1029

# S T #

Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den "Wappenschild der eidgenössischen Münzen.

(Vom 17. Juni 1892.)

Tit.

Anläßlich der Büdgetberathung pro 1891 hat die hohe Bundesversammlung unterm 19. Dezember 1890 nachstehendes Postulat zum Beschluß erhoben: ,,Der Bundesrath wird eingeladen, zu prüfen und zu berichten, ob für den Wappenschild der schweizerischen Münzen eine einheitliche Form anzunehmen sei und eventuell welche.a Wir haben die durch das Postulat aufgeworfenen Fragen einer einläßlichen Prüfung unterzogen und beehren uns, in Nachstehendem zu berichten, in welcher Weise der Bundesrath dem Postulat Folge zu geben gedenkt.

Unter den verschiedenen Gattungen der schweizerischen Münzen sind gegenwärtig nur die Zwanzig- und Fünffrankenstücke, sowie die Kupfermünzen mit einem, unter sich in der Form abweichenden, Wappenschilde versehen; bei den Silberscheidemünzen muß der kleine Schild als bloße dekorative Zugabe zur ,,Helvetia" angesehen werden und unsere Billonmünzen entbehren jeglichen Wappenschildes.

Wir legten uns vor Allem aus die Frage vor, ob es wirklich in der Absicht des verehrlichen Herrn Antragstellers gelegen habe, auf unseren sämmtlichen Münzgattungen einen und denselben Wappenschild anzubringen, wie aus dem Wortlaute des Postulates gefolgert werden könnte, und unser Departement der Finanzen hat

1030 es deßhalb für zweckmäßig erachtet, sich vorerst mit dem Antragsteller in Verbindung zu setzen, um über die Tragweite des Postulates näher orientirt zu werden.

Aus den bezüglichen Auseinandersetzungen ergab sich, daß dem Postulate -diese verallgemeinerte Tendenz nicht innewohne; dasselbe sei vielmehr in erster Linie gerichtet gewesen gegen die Wappenschildform des schweizerischen Fünffrankenstückes, welche in keiner Weise den Anforderungen der Heraldik entspreche und auch vom ästhetischen Standpunkte aus anfechtbar sei; ebenso wenig könne die Schildform des Zwanzigfrankenstückes als eine heraldische anerkannt werden.

Durch eine vorgängige Schlußnahme hat sich auch der Bundesrath dahin entschieden, es solle von einem einheitlichen, auf sämmtlichen schweizerischen Gold-, Silber-, Nickel- und Kupfermünzen anzubringenden Wappenschilde Umgang genommen werden, es sei vielmehr diese Neuerung auf das Fünf- und das Zwanzigfrankenstück zu beschränken.

Nicht nur würde es schwer halten, ohne Verletzung der Aesthetik diesen einheitlichen Wappenschild den Größenverhältnissen a l l e r schweizerischen Münzgattungen bis zum Fünfrappenund Einrappenstück herunter anzupassen, sondern es sind dem Bundesrath von keiner Seite Klagen über den Typus unserer Silberscheidemünzen, der Billon- und Kupfermünzen zugegangen, und insbesondere theilt der Bundesrath die Anschauung, daß der Schild der ,,Helvetia"1 auf den Silberscheidemünzen nicht als ein Wappenschild, sondern als dekorative Beigabe einer symbolischen, mit ,,Speer und Schilda versehenen Figur zu betrachten sei.

Uebergehend zu der Form des für das Fünf- und das Zwanzigfrankenstück einheitlich einzuführenden Wappenschildes, hat sich der Bundesrath anfänglich die Frage vorgelegt, ob nicht zu einer Konkurrenz-Ausschreibung geschritten werden sollte ; er ist aber von diesem Gedanken zurückgekommen, theils im Hinblick auf das unbefriedigende und negative Ergebniß einer zweimaligen KonkurrenzEröffnung im Jahre 1887, theils mit Rücksicht auf den Wortlaut des Postulates, welches nicht die Umänderung des Typus unserer Münzen, sondern nur die Vereinheitlichung des Wappenschildes anstrebt, wofür in erster Linie die Mitwirkung von Heraldikern angezeigt erschien.

Der Bundesrath beauftragte denn auch sein Finanzdepartement, eine solche Expertenkonferenz zusammenzuberufen, an welcher in verdankenswerthester Weise theilgenommen haben die Herren Dr. Lade, Vicepräsident der numismatischen Gesellschaft, in Genf,

1031 Dr. Eugène Demole in Genf, Zeller-Werdmüller in Zürich und C. Bühler, Maler und Heraldiker, in Bern.

Herr F. Jmhoof-Blumer in Winterthur war wegen Unwohlseins verhindert, der Konferenz beizuwohnen, dagegen wurden zu derselben noch beigezogen die Herren Ständerath Robert, als Antragsteller, und Münzdirektor Platel.

Auch diese Kommission theilte einstimmig die Ansicht, es solle die beabsichtigte Neuerung auf das Fünf- und das Zwanzigfrankenstück eingeschränkt bleiben, und wenn auch etwelche Neigung vorhanden war, auf einen gänzlich veränderten Typus unserer Münzen einzutreten, wie etwa: die Werthbezeichnung innerhalb des Kranzes anzubringen, Wappenschild und Kopf wegzulassen und durch eine stehende oder sitzende Figur zu ersetzen, wobei der Schild nur als Attribut zu dienen hätte, so wollte man auch hier nicht über den Rahmen des Postulates hinausgehen, welches eben nur die Vereinheitlichung des' Wappenschildes verlangt.

Ganz einstimmig war die Experten-Konferenz der Ansicht, daß bei Feststellung dieses neuen einheitlichen Schildes sowohl die auf dem Fünffrankenstück als auf dem Zwanzigfrankenstück angewandte Schildfovm preisgegeben werden müsse. Beide Formen können vor der Kritik des Heraldikers nicht bestehen, und auch vom ästhetischen Standpunkte aus verdiene der Schild des Fünffrnnkenstückes mit seinen schneckenförmigen Verzierungen und unruhigen Linien ernsten Tadel ; dem Schilde des Zwanzigfrunkenstückes, welcher zwar einfachere Formen zeigt, werden insbesondere die Ausladungen in den beiden obern Ecken zum Vorwurfe gemacht; diese bloße Nachahmung des italienischen Münzwappens sei ganz verwerflich, weil der Zweck jener Ausladungen bei den italienischen Münzen -- Befestigung des das Wappen umschließenden Annunziaten-Ordens -- bei unseren Münzen dahinfalle.

Die Expertenkommission empfiehlt die Annahme einer möglichst einfachen Schildform und spricht sich einstimmig zu Gunsten der sog. spanischen Form aus, d. h. eines im obern Theil geradlinigen und rechtwinkligen, im untern Theile bogenförmig abgerundeten Schildes; selbstverständlich wäre innerhalb dieses Wappens das eidgenössische Kreuz nach den Dimensionen des Bundesbeschlusses vom 12. Dezember 1889 anzubringen, wobei seitens der Expertenkommission wiederum vom heraldischen Standpunkte aus einstimmig die Beseitigung jedes Randfilets
(bordure) sowohl am Wappenrand als am Kreuz verlangt wird. Der Stern, welcher gegenwärtig oberhalb des Wappens, wohl nur zur Ausfüllung überflüssig leeren Raumes, angebracht ist, durfte ebenfalls versehwinden und dafür der Kranz etwas mehr ausgeweitet werden.

1032 Will man zu einer Aenderung des Münzstempels für die Fünffrankenstiicke schreiten, so spricht sich die Expertenkommission dahin aus, daß man gleichzeitig auch einen schon vielfach getadelten Fehler auf der Kopfseite korrigire, indem man die Jahrzahl, die jetzt seitlich an das Wort ,,Helvetia" angefügt ist und deßhalb für das Auge des Lesenden eine verkehrte Stellung erhalten hat, unterhalb des Kopfes anbringt. Die wohl mit Recht von der Expertenkommission angebrachte weitere Bemerkung, es sollte im zukünftigen Münzbilde die Zeichnung der Kopfhaare etwas deutlicher hervortreten und das Blumendiadem vom Haare mehr sich abheben, betrifft mehr die technische Ausführung durch den Graveur.

Nach wiederholten Berichterstattungen des Finanzdepartementes hat der Bundesrath die Vorschläge der Expertenkommission durchwegs acceptirt, wobei er nur bedauert, den in der Kommission geäußerten Wünschen nicht ebenfalls gerecht werden zu können, welche, allerdings unter Beibehaltung des vorgeschlagenen einfachen Schildes von sog. spanischer Form, noch auf eine etwelche Ausschmückung desselben hinzielten. Hiezu stehen uns eben weder Wappenthiere, noch Kronen und Orden oder ähnliche Verzierungen zu Gebote, und zur Gruppirung von Waffen und Fahnen fehlt absolut der nöthige Raum. Sobald man die künstlerische Ausschmückung in den Vordergrund stellen wollte, müßte man, unter Weglassung des Kranzes, zu einem ganz andern Münzbilde übergehen, und dahin tendirt das Postulat nicht.

Wir verzichten an dieser Stelle darauf, in das Detail der bisherigen Verhandlungen, des Konferenzprotokolls etc. einzutreten.

Selbstverständlich werden wir den verehrlichen Kommissionen der beiden Räthe das gesammte Aktenmaterial -- Protokolle, Entwürfe von Zeichnungen, Korrespondenzen -- zur Verfügung stellen ; für sämmtliche Mitglieder der Bundesversammlung fügen wir dieser unserer Berichterstattung eine Vervielfältigung von Avers und Revers des Fünffrankenstückes bei, wie es sich nach unsern Auseinandersetzungen gestalten würde; ob auf dem Revers der Kranz beidseitig aus Lorbeer oder wie bisher halbseitig aus Eichenlaub dargestellt werden solle, kann immerhin eine offene Frage bleiben.

Indem wir Sie ersuchen, von der Art und Weise, wie wir dem Postulate der Bundesversammlung Folge zu geben gedenken, d. h.: Beschränkung des einheitliehen
Wappenschildes auf das F ü n f - und das Z w a n z i gf r a n k e n s t ü c k -- A n n a h m e der e i n f a c h e n s p a n i s c h e n Schild for m -- in zustimmendem Sinne Vormerkung zu nehmen, benutzen wir

1033 diesen Anlaß, Sie, hochgeehrter Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 17. Juni 1892.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Wappenschild der eidgenössischen Münzen. (Vom 17. Juni 1892.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1892

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

27

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

29.06.1892

Date Data Seite

1029-1033

Page Pagina Ref. No

10 015 778

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.