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Bundesblatt 112. Jahrgang

Bern, den 16. Juni 1960

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis 30 Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Kappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Internationalen Fernmeldevertrag (Vom 10. Mai 1960) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen eine Botschaft mit Bundesbeschluss-Entwurf über den von den Regierungsbevollmächtigten des Internationalen Fernmeldevereins an der Konferenz in Genf im Jahre 1959 abgeschlossenen Internationalen Fernmeldevertrag zu unterbreiten.

I.

Der Internationale Fernmeldevertrag hat den Zweck, die internationale Zusammenarbeit sicherzustellen, um damit die Verwendung der Fernverbindungen zu verbessern, ihre Entwicklung zu begünstigen und die Bemühungen der Nationen für gemeinsame Bestrebungen in Einklang zu bringen. Das Abkommen untersteht periodischen Eevisionen durch eine Konferenz, die aus Bevollmächtigten der vertragschliessenden Regierungen besteht. Diese Konferenz ist seit Ende des zweiten Weltkrieges dreimal zusammengetreten: 1947 in AtlantieCity, 1952 in Buenos Aires und kürzlich in Genf, wo sie vom 14. Oktober bis 21. Dezember 1959 tagte. Die in Atlantic-City und Buenos Aires abgeschlossenen Verträge sind mit Botschaften vom 29. Juni 1948 und 5. August 1953 (BEI 1948, 733 ; 1953, 717) der Bundesversammlung unterbreitet und von ihr genehmigt worden.

Im allgemeinen hält sich die Revision des Internationalen Fernmeldevertrags von Genf im Rahmen der früheren Eevisionen, ohne dass die von der vorhergehenden Konferenz angenommenen Grundlagen und die Organisation wesentlich umgestaltet wurden. Die Revision steht indessen im Zeichen unserer Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. II.

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50 Epoche, nämlich in derjenigen der immer mehr sich vertiefenden Solidarität, die gegenüber den Entwicklungsländern zum Ausdruck kommt. Die Zahl der Mitglieder des Vereins nimmt ständig zu, wobei die neuen Beitritte hauptsächlich aus den neuen, die Unabhängigkeit anstrebenden Staaten stammen. Während der Konferenz betrug die Zahl der Mitglieder und zugewandten Mitglieder 101.

Im Jahre 1960 muss mit neuen Beitritten gerechnet werden.

II.

Der Vertrag umfasst 52, in sieben Kapitel aufgeteilte Artikel, von 'denen nur der erste (Organisation, Zweck und Struktur des Vereins) Gegenstand wichtiger Änderungen ist. Der Vertrag wird vervollständigt durch sechs Anhänge, die als integrierende Bestandteile dazugehören.

Der Vertrag Im Vergleich zum Vertrag von Buenos Aires (1952) wurde der revidierte Vertrag durch zwei neue Artikel vervollständigt, die sich auf die Eechte und Pflichten der Mitglieder und zugewandten Mitglieder (Art. 2) sowie auf die Beamten und das Personal des Vereins (Art. 11) beziehen. Der Grundsatz der technischen Hilfe, für den Vertrag neu, wurde aufgenommen in Artikel 4 betreffend den Gegenstand des Vereins, in Artikel 9, der die Befugnisse des Verwaltungsrates präzisiert, in Artikel 13, der die Studienprogramme über technische Betriebs- und Tarifierungsfragen der beratenden internationalen Ausschüsse erwähnt, und schliesslich in Artikel 10, der die Aufgaben des Generalsekretariats umschreibt.

Dem obersten Organ des Vereins, der Konferenz der Begierungsbevollmächtigten (Art. 6), wird die Aufgabe übertragen, die allgemeinen Grundlagen zu bestimmen, die dem Verein zur Erreichung seiner Ziele wegleitend sind. Sie ernennt den Generalsekretär und den stellvertretenden Generalsekretär, eine Funktion, die vorher dem Verwaltungsrat übertragen war.

Der Verwaltungsrat (Art. 8) wird aus 25 Ländern bestehen (bisher 18), wovon jedes einen Vertreter entsendet. Diese Erhöhung erscheint im Hinblick auf die erhöhte Anzahl der Mitglieder und zugewandten Mitglieder gerechtfertigt. Die Schweiz als Sitz des Vereins wurde als Mitglied des neuen Verwaltungsrates wiedergewählt. Dessen Aufgaben erfahren auf dem Gebiet dor Eegelung der Anstellungsbedingungen des Personals eine Zunahme; diese Bedingungen werden auf die des Personals der Vereinigten Nationen ausgerichtet. Anderseits ordnet der Verwaltungsrat provisorisch und unter Zustimmung der Mehrheit der Vereinsrnitglieder diejenigen Fälle, die im Vertrag und in seinen Anhängen nicht vorgesehen sind und zu deren Eegelung es nicht möglich ist, bis zur nächsten Konferenz zuzuwarten.

51 Das Generalsekretariat (Art. 8) wird weiterhin durch einen Generalsekretär geleitet, dem ein Vize-Generalsekretär beigegeben ist und nicht mehr zwei Generalsekretäradjunkte. Das Mandat dieser beiden hohen Beamten ist auf die zwischen zwei Konferenzen der Begierungsbevollmächtigten liegende Zeitspanne begrenzt worden. Der Generalsekretär präsidiert im besonderen das Koordinationskomitee, dessen Aufgabe es ist, die einheitliche Tätigkeit der ständigen Organe des Vereins sicherzustellen. Er ist für die Gesamtheit seiner Tätigkeit gegenüber der Konferenz der Begierungsbevollmächtigten und in der Zeit zwischen zwei Konferenzen dem Verwaltungsrat gegenüber verantwortlich.

Der Internationale Ausschuss für die Begistrierung der Frequenzen (Art. 12) wird weiterhin aus 11 Mitgliedern gebildet. Während diese Mitglieder bisher aus den Vereinsländern stammten, werden es nunmehr unabhängig gewählte Personen sein.

Die beratenden internationalen Ausschüsse (Art. 13) können den administrativen Konferenzen direkt Vorschläge unterbreiten. Die Stelle des Vizedirektors des beratenden internationalen Ausschusses der Badioverbindungen ist aufgehoben worden.

Bis zu der Konferenz von Genf (1959) wurden die Ausgaben in ordentliche Ausgaben (Kosten für die Verwaltungsratsversammlungen, Besoldungen des Personals,'Ausgaben der ständigen Organe usw.) und in ausserordentliche Ausgaben für die Einberufung der Konferenzen des Vereins (Konferenz der Begierungsbevollmächtigten, administrative Konferenzen, Versammlungen der internationalen beratenden Ausschüsse) ausgeschieden. Die erstgenannten Ausgaben wurden bis jetzt von den Mitgliedern und zugewandten Mitgliedern getragen, während die zweitgenannten einzig zu Lasten der Mitglieder und zugewandten Mitglieder gingen, die an diesen Konferenzen und Versammlungen teilgenommen hatten. Künftighin werden nun diese beiden Ausgabenarten auf Grund der Genehmigung des einheitlichen Budgets durch die Mitglieder und zugewandten Mitglieder des Vereins gemeinsam getragen (Art. 15). Diese Massnahme darf indessen nicht den Gedanken an eine Herabsetzung des Kostenbeitrages der Mitglieder wachrufen, die, wie unser Land, an den Arbeiten des Vereins teilnehmen. Tatsächlich haben die vermehrten Aufgaben, die der Verein übernommen hat die ständige Erhöhung des Personalbestandes und der Besoldungen
sowie der Lebenskosten den Verein gezwungen, die oberste Grenze seiner ordentlichen Ausgaben hinaufzusetzen. Waren es bis 1959 6 712 000 Schweizerfranken, so wird sich dieser Höchstbetrag bereits im Jahre 1960 wesentlich erhöhen, um sich für die Periode von 1961-1965 zwischen 11 und 12 Millionen jährlich zu stabilisieren.

Die russische Sprache wurde als Verhandlungssprache an den Konferenzen und nötigenfalls in den Versammlungen des Verwaltungsrates und den ständigen Organen anerkannt (Art. 16).

Schliesslich ist auf dem Gebiet des Badioverkehrs die unter den Mitgliedern und zugewandten Mitgliedern geschaffene Zusammenarbeit hervor-

52 zuheben, um von ihrem eigenen Land aus diejenigen Stationen einzugrenzen und zu identifizieren, die falsche oder irreführende Not-, Sicherheits- oder Identifizierungszeichen aussenden (Art. 49).

Für die dem Verein während der Jahre 1953 und 1954-1958 durch die Eidgenossenschaft gegen Verzinsung zur Verfügung gestellten Geldmittel sowie die durch die eidgenössische Finanzkontrolle vorgenommene Prüfung der Vereinsrechnungen spricht die Konferenz ihren lebhaften Dank und ihre Hoffnung aus, dass diese Zusammenarbeit aufrechterhalten bleibe. Sie hat der Eidgenossenschaft und dem Staate Genf ebenfalls gedankt für die generösen finanziellen Bedingungen zum Bau eines Gebäudes in Genf, das für die Unterkunft der Dienste des Vereins bestimmt ist. Dieser wird das Gebäude vom Staate Genf in Miete übernehmen, einem Vertrag entsprechend, wofür der hiezu bevollmächtigte Generalsekretär die Verhandlungen pflog und der nach Genehmigung durch den Verwaltungsrat abgeschlossen wurde.

Die Anhänge Anhang l Er enthält das Verzeichnis der Staaten, die Mitglieder werden, indem sie den Vertrag unterzeichnen und ratifizieren oder ihm gemäss Artikel l, Absatz 2a des Vertrags beitreten.

Anhang 2 Es ist das Verzeichnis einiger Gruppen von Gebieten, die gemäss den Bestimmungen von Artikel l, Absatz Sa des Vertrages zugewandte Mitglieder des Vereins sind.

Anhang 3 Er enthält die Begriffsbestimmungen verschiedener, im Vertrag und in den Anhängen verwendeten Ausdrücke.

Anhang 4 Schiedsgerichtsbarkeit. Ohne Änderung.

Anhang 5 Das Allgemeine Eeglement besteht aus zwei Teilen : der erste Teil betrifft die Konferenzen, der zweite die internationalen beratenden Ausschüsse. Das Allgemeine Eeglement bestimmt das Verfahren für die Einberufung der Konferenzen, die Einreichung der Vorschläge zum Vertrag und zu einem Reglement ; es legt die Führung der Verhandlungen in seinem im Kapitel 9 enthaltenen internen Eeglement fest. Wir begnügen uns damit, die hauptsächlichsten Änderungen anzuführen.

58 Kapitel 1. Die frühere Bestimmung, die für die einladende Eegierung die Möglichkeit vorsah, im Einverständnis mit dem Verwaltungsrat am Vertrag nicht teilnehmenden Begierungen die Möglichkeit einzuräumen, Beobachter an die Konferenzen zu entsenden, ist aufgehoben worden.

Kapitel 5. Die Zulassung einer Delegation zu einer Konferenz eines unter Treuhandschaft gestellten Gebietes, in dessen Namen die Nationen dem Vertrag beigetreten sind, wurde genauer umschrieben: diese Zulassung muss vom Generalsekretär der Vereinigten Nationen ausgehen.

Kapitel 9 (Internes Eeglement). Ein neuer Artikel 5 sieht bei der Eröffnung jeder Konferenz oder Versammlung die Schaffung einer Budgetkontrollkommission vor, die beauftragt ist, die Organisation und die den Delegierten zur Verfügung gestellten Mittel für ihre Tätigkeit einzuschätzen und die Kechnungen der während der ganzen Dauer der Konferenz oder Versammlung sich ergebenden Ausgaben zu prüfen und zu genehmigen. Dem Präsidenten einer Konferenz oder einer Kommission wurde die Möglichkeit eingeräumt, zu jeder Zeit Vorschläge zu unterbreiten, die geeignet sind, die Verhandlungen zu beschleunigen (Art. 10).

Anhang 6 Vereinbarung zwischen der Organisation der Vereinigten Nationen und dem Internationalen Fernmeldeverein. Ohne Änderung.

III.

Das Schlussprotokoll des Vertrags umfasst die Erklärungen und Vorbehalte der Delegationen und die Unterzeichnung der Urkunde. Die Erklärungen haben politischen Charakter und betreffen die Staaten, die sich nicht anerkennen oder unter sich territoriale Beanstandungen haben. Die Vorbehalte beziehen sich auf die in Artikel 14 des Vertrages vorgesehenen technischen Eeglemente, die von gewissen Ländern mit besonderer technischer Entwicklung nicht angewendet werden können.

Der Vertrag wird am 1. Januar 1961 für diejenigen Länder in Kraft treten, für die die Eatifikationen oder Beitritte vor diesem Datum hinterlegt werden.

Der Schweiz gebührt es, als Sitz des Internationalen Pernmeldevereins und als dessen Mitglied seit Gründung im Jahre 1865, den neuen Vertrag als ein Werk der weltumspannenden Zusammenarbeit auf dem technischen Gebiet des Weltnachrichtenwesens innert nützlicher Frist zu ratifizieren. Die Genehmigung durch die Bundesversammlung sollte spätestens während der Herbstsession stattfinden, damit das Eatifizierungsverfahren und die notwendigen Ausführungsnormen rechtzeitig eingeleitet werden können.

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Wir beantragen Ihnen deshalb, den beiliegenden Bundesbeschluss-Entwurf zu genehmigen und benützen die Gelegenheit, Sie, Herr Präsident und hochgeehrte Herren, erneut unserer hohen Wertschätzung zu versichern.

Bern, den 10.Mai 1960.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Max Petitpierre Der Bundeskanzler: Ch. Oser

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Internationalen Fernmeldevertrag (Vom 10. Mai 1960)

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16.06.1960

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