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Bundesrathsbeschluss über

den Rekurs von Plazi Dumas in Moudon (Waadt) betreffend Anwendung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs.

(Vom 17. Juni 1892.)

Der schweizerische Bundesrath hat

nach Einsicht eines Rekurses des Plazid D u m a s in Moudon (Waadt), vertreten durch Fürsprech Vallon in Lausanne, d. d.

25. Mai 1892, betreffend Anwendung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs, sowie eines Berichtes des Rathes für Schuldbetreibung und Konkurs, auf den Antrag seines Justizund Polizeidepartements; nach Feststellung folgender aktenmäßiger Thatsachen : Martin Baverel, wohnhaft in Morges, hat unterm 19. März abhin, gestützt auf einen Verlustschein gegen H. F. in P., eine Dampfmaschine, die sich, auseinandergenommen, bei Mechaniker Duvillard in Lausanne befand, mit Arrest belegen lassen. Bei der Vollziehung des Arrestes erklärte Duvillard, diese Maschine gehöre dem nunmehrigen Rekurrenten Plazid Dumas; diese Erklärung wurdezui Protokoll genommen und der Schuldner sowohl als der Gläubiger davon in Eenntniß gesetzt. Dumas bestätigte die Aussage des Duvillard in einem an das Betreibungsamt Lausanne gerichteten Schreiben.

Am 29. März 1892 theilte der Betreibungsbeamte dem Dumas mit, daß der Arrestnehme seinen (des Dumas) Eigenthumsanspru bestreite, und setzte ihm zur Erhebung der Eigenthumsklage eine

1159 zehntägige Frist an. Dumas rekurrirte gegen diesen Entscheid beim Gerichtspräsidenten von Lausanne wegen falscher Anwendung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung. Er machte geltend, daß gemäß Art. 109 dieses Gesetzes die Frist zur Klagerhebung dem Gläubiger Baverel hätte angesetzt werden sollen, weil die beanspruchte Maschine sich bei einem Dritten befand, der sie Namens des Eigenthümers Dumas im Gewahrsam hielt. Auf jeden Fall wende das Betreibungsamt, Lausanne mit Unrecht die Art. 106 und 107 des Betreibungsgesetzes an, da die Maschine nicht im Besitze des Schuldners sei. Der Gerichtspräsident von Lausanne hielt dafür, der Betreibungsbeamte habe richtig gehandelt, und wies die Klage ab.

Dumas rekurrirte nun an das Kantonsgericht, wobei er das gleiche Schlußbegehren stellte, mit dem Beifügen, er besitze regelrechte Ausweise über sein Eigentumsrecht an der Maschine, die bei seinem Vertreter Duvillard mit Arrest belegt worden sei. Man müsse dem Wort ,,Gewahrsam" in den Artikeln 106 und 109 des B.-G. den gleichen Sinn beimessen wie in Art. 201 und 202 des Obligationenrechts, also den Sinn von Verfügungsgewalt, und nicht den eng begrenzten Sinn des ,,materiellen11 Gewahrsams; wolle man dies nicht, so liege ein Fall vor, der weder in Art. 106 noch in Art. 109 vorgesehen wäre, nämlich der Fall des Gewahrsams durch einen Dritten, der k e i n Eigenthum an der Sache beansprucht.

Mit Beschluß vom 10. Mai 1892 wies das Kantonsgericht die Klage des Dumas als unbegründet ab ; in E r w ä g u n g : I. Die Artikel 106, 107 und 109 des Betreibungsgesetzes stellen das Verfahren fest, das zu befolgen ist, wenn ein Dritter auf eine gepfändete Sache Anspruch erhebt. Befindet sich die Sache im Gewahrsam des gepfändeten Schuldners, so ist es nach Art. 106 und 107 des B.-G. der Dritte, der die Eigenthumsklage zu erheben hat; hat dagegen der Dritte den Gewahrsam, so ist es laut B.-G.

109 Sache des pfändenden Gläubigers, gegen i h n zu klagen.

Befindet sich die Sache weder im Gewahrsam des Schuldners noch des das Eigenthum daran beanspruchenden Dritten, sondern in Händen einer Person, die keinerlei dingliches Recht an der Sache beansprucht, so kommt es darauf an, in wessen Namen und auf wessen Rechnung diese Person die Sache verwahrt. Im vorliegenden Falle verwahrte Duvillard die Maschine nicht im Namen und auf Rechnung des gepfändeten Schuldners F., sondern im Namen und auf Rechnung des Dumas, der das Eigenthum der Maschine

1160 beansprucht ; im Sinn der vorhin angeführten Artikel ist also Dumas als der Besitzer des gepfändeten Gegenstandes anzusehen.

II. Da die Erhebung der Eigenthumsklage laut den angeführten Artikeln nicht dem Besitzer, sondern der Gegenpartei desselben obliegt, so hätte die Frist zur Klagerhebung nicht dem Drittbesitzer Dumas, sondern dem Gläubiger Baverel angesetzt werden sollen, beschlossen: 1. Der Rekurs wird als begründet erklärt. Der Entscheid der waadtländisehen Aufsichtsbehörde wird aufgehoben.

2. Das Betreibungsamt des Kreises Lausanne-Ost wird daher aufgefordert, dem Baverel gemäß Art. 109 B.-G. zur Einreichung der Klage gegen Dumas eine zehntägige Frist anzusetzen.

B e r n , den 17. Juni 1892.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Häuser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bundesrathsbeschluss über den Rekurs von Plazid Dumas in Moudon (Waadt) betreffend Anwendung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs. (Vom 17. Juni 1892.)

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29.06.1892

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