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Bundesratsbeschluss über

die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Herrenkonfektionsindustrie (Vom 17. August 1959)

Der Schweizerische B u n d e s r a t , gestützt auf Artikel 7, Absatz l, des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst:

Art. l Der im Anhang wiedergegebene Gesamtarbeitsvertrag vom 15. Januar 1958 für die schweizerische Herrenkonfektionsindustrie wird allgemeinverbindlich erklärt, mit Ausnahme der kursiv gedruckten Bestimmungen.

2 Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

1

Art. 2 1

Die Allgemeinverbindlicherklärung wird für das ganze Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft ausgesprochen.

2 Die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages finden Anwendung auf die Dienstverhältnisse zwischen Inhabern von Atelier- und Heimarbeitsbetrieben, die Herrenkonfektion herstellen und mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigen, einerseits und ihrem gesamten männlichen und weiblichen Betriebspersonal, anderseits. Ausgenommen sind: a. Betriebe, die dem Gesamtarbeitsvertrag für die schweizerische ZivilHerrenmasschneiderei unterstehen; b. Änderungsateliers von Detailgeschäften; G. öffentliche Unternehmungen (Zeughäuser) ;

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d. Arbeitnehmer im Monatslohn, vorbehaltlich § 3, Absatz 2, Buchstabe h, des Gesamtarbeitsvertrages ; e. Lehrlinge im Sinne des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1930 über die berufliche Ausbildung.

Art. 3 Dieser Beschluss tritt am 28. August 1959 in Kraft und gilt bis zum 31.Dezember 1960.

Bern, den 17. August 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: P. Chaudet 4600

.

Der Bundeskanzler: Ch. Oser

380 Anhang

Gesamtarbeitsvertrag für

die schweizerische Herrenkonfektionsindustrie abgeschlossen am 15. Januar 1958 zwischen dem Verband schweizerischer Herrenkonfektions-Industrieller, einerseits, und dem Verband der Bekleidungs-, Leder- und Ausrüstungsarbeiter der Schweiz, dem Schweizerischen Verband christlicher Textil- und Bekleidungsarbeiter, dem Schweizerischen Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter sowie dem Landesverband freier Schweizer Arbeiter, anderseits.

I. Inkrafttreten, Geltungsdauer und Geltungsbereich Dieser Vertrag tritt auf den I.Februar 1958 in Kraft und wird bis Ende 1958 fest abgeschlossen (inzwischen verlängert bis Ende I960). Auf diesen Termin kann er von jeder Partei mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden. Erfolgt keine Kündigung, so gilt er jeweilen als um ein weiteres Jahr verlängert, mit gleichbleibender Kündigungsmöglichkeit.

Mit dem Kündigungsschreiben sind den Vertragspartnern die Abänderungsvorschläge bekanntzugeben. Sollte die Allgemeinverbindlicherklärung' während der Vertragsdauer ablaufen und nicht erneuert werden, so kann der · Vertrag beiderseits unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 4 Monaten auf Ende eines Kalendermonates gekündigt werden.

Der Vertrag gilt für das Gebiet der ganzen Schweiz. Er findet Anwendung auf die Herrenkonfektion herstellenden Atelier- und Heimarbeitsbetriebe, die mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigen.

Ausgenommen sind: a. Betriebe, die dem Gesamtarbeitsvertrag für die schweizerische ZivilHerrenmasschneiderei unterstehen; b. Änderungsateliers von Detailgeschäften; c. off entliche Betriebe (Zeughäuser).

Er gilt für sämtliches männliches und weibliches Betriebspersonal, mit Ausnahme der im Monatslohn fest angestellten Personen; vorbehalten bleibt § 3, Absatz 2, Buchstabe h.

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II. Indexklausel Die im vorliegenden Vertrage vorgesehenen Leistungen, insbesondere die Minimallöhne, entsprechen einem Indexstand von 181 Punkten. Sollte der schweizerische Index der Konsumentenpreise gegenüber diesem Stand um mehr als 5 Punkte steigen oder fallen, so kann jeder Vertragspartner neue Verhandlungen über eine Anpassung der Minimallöhne an den Stand der Teuerung verlangen.

III. Aussergewöhnliche Schwierigkeiten Im Falle aussergewöhnlicher Schwierigkeiten der Arbeitgeber, wie z.B.

Erschwerung des Exportes oder Überschwemmung des schweizerischen Marktes mit ausländischen Erzeugnissen, kann auf Wunsch des unterzeichneten Arbeitgeberverbandes auch vor Ablauf der Gültigkeitsdauer über eine Anpassung dieses Vertrages verhandelt werden.

IV. Friedenspflicht Die Friedenspflicht wird beiderseits absolut gewährleistet. Im Falle von Differenzen ist der in diesem Vertrage vorgesehene Weg zu deren Behebung zu beschreiten. Mit den Mitgliedern des Verbandes schweizerischer Herrenkonfektions-Industrieller sollen keine separaten Kollektivverträge abgeschlossen werden.

V. Verpflichtungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern

§1 Die ordentliche Arbeitszeit beträgt 46 Stunden in der Woche.

Werden von diesem Gesamtarbeitsvertrag nicht alle Fabrikationsabteilungen eines Betriebes erfasst und gilt für die nicht erfassten Abteilungen eine längere wöchentliche Arbeitszeit, so kann diese zur Anwendung gebracht werden. Die ordentliche Arbeitszeit darf jedoch in der Konfektionsabteilung in keinem Fall länger als 47 Stunden in der Woche dauern.

2 Der Samstag bleibt im allgemeinen frei. Wo es die Umstände erfordern, kann am Samstagvormittag gearbeitet werden, insbesondere zum Vor- und Nachholen ausfallender Arbeitszeit.

3 Überzeitarbeit ist möglichst zu vermeiden. Wo solche notwendig ist und eine im Einvernehmen mit der Mehrheit der beteiligten Arbeiterschaft eingeholte behördliche Bewilligung vorliegt, ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, die bewilligten Überstunden zu leisten.

4 Für die Verkürzung der Arbeitszeit von 48 auf 47 Stunden bzw.

von 47 auf 46 Stunden wird je Stunde ein Ausgleich von 2,2% des auf der Basis von 47 bzw. 46 Stunden berechneten Bruttolohnes gewährt.

Die Art und Weise der Durchführung dieses Ausgleiches bei Stundenlöhnen und bei Akkordlöhnen ist Sache des Arbeitgebers.

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Arbeitzeit

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§2 Die gegenseitige Kündigungsfrist beträgt während der Probezeit (14 Tage) einen Tag, nach Ablauf der Probezeit 14 Tage.

2 Die Kündigung kann, mit Ausnahme der Probezeit, nur auf Ende einer Woche erfolgen und muss schriftlich vorgenommen werden.

3 Die fristlose Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigen Gründen im Sinne von Artikel 352 des Obligationenrechts bleibt vorbehalten. Wo eine Betriebskommission besteht, soll dieselbe in der Regel vorgängig einer solchen Massnahme konsultiert werden.

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Kündigung

Lohn

.

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§3 Die Betriebe werden in die folgenden vier Kategorien eingeteilt:

Kat. I: Betriebe mit 50 oder weniger Arbeitnehmern in Ortschaften bis zu 10000 Einwohnern; Kat. II: a. Betriebe mit 50 oder weniger Arbeitnehmern in Ortschaften mit über 10000 bis 100000 Einwohnern; b. Betriebe mit 51 bis 150 Arbeitnehmern in Ortschaften bis zu 10000 Einwohnern; c. Betriebe mit mehr als 150 Arbeitnehmern in Ortschaften, die sich in Gebirgsgegenden im Sinne der Weisungen des Bundesrates vom 15. Juli11955 betreffend Vergebung von Bundesaufträgen befinden; Kat. III: a. Betriebe mit mehr als 50 Arbeitnehmern in Ortschaften mit über 10000 bis 100000 Einwohnern; b. Betriebe mit mehr als 150 Arbeitnehmern in Ortschaften mit höchstens 100000 Einwohnern, sofern sie nicht unter Kategorie II fallen; Kat. IV: Betriebe in Städten mit mehr als 100000 Einwohnern.

2 Es werden folgende Mindeststundenlöhne einschliesslich Teuerungszulage festgesetzt : K a. Männliche Arbeitskräfte »t.i Kat.

n Kat.

m Kat.iv £ r.

jj r.

Jj r.

jj r.

Zuschneider im Stundenlohn (Schablonenzuschneider) . . .

2.65 2.75 2.85 2.95 Ausschneider, Einrichter . . . 2.35 2.45 2.55 2.65 Schneider 2.45 2.55 2.65 2.75

383 Kat. I

Kat. II

Kat. Ili

Kat. IV

Abbügler Fr.

IT.

IT.

Fr.

aa. Großstücke 2.65 2.75 2.85 2.95 bb. Kleinstücke 2.35 2.45 2.55 2.65 Zwischenbügler 2.25 2.85 2.45 2.55 Hilfsarbeiter 2.25 2.35 2.45 2.55 b. Weibliche Arbeitskräfte Zuschneiderin im Stundenlohn.

1.85 1.90 1.95 2.-- , Ausschneiderin, Einrichterin. . 1.65 1.70 1.75 1.80 Maschinennäherin I (Grossstücke: Taschen, Kragen, Patten, Kantenstürzen, Kassur, Ärmeleinheften [sofern nicht.

vorgeheftet] ; Kleinstücke : Hosentaschennäherin, Maschinenknopflocherin) 1.75 1.80 1.85 1.90 Maschinennäherin II (alle übrigen Arbeiten) 1.60 1.65 1.70 1.75 Abbüglerin 1.85 1.90 1.95 2.-- Zwischenbüglerin . . . . . . 1.65 1.70 1.75 1.80 Handnäherin I (Kragen, Kanten, Kassur, Ärmeleinheften) 1.65 1.70 1.75 1.80 Handnäherin II (alle übrigen Arbeiten) 1.50 1.55 1.60 1.65 Hilfsarbeiterin 1.50 1.55 1.60 1.65 Fournituren und Werkzeuge sind vom Arbeitgeber zu stellen. Sie dürfen auf keinen Fall mit den obgenannten Mindestansätzen verrechnet werden.

c. S o n d e r r e g e l u n g e n . In der italienischsprachigen Schweiz dürfen in Betrieben mit weniger als 50 vom Fabrikgesetz erf assten Arbeitnehmern die Mindeststundenlöhne gemäss Kategorie I um 5 Rappen reduziert werden. Keine Reduktion erfahren die als absolute Minima geltenden Mindeststundenlöhne für die Zwischenbügler und Handnäherinnen II.

In Betrieben ausserhalb der italienischsprachigen Schweiz, die sich in Gebirgsgegenden im Sinne der Weisungen des Bundesrates vom 15. Juli 1955 betreffend Vergebung von Bundesaufträgen befinden und zudem mehr als 40 km von.der nächsten SBB-Station entfernt sind, dürfen die Mindeststundenlöhne für weibliche Arbeitskräfte um 5 Rappen reduziert werden.

Keine Reduktion erfahren die als absolute Minima geltenden Mindeststundenlöhne für Handnäherinnen II und Hilfsarbeiterinnen.

d. Wechsel in der Tätigkeit. Dauert ein betrieblich notwendiger und zumutbarer Wechsel in der zugeteilten Arbeit nicht mehr als 4 Wochen, so wird der Durchschnittslohn der bisherigen Tätigkeit garantiert, wenn er höher war als der Mindestlohn der neuen Tätigkeit. Nach 4 Wochen gilt der Lohn der neuen Tätigkeit.

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Akkord-Arbeitnehmern, welche mit Mustern beschäftigt werden, ist ein Stundenlohn entsprechend dem Akkord-Durchschnitt der letzten 4 Zahltagsperioden zu vergüten.

e. A n l e r n z e i t . Für die anzulernenden Arbeitnehmer gilt folgende Sonderregelung: als Anlernzeit gelten 5 Monate, wobei der Lohn für die ersten 2 Monate mindestens 80% und für die weiteren 3 Monate 90% der Mindestansätze beträgt. Wenn vor Ablauf der Anlernzeit die Leistungen der Arbeitnehmer dies rechtfertigen, soll ihnen Gelegenheit gegeben werden, zu normalen Akkordansätzen zu arbeiten bzw. auf den Mindeststundenverdienst zu kommen. Bei Arbeiten am Fliessband oder im Schiebebandsystem beträgt die Anlernzeit höchstens zwei Monate. Die vorgenannten Anlernzeiten fallen für gelernte Berufsarbeiter und -arbeiterinnen der Herren- und Knabenschneiderbranche mit Lehrabschluss /. Jugendliche und Lehrlinge. Die Mindestlöhne für jugendliche männliche Arbeitnehmer bis zum vollendeten 17.Lebensjahr betragen 80 Prozent und bis zum vollendeten 18.Lebensjahr 90 Prozent der unter Buchstaben a, d und e genannten Ansätze. Die Entschädigung der Jugendlichen darf jedoch nicht weniger als 70 Prozent der Mindestansätze betragen (Anlernzeit).

Die Mindestlöhne für jugendliche weibliche Arbeitnehmer bis zum vollendeten 17.Lebensjahr betragen 80 Prozent, bis zum vollendeten 18.Lebensjahr 85 Prozent und bis zum vollendeten 19.Lebensjahr 90 Prozent der unter Buchstaben b, d und e genannten Ansätze. Die Entschädigung der Jugendlichen darf jedoch nicht weniger als 70 Prozent der Minimalansätze betragen. Bisher bezahlte Löhne dürfen nicht reduziert werden.

Soweit Jugendliche im Akkord, am Fliessband oder im Schiebebandsystem arbeiten, gelten für sie die normalen Ansätze.

Nicht unter die Lohnvorschriften fallen die Lehrlinge, für die ein Lehrvertrag abgeschlossen worden ist.

.

' g. Minderleistungsfähige. Arbeitskräfte, die bei gleichwertigen Verhältnissen dauernd mindestens 20 Prozent Minderleistungen aufweisen, müssen nicht nach den Mindestansätzen entlöhnt werden. Es ist dies den betreffenden Arbeitnehmern schriftlich mitzuteilen.

h. A r b e i t n e h m e r im Monatslohn. Der Verdienst der im Monatslohn angestellten Arbeitnehmer hat, in Stundenlohn umgerechnet, mindestens den in Buchstaben a und b festgesetzten Lohnansätzen zu entsprechen, sofern dort
erwähnte Berufe ausgeübt werden.

i. Lohnzuschläge. Überzeitarbeit über die normale Arbeitszeit von 47 bzw. 46 Stunden hinaus, wird mit 25 Prozent Zuschlag zum Gesamtlohn vergütet.

385 Für Schichtarbeit (von 5 bis 22 Uhr) wird ein Zuschlag von 20 Eappen pro Stunde entrichtet.

Hilfsarbeiten im Sinne von Artikel 178 und 179 der Verordnung über den Vollzug des Fabrikgesetzes sind nicht zuschlagspflichtig.

/c.Akkord und Fliessar bei t. .Die Akkordansätze sind für männliche und weibliche Arbeitnehmer die gleichen. Sie sind vor Übernahme der Arbeit bekanntzugeben. Die Ansätze müssen so bemessen sein, dass bei angemessener Leistung ein entsprechender Mehrverdienst erreicht werden kann. Wenn innerhalb von zwei aufeinanderfolgenden Zahltagsperioden mit Akkordarbeit der garantierte Stundenlohn nicht erreicht wird, erfolgt Aufzahlung für beide Zahltagsperioden auf der Basis des Mindeststun denlohnes.

Für Arbeiten am Fliessband und im Schiebebandsystem wird ein Zuschlag von 10 Prozent auf dem Mindestlohn bewilligt.

Unter Fliessband und Schiebebandsystem sind Arbeitssysteme zu verstehen, bei denen das Tempo durch mechanische Einwirkung beeinflusst wird.

§4 1

Die Mindestlöhne gemäss § 8, Buchstaben a und b, werden für Dienstaitersvolleistungsfähige Arbeitnehmer nach 5 Dienstjahren in der gleichen . z agen Firma um 5 Kappen erhöht. Nach dem 10. Dienstjahr im gleichen Betrieb wird an Stelle der weiteren 5 Rappen Dienstalterszulage ein einmaliger Betrag von 200 Pranken als Treueprämie ausbezahlt, nach dem 15. und 20. Dienstjahr wiederum je 300 Franken, nach dem 25. Dienstjahr 500 Franken und nach dem 30. Dienstjahr 300 Franken.

2 Bei korrekter Auflösung des Dienstverhältnisses nach dem 10.

Dienstjahr wird dem Arbeitnehmer für jedes volle Dienstjahr der angebrochenen 5jährigen Dienstperiode eine Treueprämie von 40 Franken pro Jahr bezahlt.

3 Bereits eingeführte Dienstaltersgeschenke und -prämien können an die Treueprämie angerechnet werden.

4 Für die Berechnung der Dienstjahre sind die bei den Ferien massgebenden Bestimmungen anzuwenden. Dienstjahre vor dem erfüllten 18.Lebensjahr werden für die Berechnung nicht mitgezählt.

§5 Für jedes Kind von in den Betrieben beschäftigten Arbeitnehmern Kinderzulage wird bis zum zurückgelegten 16. Altersjahr eine Zulage von 16 Franken pro Kind und Monat ausbezahlt.

2 Wenn der Mann einer arbeitenden Frau voll erwerbsfähig ist, bekommt die Ehefrau keine Kinderzulage. Die Mütter unehelicher Kinder sowie geschiedene Frauen werden den Ehegatten gleichgestellt, sofern die Mutter in der Hauptsache allein für den Unterhalt der Kinder 'aufkommt.

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386 3

In Kantonen, in denen gesetzliche Vorschriften über die Ausrichtung von Kinderzulagen bestehen, findet der für den Arbeitnehmer günstigere Ansatz Anwendung.

Ferien

§6 Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf bezahlte Ferientage.

Es werden pro Kalenderjahr gewährt: im l. und 2. Dienstjahr im gleichen Betrieb 6 Werktage im 3. bis 5. Dienstjahr im gleichen Betrieb 9 Werktage im 6. bis 14. Dienstjahr im gleichen Betrieb 12 Werktage im 15. bis 19. Dienstjahr im gleichen Betrieb 15 Werktage im 20. und den folgenden Dienstjahren im gleichen Betrieb 18 Werktage 2 Betriebsferien sind spätestens vier Wochen zum voraus durch Anschlag in der Fabrik den Arbeitnehmern bekanntzugeben. Arbeitnehmer mit kürzeren Ferienansprüchen sollen auf Wunsch im Betriebe beschäftigt werden. Sie müssen diesen Wunsch jedoch spätestens 14 Tage vor Beginn der Ferien der Betriebsleitung anmelden. Solche Arbeitnehmer können für Eenovations-, Aufräumungs-, Eeinigungs-, Lager-, Muster- und ähnliche Arbeiten beschäftigt werden. Wer sich für solche Arbeiten nicht meldet oder sie ablehnt, hat keinen Anspruch auf eine weitere Entschädigung.

3 Jugendliche bis zum zurückgelegten 18. Altersjahrhaben Anspruch auf 12 Werktage bezahlte Ferien.

4 Als Stichtag gilt der erste Januar. Erfolgt der Eintritt während des Kalenderjahres, so hat der Arbeitnehmer im Eintrittsjahr Anspruch auf Ferienvergütung entsprechend der im Betriebe verbrachten Zeit.

5 In die Ferien fallende Feiertage gelten als Ferien. Immerhin bleibt der in diesem Vertrage zugesicherte Anspruch auf Entschädigung für 6 bezahlte Feiertage gewahrt.

6 Die Berechnung der Ferienvergütung erfolgt auf Grund des Durchschnitts-Stundenverdienstes während der letzten drei Monate. Die Entschädigung pro Ferientag wird wie folgt berechnet : Wochenlohn dividiert durch 6 oder 14-tägiger Zahltag dividiert durch 12.

7 Bei der Berechnung der Ferien sind frühere Dienstjahre beim gleichen Arbeitgeber zu berücksichtigen, sofern der Unterbruch nicht länger als 5 Jahre gedauert hat.

8 Die Festsetzung der Ferien erfolgt durch den Arbeitgeber. Sie werden in die Zwischensaison verlegt. Begründete Wünsche der Arbeitnehmer sollen berücksichtigt werden, sofern der Betrieb dies gestattet.

9 Eine Übertragung der Ferien von einem Jahr ins andere ist ohne Einverständnis des Arbeitgebers nicht zulässig. Für Nichtbenützung der Ferien wird keine Entschädigung gewährt.

l

387 10 Die Ferien dürfen nicht zu Arbeitsleistungen verwendet werden, welche die Erholung beeinträchtigen können. Arbeitnehmer, die während der Ferien Berufsarbeit zu Erwerbszwecken verrichten, gehen der Ferienvergütung verlustig.

11 Bei Auflösung des Dienstverhältnisses werden die Ferientage entsprechend der im Austrittsjahr im Betriebe verbrachten Zeit vergütet.

Sofern eine Entlassung aus wichtigen Gründen im Sinne von Artikel 352 des Obligationenrechts erfolgt oder das Dienstverhältnis vom Arbeitnehmer vor Ablauf der ersten 6 Dienstmonate aufgelöst wird, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Ferien. Zuviel bezogene Ferientage können bei der letzten Abrechnung in Abzug gebracht werden.

12 Absenzen wegen Krankheit oder Unfall von zusammen mehr als zwei Monaten sowie Militärdienst, soweit es sich nicht um obligatorische Wiederholungskurse oder die Eekrutenschule als Eekrut handelt, können an die Ferien angerechnet werden mit einem Zwölftel pro weiteren Monat Absenz. Für Wöchnerinnen werden Arbeitsunterbrechungen bis zu acht Wochen nicht als Absenz angerechnet.

13 Für Arbeitnehmer, welche dauernd nicht 80 Prozent der normalen Arbeitszeit erfüllen, können die Ferien entsprechend gekürzt werden.

Sonderregelung: Für den Kanton Tessin gilt an Stelle dieses Paragraphen das kantonale Arbeitsgesetz vom 11. Mai 1953, unter dem Vorbehalt jedoch der Gewährung von 18 Ferientagen vom 20. Dienstjahr an im gleichen Betrieb.

§7 Pro Jahr werden den Arbeitnehmern höchstens 6 auf einen Arbeitstag fallende Feiertage bezahlt, und zwar wird die bezügliche Entschädigung pro Tag in gleicher Weise berechnet wie für die Ferien.

2 Die Wahl der vergüteten Feiertage steht den Arbeitgebern frei.

Sie sollen den örtlichen Verhältnissen angepasst und den Arbeitnehmern zum voraus bekanntgegeben werden.

3 Die Vergütung der Feiertage erfolgt dann, wenn der Arbeitnehmer am Tage vor und nach dem bezahlten Feiertag nach Stundenplan gearbeitet hat (Sonntage, Feiertage und bewilligter Urlaub ausgenommen).

1

Feiertage

1

Bezahlte r au e

Bezahlte Urlaube werden zum Mindeststundenlohn-Ansatz und entsprechend der ausfallenden Arbeitszeit in folgenden Fällen gewährt : bei Todesfall des Gatten, eigener Kinder, der Eltern, Schwiegereltern und Geschwister, die in Hausgemeinschaft lebten 3 Tage bei .Todesfall der Eltern, Schwiegereltern oder Geschwister l Tag

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bei persönlicher Trauung 2 Tage bei Geburt eigener Kinder l Tag bei Eekrutierung und militärischer Inspektion % Tag gegebenenfalls l Tag 2 Die Vergütung der Urlaubstage erfolgt dann, wenn der Arbeitnehmer am Tage vor und nach dem bezahlten Urlaub nach Stundenplan gearbeitet hat (Sonntage, Feiertage und bewilligter Urlaub ausgenommen).

SoziaiVersicherungen

§9 i Die Mitgliedschaft bei einer Arbeitslosen-Versicherungskasse ist ,,.

. .

P, ...

. . ., , . , . , . , ° .., ,, für jeden versicherungsfahigen Arbeitnehmer obligatorisch. Dies gilt für Arbeitnehmer, die keinem vertragschliessenden Verband angehören nur insoweit, als sie die Möglichkeit haben, sich einer öffentlichen Kasse anzuschliessen.

2 Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmer gegen Betriebs- und Nichtbetriebsunfälle zu versichern. Die Prämien der Versicherung gegen Nichtbetriebsunfälle gehen zu Lasten der Arbeitnehmer.

3 Jeder definitiv angestellte, versicherungsfähige Arbeitnehmer ist verpflichtet, einer Krankengeldversicherung anzugehören. Die Wahl des Versicherungsträgers ist Sache der direkten Verständigung zwischen den einzelnen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

4 Die Krankengeldversicherung hat ein tägliches Krankengeld von Fr. 6.--für Jugendliche, Fr. 8.--für Frauen, Fr. 10. -- für ledige Männer und Fr. 12.-- für verheiratete Männer, ferner eine Genussrechtsdauer von 360 Tagen innerhalb von 540 aufeinanderfolgenden Tagen und bei Erkrankung an Tuberkulose von 1800 Tagen innerhalb von 7 aufeinanderfolgenden Jahren vorzusehen, wobei die Karenzzeit nicht länger als 3 Monate und die Wartefrist nicht länger als 2 Tage dauern dürfen.

6 An die Prämien der Krankengeldversicherung gemäss Absatz 4 leistet der Arbeitgeber 60 Prozent. Dadurch ist die ihm gemäss Artikel 385 des Obligationenrechts obliegende Lohnzahlungspflicht im Krankheitsfalle des Arbeitnehmers abgelöst. Soweit der Arbeitnehmer zufolge Krankheitsanlagen bei Versicherungseintritt von der Krankengeldversicherung ausgeschlossen wurde, gilt im Krankheitsfalle Artikel 335 des Obligationenrechts.

6 Die Beitragsleistung gemäss Absatz 5 kann entweder in der Weise geschehen, dàss der Arbeitgeber seinen Beitrag mit demjenigen des Arbeitnehmers direkt dem Versicherungsträger überweist, indem er dessen Anteil vom Lohn abzieht, oder in der Weise, dass der Prämienbeitrag

889 jeweilen mit dem Zahltag dem Arbeitnehmer ausgerichtet wird, sofern von diesem die entsprechende Prämienquittung vorgewiesen wird.

§10 Die in § 14 vorgesehene Paritätische Kommission oder die von ihr bestellten Organe können Kontrollen über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen in den einzelnen Betrieben vornehmen. Die Betriebsinhaber sind verpflichtet, den Kontrollorganen Einsicht zu geben in die in Betracht kommenden Unterlagen.

§11 Die Koalitionsfreiheit wird beidseitig gewährleistet. Einem Arbeitnehmer darf aus der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Gewerkschaft kein Nachteil erwachsen.

Kontrolle

Koalitionsrecht

§12 Im Bestreben, den im Interesse aller liegenden Arbeitsfrieden zu wahren, Friedenspaicnt verpflichten sich die unterzeichneten Vertragskontrahenten, Meinungsver- c schiedenheiten und allfällige Streitiglceiten nach Treu und Glauben gegenseitig abzuklären, nach den 'Bestimmungen dieses Vertrages zu erledigen zu suchen und für die ganze Dauer unbedingten Frieden zu wahren. Infolgedessen gelten jegliciie Massnahmen wie Sferre, Streik oder Aussperrung als ausgeschlossen. Dies auch bei allfälligen Streitigkeiten über Fragen des Arbeitsverhältnisses, die durch diesen Vertrag nicht berührt werden.

§13 Bei Meinungsverschiedenheiten über Fragen des Arbeitsverhältnisses soll, gleichgültig, ob der Vertrag eine Eegelung dafür vorsieht oder nicht, folgendes Verfahren beobachtet werden: 1. In erster Linie sind die Differenzen im Betriebe selbst zu behandeln und wenn möglich zu lösen. Wo eine Arbeiterkommission besteht, soll diese, wenn notwendig, beigezogen werden.

2. Falls keine gütliche Verständigung im Betriebe möglich ist, wird die Angelegenheit in der Regel den Verbandsinstanzen zur Abklärung und Schlichtung unterbreitet.

3. Kann durch diese Verhandlungen keine Einigung herbeigeführt werden, so wird die Frage der gemäss § 14 bestellten Paritätischen Kommission so rasch als möglich zur Schlichtung unterbreitet. Handelt es sich um eine Frage untergeordneter Bedeutung, so soll unverzüglich von den beiden Präsidenten unter Zuzug von Vertretern der Firma und des beteiligten Arbeitnehmerverbandes ein Beilegungsversuch unternommen werden.

Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. IÏ.

28

Differenzen

390 4. Misslingt dieser Beilegungsversuch, oder handelt es sich um eine grössere oder grundsätzliche Frage, so ist die Angelegenheit der gesamten Paritätischen Kommission zu unterbreiten. Die Paritätische Kommission muss innert drei Wochen nach Eingang eines entsprechenden Begehrens eingeladen werden.

5. Kommt in der Paritätischen Kommission kein Mehrheitsbeschluss zustande, so sind die Parteien berechtigt, ein gemäss § 15 zu konstituierendes Schiedsgericht anzurufen.

§14 Paritätische Kommission

1

Es wird eine Paritätische Kommission gebildet, bestehend aus gleichviel Vertretern der Gewerkschaften und des Verbandes Schweizerischer Herrenkonfektions-Industrieller.

2 Diese Paritätische Kommission versammelt sich sooft die Verhältnisse dies erfordern oder einer der vertragschliessenden Verbände dies verlangt.

3 Die Paritätische Kommission wird durch das Sekretariat des Verbandes schweizerischer Herrenkonfektions-Industrieller einberufen. In der j Einladung zu einer Sitzung sind die zu behandelnden Traktanden anzugeben.

Den Vorsitz -führt abwechslungsweise ein Vertreter der Gewerkschaften und ein Vertreter des Verbandes schweizerischer Herrenkonfektions-Industrieller.

4 Beschlüsse können nur mit einer Zweidrittelsmehrheit sämtlicher Mitglieder der Paritätischen Kommission gefasst werden.

§15

Schiedsgericht

* Das Schiedsgericht wird von Fall zu Fall in der Weise konstituiert, dass .jede der beteiligten Parteien je ein bis zwei Schiedsrichter bestellt und die beiden Schiedsrichter gemeinsam einen Obmann wählen.

2 Bestellt eine Partei auf schriftliche Aufforderung der andern ihren Schiedsrichter nicht innert 10 Tagen, oder können sich die Schiedsrichter nicht innert 10 Tagen auf die Person des Obmannes einigen, so sind die betreffenden Schiedsrichter bzw. der Obmann durch den Präsidenten des Schweizerischen Bundesgerichtes zu ernennen.

3 Dem Schiedsgericht darf keine Person angehören, die Organ der vertragschliessenden Verbände ist oder in einem am Konflikt beteiligten Betrieb arbeitet.

* Das Schiedsgericht tagt an dem vom Obmann bezeichneten Ort. Das Verfahren ist grundsätzlich mündlich. Es kann vom Obmann höchstens eine schriftliche Klagebegründung und Klagebeantwortung zugelassen werden.

Dafür ist den Parteien eine nicht erstreckbare Frist von höchstens 14 Tagen einzuräumen. Die erste mündliche Verhandlung des Schiedsgerichts muss innerhalb 4 Wochen nach Ernennung des Obmannes stattfinden.

391 5

Der Obmann bestimmt, welche kantonale Zivilprozessordnung auf die übrigen Verfahrensfragen anwendbar ist. Es ist ihm freigestellt, vor Einleitung des eigentlichen Verfahrens eine Verhandlung zur formlosen Abklärung und eventuellen gütlichen Erledigung der Angelegenheit einzuberufen. Diese Verhandlung findet ohne Mitwirkung der andern Schiedsrichter statt. In materieller Beziehung hat das Schiedsgericht schweizerisches Zivilrecht anzuwenden.

6 Bevor das Schiedsgericht seinen Entscheid fällt, soll es einen Versuch zur gütlichen Beilegung des Konfliktes unternehmen. Die Entscheidungen des Schiedsgerichts sind endgültig und können mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht angefochten werden.

7 Die vertragschliessenden Parteien kommen überein, während der Dauer der Einigungsverhandlungen und des Schiedsgerichtsverfahrens alles zu unterlassen, was zu einer Verschärfung des Konfliktes führen könnte.

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2

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35

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.08.1959

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378-391

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10 040 690

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