.

Obwohl das Bundesgesetz vom 21. Juni 1955 ausdrücklich die Möglichkeit vorsah, die Teuerungszulagen für längere als einjährige Perioden festzusetzen, unter Umständen sogar für die ganze Dauer der Gültigkeit des Gesetzes, sind diese Zulagen immer nur von Jahr zu Jahr festgesetzt worden. Verschiedentlich ist zwar in den Eäten der Wunsch nach Entlastung von dieser jährlichen Behandlung geäussert worden, in der Praxis kam es aber bisher nicht dazu.
Um den künftigen Verlauf der Teuerung während der in Betracht fallenden Ausgleichsperiode einigermassen zuverlässig abzuschätzen, muss bei der Festsetzung der Teuerungszulagen auf die letztbeks,nnten, die wirtschaftliche Entwicklung vorausbestimmenden Tatsachen abgestellt werden können. Deshalb besteht seit Jahren die Gepflogenheit, die Vorlage des Bundesrates zur Eegelung des Teuerungsausgleichs für das folgende Jahr erst im Monat Dezember vom National- und Ständerat zugleich beraten zu lassen. Die jährlich wiederkehrende Aufgabe der Teuerungszulagenfestsetzung kommt in der WinterSession der eidgenössischen Eäte recht ungelegen. Aber selbst bei Verlegung des Traktandums auf eine andere Session könnte das bisherige Vorgehen nicht

1288 ganz befriedigen. Die Personalverbände pflegen ihre Begehren zum Teuerungsausgleich, um den Verlauf der allgemeinen Preisentwicklung besser überblicken zu können, möglichst erst kurze Zeit vor der Beratung in den eidgenössischen Bäten einzureichen. Die zuständigen Abteilungen der Verwaltung haben im allgemeinen nur wenig Zeit, um die Angelegenheit eingehend zu diskutieren und ihre Anträge vorzubereiten. So kann die Vorlage des Bundesrates jeweils erst knapp vor Beginn der Session der Bundesversammlung vorgelegt werden.

Das Geschäft muss daher - ganz besonders bei Differenzen zwischen den beiden Eäten - notgedrungen etwas überstürzt behandelt werden. Es wäre wünschbar, diesen ungünstigen Umständen Kechnung zu tragen und die Mitglieder der Bundesversammlung von einer Aufgabe zu entlasten, deren Behandlung oft auch infolge der technischen Besonderheiten nicht unerhebliche Schwierigkeiten bereitet.

Zudem führen die Beratungen der eidgenössischen Eäte über eine den Ansprüchen von Eecht und Billigkeit entsprechende Bemessung der Teuerungszulagen erfahrungsgemäss oft zu unangenehmen, manchmal auch unfruchtbaren Auseinandersetzungen, die in der Öffentlichkeit einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Schon wiederholt wurde daher das fortwährende Feilschen um die Teuerungszulagen von Batsmitgliedern bedauert und Abhilfe gewünscht. Anlässlich der Sitzung des Ständerates vom 18. Dezember 1958 wurde die Frage aufgeworfen, ob die Zulagenregelung in Zukunft nicht besser dem Bundesrat anheimgestellt würde.

III.

In Übereinstimmung mit der Auffassung, die in den eidgenössischen.Eäten kundgetan worden ist, halten wir es für angezeigt, die Bundesversammlung nach Möglichkeit von der Behandlung der Teuerungszulagenfragen zu entlasten.

Bereits in unseren Botschaften vom 19. November 1957 und vom 14. November 1958 über die Teuerungszulagen für die Jahre. 1958 und 1959 haben wir auf die Wünschbarkeit einer solchen Entlastung hingewiesen und entsprechende Anregungen gemacht, um von einer allzu häufigen parlamentarischen. Beratung der Teuerungszulagen wegzukommen. Dieses Ziel hätte nach unsern frühern Ausführungen damit erreicht werden sollen, dass die Zulagen unverändert gelassen worden wären, solange der Landesindex der Konsumentenpreise eine be' stimmte Bewegungsspanne («Marge») nicht über- oder unterschreiten würde.

Dieser Vorschlag musste dazumal allerdings zurückgestellt werden, vor allem weil massgebliche Personalorganisationen dem Gedanken einer solchen Margenfestsetzung abhold waren. Indessen haben andere Verbände des Bundespersonals ein System vorgeschlagen, wonach die Kompetenz zur Festsetzung der Teuerungszulagen im Falle einer verhältnismässig geringen Änderung der Lebenskosten beim Bundesrat liegen würde, während bei grösseren Änderungen, wenn der Landesindex um mehr als vier Indexpunkte von einem bestimmten Ausgangsstand abweichen würde, diese Kompetenz a,n die Bundesversammlung zurückfallen sollte.

1284 Wir haben uns vorerst gefragt, ob es zweekmässig wäre, dem Bundesrat eine zwar bloss temporäre, jedoch sonst nicht beischränkte Kompetenz zur Festsetzung einer angemessenen Teuerungszulage zu übertragen. Von diesem Gedanken sind wir jedoch abgekommen, da gemäss bisheriger Erfahrung die Teuerungszulagen ein recht beachtliches Ausmass erlangen können - sie betrugen beispielsweise 1958 nicht weniger als 12 Prozent - und damit in das Besoldungsgefüge eingreifen, dessen Gestaltung nach wie ver dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben muss.

Aus diesen Überlegungen schlagen wir Ihnen vor, die gegenwärtige Eegelung nicht mehr beizubehalten, sondern die Festsetzung der Teuerungszulagen mit dem neuen Zuständigkeitsgesetz in einem begrenzten Umfang in die Hand des Bundesrates zu legen. Im beiliegenden Entwurf wird die Kompetenzdelegation auf sechs Jahre befristet und ausserdem vorgesehen, dass die Bundesversammlung auf Antrag des Bundesrates zu entscheiden habe, wenn der Landesindex der Konsumentenpreise während drei aufeinanderfolgenden Monaten um wenigstens sechs Punkte vom Ausgangsstand von 183 abweichen sollte. Die für 1959 gültige Teuerungszulage von 8,5 Prozent entspricht ungefähr dem Index 188. Bis zum Beschluss der Bundesversammlung sollen dem Personal die vom Bundesrat beschlossenen Zulagen ausgerichtet werden. Diese Ordnung bringt, soweit möglich, die wünschbare Vereini'achung des Vorgehens bei der Festsetzung des Teuerungsausgleichs. Sie trägt überdies den Wünschen des Per, sonals auch weitgehend Eechnung. Verschiedene Personalverbände sind denn auch Im Prinzip mit der vorgeschlagenen Neuordnung einverstanden, nicht jedoch der Föderativverband des Personals öffentlicher Verwaltungen und Betriebe, der sie aus grundsätzlichen Überlegungen ablehnt.

An sich wäre es zu begrüssen, wenn der Gesetzgeber auch die Grundsätze festlegen könnte, nach welchen der Bundesrat das ihm zugestandene Verordnungsrecht handhaben soll. Aber es ist sehr schwierig, zwingende allgemeine Kegeln oder Éichtlinien für die Bemessung des Teuerungsausgleichs aufzustellen.

In den Bundesgesetzen vom 26. September 1952 und 21. Juni 1955 wurde die Festsetzung «angemessener» Teuerungszulagen vorgesehen. Den gleichen Ausdruck verwenden wir auch in unserem Gesetzesentwurf.

Bundesversammlung und Bundesrat haben immer einen gewissen
Ermessensspielraum beansprucht, sowohl was das allgemeine Ausmass der Zulagen als was die Mindestzulagen zu den niedrigen Besoldungen und die Ergänzung der Sozialzulagen anbelangt. Der Bundesrat wird auch unter der Geltung des von uns vorgeschlagenen Gesetzes auf eine gewisse Bewegungsfreiheit angewiesen sein. Praktisch wird er sich bei der Handhabung des ihm zustehenden Ermessens von den gleichen Überlegungen leiten lassen, wie sie bereits den früheren Botschaften zugrunde lagen.

In diesem Zusammenhang darf darauf Mngewiesen werden, dass der Bundesrat die Teuerungszulagen bereits während des Weltkrieges auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten in eigener Zuständigkeit festsetzte und dass

1285 seine damals auf diesem Gebiet gefassten Beschlüsse die Billigung der Bundesversammlung und der Personalorganisationen fanden. Es ist im weitern selbstverständliche Absicht des Bundesrates, die Organisationen des Bundespersonals wie bis anhin bei der Festsetzung des Teuerungsausgleichs zu konsultieren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Wir empfehlen Ihnen, den mitfolgenden Gesetzesentwurf zu genehmigen, und versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den I.Mai 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: P. Chaudet Der Bundeskanzler : Ch. Oser

1286 (Entwurf)

Bundesgesetz über

die Zuständigkeit zur Regelung der Teuerungszulagen des Bundespersonals

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 85, Ziffer 8, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundes:rates vom 1. Mai 1959, beschliesst:

Art. l Der Bundesrat ist unter Vorbehalt von Absatz 2 befugt, für das Bundespersonal und die Beniner der beiden Personalversicherungskassen des Bundes angemessene Teuerungszulagen zu beschliessen.

2 Weicht der Landesindex der Konsmneatenpreise während drei aufeinanderfolgenden Monaten wenigstens um sechs Punkte vom Ausgangsstand von 183 ab, so sind die Zulagen für die Folgezeit auf Antrag des Bundesrates von der Bundesversammlung festzusetzen. Bis dahin werden die vom Bundesrat beschlossenen Zulagen ausgerichtet.

1

Art. 2 Dieses Gesetz tritt am I.Januar 1960 für die Dauer von sechs Jahren in Kraft.

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1959

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7804

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14.05.1959

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