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Bundesblatt 111. Jahrgang

Bern, den 5. Februar 1959

Band I

Erscheint wöchentlich. Frei» SO Franken im -Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Kappen die Petitzelle oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zu einem Bundesbeschluss über Annäherung von Tarifen konzessionierter Bahnunternehmungen an jene der Schweizerischen Bundesbahnen (Vom 20. Januar 1959)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

In das am l. Juli 1958 in Kraft getretene Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 (AS 1958, 335) wurde anlässlich der parlamentarischen Beratungen ein Artikel 62 über die Annäherung der Tarife konzessionierter Bahnunternehmungen an jene der Schweizerischen Bundesbahnen aufgenommen. Der Bundesrat hat ferner eine Motion entgegengenommen, die ihn beauftragt, beförderlich eine Vorlage auszuarbeiten, welche die Tarifannäherung im Sinne von Artikel 62 des Eisenbahngesetzes verwirklicht. Wir beehren uns daher, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Annäherung von Tarifen konzessionierter Bahnunternehmungen zu unterbreiten.

I. Die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnen Massgebend für die Bildung der Eisenbahntarife ist der Bundesbeschluss vom 14.Dezember 1950 sowie der Bundesratsbeschluss vom 16.August 1950 über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen (AS 1950, 1501 und 1504). Die Schweizerischen Bundesbahnen berechnen die Fahrpreise und die Frachten auf Grund der effektiven Kilometer. Für die verschiedenen Verkehrsarten (Billette für einfache Fahrt, Billette für Hin- und Eückfahrt, Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. I.

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110 Gruppenreisen, Streckenabonnemente, Gepäck, Güter usw.) bestehen besondere Taxschemata, denen mit Hilfe der kilometrischen Entfernung der Fahrpreis oder die Fracht für eine bestimmte Verbindung entnommen werden kann. Die meisten konzessionierten Bahnunternehmungen sind aus betriebswirtschaftlichen Gründen auf höhere Fahrpreise und Frachten angewiesen als die Bundesbahnen. Sie weisen in der Eegel nur eine geringe Verkehrsdichte auf, was bei ihrer ausgeprägten Fixkostenstruktur hohe Kosten pro Leistungseinheit verursacht. In den Gebirgsgegenden bedingen ferner die zahlreichen Kunstbauten einen höheren Bauaufwand, während die grösseren Steigungen der Strecken, der langsamere Kollmaterial- und Personalumlauf infolge der niedrigeren Fahrgeschwindigkeiten, die durch die Einwirkungen der Natur hervorgerufene Erschwerung des Betriebes und zahlreiche andere Umstände höhere Betriebskosten zur Folge haben.

Zur Anpassung der Einnahmen an die höheren Kosten besteht die Möglichkeit, entweder das Taxschema der Bundesbahnen auf Grund von erhöhten Entfernungen oder erhöhte Kilometeransätze ( Speziaitaxen) auf Grund der wirklichen Entfernungen anzuwenden. Bei denjenigen Bahnen, welche das Schema der Bundesbahnen anwenden, können zwei Gruppen unterschieden werden.

Die erste und wichtigere wendet das Bundesbahnschema auf Grund der Gesamtdistanz aller an einer Verbindung beteiligten Strecken an (Distanzanstoss).

Die zweite Gruppe, zu der vorwiegend Unternehmungen mit lokalem Charakter gehören, berechnet die Fahrpreise und Frachten bis und ab den Übergangsstationen auf Grund des erwähnten Schemas (Taxanstoss). Das System des Taxanstosses und dasjenige der Spezialtaxen weisen gegenüber dem System des Distanzanstosses bei Beförderungen über lange Strecken den wesentlichen Nach teil der Verteuerung auf. In sämtliche Tarife der Bundesbahnen ist ein ausgeprägter Entfernungsstaffel (abnehmender Kilometeransatz bei zunehmender Entfernung) eingebaut. Die Wirkung dieser Vergünstigung wird bei der Anwendung von Spezialtaxen wie auch beim Taxanstoss abgeschwächt.

Ursprünglich wurden in den Konzessionen lediglich die oberen Grenzen der Beförderungspreise vorgeschrieben. Innerhalb dieser Grenzen waren die Bahnunternehmungen bei der Gestaltung ihrer Tarife frei. In den nach der Verstaatlichung der Hauptbahnen erteilten
Konzessionen ging man in einzelnen Fällen dazu über, in den Konzessionen die Anwendung der Tarife der Bundesbahnen vorzuschreiben, wobei der Berechnung der Befördorungspreise erhöhte Distanzen zugrunde gelegt wurden. Die obere Grenze dieses Distanzzuschlages wurde in den Konzessionen geregelt. Im Interesse der Vereinheitlichung und Vereinfachung des Tarifwesens wurde im Jahre 1917 endgültig zu diesem Verfahren übergegangen. Diese neuen Tarifbildungsgrundsätze wurden schliesslich auch von Bahnunternehmungen mit älteren Konzessionen übernommen, obschon sie dazu nicht verpflichtet waren. Infolge dieser Entwicklung wurden die Bundesbahntarife wegleitend für die Tarifbildung der konzessionierten Bahnunternehmungen. Die Bundesbahntarife sind demnach Ausgangspunkt für Vergleiche über die Tarifhöhe.

Ili II. Das Ausmass der Überhöhung der Tarife konzessionierter Bahnunternehmungen Da die meisten konzessionierten Bahnunternehmungen aus durchaus berechtigten Gründen ein kompliziertes Zuschlagssystem aufweisen, ist es sehr schwer, die tatsächliche Überhöhung festzustellen und mit andern Unternehmungen zu vergleichen. So erhöht zum Beispiel die Montreux-Berner OberlandBahn die effektiven Entfernungen bei der Berechnung der Fahrpreise der gewöhnlichen Billette für einfache Fahrt und für Hin- und Eückfahrt auf ihren Strecken nach folgendem Schema: Strecke

Montreux-Chamby Chamby-Les Avants Les Avants-Allières Allières-Lenk im Simmental

>

Distanzzuschlag Prozent

125 250 320 145

Bei. der Khätischen Bahn hat sich ein besonderes System der Zuschlagsbildung entwickelt. Von der Überlegung ausgehend, dass auf grossen Steigungen die Betriebskosten höher sind als in der Ebene, werden Strecken mit Steigungen von über 25 Promille auf diejenige Entfernung umgerechnet, die sich ergeben hätte, wenn die Strecke mit einer maximalen Steigung von 25 Promille erbaut worden wäre. Auf den so verlängerten Strecken kommt für das ganze Netz ein einheitlicher Distanzzuschlag von 75 Prozent zur Anwendung. Im Gepäck-, Expressgut- und Güterverkehr erhebt die Ehätische Bahn auf den durch Distanzzuschläge erhöhten Beförderungspreisen noch besondere Taxzuschläge.

Bei verschiedenen Unternehmungen sind die Distanzzuschläge nicht für alle Verkehrsarten gleich gross. So berechnet z.B. die Furka-Oberalp-Bahn folgende Distanzzuschläge: Prozent Gewöhnliche Billette für einfache Fahrt und für Hin- und Eückfahrt 250 Gruppenreisen (Gesellschaften und Schulen) 200 Gepäck und Expressgut 150 Für den Gütertransport wendet diese Unternehmung Spezialtaxen an.

Für die Beurteilung der Überhöhung darf nicht nur auf die prozentualen Distanzzuschläge abgestellt werden. Im Verkehr von Stationen der Bundesbahnen mit Stationen der konzessionierten Bahnunternehmungen werden die Wirkungen des Distanzzuschlages abgeschwächt. Diese Erscheinung ist auf zwei Ursachen zurückzuführen. Erstens wird der Zuschlag nur auf einem Teil der Beförderungsstrecke berechnet, und zweitens tritt bei Transporten über längere Strecken infolge der Wirkung des Entfernungsstaffeis eine Verbilligung ein (siehe Beispiel). Die Wirkung dieses Staff eis beginnt im Güterverkehr bei 100 und im Personenverkehr bei 150 Tarif kilometern. Der Distanzzuschlag kommt daher auf längeren Beförderungsstrecken sogar im internen Verkehr

112 einer konzessionierten Bahnunternehmung nicht voll zur Auswirkung. Praktisch wird die Höhe des Distanzzuschlages nur auf kürzeren Strecken mit der Überhöhung des Beförderungspreises übereinstimmen.

Beispiel: 10 Tonnen Zement, Tarifklasse 4.

Beförderungsstrecke Wildegg-Davos Platz.

Entfernung: Wildegg-Landquart Landquart-Davos Platz. . . .

Effektiven 144 51

Tarifkm 144 113

195 257 · Distanzzuschlag: auf der Ehätischen Bahn = 122 Prozent; auf der Gesamtstrecke = 32 Prozent.

Fracht: Berechnet nach Tarifkilometern inkl. Taxzuschlag der Ehätischen Bahnen (Fr. 68) Berechnet nach Effektivkilometern ohne Taxzuschlag der Ehätischen Bahnen

Fr.

342 250

Taxüberhöhung = 37 Prozent.

Diese Darlegungen zeigen, dass neben dem Distanzzuschlag noch andere gewichtige Paktoren auf die Höhe des Tarifniveaus einwirken; so spielen vor allem die Ausdehnung des Netzes einer konzessionierten Bahnunternehmung, ferner die Frage, ob einem bestimmten Netz einer Bahnunternehmung noch das Netz einer andern konzessionierten Bahnunternehmung vorgelagert ist, und sodann die Verkehrsströme eine wesentliche Eolle. Zuverlässig kann die Überhöhung nur beurteilt werden, wenn die Beförderungspreise des gesamten Verkehrs nach, von und innerhalb des Gebietes einer konzessionierten Bahnunternehmung sowohl nach den geltenden Tarifkilometern wie auch nach den Effektivkilometern berechnet werden. Aus der Differenz liesse sich dann die prozentuale Überhöhung ermitteln. Indessen ist dieses Verfahren zu kompliziert und zu zeitraubend. Wir mussten es daher im Einverständnis mit den konzessionierten Bahnunternehmungen vereinfachen.

Ferner möchten wir noch darauf aufmerksam machen," dass die Überhöhung der Tarife konzessionierter Bahnunternehmungen in bestimmten Fällen durch besondere Tarifmassnahmen nach unten korrigiert wird. So werden in vielen Fällen für die einheimische Bevölkerung verbilligte Fahrausweise abgegeben.

Bei zahlreichen Unternehmungen sind auch während den Sommermonaten Sonntagsbillette erhältlich, während an Markttagen besondere Marktbillette bezogen werden können. Im weitern wird das Eeisen durch Volksreisebillette, Sport- und Kilometerabonnemente usw. gefördert. Alle diese Fahrvergünstigungen kennen die Bundesbahnen nicht. Im Güterverkehr zwingt der Konkurrenzkampf mit dem Automobil die konzessionierten Bahnunternehmungen

113 (wie auch die Bundesbahnen) sehr oft, den regelmässigen Verfrachtern beträchtliche Bückerstattungen zu gewähren.

Alle diese Besonderheiten der Tarife zeigen, wie ausserordentlich schwierig die Berechnung und der Vergleich des Ausmasses der Tarif Überhöhung ist.

III. Die Begehren der Kantone und der konzessionierten Bahnunternehmungen um Annäherung der Tarife Die Begehren um eine mit Bundeshilfe durchzuführende Annäherung von Tarifen konzessionierter Eisenbahnunternehmungen an jene der Schweizerischen Bundesbahnen habenjm Kanton Graubünden ihren Ausgang genommen.

Im Anschluss an die in den Jahren 1938 und 1939 eingereichten Tessiner- und Genfer-Begehren über dte Abschaffung der Bergzuschläge oder die Kürzung der Tarifentfernungen verlangte der Kleine Bat des Kantons Graubünden vom Bund die Gleichbehandlung der peripher gelegenen Landesteile, insbesondere seines Kantons, dessen Lage ähnliche Verhältnisse aufweise wie die Kantone Tessin und Genf. Seit ab 1. Januar 1943 alle Entfernungszuschläge im Personenund Gepäckverkehr der Bundesbahnen aufgehoben worden waren (die Zuschläge im Güterverkehr waren bereits auf 1. Januar 1926 abgeschafft worden), gelangte die bündnerische Begierung noch verschiedene Male mit dem Ersuchen um Ausrichtung eines Beitrages zur Aufhebung der Bergzuschläge der Bhätischen Bahn an den Bund. Nach Bekanntwerden dieser Eingaben haben sofort verschiedene andere Kantonsregierungen und Bahnunternehmungen ähnliche Begehren gestellt.

Der Kanton Bern wies auf die materiellen Konsequenzen hin, die bei Berücksichtigung des bündnerischen Begehrens erwachsen würden, da der Bund aus Gründen der Gleichbehandlung gezwungen wäre, auch die Distanzzuschläge der Lötschbergbahn sowie weiterer konzessionierter Bahnunternehmungen abzulösen. Ähnliche Anschlussbegehren stellten auch die Kantone Schwyz, Freiburg, St. Gallen, Aargau und Waadt. Diese Eingaben lassen erkennen, dass eine Tarifannäherung nicht auf die Ehätische Bahn beschränkt werden kann. .

Im übrigen sind auch von folgenden konzessionierten Bahnunternehmungen Tarif anpassungsbegehren eingegangen : Appenzellerbahn, Berner .Oberland-Bahnen, Bodensee-Toggenburg-Bahn, Chemins de fer électriques Veveysans, Chemins de fer du Jura, Emmental-Burgdorf-Thun-Bahn und mitbetriebene Linien, Lötschbergbahn, Montreux-Berner Oberland-Bahn, Bhätische Bahn, Schweizerische Südostbahn, Solothurn-Münster-Bahn, Solothurn-Zollikofen-Bern-Bahn.

114 IV. Die bisherigen Massnahmen zur Annäherung von Tarifen konzessionierter Bahnunternehmungen Verschiedene Gebirgsbahnen haben schon vom Betriebsbeginn an - einige wegen einer konzessionsmässigen Auflage, andere freiwillig - den Bewohnern der von ihnen bedienten Landesgegenden mit der Schaffung der sogenannten Einheimischenbillette ermässigte Fahrpreise zugestanden. Auch die bei Bahnen in Berggebieten hohen Frachten für die Beförderung von Gütern und Tieren hat der. Bund schon in gewissem Umfange ermässigt. So richtet die Alkoholverwaltung gestützt auf das Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz [B S 6, 857]) Frachtkostenbeiträge aus für die Zu- beziehungsweise Abfuhr von Speise-, Futter- und Saatkartoffeln sowie für Obst. Die Getreideverwaltung gewährt ferner auf Grund des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1982 über die Getreideversorgung des Landes (B S 9, 439) Zuschüsse an die Kosten des Transportes von Mehl nach Gebirgsgegenden. Auch zur Erleichterung des Viehabsatzes leistet der Bund Frachtbeiträge (BB vom 13. Dezember 1957 über die Förderung des Inlandabsatzes von Zucht- und Nutzvieh sowie von Schafwolle [AS 1958, 443]). Schliesslich wurden seit 1944 für bestimmte Waren des täglichen Bedarfs Beiträge zur Verbilligung der Transportkosten nach Gebirgsgegenden ausgerichtet. Der letzte Bundesbeschluss in dieser Sache ist jener vom 20. September 1957 (AS 1958,1) samt Verordnung vom 7. Januar 1958 (AS 1958, 5). Der Bundesbeschluss vom 20.September 1957 läuft Ende 1962 ab. Es wird zu prüfen sein, ob es sich noch rechtfertigt, diese Massnahme, besonders soweit es um Gegenden ohne Bahnanschluss geht, in anderer Form weiter zu führen oder ob sie ganz fallen gelassen werden kann. Bei Behandlung-der Vorlage über die Transportkostenbeiträge für Waren des täglichen Bedarfs für Berggegenden und bei anderer Gelegenheit sind Begehren laut geworden, solche Transportkostenbeiträge für Berggebiete auch auf landwirtschaftliche und gewerbliche Hilf sstoffe auszudehnen. Dadurch, dass die Tarifannäherung den gesamten Güterund Tierverkehr umfasst, wird diesem Begehren in grossem Umfang entsprochen.

Ferner sei noch erwähnt, dass die Einführung eines ausgeprägten Entfernungsstaffels im Personenverkehr durch die Bundesbahnen am 1. Februar 1948 und der gleichzeitige Beitritt mehrerer
konzessionierter Bahnunternehmungen, so z.B. der Ehätischen Bahn und der Furka-Oberalp-Bahn, zum Taxschema der SBB für die peripheren Gebiete wesentliche Verbilligungen im Fernreiseverkehr brachten. Die folgenden Beispiele illustrieren die durch diese Tarifreform entstandenen Fahrpreisermässigungen : Preis eines Billettes für Hin- und Bückfahrt 3. Klasse (heutige 2. Klasse) Strecke

Poschiavo-Chur -Zürich -Basel

vor I.Februar 1948 nach I.Februar 1948 Fr.

Fr.

43.05 58.25 68.80

33.25 40.35 45.60

115

Strecke

Preis eines Billettes für Hin- und Rückfahrt 3. Klasse (heutige 2. Klasse) vor 1. Februar 1948 nach 1. Februar 1948 Fr.

Fr.

·

Poschiavo-Bern -Genf St. Moritz-Basel -Bern

70.80 82.85 51.90 53.90

48.10 57.50 37.65 40.10

V. Die volkswirtschaftliche Beurteilung der Tarüannäherung Bund, Kantone und private Organisationen bemühen sich seit langem, durch die Schaffung lohnender Arbeitsgelegenheiten die wirtschaftliche Entwicklung unserer Berggebiete zu fördern. Diesen Bestrebungen stellen sich zahlreiche Schwierigkeiten wirtschaftlicher Natur entgegen. Die durch etwas niedrigere Löhne erzielten Einsparungen können durch höhere Organisations- und Transportkosten aufgewogen werden. Die hohen Transportkosten sind aber nicht allein auf die überhöhten Tarife konzessionierter Bahnunternehmungen zurückzuführen. Schwerwiegender ist der Umstand, dass in Berggebieten die Beschaffungs- und Absatzmärkte vom Produktionsort wesentlich weiter entfernt sind als im Flachland. Transportkosteneinsparungen sind betriebswirtschaftlich natürlich immer erwünscht. Wie eingehende Untersuchungen der Handelshochschule St. Gallen anlässlich der Ausarbeitung unseres Berichtes über die Frage der Schiffbarmachung des Hochrheins gezeigt haben, darf jedoch ihre Auswirkung auf die Produktionskosten nicht überschätzt werden (BEI 1956, I, 587). Andere Faktoren, wie das Vorhandensein von aktiven Unternehmern, geeigneten Arbeitskräften und Hilfsgewerben, sind für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Berggebiete ebenfalls wichtig, entziehen sich aber der Einflussmöglichkeit des Bundes.

Es wäre wohl auch übertrieben, von der Annäherung der Personentarife eine eigentliche Belebung des Fremdenverkehrs zu erwarten. Bei Reisen zwischen wichtigen Schweizer Städten und bedeutenden Fremdenorten, die von Bahnen mit hohen Distanzzuschlägen oder hohen Spezialtaxen bedient werden, würden sich auf einem Billett für Hin- und Rückfahrt 2. Klasse folgende Einsparungen ergeben, wenn die Fahrpreise auf den Strecken der konzessionierten Bahnunternehmungen nach den Taxansätzen der Schweizerischen Bundesbahnen auf Grund der um 50 Prozent erhöhten effektiven Entfernungen berechnet Würden : ab Basel ab Bern ab Genf ab Zürich Davo's Platz Poschiavo St.Moritz Zernez Lenk im Simmental . . .

Gstaad Grindelwald

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

1.30 5.60 2.50 2.60 1.30 1.20 2.70

1.30 .5.60 1.90 2.50 3.-- 3.50 2.70

1.30 5.70 2.50 2.60 5.60 4.90 2.70

3.10 5.70 1.90 2.50 1.20 1.30 2.70

116 Trotz der beachtenswerten Annäherung sind die Fahrpreisreduktionen infolge des Entfernungsstaffeis auf grosse Distanzen verhältnismässig gering. Sie spielen im Ferienbudget eine unbedeutende Eolle und vermögen daher die Wahl des Ferienortes nicht entscheidend zu beeinflussen. Etwas günstiger sind die Aussichten im Ausflugs- und Wochenendverkehr zu beurteilen, denn hier fallen die Ausgaben im Verhältnis zu den Gesamtausgaben stärker ins Gewicht. Bei Eeisen innerhalb einer grösseren konzessionierten Bahnunternehmung mit hohen Distanzzuschlägen liessen sich allerdings bei einer Tarifannäherung im angedeuteten Ausmass zum Teil recht bedeutende Fahrpreiseinsparungen erzielen. Doch können von den Feriengästen für solche Fahrten schon heute weitgehende Fahrpreisermässigungen in Anspruch genommen werden. Erinnert sei in diesem Zusammenhang nur an das Ferienbillet, das zum Bezug von fünf Billetten zum ermässigten Preis für Ausflüge berechtigt. Diese Darlegungen zeigen, dass eine allgemeine Tarifannäherung vor allem im Personenverkehr eine unzweckmässige Subventionierung darstellen würde. Nutzniesser wären zahlreiche in- und ausländische Feriengäste, die kleine Beträge einsparen könnten. Es scheint uns unwahrscheinlich, dass durch diese ungezielte Subventionierung bestimmten Landesgegenden geholfen werden könnte. Eine solche Massnahme würde den Einsatz bedeutender Bundesmittel erfordern, welche zu einem grossen Teil Bevölkerungskreisen zugute kämen, die auf solche Unterstützungen nicht angewiesen sind. Wie die folgende Tabelle zeigt, hat sich unsere Fremdenindustrie in den letzten Jahren^rotz den überhöhten Tarifen der konzessionierten Bahnunternehmungen gut entwickelt.

Die prozentuale Zunahme der Logiernächte von 1952-1957 1951 bis 1952 bis 1953 bis 1954 bis 1955 bis 1956 bis 1952 bis 1956 1957 1954 1955 1957 1952 . 1953

Region

Graubünden Berner Oberland 2 entrais chweiz

Wallis Gesamte Schweiz

. . . .

146 11 6 88 18,6 7,7

32

88 48 6,6 5,2

1,8 04 24 3,4 1,9

10,3 57

4,7

6,0

28,2

4,2

2,8 11,7 6,4

2,8 4,0 4,8

4,3 7,0 8,7 6,2

254 21,3 39,3 27,0

Ferner muss hervorgehoben werden, dass die Tarifannäherung auch im Güterverkehr nicht in allen Fällen eine zweckentsprechende Massnahme darstellen kann und daher nicht vollständig der betreffenden Landesgegend zugute kommt. Ein wesentlicher Teil der durch die Tariferhöhung bewirkten Mehrausgaben wird von der übrigen schweizerischen Wirtschaft getragen. Das ist zum Beispiel der Fall bei den Transporten für die Kraftwerkbauten, die in den letzten Jahren ein bedeutendes Ausmass angenommen haben. Bei den Papierholztransporten sind die Verhältnisse ähnlich. Erinnert sei ferner an den Umstand, dass die Preise der meisten Markenartikel in der ganzen Schweiz gleich hoch sind.

117 Diese Ausführungen zeigen, dass an die Tarifannäherung vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus nicht allzu grosse Hoffnungen geknüpft werden dürfen.

Wichtiger sind Überlegungen staatspolitischer und soziologischer Natur. Es ist verständlich, dass sich die Bewohner von Landesgegenden, die durch Bahnunternehmungen mit stark überhöhten Tarifen bedient werden, benachteiligt fühlen. Durch den Umstand, dass auf dem ganzen Netz der Bundesbahnen die Beförderungspreise auf Grund der Effektivkilometer berechnet werden, entsteht ein Ausgleich zwischen Strecken mit tiefen Kosten pro Leistungseinheit und Strecken mit hohen Kosten pro Leistungseinheit. In diesen Ausgleich sind die von konzessionierten Bahnunternehmungen bedienten Gegenden nicht einbezogen. Es darf aber nicht vergessen werden, dass dieser Ausgleich auch in anderer Hinsicht nicht vollständig ist. Der öffentliche Verkehr unseres Landes wird ja nicht nur von den Eisenbahnen bedient, sondern auch von den Automobillinien der Post und ihrer Konzessionäre. Die Tarife dieser Automobillinien sind ebenfalls höher als die Tarife der Bundesbahnen. Diese Ungleichkeit kann u.a. wegen der unterschiedlichen Kostenstruktur der Automobildienste und der finanziellen Konsequenzen nicht beseitigt werden. Als echtes volkswirtschaftliches und verkehrspolitisches Problem kann deshalb bei den Eisenbahnen nur eine AnnäherungimFalle grosser Tarif unterschiede anerkannt werden. Als oberster Grundsatz hat zu gelten, dass die zur Verfügung stehenden Mittel so eingesetzt werden, dass unserer Volkswirtschaft daraus ein Optimum von Nutzen erwächst.

VI. Die Lösung des Problems der Tarif annäherung Der Bundesrat hat bereits anlässlich der Aufstellung der Tarifbildungsgrundsätze für die schweizerischen Eisenbahnunternehmungen in seiner Botschaft vom 16. August 1950 (BB11950, II, 628) seiner Auffassung dahin Ausdruck gegeben - und die Expertenkommission für Eisenbahnrückkaufsfragen ist in ihrem Bericht vom 10. Mai 1952 seinen Überlegungen gefolgt -, dass aus finanziellen Gründen selbst bei den für eine weitere Verstaatlichung allenfalls in Frage kommenden konzessionierten Bahnunternehmungen eine allgemeine Herabsetzung der bisherigen Tarife auf die Höhe der Tarife der Bundesbahnen kaum durchführbar wäre. Die Bundesversammlung ihrerseits hat mit der Genehmigung des Bundesratsbeschlusses
über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen diese Auffassung gut geheissen (AS 1950,1501, StenBull. 1950, 343 [StE] und 534 [NE]). Der aus den parlamentarischen Beratungen hervorgegangene Artikel 62 des Eisenbahngesetzes sieht denn auch nicht eine Tarifangleichung, sondern nur eine Tarifannäherung an das Tarifniveau der Bundesbahnen vor.

Ausgangspunkt für die Lösung der Tarifannäherung ist also Artikel 62 des Eisenbahngesetzes vom 20.Dezember 1957, der wie folgt lautet: Wenn die Bedürfnisse des Landes oder einer Landesgegend es rechtfertigen, können auf dem Wege der Gesetzgebung geeignete Massnahmen zur Annäherung der Tarife konzessionierter Bahnunternehmungen an jene der Schweizerischen Bundesbahnen getroffen werden.

118 Aus diesem Wortlaut geht hervor, dass der Gesetzgeber die Durchführung einer Tarifannäherung von bestimmten Voraussetzungen abhängig macht. Die Bedürfnisse des Landes oder einer Landesgegend müssen die Massnahme rechtfertigen. -Es müssen also die gegenwärtigen Tarife einer konzessionierten Bahnunternehmung so hoch sein, dass die Existenzbedingungen für Landwirtschaft, Handwerk, Gewerbe und Industrie, überhaupt für die gesamte Bevölkerung, infolge dieser hohen Tarife wirklich erschwert werden. Nur wenn diese Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind, besteht ein vom Gesetzgeber anerkanntes Bedürfnis für die Herabsetzung der Tarife. Ferner können nur Landesgegenden in Frage kommen, die wirtschaftlich und geographisch benachteiligt sind; denn dort ist auch das Bedürfnis nach Tarifannäherung besonders gerechtfertigt.

Schliesslich wird in der Eegel die Tarifannäherung nur bei Bahnunternehmungen von einiger Ausdehnung durchzuführen sein, weil nur hohe Tarife solcher Bahnen in der Lage sind,die Existenzbedingungen «des Landes oder einer Landesgegend» wirklich zu erschweren.

Wie wir bei der volkswirtschaftlichen Beurteilung kurz gezeigt haben, würde eine den gesamten Personenverkehr umfassende Tarifannäherung eine wenig sinnvolle Intervention darstellen. Sie könnte nicht als geeignete Massnahme im Sinne von Artikel 62 des Eisenbahngesetzes betrachtet werden. Um den staatspolitischen und soziologischen Überlegungen Eechnung zu tragen, sehen wir vor, die Fahrpreise für die einheimische Bevölkerung von Berggebieten, die von konzessionierten Bahnunternehmungen bedient werden, welche die oben erwähnten Anforderungen erfüllen, nach den Taxansätzen der SBB auf Grund der effektiven Entfernungen zu bilden.

Auch beim Gepäckverkehr ist die Tarifannäherung aus den beim Personenverkehr genannten Gründen äusserst problematisch. Zudem werden zur Vereinfachung der Abfertigung für diesen Verkehr in der Eegel die für den allgemeinen Personenverkehr geltenden Tarifentfernungen angewendet. Es empfiehlt sich daher nicht, diesen Verkehr in die Massnahme einzubeziehen. Da der Expressgutverkehr mit dem Gepäckverkehr tarifarisch verbunden ist, kann eine Annäherung des ersteren ebenfalls nicht in Erwägung gezogen werden. Nachteile werden dadurch keine entstehen, da der Anteil des Expressgutes am Gesamtverkehr nicht von grosser
Bedeutung ist. Zudenxwird bei einem Teil dieser Sendungen zur eilgutmässigen Beförderung übergegangen werden können. Dagegen kommt der Anäherung der Gütertarife und der Tarife für die Beförderung lebender Tiere grössere Bedeutung zu. Die Senkung dieser Tarife auf Bundeskosten kann in Verbindung mit anderen Massnahmen die Existenzbedingungen für Landwirtschaft, Handwerk, Gewerbe und Industrie verbessern helfen.

Eine zielgerechte Tarifannäherung stellt ein vielseitiges Problem dar. Bei seiner Lösung muss auf zahlreiche Einzelheiten Bücksicht genommen werden, die von Unternehmung zu Unternehmung sehr vorschieden sein können. Es ist daher verständlich, dass wir uns nach Prüfung des ganzen Problembereiches entschliessen mussten, einen Eahmenbeschluss aufzustellen, der den ausführenden Behörden die Kompetenz zur Eegelung gewisser Einzelfragen delegiert.

119 VII. Rechtsfragen der Tarifannäherung Die verfassungsrechtliche Grundlage für diesen Bundesbeschluss bildet Artikel 26 der Bundesverfassung. Das Eisenbahnwesen ist gemä'ss dieser Bestimmung Unbestrittenermassen Bundeshoheit. Der Bund kann daher den Eisenbahnbetrieb gelber übernehmen oder eine entsprechende Konzession privaten oder öffentlichrechtlichen Eechtssubjekten erteilen. Wählen die Bundesbehörden für eine bestimmte Eisenbahnlinie diese zweite Lösung, so ist der Inhaber der Konzession verpflichtet, die Bahn entsprechend den Vorschriften der Eisenbahngesetzgebung und der Konzession zu bauen und zu betreiben. Der Bund kann zur Anpassung an veränderte Verhältnisse die Bestimmungen der Konzession über den Bau und Betrieb sowie den Umfang der Beförderungspflicht ändern oder ergänzen (vgl. dazu Eisenbahngesetz Art. 5 und 8 sowie Transportgesetz Art. 7 [AS 1958, 335 bzw. 1949, 563]). Solche Einschränkungen gelten auch im Gebiet des Tarifwesens, denn die Tarifhoheit des Bundes gilt auch für die konzessionierten Bahnunternehmungen, und der öffentlichrechtliche Charakter der Tarifbestimmungen steht, ausser Zweifel (BB11925, II, 205; vgl. auch Art. l, Abs. 2, des Bundesbeschlusses vom 27.Oktober 1949 über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen, AS 1949, 1508).

Nach den in den parlamentarischen Verhandlungen über das Eisenbahngesetz vertretenen Auffassungen stellt sich lediglich die Frage, ob Artikel 26 der Bundesverfassung auch eine Subventionieruagskompetenz für die in dieser Vorlage enthaltene Tarifannäherang enthält (vgl. Sten.Bull. 1957, NE 696, 707, 711, 750, 757; StE 132, 137, 141, 189). Sowohl in den Kommissionen als auch im Plenum der beiden Eäte gingen die Meinungen darüber auseinander, ob für eine Massnahme, durch welche mit Bundesmitteln stark überhöhte Bahntärife herabgesetzt werden und dadurch der Volkswirtschaft der betreffenden Landesgegenden eine Hilfe gebracht wird, nicht die Wirtschaftsartikel der Bundesverfassung, insbesondere Bundesverfassung Artikel 31bis, angerufen werden müssten. Wenn im Ingress zum Eisenbahngesetz auf die Zitierung dieses Artikels verzichtet wurde, so einmal deshalb, weil im Eisenbahngesetz selbst ja nur der Grundsatz der Tarifannäherung aufgestellt und die Ausführung besonderer Gesetzgebung
vorbehalten wurde. Ferner sollte der Bundesrat nochmals gründlich prüfen, auf welche Verfassungsbestimmung sich die Tarifannäherung stützen lasse. Das Ergebnis unserer Prüfung ist folgendes: Die Kompetenz zur Hilfeleistung des Bundes an die konzessionierten Bahnunternehmungen - beim-vorliegenden Beschlussesentwurf handelt es sich aber um eine Hilfe an die von der Massnahme berührten Landesgegenden selbst - nach Artikel 26 der Bundesverfassung ist nicht bestritten. Übrigens bestand darüber eine ausführliche Gesetzgebung (BS 7, 239 ff.), welche nicht nur allgemeine, auf die konzessionierten Bahnunternehmungen des Landes anwendbare Eegeln festlegte, sondern auch besondere Entschädigungen an konzessionierte Bahnunternehmungen vorsah, wie dies übrigens auch im siebenten Abschnitt des Eisen-

120

bahngesetzes über Förderung und Hilfeleistung weiterhin vorgesehen ist. Auch der Bundesbeschluss vom 25. Juni 1954 über eine finanzielle Hilfe an den Kanton Graubünden und an die Ehätische Bahn (AS 1954, 1075) beruht einzig auf Artikel 26 der Bundesverfassung. Bei der Tarifannäherung kommt die Hilfe, wie schon erwähnt, nicht den Bahnunternehmungen, sondern der Bevölkerung der betreffenden Landesgegenden zugute. Diese Unterscheidung ist unseres Erachtens hinsichtlich der einschlägigen Verfassungsgrundlage unerheblich. Da die Tarifannäherung auf der Gesetzesstufe beschlossen werden muss, ist der Bundesgesetzgeber an die mit der bisherigen und neuen Eisenbahngesetzgebung verfolgten Zwecke nicht gebunden; er darf nur den ihm durch die Bundesverfassung zugewiesenen sachlichen Bereich nicht überschreiten. Nun beschränkt sich die Bundesverfassung aber darauf, das Eisenbahnwesen als Bundessache zu beanspruchen (vgl. Burckhardt, Kommentar, S.Auflage 1981, 190). Welche Zwecke im Eahmen von Artikel 26 der Bundesverfassung angestrebt werden sollen, kann der Bundesgesetzgeber nach freiem Ermessen bestimmen. Jedenfalls soll die Eisenbahngesetzgebung nicht nur das Verhältnis Bund/Eisenbahn, sondern, wie übrigens auch in der geltenden Gesetzgebung, die Beziehungen zwischen Bahnunternehmungen und Benutzern regeln (vgl. Transportgesetz, Transportreglement und die weiter oben erwähnten Tarif bildungsgrundsatze). Wenn der Bundesgesetzgeber mit einer Ausfallentschädigung interveniert, um diese Beziehungen zu erleichtern, so bleibt er unseres Erachtens in diesem Eahmen.

Der Beschlussesentwurf hält sich nicht nur im Eahmen von Artikel 26 der Bundesverfassung, sondern er.steht auch im Einklang mit der Entwicklung unseres Eisenbahnrechts. Die Beanspruchung dieses Gesetzgebungsgebietes wurde von Anfang an aus volkswirtschaftlichen Gründen empfohlen, denn im Interesse einer gesunden Entwicklung des Landes mussten die Eisenbahnen auch den wirtschaftlich weniger entwickelten Gegenden dienen. Das vom Bundesgesetzgeber aus betriebswirtschaftlichen Gründen gewählte gemischte System der teilweisen Konzessionierung beeinträchtigt sein zukünftiges Vorgehen nicht.

Er kann daher auch eine Bahnunternehmung finanziell unterstützen, mit der Auflage, dass die Tarife an jene der Bundesbahnen entsprechend anzupassen seien.

VIII. Erläuterungen zum Beschlussesentwurf

Ingress. Der Hinweis auf Artikel 62 des Eisenbahngesetzes ergibt sich daraus, dass dort erstmals in einem Erlass der Eechtsetzung von der Annäherung der Tarife konzessionierter Bahnunternehmungen an jene der Schweizerischen Bundesbahnen ausdrücklich gesprochen wurde.

Der vorliegende Bundesbeschluss ist nach Artikel 62 des Eisenbahngesetzes auf der Gesetzesstufe zu erlassen ; es handelt sich somit um einen allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss, der dem Eeferendum unterliegt (vergleiche auch Artikel 10, Absatz 2).

121

Artikel l lehnt sich eng an Artikel 62 des Eisenbahngesetzes an und bestimmt als Zweck der Massnahme die wirtschaftliche Förderung geographisch oder aus andern Gründen benachteiligter Gebiete. Diese Förderung soll durch die Senkung stark überhöhter Eisenbahntarife erreicht werden.

Artikel 2. Der Geltungsbereich der Tarifannäherung ist in zweifacher Hinsicht abzugrenzen. Erstens ist festzustellen, auf welche Tarife sie Anwendung finden soll. Zweitens sind die Voraussetzungen zu nennen, welche erfüllt sein müssen, damit der Beschluss überhaupt Anwendung findet auf eine bestimmte konzessionierte Bahnunternehmung.

Wie noch unter Artikel 3 darzulegen sein wird, soll die Tarifannäherung beschränkt werden auf Beförderungspreise für Einheimische sowie auf Tarife für lebende Tiere und Güter.

Damit eine klare Grundlage für die Auswahl der Unternehmungen geschaffen wird, wurden im Sinne von Artikel 62 des Eisenbahngesetzes drei Kriterien aufgestellt, die gleichzeitig erfüllt sein müssen. Da die Distanzzuschläge im Güterverkehr gemäss Artikel 3, Absatz 2, einheitlich auf 50 Prozent gesenkt werden sollen, können nur diejenigen Unternehmungen berücksichtigt werden, deren Tarife gegenüber den Bundesbahnen eine Überhöhung von durchschnittlich mehr als 50 Prozent auf weisen. Entsprechend der Bestimmung von Artikel l wird ferner verlangt, dass die einzubeziehenden Unternehmungen wenig oder einseitig entwickelte Landesgegenden in Berggebieten bedienen müssen. Überhöhte Beförderungspreise können die wirtschaftliche Entwicklung einer Landesgegend nämlich nur dann nachteilig beeinflussen, wenn sie auf einem Eisenbahnnetz von einer gewissen Ausdehnung zur Anwendung gelangen. Aus diesem Grunde haben wir die Bestimmung aufgenommen, dass nur die Tarife von konzessionierten Bahnunternehmungen, die eine Betriebslänge von mindestens 20 Kilometern aufweisen, angenähert werden sollen. Die Unternehmungen, auf welche diese Voraussetzungen zutreffen, werden vom Bundesrat bezeichnet.

Es ist geltende Praxis im Bundesstaat, dass der Bund seine finanzielle Mitwirkung, die einzelnen Landesgegenden zugute kommen soll, von Beiträgen der beteiligten Kantone abhängig macht. Wir erinnern in diesem Zusammenhang nur an alle Beteiligungen des Bundes an Flusskorrektionen, Meliorationen usw.

Auch im Eisenbahngesetz wird in Artikel 60, Absatz
l, positivrechtlich vorgeschrieben, dass an die Kosten für technische Verbesserungen im Eisenbahnwesen die beteiligten Kantone angemessen beizutragen haben. Soweit wollten wir allerdings bei der Tarifannäherung nicht gehen, sonst würde unter Umständen vom Zweck der Massnahme, einzelnen Landesgegenden zu helfen, abgewichen. Immerhin soll der Bundesrat die Möglichkeit haben, die beteiligten Kantone zu einer angemessenen finanziellen Beteiligung herbeizuziehen, ansonst auch der Bund von jeglicher Leistung frei wäre und der Tarif annäherungsbeschluss damit nicht zur Anwendung käme. Dass bei einer allfälligen Beteiligung der Kantone auf deren Finanzkraft Rücksicht genommen würde, versteht sich von selbst.

122

Artikel 3. Alle bisher erhobenen Begehren auf Tarifanpassung und -annäherung sind auf das Tarifniveau der Schweizerischen Bundesbahnen ausgerichtet. Entfernte man sich für die Herabsetzung der Tarife vom Stand des Tarifniveaus der Bundesbahnen, entfiele jedwede zuverlässige Vergleichsgrundlage, was einerseits die grössten Kechtsunsicherheiten zur Folge haben müsste, und anderseits eine einigermassen genaue Berechnung des Ausrnasses der Herabsetzung von Tarifen konzessionierter Bahnunternehmungen verunmöglichen würde. Bei der starken Verflechtung dieser Tarife mit jenen der Bundesbahnen bilden nur letztere einen festen Ausgangspunkt für die dazu nötigen Ermittlungen und Berechnungen.

Soweit die Tarifhöhe einiger Bahnunternehmungen ungefähr gleich ist, wäre es denkbar, bei den für die Annäherung in Frage kommenden konzessionierten Bahnunternehmungen die Tarife gruppenweise um einen bestimmten Prozentsatz dem Tarifniveau der Bundesbahnen anzunähern. Ein solches Verfahren würde aber zweifellos zu Berufungen von Landesgegenden und Bahnunternehmungen führen. Das Tarifniveau der einzelnen Bahnunternehmungen würde in diesem Falle auch nach erfolgter Annäherung verschieden sein und man käme der wünschenswerten Tarifvereinheitlichung bei den in die Massnahme einzubeziehenden konzessionierten Bahnunternehmungen nur wenig näher. Der Entwurf sieht daher grundsätzlich für die in die Massnahme einzubeziehenden konzessionierten Bahnunternehmungen für die Beförderungspreise für Einheimische das Tarifniveau der SBB vor, wogegen die Tarife für lebende Tiere und Güter auf 150 (SBB = 100) angenähert werden sollen.

In den Genuss der auf SBB-Niveau festgesetzten Beförderungspreise für Einheimische soll «die einheimische Bevölkerung eines Berggebietes» kommen, durch welche Formulierung gegebenenfalls die Bevölkerung wirtschaftlich gut entwickelter Talgebiete ausgeschlossen werden kann, von welchen aus die Bahnunternehmung ihren Ausgang nimmt. Verbilligt werden soll ja insbesondere die Eeise des Bergbewohners ins Tal; es sollen mit dieser Massnahme die abgelegenen Gebiete näher an die wirtschaftlich stärkeren Zentren herangeführt werden.

Damit die Einführung von Einheimischenbilletten mit Bandesmitteln aber nicht illusorisch wird, müsste vorgesehen werden, dass im direkten Verkehr mit andern Bahnunternehmungen die
Fahrpreise auf Grund der durchgerechneten Distanzen gebildet werden, d.h. beim Übergang von einer konzessionierten Bahnunternehmung mit angeglichenen Einheimischentarifen auf Strecken der SBB werden die effektiven Kilometer der gesamten Fahrstrecke der Preisberechnung zugrunde gelegt und die durch den Staffel entstehende Verbilligung dem Einheimischen gewährt. Eine Ausnahme müsste nur gemacht werden für diejenigen konzessionierten Bahnunternehmungen, für welche heute schon Taxanstoss besteht. Dort besteht kein Grund, nach der neuen Ordnung davon abzuweichen.

Es versteht sich des weitern von selbst, dass z.B. ein Anwohner der Bahnunternehmung A, deren Tarife für Einheimische denjenigen der SBB angeglichen werden, nicht auch bei der Bahnunternehmung B, welche sich vielleicht in einem

123 ganz andern Teil des Landes befindet, in den Genuss der Tarife für Einheimische dieser letztern Unternehmung gelangen kann.

Eine spürbare Annäherung der Tarife von Strecken, die heute mit sehr hohen Taxen belastet sind, könnte möglicherweise die Betriebsabwicklung auf solchen Linien erschweren. Wir denken dabei an Bahnunternehmungen, die schon bei Anwendung der heute geltenden hohen Taxen vor allem zu Saisonzeiten betrieblich völlig ausgelastet sind. Ein durch die Tarifannäherung allfällig eintretender Mehrverkehr könnte hier die Betriebsabwicklung erschweren.

Der Bundesjat soll daher bei besondern Verhältnissen das Ausmass der Annäherung festsetzen können, wobei das Niveau von 100 beziehungsweise 150 nicht unterschritten werden darf.

Durch die Tarifannäherung können bei Konkurrenzverbindungen im Güterverkehr Verschiebungen zu ungunsten von Bahnunternehmungen eintreten, die nicht in die Massnahme einbezogen werden.

Gemäss Artikel 26, Absatz 2 des Bundesratsbeschlusses vom 16. August 1950 über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen (AS 1950, 1504) ist im direkten schweizerischen Güterverkehr die Fracht über die billigste und die Lieferfrist über die kürzeste Eoute zu berechnen. Bestehen zwischen Versand- und Bestimmungsstation verschiedene Beförderungswege und führt der kürzeste von ihnen über Strecken mehrerer Bahnunternehmungen, so ist der Verkehr unter gewissen Bedingungen dieser kürzesten Boute zu überlassen. Führt die kürzeste Eoute über Strecken mehrerer Bahnunternehmungen, die jedoch nicht gleichwertige Betriebsverhältnisse aufweisen, wie die Hauptbahnen, so haben sich die interessierten Bahnunternehmungen über die Teilung des Verkehrs zu verständigen.

Gegenwärtig ist die Leitung des direkten schweizerischen Güterverkehrs durch entsprechende Verkehrsteilungsverträge zwischen den interessierten Bahnunternehmungen geregelt. Die Tarifannäherung und die damit verbundene Kürzung der Tarifdistanzen kann möglicherweise auch die Frage einer Neuregelung der Verkehrsteilung und Verkehrsleitung aufwerfen. Es muss daher dem Bundesrat die Kompetenz eingeräumt werden, von den Bestimmungen dieses Beschlusses abzuweichen, wenn durch die Kürzung der Tarifdistanzen der Verkehr in erheblichem Umfage auf betrieblich weniger geeignete Eouten umgeleitet würde.

In der Botschaft des
Bundesrates vom 16. August 1950 über die Genehmigung des Bundesratsbeschlusses vom 16. August 1950 betreffend die Tarif bildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen (BEI 1950, II, 628) wird hierüber ausgeführt : Wir erachten es als notwendig, noch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich jedoch nicht darum handeln kann und darf, diese Gleichwertigkeit der Betriebsverhältnisse nun erst noch durch kostspielige, für den vorhandenen Verkehr nicht notwendige Verbesserungen und Neuanschaffungen herbeiführen zu wollen. Es wäre unseres Eraohtens unter den heutigen Verhältnissen geradezu unverantwortlich, wenn einzelne konzessionierte Eisenbahnunternehmungen lediglich im Hinblick auf die

124 Neuordnung ihres Verkehrsanspruches neue Mittel für die Verbesserung ihrer Anlagen und ihres Betriebes aufwenden wollten, um dadurch Verkehr zu erhalten, der heute ohne solche Aufwendungen mühelos und ebenso zweckmässig über die längere Route geführt werden kann.

Eine genaue Bezifferung der jährlichen Einnahmenausfälle aus der Herabsetzung der Tarife würde sehr einlässliche und langwierige Berechnungen voraussetzen. (Vgl. die Ausführungen oben unter Abschnitt I und II.) Um in der zur Verfügung gestandenen kurzen Zeit doch einigermassen zuverlässige Anhaltspunkte über den Einnahmenausfall der Bahnen zu erhalten, musste zu einem stark vereinfachten Berechnungsverfahren gegriffen werden.-Es darf aber dennoch gesagt werden, dass bei der im Beschlussesentwurf vorgesehenen Tarifannäherung auf ein Niveau von 100 beziehungsweise 150 (SBB = 100) für die unter Artikel 2 fallenden konzessionierten Bahnunternehmungen ein jährlicher Bundesbeitrag von 8 bis 10 Millionen Franken erforderlich sein wird.

Artikel 4. Dieser Artikel ist der Ausfluss der in Artikel 3 materiell festgelegten Tarifannäherung. Er bestimmt, dass für die oben näher umschriebene c Tarifannäherung der erforderliche Betrag jährlich in den Voranschlag des Bundes aufzunehmen ist. Dabei wird der Einnahmenausfall grundsätzlich nach dem Stand der Tarife berechnet, wie sie im Zeitpunkt der Einführung dieser Massnahme bestehen; z.B. für eine Bahnunternehmung, welche schon heute Einheimischenbillette ausgibt, beträgt der Binnahmenausfall die Differenz zwischen dem heutigen Einheimischenbillett und dem nach SBB-Niveau sich ergebenden Fahrpreis. Hatte eine Bahnunternehmung bisher keine Einheimischenbillette gekannt, so ist die Differenz zwischen denvneueri und dem bisherigen normalen Fahrpreis zu vergüten. Da mit dem Tarifannäherungsbeschluss indessen spätere begründete Tariferhöhungen nicht ausgeschlossen und die den Bahnunternehmungen durch die Konzession eingeräumten wohlerworbenen Eechte nicht geschmälert werden dürfen, kann auch in Zukunft sich die Frage einer Tariferhöhung bei Bahnunternehmungen stellen, deren. Tarife mit Bundesmitteln denjenigen der SBB angeglichen beziehungsweise angenähert wurden. Erscheint die anbegehrte Taxerhöhung gerechtfertigt, so wird der Bundesrat als Tarifaufsichtsbehörde nicht nur die Erhöhung der Tarife genehmigen, sondern gleichzeitig auch die dadurch sich neu ergebenden Differenzen übernehmen. Andernfalls könnten wohl die Taxen erhöht, die Differenzen aber nicht vom Bund übernommen werden.

Da heute die meisten Bahnunternehmungen stark dem Wettbewerb anderer Verkehrsmittel
ausgesetzt sind, sehen sie sich gezwungen, Frachtermässigungen einzuräumen, um den Verkehr nicht an die Strasse zu verlieren. Viele Bahnunternehmungen wenden im Abfertigungswege die tarifgemässen Frachtsätze an, gewähren aber nachher im Eückvergütungswege einen ermässigten Frachtsatz, welcher dem Konkurrenzpreis anderer Verkehrsmittel Eechnung trägt.

Andere Bahnunternehmungen dagegen gewähren direkt im Abfertigungswege eine niedrigere als die tarifgemässe Frachtklasse oder sonst einen ermässigten

125 Frachtsatz, so dass die nachträgliche Eückvergütung in Wegfall kommt. Absatz 8 bestimmt daher, dass Taxvergünstigungen, in welcher Form sie auch eingeräumt werden mögen, von der Ausfallentschädigung abzuziehen sind.

Artikel 5. Festgehalten sei, dass die Herabsetzung von Taxen den konzessionierten Bahnunternehmungen zunächst nur einen Verlust an Einnahmen bringen wird, sofern ihnen die niedrigeren Tarife nicht mehr Verkehr zuführen.

Ob letzteres eintreten wird, ist jedoch ungewiss, weil vermutlich schon der Verkehr im Einzugsgebiet der Bahnunternehmungen und dessen wirtschaftliche Struktur sowie der Konkurrenzdfuck der Strasse dies nur in wenigen Fällen erwarten lassen. Ein gewisser Mehrverkehr im Tier- und Güterverkehr ist für die Bahnunternehmungen mit angenäherten Tarifen jedoch dadurch 2u erwarten, dass durch die Kürzung ihrer Tarifdistanzen eine Verkehrsverlagerung eintreten kann, d.h. dass Verkehr, der heute über andere Wege geleitet wird, sich künftig über Eouten mit angenäherten Tarifen abwickelt. Ein Mehrverkehr muss aber nicht in allen Fällen die Ertragslage der Unternehmung verbessern, denn es können durch den Mehrverkehr auch zusätzliche Aufwendungen notwendig werden - wir denken hier an Personalvermehrung, Vergrösserung des Eollmaterialparks, Ausbau von Bahnanlagen usw. -, welche die konzessionierte Bahnunternehmung sonst nicht gehabt hätte. Von diesem Mehrverkehr profitiert aber die durch die Bahnunternehmung bediente Landesgegend. Eine Kürzung der Ausfallentschädigung soll jedoch nur dann ins Auge gefasst werden, wenn unter Berücksichtigung der Mehrkosten ein Überschuss entsteht, mit andern Worten ausgedrückt : Die Entschädigung des Bundes kann um den Teil des Überschusses gekürzt werden, der sich aus dem Mehrverkehr, herrührend aus der Tarifannäherung, ergibt. Dagegen wird der Bund auch Beiträge bei Mehrverkehr leisten können, der mit der Tarifannäherung in keinem direkten Zusammenhang steht, wie vermehrte Holz-, Stein- oder Eisentransporte bei Ausführung grösserer Bauten oder militärischer Anlagen im Bedienungsbereich einer konzessionierten Bahnunternehmung mit angenäherten Tarifen.

Dass bei einem allfälligen Verkehrsrückgang der Bundesbeitrag nur im Verhältnis des wirklich getätigten Verkehrs und des hieraus resultierenden Einnahmenausfalles ausgerichtet wird, ist
selbstverständlich.

Artikel 6. Bahnunternehmungen, die nicht in die Tarifannäherung einbezogen sind, aber am direkten Verkehr mit Durchrechnung des Taxschemas der Bundesbahnen auf dem Gesamtdurchlauf beteiligt sind, werden aus der Tarifannäherung und der damit verbundenen Distanzkürzung infolge der Staffelwirkung etwas höhere kilometrische Streckenanteile beziehen als bisher. Dies wird in erster Linie für die Schweizerischen Bundesbahnen der Fall sein. Im Güterverkehr beginnt die Staffelwirkung bei Distanzen von über 100 Tarifkilometern. So beträgt z.B. die Streckenfracht für ein Gut der Wagenladungsklasse l (10 t) Zürich HB-Davos Platz 387 Eappen pro 100 kg. Diese Streckenfracht wird heute wie folgt gebildet : Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. I.

10

126 ïr.

100 Tarifkilometer zu 2 Eappen 50 Tarifkilometer zu 1,8 Kappen 50 Tarifkilometer zu 1,6 Eappen 17 Tarifkilometer zu l Eappen 217 Tarifkilometer

2.-- --.90 --.80 --.17 3.87

Wird der .Distanzzuschlag für die Strecke Landquart-Davos Platz auf 50 Prozent ermässigt, so kommt die Stre'ckenfracht auf 338 Eappen pro 100 kg zu stehen. Diese Streckenfracht wird auf Grund der durchschnittlichen Einnahmen pro Tarif kilometer verteilt. Durch die Tarif annäherung wird die Strecke Landquart-Davos Platz um 37 Tarifkilometer gesenkt. Die Streckenfracht wird aber nicht in gleichem Ausmass gekürzt, da die billigen Kilometer zu, l und 1,6 Eappen abgebaut werden. Dadurch wird die durchschnittliche Einnahme für die verbleibenden Tarifkilometer grösser. Da die SBB-Strecke Zürich-Landquart gleich lang bleibt, steigt der Frachtanteil der Schweizerischen Bundesbahnen.

Es soll daher für den Bund wenigstens die rechtliche Grundlage geschaffen werden, Bahnunternehmungen, die hieraus einen nennenswerten finanziellen Vorteil ziehen, zu geeigneten Leistungen zu verhalten, sei es zur Erstattung solcher geldwerten Vorteile an die Bundeskasse, sei es zur Durchführung besonderer Massnahmen, die ebenfalls der angestrebten Tarifannäherung in irgendwelcher Form zugute kämen.

Artikel 7. Die derzeitige Vergütung der konzessionierten Bahnunternehmungen für die Postbeförderung wird auf Grund der internen Eilguttaxe jeder Bahn berechnet. Mit der Herabsetzung dieser Taxe könnten diese Bahnen einen zusätzlichen Einnahmenverlust erleiden. Die gegenwärtige Entschädigung der PTT-Verwaltung z.B. an die Ehätische Bahn beträgt rund 2,5 Millionen Franken im Jahr.

Nach Artikel 45, Absatz 2, des Eisenbahngesetzes (AS 1958, 335) haben die Bahnunternehmungen für die Postbeförderung Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Die Ordnung dieser Vergütung ist in einem zwischen der PTT-Verwaltung und dem Verband Schweizerischer Transportunternehmungen (VST) abgeschlossenen und vom Post- und Eisenbahndepartement genehmigten provisorischen Vertrag vom 20./22.Dezember 1954 niedergelegt. Damit die konzessionierten Bahnunternehmungen mit angenäherten Tarifen durch diese Massnahme bei der Postbeförderung keine Einbusse gegenüber heute erleiden, ist der vorgenannte Vertrag der neuen Tariflage in geeigneter Weise anzupassen. Die .

Bestimmung der für die Bemessung der Vergütung massgebenden Grundsätze durch den Bundesrat bleibt vorbehalten.

Artikel 8. Wie die Tarifannäherung in materieller Hinsicht zu gestalten ist, ergibt sich aus
den Bestimmungen dieses Beschlusses. Dagegen bleiben verschiedene Fragen der. formellen Ausgestaltung offen. Um den Bundesrat beziehungsweise dem Post- und Eisenbahndepartement die Berücksichtigung der kon-

127 kreten Umstände bei den einzelnen konzessionierten Bahnunternehmungen zu ermöglichen, sehen wir davon ab, diese Fragen im Beschluss selbst zu regeln. Es handelt sich vor allem um die Art der Berechnung der Ausfälle, deren Festlegung für eine bestimmte Periode und um eine allfällige Eatenzahlung der Entschädigungsbeträge. In einer solchen Vereinbarung wäre auch das Vorgehen bei Verkehrszu- oder -abnähme nach Artikel 5 zu regeln.

Artikel 9. Das Beschwerderecht wird gleich geordnet wie in Artikel 11 des Eisenbahngesetzes. Da die Tarifannäherung, wie bereits verschiedentlich ausgeführt, vor allem die berücksichtigten Landesgegenden berührt, erachten wir es als angezeigt, dass neben der in die Massnahme einbezogenen konzessionierten Bahnunternehmung auch die von dieser berührten Kantone zur Beschwerde legitimiert sein sollen. Trotz der besondern Eechtsstellung der Schweizerischen Bundesbahnen (vgl. Art. l des BG vom 23. Juni 1944 über die Schweizerischen Bundesbahnen [B S 7,195]), sind wir der Auffassung, dass diesen, vor allem wegen der Leistungen, zu welchen sie gestützt auf Artikel 6 herangezogen werden könnten, das gleiche Beschwerderecht eingeräumt werden muss.

Gestützt auf diese Darlegungen haben wir die Ehre, Ihnen den nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Annäherung von Tarifen konzessionierter Bahnunternehmungen an jene der Schweizerischen Bundesbahnen zur Annahme.zu empfehlen. Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die Motion zu Nr. 7029 vom 25. September 1957/5. Dezember 1957 betreffend Anpassung von Tarifen abzuschreiben.

!

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 20. Januar 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet · Der Bundeskanzler : Ch. Oser

128 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

Annäherung von Tarifen konzessionierter Bahnunternehmungen an jene der Schweizerischen Bundesbahnen (Tarifannäherungsbeschluss)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 26 der Bundesverfassung, mit Hinweis auf Artikel 62 des 'Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 20. Januar 1959, beschliesst :

Art. l zweck

Durch die Annäherung stark überhöhter Tarife konzessionierter Bahnunternehmungen an jene der Schweizerischen Bundesbahnen soll dort, wo die Bedürfnisse des Landes oder einer Landesgegend es rechtfertigen, die wirtschaftliche Entwicklung geographisch oder aus andern Gründen benachteiligter Gebiete gefördert werden.

Art. 2 Geitungsbereich

1

Die Bestimmungen dieses Beschlusses finden im Eahmen von Artfas} 3 Anwendung auf die Tarife konzessionierter Bahnunternehmungen, deren Annäherung an die Tarife der Schweizerischen Bundesbahnen sich zur Erreichung des in Artikel, l genannten Zweckes aufdrängt.

2 Dieser Beschluss findet Anwendung auf Bahnunternehmungen, welche folgende Voraussetzungen erfüllen : a. Die Überhöhung der Tarife gegenüber jenen der Schweizerischen Bundesbahnen muss durchschnittlich mehr als 50 Prozent betragen.

6. Die Bahnunternehmungen müssen wirtschaftlich wenig oder nur einseitig entwickelte Landesgegenden in Berggebieten bedienen.

129

e. Die Betriebslänge einer Bahnunternehmung darf 20 Kilometer nicht unterschreiten.

3 Der Bundesrat bezeichnet die unter diesen Beschluss fallenden Bahnunternehmungen.

4 Er kann die Anwendung dieses Beschlusses von einer angemessenen finanziellen Beteiligung der betreffenden Kantone abhängig machen.

Art. 3 Für die einheimische Bevölkerung eines Berggebietes, das von einer Ausmass der Annäherung nach Artikel 2, Absatz 3, bezeichneten Bahnunternehmung bedient wird, 1.

Personenverkehr werden die Fahrpreise auf den Bahnstrecken dieser Unternehmung nach den jeweils geltenden Taxansätzen der Schweizerischen Bundesbahnen auf Grund der effektiven Entfernung berechnet. Im Verkehr mit andern Bahnunternehmungen werden die Fahrpreise auf Grund der durchgerechneten Distanz gebildet, sofern nicht Taxanstoss besteht. Auf den anschliessenden Bahnunternehmungen sind die für den allgemeinen Verkehr gültigen Tarifentfernungen anzuwenden.

2 Die Beförderungspreise für lebende Tiere und Güter der nach Ar- 2. Güterverkehr tikel 2, Absatz 3, bezeichneten Bahnunternehmungen werden nach den jeweils geltenden Taxansätzen der Schweizerischen Bundesbahnen auf Grund der um 50 Prozent erhöhten effektiven Entfernungen berechnet.

Auf Teilstrecken der erwähnten Bahnunternehmungen, auf denen der Distanzzuschlag beim Inkrafttreten dieses Beschlusses 50 Prozent oder; weniger beträgt, bleibt die Tarifdistanz unverändert.

3 Bei Vorhegen besonderer Verhältnisse, insbesondere wenn durch 3. Besondere die Tarifannäherung die Betriebsabwicklung dieser Bahnunternehmungen Verhältnisse erheblich erschwert wird oder in der heutigen Leitung oder Frachtberechnung des direkten Güterverkehrs wesentliche Verschiebungen eintreten, kann der Bundesrat bei einzelnen Bahnunternehmungen das Ausmass der Annäherung festsetzen. Es dürfen dabei die nach Absatz l und 2 sich ergebenden Ansätze nicht unterschritten werden.

1

Art. 4 1

Der Bund übernimmt den Einnahmenausfall konzessionierter Bahn- Entschädigung Unternehmungen, der daraus entsteht, dass ihre in Artikel 2, Absatz l, erwähnten Tarife an jene der Schweizerischen Bundesbahnen angeglichen oder angenähert werden.

2 Der Einnahmenausfall wird nach dem Stand der im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Massnahme gültigen Tarife konzessionierter Bahnunternehmungen berechnet. Durch zukünftige Tariferhöhungen dieser Unternehmungen vergrösserte Differenzen zu den bisherigen Tarifen übernimmt der Bund nur, sofern die Erhöhung begründet ist.

130 3

Bei den auf Grund von besonderen Verträgen direkt oder auf dem Rückerstattungswege gewährten ermässigten Frachtsätzen im Güterverkehr übernimmt der Bund den Einnahmenausfall, der aus der Annäherung dieser ermässigten Frachtsätze entsteht. Sofern solche Frachtermässigungen durch die Tarifannäherung hinfällig werden, sind sie von der Entschädigung abzuziehen.

4 Der erforderliche Betrag ist jährlich in den Voranschlag des Bundes aufzunehmen.

Art. 5 1

verkehrszuTritt durch die Tarifannäherung bei den nach Artikel 2, Absatz 3, ^im'Güter-"16 bezeichneten Bahnunternehmungen im Tier- und Güterverkehr eine Ververkehr kehrszunahme mit entsprechenden Mehreinnahmen ein, so kann die Entschädigung des Bundes gekürzt werden, wenn unter Berücksichtigung der Mehrkosten ein Überschuss entsteht. Ist die Verkehrszunahme dagegen nicht in der Tarifannäherung begründet, so richtet der Bund seinen Beitrag auf Grund der tatsächlichen Verkehrseinnahmen aus.

2 Tritt ein Verkehrsrückgang ein, so leistet der Bund seinen Beitrag auf Grund der verminderten Verkehrseinnahmen.

Art. 6 Vorteilsanrechnung

Bahnunternehmungen, die nicht unter die Bestimmungen von Ar1tikel 2 dieses Beschlusses fallen, denen aber durch die mit Bundeshilfe durchgeführte Tarifannäherung wegen der Taxanteilsverschiebung im direkten Verkehr nennenswerte finanzielle Vorteile erwachsen, können vom Bundesrat zur Eückerstattung der Vorteile oder zu entsprechenden, geeigneten Leistungen verhalten werden.

Art. 7 Post-, TeleDie von der PTT-Verwaltung für die Postbeförderung bisher ausgr Teiephon-nd gerichtete Entschädigung darf bei den konzessionierten Bahnunternehverwaitung mungen mit angenäherten Tarifen wegen dieser Massnahme keine Herabsetzung erfahren.

Art. 8 Vereinbarungen und Ausfallberechnung

1

Das Post- und Eisenbahndepartement schliesst mit den unter die Bestimmungen dieses Beschlusses fallenden Bahnunternehmungen Vereinbarungen über die für die Ausrichtung von Ausfallentschädigungen einzuhaltenden Bedingungen ab.

2 Die von den konzessionierten Bahnunternehmungen errechneten Ausfallbeträge sind mit den erforderlichen Nachweisen zu belegen und der Aufsichtsbehörde ist jede benötigte Auskunft zu erteilen.

131 Art. 9 Gegen Verfügungen und Entscheide des Post- und Eisenbahndepartementes können die betroffene konzessionierte Bahnunternehmung, die von dieser berührten Kantone sowie die Schweizerischen Bundesbahnen Beschwerde an den Bundesrat führen. Das Verfahren richtet sich nach der Gesetzgebung über die Organisation der Bundesrechtspflege.

Beschwerde

Art. 10 1

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Bundesbeschlusses beauftragt und erlässt die hiezu erforderlichen Ausführungsvorschriften.

2 Er wird gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntgabe dieses Bundesbeschlusses veranlassen und den Zeitpunkt seines Inkrafttretens festsetzen.

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Inkrafttreten und Vollzug

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zu einem Bundesbeschluss über Annäherung von Tarifen konzessionierter Bahnunternehmungen an jene der Schweizerischen Bundesbahnen (Vom 20. Januar 1959)

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7758

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05.02.1959

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