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Bundesblatt 111.Jahrgang

Bern, den 17.September 1959

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis 30 Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & die. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Kredit für Erwerbung und Erhaltung vaterländischer Altertümer (Vom 1 September 1959) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen hiermit eine Botschaft betreffend den Kredit für Erwerbung und Erhaltung vaterländischer Altertümer zu unterbreiten.

I.

In einer gemeinsamen Eingabe vom 17. September 1957 richteten der Präsident der Eidgenössischen Kommission für das Landesmuseum und sein Direktor an das Departement des Innern das Gesuch, 1. es sei der Kredit des Schweizerischen Landesmuseums für Erwerbung und Erhaltung vaterländischer Altertümer auf jährlich 200 000 Franken zu erhöhen ; 2. es sei die Zweckbestimmung und die Höhe dieses Kredits durch einen eigenen Bundesbeschluss zu regem.

II.

Durch den Bundesbeschluss vom 28. September 19501) betreffend den Kredit für Erhaltung und Erwerbung vaterländischer Altertümer und den Kredit für Erhaltung historischer Kunstdenkmäler wurde der erstere dieser !)

BEI 1950, III, 174.

2 ) BEI 1949, II, 969.

Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. II.

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542 Kredite, der jeweilen unter dem Titel «Landesmuseum» im Voranschlag der Eidgenossenschaft figuriert, auf 100 000 Franken erhöht, nachdem er 1894 bis 1914 meist 80 000,1915 bis 1934 50 000,1936 bis 1946 35 000,1947 bis 1949 ·wieder 50 000 Franken betragen hatte. Näheres über die Schaffung und Zweckbestimmung dieses Kredits enthält die dem Bundesbeschluss vom 28. September 1950 zudienende Botschaft vom 18. November 1949 2), auf die wir hier verweisen dürfen, in den Kapiteln II und III; dort wurde auch die Erhöhung von 50 000 auf 100 000 Franken kurz begründet, und zwar vor allem mit dem ständigen Ansteigen der Preise für Kunstaltertümer, deren Ankauf jedoch nicht die einzige Aufgabe des Landesmuseums darstellt. Hinzu kommt die Erwerbung von Sammlungsgegenständen auf dem Wege der Ausgrabungen, und sodann die E r h a l t u n g des gesamten Museumsgutes. Auf allen diesen Gebieten hat, namentlich seit dem letzten Kriege, eine ungemein intensive Entwicklung eingesetzt; neue wissenschaftliche Erkenntnisse wurden gewonnen, neue Methoden eingeführt. Dies hat denn auch das Landesmuseum veranlasst, nach verhältnismässig kurzer Zeit um die Gewährung vermehrter Mittel nachzusuchen.

Der Begründung seines Gesuches entnehmen wir im wesentlichen folgendes : Der Begriff «Erwerbung und Erhaltung» umfasst zwei Gebiete, die in früherer Zeit weniger scharf getrennt waren als heute. Die neuere Entwicklung hat die Museen, namentlich was das Gebiet der Erhaltung betrifft, vor ganz neue Aufgaben gestellt, zu deren Bewältigung entsprechende Mittel notwendig sind. Das Landesmuseum versucht auch hier, seine nationale Aufgabe zu erfüllen.

A. Erwerbung Hier sind zu unterscheiden : 1. Ankauf, 2. Ausgrabungen.

1. Ankauf Beim Ankauf von national wichtigen Altertümern ist weiterhin mit steigenden Preisen zu rechnen. Eine Betrachtung der Auktionsergebnisse der letzten Jahre bestätigt dies ohne Ausnahme. Mit Erfolg hat sich das Landesmuseum insbesondere um die Eückerwerbung von Altertümern aus dem Ausland bemüht; gerade hier aber sind die Preise meist sehr hoch. Als Beispiel aus der jüngsten Zeit sei an die Ersteigerung einer wertvollen, ursprünglich aus dem Kanton Thurgau stammenden, illuminierten Handschrift von 1312 an einer Londoner Auktion erinnert, für die rund 400 000 Franken aufgewendet werden mussten. Bei solchen
Gelegenheiten wird es immer schwieriger, mit privaten Angeboten (Kapitalanlage) zu wetteifern.

Das Landesmuseum sucht nicht einfach seine Sammlungen umfangmässig zu vergrössern, sondern vorwiegend Lücken im bestehenden Sammlungsbestand zu schliessen. Aber gerade dies ist kostspielig, da auch dem Handel nachgerade bekannt ist, was das Museum sucht.

543 Anderseits aber nimmt mit steigenden Preisen auch der Wert der Sammlungen zu. Diese sind heute für rund 12 Millionen versichert, während die Ankauf skosten nur ungefähr 4,3 Millionen betrugen. Im Handel würden die Sammlungen eine noch wesentlich höhere Bewertung finden, als der Versicherungswert sie ausdrückt.

2. Ausgrabungen Sie bilden die andere Quelle für die Vermehrung der Sammlungen, wobei weniger der materielle Wert, als der hohe wissenschaftliche Erkenntniswert ins Gewicht fällt.

Wissenschaftlich geleitete Ausgrabungen zeitigen durch Fundbeobachtung und durch das Fundmaterial Erkenntnisse ersten Banges, namentlich dann, wenn das Museum in der Lage ist, Ausgrabungen auf dem Gebiet der ganzen Schweiz durchzuführen. In der Eegel sind diese Arbeiten auch vom Museum zu finanzieren.

Dazu kommt, dass das Landesmuseum heute Ausgrabungen nicht mehr nur'auf dem ur- und frühgeschichtlichen, sondern auch auf dem mittelalterlichen Gebiet durchführt. Es darf behauptet werden, dass seine Ausgrabungen in der Schweiz heute massgebend sind; kaum eine wichtige Ausgrabung wird in unserem Lande durchgeführt, ohne dass die Spezialisten des Landesmuseums konsultiert werden. Das Gebiet der Ausgrabungen hat also eine Ausdehnung in die Breite erfahren. Ausserdem ist aber auch hier mit einer Steigerung der Kosten, speziell der Löhne für institutsfremde Hilfskräfte, zu rechnen, und dadurch abermals mit einem wesentlich höheren, laufenden Geldbedarf.

B. Erhaltung

Bei beiden Arten der Erwerbung ist nur dann ein vollkommener Erfolg gewährleistet, wenn auch die Erhaltung gesichert ist, d. h. wenn die erworbenen Sammlungsgegenstände echt sind und richtig konserviert und nötigenfalls restauriert werden können. Nur wenn auf diesem Gebiet mit modernen wissenschaftlichen Methoden gearbeitet werden kann und wenn die erforderlichen Einrichtungen zur Verfügung stehen, ist die Aufgabe ganz gelöst.

Im Landesmuseum sind diese Voraussetzungen erst teilweise erfüllt.

Echtheit

Bis vor kurzem wurden Echtheitsfragen mehr empirisch und im Sinne der «Kennerschaft» behandelt. Mehr und mehr aber setzt sich die Erkenntnis durch, dass sie nur auf wissenschaftlicher Grundlage zulänglich beantwortet werden können. Zu diesem Zweck haben die Naturwissenschaften (Physik und Chemie) Methoden geliefert, die auf dem Gebiet der Gemäldekunde schon weit gefördert sind, auf andern Gebieten aber, wie dem des Kunstgewerbes, noch am Beginn der Entwicklung stehen.

Zur Bewältigung dieser Aufgabe bedarf es - wissenschaftlicher Leitung, - der Durchführung von Versuchsreihen, d. h. eigentlicher Forschung.

544 Es scheint gegeben, mit solchen Forschungsaufgaben das Schweizerische Landesmuseum zu betrauen. Dieses verfügt über qualifiziertes Personal für die Festlegung der Bichtlinien; es hat auf diesem Gebiet bereits Vorarbeit geleistet; endlich besteht in Zürich die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit den Instituten der Eidgenössischen Technischen Hochschule und der Universität.

Für gewisse Probleme werden im übrigen auch vom Auslande her die Lösungen von der Schweiz erwartet. Wir nennen als Beispiel die Beurteilung der Echtheit von Glasgemälden, die kaum in einem andern Lande verhältnismässig so grosse Bedeutung haben wie in der Schweiz.

Konservierung Das soeben Gesagte gilt auch für das Gebiet der Konservierung. Hier ist das Landesmuseum auf dem Wege empirischer Arbeit bereits so weit gegangen als es ihm möglich war; es muss aber erkennen, dass ihm in manchen Fragen eine Lösung 'bis heute nicht gelungen ist. Wichtig ist z. B. die Konservierung historischer Fahnen, von denen kaum ein Land so viele besitzt wie die Schweiz.

Auch hier bedarf es wissenschaftlicher Leitung, eigener Forschung und praktischer Auswertung der Forschungsresultate. Für die wissenschaftliche Leitung auf den Gebieten der Echtheitsprüfung und der Konservierung verfügt das Museum seit 1958 über einen Spezialisten (Chemiker-Biologe) und über ein in einem gemieteten Raum eingerichtetes Laboratorium; doch wird es für bestimmte Versuche jeweilen noch besonderer Arbeitsmaterialien bedürfen.

Auf beiden Gebieten sind die Mittel für die Forschung noch ungenügend.

Welche Bedeutung dieser Forschung in andern Ländern beigemessen wird, sei an wenigen, leicht zu vermehrenden Beispielen gezeigt: Italien hat in Rom für das ganze Land das mustergültige Istituto del Restauro eingerichtet, Belgien in Brüssel ein Laboratoire central des Musées de Belgique. Für die französischen Museen besteht das Untersuchungslaboratorium des Louvre in Paris; in Grossbritannien werden die Forschungsfragen von der entsprechenden Abteilung des British Museum in London behandelt. An allen diesen Instituten sind als Leiter Gelehrte von internationalem Rang tätig.

Für die Schweiz dürfte sich die Neuschaffung eines besonderen, zentralen Instituts nicht empfehlen. Wohl aber kann und soll das Landesmuseum durch den weiteren Ausbau des schon bestehenden Apparates in die
Lage versetzt werden, ausser der Ausarbeitung der Methoden für Konservierung und Echtheitsprüfung für den eigenen Bedarf auch die Beratung anderer schweizerischer Museen zu übernehmen. Schon heute wenden sich die Museen in grundsätzlichen Fragen dieser Art an das Landesmuseum ; so scheint es gegeben, bei ihm Voraussetzungen für eine noch weitergehende praktische und beratende Tätigkeit auf diesem Gebiete zu schaffen.

Die Zusammenlegung der beiden Anliegen, also Erwerbung und Erhaltung, ist in der Sache begründet und erlaubt auch eine sinngemässe Verwendung der Mittel unter jeweiliger Betonung der im Vordergrund stehenden Interessen.

545

III.

Der eingangs zitierte Bundesbeschluss vom 28. September 1950, auf dem heute der Ankaufskredit des Landesmuseums beruht, handelte zugleich von diesem und vom Kredit für die Erhaltung historischer Kunstdenkmäler. Für den letzteren ist mit dem Bundesbeschluss vom 14. März 1958 ^ eine neue, separate Grundlage geschaffen worden; nun soll das auch für den Kredit des Landesmuseums geschehen.

Der Entwurf zum neuen Bundesbeschluss übernimmt im wesentlichen die Artikel l und 2 des Beschlusses vom 28. September 1950; in Artikel l wird die Kreditziffer geändert, in Artikel 2, bei der Umschreibung der Zweckbestimmung, die Erhaltung, die bisher nur im Titel figurierte, als besondere Aufgabe ausdrücklich erwähnt.

Es liegt uns daran, dass der Beschluss von beiden Kammern noch in der Dezembersession verabschiedet wird, damit von 1960 hinweg der erhöhte Kredit von 200000 Franken zur Verfügung steht. In den nächstjährigen Voranschlag kann aber entsprechend der im Zeitpunkte der Behandlung des Voranschlages durch den Bundesrat vorhandenen Eechtsgrundlage wiederum nur ein Kredit von 100000 Franken eingestellt werden. Um zu vermeiden, dass der in der gleichen Parlamentssession wie der grundlegende Bundesbeschluss zur Beratung stehende Voranschlag von Anfang an ungenügend ist und bereits zu Beginn des . Jahres für die in Betracht fallenden drei Voranschlagsrubriken Nachtragskredite anbegehrt werden, haben wir in den Beschlussesentwurf unter Artikel 4 eine Bestimmung über die entsprechende Anpassung des Voranschlages für das Jahr 1960 aufgenommen.

, Gestützt auf unsere Darlegungen beehren wir uns, Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 1. September 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet Der Bundeskanzler: Ch. Oser i) AS 1958, 382. Vgl. auch die Botschaft vom 18. November 1949 betreffend den Kredit für Erhaltung und Erwerbung vaterländischer Altertümer und den Kredit für Erhaltung historischer Kunstdenlunäler und die Botschaft vom 4. Oktober 1957 betreffend die Förderung der Denkmalpflege.

546 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

den Kredit für Erwerbung und Erhaltung vaterländischer Altertümer

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Artikel 3, Absatz 2, Buchstabe a und Artikel 9, Absatz 2 des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 18901) betreffend die Errichtung eines schweizerischen Landesmuseums, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 1. September 1959, beschliesst:

Art. l Für die Erwerbung und Erhaltung vaterländischer Altertümer ist in den Voranschlag der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Schweizerisches Landesmuseum) jährlich ein Kredit von 200 000 Pranken einzustellen.

2 Liegen besondere Umstände vor, so kann noch ein ausserordentlicher Kredit bewilligt werden.

1

· .

Art. 2 Der Kredit für Erwerbung und Erhaltung vaterländischer Altertümer dient zu folgenden Zwecken: a. Erwerbung von beweglichen Altertümern oder von transportablen Teilen unbeweglicher Altertümer, sofern sie von allgemein schweizerischer Bedeutung sind; b. Ausgrabungen; c. Erhaltung von Altertümern, Erforschung und Entwicklung der Methoden für die Konservierung und die Echtheitsnachweise.

!) BS 4, 226.

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Art. 3 Dieser Beschluss hebt alle früheren, ihm widersprechenden Bestimmungen auf, insbesondere Artikel l und 2 des Bundesbeschlusses vom 28. September 19501) betreffend den Kredit für Erhaltung und Erwerbung vaterländischer Altertümer und den Kredit für Erhaltung historischer Kunstdenkmäler.

Art. 4 In den Voranschlag für das Jahr 1960 werden folgende erhöhte Kredite eingestellt : Fr.

Ersatz von Auslagen bei Ausgrabungen 14000 Ausgrabungen und Konservierung 21 000 Erwerbung und Erhaltung vaterländischer Altertümer 165 000 Art. 5 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt am I.Januar 1960 in Kraft.

2 Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

1

!) BEI 1950, III, 174.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Kredit für Erwerbung und Erhaltung vaterländischer Altertümer (Vom 1 September 1959)

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1959

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17.09.1959

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