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Bundesblatt 11 I.Jahrgang

Bern, den 19. Februar 1959

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis 30 Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Rappen die Petitzelle oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über zusätzliche wirtschaftliche und finanzielle Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft (Vom 6. Februar 1959)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen über die vom I.November 1959 bis 31.Oktober 1964 in Aussicht genommenen zusätzlichen wirtschaftlichen und finanziellen Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft Bericht zu erstatten und gleichzeitig den Entwurf eines entsprechenden Bundesbeschlusses zu unterbreiten.

I. Einleitung A. Allgemeines Auf keinem Gebiet unserer Agrarpolitik waren im Verlaufe der letzten Jahrzehnte so zahlreiche, vielfältige und immer erneut sich wiederholende Eingriffe und Erlasse notwendig wie in der Milchwirtschaft. Dieser Umstand erklärt sich unter anderem aus der Bedeutung, die die Erzeugung und der Absatz von Milch und Milchprodukten im Rahmen der landwirtschaftlichen Gesamtproduktion einnehmen. Mit einem Anteil am Endrohertrag der schweizerischen Landwirtschaft von ca. 35% kommt der Milch in wirtschaftlicher Hinsicht ein mehr als doppelt so grosses Gewicht zu als etwa dem Erlös aus der Bindviehmast oder Schweinehaltung. Der Endrohertrag aus Milch ist auch bedeutend grösser als derjenige des gesamten Pflanzenbaues (Getreide, Kartoffeln, Zuckerrüben, Gemüse, Obst- und Weinbau, übriger Pflanzenbau).

Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. I.

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262 Endrohertrag der schweizerischen Landwirtschaft Kalenderjahr

1936/40 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957

Total Mio Fr.

1299 2325 2389 · 2404 2532 2596 2526 2694

Anteil Pflanzenbau %

Anteil Tierhaltung %

24,21 26,19 26,44 25,20 .25,93 25,07 22,11 22,84

75,79 73,81 73,56 74,80 74,07 74,93 77,89 77,16

Vom Endrohertrag fallen auf Milch: Mio Fr.

%

461 811 815 863 884 891 927 954

35,33 34,90 34,12 35,92 34,91 34,32 36,71 35,43

Die weitgehende staatliche Einflussnahme auf diesen Produktionszweig unserer Landwirtschaft ist, abgesehen von Massnahmen zur Qualitätsförderung und Produktionslenkung, unter anderem dadurch bedingt, dass die Entwicklung auf dem internationalen Milchmarkt, direkt und indirekt, immer wieder Kückwirkungen auf den Absatz der in der Schweiz erzeugten Milch und der Milchprodukte ausübte.

Ausführliche Darlegungen über die früher erfolgten staatlichen Interventionen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft finden sich in der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 19. Januar 1951 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Förderung der Landwirtschaft und die Erhaltung des Bauernstandes, sodann in der Botschaft des Bundesrates vom 13-Eebruar 1953 zum Entwurf eines Beschlusses der Bundesversammlung über Milch, Milchprodukte und Speisefette (Milch-Beschluss). Es kann.daher an dieser Stelle auf eine Rekapitulation verzichtet werden.

B. Massnahmen des Landwirtschaîtsgesetzes im Bereiche der Milchwirtschaft

Die Bestimmungen über die Milchwirtschaft konnten im Landwirtschaftsgesetz vom 3.Oktober 1951 nicht in allen Einzelheiten aufgenommen werden, ohne dessen Umfang ungebührlich zu erweitern ; man beschränkte sich vielmehr darauf, in den Artikeln 24, 26 und 59 des Gesetzes nur die in der zukünftigen Milchordnung zu beobachtenden allgemeinen Grundsätze zu nennen. Der Erlass der Ausführungsbestimmungen blieb der Bundesversammlung vorbehalten ; diese verabschiedete den Beschluss über Milch, Milchprodukte und Speisefette (Milchbeschluss) am 29. September 1953 und regelte darin die Verhältnisse auf dem Gebiete der Qualitätsförderung, des Milchpreises, der Ablieferung und Erfassung der in Verkehr gebrachten Milch, der Konsummilchversorgung und Milchverarbeitung, der Käsemarktordnung (Neufassung vom 27. Juni 1957),' der Verwertung der Inlandbutter und der zentralen Buttereinfuhr, des zweckmässigen und kostensparenden Konsununilchvertriebes sowie der Abgaben.

Es kann nicht Aufgabe dieser Botschaft sein, sich mit den erwähnten Sachgebieten erneut eingehend zu befassen. Hingegen soll im Zusammenhang mit

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den heute besonders aktuellen Problemen auf einzelne Fragen näher eingetreten werden..

Was nun'insbesondere die Senkung der Preise von einheimischen Milchprodukten zwecks Förderung ihres Absatzes im In- und Ausland anbetrifft, so stehen gemäss der Konzeption von Artikel 26 Landwirtschaftsgesetz bzw.

Artikel 26 Milchbeschluss, gewisse allerdings zum Teil begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung. Es handelt sich dabei um die Abgaben auf Konsummilch und Konsumrahrn, sodann um diejenigen auf importierter Butter, Magermilchpulver, Speiseölen und Speisefetten. Was die zwei .erstgenannten Abgaben anbetrifft, ergibt sich insofern eine Komplikation, als diese - in Abweichung von Artikel 26 Landwirtschaftsgesetz - gemäss Artikel 11, Absatz 3 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1956 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle zur Finanzierung der Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte dienen. Gemäss Artikel 19 dieses Beschlusses können jedoch die in die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte abgezweigten Erträgnisse der genannten Abgaben sowie ausserdem des Zollzuschlages auf Butter durch Mittel aus Preiszuschlägen auf Futtermitteln und, wenn diese nicht ausreichen, aus allgemeinen Bundesmitteln ersetzt werden, wenn die in Artikel 26 Landwirtschaftsgesetz vorgesehenen Massnahmen sonst eine Einschränkung erfahren müssten.

Für die Förderung der Ausfuhr von Erzeugnissen der Milchwirtschaft kann zudem Artikel 24 Landwirtschaftsgesetz als Rechtsbasis herangezogen werden, wobei solche Beiträge vorab aus dem Ertrag der nach dem Landwirtschaftsgesetz erhobenen Zuschläge und Abgaben, insbesondere der Preiszuschläge auf Futtermitteln, zu entnehmen sind.

C. Der Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1957 über die befristete zusätzliche Finanzierung des Absatzes von Milchprodukten

Am 25.Oktober 1957 erhöhte der Bundesrat den Milchgrundpreis für die Zeit vom I.November 1957 bis 31.Oktober 1958 um 2 Eappen je kg/l und setzte ihn neu auf 43 Bappen je kg/l fest. Diese gestützt auf die einschlägigen Bestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes, des Milchbeschlusses und der Allgemeinen Landwirtschaftsverordnung vorgenommene Preisverbesserung gründete sich auf die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der schweizerischen Landwirtschaft in jenem Zeitpunkt. Aus Absatzgründen musste damals darauf verzichtet werden, die Milchpreiserhöhung auf die Preise von Käse, Butter und Dauermilchwaren zu überwälzen. Die Folge dieses Vorgehens war jedoch, dass die gemäss Artikel 26 Landwirtschaftsgesetz, in Verbindung mit Artikel 19 des Preiskontrollbeschlusses, für die Verbilligung der Milchprodukte zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausgereicht hätten, um den kostenmässig begründeten Milchgrundpreis zu decken. Der Bundesrat ersuchte daher die Bundesversammlung in seiner Botschaft vom 15. November 1957 um die Ermächtigung zum Einsatz zusätzlicher Mittel für die Finanzierung des Absatzes von Milchproduk-

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ten im Inland vom I.November 1957 bis 31.Oktober 1958. Es war überdies notwendig, zur Finanzierung des Exportes namhafte Mittel gemäss Artikel 24 Landwirtschaftsgesetz einzusetzen. Die eidgenössischen Eäte stimmten dem Antrag des Bundesrates am 20. Dezember 1957 zu. Die Eeferendumsfrist für den betreffenden Bundesbeschluss lief am 26.März 1958 unbenutzt ab.

Bereits in der Botschaft vom 15.November 1957 gab sich der Bundesrat auch über die Situation der Milchproduktenverwertung nach dem l. November 1958 Eechenschaft. Er kam dabei zum Schluss, dass trotz der Anstrengungen der Landwirtschaft zur Steigerung der Produktivität und zur Senkung der Produktionskosten nicht mit einer so weitgehenden und raschen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage gerechnet werden könne, dass spezielle Vorbereitungen zur Milchpreissicherung ab I.November 1958 überflüssig würden. Aus diesem Grunde wurde eine grundsätzliche Überprüfung und Erweiterung der Eechtsgrundlagen zur Stützung des Milchpreises ab I.November 1958 in Aussicht gestellt.

Die Absicht des Bundesrates, wenn möglich für die März-Session 1958 eine umfassende Berichterstattung und entsprechende Vorlage vorzubereiten, liess sich in Anbetracht der komplexen Materie und der mannigfachen rechtlichen Probleme nicht verwirklichen. Die Bereitstellung einer befristeten Übergangslösung, auf die im nachfolgenden Kapitel kurz eingetreten werden soll, liess sich daher nicht vermeiden.

Der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass die stark angestiegenen Milcheinlieferungen während der Wintermonate 1957/58 den Bundesrat im Frühjahr 1958, unabhängig vom Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1957, zu konkreten produktionslenkenden Massnahmen veranlasst hatten. In diesem Sinne wurden Ende März 1958 die Anbauprämien für inländisches Futtergetreide sowie die Preiszuschläge auf importierten Futtermitteln erhöht, nicht zuletzt auch um durch eine Stimulierung des inländischen Ackerbaues und eine Belastung der zugekauften ausländischen Futtermittel den Milchsektor indirekt etwas zu entlasten. Zur Verminderung der Einfuhren wird sodann seit I.Mai 1958 ein Preiszuschlag auf dem Magermilchpulver erhoben. Ferner wurde für die Zeit vom I.Mai bis 31.Oktober 1958 ein bedingter Eückbehalt am Milchgrundpreis angeordnet, womit eine vermehrte Anpassung der Milchproduktion und der Milcheinlieferungen
an die Absatzmöglichkeiten erreicht werden sollte. Die Sommerproduktion 1958 ist in der Folge unter der für den Verfall des Eückbehaltes festgelegten Grenze geblieben, so dass dieser an die Milchproduzenten zurückzuerstatten war.

D. Dei Bundesbeschluss vom 13. Juni 1958 über die befristete Wetterführung der zusätzlichen Finanzierung des Absatzes von Milchprodukten

In der Botschaft vom 16.Mai 1958 wurde ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen für die Zeit vom I.November 1958 bis 31.Oktober 1959 eine Übergangslösung notwendig wurde; es erübrigt sich, darauf zurückzukommen.

265 Im Gegensatz zum Finanzierungsbeschluss vom 20. Dezember 1957, gemäss welchem der nicht durch bestehende Eechtsgrundlagen gedeckte Betrag der Aufwendungen für den Absatz von Milchprodukten im Inland vorab aus den Erträgnissen von Preiszuschlägen oder dann aus allgemeinen Bundesmitteln zu begleichen war, nimmt die gegenwärtige Übergangslösung ein anderes Vorgehen in Aussicht. Für die zusätzliche Finanzierung des Absatzes im Inland sollen zunächst - bis zum Betrage von 10 Millionen Franken - allgemeine Bundesmittel eingesetzt werden; der dann noch verbleibende, ungedeckte Betrag ist je zur Hälfte vom Bund und von den Milchproduzenten zu bezahlen. Überdies werden wiederum finanzielle Mittel gemäss Artikel 24 Landwirtschaftsgesetz für die Exportförderung eingesetzt.

Die in einer Heranziehung der Produzenten zur Deckung der Verwertungsverluste bestehende Modifikation gegenüber dem ersten Finanzierungsbesehluss ist in ausschlaggebender Weise auf die im Winter 1957/58 stark angestiegenen Milcheinlieferungen und die damit verbundenen Verwertungsschwierigkeiten und -kosten zurückzuführen.

II. Vorarbeiten für die Regelung nach dem 1. November 1959 A. Der Vorentwurf des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Der Bundesrat hatte dem Parlament in den Botschaften vom 15. November 1957 und 16.Mai 1958 eine grundsätzliche Überprüfung der railchwirtschaftlichen Probleme .und eine Berichterstattung umfassender Art sowie die Erweiterung der Eechtsgrundlagen zur Stützung des Milchpreises in Aussicht gestellt. Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement hat diese Arbeiten so gefördert, dass den Kantonen und den wirtschaftlichen Landesorganisationen am 8. Oktober 1958 ein Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die zusätzliche Finanzierung des Absatzes von Milchprodukten vom I.November 1959 bis 31. Oktober 1964 zur Stellungsnahme übergeben werden konnte. Zur Erläuterung wurde ein umfassender Bericht der Abteilung für Landwirtschaft über Massnahmen auf dem Milchsektor und die zusätzliche Finanzierung des Absatzes von Milchprodukten vom I.November 1959 bis 31.Oktober 1964 beigelegt. Nachfolgend wird vom Inhalt dieser Unterlagen kurz Kenntnis gegeben.

1. Der Entwurf zu einem Bunäesbescliluss In Anlehnung an die Finanzierungsbeschlüsse vom 20. Dezember 1957 und vom 13. Juni 1958 sollte der Bundesrat durch
einen neuen Bundesbeschluss ermächtigt werden, zur Förderung des Absatzes einheimischer Milchprodukte im Inland zusätzliche Beiträge zu gewähren. Der Beschlussesentwurf sah vor, den zu diesem Zweck zusätzlich erforderlichen Betrag bis zur Höhe von 10 Millionen Franken ausschliesslich aus allgemeinen Bundesmitteln zu decken ; damit wurde zunächst das gleiche Vorgehen eingeschlagen, wie es für die jetzt bestehende

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Ubergangslösung festgelegt ist. Bei einem weitergehenden Finanzbedarf sah der Entwurf vor, die notwendigen Mittel einerseits durch den Bund und andererseits - im Sinne einer produktionslenkenden Massnahme - von den Verkehrsmilchproduzenten in einem bestimmten Verhältnis aufbringen zu lassen, ausgehend von Anteilen von je 50 Prozent bei den ersten 20 Millionen Franken.

Hernach wäre der Anteil des Bundes bei je 20 Millionen Franken grösseren Verlusten stufenweise um 10 Prozent zurückgegangen und hätte unter Umständen für einen [Restbetrag nur noch 20 Prozent betragen. Die Verlustbeteiligung der Verkehrsmilchproduzenten wäre in umgekehrtem Sinne stufenweise bis zu maximal 80 Prozent angestiegen. Hinsichtlich der Finanzierung des Exportes von Milchprodukten war eine 20prozentige Beteiligung der Produzenten am Aufwand für den Käseabsatz vorgesehen. Nach dem Beschlussesentwurf sollte der Anteil der Produzenten durch einen einheitlichen Abzug vom Milchgrundpreis aufgebracht werden, zu dessen Sicherstellung der Bundesrat befugt gewesen wäre, am Grundpreis einen Eückbehalt von bis zu 4 Rappen je kg/l anzuordnen. Im übrigen war die Erhebung einer speziellen Werbeabgabe von 0,1 Bappen je kg/l eingelieferte Verkehrsmilch vorgesehen. Die Vorlage sollte auf fünf Jahre befristet werden.

2. Der Bericht der Abteilung für Landwirtschaft Da sich der Entwurf zu einem Bundesbeschluss fast ausschliesslich auf die zusätzliche Finanzierung bezog, kam dem Bericht neben der Kommentierung des Beschlusses vor allem die Aufgabe zu, über diejenigen Massnahmen zu orientieren, welche bereits auf Grund der bestehenden Gesetzgebung getroffen worden sind oder getroffen werden können, um die Lage im Gebiete der Milchwirtschaft zu verbessern. Aufgabe des Berichtes war es mithin, zu zeigen, dass eine Lösung der hängigen Probleme nicht nur über den vermehrten Einsatz finanzieller Mittel gesucht wird. Demzufolge wurde den Betrachtungen hinsichtlich der Massnahmen zur Förderung des Absatzes von Milch und Milchprodukten besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Der Bericht befasste sich weiterhin eingehend mit den handelspolitischen Fragen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft. Umfassende Darlegungen erfolgten zur Frage der Milchpreisdifferenzierung, welche aus verschiedenen Gründen nicht zur Einführung empfohlen werden konnte.

Schliesslich
äusserte sich der Bericht zum Problem der Produktionslenkung in der Landwirtschaft. Bei der Beurteilung des Beschlussesentwurfes waren somit auch die Ausführungen im Bericht der Abteilung für Landwirtschaft zu würdigen.

B. Die Stellungnahmen der Kantone und Wiitschaîtsverbande 1. Stellungnahme der Kantone In ihren Stellungsnahmen heben fast alle Kantone die Notwendigkeit hervor, für die zusätzliche Finanzierung des Absatzes von Milchprodukten ab

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I.November 1959 weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Bezüglich des Vorgehens im einzelnen weichen die Ansichten vielfach voneinander ab.

Einige Gebirgskantone sowie vorwiegend landwirtschaftlich orientierte Kantone beantragen hinsichtlich der Verlustbeteiligung den Vorwegbetrag des Bundes von 10 auf 20 Millionen Franken und die nachfolgenden Progressionsstufen von 20 auf 30 Millionen Franken zu erhöhen, während ein Kanton .eine erhebliche Kürzung des Vorwegbetrages wünscht. Fast durchwegs wird die Ansicht vertreten, dass die Anordnung eines einheitlichen Eückbehaltes für die ganze Schweiz, insbesondere auch für das Berggebiet und die Kleinbauernbetriebe ungerecht sei. Verschiedene Kantone halten einen Eückbehalt von bis zu 4 Eappen je kg/l eingelieferte Milch entweder als unnötig, resp. übersetzt, oder dann als für die Landwirtschaft untragbar und mit Artikel 29 des Landwirtschaftsgesetzes unvereinbar. Aus diesen Gründen wird vorgeschlagen, den Eückbehalt auf maximal 2-3 Eappen je kg/l zu beschränken, oder das Berggebiet vom Eückbehalt ganz oder teilweise auszunehmen, was praktisch einer Preisdifferenzierung gleichkommt. Eine eigentliche Preisdifferenzierung zwischen kleinen und grossen Milchlieferanten wird von einem Kanton als wünschbar bezeichnet. Während sich viele Kantone zur Höhe der Beteiligung der Produzenten an den Exportverlusten nicht speziell äussern, sieht ein Kanton den Beteiligungssatz von 20 Prozent als Minimum an, während verschiedene Kantone mit stark landwirtschaftlichem Charakter den Anteil der Produzenten auf 10 Prozent festsetzen wollen. Als Begründung für eine allgemein schwächere Belastung der Produzenten werden verschiedentlich die Verhältnisse im Gebiet des Importes von Milchprodukten genannt ; solange gegen die steigenden Importe von Seite des Bundes nicht genügende Massnahmen vorgekehrt würden, lasse sich eine wesentliche Heranziehung der Landwirtschaft für die Verlustdeckung keineswegs rechtfertigen. Die Ungewissheit der Entwicklung in der Milchwirtschaft veranlasst zwei Kantone zur Antragstellung, im Bundesbeschluss sei nur eine Gültigkeitsdauer von drei Jahren vorzusehen. Im Sinne eines Zusatzantrages verlangt sodann ein Kanton ausdrücklich auch den Einbezug der Konsummilch in Verwertungsaktionen, soweit solche für Milchprodukte notwendig werden sollten. Demgegenüber
wird in einer andern Stellungnahme die Ansicht vertreten, dass die Bevölkerung die Nahrungsmittel grundsätzlich ohne Zuschüsse des Staates zum vollen Preis bezahlen soll ; dass trotz der Verlustbeteiligung der Produzenten auf Jahre hinaus Bundesmittel notwendig werden, vermöge nicht zu befriedigen.

2. Stellungnahme der Wirtschaftsverbände Naturgemäss vermitteln diese Stellungnahmen kein einheitliches Bild. Es darf indessen festgehalten werden, dass die Schwierigkeiten der Landwirtschaft in den Antworten eine wohlwollende Beurteilung gefunden haben.

Im allgemeinen besteht Einigkeit darüber, dass in der gegenwärtigen Lage etwas vorzukehren ist, doch gehen die Ansichten über die zu treffenden Mass-

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nahmen, über die Wirksamkeit der vorgesehenen Massnahmen und die Höhe der finanziellen Beteiligung des Bundes resp. der Produzenten stark auseinander.

Während einzelne Kreise die Höhe der maximal möglichen zusätzlichen Bundesausgaben auf einen festen Betrag limitieren möchten, befürworten die Stellungnahmen aus der Landwirtschaft ein Vorgehen, welches die Verlustbeteiligung seitens der Produzenten gegenüber dem Beschlussesentwurf, namentlich wenn gegen die Importe nichts vorgekehrt wird, reduzieren würde. Die vorgesehene Anordnung eines namhaften Kückbehaltes wird in den meisten Fällen begrüsst; hingegen wird oftmals bezweifelt, ob sich der erhoffte Erfolg in Bezug auf die Produktionslenkung wirklich ' einstelle.

Mehrere Spitzenverbände verlangen, dass der Bund vorab nicht allein einen Beitrag an die Verluste ausrichten soll, sondern dass die Produzenten von Anbeginn an allen Verlusten zu partizipieren haben. Demgegenüber fordert der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten eine Erhöhung des Vorwegbetrages des Bundes von 10 auf 20 Millionen Franken für den Fall, dass die Importfrage für Milchprodukte nicht befriedigend gelöst werde. Hinsichtlich der progressiven Beteiligung der Produktion an den Verwertungskosten werden sowohl verschärfende wie auch mildernde Vorschläge gemacht. Mit den gleichen Argumenten, wie sie von den Kantonen genannt werden, wird von einer grösseren Anzahl der befragten Organisationen die Erhebung eines einheitlichen Eückbehaltes bei allen Betrieben ausdrücklich abgelehnt und in einem Fall eine eigentliche Preisdifferenzierung befürwortet. Innerhalb der Landwirtschaft sind die Stellungnahmen zu dieser Frage nicht einheitlich. Fast allgemein wird eine separate Behandlung der Klein-, auf jeden Fall aber der Bergbauernbetriebe verlangt und damit dem Gedanken der Preisdifferenzierung Eechnung getragen.

Die Höhe des Eückbehaltes wird von den Organisationen, die sich mit dieser Detailfrage befasst haben, entweder als übersetzt oder andererseits als zu gering bezeichnet.

Entgegen dem Vorschlag des Entwurfes, wonach die Beteiligung der Produzenten an den Exportverlusten bis zu 20 Prozent betragen könnte, verlangen die landwirtschaftlichen Organisationen, dass die Beteiligung nicht mehr als 10 Prozent ausmachen dürfe. Zwei Verbände befürworten eine Erhöhung des Anteils der
Landwirtschaft auf über 20 Prozent, zwei Spitzenorganisationen stellen den noch weiterreichenden Antrag, die Verlustbeteiligung am Exportgeschäft sei nicht separat zu regeln, sondern zusammen mit den Verlusten im Inland als Ganzes zu behandeln.

Verschiedene Stellungnahmen äussern sich zur Frage der Eahmimporte und fordern deren Unterstellung unter die BUTYEA-Ordnung, d.h. ein gleiches Vorgehen wie beim Import von Butter. Von bäuerlicher Seite wird sodann gewünscht, dass im Bundesbeschluss die Möglichkeit zur Unterstützung der berufsmässigen Kälbermäster sowie der Betriebe mit weitgehender Selbstversorgung mit Milchprodukten geschaffen werde. Zwei Verbände stellen das Begehren, dass der Bund im Falle der Unterstützung von Aktionen zur Absatzförderung von Milchprodukten neu auch begrenzte Verbilligungsaktionen für

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die-Konsummilch durchführen sollte; demgegenüber lehnen verschiedene Organisationen eine Konsummilchverbilligung ausdrücklich ab.

Aus den> Stellungnahmen der nicht landwirtschaftlichen Organisationen kann entnommen werden, dass die Anwendung des Landwirtschaftsgesetzes in seiner Gesamtheit, d.h. nicht nur mit Bezug auf produktionskostendeckende Preise, sondern auch hinsichtlich der Anpassung der Produktion an die Absatzverhältnisse gefordert wird. Die Tragweite der neuen Vorlage dürfe nicht unterschätzt werden; praktisch handle es sich beim neuen Bundesbeschluss um eine Abänderung von sehr wichtigen Bestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes.

Die Bedeutung des Iniportes von milchwirtschaftlichen Erzeugnissen werde von der Landwirtschaft übertrieben; die meisten Stellungnahmen sprechen sich gegen Importbeschränkungen oder -erschwerungen aus und sehen die Hauptursache der momentanen Schwierigkeiten in der hohen inländischen Milchproduktion. Verschiedene Organisationen sehen im geplanten Vorgehen eine letzte Gelegenheit zur Produktionslenkung, an deren Stelle im Falle des Misslingens eine Futtermittel- oder Milchablieferungskontingentierung treten müsse.

Allgemein wird die Vorlage nur als Übergangslösung betrachtet.

Demgegenüber weisen die landwirtschaftlichen Spitzenorganisationen auf die Problematik hin, welche zwischen den Auswirkungen des neuen Bundesbeschlusses einerseits und Artikel 29 des Landwirtschaftsgesetzes andererseits geschaffen werde ; bei der heutigen Einkommenslage der Landwirtschaft bedeute die Verlustbeteiligung einen Widerspruch zur Zielsetzung des Landwirtschaftsgesetzes, wonach unter bestimmten Voraussetzungen kostendeckende Preise erreicht werden sollten. Die Produktivitätssteigerung lasse sich in vielen Betrieben nur auf dem Wege der Leistungs- und Produktionssteigerung verwirklichen; die Situation sei deshalb schwierig, wenn die Produktion gedrosselt werden müsse.

III. Massnahmen ab 1. November 1959 Wie den Ausführungen über die Vorarbeiten zu einer neuen Vorlage zu entnehmen war, ist grundsätzlich der Einsatz weiterer Bundesmittel zur Stützung des Milchpreises vorgesehen; die Produzenten werden selbst einen wesentlichen Anteil an den entstehenden Verlusten zu tragen haben. Bevor nun aber auf die Regelung der finanziellen Belange eingetreten wird, soll Auskunft erteilt
werden, ob und in welchem Ausmass wirtschaftliche (z.B. handels- oder preispolitische), organisatorische und technische Massnahmen eine Verbesserung der Gesamtlage auf dem milchwirtschaftlichen Gebiet herbeizuführen vermögen. Dabei werden auch die Anregungen einer vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement eingesetzten Arbeitsgruppe, welche in Zusammenarbeit mit den Behörden Vorschläge für eine künftige Regelung der Preis- und Absatzgestaltung bei Milch und Milchprodukten sowie für die Finanzierung auszuarbeiten hatte, mitberücksichtigt. Desgleichen wird auf die Vorschläge des ebenfalls vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement eingesetzten Arbeitsausschusses für Fragen der

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Kostensenkung und der Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft Bezug genommen, soweit dieselben mit den Problemen der Milchproduktion und -verwertung in Zusammenhang stehen.

' A. Massnahmen zur Förderung des Absatzes von Milch und Milchprodukten im Inland In den letzten Jahren wurden um 85 Prozent der eingelieferten Verkehrsmilch im Inland verwertet und ca. 15 Prozent als Käse und Milchkonserven exportiert. Daraus ist die Bedeutung des inländischen Marktes für die Verwertung der Milchproduktion deutlich ersichtlich. Es ist daher gegeben, zunächst den Massnahmen zur Förderung des Absatzes von Milch und Milchprodukten im Inland grosse Aufmerksamkeit zu schenken.

1. Qualitätsförderung

Für einen möglichst grossen Absatz von Milch und Milcherzeugnissen kommt der Förderung und Hochhaltung ihrer Qualität entscheidende Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang darf erwähnt werden, dass durch den Bundesbeschluss vom S.Juni 1957 über die Errichtung eines Erweiterungsgebäudes für die Eidgenössische Milchwirtschaftliche Versuchsanstalt Liebefeld-Bern neue Möglichkeiten zur Intensivierung des milchwirtschaftlichen Forschungs- und Beratungswesens geschaffen wurden.

a. Eechtliche Erlasse zur Q u a l i t ä t s f ö r d e r u n g Zunächst sei auf die Vorschriften über Milch und Milcherzeugnisse in der Schweizerischen Lebensmittelverordnung (Art. 39-98) hingewiesen. Sodann wurde der Qualitätsförderung beim Erlass des Milchbeschlusses vom 29. September 1953 ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt, wobei insbesondere auf die Bestimmungen des Milchlieferungsregulatives vom 29.Dezember 1954 verwiesen sei. Nach Inkrafttreten des Milchbeschlusses haben die Käserei- und Stallinspektionen mit Erlass der Verordnung vom 29. Dezember 1954 über den milchwirtschaftlichen Kontroll- und Beratungsdienst eine Intensivierung erfahren. Erwähnt sei sodann der Bundesratsbeschluss vom 26.April 1955 betreffend die abgestufte Bezahlung der Milch nach Qualität in Sammelstellen für Konsummilch und ferner der Bundesratsbeschluss vom 27.April 1956 betreffend die abgestufte Bezahlung der selbst ausgemessenen Konsummilch nach Qualität.

Durch den Bundesratsbeschluss vom 29. April 1958 betreffend neue gesundheitliche Merkmale für die abgestufte Bezahlung der Milch nach Qualität ist ein weiterer Schritt zur Qualitätsverbesserung getan worden. Für Milch, die aus einem von Eindertuberkulose noch nicht gesäuberten Viehbestand in eine Sammelstelle für Konsummilch oder direkt an Verbraucher geliefert wird, ist ab I.Mai 1958 ein besonderer Abzug von 2 Eappen je kg/l am Milchpreis vor-

271 zunehmen. Zum Stand der Tuberkulosebekämpfung ist zu sagen, dass anfangs dieses Jahres 98,6 Prozent aller Viehbestände als tuberkulosefrei gemeldet werden konnten; in 23 Kantonen und Halbkantonen ist die Eindertuberkulose gänzlich getilgt, und in den restlichen 2 Kantonen wird dies im laufenden Jahr der Fall sein. Daneben macht die Tilgung des Einderabortus Bang Fortschritte.

Ab I.Mai 1958 findet die abgestufte Bezahlung auf Grund der negativen Bangreaktion der Konsummilch bereits in sieben Kantonen sowie in Teilgebieten von zwei weitern Kantonen Anwendung, und ab I.Mai 1960 wird dieses Vorgehen für die gesamte Verkehrsmilch gelten.

b. Q u a l i t ä t s f ö r d e r u n g bei der Milch Nach der vor dem Abschluss stehenden gesundheitlichen Sanierung der Viehbestände, der nun überall eingeführten Qualitätsbezahlung der Konsummilch, den technischen Fortschritten in der Milchsammlung und Milchverteilung kann von einem qualitativen oder hygienischen Rückstand der Schweizer Milch wohl nicht mehr die Bede sein. Dessen ungeachtet sind alle Massnahmen zur weitern Hebung der Qualität und damit zur Absatzförderung zu ergreifen. Trotz dem heutigen · Qualitätsstand wird etwa der Euf nach genereller Pasteurisierung der offen ausgemessenen Milch erhoben. Diese verteuernde Behandlung ist aber bei unserem Milchversorgungssystem vom Standpunkt der Haltbarmachung der Konsummilch aus selbst in den grösseren Städten nicht unerlässlich. Bei offenem Ausschank von pasteurisierter Milch könnte diese wegen der Gefahr von Reinfektionen im übrigen doch nicht als trinkfertige Milch bezeichnet werden.

Unter den gegebenen Verhältnissen dürfte eine solche Umstellung vermutlich auch keine allgemeine Verbrauchsförderung bewirken.

Eine weit spürbarere Verteuerung der Trinkmilch würde durch die allgemeine Umstellung auf pasteurisierte Milch in geschlossenen Packungen aus Glas, Papier oder Kunststoffen entstehen. Soweit Milch in dieser Form verlangt wird, steht sie in allen Städten und grösseren Ortschaften zur Verfügung. In den letzten Jahren machte aber ihr Anteil nur 4-5 Prozent des gesamten Konsummilchverbrauches aus. Wenn der gegenüber der offenen, unpasteurisiërten Milch um ca. 15 Eappen pro Liter höhere Preis namentlich auch im Vergleich zu andern europäischen Ländern auffällt, so ist zu berücksichtigen, dass in der
Schweiz die Standardisierung, d.h. die teilweise Entrahmung der Konsummilch auf einen niedrigeren Fettgehalt, nicht gestattet ist; deshalb wird auch die Deckung der Pasteurisierungskosten durch den Verkauf der aus der Standardisierung gewonnenen Butter nicht möglich.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Bestrebungen ganz allgemein darauf auszurichten sind, einmal eine weitere Verbesserung des Kundendienstes und der angestammten Verbrauchsformen offener sowie eventuell neu von abgefüllter Eohmilch zu erreichen. Parallel dazu ist selbstverständlich der Vertrieb pasteurisierter, trinkfertiger Milch in geschlossenen Kleinpackungen sowohl im Haushalt wie namentlich im Gastgewerbe, bei Sportanlässen, in

272 Büros, Fabriken, auf Bauplätzen, in Militärkantinen sowie im Truppenhaushalt zu fördern. Eine vermehrte Beachtung verdient insbesondere die Abgabe von Schulmilch. Dabei ist zu anerkennen, dass heute schon vielerorts erfreuliche Absatzerfolge zu verzeichnen sind; die Bestrebungen bedürfen jedoch noch einer Intensivierung.

c. Q u a l i t ä t s f ö r d e r u n g bei Käse Auch bei Käse ist das Qualitätsprinzip erste Bedingung für den Verkaufserfolg. Wissenschaft und Praxis bemühen sich daher um die Verbesserung der Käsequalität resp. die Reduktion oder Ausmerzung der Käsefehler.

In industriellen Grossbetrieben des Auslandes mag wohl eine weitgehende Standardisierung der Käsequalität und Verminderung der Fabrikationsrisiken zu erreichen sein. Die Qualität solcher Produkte erreicht aber die im Kleinbetrieb aus Eohmilch hergestellten Spitzenerzeugnisse nicht. Die Verarbeitung von Eohmilch, wie sie bei uns üblich ist, schliesst indessen wesentlich grössere Risiken in sich ; sie vermehren sich mit zunehmender Grosse und Begelmässigkeit der angestrebten Käselochung und sind infolgedessen beim Emmentaler für den Export am grössten. Die gärungstechnischen Vorgänge bèi der Käsefabrikation sind nur in beschränktem Masse lenkbar. Die Herstellung einwandfreier Käse ist daher nicht allein eine Frage grosser Sorgfalt, gewerblicher Tüchtigkeit und fachlichen Geschickes.

Diese Feststellung zwingt um so mehr, mit allen Mitteln dahin zu wirken, dass die Voraussetzungen zur Qualitätsfabrikation noch weiter verbessert werden. Zu diesem Zweck wurde von der Abteilung für Landwirtschaft des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements im Oktober 1957 ein Koordinationsausschuss für die Förderung der Käsequalität ins Leben gerufen. Er bezweckt die bestmögliche Zusammenfassung und Auswertung der Tätigkeit, die auf verschiedenen Gebieten im Dienste der Verbesserung der Käsequalität von wissenschaftlichen Instituten, milchwirtschaftlichen Zentralstellen, Molkereischulen und einzelnen Fachkommissionen geleistet wird.

Ein erstes praktisches Ergebnis der Tätigkeit des Koordinationsausschusses besteht in einem Grossversuch über die nach Qualität der eingelieferten Milch abgestufte Auszahlung der Käsequalitätsprämien an die Milchlieferanten. Der Koordinationsausschuss befasst sich im weitern mit den Massnahmen im Dienste der
Förderung des Versuchs- und Forschungswesens. Im Vordergrund steht der Ausbau einer bundeseigenen Versuchskäserei mit dem Zweck, der Eidgenössischen milchwirtschaftlichen Versuchsanstalt in Liebefeld-Bern vermehrte Möglichkeiten zur Entwicklung der Grundlagenforschung in der Käsefabrikation durch Extremversuche zu verschaffen. Sodann sind die Kontroll- und Inspektionstätigkeit sowie der Beratungsdienst noch weiter auszubauen. Damit im Zusammenhang stehen Ausbildung und Tätigkeit von Käsereikonsulenten, ferner die Verfeinerung in der Bezahlung der Käse nach Qualität durch entsprechende Käseklassierung und Käsetaxation.

273 Mit Wirkung ab I.Mai 1959 sind die Milchproduzenten, Käser und der Käsehandel noch mehr als bisher an den Qualitätsrisiken des Käsegeschäftes im Sinne des neuen Artikels 12 h des revidierten Milchbeschlusses zu beteiligen.

Dadurch soll das finanzielle Interesse der Käser und Milchproduzenten an einer guten Käsequalität gefördert werden. Auf dieses Ziel sind auch konkrete Vorschläge der Leitung der Schweizerischen Käseunion in einem Exposé «Die neue Käsemarktordnung und das Qualitätsproblem» ausgerichtet. So soll unter anderem das Käsebewertungssystem eine weitere Verfeinerung erfahren.

Beim Abschluss der Käsekaufverträge für die Sommerproduktion 1958 ist die Qualitätsprämie für Emmentaler mit 15 und 15,5 Punkten gestrichen und bei solchem mit 16'und 16,5 Punkten ermässigt worden, wogegen ein Prämienzuschlag für Partien mit 18 bis 20 Punkten (20 = Maximum) nach Massgabe der wichtigen Position «Lochung» eingetreten ist. Nach den bisherigen Prüfungen und Abklärungen von Vorschlägen im oben erwähnten Exposé stehen schärfere Qualitätsvorschriften, die abgestufte Auszahlung der Qualitätsprämie an die Produzenten und namentlich eine angemessene Senkung der Übernahmepreise für die Sekundaqualität in feinerer Abstufung mit Wirkung ab I.Mai 1959 im Vordergrund. Die durch die Eidgenössische milch wirtschaftliche Versuchsanstalt Liebefeld-Bern, unter Beizug von Experten, eingeleitete Abklärung der Ursachen des im letzten. Winterhalbjahr festgestellten Eückganges der Käsequalität führte noch nicht zu schlüssigen Ergebnissen.

2. Organisatorische Massnahmen a. Die Frage der generellen Freigabe des F l a s c h e n m i l c h v e r k a u f e s Geroäss Artikel 21 des Milchbeschlusses bedarf es im Interesse einer zweckmässigen und kostensparenden Versorgung der Verbraucher zum gewerbsmässigen Verkauf von Konsummilch jeder Art einer Bewilligung. Von selten verschiedener Grossverteilerorganisationen der Lebensmittelbranche wurde in den letzten Jahren der Verkauf von pasteurisierter Flaschenmilch in zahlreichen Filialen angestrebt, wobei als Grund zur Einführung dieses Artikels die Möglichkeit eines wesentlich grösseren Milchabsatzes genannt wurde.

Im Sinne von Versuchen sind in Zürich seit dem I.Mai 1956 für eine kleine Zahl von Lebensmittelgeschäften Bewilligungen für den Verkauf von pasteurisierter Milch
erteilt worden. Da es sich nur um einen Teilversuch handelte, Hessen sich aus den Ergebnissen keine sicheren Schlüsse ziehen. Von Seiten der Migros wurde in letzter Zeit mit Nachdruck die Auffassung vertreten, dass nur eine generelle Freigabe des Verkaufs von pasteurisierter Flaschenmilch eine wesentliche Steigerung des Konsummilchverbrauches zu bewirken vermöchte.

Bei den milchwirtschaftlichen Fachkreisen, aber auch bei den städtischen und kantonalen Vorentscheidsinstanzen für die Milchverkaufsbewilligung, besteht jedoch weitgehend die Auffassung, eine solche Verkaufsfreigabe für pasteurisierte Flaschenmilch würde vielmehr eine blosse Verlagerung des Milchverkaufes von bisherigen in heue Verkaufsstellen bewirken und damit neuerdings zu einer

274 unerwünschten Zersplitterung des Milchverkaufes, nicht aber gesamthaft zu einem nennenswerten Mehrkonsum an Milch führen. Für die Annahme, dass eine Vermehrung der Milchverkaufsstellen in Lebensmittelläden der Qualität und dem Absatz von Konsummilch förderlich sein könnte, liegen übrigens bis heute keine sicheren Anhaltspunkte vor. Zudem wird man auch nicht ausser acht lassen dürfen, dass der Verbrauch von Konsummilch und Rahm in unserem Lande heute schon verhältnismässig gross ist ; er betrug nach einer Publikation der OECE im Jahr 1956/57, umgerechnet in Frischmilch je Kopf der Bevölkerung und Jahr, in Norwegen 229 kg, in der Schweiz 219 kg, in Schweden 207 kg, in Holland 183 kg, in Dänemark 154 kg, in Deutschland 125 kg, in Frankreich 88 kg und in Italien 58 kg. Trotzdem soll nun aber die weitere Abklärung der Zweckmässigkeit einer Vermehrung der Milchverkaufsstellen durch einen Grossversuch ermöglicht werden. In diesem Sinne wurden am 4. Dezember 1958 im Rahmen von Artikel 21, Absatz 8, des Milchbeschlusses für die Dauer des Versuches für 272 Lebensmittelläden der Stadt Zürich, neben den bisherigen 250 Milchverkaufsgeschäften, Milchverkaufsbewilligungen erteilt. Die Versuchsbewilligungen wurden bis jetzt nur in 166 Läden ausgenützt mit der Begründung, eine Steigerung des Konsummilchverbrauches um 5 Prozent im ersten Versuchsjahr, welche als Voraussetzung für die Weiterführung des Versuches während eines zweiten Jahres gestellt wurde, sei kaum erreichbar. Dazu ist aber zu sagen, dass eine blosse Verlagerung des Milchverkaufes, welche gesamthaft nicht mit einer wesentlichen Absatzausweitung verbunden wäre, zwangsläufig den Hauszustelldienst, welchem der an sich hohe Konsummilchverbrauch in unserem Lande weitgehend zu verdanken ist, in unerwünschter Weise und im Widerspruch zu den Grundsätzen einer rationellen und kostensparenden Konsummilchvermittlung beeinträchtigen würde; bei geringeren Umsätzen würde dieser Kundendienst noch kostspieliger, wenn nicht überhaupt unrentabel gestaltet, und bei seiner allfälligen Einstellung müsste sogar mit einem empfindlichen Rückgang des Milchkonsums gerechnet werden. Die Erhöhung der Zahl der Milchyerkaufsstellen ist daher auf die Länge nur dann als sinnvoll zu bezeichnen, wenn eine echte Umsatzausweitung von einem bestimmten Umfang verbunden ist. Wie der
Verkauf von Milchmischgetränken, so bedarf auch die Abgabe von pasteurisierter Flaschen- und Vorzugsmilch zum Konsum am Ort, auf Arbeitsplätzen, bei Sport- und Festanlässen, in Erfrischungsräumen, Kiosken, Milchautornaten und dergleichen keiner Bewilligung nach den oben erwähnten. Bestimmungen des Milchbeschlusses.

b. Quartiereinteilung In organisatorischer Hinsicht sieht der Milchbeschluss in Artikel 21 bis 24 sowohl im Interesse der Qualität als auch eines möglichst grossen Absatzes von Konsummilch einen rationellen und kostensparenden Konsummilchvertrieb vor ; dieser soll durch den Milchausschank in einer genügenden, aber nicht unnötig übersetzten Zahl von fachmännisch geführten Milchläden gewährleistet werden,

275 welche sich in zumutbarer Entfernung von den Konsumenten befinden. Andererseits kann für den Hauszustelldienst die Quartiereinteilung mit nur einem Milchmann pro Ausmessquartier (Einerquartier) angeordnet werden, was heute prak tisch in allen Städten und teilweise auch in mittelgrossen Ortschaften der Fall ist. Auf begründete Klage wegen unbefriedigender Bedienung kann die vorgesehene paritätische Kommission (Art. 24 Milchbeschluss) einen andern Lieferanten oder eventuell zwei Milchhändler für ein Quartier bestimmen. Auf diese Weise soll eine wirklich befriedigende Bedienung der Konsumenten gewährleistet werden. Es drängen sich auf diesem Gebiet keine grundsätzlichen Neuerungen auf.

c. Standardisierung der Konsummilch Während in der Schweiz, wie übrigens auch in USA, Grossbritannien und Norwegen, die Milch mit dem vollen, unveränderten Fettgehalt von ca. 3,88 Prozent in den Konsum geht, wird sie in vielen andern Ländern auf einen bestimmten Fettgehalt (z.B. Holland 2,5%, Deutschland, Schweden 3 und 3,5% usw.)

standardisiert. In Zeiten der Milchknappheit Hessen sich bei diesem Vorgehen beträchtliche Mengen Butter gewinnen, während die Trinkmilch infolge des geringen Fettgehaltes verhältnismässig billig abgegeben werden konnte. Wegen der Absatzschwierigkeiten wurde letztes Jahr in mehreren europäischen Ländern (Belgien, Dänemark, Holland, Österreich) wiederum die Erhöhung des künstlich reduzierten Fettgehaltes der Konsummilch resp. der Verkauf einer zweiten Qualität Milch mit höherem oder normalem Fettgehalt im Sinne einer Massnahme zur Verminderung der Absatzschwierigkeiten eingeleitet, um den bisher aus der Standardisierung resultierenden Butteranfall eliminieren zu können.

In der Schweiz hat man seit jeher Wert darauf gelegt, die Konsummilch als Vollmilch abzugeben; die Standardisierung wurde auch in Kriegszeiten nicht in Betracht gezogen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass durch die Standardisierung gesamthaft keine Verminderung der Verwertungsschwierigkeiten erzielt werden könnte.

Dabei bleibt selbstverständlich die Verwendung von Milch für Milchmischgetränke vorbehalten.

d. V e r k a u f verschiedener K ä s e q u a l i t ä t e n Es wird immer wieder angeregt, die Schweizerische Käseunion sollte auch reifere Käse oder eine Sekunda-Qualität zu niedrigerem Preis laufend zum Verkauf
bringen, um dadurch den Verbrauch zu steigern. Die Fachleute legen aber aus verschiedenen Gründen, vor allem zur Erzielung eines gesamthaft möglichst günstigen Erlöses aus der Käseverwertung, Wert auf den Verkauf von PrimaSchnitikäse und machen geltend, dem Detailhandel ständen innerhalb dieser Kategorie jederzeit auch reifere Qualitäten zur Verfügung. Es hat sich übrigens nachträglich herausgestellt, dass der Verkauf von sogenanntem Aktionskäse entgegen den Erwartungen gesamthaft keinen Mehrverbrauch an Käse gebracht

276

hat; man wird aber bereits als Erfolg werten können,dass sich im vergangenen Jahr trotz erneut zunehmenden Käseimporten wenigstens kein Absatzrückgang von Schweizer Käse einstellte. Zum Export gelangen Extra-, Prima- und I BWare zu unterschiedlichen Preisen, wobei durch verhältnismässige Koppelung und durch Kennzeichnung der verschiedenen Qualitäten eine Ausrichtung des Gesamtexportes nach den tiefsten Preisen vermieden werden soll. Der ausländische Kunde versteht unter Spitzenqualität, nebst den geschmacklichen Feinheiten, in der Eegel einen Emmentaler Käse von möglichst einheitlichem Typ, von hoher Postur und mit regelmässiger, grosser Lochung; gerade die Herstellung dieser Art Käse gilt als besonders heikel. Der inländische Kunde beurteilt dagegen den Käse vor allem nach geschmacklichen Merkmalen.

Die Weichkäserei trägt zur Bereicherung des einheimischen Käsesortimentes bei und hält auch bezüglich Qualität den Vergleich mit den importierten Konkurrenzprodukten aus. Da die letzteren, bedingt durch die niedrigeren Erzeugungskosten, selbst bei höheren Margen zu günstigeren Preisen verkauft werden als die Inlandproduktion, drängen sich für die einheimischen Produkte besondere Verwertungsbeiträge auf, sofern ein Preisausgleich nicht in anderer Weise möglich ist.

3. Propaganda und Marktforschung Schon im Jahre 1927 wurde für den milchwirtschaftlichen Sektor eine Propagandazentrale geschaffen. Im Jahre 1951 erfolgte die rechtliche Verselbständigung in Form eines Vereins unter dem Namen «Propagandazentrale der schweizerischen Milchwirtschaft». Hauptträger sind der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten mit seinen Sektionen und Butterzentralen, die Schweizerische Käseunion und die BUTYKA.

Die Mitgliederbeiträge sind auf die Deckung der Eegiekosten abgestimmt, während die eigentlichen Propagandaaktionen für Milch, Joghurt, Bahm und Spezialprodukte bisher aus dem Preisstützungsfonds des Zentralverbandes (unter der Aufsicht der Eidgenössischen Finanzkontrolle stehender Fonds), die . Butterpropaganda von der BUTYBA und vom Zentralverband finanziert wurden. Im Jahre 1954 wurde die Käsepropaganda aus Zweckmässigkeitsgründen von der Propagandazentrale abgetrennt und direkt der Schweizerischen Käseunion AG unterstellt.

Die Beiträge der Mitglieder an die Propagandazentrale erreichten in den letzten Jahren 150 000 Franken pro Jahr. Die Kredite für besondere Werbeaktionen betrugen pro

für Milch und Molkereiprodukte Fr.

für Butter Fr.

·1955/06 1956/57 1957/58 1958/59

431000 422000 465000 700000

217000 520000 520000 520000

277 Das Propagandabudget der Käseunion für die Aktionen im In- und Ausland betrug anfänglich ca. 1,1 Millionen Franken, im vergangenen Geschäftsjahr 1957/58 nahezu 2 Millionen Franken; für 1958/59 sind Propagandaaufwendungen von rund 2,5 Millionen Franken vorgesehen.

Neben dieser Kollektivwerbung werden jährlich auf regionaler und lokaler Ebene von Milchverbänden, Molkereien und privaten Firmen schätzungsweise weitere 500 000 bis 800 000 Franken für Eeklame im Milchsektor aufgewendet.

Zweifellos lässt sich durch einen erhöhten Propagandaaufwand -eine weitere Förderung des Absatzes von Milch und Milchprodukten erzielen. Die Ausgaben für die Käsepropaganda sind im Verhältnis zu andern Milchprodukten und Milch allerdings heute schon als relativ hoch zu bezeichnen, wobei ausserdem zu erwähnen ist, dass mit der Werbung für Schweizer Käse unabwendbar der Absatz von Käse ganz allgemein begünstigt wird, somit auch derjenige von importierten Käsesorten. Dagegen ist es notwendig, die Propaganda für Frischmilch und Milchspezialitäten noch wesentlich zu intensivieren, und zwar besonders deshalb, weil der Absatz dieser Produkte selbsttragend ist und im Falle eines Mehrverbrauches weniger Käse, vor allem aber weniger Butter fabriziert werden muss. Aus diesen Überlegungen wurde das Propagandabudget für Milch und Milchprodukte (ohne Butter und Käse) ab I.Mai 1958 um 50 Prozent auf 700 000 Franken pro Jahr erhöht. Hinsichtlich der Absatzförderung bei Butter wird auf Grund eines von fachmännischer Seite eingeholten Gutachtens voraussichtlich bereits ab I.Mai 1959 ein finanziell stark erweitertes und neuen Gesichtspunkten entsprechendes Aktionsprogramm durchgeführt werden.

Aktive Verkaufsförderung hilft mit, Stützungsmittel einzusparen; daran sind, namentlich bei der im Bundesbeschluss vorgesehenen Lösung, ausser dem Bund vor allem die Produzenten interessiert. Dies führt denn auch dazu, inskünftig die Produzenten zu Leistungen für die Propaganda heranzuziehen.

Für die Dauer des neuen Bundesbeschlusses soll daher der Bundesrat ermächtigt werden, von den Verkehrsmilchproduzenten pro kg/l eingelieferte Milch 1/10 Eappen für besondere Massnahmen zur Absatzförderung, wie die Werbung, zu erheben. Dadurch würde jährlich ein Betrag von ca. 2,2 Millionen Franken aufgebracht. Auch unter Berücksichtigung der bisher schon
vom Zentralverband Schweizerischer Milchproduzenten an die Propaganda geleisteten Beiträge von jährlich ca. 600 000 bis 800 000 Franken, welche durch die Aufbringung eines direkten Produzentenbeitrages von rund 2,2 Millionen Franken abgelöst werden könnten, würden auf diese Weise wesentlich höhere Mittel für die Werbung zur Verfügung stehen. Gemessen am Endrohertrag der schweizerischen Landwirtschaft aus Milch beläuft sich der genannte Beitrag auf ca. 0,2 Prozent und ist, namentlich auch in bezug auf den möglichen Nutzeffekt, als tragbar zu betrachten.

Es wäre nun allerdings zu begrüssen, wenn die Beteiligung der Produzenten an den Propagandakosten nicht auf Grund des neuen Bundesbeschlusses anBundesblatt. 111. Jahrg. Bd. I.

21

278 geordnet werden müsste, sondern durch Verbandsbeschluss der Schweizerischen Milchproduzenten selbst erfolgen könnte. Die Anordnungen des Bundesrates liessen sich damit auf die nicht organisierten Produzenten beschränken.

Ein erster Schritt in der angedeuteten Eichtung wurde bereits getan; der Zentralverband Schweizerischer Milchproduzenten hat Ende Oktober 1958 den. Beschluss gefasst, von dem im Sommerhalbjahr 1958 erhobenen, jedoch infolge Erfüllung der gestellten Bedingungen zur Auszahlung gelangten Bückbehalt von l Bappen je kg/l 1/10 Bappen für die Schaffung eines Fonds zur Finanzierung von Massnahmen zur Förderung des Absatzes von Milch und Milchprodukten durch Marktforschung, Absatzwerbung, Aufklärung und Qualitätsverbesserung zurückzubehalten.

Wichtig ist indessen die kontinuierliche Erhebung dieser Werbeabgabe.

In seiner Vernehmlassung hat der Zentralverband Schweizerischer Milchproduzenten diesem Gedanken zugestimmt und zu erkennen gegeben, dass er inskünftig die Abgabe bei den angeschlossenen Verkehrsmilchproduzenten auf privatrechtlichem Boden zu erheben gedenkt.

Nach neuen Erkenntnissen gilt für eine moderne Absatzpropaganda als Voraussetzung, dass man sich auch des Mittels der Marktforschung, im besonderen der Motivforschung, bedient. Auf verschiedenen Gebieten der Industrie und des Handels ist von diesen wichtigen Instrumenten der Absatzförderung bereits längere Zeit mit Erfolg Gebrauch gemacht worden. Die Motivforschung untersucht die Beweggründe des Denkens und Handelns in den Bereichen der menschlichen Bedürfnisse, des latenten Bedarfes, des Kaufvorganges und des eigentlichen Gebrauchsaktes. Erst auf dieser immer wieder neu zu überprüfenden Grundlage können andere Mittel zweckgerichtet und erfolgreich für die Absatzförderung eingesetzt werden; dabei steht die Marktforschung im Vordergrund. Ein weiteres sehr beachtliches Instrument im Bahmen der heutigen Absatzförderung ist das sogenannte «Merchandising», d.h. die Pflege des marktgerechten Angebotes eines Produktes. Die Basis und die ständig notwendige Kontrolle dieser Angebotspflege wird weitgehend mit der Motivforschung beschafft. Die ständig kontrollierende Art und Weise des Vorgehens in der Werbung ist in weiten Kreisen der Industrie und des Handels zur Selbstverständlichkeit geworden, denn dadurch wird effektiv die
einzige Chance geboten, das Werbebudget in einem verantwortbaren und vernünftigen Eahrnen zu halten.

Auf Grund der Erfahrungen aus Industrie und Handel müsste man auch im Milchsektor für die erfolgreiche Absatzförderung auf eine systematische Grundlagenforschung abstellen können. Der Vorteil der Marktforschung bzw.

der Motivforschung besteht gerade darin, gleichzeitig für die vielfältigen Massnahmen einer komplexen Absatzsituation die Unterlagen für eine entsprechende Lösung zu gewinnen. Es ist daher notwendig, von den aufgezeigten Möglichkeiten wirklich Gebrauch zu machen und einen angemessenen Anteil der Werbeabgabe für diese Zwecke einzusetzen.

279 4. Preise für Milch und Milchprodukte Neben der Qualität der Milch und der Milchprodukte kommt besonders bei den letzteren dem Preis für den Verkaufserfolg eine entscheidende Funktion zu. Der Konsument wird dabei unwillkürlich einen Vergleich mit den Preisen von entsprechenden Substitutionsgütern ziehen. Bei Preisunterschieden können die Qualitätsdifferenz oder andere Momente bis zu einem gewissen Grade für die Wahl des teureren Artikels sprechen ; zu grosse Unterschiede können schliesslich zu einem Verbrauchsrückgang führen.

Es wird oft die Ansicht vertreten, dass der hohe Milchpreis in unserem Lande die alleinige Ursache der Absatzschwierigkeiten sei ; mit dieser auf einen ' sehr einfachen Nenner gebrachten Interpretation wird man dem wirklichen Sachverhalt allerdings nicht gerecht. Das Niveau des Milchpreises bewegt sich weitgehend im Eahmen der Gesamtkostenerhöhungen unseres Landes. Wenn auch der Milchpreis aus Gründen, die mit der Einkommensbildung unserer Landwirtschaft zusammenhängen, im Laufe der letzten Jahre verschiedentlich erhöht werden musste, stellt die Milch, gemessen an ihrem Gehalt, doch nach wie vor ein äusserst preiswürdiges Lebensmittel dar. Zudem ist der Eückgang beim Frischmilchverbrauch leider mindestens teilweise mit Änderungen in den Ernährungsgewohnheiten zu erklären; dagegen dürfte er im allgemeinen weniger mit dem Preis zusammenhängen. Indessen ist nicht von der Hand zu weisen, dass man über die Eelation Milchpreis / Verbrauch wenig orientiert ist.

Einem preisgünstigen Angebot von Milch und Milchprodukten kommt ungeachtet dieser grundsätzlichen Ausführungen doch grosse Bedeutung zu, namentlich auch im Hinblick auf den Umfang des Konsums von importierten Konknrrenzprodukten wie Käse, Milchpulver und Kondensmilch; welche -- bezogen auf das Gewicht - wesentlich billiger sind. Diese Umstände veranlassten den Bundesrat, im Zusammenhang mit der Produzenten-Grundpreiserhöhung per I.November 1957 auf eine Überwälzung der Grundpreiserhöhung bei Käse, Butter und Dauermilchwaren zu verzichten, d. h. den Differenzbetrag zu Lasten des Bundes zu übernehmen. Diese den Absatz begünstigende Verbilligung beläuft sich bei Käse auf ca. 25 Rappen, bei Butter auf ca. 50 Rappen und bei Milchpulver auf ca. 15 Eappen je kg. Dazu kommt, dass die Schweizerische Zentralstelle für Butterversorgung
(BUTYRA) schon vorher ermächtigt war, die inländische Tafelbutter um 55 bis 60 Rappen und Kochbutter im Ausmass von 1,03 bis 2,80 Franken je kg je nach Qualität und Verwendungsart'zu verbilligen; diese Verbilligungsaktionen werden auch gegenwärtig parallel weitergeführt.

Es stellt sich ferner die Frage, ob eine Senkung der Konsumentenpreise, welche durch Einführung einer weitergehenden staatlichen Verbilligung oder allenîalls durch eine Produzentenpreissenkung herbeigeführt würde, eine Verbrauchssteigerung zur Folge haben könnte. Was den ersten Fall anbetrifft, hat man sich zu vergegenwärtigen, dass bei Verbilligung von l Rappen auf der

280 gesamten zu Käse, Butter und Dauermilchwaren verarbeiteten Milchmenge ein Betrag von ca. 14 Millionen Franken notwendig wäre. Eine Preissenkung von nur l Eappen dürfte indessen hinsichtlich der Absatzausweitung keinen nennenswerten Einfluss ausüben. Soll die Verbilligung daher nicht nur zu einer Entlastung der Konsumenten, sondern vor allem zu einer wesentlichen echten Absatzausweitung führen, so wären Preissenkungen entsprechend den Auswirkungen von einigen Milchrappen unerlässlich. Die generelle Durchführung einer solchen Massnahme kann aber wegen der damit verbundenen finanziellen Konsequenzen für den Bund nicht in Frage kommen. Zur zeitweisen Entlastung des Marktes könnte es allerdings unter Umständen zweckmässig sein, spezielle Verbilligungsaktionen bei Käse oder Butter durchzuführen.

Der Prodüzentengrundpreis andererseits kann nicht nur ausschliesslich entsprechend der allgemeinen Absatzlage festgelegt werden. Wohl soll gemäss Artikel 4 des Milchbeschlusses bei der Preisfestsetzung auch den Produktionsund Absatzverhältnissen Rechnung getragen werden ; übrigens gibt auch das Landwirtschaftsgesetz selbst keine Garantie für einen kostendeckenden Preis.

Andererseits ist aber auch auf die wirtschaftliche Gesamtlage der schweizerischen Landwirtschaft gebührend Rücksicht zu nehmen.

5. Vermehrte Selbstversorgung in.den landwirtschaftlichen Betrieben Den Absatzschwierigkeiten kann unter anderem auch durch einen angemessenen Milchverbrauch in den landwirtschaftlichen Betrieben selbst begegnet werden, ein Umstand, welcher in verschiedenen Vernehmlassungen der befragten Organisationen hervorgehoben wurde. Die Grundsätze einer zumutbaren Selbstversorgung resp. der Rücknahmepflicht von landwirtschaftlichen Erzeugnissen seitens der Produzenten sind im Landwirtschaftsgesetz ausdrücklich enthalten. In diesem Sinne werden die Verkehrsmilchproduzenten heute schon durch die Milchverbände verpflichtet, je 100 kg eingelieferte Milch 300 g Käse oder dann Butter im Ausmass von 4 Prozent des Milchgeldes zurückzunehmen.

Erschwerend wirkt nun aber der Umstand, dass der Milchverbrauch im bäuerlichen Haushalt - parallel dem Rückgang der Zahl der landwirtschaftlichen Bevölkerung - abnimmt. Zusammen mit der gegenüber früher absolut grösseren Gesamtmilchproduktion wirkt sich diese Tatsache, für welche die Landwirtschaft
kein Verschulden trifft, auf die in den Verkehr gebrachte Milchmenge um so mehr aus. Statistisch nicht genau erfassbar ist sodann die in den Landwirtschaftsbetrieben zur Aufzucht und Mast von Kälbern verwendete Milchmenge.

Die früher üblichen Vollmilchgaben werden heute zu einem gewissen, nicht genau bekannten Prozentsatz durch Milchersatzfuttermittel verdrängt, so dass auch aus diesem Grunde mehr Verkehrsmilch anfällt und deshalb zu prüfen ist, ob der Grundsatz einer zumutbaren Selbstversorgung seitens der Landwirtschaft nicht genügend beachtet wird. Als Ursache dieses Wechsels in der Fütterung

281

fallen, vom Standpunkt des einzelnen Landwirtes aus, betriebswirtschaftliche Vorteile, d. h. niedrigere Produktionskosten ins Gewicht. Andererseits wird der Produzent berücksichtigen müssen, dass sich auftretende Qualitätsunterschiede beim so erzeugten Kalbfleisch für ihn preislich ungünstig auswirken können ; er wird sich aber namentlich Eechenschaft ablegen müssen, dass bei Nichtbeachtung einer angemessenen Selbstversorgung mit Vollmilch die Folgen in anderer Form weitgehend auf ihn selbst zurückkommen, weil bei einem Ansteigen der Verkehrsmilcheinlieferungen der gesamthaft von der Landwirtschaft zu tragende Verlustanteil höher ausfallen und allgemein die Festlegung eines angemessenen Produzentengrundpreises erschweren wird. Es wird Aufgabe der landwirtschaftlichen Organisationen sein, die Produzenten über diese Zusammenhänge aufzuklären.

Bei der Vorbereitung dieser Vorlage wurde geprüft, ob allenfalls eine preisliche Belastung der Milchersatzfuttermittel die eingetretene Entwicklung hemmen könnte. Abgesehen von den Durchführungsschwierigkeiten, ist von einer solchen Massnahme nach der heutigen Beurteilung auch abzusehen, weil die Milchersatzfuttermittel weitgehend oder ausschliesslich aus inländischen Eohstoffen (Magermilchpulver, Kinderfett) hergestellt werden, so dass dadurch der vom Landwirtschaftsgesetz aufgestellte Grundsatz der landeseigenen Futterbasis nicht tangiert wird; vielmehr könnten die Absatzschwierigkeiten vom Milchsektor auf die erwähnten Nebenprodukte verschoben werden, was wenig sinnreich wäre.

B. Handelspolitische Massnahmen im Gebiete der Milchwirtschaft 1. Allgemeines

Die im vorangehenden Abschnitt gemachten Ausführungen betreffend Massnahmen zur Förderung des Absatzes von Milch und Milchprodukten im Inland sind weitgehend auch gegenüber dem Absatz ins Ausland zutreffend; Qualitätsförderung, Propaganda und Marktforschung sowie Preisfestsetzung müssen ebenfalls als bestimmende Faktoren für die Absatzmöglichkeiten ins Ausland betrachtet werden. Die erwähnten Bestrebungen haben sich daher neben dem Inland ebenso sehr auf das Ausland zu erstrecken.

Vorgängig der Betrachtung- der handelspolitischen Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft hat man sich der bestehenden Konzeption bezüglich der Milchverwertung als Ganzem zu erinnern. Sie liegt darin, dass ein möglichst grosser Prozentsatz der eingelieferten Verkehrsmilch als Trinkmilch, Joghurt, Konsumrahm und Milchspezialitäten im Inland abgesetzt wird. Von der verbleibenden, der sogenannten Verarbeitungsmilch im engeren Sinne.kommt der Käseherstellung im Prinzip der Vorrang zu ; neben dem Inlandverbrauch soll ein möglichst grosser Käseexport einerseits dazu führen, dass unser Butter-

282 bedarf andererseits zum Teil durch preisgünstige Importe ergänzt werden kann.

Im Bahmen des Käse-Butter-Planes hätte dieser Grundsatz noch speziell gefördert werden sollen, d. h. ein forcierter Käseexport wäre durch die mögliche Mittelbeschaffung aus zusätzlichen Butterimporten zu finanzieren gewesen.

Als Folge der hohen inländischen Milchproduktion, welche schliesslich in grossem Ausmass zu Butter verarbeitet werden muss, haben sich die Verhältnisse in der letzten Zeit wesentlich geändert. Auf den Import von Tafelbutter muss seit dem Monat August und auf Kochbutter seit dem Monat Dezember 1957 verzichtet werden. Wegen der veränderten Verhältnisse konnte nun im laufenden Jahr die Einfuhr von Kochbutter wiederum aufgenommen werden.

Zusätzliche Aufwendungen bei der Käse- und Butterverwertung lassen sich aber in der heutigen Situation trotzdem nicht vermeiden. Es ist selbstverständlich, dass unter solchen Umständen den milchwirtschaftlichen Fragen in aussenhandelspolitischer Sicht grosse Aufmerksamkeit geschenkt wird. Einerseits werden die Bestrebungen zur Exportförderung vermehrt, während andererseits versucht wird, die unsere Milchwirtschaft konkurrenzierenden Importe einzuschränken. Derartige Massnahmen sind aber nur im Bahmen der jeweils geltenden zwischenstaatlichen Vereinbarungen zulässig. Die an sich schon komplexen Verhältnisse werden noch dadurch erschwert, dass die Milchwirtschaft von ganz Westeuropa sich immer wieder mit Überschussproblemen zu befassen hat. Importdrosselnde Massnahmen der Schweiz - soweit solche nicht durch bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen überhaupt ausgeschlossen sind - vermöchten daher als Bückwirkung unter Umständen auch unseren Export zu hindern.

Massnahmen und mögliche Gegenmassnahmen sind daher in jedem Fall im voraus genau gegeneinander abzuwägen.

Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über den Aussenhandel mit Milchprodukten.

Export, davon ausgewählte Produkte

1937/39 Wg.

1954 Wg.

Hartkäse 1602 . 1648 Weichkäse l 5 Schachtel- und Blockkäse . . 356 480 Milchpulver und Kindermehl 128 346 Kondensmilch 619 481 Total Export, in Millionen q Frischmilch umgerechnet . .

2,51

2,82

1955 Wg.

1956 Wg.

1957 Wg.

1958 Wg.

1519 6 566 383 451

1788 23 607 518 500

1748 30 602 572 456

2113 56 609 548 431

2,77

3,25

3,23

3,70

283 Import, davon ausgewählte Produkte

1937/39 Wg.

1954 Wg.

1955 Wg.

1956 Wg.

1958 Wg.

1957 Wg.

1

-- 8 0,5 1,5 138

149 181 3 150 174 3,5 201

206 143 4 107 247 7 593

294 167 4 196 345 13 612

326 175 6 232 339 18 686

-345 207 19 237 471 28 29

Total Import, in Millionen q Frischmilch umgerechnet . .

0,63

1,05

2,13

2,40

2,71

1,15

Dito, aber ohne Butter . . . .

0,29

0,55

0,65

0,87

0,99

1,09

Exportüberschuss, in Millionen q Frischmilch umgerechnet . .

1,88

1,77

0,64

0,85

0,52

2,55

Dito, aber ohne Butter . . . .

2,22

2,27

2,12

2,38

2,24

2,61

Hartkäse Weichkäse Schachtel- und Blockkäse . .

Milchpulver und Kindermehl Kondensmilch Kahm und Kahmpulver . . .

Butter

54

107

2. Exportförderung Zunächst ist festzuhalten, dass der Export von Erzeugnissen der schweizerischen Milchwirtschaft gegenüber den Vorkriegsjahren gesamthaft angestiegen ist ; die Positionen Laib- und Schachtelkäse sowie Milchpulver und Kindermehl verzeichnen eine Exportzunahme, während bei Kondensmilch im Vergleich zu den Jahren 1937/39, aber neuerdings auch gegenüber 1956 ein Rückgang festzustellen ist.

Die Verkaufspreise für unseren Käse im Ausland sind im allgemeinen wesentlich höher als diejenigen, die für Konkurrenzprodukte auszulegen sind; je nach Absatzland und Herkunft der Konkurrenzware kann die Preisdifferenz gegenüber Schweizer-Käse 20 Prozent, 50 Prozent, in gewissen Ländern sogar bis zu 90 Prozent betragen. Wenn es bisher möglich war, dem schweizerischen Emmentalerkäse seinen Platz auf den wichtigsten Absatzmärkten zu erhalten und teilweise sogar zu verbessern, ist neben dem Qualitätsvorsprung zweifellos auch der gute Ruf, den der echte «Switzerland» auf dem Weltmarkt geniesst,

284 beteiligt. Bezogen auf die Ankaufs- resp. Übernahmepreise des Käses durch die Schweizerische Käseunion liegen die preislichen Verhältnisse allerdings weniger günstig; die Verkaufserlöse im Exportgeschäft decken den Gestehungspreis der Schweizerischen Käseunion gesamthaft nicht mehr. Namentlich im Absatz nach den europäischen Ländern sind die Preiseinbussen beim Käseexport zum Teil beträchtlich, allerdings verbunden mit einer weiteren Steigerung der exportierten Mengen. Die Marktentwicklung erlaubte nun auf Ende 1958 für verschiedene Länder wiederum bescheidene Preiserhöhungen vorzunehmen. Die Folgen der besonders im Jahr 1958 aufgetretenen Überproduktion an Milch in Westeuropa und die Schwierigkeiten im Abbau der übergrossen Butterlager veranlassten aber die meisten Länder zu einer zusätzlichen Käsefabrikation und dazu vielfach zur Förderung des Absatzes durch staatliche Verbilligungsbeiträge.

Dadurch sind unserem Export neue Schwierigkeiten erwachsen ; weitere Preiszugeständnisse können sich allenfalls aufdrängen, um wenigstens das bisherige Exportvolumen beizubehalten. Trotz diesen erschwerenden Umständen sind weitere Bestrebungen zur Erhaltung unserer traditionellen Käseexporte unerlässlich. Die damit verbundenen Verwertungsverluste stellen allerdings eine bedeutende Belastung dar ; in der gegenwärtigen Situation kann indessen das Milchproblem nicht nur zu einer Finanzierungsfrage, sondern unter Umständen ganz allgemein zu einer mengenbedingten Verwertungs- und Absatzfrage werden.

3. Importregelung Die Importe milchwirtschaftlicher Erzeugnisse haben gegenüber den Vorkriegsjahren, aber auch im Laufe der letzten Jahre stark zugenommen, und zwar besonders ausgeprägt in Form von Kondensmilch, Milchpulver und Hartkäse.

Werden die Butterimporte, deren Ermöglichung einen preislichen Vorteil für die Milchrechnung darstellt und die daher - gesamthaft betrachtet - eine grundsätzlich andere Stellung einnehmen als die übrigen importierten- Milcherzeugnisse, ausser Betracht gelassen, so hat sich die Importmenge, umgerechnet in q Milch, in der Zeitspanne von 1937/39 bis heute fast vervierfacht. Daraus wird vielfach der Schluss gezogen, die ungünstige Situation in der Milchwirtschaft beruhe grösstenteils oder ausschliesslich auf den hohen Importen, welche ihrerseits wieder eine Begründung in der
Liberalisierung finden. Indessen ist festzuhalten, dass die exportierten Milchprodukte, umgerechnet in Frischmilch, seit 1937/39 bis 1957 ebenso stark zugenommen haben wie unsere Importe; die gleiche Feststellung gilt z.B. auch für die Jahre 1954 bis 1957. Im Jahre 1958 sind die Exporte milchwirtschaftlicher Erzeugnisse sogar wesentlich mehr angestiegen als die Importe. In absoluten Zahlen ausgedrückt kann daher im Moment nicht von einer ungünstigen Mengenbilanz des milchwirtschaftlichen Aussenhandels gesprochen werden. Die exportierte Milchmenge war im letzten Jahre noch 3,5mal grösser als das Importquantum (ohne Berücksichtigung der Butterimporte), und wertmässig stellt sich unsere Exportsituation noch günstiger. Gemessen an der schweizerischen Verkehrsmilchmenge machten die Exporte pro

285 1958 ca. 17,5 Prozent aus, während die in verschiedener Form importierte Milchmenge im gleichen Zeitraum ca. 5 Prozent betrug. Man wird aus den dargelegten Grössenordnungen vor allem ableiten müssen, dass "eine quantitative Beschränkung der Milchprodukte-Einfuhr auf die derzeitigen Verwertungsschwierigkeiten nur einen minimen Einfluss auszuüben vermöchte. Dagegen wird nun von Seiten der Produktion geltend gemacht, dass als Folge der Importe der Absatz von bestimmten inländischen Milchprodukten nur noch bei Vornahme von Preiszugeständnissen aufrechterhalten werden könne, und dass sich vor allem aus diesem Grunde eine Beschränkung der Importe aufdränge. Ein gewisser Einfluss der Preise ausländischer, in die Schweiz importierter Milchprodukte kann nicht bestritten werden. Bei Würdigung des Gesamtproblems ergibt sich, dass der Preisdruck in sehr hohem Masse auch von der grossen inländischen Produktion, resp. dem Überangebot im Inland herrührt. Bei kleinerer Milchproduktion wäre es auch weniger nötig, besondere Käseverwertungsaktionen durchzuführen, welche ebenfalls die Gefahr von Preiseinbrüchen im Inlandgeschäft mitbringen; ferner Hesse sich auch die teure Deklassierung von Tafelbutter teilweise oder ganz umgehen, wobei in diesem Zusammenhang daran zu erinnern ist, dass die Butterpreise vom ausländischen Preisniveau praktisch unabhängig sind. Man wird sich ausserdem Rechenschaft ablegen müssen, dass im Falle einer Drosselung der Importe, sofern es die eingegangenen handelspolitischen Verpflichtungen überhaupt zulassen, mit Sicherheit sehr unerwünschte Reaktionen des Auslandes bezüglich unseres Exportes zu gewärtigen wären.

Übrigens haben die Behörden in Würdigung der bestehenden Schwierigkeiten immer wieder geprüft, ob eventuell die Importe milchwirtschaftlicher Erzeugnisse, welche nun andauernd im Steigen begriffen sind, im Rahmen der zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht durch geeignete Vorkehren gebremst werden könnten, ohne dass dadurch unsere eigenen Exportinteressen nachteilig beeinflusst werden. Bei der Betrachtung der Verhältnisse ergibt sich für die einzelnen Produkte folgende Situation: a. Vollmilchpulver Der Bundesratsbeschluss vom 2. August 1954 betreffend die Einfuhr von Trockenmilch und die Übernahme von inländischem.Vollmilchpulver bestimmt, dass den Importeuren von Vollmilchpulver
die Pflicht zur Übernahme von Inlandware in einem Verhältnis von höchstens zwei Teilen Inland- zu einem Teil Importware auferlegt werden kann. Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement bestimmt das jeweils geltende Übernahmeverhältnis.

Das Leistungssystem bei Vollmilchpulver wurde vom Jahre 1954 bis zum Dezember 1956 im Verhältnis von zwei Teilen Inlandware zu einem Teil Importware durchgeführt, seit dem letztgenannten Zeitpunkt in der Relation von 1:1.

Es stellt sich bei der heutigen Absatzlage seit längerer Zeit das Problem einer Verschärfung des Leistungsschlüssels auf erneut 2:1 oder, gemäss früheren Forderungen der Landwirtschaft, sogar auf 8:1. Bei der Beurteilung dieser Frage ist zu berücksichtigen, dass Milchpulver bei der OECE als liberalisiert

286

gemeldet ist. Es ist im übrigen auch nicht zu vergessen, dass unser Export von Milchpulver und Kindermehl von 1954 bis 1957 um 226 Wagen oder um 65 Prozent gesteigert werden konnte, während die Importe im gleichen Zeitraum um 82 Wagen oder 54 Prozent zunahmen. In diesem Zusammenhang ist auch auf den namhaften Export von' Schokolade und damit auf den Eeexport von Milchpulver hinzuweisen. Pro 1958 ist nun unser Export erstmals rückläufig (gegenüber 1957: -- 24 Wagen); die Importe haben lediglich noch um 5 Wagen zugenommen.

Vielfach wird auch vorgeschlagen, die Importe von Vollmilchpulver durch Preiszuschläge zu belasten und dafür auf ein Leistungssystem überhaupt zu verzichten. Abgesehen davon, dass es schwer halten dürfte, auf diese Weise eine befriedigende Lösung der Importfrage zu erzielen, weil die Preisdifferenz zwischen Inland- und Importware bedeutend ist (ca. Fr. l. 70 je kg) und kaum in vollem Umfang durch Preiszuschläge auszugleichen wäre, haftet diesem System der Nachteil an, dass dabei überhaupt keine Gewähr für die Übernahme eines bestimmten Quantums inländischen Milchpulvers besteht.

b. Magermilchpulver Die Importe von Magermilchpulver haben sich in den letzten Jahren stark vergrössort. Die Zunahme war insbesondere in den ersten Monaten des Jahres 1958 gross; so betrugen die Importe vom Januar bis April 1958 3830 q gegenüber 839 q in der gleichen Zeitspanne des Jahres 1956, resp. 2478 q pro 1957. Neben Verwendungszwecken ausserhalb der Landwirtschaft bildete das importierte Magermilchpulver auch einen wesentlichen Bestandteil von Milchersatz-Futtermitteln für die Kälberaufzucht und Kälbermast. Durch die Verwendung solcher Futtermittel wird auf dem Hofe Milch eingespart und ein entsprechendes Quantum zusätzlich als Verkehrsmilch abgeliefert, was in der gegenwärtigen Situation unerwünscht ist. Da die Importe vorwiegend auf die zwischen Import- und Inlandware bestehende Preisdifferenz zurückzuführen sind, hat der Bundesrat ab 1. Mai 1958 gemäss Artikel 26 Landwirtschaftsgesetz, resp. Artikel 30 Milchbeschluss einen Preiszuschlag von 30 Rappen je kg importiertes Magermilchpulver angeordnet, was den Import dieses Produktes beträchtlich zu drosseln vermochte. In den Monaten Mai bis Dezember 1958 wurden insgesamt nur noch 417 q Magermilchpulver eingeführt.

c. Kondensmilch Die Einfuhr von
Kondensmilch hat in den letzten Jahren aus preislichen Gründen ausse:rordentlich stark zugenommen; während der Import im Durchschnitt der Jahre 1937/39 nur 0,5 Wagen pro Jahr betrug, stieg er im Jahr 1957 auf 339 Wagen, pro 1958 sogar auf 471 Wagen an. Unsere Auslandlieferungen dieses traditionellen Exportproduktes gingen von 619 Wagen (1937/39) auf 456 Wagen (1957) resp. 431 Wagen (1958) zurück.

Infolge dei1 auch im Ausland erhöhten Milchproduktion und des sich daraus ergebenden Preisdruckes ist mit einer weiteren Zunahme der Importe zu

287 rechnen. Die Einfuhren beeinträchtigen insbesondere den Frischmilchabsatz im Gewerbe und in der Industrie empfindlich, und es stellt sich deshalb die Frage, ob und allenfalls welche Massnahmen zur Einschränkung der Importe in Frage kommen. Da die Einfuhr von Kondensmilch liberalisiert ist und von jeher ohne Bewilligung zugelassen wurde, ferner in Anbetracht des Umstandes, dass Kondensmilch ein wichtiges Exportprodukt der Schweiz ist und bleiben sollte, ergibt sich die Notwendigkeit eines vorsichtigen Handelns. Trotz Liberalisierung der Kondensmilch wäre eine Belastung in Form eines Preiszuschlages im Prinzip möglich. Infolge der bestehenden Preisdifferenz, welche je Dose Kondensmilch gegenwärtig ca. 70 Eappen beträgt, müsste ein Preiszuschlag von nahezu dem gleichen Betrag erhoben werden, um die Massnahme wirkungs-' voll zu gestalten. Im Landwirtschaftsgesetz ist die Erhebung einer Abgabe (Preiszuschlag) auf der Einfuhr von Kondensmilch (Art. 26, Abs. l, Buchstabe V) zwar vorgesehen; in dem von der Bundesversammlung erlassenen Milchbeschluss dagegen wurde von der im Gesetz enthaltenen Bestimmung kein Gebrauch gemacht. Nicht zuletzt im Hinblick auf die Interessen der Konsumenten sieht der Bundesrat im jetzigen Zeitpunkt davon ab, dem Parlament einen entsprechenden Antrag zu unterbreiten. Dagegen muss er sich vorbehalten, bei andauernder · Verschlechterung der Lage auf die Frage zurückzukommen.

d. Rahm Verhältnismässig stark ist auch die Rahmeinfuhr gestiegen, indem sie sich von 1,5 Wagen im Durchschnitt der Jahre 1937/39 auf 3,5 Wagen im Jahre 1954 und schliesslich auf 28 Wagen im Jahre 1958 erhöhte. Diese Einfuhr fällt allerdings heute, im Rahmen der gesamten Milchverwertung, noch wenig ins Gewicht; doch besteht die Gefahr, dass sie während der Dauer des neuen Beschlusses zu einem ernsthaften Problem werden könnte.

Anlässlich der grossen Milch- und Butterüberschüsse im Frühjahr 1958 haben skandinavische Firmen erstmals gefrorenen Rahm in der Schweiz angeboten, und mehrere schweizerische Unternehmen haben bei Versuchen festgestellt, dass sich dieser Rahm für verschiedene Verwendungszwecke sehr gut eignet. Zwar konnte bis jetzt noch nicht festgestellt werden, dass heute schon ausländischer Rahm zu Butter verarbeitet wird ; doch steht es nach den gesetzlichen Vorschriften jeder schweizerischen
Firma frei, diese Produktion aufzunehmen und eine vollwertige Tafelbutter aus importiertem Rahm herzustellen.

Trotz der bestehenden Zollbelastung auf importiertem Rahm käme diese Butter ca. 3 Franken je kg billiger zu stehen als das aus inländischem Rahm hergestellte . Produkt. Gegen die möglichen Folgen dieser Sachlage, welche in einer Umgehung des staatlichen Importmonopols für Butter und gleichzeitig auch in einer sehr schwerwiegenden Beeinflussung der Massnahmen zur Sicherung des Milchpreises zu erkennen sind, hat man sich rechtzeitig zu sichern.

Bei einer Prüfung der rechtlichen Situation stellt man fest, dass das Landwirtschaftsgesetz und auch der Milchbeschluss eine Abgabe auf importiertem

288 Eahm nicht vorsehen; zudem ist Rahm bei der OECE als liberalisiert gemeldet und unterstand von jeher keiner Bewilligungspflicht. Mithin ist die heutige · rechtliche Lago zur Importbeschränkung - ähnlich wie bei Kondensmilch sehr schwierig.

Der Bundesrat sieht sich unter diesen Umständen veranlasst, die Sachfrage im vorliegende:! Bundesbeschluss zu regeln. Von einer zentralen Lenkung der Rahmimporte, wie sie in verschiedenen Stellungnahmen von Kantonen und Wirtschaf tsverbänden-verlangt wurde, wird aber vorläufig abgesehen. Dagegen soll der Bundesbeschluss dem Bundesrat die Kompetenz geben, auf dem importierten Rahm, bzw. Rahmpulver, einen Preiszuschlag zu erheben. Dieser soll nach Anhören der Beteiligten und der beratenden Kommission festgesetzt werden und kann im Maximum dem auf dem gleichen Fettgehalt berechneten Differenzbetrag zwischen dem mittleren Einstandspreis, verzollt Grenze und dem mittleren inländischen Rahm-Engrospreis entsprechen. Die Bundesversammlung hat in der nächsten Session zu beschliessen, ob und in welchem Ausmass der Preiszuschlag in Kraft bleiben soll. Der Bundesrat wird das Verfahren für die Erhebung des Preiszuschlages ordnen.

e. Käse Obschon gerade der Käseimport gegenüber den dreissiger Jahren mit durchschnittlich 160 Wagen pro Jahr eine sehr starke Steigerung auf 550 Wagen im Jahre 1958 erfahren hat, was von den Produzenten oft beanstandet wird, muss doch auch gesagt werden, dass Einschränkungen bei dieser ebenfalls liberalisierten Einfuhr in Anbetracht unseres Exportes von 2780 Wagen Laibund Schachtelkäse (1958) gegenüber 1950 Wagen (1937/39) besonders heikel wären. Für die Erhebung eines Zollzuschlages auf der Käseeinfuhr würde das Landwirtschaftsgesetz (Art. 23) eine Eechtsbasis bieten, jedoch sind auch hier wieder die bilateralen Verträge zu berücksichtigen.

Die Verhältnisse liegen gegenwärtig so, dass eine mengenmässige Beschränkung der Käseimporte infolge der im Rahmen der OECE eingegangenen Verpflichtungen praktisch nicht möglich ist. Auf jeden Fall sollte die Anwendung neuer Massnahmen nicht in Betracht gezogen werden, solange sich die ImportExportrelation nicht wesentlich ungünstiger gestaltet. Würde indessen die derzeitige Produktionslage in den übrigen Ländern Westeuropas zu stark erhöhten Importen unterpreisiger Käse in unser Land führen, so wäre die
Anordnung von wirksamen Gegenmassnahmen vorzubehalten.

Zusammenfassend darf festgehalten werden, dass sich die Liberalisierungsmassnahmen der OECE-Länder, ganz allgemein betrachtet, für die schweizerische Milchwirtschaft unterschiedlich ausgewirkt haben. Einerseits ist der Export unserer milchwirtschaftlichen Erzeugnisse, soweit er praktisch und vor allem aus preislichen Gründen überhaupt je in Frage gekommen ist, mit wenigen

289 Ausnahmen (Frankreich) nicht mehr durch Einfuhrbeschränkungen der OECELänder behindert. Das gilt ganz besonders für das weitaus wichtigste Exporterzeugnis unserer Milchwirtschaft, den Käse. Die Käseausfuhr hat sich denn auch sowohl in absoluten Mengen als auch in Prozenten der gesamten Milchproduktion der Schweiz über das Vorkriegsausmass hinaus zu entwickeln vermocht, zum Teil allerdings mit hohen Preiseinbussen. Auch die Ausfuhr von Milch in Form anderer Milchprodukte (Milchkonserven, Schokolade usw.) hat aus der Liberalisierung Nutzen gezogen.

Andererseits ist festzustellen, dass auch die Einfuhr von Milch in Form verschiedener Erzeugnisse im Vergleich zur Vorkriegszeit gestiegen ist, wobei jedoch die Mengenbilanz des schweizerischen Aussenhandels mit Milchprodukten nach wie vor einen bedeutenden Ausfuhrüberschuss aufweist. Nicht zu übersehen ist in diesem Zusammenhang, dass sich die schweizerischen Delegierten bei der OECE mit Erfolg gegen die vollumfängliche Liberalisierung unserer Milchprodukteneinfuhr eingesetzt haben. Unsere Milchwirtschaft geniesst immerhin noch einen erheblichen Einfuhrschutz durch das Buttereinfuhrmonopol (Staatshandel) ; ferner wird die Einfuhr von Vollmilchpulver und von Milchsäurekasein durch die Anwendung von Leistungssystemen beschränkt. Der Vollständigkeit halber sei schliesslich erwähnt, dass die in die Schweiz eingeführten Milchprodukte mit Zollansätzen belastet sind, die ebenfalls eine Schutzfunktion ausüben.

C. Milchpreisdiîîerenzierung

1. Allgemeine Betrachtungen Die Frage der vermehrten Anwendung der Preisdifferenzierung in der Landwirtschaft, insbesondere der Einführung bei der Milch, wird in der Öffentlichkeit seit einiger Zeit diskutiert und dabei bisweilen geltend gemacht, weiteren Preiserhöhungen bei der Milch könnte nur noch zugestimmt werden, wenn sie vor allem den Klein- und Bergbauern zugute kommen werden. Die Ansichten über die Zweckmässigkeit der Preisdifferenzierung sind nun allerdings nicht etwa einheitlich. Daher wurde dem Arbeitsausschuss für Fragen der Kostensenkung und Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft das Problem der Preisdifferenzierung zur Abklärung übergeben. Nachstehend werden einige besonders wichtige Feststellungen des Arbeitsausschusses, insbesondere die für oder gegen eine Milchpreisdifferenzierung sprechenden Gründe, dargelegt. Esdarf dabei nicht verschwiegen werden, dass seine Auffassungen über die Wünschbarkeit, den Erfolg und die verschiedenen Nebenwirkungen dieser Massnahme stark auseinander gingen.

. a. A r g u m e n t e für eine M i l c h p r e i s d i f f e r e n z i e r u n g Die Befürworter einer Milchpreisdifferenzierung erwarten von der Einführung dieser Massnahme nicht die umfassende Lösung des Problems der Einkommensdisparität innerhalb der Landwirtschaft; doch wäre es in vielen

290 Fällen schon ein Erfolg, wenn dadurch ein weiteres Auseinanderklaffen der stark unterschiedlichen Einkommensverhältnisse vermieden werden könnte.

Das Einkommen von Kleinbetrieben liesse sich um jährlich 100 bis 300 Franken erhöhen, wenn z. B. ein Preiszuschlag von 3 Eappen bis und mit den ersten 10 000 kg eingelieferter Milch ausgerichtet werden könnte. Gemessen an den zum Teil kleine« Einkommen wäre eine solche Zulage nicht zu unterschätzen.

In den Klein- und Bergbauernbetrieben ist mit höheren Produktionskosten je produzierte Einheit zu rechnen, so dass sich auch kostenmässig ein höherer Milcherlös rechtfertigen liesse. Das Landwirtschaftsgesetz enthält den Grundsatz, dass bei der Preisfestsetzung «die mittleren Produktionskosten rationell geführter und zu normalen Bedingungen übernommener Betriebe» massgebend sein sollen. Es wird geltend gemacht, dass es sich dabei nicht um ein Landesmittel handeln müsse; es könne sich der Begriff der mittleren Kosten auch auf Betriebsgruppen oder auf Landesgegenden beziehen.

Die Befürworter gehen weiterhin davon aus, dass man in Konsumentenkreisen für landwirtschaftliche Preisverbesserungen grösseres Verständnis hätte, wenn diese in vermehrtem Masse den Kleinbetrieben zugute kämen. Damit würde einem in ziemlich kategorischer Form gestellten Wunsch aus nicht landwirtschaftlichen Kreisen Kechnung getragen.

Dem Argument, wonach durch die Preisdifferenzierung die im Gange befindliche Strukturverbesserung künstlich hintangehalten werde, messen die Befürworter keine zu grosse Bedeutung zu. Wer den Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben will oder aufgeben muss, dürfte durch die infolge der Preisdifferenzierung gebotene Besserstellung seinen Entschluss nicht rückgängig machen. Für Kleinbetriebe aber, die durchhalten wollen, ist die durch eine Preisdifferenziej'ung hervorgerufene Einkommensverbesserung doch beachtlich.

Würde ein bestimmtes Milchquantum (z. B. die ersten 10 000 kg Milch) bei der Ablieferung preislich begünstigt, so müsste mit der Erscheinung, dass die kleinen Milchproduzenten bestrebt sein werden, dieses Quantum auf jeden Fall voll abzuliefern, gerechnet werden. Diese Tatsache ist, absatzmässig betrachtet, unerwünscht. Mehreinlieferungen an Milch sind aber nicht nur eine Folgeerscheinung dei' Preisdifferenzierung; zum gleichen Effekt
führen auch die produktivitätssteigernden Vorkehren, die allgemein als richtig betrachtet werden (bessere Fütterung, Haltung, Züchtung). Ein gewisser Ausgleich in der gesamten produzierten Milchmenge dürfte sich auch dadurch ergeben, dass der Ackerbau in grösseren Betrieben als Folge einer Preisdifferenzierung auf Kosten der Milchwirtschaft vermehrt in den Vordergrund treten würde. Wenn weiterhin etwa befürchtet wird, dass als Folge der Preisdifferenzierung mit einer Kapitalisierung der Vorzugspreise gerechnet werden müsse, welche später in höheren Bodenpreisen zum Ausdruck komme, so ist -dem nicht nur entgegenzuhalten, dass dieser Einwand auch gegenüber generellen Preiserhöhungen und den Familienzulagen, gemacht werden könnte, sondern auch, dass rund zwei Drittel aller Handänderungen innerhalb der Familie erfolgen, wo in der Begel Ertragsoder Schätzungswert massgebend sind.

291 b. Argumente gegen eine

Milchpreisdifferenzierung

Wenn demgegenüber die Preisdifferenzierung abgelehnt wird, so deshalb, weil sie gesamthaft- gesehen als wenig wirksame Massnahme zur Verbesserung der Existenz der Kleinbauernbetriebe und zur Behebung der Einkommensdifferenzen innerhalb der Landwirtschaft angesehen wird. Eine nach dem Kriterium der abgelieferten Milchmenge vorgenommene Preisdifferenzierung wäre mit dem Nachteil behaftet, dass dieser. Maßstab für die wirtschaftliche Lage eines Betriebes nicht allein ausschlaggebend ist. Weiter wird geltend gemacht, dass sich eine Preisdifferenzierung wohl kaum in Form einer Einkommensumlage innerhalb der Landwirtschaft realisieren Hesse, mithin also wesentliche Zuschüsse der öffentlichen Hand notwendig sein dürften. Derartige Mittel sollten aber mit grösserem Nutzeffekt zu einer gezielten Verbesserung der Produktionsgrundlage der Kleinbauern betriebe (Strukturänderungen, Kredithilfe, Beiträge an die Ausmerzung unwirtschaftlicher Tiere, etc.) verwendet werden.

Die daraus resultierende finanzielle Besserstellung wäre dauerhaft und im Endeffekt wesentlich höher als bei der Ausrichtung bescheidener Milchpreiszulagen. Von der gleichen Seite wird sodann zu bedenken gegeben, dass der Preis - marktwirtschaftlich betrachtet - von Menge und Qualität, nicht aber von sozialen Gesichtspunkten abhängig sein sollte. Man müsse sich auch Kechenschaft ablegen, wie weit man bei der künstlichen Einflussnahme auf die Einkommenslage gehen dürfe. Es sei erwünscht, eine Strukturverbesserung in der Landwirtschaft zu erreichen; diese entstehe z. B. dadurch, dass die zu kleinen Betriebe im Rahmen von Zusammenlegungen und durch Zukaufe grösser werden oder auf andere Weise den Charakter eines existenzfähigen Familienbetriebes annehmen. Es bestehe ein volkswirtschaftliches Interesse, die im Gange befindliche Entwicklung nicht durch Massnahmen mit gegenteiliger Wirkung, wie die Preisdifferenzierung, aufzuhalten. Die zur Verfügung stehenden Unterlagen würden auch nicht ausreichen, um die Kostenunterschiede zwischen den einzelnen Betriebsgrössenklassen hinreichend auszuweisen.

Die Gegner einer Preisdifferenzierung bezweifeln, ob künftig notwendig werdende Preiserhöhungen - der Landwirtschaft in differenzierter -Form zugesprochen - auf weniger Widerstand der Konsumenten stossen würden, als die bisherigen generellen Preiserhöhungen. Sie
befürchten auch, dass bei einer Milchpreisdifferenzierung die Milcheinlieferungen aus den begünstigten Betrieben auf Kosten der Selbstverwertung in Haushalt und Betrieb stark zunehmen und zu zusätzlichen Schwierigkeiten bei der Milch- und Milchproduktenyerwertung führen könnten. Die Gefahr dieser Erscheinung wird noch gefördert, wenn z. B. die Preiszulagen bis zu einem bestimmten Quantum abgelieferter Milch ausbezahlt würden. Die kleinen Milchproduzenten würden bestrebt sein, ihre Ablieferungen so zu gestalten, dass sie auf jeden Fall in den Genuss des maximalen Zuschlages gelangen. Diese Fernwirkung ist nicht ausser acht zu lassen. Gegen, die Preisdifferenzierung wird schliesslich ins Feld geführt, dass eine solche Massnahme mit Abgrenzungs- und Durchführungsschwierig-

292 keiten verbunden wäre. Härtefälle und Ungerechtigkeiten Hessen sich kaum vermeiden.

c. P r a k t i s c h e D u r c h f ü h r u n g einer M i l c h p r e i s d i f f e r e n z i e r u n g Bisher war von einer generellen Milchpreisdifferenzierung, entsprechend der eingelieferten Milchmenge, jedoch nicht von einer solchen zwischen Bergund Talgebieten die Eede. Der Arbeitsausschuss hatte sich nämlich zum Problem einer allfälligen Differenzierung nach dem Kriterium der Höhenlage ablehnend ausgesprochen, wobei zur Begründung auf die ebenfalls ungünstige Lage der Kleinbauernbetriebe im Flachland hingewiesen wurde. Sodann sei in Betracht zu ziehen, dass der Bergbauer wegen der klimatischen und topographischen Verhältnisse das Schwergewicht seiner Produktion auf die Viehzucht legen sollte und nicht etwa auf die Milchproduktion. Mithin wollte der Arbeitsausschuss vermeiden, dass als Folge einer Milchpreisbegünstigung die Milcheinlieferungen im Berggebiet angeregt werden.

Die Anwendung differenzierter Preise könnte nach Auffassung des Arbeitsausschusses nicht etwa bei allen landwirtschaftlichen Erzeugnissen in Frage kommen; ernsthaft in Diskussion zu ziehen wäre nur eine partielle Einführung einer Preisdifferenzierung, -wobei die Produkte Milch und Brotgetreide (beim letzteren Übernahmepreis und Mahlprämie) im Vordergrund stehen. Die Einführung einer Preisdifferenzierung wäre im Prinzip auf zwei Arten möglich, nämlich in Form einer Einkommensumlage innerhalb der Landwirtschaft selbst oder dann auf dem Wege einer staatlichen Preiszulage zugunsten der Klein- und Bergbauernbetriebe. Es wäre auch möglich, die beiden Verfahren zu kombinieren.

2. Der Vorschlag des Bundesrates Die vorstehenden Ausführungen lassen erkennen, dass die Frage der Milchpreisdifferenzierung äusserst komplexer Natur und nicht einfach zu lösen ist; gute Argumente lassen sich sowohl dafür als auch dagegen anführen. Die Stellungnahmen der befragten Kantone und Verbände brachten mit überwiegender Mehrheit den Wunsch zum Ausdruck, der Bundesrat möge in der neuen Vorlage eine Milchpreisdifferenzierung vorsehen. In den meisten Fällen wurde die Verwirklichung so gesehen, dass bei den Klein- und Bergbauernbetrieben - mindestens bei den letzteren - auf die Erhebung eines Eückbehaltes teilweise oder ganz verzichtet werden sollte. Der Bundesrat
prüfte sehr eingehend, auf welche Art und Weise eine Preisdifferenzierung am zweckmässigsten durchgeführt werden könnte, ohne dass die vom Arbeitsausschuss genannten, unerwünschten Nebenwirkungen in grösserem Umfange eintreten würden. Dabei war aber auch auf eine in administrativer Hinsicht möglichst einfache Lösung zu achten.

Unter Würdigung aller Umstände ist der Bundesrat zur Auffassung gekommen, dass sich wegen der naturbedingt höheren Produktionskosten im Berggebiet vor allem eine Begünstigung der Zonen II und III gemäss dem viehwirt-

293 schaftlichen Produktionskataster rechtfertigen lässt. Die Preisdifferenzierung soll darin zum Ausdruck kommen, dass die Verkehrsmilchproduzenten der Zonen II und III von der in einem nachfolgenden Abschnitt näher erläuterten Beteiligung der Landwirtschaft an den Verwertungsverlusten der Milchprodukte im In- und Ausland ausgenommen werden.

Durch dieses Vorgehen werden die Verkehrsmilchproduzenten der Zonen II und III in einem Ausmass von schätzungsweise gegen 4 Millionen Franken begünstigt; pro kg/l Verkehrsmilch beträgt die Begünstigung im Vergleich zu den übrigen Verkehrsmilchlieferanten rund 1,5-Happen.

Die Verkehrsmilchproduzenten der übrigen Gebiete werden demgegenüber entsprechend mehr belastet, da der gesamthaft auf die Landwirtschaft entfallende Anteil aus den VerwertungsVerlusten unverändert bleibt. Je nach der effektiven Höhe der Verwertungsverluste wird der als Folge dieser Preisdifferenzierung pro kg/l Verkehrsmilch berechnete Anteil der nicht begünstigten Landwirte um ca. 0,2 Rappen höher ausfallen als bei einer einheitlichen Verlustdeckung durch alle Verkehrsmilchlieferanten des Landes.

Es muss mit dem Einwand gerechnet werden, dass bei der vorgesehenen Art der Preisdifferenzierung die Bauern der Bergzone I und diejenigen ausserhalb des Berggebietes - damit auch die dortigen Kleinbauern - von dieser Massnahme keinen Nutzen ziehen. Dazu ist zu sagen, dass die natürlichen Produktionsverhältnisse der Bergzone I doch günstiger sind als in den Zonen II und III, und dass namentlich auch die Milchverwertungsmöglichkeiten eine Preisbildung zur Folge haben, welche mit den Produktionskosten viel eher in Einklang steht als in den höheren Regionen. Auch für die Kleinbetriebe des Flachlandes erscheint diese Lösung tragbar; die Nebenverdienstmöglichkeiten sind im Flachland bedeutend zahlreicher als im Berggebiet, und die Buchhaltungsstatistik zeigt denn auch, dass die kleineren Betriebe einen nicht unwesentlichen Teil ihres Einkommens auf diesem Wege zu erwerben vermögen. Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass bei dem eingeschlagenen Weg den dringendsten Bedürfnissen der höher gelegenen Berggebiete in einem für die übrige Landwirtschaft finanziell tragbaren Rahmen Rechnung getragen worden ist. Im übrigen ist das Problem der wirtschaftlichen Besserstellung der Klein- und Bergbauernbetriebe
unabhängig von dieser Art der Preisdifferenzierung weiter zu verfolgen.

Der grosse Vorteil der in Aussicht genommenen Preisdifferenzierung gegenüber andern Lösungen-besteht in einer administrativ einfachen Durchführung.

Man wird demgegenüber in Kauf nehmen müssen, dass die im Sinne einer produktionslenkenden Massnahme vorgesehene Beteiligung der Landwirtschaft am Aufwand für die Absatzförderung sich in den Bergzonen II und III nicht auswirken wird. Wegen der verhältnismässig geringen Verkehrsmilcheinlieferungen aus diesen Gebieten wird aber der genannte Umstand nicht besonders schwer ins Gewicht fallen.

Es wurden auch andere Preisdifferenzierungsverfahren in Erwägung gezogen. Eine die ganze Landwirtschaft umfassende Preisdifferenzierung zwischen Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. I.

22

294 Klein- und Grossbetrieben ist neben andern Gründen auch deshalb abzulehnen, weil dafür relativ grosse finanzielle Mittel (25-bis 30 Millionen Pranken) erforderlich wären. Eine Preisdifferenzierung, die auf dem Wege von Kostenbeiträgen - z.B. an die ersten 4 Kühe oder Grossvieheinheiten eines Betriebes - erfolgen würde, stand in Prüfung. Mit Kücksientnähme auf die mit der Durchführung dieser Massnahme verbundenen administrativen Komplikationen musste aber der jetzt vorgeschlagenen Lösung der Vorzug gegeben werden.

D. Massnahmen zur Produktionslenkung 1. Allgemeines Artikel 19 des Landwirtschaftsgesetzes stellt zwei Möglichkeiten für die Beeinflussung der landwirtschaftlichen Produktion in den Vordergrund. Erstens sollen die geeigneten Massnahmen zur Erhaltung des Ackerbaues ergriffen werden, um ihn in Zeiten gestörter Zufuhren oder bereits eingetretener Störung der Zufuhr innert nützlicher Frist auszudehnen und damit die Landesversorgung zu sichern. Zweitens sollen - sofern die Absatzverhältnisse für vieh- und milchwirtschaftliche Erzeugnisse oder andere Gründe es zwingend verlangen - die Tierbestände an die betriebs- und landeseigene Futtergrundlage angepasst werden. Den Schwierigkeiten bei der Verwertung einer steigenden Milchproduktion lässt sich einerseits durch zusätzliche Massnahmen zur Förderung des Absatzes von Milch und Milchprodukten im In- und Ausland und andererseits durch Vorkehren zur Einschränkung der Milchproduktion entgegentreten. Hinsichtlich der Absatzförderung im In- und Ausland und der allfälligen Massnahmen zum Schütze des Inlandmarktes gegen die zunehmenden Importe wird auf die vorangehenden Abschnitte dieser Botschaft verwiesen, während die Darlegungen an dieser Stelle von den Massnahmen zur Eindämmung einer einseitigen Milchproduktion handeln. Mit diesen Problemen hatte sich auch der vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement eingesetzte Arbeitsausschuss für Fragen der Kostensenkung und Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft zu befassen.

2. Förderung des Ackerbaues Die praktische Gleichstellung der beiden Zielsetzungen des Landwirtschaftsgesetzes (Sicherung der Landesversorgung, Anpassung der Produktion an die Absatzverhältnisse) kommt insbesondere in der Förderung des Ackerbaues zum Ausdruck. Die Sicherung der Landesversorgung erfordert ein gewisses
Mindestmass an Ackerfläche, wodurch es in Zeiten drohender oder bereits eingetretener Störung der Zufuhr möglich sein wird, ohne Umstellungsschwierigkeiten die notwendige Ausdehnung vorzunehmen. Wenn es im letzten Krieg gelungen war, die Ackerfläche von rund 210 000 ha auf 855 000 ha zu erhöhen, so ist dies dem Umstand zu verdanken, dass eine etappenweise Ausdehnung im Laufe mehrerer Jahre vorgenommen werden konnte. Inzwischen hat die Bevölkerung aber weiter zugenommen, während die landwirtschaftlich nutzbare Bodenfläche kleiner

295 geworden ist. Allein vom Standpunkt der Landesversorgung in Kriegszeiten aus ist deshalb die Erreichung einer offenen Ackerfläche von rund 300 000 ha immer noch als wünschbar zu betrachten.

Es fragt sich, in welchem Ausmass in der landwirtschaftlichen Gesamtproduktion mittels der Förderung des Ackerbaues eine Anpassung an die Absatzverhältnisse im viehwirtschaftlichen Sektor, namentlich hei der Milch, erreicht werden kann. Im Durchschnitt der Jahre 1985/37 wurden eine offene Ackerfläche von ca. 195 000 ha und ein Eindvieh- und Pferdebestand von zusammen l 739 000 Stück ermittelt. Die Zahlen für die Dreijahresperiode 1955/57 lauten auf eine offene Ackerfläche von 261 000 ha und l 741 000 Stück Eindvieh und Pferde. Trotz der Ausdehnung des Ackerbaues um rund 65 000 ha hat sich somit der einheimische Eauhfutteranfall für unsere wichtigsten Eauhfutterverwerter nicht wesentlich verkleinert. Dies ist auf einen intensiven Ackerbau zurückzuführen, mit dessen Hälfe erhebliche Mengen Eauhfutter als Haupt- und Zwischenfutter anfallen, sowie auf die im Verlaufe der letzten 20 Jahre auch im Futterbau durch bessere Düngung und zweckmässigere Futterkonservierung erzielten Produktivitätsfortschritte. Obwohl genaue zahlenmässige Angaben hierüber sehr schwer zu machen sind, ist doch anzunehmen, dass ohne die heutige Ausdehnung des Ackerbaues die Zunahme der Eindviehbestände und damit die Absatzschwierigkeiten seit einigen Jahren noch einseitiger ausgefallen wären.

Man muss sich andererseits auch Eechenschaf t geben, dass die aus Gründen der Sicherung der Landesversorgung und der Produktionsumstellung in der Landwirtschaft erfolgende Förderung des Ackerbaues erhebliche finanzielle Aufwendungen erfordert, und damit einerseits in Zeiten normaler Einfuhr Bine Belastung bedeutet, andererseits aber der Landwirtschaft durch die Ermöglichung einer intensiven Bodennutzung eine Einkornmensverbesserung bringt.

In diesem Zusammenhang ist erneut darauf hinzuweisen, dass der Bundesrat am 15. Oktober 1954 einen Aufruf an die schweizerische Landwirtschaft erlassen hat, sie solle die offene Ackerfläche im Verlaufe der Jahre 1955 und 1956 wieder auf 280 000 ha ausdehnen. Zu diesem Zwecke wurden für die einzelnen Kantone im Eahmen dieser Gesamtanbaufläche Eichtflächen aufgestellt, welche den Kantonen bekannt gegeben wurden. Trotz
dieser Empfehlungen hat der Ackerbau von 258 000 ha (1954) nur auf 265 000 ha (1957) zugenommen; pro 1958 ist die Anbaufläche wieder auf 262 000 ha zurückgegangen.

Kleine Differenzen in der offenen Ackerfläche können auf das Verhältnis der pflanzlichen und tierischen Produktion allerdings nicht ausschlaggebend sein. Würde es jedoch an einer genügenden Förderung des Ackerbaues fehlen, so wären ein starker Bückgang der offenen Ackerfläche und parallel dazu eine entsprechende Erhöhung der tierischen Produktion zu erwarten. Auch aus diesem Grunde kommt den verschiedenen Massnahmen zur Förderung des Ackerbaues (behördliche Preisfestsetzung bei Brotgetreide, Kartoffeln, Eaps, Zuckerrüben ; Mahlprämien für Brotgetreide ; Anbauprämien für Futtergetreide) weiterhin grosse Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang ist auch der Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1957 betreffend die zweite Zuckerfabrik zu erwähnen. Es

296 dürfte daher erwartet werden, dass die Landwirtschaft von den gebotenen Möglichkeiten wirklich Gebrauch macht. Abschliessend kann festgestellt werden, dass sich die Bedürfnisse der Landesversorgung, der Produktionsregelung und auch der Einkommensverbesserung in der Landwirtschaft durch die Förderung des Ackerbaues weitgehend decken.

3. Anpassung der Viehbestände an die Betriebs- und landeseigene Futlerbasis Der Eindviehbestand betrug in den Jahren 1956 und 1957 rund l 640 000 Stück und ist im Jahre 1958 (Aprilzählung) auf l 664 000 Stück angestiegen.

Beim heutigen Verbrauch an Eindfleisch kann der normale und gleichmässige Abgang aus einem solchen Eindviehbestand vom Markt ohne Schwierigkeiten aufgenommen werden. Dagegen können Lücken in der Futterversorgung unter Umständen zu kurzfristigen Stossangeboten an Schlachtvieh führen. Während - nur von der Seite des Fleischverbrauches aus betrachtet - sogar noch eine gewisse Vermehrung der Eindviehbestände möglich wäre, wird zur Beurteilung der Frage, ob der derzeitige Viehbestand als angepasst bezeichnet werden kann, die Eauhfutterversorgung zum bestimmenden Faktor. Im Durchschnitt der letzten 6 Jahre betrug der Eindvieh- und Pferdebestand zusammen l 746 000 Stück, welche Zahl bei einer normalen Futterversorgung im Inland ohne wesentliche Importe von Eauhfutter durchgehalten werden kann. Für den im April 1958 mit l 772 000 Stück Eindvieh und Pferden gezählten Tierbestand ist somit die durchschnittliche Eauhfutterbasis wohl zu knapp. Da die Landwirtschaft immer wieder mit kleineren oder mittleren Futterernten zu rechnen hat, drängt sich nach den überdurchschnittlich guten Futterjahren 1957 und 1958 rechtzeitig eine gewisse Eeduktion der Viehbestände auf, insbesondere da die Absatzverhältnisse im Schlachtviehsektor dies zur Zeit zulassen.

Die landwirtschaftlichen Organisationen haben die Produzenten im Laufe der vergangenen Monate verschiedentlich durch Aufrufe aufgefordert, ihre Bestände vermehrt der betriebseigenen Eauhfutterbasis anzupassen und durch Ausmerzung von Kühen mit ungenügender Leistung eine Eeduktion des Kuhbestandes und damit eine Eindämmung der Milchproduktion zu erreichen. Das Bestreben der Landwirte, die verhältnismässig guten Futterverhältnisse des Jahres 1958 durch eine längere Haltung der Tiere auszunützen, erschwerte leider
die Bemühungen der landwirtschaftlichen Organisationen.

Als wichtigste Massnahme zur Anpassung der Viehbestände an die betriebsund landeseigene Futterbasis sind die in Artikel 19 des Landwirtschaftsgesetzes genannten Preiszuschläge auf eingeführten Futtermitteln, Stroh und Streue zu nennen. Mittels der Preiszuschläge und der Ausrichtung von Anbauprämien für selbst erzeugtes Futtergetreide wird versucht, Kostenparität zwischen zugekauftem Futter und eigenem Futtergetreide herzustellen. Sind nämlich importierte Futtermittel während längerer Zeit zu günstigeren Preisen und in beliebigen Mengen erhältlich, so besteht ein zusätzlicher Anreiz, die Fleisch-, Eier- und sodann auch die Milchproduktion noch über die betriebseigene Futterbasis hin-

297 aus auszudehnen, wodurch Absatzschwierigkeiten entstehen können. Mit einer auf billigen ausländischen Futtermitteln aufgebauten tierischen Produktion könnte die bäuerliche Erzeugung bei Verwendung der betriebseigenen Futtermittel nicht konkurrenzfähig sein. Da vom Standpunkt der Landesversorgung in Zeiten gestörter Zufuhr der bäuerliche Betrieb mit eigener Futterbeschaffung der schutzwürdigste ist, müssen auch geeignete Massnahmen getroffen werden, damit dieser in Zeiten billiger Zufuhren die Kosten einer rationellen eigenen Futterproduktion decken kann. Zahlreiche Kritiken an den Preiszuschlägen auf Futtermitteln, in denen auf die Kostenverteuerung hingewiesen wird, übersehen, dass ohne Preiszuschläge nur in Betrieben mit umfangreicher Verwendung importierter Kraftfuttermittel eine wesentliche Kostensenkung eintreten könnte, während dies für die bäuerlichen Betriebe mit eigener Futterproduktion nicht der Fall wäre.

Die produktionslenkende Wirkung der Preiszuschläge zeigt sich in den einzelnen Betriebszweigen um so deutlicher, je umfangreicher die Kraftfutterverwendung ist. In der Milchviehhaltung ermöglicht die Verwendung des Kraftfutters während des Winters eine bessere Ausnützung der Leistungsfähigkeit der Milchkühe und trägt dadurch zu einer Kostensenkung bei: Indessen muss festgestellt werden, dass in Betrieben mit übersetzten Kuhbeständen Kraftfutter nicht nur als ergänzendes Leistungsfutter, sondern auch an Stelle des knappen Eauhfutters, d.h. als Erhaltungsfutter zugekauft wird. Solange der Anreiz zum Kauf von Futtermitteln von der Preisseite her gross ist, werden immer wieder zahlreiche Betriebe versucht sein, die betriebseigene Futterbasis zu verlassen. Die Preiszuschläge auf Futtermitteln müssen deshalb, wenn sie der Anpassung der Viehbestände an die betriebseigene Futterbasis Nachachtung verschaffen sollen, im Zusammenspiel mit den Anbauprämien für inländisches Futtergetreide laufend so angepasst sein, dass der Anreiz zum Zukauf in einem angemessenen Kahmen gehalten werden kann. Dabei ist auch den speziellen Bedürfnissen der Geflügel- und Pferdehaltung Rechnung zu tragen.

Da mittels eingeführtem Kraftfutter schätzungsweise weniger als 4 Prozent des Nährstoffbedarfes der Milchkühe gedeckt werden, könnte auch eine prohibitive Festsetzung der Preiszuschläge auf importierten Futtermitteln
oder gar eine individuelle Zuteilung derselben bis zum Einzelbetrieb nicht eine entscheidende Eeduktion der Kuhbestände zur Folge haben. Der Einfluss auf die Höhe der Milchproduktion ist etwas grösser einzuschätzen, weil das Kraft-, futter als zusätzliches, konzentriertes Produktionsfutter unmittelbar zur Erzielung höherer Milchleistungen als im Falle der ausschliesslichen Verabreichung von gutem betriebseigenem Futter dienen würde. Es sind nun aber gerade die letzterzeugten Zentner Milch, die bei der Verwertung der Gesamtproduktion am teuersten zu stehen kommen. Die in den letzten Jahren grössere Kraftfutterverwendung stellt aber nur einen der verschiedenen Faktoren dar, die im Zuge der Produktivitätssteigerung zu einer Erhöhung der Milchproduktion und einer vollkommeneren Ausnützung der Leistungsfähigkeit der Milchkühe Anlass gegeben haben.

298 4. Direkte Massnahmen zur Entlastung der Milchproduktion Im Hinblick auf die grossen Schwierigkeiten in der Milchverwertung stellt sich die Frage, ob Empfehlungen und indirekte Lenkungsmassnahmen, wie die Preiszuschläge auf Futtermitteln und die allgemeinen Bestrebungen zur Förderung des Ackerbaues, genügen, um eine stärkere Anpassung der Viehbestände an die betriebseigene Futterbasis zu erreichen. Als zusätzliche Massnahme wäre die Eröffnung von sogenannten Eichtkuhbeständen für die einzelnen Betriebe zu nennen, welche von der vorhandenen, eigenen Futterbasis abhängig zu machen wären. Die Durchführung dieses Vorschlages müsste jedoch auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stossen, da die Betriebsverhältnisse in unserem Land von Eegion zu Eegion und auch von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich sind und deshalb von Bund, Kantonen und Gemeinden die Grundlagen für eine gerechte Festsetzung von Eichtkuhbeständen bei mehr als 150 000 Rindviehbesitzern kaum beschafft werden könnten. Die Schwierigkeiten in der Durchführung würden sich insbesondere dann zeigen, wenn sich für den Produzenten aus der Nichteinhaltung der Empfehlungen gewisse Konsequenzen bezüglich des Milchpreises ergeben würden.

Die zur Zeit günstigen Absatzverhältnisse im Fleischsektor stellen die Frage der Möglichkeit einer gewissen Umstellung in der Viehhaltung von Milchkühen auf vermehrte Mast. Insbesondere besteht eine grosse Nachfrage nach Wurstvieh, so dass eine gewisse Entlastung der Milchproduktion durch Ausdehnung der Schlachtviehproduktion gesucht werden kann. Wenn nicht auch auf diesem Sektor Absatzschwierigkeiten entstehen sollen, so darf von den Umstellungsrnöglichkeiten allerdings nur mit Mass Gebrauch gemacht werden. Immerhin wäre eine vermehrte Haltung von jährlich 5000 bis 10 000 jungen Stieren zur Erzeugung von Wurstfleisch möglich. Um dem Rindfleisch weiterhin den Absatz zu sichern, sollte in der Schweinefleischproduktion eher Zurückhaltung geübt werden. - Eine Entlastung der inländischen Rindviehhaltung, namentlich für das B.erggebiet, stellt auch der Export von Nutz- und Zuchtvieh dar.

Einer Reduktion des Rindvieh-, respektive des Kuhbestandes sind allerdings von der Einkommensseite her gewisse Grenzen gesetzt, da die schweizerische Landwirtschaft wegen der grossen Kapitalbelastung aus den hohen Bodenpreisen,
den grossen Gebäudekosten, dem umfangreichen und vielseitigen Maschinenpark usw. auf eine intensive Bodenbewirtschaftung angewiesen ist. Einer extensiveren Bewirtschaftung, die mit einer starken Reduktion der Vieh- und Kuhbestände gefördert würde, haftet auch der Nachteil an, dass sie - auf die produzierte Einheit bezogen - kostenverteuernd wirkt.

Von einer direkten Einflussnahme auf die Milchproduktion oder den Kuhbestand mittels Zuteilung der Futtermittel an den einzelnen Betrieb, der Kontingentierung der Milchproduktion oder der Kuhbestände, sollte auf jeden Fall so lange als möglich abgesehen werden, da sich dieselbe in der praktischen Durchführung als schwierig erweisen müsste. Orientierungshalber sei bekanntgegeben, dass gegenwärtig in einer Gemeinde eine Untersuchung durchgeführt wird, wel-

299 che über die konkreten Durchführungsmöglichkeiten einer Futtermittelzuteilung näheren Aufschluss geben soll. Da in der jetzigen Situation indirekte Lenkungsmassnahmen, wie die Preiszuschläge auf Futtermitteln, keine genügende Wirkung haben, ist es unumgänglich, vermehrt auf preispolitische Anordnungen, wie sie nachfolgend dargelegt sind, abzustellen.

5. Preispolitische Massnahmen Die Festsetzung des Grundpreises der Milch erfolgt im Prinzip nach dem in Artikel 29 Landwirtschaftsgesetz festgelegten-Ziel kostendeckender Preise für landwirtschaftliche Produkte und nach der in Artikel 30 Landwirtschaftsgesetz geforderten angemessenen Preisparität zwischen den verschiedenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen, wobei gemäss Artikel 4 Milchbeschluss auch den jeweiligen Produktions- und Absatzverhältnissen Beatmung zu tragen ist. Für viele Betriebe ist das Milchgeld die einzige regelmässig fliessende Einnahmenquelle. Zur Erziehlung eines angemessenen Einkommens ist daher die Landwirtschaft unter anderem auf eine hohe Intensität in der Milchviehhaltung und auf einen möglichst kostendeckenden Milchpreis angewiesen. Da aber das Landwirtschaftsgesetz keine Preisgarantie, ohne Eücksichtnahme auf die Absatzverhältnisse, vorsieht, stellt sich die Frage, in welcher Weise und in welchem Ausmass die Produzenten finanziell an der Verantwortung für die Verwertung einer überschüssigen Milchproduktion mittragen sollen. Eine derartige Massnahme lässt sich auch vom Standpunkt der Sicherung des bäuerlichen Einkommens aus insofern rechtfertigen, als durch eine steigende Milchproduktion eine Kostensenkung pro Kilo Milch eintritt, und die steigenden Milcheinlieferungen bei garantiertem Preis auch zu direkten Einkommensverbesserungen führen.

Günstige Preisverhältnisse haben auf die Milchproduktion eine eher stimulierende Wirkung; kurzfristig betrachtet, hängt aber der Umfang der Milcheinlieferungen in erster Linie von den im Moment bestehenden Produktionsvoraussetzungen (Futterverhältnisse, Kraftfutterversorgung, Kuhzahl) ab, weil grössere Produktionsumstellungen in der Landwirtschaft in der Kegel nur langfristig vorgenommen werden. Eine finanzielle Beteiligung der Produzenten am Aufwand für den Milchproduktenabsatz wird somit langfristig, und in einem gewissen Ausmass aber auch kurzfristig, eine produktionseinschränkende
Wirkung haben.

Die Beteiligung der Produzenten an den Verwertungsverlusten kann entweder mit der Höhe der Verkehrsmilcheinlieferungen in Verbindung gebracht werden oder sich aber nach dem Finanzierungsbedarf ausrichten. Sie hat gegenüber einer allgemeinen Senkung des Grundpreises den Vorteil, dass sie auf die Produzenten ständig einen Druck zur Produktionseinschränkung ausübt und ihnen gestattet, dann den festgesetzten Grundpreis zu erzielen, wenn die Produktion den Absatzverhältnissen wirklich angepasst ist. Im Gegensatz zu einer Grundpreissenkung, welche nur im Ausmass von ganzen Eappen vorgenommen

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werden kann, werden die Produzenten an den Verwertungsverlusten entsprechend deren effektiven Höhe beteiligt; diese Beteiligung berechnet sich in Bruchteilen von Eappen.

Ob die Beteiligung der Produzenten an den Verwertungsverlusten an der Höhe der Verkehrsmilcheinlieferungen oder aber am Finanzierungsbedarf bemessen wird, wirkt sich im Endeffekt für die Landwirtschaft gleich aus, indem der durchschnittliche Erlös je Kilo Milch mit zunehmenden Einlief erungsmengen abnimmt. Stellt man auf den Finanzierungsbedarf ab, so bietet dies den Vorteil, dass in relativ einfacher Weise auf die tatsächlichen Milchverwertungsverhältnisse Rücksicht genommen werden kann. Zudem kommen gewisse Durchführungsschwierigkeiten des andern Verfahrens, wie z.B die vorgängige Festsetzung der Milchmenge, auf die der volle Preis auszurichten ist, in Wegfall.

Eine Beteiligung der Produzenten an den Verwertungsverlusten, wie übrigens auch eine Grundpreissenkung, bedeutet nun allerdings für diejenigen Betriebe eine gewisse Härte, welche den Empfehlungen zur Anpassung ihres Kuhbestandes und der Milchproduktion an die betriebs- und landeseigene Futterbasis sowie die Absatzverhältnisse Folge geleistet haben. Auch für die Kleinund Bergbauern, die allerdings in der Regel nur kleine Milchmengen abliefern, ist diese, wenn auch geringe Preis- und Einnahmenschmälerung, unerfreulich.

Dieser Gedanke ist auch in vielen Stellungnahmen der Kantone und Wirtschaftsverbände zum Ausdruck gekommen, und es erfolgte der Hinweis, dass es sich bei den Berggebieten um milchwirtschaftliche Mangelgebiete handle. Deshalb wurde gefordert, man solle auf. eine einheitliche Beteiligung der Produzenten verzichten und die Klein-, auf jeden Fall aber die Bergbauernbetriebe, nicht zur Finanzierung heranziehen. Obschon grundsätzlich alle Verkehrsmilchproduzenten von der als produktionslenkende Massnahme gedachten Verlustbeteiligung betroffen werden sollten, ist es tragbar, für die Produzenten der Zonen II und III des Berggebietes eine Ausnahme zu machen; wir verweisen dazu auch auf den vorangehenden Abschnitt über die Preisdifferenzierung.

E. Finanzierung dei Milchverwertung ab I.November 1959 1. Die Notwendigkeit der zusätzlichen Finanzierung des Absatzes von Milchprodukten In den Botschaften vom 15. November 1957 und 16. Mai 1958 betreffend die zusätzliche
Finanzierung des Absatzes von Milchprodukten wurde über die Produktions- und Absatzverhältnisse unserer Milchwirtschaft eingehend Auskunft gegeben. Im heutigen Zeitpunkt können jene Angaben insofern ergänzt werden, als die provisorischen Zahlen für das Jahr 1958 bekannt sind. Während die Verkehrsmilcheinlieferungen im Kalenderjahr 1957 gegenüber 1956 um 4 Prozent zugenommen haben, beträgt die Zunahme für das Jahr 1958 ca.

1,4 Prozent entsprechend ca. 280 000 q Milch. Sie ist auf die aussergewöhnlich hohen Milcheinlieferungen im ersten Quartal 1958 zurückzuführen; seit dem

301 Monat April 1958 haben diese jedoch die Einlieferungen des Vorjahres - mit Ausnahme des Monates Juli - nicht mehr erreicht. Die durch das Zusammentreffen von verschiedenen günstigen Umständen bewirkte Rekordproduktion der Herbst- und Wintermonate 1957/58 scheint mindestens für den Winter 1958/59 nicht mehr erreicht zu werden, und dies trotz eines vermutlich eher höheren Kuhbestandes. Als Begründung kann auf das gehaltsmässig weniger gute Dürrfutter und ferner auch auf einen früheren Beginn der Dürrfutterperiode hingewiesen werden. Es darf ferner angenommen werden, dass die Anordnung eines Eückbehaltes von l Eappen je kg/l auf der Sommermilchproduktion 1958 sowie diejenige'von 2 Rappen je kg/l auf der Produktion ab I.November 1958 einen Einfluss'auf den Produktionsumfang ausgeübt haben; naturgemäss ist es unmöglich, genauer zu sagen, welcher der angeführten Faktoren die Produktion am meisten beeinflusst hat.

Ein Blick über die Grenzen unseres Landes zeigt, dass die Milchproduktion im vergangenen Jahr aus ähnlichen Gründen wie in der Schweiz auch.in andern Ländern überaus gross war. Die starke Produktionszunahme während des Winters 1957/58 führte im Frühjahr 1958 zu einem eigentlichen Zusammenbruch der Butterpreise auf dem Weltmarkt. Der Preis für Kochbutter lag zeitweise tiefer . als derjenige für Margarine. Zahlreiche Länder sahen sich veranlasst, ihre Überschüsse an Milch und Milchprodukten, hauptsächlich Butter, mit Hilfe von Zuschüssen stark verbilligt abzugeben; dementsprechend haben die staatlichen Aufwendungen für die Sicherung des Produzentenmilchpreises und des Absatzes von Milch und Milchprodukten auch im Ausland ganz beträchtlich zugenommen.

Einzelne Regierungen sahen sich bei diesen Verwertungsschwierigkeiten gezwungen, die Preisgarantie für Milch auf eine bestimmte Menge zu begrenzen, oder die Produzenten durch Senkung des Milchpreises' wie auch durch Abzüge vom Milchpreis am Absatzrisiko beteiligen zu lassen. Am 29. Juli 1958 stimmte der Rat der OECE einer Empfehlung zu, welche den Ländern nahelegte, die Massnahmen zur Erhöhung des Verbrauches von Milch und Milchprodukten, namentlich Butter, zu verstärken. Die Exportländer wurden weiter aufgefordert, die Exportsubsidien bei Butter wenn möglich einzuschränken ; die Importländer andererseits wurden ersucht, die Importbeschränkungen
nach Möglichkeit zu lockern.

Nach dem stark preisdrückenden Überangebot .von Milch und Milchprodukten in der ersten Hälfte des Jahres 1958 hat in den letzten Monaten ein gewisser Produktionsrückgang auf dem internationalen Markt eine Preisfestigung für Milchprodukte bewirkt. Von dieser Preisentwicklung wird die Schweiz insofern profitieren, als der preisliche Druck der milchwirtschaftlichen Importprodukte tendenziell etwas nachgelassen hat und unsere Exportverluste für Käse in einem kleineren Rahmen gehalten werden können. Unabhängig davon ist die europäische wie auch die schweizerische Milchproduktion nach wie vor als hoch zu bezeichnen.

Es wurde in den vorangehenden Abschnitten zu zeigen versucht, auf welche Art und Weise den Schwierigkeiten im Absatz und in der Verwertung von Milch

S02 und Milchprodukten begegnet werden könnte. So wurden insbesondere die möglichen Massnahmen zur Förderung des Absatzes eingehend dargelegt. Bei den Ausführungen über die Produktionslenkung sind Wege aufgezeigt worden, welche allenfalls eine gewisse Produktionseinschränkung oder doch eine Stabilisierung der Verkehrsmilcheinlieferungen zu bewirken vermögen. Auch wenn es gelingt, die erwähnten Massnahmen teilweise oder voll zu verwirklichen, so ist tendenziell doch weiterhin mit einer hohen und steigenden Verkehrsmilchproduktion zu rechnen. Vom Standpunkt .der allgemeinen Leistungssteigerung in der Landwirtschaft aus betrachtet, wie auch im Hinblick auf deren Einkommensverhältnisse ist diese Tatsache an sich zu begrüssen. Auf der Verwertungsseite können sich daraus auch künftig Absatz- und Finanzierungsschwierigkeiten ergeben, da die Nachfrage voraussichtlich weniger rasch steigen wird als die Produktion und bei forciertem Absatz eventuell bedeutende Kosten entstehen. Aus diesem Grunde wird es daher unerlässlich sein, zusätzlich zum Landwirtschaftsgesetz weitere Mittel zur Finanzierung des Absatzes von Milchprodukten zur Verfügung zu stellen. Wenn zu diesem Zwecke keine neue Rechtsgrundlage geschaffen werden könnte, bliebe nach dem heutigen Stand 'der Produktions- und Absatzverhältnisse nichts anderes übrig, als entweder die Konsumentenpreise für Milch und Milchprodukte bei gleichbleibendem Produzentenpreis zu er-.

höhen oder den Produzentengrundpreis für Milch -- praktisch unter Belassung der gegenwärtigen Konsumentenpreise - ganz wesentlich herabzusetzen oder schliesslich eine Kombination der beiden Möglichkeiten ins Auge zu fassen.

Bei der Lösung des Gesamtproblems wird die Landwirtschaft zunächst die Durchführung von Selbsthilfemassnahmen beachten müssen. Sie bestehen darin, dass der Eigenkonsum von Milch und Milchprodukten entsprechend den allgemeinen Empfehlungen nach Möglichkeit ausgedehnt wird. Die Landwirtschaft wird ausserdem darnach zu trachten haben, im Sinne der von Behörden und Organisationen erlassenen Eichtlinien die Kuhbestände zu reduzieren, um von dieser Seite her einen aktiven Beitrag an die Meisterung der Absatzschwierigkeiten zu leisten. In Ergänzung wird dann der Staat zunächst die in Artikel 26 des Landwirtschaftsgesetzes vorgesehenen Massnahmen zur Absatzförderung,
nämlich die Verbilligung der Preise von Milchprodukten, vornehmen. Dass die Preisgestaltung besonders bei den Milchprodukten hinsichtlich der Höhe des Verbrauches eine Eolie spielt, wurde bereits früher erwähnt. Im Falle von spürbaren Preisreduktionen wäre eine weitere Absatzausweitung zu erwarten, da namentlich bei den Milchprodukten eine gewisse preisliche Nachfrageelastizität besteht. Dies ist auch der Grund, dass schon das Landwirtschaftsgesetz eine Verbilligung der Milchprodukte, nicht aber der Konsummilch vorsah. Die Gründe, die zu den Bundesbeschlüssen vom 20. Dezember 1957 und vom 13. Juni 1958 über die zusätzliche Finanzierung des Absatzes von Milchprodukten führten, liegen eindeutig darin, dass die bestehenden Rechtsgrundlagen gegenwärtig nicht ausreichen, um die Absatzfinanzierung im Inland im notwendigen Ausmass sicherzustellen. Für das gegenwärtige Finanzierungsjahr (I.November 1958 bis 31. Oktober 1959) wurde für die Milchproduktenverwertung im In- und Aus-

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land laut Voranschlag des Bundes noch mit einem Gesamtaufwand von 88 Millionen Franken gerechnet. Davon können auf Grund des Landwirtschaftsgesetzes rund 48 Millionen Franken gedeckt werden (Einnahmen gemäss Art. 26 Landwirtschaftsgesetz: ca. 15 Mio.Fr.; Beiträge an die Exportförderung gemäss Art.24 Landwirtschaftsgesetz: ca. 33 Mio.Fr.), so dass zur Finanzierung gemäss Bundesbeschluss vom 13. Juni 1958 ein zusätzlicher Aufwand von ca. 40 Millionen Franken verbleibt. Als Folge der Wiederaufnahme von Butterimporten dürfte der Aufwand eher geringer ausfallen.

Wie hoch der zusätzliche Finanzbedarf in Zukunft effektiv sein wird, hängt ausser vom Milchgrundpreis massgeblich von den Produktionsmengen und den vorhandenen Absatzverhältnissen im In- und Ausland ab. Indessen ist bei der heutigen Lage, auch bei Berücksichtigung aller Anstrengungen zur Absatzförderung und zur Produktionsregelung, nicht mit einer so weitgehenden Veränderung resp. Verbesserung der Verhältnisse zu rechnen, dass ab I.November 1959 keine zusätzlichen Mittel mehr nötig wären.

Namentlich auch im Hinblick auf die heute bestehenden Schwierigkeiten in der Produktionslenkung, resp. dem Mangel an genügenden Ausweichmöglichkeiten für die landwirtschaftliche Produktion werden die zusätzliche Finanzierung des Absatzes von Milchprodukten und damit verbunden eine gewisse Beteiligung des Staates nicht zu umgehen sein. Der Staat soll sich aber auch deshalb an der zusätzlich notwendig werdenden Finanzierung beteiligen, weil nach wie vor ein grosses staatspolitisches Interesse an der Erhaltung eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähigen Landwirtschaft besteht. Über die Form und das Ausmass der zusätzlichen staatlichen Intervention soll nachstehend berichtet werden.

2. Der zukünftige Finanzierungsbedarf und die Deckungsmöglichkeiten Auf Grund der bisherigen Erfahrungen ist es nicht möglich, die sich aus dem Absatz von Milchprodukten ergebenden Gesamtaufwendungen für eine 5jährige Periode ab November 1959 heute schon zahlenmässig sicher zu schätzen.

Primär ist die Schwierigkeit im Umstand begründet, dass zutreffende Voraussagen über die effektiven Verkehrsmilcheinlieferungen nur schwer gemacht werden können ; es sei nur an die unerwartet hohen Milcheinlieferungen im Winter 1957/58 erinnert sowie andererseits auf den momentanen Eückgang
der Verkehrsmilchproduktion. Ebenso unbekannt ist zur-Zeit die Entwicklung der Absatzmöglichkeiten im Inland: Einen niassgeblichen Einfluss auf den zukünftigen Finanzierungsbedarf werden sodann die Verhältnisse im Ausland, resp. die Eegelung der zwischenstaatlichen Beziehungen (Freihandelszone, gemeinsamer Markt) bewirken. Offen ist sodann die Frage, ob es den andern westeuropäischen Ländern gelingt, die heutigen Schwierigkeiten in der Milchverwertung zu beheben oder ob der Absatz- und Preisdruck auf dem westeuropäischen Milchmarkt tendenziell bestehen bleibt. Die allgemeine Ungewissheit wird es daher in

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der Eegel nur für die Zeitdauer von einem Jahr gestatten, Schätzungen betreffend den mutmasslichen finanziellen Aufwand anzustellen; im Kahmen der Budgetbehandlung erhalten die eidgenössischen Eäte jeweilen Auskunft über den Stand der Dinge. Dieses Moment der Unsicherheit führt auch dazu, den vorliegenden Bundesbeschluss auf die Dauer von 5 Jahren zu begrenzen. Schliesslich liegt es nach wie vor in der Kompetenz des Bundesrates, entsprechend den Verhältnissen und nach Massgabe der gesetzlichen Bestimmungen den Milchgrundpreis festzusetzen.

a. Finanzielle Mittel, die auf Grund b e s t e h e n d e r Eechtsgrundlagen zur V e r f ü g u n g stehen Gemäss Artikel 26 des Landwirtschaftsgesetzes, resp. Artikel 26 des Milchbeschlusses ist die Erhebung von Abgaben auf Konsummilch und Konsumrahm sowie auf der Einfuhr von Butter, Trockenmilch, Speiseölen und Speisefetten sowie deren Eohstoffe und Halbfabrikaten möglich. Die im Gesetz vorgesehene Abgabe auf Kondensmilch ist im Milchbeschluss, wie früher erwähnt, nicht enthalten und kann daher ohne Beschluss des Parlamentes zur Zeit nicht angeordnet werden.

Man kann davon ausgehen, dass grundsätzlich die in Artikel 26 des Landwirtschaftsgesetzes vorgesehenen Abgaben oder doch entsprechende Mittel zur Absatzfinanzierung zur Verfügung stehen. Bei unveränderter Höhe der Abgaben auf Konsummilch und Konsumrahm kann für die kommenden Jahre mit einem Ertrag von 6,5 bis 7 Millionen Franken gerechnet werden; unter der gleichen Voraussetzung dürften die Preiszuschläge auf Speiseölen und Speisefetten inskünftig ca. 6,5 bis 7 Millionen Franken abwerfen. Weiterhin stehen die Abgaben (inkl. Zollzuschlag) auf importierter Butter zur Verfügung. Bei Butterimporten von durchschnittlich über 600 Wagen in den Jahren 1955/57 ergaben sich namhafte Einnahmen; diese waren im Jahr 1958 bei einem Butterimport von nur 29 Wagen praktisch bedeutungslos. Sie wurden im Budget pro 1959 mit 3.4 Millionen Franken eingesetzt. Ob in den nachfolgenden Jahren Einnahmen erzielt werden können, hängt von den Milcheinlieferungen, der Absatzsituation im Inund Ausland und damit der Möglichkeit, Butter zu importieren, ab. Es ist vorsichtigerweise nicht mit grossen Beträgen zu rechnen, weshalb eine durchschnittliche jährliche Einnahme von 2 bis 3 Millionen Franken angenommen wird. Der Ertrag aus den
Preiszuschlägen bei Magermilchpulver wird zahlenmässig kaum ins Gewicht fallen, insbesondere weil die Importe rückläufig sind.

Auf Grund der bestehenden Eechtsgrundlagen und bei Belassung der heutigen Ansätze ergeben sich mithin Abgaben von ca. 16 Millionen Franken, welche für die Absatzfinanzierung von Milchprodukten eingesetzt werden können.

Was nun insbesondere die Finanzierung des Exportes von Milchprodukten anbetrifft, so kann zu diesem Zweck ausserdem Artikel 24 des Landwirtschaftsgesetzes als Eechtsbasis herangezogen werden. In Anbetracht der Zunahme der

305 Exporfcverluste wird aber nachstehend zu prüfen sein, ob die Exportaufwendungen, wie bisher, so weitgehend vom Bund zu tragen sind.

b. E r h ö h u n g b e s t e h e n d e r oder E i n f ü h r u n g neuer Abgaben Eine Erhöhung der heute bestehenden Konsummilchabgabe von %> Kappen/l wäre als Mittel zur Geldbeschaffung für die Absatzförderung von Milchprodukten nicht sinnvoll, weil die daraus resultierende Preiserhöhung von Konsummilch eine hemmende Wirkung auf den Absatz ausüben könnte. Da ein möglichst hoher Konsummilchverbrauch, abgesehen von den gesundheitlichen Vorzügen, vom Standpunkt der Milchverwertungskosten aus von grosser Bedeutung ist, erscheint es mithin nicht zweckmässig, auf diesem Wege zusätzliche finanzielle Mittel beschaffen zu wollen. Es wird bisweilen eine starke Erhöhung der Konsumrahmabgabe (heute 30 Ep. je kg) als geeignetes Mittel zur Geldbeschaffung für die Absatzförderung anderer Milchprodukte vorgeschlagen; bei einer Verdoppelung der Abgabe und gleichbleibender Verbrauchsmenge würde eine solche Massnahme jährlich rund 3 Millionen Franken abwerfen, und im Gegensatz zur Konsummilch liesse sich eine Verteuerung dieses Produktes wohl verantworten.

Demgegenüber kann aber eine Erhöhung oder sogar massive Erhöhung aus dem nachfolgenden Grunde nicht in Betracht kommen. Es bedurfte grosser Anstrengungen, um den Bahmkonsum auf den derzeitigen Stand zu bringen. Daher ist es vorbehaltlich einer Belastung des Importrahmes sicher richtig, die Bestrebungen auf eine weitere Absatzausdehnung bei Bahm auszurichten, um auf diese Art und Weise eine Entlastung der Kosten verursachenden Käse- und Butterherstellung zu erreichen.

Nach den gesetzlichen Grundlagen wäre eine Erhöhung der Abgaben auf Speiseölen und .Speisefetten sowie deren Bohprodukten an sich möglich; die Bundesversammlung hätte in der nächsten Session eine allfällige, vom Bundesrat vorgenommene Erhöhung zu sanktionieren. Es liesse sich auf diesem Wege eine bedeutende Einnahmenvermehrung erzielen. In diesem Zusammenhang hat sich auch die Frage der Erhebung einer speziellen Fabrikationsabgabe auf Margarine gestellt. Nun wären aber auch bei starker Erhöhung der Abgaben die Speisefette und Speiseöle sowie die Margarine doch nach wie vor billiger als Butter, so dass keine wesentliche Verlagerung auf einen vermehrten Butterkousum
erwartet werden könnte. Nachteilig wäre auch die dadurch verursachte Erhöhung der Lebenshaltungskosten zu werten. Daher soll in diesem Zusammenhang von einer Veränderung der Abgaben abgesehen werden.

c. Die Verbilligung der Milch Bei der Behandlung der Bundesbeschlüsse vom 20. Dezember 1957 und vom 13. Juni 1958 über die befristete zusätzliche Finanzierung des Absatzes von Milchprodukten wurde von einzelnen Parlamentariern gewünscht, dass ausser den Milchprodukten auch die Konsummilch zu verbilligen sei. Der gleiche Wunsch wurde auch in der öffentlichen Diskussion geäussert.

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Die Befürworter einer generellen Konsummilchverbilligung machen geltend, dass die bisherige, einseitige Verbilligung von der Annahme ausgehe, dass die Nachfrage nach Milchprodukten, besonders nach Butter, preiselastischer sei als jene nach Milch. Die Konsequenzen dieses Vorgehens seien - vom sozialen Gesichtspunkt aus betrachtet - unerfreulich. Daraus ergebe sich nämlich, dass die eher dem gehobenen Bedarf dienenden Milchprodukte, insbesondere Butter, verbilligt werden, während Konsummilch, für die ernährungsmässig kein gleichwertiger Ersatz bestehe, und die zu einem sehr grossen Anteil in den wirtschaftlich weniger gut situierten Kreisen konsumiert werde, die vollen Auswirkungen der Kosten- und Preissteigerung zu tragen habe. Aus der Entwicklung der Ergebnisse der Haushaltungsrechnungen wird der Schluss gezogen, dass auch die Nachfrage nach Konsummilch stark preiselastisch sei, vor allem in den Familien mit Einkommen bis zu 12 OOQ Franken. Da die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in diesen Einkommensgruppen konzentriert sei, dürfte auch der Gesamtabsatz der Milch eine relativ hohe Preiselastizität aufweisen. Es wird schliesslich gesagt, dass bei grösseren Überschussquantitäten eine Konsummilchverbilligung, bei ähnlichen Gesamtkosten, eine grössere Absatzausweitung hervorrufen könnte als eine Verbilligung der Milchprodukte, da keine konkurrenzierenden, billigen Substitute vorhanden seien.

Hinsichtlich dieser Begehren ist daran zu erinnern, dass die Konsummilch heute schon mittels der Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte in den grösseren Konsumzentren namhaft, zum Teil bis zu 4 Eappen je kg, in vereinzelten Fällen sogar mehr, verbilligt wird. Die Auswirkungen dieser Massnahme, für welche durchschnittlich pro Jahr 13 bis 14 Millionen Franken eingesetzt werden, erstrecken sich auf ungefähr 60 Prozent der Bevölkerung, vornehmlich in den grossen Konsumzentren wie Zürich, Basel, Genf, Bern und Lausanne. Es wäre deshalb nicht richtig, wenn gesagt wird, die Verbilligung beziehe sich gegenwärtig und inskünftig nur auf die Milchprodukte.

Abgesehen von Verbilligungsmassnahmen zur Absatzförderung legt der Bundesrat zur grundsätzlichen Seite des Problems einer Lebensmittelverbilligung Wert auf die Feststellung, dass eine solche unter den bestehenden Wirtschaft liehen Verhältnissen unseres
Landes nicht zu rechtfertigen wäre. Wenn aus den Haushaltungsrechnungen Schlüsse zu ziehen sind, so sicher auch derjenige, dass im Laufe längerer Zeiträume der Anteil der Ausgaben für Nahrungsmittel gemessen an den Gesamtausgaben - zurückgegangen ist. Der Umstand, dass namentlich die Auslagen für den Wahlbedarf anteilmässig gestiegen sind, ist erfreulich; man wird aber aus dieser Erscheinung doch auf keinen Fall eine hinreichende Begründung für ' die Notwendigkeit einer Lebensmittelverbilligung ableiten können. Daher kann eine generelle Verbilligung der Konsummilch unter den derzeitigen Verhältnissen nicht in Frage kommen. In diesem Zusammenhang sei auch erneut auf den Bundesbeschluss vom 28. September 1956 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle hingewiesen, in welchem hinsichtlich der Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte in Artikel 11 gesagt wird, dass eine Verringerung der Zuschüsse an die Sammel-, Transport-

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und Verteilungskosten, welche im Endeffekt die erwähnte Verbilligung zur Folge haben, anzustreben sei.

Es ist in diesem.Zusammenhang festzustellen, dass die Bundesverfassung keine Grundlage für eine generelle Konsummilch-Verbilligung aus sozialpolitischen Gründen enthält. Der bis zum 31. Dezember 1960 befristete Verfassungszusatz vom 26. September 1952/22. Dezember 1955 über die befristete Weiterführung einer beschränkten Preiskontrolle ermächtigt den Bund lediglich, im Sinne einer sozialpolitischen Vorkehr durch Preisausgleichsmassnahmen zur Tiefhaltung der Lebenshaltungskosten in gewissen Gebieten beizutragen.

Wenn in den Stellungnahmen von einem Kanton und zwei Verbänden verlangt wurde, dass - für den Fall der Durchführung von Verwertungsaktionen für Milchprodukte - wenigstens der Einbezug der Konsummilch in zeitlich begrenzte Verbilligungsaktionen vorzusehen sei, so kommt diesem Begehren im Prinzip keine andere Bedeutung zu, als der Forderung.auf generelle Verbilligung der Konsummilch ; es stehen ihm daher auch die gleichen verf assungsrechtlichen Einwände gegenüber.

d. Die Verbilligung der M i l c h p r o d u k t e Die vorgenommene Verbilligung bei Käse, Butter und Dauermilchwaren, resp. die nicht erfolgte Preisüberwälzung anlässlich der Milchpreiserhöhung per I.November 1957 steht mit den Ausführungen über die Konsummilch-Verbilligung nicht im Widerspruch. Der Bundesrat hat vielmehr in seiner Botschaft vom 15. November 1957 ausdrücklich erklärt, dass dieses Vorgehen nur mit Rücksicht auf die sonst gefährdeten Absatz Verhältnisse eingeschlagen werde.

Bei dieser Betrachtungsweise steht mithin wiederum der wirtschaftspolitische Gedanke der Absatzförderung im Vordergrund, während das Moment der Verbilligung lediglich das Mittel ist, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Im gleichen Sinne wird denn auch vorgesehen, den Absatz weiterhin zu fördern, um den Kampf gegen die billigeren, importierten Konkurrenzprodukte im Rahmen des Möglichen zu bestehen. In welchem Ausmass Verbilligungen bei den Milchprodukten inskünftig anzuordnen sein werden, wird von den allgemeinen Verwertungsmöglichkeiten abhängen.

3. Das zukünftige Vorgehen bei der Finanzierung Die Frage der Finanzierung des Absatzes von Milchprodukten stellt sich einerseits beim Absatz im Inland, andererseits auch beim Export. Aus Gründen,
die nachstehend näher dargelegt werden, soll für beide Gebiete getrennt vorgegangen werden.

a. Die Finanzierung des I n l a n d a b s a t z e s Aus den vorangehenden Darlegungen ist ersichtlich, in welchem Ausmass finanzielle Mittel heute schon für die Absatzförderung von Milchprodukten zur

308

Verfügung stehen ; diese sowie die ällfEiligen Erträgnisse aus dem in der Vorlage vorgesehenen Preiszuschlag auf importiertem Eahm sollen vorgängig jeder andern Massnahme in vollem Umfange eingesetzt werden. Was die zusätzlich notwendigen Mittel anbetrifft, welche gestützt auf den vorliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss greifbar gemacht werden sollen, ist im Prinzip an den Bundesbeschluss vom 13. Juni 1958 anzuknüpfen. Bereits damals galt der Grundsatz, dass sich neben dem Bund auch die Landwirtschaft selbst an den zusätzlichen Aufwendungen zu beteiligen habe. Der Bundesrat äusserte sich in seiner Botschaft vom 16.Mai 1958 zur Beteiligungsfrage wie folgt: Wenn namentlich als Folge ständig höherer Milcheinlieferungen die Absatz- und Verwertungsschwierigkeiten in der nächsten Zeit weiterhin ansteigen sollten, kann es nicht in Frage kommen, dass der Bund die für die Finanzierung des Absatzes vonMilchprodukten erforderlichen zusätzlichen Beiträge in jeder Situation in der vollen Höhe übernimmt. Wenn einerseits die staatliche Beitragsleistung bis zu einem bestimmten Ausmass gerechtfertigt ist, wird andererseits doch auch die Landwirtschaft mithelfen müssen, die Schwierigkeiten zu überbrücken. Diesem Grundsatz kann dadurch Genüge getan werden, dass die Landwirtschaft zur Finanzierung herangezogen wird. Damit erstreben wir in erster Linie eine Anpassung der Produktion an die Absatzverhältnisse ; als indirekte Folge ergibt sich dann, dass die Aufwendungen des Bundes in einem kleineren Ausmass gehalten werden können.

Aus allen in der Botschaft dargelegten Gründen muss auch heute noch an dieser Konzeption festgehalten werden. Im Entwurf zum Bundesbeschluss wird vorgesehen, dass der Bund, nach Ausschöpfung der eingangs genannten Finanzierungsmöglichkeiten allein zunächst 10 Millionen Franken der zusätzlich erforderlichen Beträge übernimmt; dieses Vorgehen entspricht der Lösung des vom I.November 1958 bis 31.Oktober 1959 geltenden Finanzierungsbeschlusses, und ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil die Situation auf dem Wege einer Hemmung des Importes von Milchprodukten nicht oder fast nicht verbessert werden kann und weil die Landwirtschaft nur begrenzte Möglichkeiten zur Produktionsverlagerung hat. Trotz dem in einigen Stellungnahmen geäusserten Wunsche auf Streichung des Vorwegbeitrages zu Lasten des Bundes glaubt der Bundesrat aus den dargelegten Gründen an diesem Vorschlag festhalten zu müssen.

Hinsichtlich der Kostendeckung eines verbleibenden Betrages weicht der Vorschlag im Beschlussesentwurf gegenüber den bisherigen Lösungen im Sinne einer Verschärfung zu Lasten der Produzenten ab. Während der Finanzierungsbeschluss vom 20. Dezember 1957 bekanntlich überhaupt noch keine Beteiligung der Produzenten an den zusätzlichen Verwertungsverlusten vorsah, geht der Bundesbeschluss vom 13. Juni 1958 davon aus, dass ein allenfalls verbleibender Betrag je zur Hälfte aus allgemeinen Bundesinitteln, resp. im Sinne einer produktionslenkenden Massnahme durch die Verkehrsmilchproduzenten zu decken sei. Für die Eegelung ab I.November 1959 ist zunächst wiederum, wie erwähnt, ein Betrag aus allgemeinen Bundesmitteln von 10 Millionen Franken einzusetzen; ein allenfalls verbleibender Betrag soll gemäss nachfolgendem Schema zwischen Bund und Verkehrsmilchproduzenten gedeckt werden :

309 Anteil Buud

erste 10 Millionen Franken nächste 10 Millionen Franken restlicher Betrag

Anteil Verkehrsmilchproduzenten

%

%

50 85 20

50 65 80

Der Vorschlag geht somit dahin, dass der Bund hei einem relativ kleinen zusätzlichen Finanzbedarf ausschliesslich (Vorausleistung von 10 Millionen Franken) oder doch zu 50 Prozent zum Zuge kommen soll; mit zunehmender Höhe der Verluste wird sein Anteil jedoch stufenweise geringer. Für die Verkehrsmilchprbduzenten liegen die Verhältnisse so, dass diese bei kleinen ungedeckten Verlusten einen verhältnismässig geringen Anteil an die Verwertungskosten beitragen müssen; mit zunehmenden Milcheinlieferungen und dadurch verursachten Absatz- und Verwertungsschwierigkeiten wird ihre Verlustbeteiligung progressiv ansteigen, und zwar stufenweise bis zu 80 Prozent.

fe. Die Finanzierung des E x p o r t e s Gemäss Artikel 24, Absatz l, des Landwirtschaftsgesetzes kann der Bund unter anderem die Ausfuhr von milchwirtschaftlichen Erzeugnissen fördern; nach Absatz 2 sind allfällige Beiträge vorab-aus dem Ertrag der nach dem Landwirtschaftsgesetz erhobenen Zuschläge und Abgaben zu decken.

In Anbetracht der wachsenden Aufwendungen für den Auslandabsatz des Käses, resp. von Milchprodukten ganz allgemein, wird es unerlässlich sein, die Milchproduzenten bei der künftigen Eegelung zur Verlustdeckung heranzuziehen, weshalb hiefür auch eine klare rechtliche Situation geschaffen werden muss. Auf diese Weise wird zudem erreicht, dass der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten an einer möglichst wenig verlustbringenden Milch· produktenverwertung interessiert bleibt. Die Beteiligung der Milchproduzenten an den beim Export entstehenden Verlusten ist auch als Gegenstück zur Beteiligung an den zusätzlichen Aufwendungen für den Inlandabsatz nötig; ohne diese könnte die Tendenz bestehen, ungeachtet der Erlöse einen möglichst grossen Teil der anfallenden Milchprodukte im Ausland abzusetzen. Eine Beteiligung ist auch als produktionslenkende Massnahme erforderlich. Überdies ist es unerlässlich, die Aufwendungen des Bundes in einem angemessenen Eahmen zu halten.

Im Beschlussesentwurf wird in Aussicht genommen, den Anteil der Milchproduzenten auf 80 Prozent des erforderlichen Aufwandes für den Milchproduktenexport zu bemessen. Ein gegenüber der Aufwandbeteiligung für die Absatzförderung im Inland tieferer Ansatz, welcher in einigen Stellungnahmen beanstandet wurde, rechtfertigt sich' aus verschiedenen Gründen. Einmal handelt
es sich bei der zusätzlichen Finanzierung des Inlandabsatzes, bezogen auf das Landwirtschaftsgesetz, um etwas Neues, d.h. um eine weitere Beschaffung von Bundesmitteln. Artikel 24 Landwirtschaftsgesetz, der von der Exportförderung handelt, begrenzt demgegenüber die verfügbaren Mittel nicht, indem, Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. I.

28

810 wenn die Erträgnisse der nach dem Landwirtschaftsgesetz erhobenen Zuschläge und Abgaben nicht ausreichen, allgemeine Bundesmittel eingesetzt werden dürfen. Die rechtliche Ausgangslage für die Heranziehung der Milchproduzenten ist also bei der Förderung des Inlandabsatzes eine ganz andere als bei der Exportförderung. Zudem soll mit dem Ansatz von 30 Prozent dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Möglichkeiten des Absatzes im Ausland verhältnismässig nur wenig beeinflusst werden können. So haben wir z.B.

keinen Einfluss auf das ausländische Preisniveau. Es bestehen beim Export bisweilen auch Schwierigkeiten, die beim Absatz im Inland fehlen oder doch geringer sind. Die Beteiligung der Produzenten am Exportaufwand darf deshalb, nach Auffassung des Bundesrates, nicht so hoch sein wie bei der Förderung des Inlandabsatzes.

c. Die Auswirkungen des vorgeschlagenen K o s t e n v e r t e i l u n g s schlüssels Zur Illustration der Auswirkungen des in Aussicht genommenen Kostenverteilungsschlüssel sollen drei Beispiele dienen, wobei als Ausgangsbasis folgende Gesamtaufwendungen für die Milchproduktenverwertung angenommen wurden : 1. 88 Millionen Franken (gemäss Budget pro 1959) 2. 120 Millionen Franken (im Falle einer sehr ungünstigen Entwicklung der Lage) 3. 60 Millionen Franken (im Falle einer gewissen Entspannung der Lage).

Es kann damit gerechnet werden, dass an zweckgebundenen Einnahmen des Landwirtschaftsgesetzes für die Absatzförderung je nach Situation jährlich 13 bis 19 Millionen Franken zur Verfügung stehen. Die Höhe der Exportverluste variiert in den Beispielen je nach dem unterschiedlichen Betrag der Gesamtaufwendungen zwischen 28, 33 resp. 48 Millionen Franken. Unter diesen Voraussetzungen stellen sich die von den Produzenten, resp. dem Bund aufzubringenden Anteile wie folgt : Beispie]1 Beispjel2 Beispiel3 Aufwendungen für Milchproduktenverwertung. . . .

Deckung durch : Einnahmen laut Landwirtschaftsgesetz Inland, durch: Produzenten Bund Export, durch: Produzenten Bund Total, wie oben

Mio Fr

Mio Fr

- 88,0

- 120,0

16,0

13,0

Mio Fr

- 60,0

19,0

18,71 20,3|

qq n 39

34,71 24,3 j

,q n 59

9,91 23,1 j

33

14,41 33,61

8,4 Ì ftft '° 19,6 j 28'°.

120,0 60,0



'° 88,0



48

1,51 ..,,,, 11,5 ) 13'°

811

Ergibt Anteil der Produzenten : Total Je kg/l Verkehrsmilch (ohne Bergzone II und III)

Beispiel l Mio. Fr.

Beispiel 2 Mio. Fr.

28,6

49,1

Beispiel 3 · Mio. Fr.

9,9

ca. 1,5 Eappen ca. 2,5 Eappen ca. '0,5 Eappen

( Z . A u f b r i n g u n g und Sicherstellung des Anteils der P r o d u z e n t e n Der Anteil der Produzenten an der Deckung des zusätzlich erforderlichen Betrages für die Finanzierung des Inlandabsatzes sowie der Kosten für die Exportfinanzierung ist einheitlich aufzubringen, und zwar nach Massgabe der Verkehrsmilcheinlieferungen. Ausgenommen von dieser Verlustbeteiligung sind die Verkehrsmilchproduzenten der Zonen II und III des Berggebietes. Wie dem Beschlussesentwurf zu entnehmen ist, wird aus Gründen der Zweckmässigkeit eine Sicherstellung des Anteils der Produzenten, und zwar in Form eines Eückbehaltes von höchstens 3 Eappen je kg/l oder einer entsprechenden bedingten Abgabe, in Aussicht genommen. Der Unterschied zwischen.dem Sicherstellungsbetrag und der effektiven Belastung des Produzenten je kg/l eingelieferte Verkehrsmilch ist jeweilen nach einer Abrechnungsperiode, die in der Eegel ein Jahr beträgt, festzustellen und hernach an die Verkehrsmilchproduzenten auszuzahlen.

Während im Sommerhalbjahr 1958 ein Eückbehalt von l Eappen und im laufenden Finanzierungsjahr ein solcher von 2 Eappen je kg/l Verkehrsmilch angeordnet wurde, sieht die neue Vorlage mit Eücksicht auf die dringend nötige Produktionsanpassung einen Finanzierungsschlüssel vor, welcher für die Verkehrsmilchproduzenten eine erhöhte Verlustbeteiligung bringt, so dass es notwendig war, den Sicherstellungsbetrag auf maximal 8 Eappen je kg/l zu erhöhen; damit liesse sich im Maximuni ein Anteil der Produzenten von ca. 58 Millionen Franken sicherstellen. Der Bundesrat soll durch den künftigen Bundesbeschluss aber nicht verpflichtet werden, den Eückbehalt in jedem Fall auf 3 Eappen je kg/l festzusetzen; vielmehr soll in der Eegel zu Beginn eines Finanzierungsjahres auf Grund der Gesamtlage über die Höhe des effektiv sicherzustellenden Betrages entschieden werden. Dabei verbleibt ihm nach wie vor die Befugnis, an Stelle dieses Eückbehaltes oder in Kombination mit ihm auch eine Senkung des Grundpreises vorzunehmen, und zwar gemäss Artikel 4 des Milchbeschlusses.

F. Bemerkungen zu einzelnen Bestimmungen Die finanziellen und wirtschaftlichen Massnahmen des vorliegenden Beschlusses stützen sich, wie aus dem Ingress des Beschlussesentwurfes hervorgeht, auf die Wirtschaftsartikel der Bundesverfassung, und zwar auf Artikel 31bls, Absatz 3, Buchstabe fe. Danach ist der Bund befugt, wenn das Gesamt-

812

interesse es rechtfertigt, nötigenfalls in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit, Vorschriften zur Erhaltung eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähigen Landwirtschaft zu erlassen. Artikel 82 der Bundesverfassung dient als Grundlage für die Heranziehung der Kantone und der zuständigen Organisationen der Wirtschaft beim Vollzug dieses Beschlusses. Für die Strafbestimmungen der Artikel 7 ff. unseres Entwurfes bildet Artikel 64bls der Bundesverfassung die Grundlage.

Artikel l, Absatz l, des Entwurfes ermächtigt den Bundesrat, zusätzliche ,Beiträge zu gewähren, soweit die Erträgnisse der in Artikel 26, Absatz l, Buchstabe b, des Landwirtschaftsgesetzes genannten Abgaben zur Förderung des Absatzes von einheimischen Milchprodukten im Inland nicht genügen. Diesen Abgaben gleichgestellt ist der nach Artikel 6 unseres Entwurfes zu erhebende Preiszuschlag auf eingeführtem Eahm und Eahmpulver. Dessen Ertrag ist für die gleichen Zwecke wie die Erträgnisse der in Artikel 26, Absatz l, Buchstabe b, des Landwirtschaftsgesetzes genannten Abgaben zu verwenden.

In Artikel l, Absatz 2, ordnen wir eine Frage, die bisher in Artikel 19 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1956 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle geregelt war. Die gestützt auf Artikel 26, Absatz l, Buchstabe b, des Landwirtschaftsgesetzes erhobenen Abgaben auf Konsummilch und Konsumrahm sind nach Artikel 11, 'Absatz 3, des Preiskontrollbeschlusses zusammen mit dem Zollzuschlag auf Butter der Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte zuzuführen. Dadurch werden die zur Förderung des Absatzes einheimischer Milchprodukte gemäss Artikel 26, Absatz l, Buchstabe b, des Landwirtschaftsgesetzes verfügbaren Mittel gekürzt. Artikel 19 des Preiskontrollbeschlusses sieht heute vor, dass die abgezweigten Erträgnisse und der Zollzuschlag auf Butter wieder ersetzt werden. Diese Bestimmung gilt aber nur bis zum Ablauf des Preiskontrollbeschlusses, d.h. bis zum 31. Dezember 1960.

Da die nach diesem Zeitpunkt gültige Eegelung des Preiskontrollrechtes noch nicht bekannt ist, die Frage des Ersatzes der abgezweigten Erträgnisse und des Zollzuschlages auf Butter aber für das Mass der Inanspruchnahme der Produzenten gemäss unserem Beschlussesentwurf wesentlich ist, soll sie für die ganze Dauer der Gültigkeit des Beschlusses
bereits jetzt geordnet werden.

Die Artikel 2 und 3 regeln die Frage, wie die gemäss Artikel l zusätzlich erforderlichen Aufwendungen für die Förderung des Inlandabsatzes und der Aufwand für den Export vom Bund und den Produzenten zu decken sind. Der Aufwand für die Förderung des Inlandabsatzes ist nach Artikel 2 aufzuteilen; der Aufwand für den Export ist nach Artikel 3 auf Bund und Produzenten zu verteilen.

Die finanzielle Beteiligung der Produzenten am Aufwand für die Absatzförderung soll als wirtschaftspolitische Massnahme mithelfen, die Verkehrsmilchproduktion zu lenken. Sie hebt die Befugnis des Bundesrates nicht auf, den Produzentengrundpreis nach Artikel 4 des Milchbeschlusses festzusetzen, wobei den jeweiligen Produktions- und Absatz Verhältnissen Eechnung zu tragen ist.

813 Artikel 2, Absatz 2, und Artikel 3, Absatz 2, bestimmen, dass die Verkehrsmilchproduzenterj der Zonen II und III des Berggebietes gemäss dem viehwirtschaftlichen Produktionskataster von der Leistung eines Anteils am Aufwand für die Absatzförderung befreit sind.

Gemäss Artikel 3 haben die Produzenten 30 Prozent der Kosten zu übernehmen, die bei der Förderung der Ausfuhr milchwirtschaftlicher Erzeugnisse gemäss Artikel 24, Absatz 2, des Landwirtschaftsgesetzes entstehen. Wenn jedoch für die Förderung des Exportes noch Erträgnisse der gemäss Artikel 26, Absatz l, Buchstabe b, des Landwirtschaftsgesetzes erhobenen Abgaben und des Preiszuschlages auf eingeführtem Eahm und'Eahmpulver vorhanden sind - was allerdings bei der heutigen Lage unwahrscheinlich ist - sollen diese vorweg eingesetzt werden. Der Anteil der Produzenten wird in diesem Falle nur von den Kosten berechnet, an die der Bund gestützt auf Artikel 24, Absatz 2, des" Landwirtschaftsgesetzes Beiträge zahlt.

Artikel 4, Absatz l, bestimmt, wie der Anteil des einzelnen Verkehrsmilchproduzenten ermittelt wird. Dividiert man den gesamten Anteil der Landwirtschaft durch die Verkehrsmilchmenge einer Abrechnungsperiode, welche in der Eegel ein Jahr beträgt, so erhält man den Anteil der Landwirtschaft je kg/l Verkehrsmilch. Derjenige des einzelnen Produzenten ergibt sich durch Multiplikation seiner Verkehrsmilchmenge mit dem erwähnten Anteil der Landwirtschaft je kg/l Verkehrsmilch. Von einem «allfälligen Anteil» wird .gesprochen, weil erst nach Ablauf der Abrechnungsperiode festgestellt werden kann, ob die Produzenten einen Anteil zu übernehmen haben.

Bezüglich der Sicherstellung des Anteils verweisen wir auf unsere Ausführungen im Abschnitt über die Aufbringung und Sicherstellung des Anteils der Produzenten.

Die in Artikel 5 behandelte Werbeabgabe der Produzenten stützt sich ebenfalls auf Artikel 3lb1s, Absatz 3, Buchstabe b, der Bundesverfassung. Sie ist verfassungsmässig, weil sie primär eine wirtschaftspolitische Massnahme darstellt und nur sekundär dazu bestimmt ist, finanzielle Mittel für einen bestimmten Zweck zu beschaffen.

Wenn der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten auf Grund der Statuten von seinen Mitlgiedern einen Werbebeitrag erhebt, ist eine gesetzliche Grundlage dafür notwendig, dass auch die nicht angeschlossenen
Produzenten verpflichtet werden können, eine entsprechende Abgabe zu leisten (Art. 5, Abs. 3).

Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, dass die Aufwendungen der BUTYEA und der Schweizerischen Käseunion AG für die Werbung nicht aus den Erträgnissen der Werbeabgabe gedeckt werden.

Artikel 6 schafft die Eechtsgrundlage, um, wenn es die Verhältnisse erfordern, auf dem eingeführten Eahm und Eahmpulver Preiszuschläge erheben zu können.

814 In den 'Artikeln 7 bis 9 sind die Strafbestimmungen enthalten, die für den Vollzug dieses Bescblussesentwurfes erforderlich sind. Zudem soll bei dieser Gelegenheit eine Lücke in den Strafbestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes ausgefüllt werden. Gemäss Artikel 111 dieses Gesetzes sind nur einzelne Zuwiderhandlungen gegen auf dessen Artikel 26, Absatz l, Buchstabe a und d gestützte Anordnungen des Bundesrates strafbar. Artikel 111 des Landwirtschaftsgesetzes erfasst aber nicht Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen, die auf Artikel 26, Absatz l, Buchstaben fe und c, dieses Gesetzes gestützt sind.

Artikel 8 im besondern enthält eine eingehendere Ausgestaltung des Artikels 115 des Landwirtschaftsgesetzes, die den Bedürfnissen der Praxis besser Eechnung trägt.

Durch Artikel 10, Absatz 3, wird Artikel 19 des Preiskontrollbeschlusses aufgehoben, weil diese Bestimmung durch Artikel l, Absatz 2, unseres Entwurfes ersetzt wird.

Auf Grund aller dieser Erwägungen unterbreiten wir Ihnen den beiliegenden Beschlussesentwurf. Massgebend für die Vorschläge des Bundesrates waren vor allem zwei Überlegungen. Einmal soll die Verlustbeteiligung der Landwirtschaft die Milchproduktion wirksam beeinflussen; dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn der Anteil der Produzenten an den Verlusten aus der Milchproduktenverwertung bei zu grosser Produktion wirklich spürbar wird. Sodann sieht sich der Bundesrat nicht in der Lage, für die Stützung des Milchpreises unter den gegenwärtig in der Milchwirtschaft bestehenden Verhältnissen jährlich aussergewöhnlich grosse Beiträge zu gewähren. Davon sollte auch deshalb abgesehen werden, weil sonst für unbedingt notwendige und unbestrittene Massnahmen zur Modernisierung und Rationalisierung unserer Landwirtschaft und damit zur Verbesserung ihrer Einkommenslage die Mittel fehlen würden.

Wir sind der Auffassung, dass inskünftig das Hauptgewicht der finanziellen Aufwendungen zugunsten der Landwirtschaft auf die Förderung produktiver Massnahmen zur Grundlagenverbesserung gelegt werden sollte. Wir werden die Gelegenheit benützen, Ihnen noch im Verlaufe dieses Jahres den zweiten Bericht des Bundesrates über die Landwirtschaftspolitik des Bundes und die Lage der schweizerischen Landwirtschaft, als Ergänzung, resp. Fortsetzung des ersten Berichtes vom 31. Januar 1956 zu unterbreiten, um unter
anderem über Probleme der Produktivitätssteigerung und Kostensenkung, Kleinbauernfragen, Strukturprobleme sowie weitere grundsätzliche Fragen eingehend zu orientieren.

Gestützt auf die vorstehenden Darlegungen beantragen wir Ihnen die Annahme des beiliegenden Entwurfes zu einem Bundesbeschluss über zusätzliche wirtschaftliche und finanzielle Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft.

315 Ferner beantragen wir Ihnen, Sie möchten von dem ab I.Mai 1958 auf Magermilchpulver erhobenen Preiszuschlag gemäss Artikel 30 des Milchbeschlusses in zustimmendem Sinne Kenntnis nehmen und beschliessen, dass er weiterhin in Kraft bleiben soll.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 6.Februar 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet

Der Bundeskanzler : Ch. Oser

316

Anhang

Statistische Übersicht Milchproduktion, Milchverwertung, Milchverbrauch, Lagerbestände (zusammengestellt nach der Milchstatistik der Schweiz) Tabelle 1: Kalenderjahr

1934/38 1951. .

1955. .

1956. .

1957. .

.

.

.

.

.

Gesamte Milchverwertungsmenge Gesamte Inlandsproduktion 1000 q

Einfuhr von Frischmilch 1000 q

Gesamte Verwertungsmenge 1000 q-

26540 26830 28 250 28500 29040

94

26634 26886 28302 28564 29126

56 52 64 86

Bei einem gegenüber den Vorkriegsjahren leicht reduzierten Kuhbestand hat die gesamte Milchproduktion im Inland als Folge der Leistungssteigerung (bessere Haltung, Fütterung, Zucht) um rund 10 Prozent zugenommen (1957).

Talelle 2: Kalenderjahr

Verwertung der Milch Gesamte Verwertungsmenge

1000 q

1934/38 ' 1934/38 in Prozenten

1951 1955 1956 1957 1957 in Prozenten . .

26634 100 26886 28302 28 564 29126 100

In der Landwirtschaft verwertet für Aufzucht Haushalt und Hast 1000 q 1000 q 4780

17,9 4300 4800 4900 4850 16,7

3840 14,5 3700 3300 3200 3000 10,3

Verkehrsmilch total

1000 q 18014

67,6 18886 20202 20464 21276 73,0

Die Verwertung von Milch im Landwirtschaftsbetrieb ist rückläufig. Für Aufzucht- und Mastzwecke kann der Bedarf zwar immer noch relativ hoch ein-

817 geschätzt werden ; dagegen wird im bäuerlichen Haushalt - parallel dem Bückgang der Zahl der landwirtschaftlichen Bevölkerung - laufend weniger Milch verwertet. Dementsprechend ist die sogenannte Verkehrsmilchmenge grösser als in den Vorkriegsjahren (1957: ca. 18%).

Tabelle 3:

Verwertung der Verkehrsmilch Verkeh rsmilch total

davon Konsummilch

1000 q

1000 q

davon technisch verarbeitete Milch 1000 q

1934/38 . . .

1934/38 in Prozenten

18014

6420

11594

1951 1955 1956 1957

18886 20202 20464 21276

7150 7150 7150 7150

100 11736 13052 13314 14126 100

Kalenderjahr

1957 in Prozenten

Technisch verarbeitete Milch zu Käse

zu Butter zu Dauerund Kon- milchwaren sumrahm

1000 q

1000 q

1000 q

5950 51,4 5801 6932 6914 7356 52,1

5426 46,8 5505 5620 5790 6100 43,2

216 1,8 430 500 610 670 4,7

Der Konsummilchverbrauch durch die nichtlandwirtschaftliche Bevölkerung ist seit mehreren Jahren praktisch konstant geblieben; unter Berücksichtigung der Bevölkerungsvermehrung ist der Verbrauch je Kopf und Jahr rückläufig. Von 1951 bis 1957 ist der Anteil der frischen Konsummilch an der totalen Verkehrsmilchmenge von ca. 38 Prozent auf ca. 33,5 Prozent zurückgegangen. Als Folge dieser Erscheinung sowie der allgemeinen Leistungssteigerung hat sich die Menge der technisch verarbeiteten Milch seit 1951 um rund 20 Prozent erhöht.

Gegenüber den Vorkriegsjahren, aber auch verglichen mit 1951, wurden 1957 rund 25 Prozent mehr Milch auf Käse verarbeitet. Zur richtigen Beurteilung der Verhältnisse ist allerdings auch auf die Lagerbestände an Käse abzustellen (siehe Tab. 5). Zur Herstellung von Dauermilchwaren ist 1957, gegenüber 1934/38, ein dreimal grösseres Milchquantum verwertet worden; seit 1951 bis zur Gegenwart beträgt die Zunahme noch rund 50 Prozent. Die Verarbeitung von Milch zu Butter und Konsumrahm steht in direktem Zusammenhang mit den Fabrikations- und Absatzverhältnissen bei Käse und Dauermilchwaren.

Während der Verbrauch von Konsumrahm leicht steigende Tendenz zeigt, mit rund 5 Prozent Anteil an der gesamten Verkehrsmilchproduktion jedoch eine relativ konstante Grosse darstellt, variiert das Ausmass der Butterherstellung je nach dem Ausmass der Verkehrsmilcheinlieferungen beträchtlich.

318 Tabelle 4:

Gesamtverìraucli an Käse in der Schweiz

Kalenderjahr

1934/38 1951. .

1955. .

1956. .

1957. .

.

.

.

.

.

Inlandproduktion

Einfuhr

Aii«fnhr Ausfuhr

q

q 17803

q

507 000

511 000 603 000 602 000 634 000

19715 35290 46498 50725

Veränderung des Verbrauch TMh Lagerbestandea total und Jahr q kg q

183 773 192 753 211 309 243 816 240 221

+ 3768 -- 60130 + 23 638 -- 12956 + 39672

337 262 398 092 403 343 417 638 404 832

8,1 8,3 8,0 8,3 7,9

Entsprechend dem grösseren Milchquantum, welches zu Käse verarbeitet wurde (Tab. 3), ist auch die Inlandproduktion an Käse gestiegen. Eine Zunahme verzeichnen auch die Käseimporte ; während der Anteil des importierten Käses am Gesamtverbrauch im Inland 1951 ca. 5 Prozent ausmachte, beläuft sich die entsprechende Zahl pro 1957 auf ca. 12 Prozent. Diese Erscheinung ist auch bei der Beurteilung der Konsummenge je Kopf und Jahr zu beachten,'d.h. der Konsum von Schweizer Käse ist leicht rückgängig. Massgebend für die Lage der schweizerischen Käsefabrikation ist allerdings nicht nur der Anteil der Eigenproduktion am Inlandverbrauch, sondern der Gesamtabsatz inkl. Exportgeschäft. Gegenüber 1934/38, respektive 1951 ist der Käseexport merklich angestiegen. Die Mehrproduktion an Käse pro 1957 hat bei stagnierendem Export, leicht angestiegenem Import und rückläufigem Gesamtkonsum zu starker Erhöhung der Käselager geführt (Tab. 5).

Tabelle 5:

Lagerbestände an Käse Emmentaler. Greyerzer. Sbrinz,

Jahl

1951 1955 1956 1957. . .

1958. .

Tiia'tor

SP

"wT n TM 10 Tonnet Ende Januar Ende Juli

s

1298 1203 1361 1274 1456

788 621 700 669 949

Ende Januar

Ende Juli

40 22 28 30 33

12 SO 39 42 86

Die hohen Lagerbestände haben im Sommer 1958 zum Verkauf von verbilligtem Aktionskäse geführt. Der Tabelle ist zu entnehmen, dass es bei der Verwertung der Milchprodukte nicht nur ein Preisproblem, sondern auch ein Mengenproblem geben kann.

319 Tabelle 6: Kalenderjahr

1934/38 1951. .

1955. .

1956. .

1957. .

Gesamtverbrauch an Butter in der Schweiz Inlandproduktion

Einfuhr

Ausfuhr

q

q

q 26 15 4 11 5

262 000 250 000 262 000 271 000 286 000

9202

31319 59303

61191 68623

Veränderung der Lagerbestände

Verrauch

q

q

V« und Jahr kg

+ 3888 -- 3000 + 4300

267 288 284 304 316 999 332 330 332 168

6,4 5,9 6,3 6,6 6,5

-- 150 + 22 450

total

Die grosse Butterproduktion im Jahre 1957 sowie die hohen Butterimporte zu Beginn des Jahres haben bei stagnierendem Verbrauch zu bedeutenden Lagerbeständen geführt. Da die anderweitig nicht verwendbare Milch letztlich auf Butter verarbeitet werden muss, und die Buttervorräte (Tab. 7) im Ansteigen begriffen sind, wurde die Einfuhr von Tafel- und Kochbutter in der zweiten Hälfte des Jahres 1957 gänzlich eingestellt.

Tabelle 7:

Lagerbestände an Butter Ende April Ende Oktober Wagen zu 10 Tonnen

Jaht

207 387 423 519 438

89 110 173 212 390

1951.

1955.

1956.

1957.

1958.

Tabelle 8:

Verbrauch an Milch und Milchprodukten je Kopf der Bevölkerung pro Jahr Kalenderjahr

1951.

1952.

1953.

1954.

1955.

1956.

1957,

Konsummilch und Joghurt

kg

kg

226

8,3 7,9 7,7 8,0 8,0 8,3 7,9

220 215 212 208 205 197

Butter

Kahm

kg

kg

5,9

1,6 1,6 1,7 U 1,9 2,0 2,1

6,1 6,0

6,3 6,3 6,6 6,5

320 Dem im Laufe der letzten Jahre zu beobachtenden Eückgang beim Verbrauch von frischer Konsummilch (der Joghurtverbrauch ist in der gleichen Kolonne inbegriffen, zeigt jedoch stark steigende Tendenz) steht eine gewisse Verbrauchszunahme bei Butter, vor allem aber bei Rahm gegenüber ; der Konsum von Käse lässt im Laufe der vergangenen Jahre keine bestimmte Tendenz erkennen (stagnierender Verbrauch von durchschnittlich 8 kg).

Wird der Gesamtverbrauch von Konsummilch und Milcherzeugnissen (inkl. Milchspezialitäten) in kg Milch umgerechnet, so ergibt sich z.B. für die 5-Jahresperiode 1948/52 eine durchschnittliche jährliche Verbrauchsmenge von 459 kg je Kopf der Bevölkerung. Im Durchschnitt der Jahre 1953/57 beträgt die Vergleichszahl 452 kg. Daraus ist zu folgern, dass der Konsumrückgang bei frischer Konsummilch weitgehend durch einen Mehrkonsum von Milchprodukten ausgeglichen werden konnte. Dieser Verbrauchsverlagerung ist bei den Massnahmen zur Absatzförderung Rechnung zu tragen.

321 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

zusätzliche -wirtschaftliche und finanzielle Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf die. Artikel 31bis, Absatz 3, Buchstabe b, 32 und 64bis der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 6. Februar 1959, beschliesst: Art. l Soweit die Erträgnisse der Abgaben gemäss Artikel 26, Absatz l, Buchstabe b, des Landwirtschaftsgesetzes vom S.Oktober 195l1) sowie des Preiszuschlages gemäss Artikel 6 dieses Beschlusses zur Förderung des Absatzes einheimischer Milchprodukte im Inland nicht ausreichen, ist der Bundesrat ermächtigt, zusätzliche Beiträge zu gewähren.

2 Soweit die in Artikel 26, Absatz l, Buchstabe b, des Landwirtschaftsgesetzes vorgesehenen Massnahmen wegen der Abzweigung der Erträgnisse aus den Abgaben auf Konsummilch und Konsumrahm sowie der Belastung der eingeführten Butter durch den Zollzuschlag zugunsten der Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte zufolge bestehender 2) oder zukünftiger Sonderbestimmungen eine Beschränkung erfahren, sind für sie jährlich Zuschüsse im Umfange der abgezweigten Erträgnisse und der Einnahmen aus dem Zollzuschlag auf Butter zur Verfügung zu stellen. Diese Zuschüsse sind aus dem Ertrag der Preiszuschläge auf Futtermitteln zu decken, soweit dieser nicht für die in der Landwirtschaftsgesetzgebung umschriebenen Zwecke benötigt wird. Eeicht der Ertrag dazu nicht aus, so sind die Zuschüsse aus allgemeinen Bundesmitteln zu bestreiten.

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J ) 2

AS 1953, 1073.

) Artikel 11, Absatz 3, des BB vom 28. September 1956 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle.

Aligemeines

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Art. 2 Deckimg der * Bis zum Betrage von 10 Millionen Franken sind die zusätzlich erBeitrage. forderlichen Beiträge ausschliesslich aus allgemeinen Bundesmitteln zu decken. Ein allenfalls verbleibender Betrag ist gemäss der nachfolgenden Verteilung aus allgemeinen Bundesmitteln und im Sinne einer produktionslenkenden Massnahme durch die Verkehrsmilchproduzenten zu decken. Der Anteil des Bundes beträgt ,,Prozent 0 : - an den ersten 10 Millionen Franken 50 - an den nächsten 10 Millionen Franken 35 - am restlichen Betrag 20 2

Die Verkehrsmilchproduzenten der Zonen II und III des Berggebietes gemäss dem viehwirtschaftlichen Produktionskataster sind von der Leistung eines Anteils befreit.

Art. 8 b) Export

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Erfordert die Ausfuhr milchwirtschaftlicher Erzeugnisse Massnahmen gemäss Artikel 24, Absatz 2, des Landwirtschaftsgesetzes vom S.Oktober 1951, so sind die Verkehrsmilchproduzenten im Sinne einer produktionslenkenden Massnahme verpflichtet, 30 Prozent der Kosten zu übernehmen.

2 Die Verkehrsmilchproduzenten der Zonen II und III des Berggebietes gemäss dem viehwirtschaftlichen Produktionskataster sind von der Leistung eines Anteils befreit.

3 Sofern nach der Deckung der Aufwendungen für die Förderung des Absatzes im Inland gemäss Artikel l und 2 noch Mittel gemäss Landwirtschaftsgesetz Artikel 26 zur Verfügung stehen, sind diese zur Exportförderung einzusetzen. Der Anteil der Produzenten an den Aufwendungen für den Export bemisst sich in diesem Falle nur am verbleibenden Betrag.

Art. 4 1

Ermittlung und Der allfällige Anteil der Produzenten an der Deckung der zusätzlich Ai'iteiies'der erforderlichen Beiträge gemäss Artikel 2 und der Kosten gemäss Artikel 3 Produzenten, ist einheitlich nach Massgabe der Verkehrsmilcheinlieferungen aufzubringen.

2 Zur Sicherstellung des Anteils der Produzenten kann der Bundesrat am Grundpreis einen Eückbehalt von höchstens 3 Rappen je kg/l oder eine entsprechende bedingte Abgabe anordnen. Der Sicherstellungsbetrag ist halbjährlich oder jährlich festzusetzen.

. 323 3

Der Unterschied zwischen Sicherstellungsbetrag und Anteil gemäss Absatz l wird jeweils nach einer Abrechnungsperiode, die in der Eegel ein Jahr beträgt, festgestellt und dann den Verkehrsmilchproduzenten ausbezahlt.

Art. 5 Der Bundesrat kann für besondere Massnahmen zur Absatzförderung, wie die Werbung, von den Verkehrsmilchproduzenten jährlich eine Abgabe von 0,1 Eappen je kg/l Verkehrsmilch anordnen.

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Werbeabgabe

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Der Bundesrat kann zur Sicherstellung dieser Abgabe den Kückbehalt und die bedingte Abgabe gemäss Artikel 4, Absatz 2, entsprechend höher festsetzen und sie sodann mit dem auszuzahlenden Betrag gemäss Artikel 4, Absatz 3, verrechnen.

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Sofern der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten von den seinen Sektionen angeschlossenen Milchproduzenten selbst einen Beitrag für besondere Massnahmen zur Absatzförderung, wie die Werbung, erhebt, kann der Bundesrat für die nicht angeschlossenen Produzenten eine Abgabe in gleicher Höhe anordnen und dem Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten für besondere Massnahmen zur Verfügung stellen.

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Der Bundesrat ' entscheidet über die Verwendung allfälliger Überschüsse an Abgaben, die von ihm angeordnet wurden.

Art. 6 Der Bundesrat kann nach Anhören der Beteiligten und der in Ar- Preiszuschläge tikel 8 des Landwirtschaftsgesetzes vorgesehenen beratenden Kommission a^j,1}1'|j|fundtem auf dem eingeführten Bahm und eingeführten Rahmpulver (Pos. 93è) Rahmpuiver .Preiszuschläge erheben.

2 Die Preiszuschläge dürfen nicht höher sein als der auf dem gleichen Fettgehalte berechnete Unterschied zwischen den mittleren Einfuhrpreisen einschliesslich der Verzollung und den mittleren Engrospreisen für Bahm und Bahmpulver einheimischer Produktion.

3 Die Bundesversammlung beschliesst in der nächsten Session, ob und in welchem Ausmass die Preiszuschläge in Kraft bleiben sollen.

4 Für das Verfahren gilt Artikel 31, Absatz 3, des Milchbeschlusses vom 29. September 1953/27. Juni 1957 1).

5 Der Ertrag dieser Preiszuschläge ist zur Senkung der Preise einheimischer Milchprodukte und Speisefette sowie zur Förderung ihres Absatzes zu verwenden.

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*) AS 1953, 1109; 1957, 571.

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Art. 7 1 strafWer vorsätzlich oder fahrlässig diesem Bundesbeschluss, den dazu 63 Tura"860 gehörenden Ausführungsvorschriften oder den gestützt auf Artikel 26, allgemeinen Absatz l, Buchstaben b und o, des Landwirtschaftsgesetzes vom S.Oktober 1951 erlassenen Anordnungen der Bundesversammlung oder des Bundesrates zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu 300 Franken bestraft. , 2 Wer vorsätzlich in einem Beitragsverfahren unwahre, oder täuschende Angaben macht, wird, sofern nicht eine schwerere strafbare Handlung vorliegt, mit Haft oder mit Busse bis zu 1000 Franken bestraft.

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu 300 Franken.

3 Die Artikel 113 und 114 des Landwirtschaftsgesetzes sind anwendbar.

4 Zu Unrecht bezogene Beiträge sind unabhängig von der Anwendung der Strafbestimmungen zurückzuerstatten.

Art. 8 1 b) widerhandWerden die Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb einer juristijur1istìschen°?er- sehen Person oder einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft oder s e Geae °h f' d'~ einer Einzelfirma begangen, so finden die Strafbestimmungen auf die Binzeiflrmen Personen Anwendung, die für sie gehandelt haben oder hätten handeln sollen, jedoch unter solidarischer Mithaftung der juristischen Person, der Gesellschaft oder des Inhabers der Einzelfirma für Bussen und Kosten, sofern die verantwortliche Geschäftsleitung nicht nachweist, dass sie alle erforderliche Sorgfalt angewendet hat, um die Einhaltung der Vorschriften durch die genannten Personen zu bewirken.

2 Absatz l findet sinngemäss Anwendung bei Widerhandlungen in den Betrieben und Verwaltungen der Körperschaften des öffentlichen Eechts.

3 Die Mitverantwortlichen haben die gleichen Parteirechte wie die Angeschuldigten.

4 Eine Nebenstrafe gemäss Artikel 114 des Landwirtschaftsgesetzes trifft die juristische Person, die Gesellschaft, die Einzelfirma oder die Körperschaft des öffentlichen Rechtes.

c) Strafverfolgung

Geltungsdauer

Art. 9 Die Strafverfolgung liegt den Kantonen ob.

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Art. 10 Dieser Beschluss tritt am I.November 1959 in Kraft und gilt bis

iÄÄ zum 2Sl.Oktober 1964.'

und Aufhebung Die Ausführungsbestimmungen zum Landwirtscnaftsgesetz im Rechte0 Milchbeschluss und dessen weiteren Vollziehungsverordnungen sind an-

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wendbar, soweit ihnen nicht die Bestimmungen dieses Beschlusses und seiner Ausführungserlasse entgegenstehen.

3 Mit dem Inkrafttreten dieses Beschlusses wird Artikel 19 des Bundesbeschlusses Vom 28. September 1956 *) über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle aufgehoben.

Art. 11 1

Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt. Er kann die Kantone sowie die Firmen und die zuständigen Organisationen der Milchwirtschaft beim Vollzug zur Mitwirkung heranziehen.

2 Der Bundesrat wird beauftragt, gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juli 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranlassen.

, « !) AS 1956, 1618.

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Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. I.

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Vollzug

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über zusätzliche wirtschaftliche und finanzielle Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft (Vom 6. Februar 1959)

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Bundesblatt

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Jahr

1959

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

07

Cahier Numero Geschäftsnummer

7756

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

19.02.1959

Date Data Seite

261-325

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10 040 490

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