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Bundesratsbeschluss über

die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für die Klavierbranche (Vom 18. Dezember 1959) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 7 Absatz l des Bundesgesetzes vom 28. September 19561) über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst:

Art. l Der im Anhang wiedergegebene Gesamtarbeitsvertrag vom 1.Juni 1959 für die Klavierbranche wird allgemeinverbindlich erklärt, mit Ausnahme der kursiv gedruckten Bestimmungen.

2 Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

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Art. 2 Die Allgemeinverbindlicherklärung wird für das ganze Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft ausgesprochen.

2 Die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages finden Anwendung auf die Dienstverhältnisse zwischen den selbständigen Klavierhändlern, Klavierreparateuren und Klavierstimmern als Arbeitgeber, einerseits, und den bei diesen angestellten gelernten Klavierbauern, Klavierreparateuren und Klavierstimmern als Arbeitnehmer, anderseits.

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Art. 3 Dieser Beschluss tritt am 1. Januar 1960 in Kraft und gilt bis zum 31.Dezember 1964.

Bern, den 18.Dezember 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Für den Bundespräsidenten: Etter Der Bundeskanzler: Ch. Oser ') AS 1956, 1543.

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Gesamtarbeitsvertrag für die Klavierbranche abgeschlossen am 1. Juni 1959 zwischen

dem Schweizer Verband der Klavierfabrikanten und -händler und dem Schweizerischen Verband der Klavierfachleute und -Stimmer Art. l Zweck des Vertrages

Durch den Abschluss dieses Gesamtarbeitsvertrages bekunden die vertragschliessenden Verbände ihren Willen zur loyalen Zusammenarbeit, zur Aufrechterhaltung des Arbeitsfriedens, zur Schaffung geordneter Arbeitsverhältnisse und zur Bekämpfung des Pfuschertums.

Art. 2

Geltungsbereich

Friedenspjlicht

Fremdarbeiter

Arbeitszeit der Arbeitnehmer

Der Gesamtarbeitsvertrag findet Anwendung auf die Dienstverhältnisse zwischen den selbständigen Klavierhändlern, Klavierreparateuren und Klavierstimmern als Arbeitgeber, einerseits, und den bei diesen angestellten gelernten Klavierbauern, Klavierreparateuren und Klavierstimmern als Arbeitnehmer, anderseits.

Art. 3 Die vertragsnhliessenden Verbände verpflichten sich, den Arbeitsfrieden unter allen Umständen zu wahren. Es ist ihnen untersagt, Kampfmassnahmen, wie Verrufserklärungen, schwarze Listen, kollektive Arbeitsniederlegungen (Streiks) und kollektive Kündigungen oder Aussperrungen zu ergreifen oder zu unterstützen. Die Friedenspflicht gilt auch für Fragen, die im vorliegenden Vertrag nicht geregelt sind.

Art. 4 Ausländische Arbeitskräfte dürfen nur im Falle von Mangel an schweizerischen angestellt werden und sind den Sekretariaten der beiden vertragschliessenden Verbände sofort schriftlich zu melden.

Art. 5 Die normale Arbeitszeit im Betrieb beträgt 48 Stunden pro Woche, wobei die Einteilung dem Arbeitgeber überlassen bleibt.

2 Das Aufräumen des Arbeitsplatzes und das Versorgen des Werkzeuges erfolgen innerhalb der Arbeitszeit, sofern diese Pflichten dem einzelnen Arbeitnehmer obliegen.

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An Vortagen von Feiertagen ist die Arbeit um 17 Uhr zu beenden.

Als Feiertage gelten die in jedem Kanton als solche bezeichneten Tage.

Art. 6 Es sind folgende Mindestsaläre, inklusive Zulagen und Umsatz- Entlohnung bonifikationen (jedoch ohne Gratifikationen und ohne allfällige gesetzlich vorgeschriebene Kinderzulagen), zu entrichten: Fr a. Arbeitnehmer nach. Beendigung der Lehre, bis zum vollendeten 24. Altersjahr 460 fe. Arbeitnehmer vom beginnenden 25. Altersjahr an 650 c. Arbeitnehmer mit voller Stimmpraxis und Arbeitsleistung vom vollendeten 30. Altersjahr an 820 d. Arbeitnehmer, welche für Konzertstimmungen benötigt werden und/oder erstklassige Spezialisten sowie Werkstattchefs 920 2 Die Vermittlung von Verkäufen und das Einbringen von Reparaturen sollen separat honoriert werden.

3 Die im Stimmberuf vollbeschäftigten Arbeitnehmer haben nur dann auf die vorstehenden Mindestsaläre Anspruch, wenn sie fähig sind, pro Tag vier Stimmungen auszuführen. Ausnahmsweise schriftliche Vereinbarungen über niedrigere Löhne an schwächliche sowie an invalide und blinde, nicht voll leistungsfähige Angestellte sind zulässig.

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Art. 7 Überzeitarbeit zwischen 6 und 20 Uhr, d.h. über die in Artikel 5 Überzeit-, Absatz l festgesetzte Zeit hinaus geleistete Arbeit in der Werkstatt, wird so^ntagsarbeit mit' 25 Prozent Zuschlag zum normalen Verdienst einschliesslich Teuerungszulage entschädigt. Zwischen 20 und 6 Uhr geleistete Arbeit sowie ·Sonntagsarbeit wird mit einem Zuschlag von 50 Prozent entschädigt.

Vorbehalten bleiben Absatz 8 und 4 hienach.

2 Überzeit-, Nacht- und Sonntagsarbeit wird nur dann vergütet, wenn sie vom Arbeitgeber oder dessen Stellvertreter angeordnet wurde.

3 Arbeitnehmer, welche abends für den Besuch von Konzerten verpflichtet sind, werden mit 10 Franken pro Abend entschädigt.

4 Bei auswärtigen Arbeiten ist die Zeit, die inklusive Eeise 10 Stunden pro Tag überschreitet, pro Stunde mit einem 200stel vom Monatslohn oder durch Gewährung entsprechender Freizeit zu entschädigen.

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Art. 8 Den Arbeitnehmern, welche zureichendes eigenes Werkzeug verwenden, wird eine Vergütung von 20 Franken pro Jahr entrichtet.

werkzeugVergütung

1476 Art. 9 .envergüBei Arbeiten ausserhalb seines Wohnortes sind dem Arbeitnehmer *tteen ArlSm" separat folgende Spesen zu vergüten : Fr.

a. für das Mittagessen 6 b. für das Nachtessen, sofern der Arbeitnehmer um 19 Uhr noch am Arbeitsort ist 5 c. die effektiven Kosten für das Übernachten und das Frühstück am auswärtigen Arbeitsort.

2 Velo- und Autospesen sind nach Übereinkunft zu vergüten.

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Ferien

Militärdienst

Art, 10 Die Arbeitnehmer haben Anspruch auf bezahlte Ferien in folgendem Ausmass : im 1. Dienstjahr beim gleichen Arbeitgeber 6 Arbeitstage vom 2. bis und mit dem 10. Dienstjahr beim gleichen Arbeitgeber ' 12 Arbeitstage vom 11. bis und mit dem 20. Dienstjahr beim gleichen Arbeitgeber sowie nach vollendetem 40. Altersjahr 18 Arbeitstage nach dem 20. Dienstjahr beim gleichen Arbeitgeber und gleichzeitig vollendetem 55. Altersjahr 24 Arbeitstage 2 Kantonale Feriengesetze, die für den Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen aufstellen, sind zu beachten.

3 Die Ferien werden nach Kalenderjahr berechnet. Sie werden erstmals gewährt nach einer Anstellungsdauer von 6 Monaten. Wenn das Dienstverhältnis nicht das ganze Kalenderjahrf dauert, so sind zuviel bezogene Ferien pro rata temporis nachzuarbeiten, oder der entsprechende Betrag wird am Gehalt abgezogen.

4 Ferien dürfen nicht durch Lohnzahlung ersetzt werden. Ausgenommen sind die Fälle, in denen die Ferien bis zur Auflösung des Dienstverhältnisses nicht bezogen worden sind.

5 Eine Verkürzung der Ferien darf nur vorgenommen werden, wenn der Arbeitnehmer zufolge Krankheit oder Militärdienstes länger als einen Monat pro Kalenderjahr an der Arbeitsleistung verhindert war, und zwar für je einen Monat Absenz e:inen Zwölftel des Ferienanspruches.

Absenzen wegen Todesfalls von nächsten Verwandten, wegen Geburten in der eigenen Familie und wegen Wohnungswechsels dürfen nicht an die Ferien angerechnet werden.

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Art. 11 i j)er Lohn während der Wiederholungskurse ist verheirateten Arbeitnehmern unter Anrechnung der Erwerbsausfallentschädigung voll zu bezahlen.

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Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf einen halben freien Tag für militärische Inspektionen.

Art. 12 Im Krankheitsfall wird dem Arbeitnehmer der Lohn wie folgt Lohnzahlung e bei Krankheit ausbezahlt: in der 1. Hälfte des 1. Dienstjahres während 2 Wochen in der 2. Hälfte des 1. Dienstjahres während l Monat im 2. Dienstjahr während 1% Monaten vom 3. Dienstjabr an während mindestens 2 Monaten 2 Bei Krankheit von mehr als 3 Tagen hat der Arbeitnehmer ein ärztliches Zeugnis beizubringen. Überdies hat der Arbeitgeber das Eecht, sich zu vergewissern, ob der Arbeitnehmer krank ist.

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Art. 13 Sämtliche. Arbeitnehmer sind für Betriebsunfälle zu Lasten des Arbeit' ' gebers zu versichern.

Unfaii-

Versicherung

Art. 14 Während der Probezeit von einem Monat kann jederzeit auf den Kündigung der nächsten Tag gekündigt werden. Nach Ablauf der Probezeit kann auf Verträge3" das Ende des folgenden Monats und bei überjährigen Dienstverhältnissen auf das Ende des dritten auf die Kündigung folgenden Monats gekündigt werden.

2 Wegen oder während des obligatorischen schweizerischen Militärdienstes kann das Dienstverhältnis nicht gekündigt werden. Bei einer nicht durch eigenes Verschulden des Arbeitnehmers verursachten Arbeitsunfähigkeit (Unfall oder Krankheit) kann das Dienstverhältnis ohne Bücksicht auf Artikel 12 dieses Vertrages frühestens nach einer Absenz von 2 Monaten aufgelöst werden.

Art. 15 Den Arbeitnehmern ist es unter Androhung der Entlassung strikte Schwarzarbeit verboten, irgendwelche in den Geschäftsbereich des Arbeitgebersfallende Arbeiten auszuführen, sei es entgeltlich oder unentgeltlich. Ausgenommen sind Stimmungen im engsten Familienkreis.

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Art. 16 1

Differenzen zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer werden Beilegung vm durch die Gewerbegerichte und die ordentlichen Gerichte beurteilt.

^eSTerìcM 2 Meinungsverschiedenheiten zwischen den vertragschliessenden Verbänden über die Auslegung des Gesamtarbeitsvertrages sind vorerst durch Abordnungen der Vorstände abzuklären. Kann auf diesem Weg eine Einigung nicht erzielt werden, so unterwerfen sich die vertragschliessenden Ver-

1478 lande einem Dreierschiedsgericht, das in Zürich Sitz hat und in das jede Partei einen Schiedsrichter wählt. Können sich die Parteien über den Vorsitzenden des Schiedsgerichtes nicht verständigen oder ist eine Partei mit der Bezeichnung des Schiedsrichters säumig, so ist der Präsident des Bezirksgerichtes Zürich um die Ernennung zu ersuchen.

Art. 17 Inkraftsetzung und Kündigung des Qesamtarbeitsvertrages

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Dieser Gesamtarbeitsvertrag tritt nach Genehmigung durch die Generalversammlung der beiden vertragschliessenden Verbände und nach seiner Allgemeinverbindlicherklärung in Kraft.

2 Der vorstehende Gesamtarbeitsvertrag kann von jedem vertragschliessenden Verband mit sechsmonatiger Kündigungsfrist je auf Jahresende, erstmals auf Ende Dezember 1960, gekündigt werden.

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Bundesratsbeschluss über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für die Klavierbranche (Vom 18. Dezember 1959)

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31.12.1959

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