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No 35 #ST#

Bundesblatt

112. Jahrgang

Bern, den 1. September 1960

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis 3O Franken im Jahr, Iß Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr 50 die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stampili & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zu einem Bundesbeschluss über Mietzinse für Immobilien und die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte (Vom 23. August 1960) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Am 24. März 1960 haben Sie einen Verfassungszusatz über die Weiterführung befristeter Preiskontrollmassnahmen (BB1 1960, I, 1216) verabschiedet.

Diese Vorlage, die dem obligatorischen Eeferendum unterstellt war, wurde am 29.Mai 1960 vom Volk mit 432 219 gegen 125 205 Stimmen und von allen Ständen angenommen. Damit steht der Bundesgesetzgeber vor der Aufgabe, durch den Erlass eines Ausführungsbeschlusses die Verwirklichung der Grundsätze zu ermöglichen, mit denen sich der Verfassungsgesetzgeber einverstanden erklärt hat. Diese beziehen sich nicht auf alle durch das gegenwärtige Preiskontrollrecht geregelten Materien, sondern nur auf solche, für die das dauernde Verfassungsrecht dem Bunde keine Zuständigkeit einräumt. Die Kontrolle der geschützten Warenpreise, die Preisausgleichskasse für Eier und Eiprodukte und die Kontrolle der landwirtschaftlichen Pachtzinse finden ihre verfassungsmässige Basis in Artikel BUis, Absatz 3, Buchstaben a und b der Bundesverfassung und sind Gegenstand besonderer Gesetzesvorlagen. Die Kompetenz des Bundesrates, provisorisch «Höchstpreisvorschriften für lebenswichtige, für das Inland bestimmte Waren zu erlassen» (Art. 3 des Verfassungszusatzes über die Weiterführung befristeter Preiskontrollmassnahmen) ist unmittelbar anwendbares Becht und bedarf keiner näheren Eegelung durch Ausführungsbestimmungen.

Solche sind dagegen bezüglich der Mietzinse, der Beschränkung des Kündigungsrechts und der Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte erforderlich.

Wir beehren uns daher, Ihnen Bericht und Antrag zu einem entsprechenden Bundesbeschluss zu unterbreiten.

Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. II.

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698 I. Mietzinse und nichtlandwirtschaftliche Pachtzinse In unserer Botschaft an die Bundesversammlung vom 25. August 1959 über die Weiterführung der Preiskontrolle (BB1 1959, II, 472 ff.) haben wir einlässlich dargelegt, dass auf die Weiterführung der Mietzinskontrolle noch nicht verzichtet werden kann, dass dieselbe jedoch entschiedener als bisher gelockert . werden muss, wenn die Wiedererlangung eines freien Wohnungsmarktes in nicht zu ferner Zukunft ernsthaft angestrebt werden soll. Wir verzichten auf eine nochmalige Behandlung dieses Themas, da sich seither die Verhältnisse trotz bedeutsamem Ansteigen der Baubewilligungen nicht geändert haben und insbesondere in den Wohnzentren noch keine fühlbare Entspannung auf dem Wohnungsmarkt eingetreten ist.

Der Verfassungszusatz enthält die Eichtlinie, dass die Mietzinskontrolle schrittweise zu lockern ist, soweit dies ohne wirtschaftliche Störungen und soziale Härten geschehen kann. Nun sind aber die Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkte von Kanton zu Kanton und selbst innerhalb der einzelnen Kantone sehr unterschiedlich. Die Prüfung, wann und inwieweit die verfassungsmässigen Voraussetzungen Lockerungen der Kontrolle erlauben, kann daher nicht durch den Gesetzgeber selbst vorgenommen werden. Die Anordnung der je nach der Lage in den einzelnen Kantonen und je nach der weiteren Entwicklung der Verhältnisse möglichen Lockerungsmassnahmen wird vielmehr im wesentlichen dem Bundesrat zu überlassen sein. Dies führt dazu, dass die im geltenden Eecht statuierten Lockerungsmöglichkeiten zu übernehmen sind und durch die schon in der Botschaft vom 25. August 1959 (BEI 1959, II, 443 ff.) aufgezeigte neue Form der Lockerung ergänzt werden, die in der Ersetzung der Mietzinskontrolle durch .die elastischere Mietzinsüberwachung besteht.

Abgesehen von individuellen Mietzinserhöhungen im Einzelfall, ziehen wir daher folgende Lockerungsmassnahmen in Erwägung : generelle Mietzinserhöhungsbewilligungen, Aufhebung der Mietzinskontrolle für einzelne Kategorien von Mietobjekten, regionale oder örtliche Aufhebung der Mietzinskontrolle, Ersetzung der Mietzinskontrolle durch die Mietzinsüberwachung.

Wir erörtern zunächst die Mietzinsüberwachung, weil diese Interventionsform nach unserem Dafürhalten einen entscheidenden Fortschritt auf dem Wege der Wiederherstellung eines freien
Wohnungsmarktes herbeiführen könnte.

1. Mietzinsüberwachung In einer Botschaft an die Bundesversammlung vom S.Februar 1953 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle erklärte der Bundesrat: «Die Einzelbewilligungen höchstzulässiger Mietzinse sind kein rationelles Mittel der Anpassung der Mietzinskontrolle» (BB1 1953, I, 297). Seither hat sich gezeigt, dass auch generelle Mietzinserhöhungsbewilligungen wesentliche Nachteile mit sich bringen und sich nicht überall als zweckmässiges Mittel für die Wieder-

699 herstellung des freien Wohnungsmarktes erweisen. Insbesondere ist es nicht möglich, mittels generellen Erhöhungen den Besonderheiten des einzelnen Falles und den sehr stark variierenden regionalen Verhältnissen Eechnung zu tragen.

Vielfach machen auch jene Hauseigentümer von ihnen Gebrauch, die kostenmässig in geringerem Masse auf eine Erhöhung der Mietzinse angewiesen wären oder ganz darauf verzichten könnten. Auch können sie leicht analoge Erhöhungen bei den Mieten der Neubauten auslösen. Es drängt sich daher ein anderer Weg auf, der es erlaubt, Angebot und Nachfrage wenigstens dort in einem beschränkten Masse wieder spielen zu lassen, wo mit ziemlicher Sicherheit erwartet werden darf, dass weder wirtschaftliche Störungen noch soziale Härten eintreten werden. Dies ist dadurch möglich, dass man in einem vorerst beschränkten und später zu erweiternden Bereich das für die Mietzinskontrolle charakteristische Mietzinserhöhungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt durch das umgekehrte System der mit dem Vorbehalt des behördlichen Einschreitens kombinierten, aber nicht von vornherein zahlenmässig begrenzten Mietzinserhöhungserlaubnis, d.h. durch die Mietzinsüberwachung ersetzt. Was darunter im einzelnen zu verstehen ist, geht aus den nachstehend abgedruckten Thesen der Eidgenössischen P r e i s k o n t r o l l k o m m i s s i o n vom 20. Januar 1960 hervor: These 1. Geltungsbereich. Die Überwachung ist auf jene Gebiete und Kategorien von Mietsachen zu beschränken, die am Tage der Einführung noch unter Kontrolle standen; die gebiets- und kategorienweisen Aufhebungen bleiben bestehen.

These 2. Die Vereinbarung des Mietzinses ist im Prinzip den Marktparteien überlassen.

In freier Verständigung vereinbarte Mietzinserhöhungen sind, abgesehen von unbedeutenden Aufschlägen, in angemessener Weise auf die Jahre der Geltungsdauer der Mietzinsüberwachung zu verteilen.

These 3. Bei der S t a f f e l u n g ist zu berücksichtigen, ob Aufschläge eine Nachholung der in früheren Jahren generell bewilligten Mietzinserhöhungen darstellen oder durch Mehrleistungen des Vermieters, z.B. durch Vornahme wertvermehrender Verbesserungen, bedingt sind.

These 4. Meldepflicht. Vertragsänderungen, die sich gegenüber den am 31.Dezember 1960 geltenden Vertragsbedingungen direkt oder indirekt als Mietzinserhöhung auswirken, sind,
unter Straffolge im Unterlassungsfalle, durch den Vermieter der zuständigen Mietzinskontrollstelle innert Monatsfrist zu melden.

Meldepflichtig sind auch Mietzinse für Objekte, die seit dem 31. Dezember 1960 erstmals oder in anderer Zusammensetzung oder zu anderer Zweckbestimmung zur Vermietung gelängen.

These 5. Einsprache. Ist der Mieter mit der Mietzinsforderung des Vermieters nicht einverstanden, so kann er dagegen Einsprache erheben.

Nicht zulässig ist eine Einsprache gegen Mietzinserhöhungen, die 5 Prozent des bisherigen Mietzinses nicht übersteigen sowie gegen Aufschläge, die auf eine rechtmassige Nachholung früherer genereller Mietzinserhöhungen zurückzuführen sind.

Gegen jegliche Mietzinserhöhung kann Einsprache erhoben werden, wenn der Unterhalt der Mietsache vom Vermieter offensichtlich vernachlässigt worden ist oder die für eine ordnungsgemässe Instandhaltung notwendigen Arbeiten vom Mieter bezahlt worden sind.

Einer Mietzinserhöhung werden Änderungen des Mietverhältnisses gleichgestellt, die sich wirtschaftlich gegenüber dem Mieter als Mietzinserhöhung auswirken (in-

700 direkte Erhöhungen); z.B. Verkleinerung der Mietsache, Unterlassung der bisher im Mietzins abgegoltenen Hauswartdienste und dgl.

These 6. Das Becht zur Einsprache gilt ferner auch: o. bei einem Mieterwechsel; b. wenn ein Mietobjekt erstmals oder in anderer Zusammensetzung oder zu anderer Zweckbestimmung vermietet wird; z.B. bei Aufteilung einer grösseren Wohnung in kleine Wohnungen oder Vermietung von Wohnraum zu gewerblichen Zwecken.

These 7. Senkung von Amtes wegen. Mietzinse, die nach den Umständen des Falles und nach Massgabe der in These 13, Buchstabe a, Absätze l und 2 angeführten Kriterien offensichtlich übersetzt erscheinen, können durch die zuständigen Stellen auch von Amtes wegen gesenkt werden.

These 8. Das Einspracherecht ist unabdingbar.

These 9. Kündigungsschutz. Um ein freies Einspracherecht zu gewährleisten, ist in bezug auf Mietobjekte, die der Mietzinsüberwachung unterstehen, ein Schutz gegen ungerechtfertigte Kündigungen vorzusehen.

Eine nach Obligationenrecht gültige Kündigung des Mietvertrages durch den Vermieter kann auf Begehren des Mieters unzulässig erklärt werden, wenn glaubhaft erscheint, dass die Kündigung erfolgt ist, um die Mietsache unter Umgehung des Einspracherechtes des Mieters zu einem höheren Mietzins oder erschwerten Nebenleistungen vermieten zu können.

Die Kündigung ist gerechtfertigt: a. wenn das Verhalten des Mieters oder seiner Hausgenossen den Hausfrieden in einem Masse stört, dass dem Vermieter die Portführung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann ; b. wenn der Mieter auch nach schriftlicher Vermahnung klare und eindeutige vertragliche Abmachungen verletzt ; c. wenn der Mieter einen von den zuständigen Stellen bewilligten Mietzins ablehnt; d. wenn der Vermieter ein anderes schutzwürdiges Interesse an der Auflösung des Mietverhältnisses nachweist.

Die kantonalen Vorschriften über einen weitergehenden Kündigungsschutz bleiben vorbehalten.

These 10. Durchführungsinstanzen. Zur Behandlung von Einsprachen sind in den Kantonen die Mietzinskontrollbehörden zuständig.

Während der Dauer des Einspracheverfahrens soll vorläufig der bisherige Mietzinä weiter gelten.

These 11. Bekursinstanzen. Entscheide der kantonalen Mietzinskontrollstellen können die betroffenen Vermieter und Mieter an die Eidgenössische Preiskontrollstelle und hierauf an
die Eidgenössische Mietzinsrekurskommission weiterziehen.

Rekursen kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

These 12. Bei der Behandlung von Einsprachen ist zuerst eine Einigung zwischen den Parteien anzustreben.

Gelingt eine Einigung, so ist dieiäelbe schriftlich zu fixieren und für beide Parteien als verbindlich zu erklären.

These 13. Behördliche Mietzinsfestsetzung. Kommt eine Einigung nicht zustande, so ist der Mietzins durch die zuständigen Stellen festzusetzen.

Der Mietzins ist im Einzelfall so festzusetzen, dass er ausgeglichenen Konkurrenzverhältnissen entsprechenden Kosten Rechnung trägt.

o. Bei Mietobjekten mit feststehendem Mietzins ist für die Berechnung der Erhöhung von dem am 31. Dezember 1960 zulässigen Mietzins, ohne die Vergütung für Heizung und Warmwasser, auszugehen.

1. Wenn der Vermieter gegenüber dem Mieter mehr leistet, indem er z.B. wertvermehrende Verbesserungen vornimmt (Neuinstallationen und

701 -anlagen, wie Einbau der Zentralheizung, eines Liftes, Ausbau einer Mansarde und dgl.), zusätzliche Nebenleistungen erbringt oder das Mietobjekt vergrössert, ist eine Mietzinserhöhung entsprechend den zu berücksichtigenden Kosten zu bewilligen.

Die Erhöhung ist ab demjenigen Datum zu bewilligen, ab welchem sie gemäss den vertraglichen Abmachungen in Kraft gesetzt werden kann, frühestens aber mit Wirkung ab dem Zeitpunkt, ab welchem der Mieter im Genuas der Mehrleistung ist.

2. Mit sofortiger Wirkung und ohne zeitliche Staffelung sind auch bisher nicht oder nicht voll a u s g e s c h ö p f t e Erhöhungen auf Grund der verschiedenen generellen Mietzinserhöhungsbewilligungen zuzulassen, soweit die bezüglichen Voraussetzungen (ordnungsgemässer Unterhalt) erfüllt sind.

3. Bei Erhöhungen, die auf andern Gründen beruhen, ist insbesondere den örtlichen Mietzinsen, die sich auf Grund der neuen Ordnung entwickelt haben, dem Zustand der Mietsache sowie dem Alter, der Art und der Lage der Mietsache Rechnung zu tragen.

Bei Geschäftsräumen sind vor allem der Charakter des Betriebes und die in der betreffenden Branche gemachten Erfahrungen bezüglich des wirtschaftlich tragbaren Verhältnisses zwischen dem realisierbaren Umsatz und dem Mietzins zu berücksichtigen.

Die Erhöhung ist in angemessener Weise auf die Jahre der Geltungsdauer der neuen Ordnung zu verteilen.

Die Mehrbelastung für den Mieter darf, soweit die im Absatz l dieser Ziffer genannten Kriterien es rechtfertigen, für das einzelne Jahr in-der Regel höchstens 3-6 Prozent des am 31. Dezember 1960 zulässigen Mietzinses ausmachen.

Ein höherer Satz kann dann zugestanden werden, wenn im Einzelfall der bisherige Mietzins besonderer Umstände wegen (z.B. zufolge bisheriger Vermietung an einen nahen Verwandten oder an einen Arbeitnehmer des Hauseigentümers) niedriger ist als die quartier- oder brancheüblichen Mietzinse für gleich alte und gleichwertige Objekte.

b. Bei Mietobjekten ohne feststehende Basismiete, d.h. für Objekte, die am 31. Dezember 1960 nicht oder in anderer Zusammensetzung oder zu anderer Zweckbestimmung vermietet waren, ist der Mietzins in gleicher Weise wie nach Buchstabe a festzusetzen (s. Ziff.3, Abs. l und 2).

These 14. Bei behördlicher Festsetzung eines Mietzinses ist zu bestimmen, mit Wirkung ab welchem Zeitpunkt die Erhöhung
bzw. die einzelnen Teilerhöhungen in Kraft gesetzt werden dürfen.

Die Entscheide der zuständigen Stellen sind dem Vermieter und den betroffenen Mietern schriftlich zu eröffnen und mit einer Begründung und Rechtsmittelbelehrung zu versehen.

Bei der parlamentarischen Beratung des Verfassungszusatzes hat sich der Sprecher des Bundesrates über diese Thesen wie folgt geäussert (Sten. Bull.

NB 1960, S.78): Ich habe sie Rohmaterial für die Durchführungsgesetzgebung genannt und damit sagen wollen, dass sie für den Bundesrat jedenfalls bei der Ausarbeitung des Entwurfes der Durchführungsgesetzgebung mehr oder weniger verbindlich sind.

Bei der Würdigung des Institutes der Mietzinsüberwachung nach der Konzeption der Eidgenössischen Preiskontrollkommission ist zu berücksichtigen, dass die genannten Thesen ein ausgesprochenes Kompromisswerk darstellen.

702 Sie sind das Ergebnis langer, zäher Verhandlungen und stellen ein festgefügtes System gegenseitiger Konzessionen der Vertreter der Vermieter und Mieter dar, so dass es unmöglich ist, aus diesem Verständigungswerk Bestandteile herauszulösen, ohne das ganze System der Überwachung in Frage zu stellen.

Wenn die Mietzinskontrolle, wie es die Meinung der Eidgenössischen Preiskontrollkommission war, restlos durch die Mietzinsüberwachung hätte ersetzt werden können, so wäre die einfachste Lösung wohl die gewesen, den vollständigen Inhalt sämtlicher Thesen in den vorliegenden Bundesbeschluss einzubauen.

Nach dem Verfassungszusatz kann nun aber die Mietzinsüberwachung nur unter Berücksichtigung der regionalen Verhältnisse eingeführt werden. Das hat zur Folge, dass für jene Gebiete, für die die Überwachung noch nicht in Frage kommen kann, die Mietzinskontrolle vorläufig beibehalten werden muss. Der Bundesbeschluss hat somit nicht nur die Mietzinsüberwachung, sondern auch die Mietzinskontrolle zu regeln. Der Umfang der Vorlage hätte nun aber zu sehr anwachsen müssen, wenn sie mit all den technischen Details der Überwachung wie der Kontrolle und deren anderen Lockerungsformen belastet worden wäre.

Wir haben uns daher darauf beschränkt, die grundlegenden Bestimmungen des über die Mietzinsüberwachung abgeschlossenen Kompromisses zusammenzufassen und in die Form gesetzlicher Vorschriften zu kleiden. Die auf die Durchführung sich beziehenden technischen Belange sollen dagegen der bundesrätlichen Ausführungsverordnung vorbehalten bleiben. Diese Kompetenzordnung kann auch eher Gewähr für eine genügend elastische Durchführung der Lockerung bieten, wie die unterschiedlichen Verhältnisse in den einzelnen Landesteilen und ihre mögliche Weiterentwicklung es verlangen können.

Grundsätzlich soll es unter dem Vorbehalt der nachstehend dargelegten Schranken dem Vermieter gestattet sein, den Mietzins frei zu bestimmen (Art.7 des Entwurfs). Auf eine Begrenzung dieser Freiheit im Sinne der Festsetzung eines prozentualen Höchstaufschlages wurde für den Fall der Einigung unter den Parteien verzichtet. Massgebend hiefür waren die ausreichenden übrigen Kautelen gegen Überforderungen und vor allem die Befürchtung, dass jede Nennung eines Höchstsatzes als Anreiz zur vollen Ausschöpfung der in dieser Weise beschränkten
Erhöhungserlaubnis wirken würde. Dagegen muss der Vermieter, der für die Geltungsdauer des Bundesbeschlusses eine bestimmte Erhöhung des Mietzinses anstrebt, den Gesamtaufschlag in angemessener Weise auf die einzelnen Jahre der Geltungsdauer verteilen. Lediglich bei geringfügigen Erhöhungen kann auf eine solche Staffelung über mehrere Jahre verzichtet werden.

Bei der Beratung der Thesen wurde einlässlich geprüft, ob der Begriff der «geringfügigen Erhöhungen» durch Angabe eines bestimmten Prozentsatzes präzisiert werden soll. Man hat schliesslich hievon abgesehen, weil jede Nennung einer Quote als Anreiz zu Aufschlägen in dem durch sie umschriebenen Umfang wirken würde. Dank der in das System der Mietzinsüberwachung zum Schutze der Mieter eingebauten Kautelen gegen unangemessene Erhöhungen und ungerechtfertigte Kündigungen hätte es nach der Meinung der Eidgenössischen Preiskontrollkommission verantwortet werden können, sie einheitlich in allen

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Kantonen einzuführen. Volkswirtschaftliche Störungen und soziale Härten wären zufolge der statuierten Sicherungen kaum zu befürchten gewesen. Die bei der Beratung des Verfassungszusatzes in den eidgenössischen Eäten schliesslich erzielte Einigung gebietet nun aber, bei der Frage der Ersetzung der Mietzinskontrolle durch die Mietzinsüberwachung auch die regionalen Verhältnisse mitzuberücksichtigen. Das hat nach der Meinung des Verfassungsgesetzgebers wohl den Sinn, dass die Mietzinsüberwachung jedenfalls überall dort eingeführt werden sollte, wo zwar keine eigentliche Wohnungsnot mehr besteht, wo aber doch noch nicht der gänzliche Verzicht auf jegliche behördliche Intervention im Gebiete der Mietpreise verantwortet werden könnte.»Die Mietzinsüberwachung wäre also insbesondere für jene Gebiete die zu bevorzugende Lockerungsform, in denen wohl eine gewisse Entspannung auf dem Wohnungsmarkt eingetreten ist, wo aber wegen eines grössen- und preismässig vielleicht doch unzulänglichen Angebotes an Wohnungen und Geschäftsräumen für die Mieter ein ebenbürtiges freies Verhandeln über die Höhe des Mietzinses noch verunmöglicht oder doch erschwert ist.

Im Prinzip soll der Mietzins beim System der Mietzinsüberwachung durch freie Verständigung zwischen den Parteien festgesetzt werden. Übersteigt aber der vom Vermieter angestrebte Mietzins den am Tage der Einführung der Mietzinsüberwachung zulässigen Stand um mehr als 5 Prozent, so muss der Mieter berechtigt sein, bei den zuständigen Behörden dagegen Einsprache zu erheben und hierauf den angemessenen Aufschlag durch die Behörde festsetzen zu lassen (Art.8 des Entwurfs). Darin, dass von dem am Tage der Einführung der Mietzinsüberwachung zulässigen Stand auszugehen ist, liegt ein Schutz der legitimen Interessen sowohl des Vermieters als auch des Mieters. Dem Vermieter wird garantiert, dass er die Anwendung nicht ausgeschöpfter genereller und individueller Bewilligungen nachholen darf. Andererseits werden dadurch Mieter, denen gegenüber der-Mietzins vor der Einführung der Mietzinsüberwachung in widerrechtlicher Weise erhöht worden war, nicht schlechter gestellt als jene Mieter, die in korrekter Weise nur die rechtmässigen Aufschläge zu bezahlen hatten. Das wäre aber dann der Fall, wenn für die ersteren die unter dem Eegime der Überwachung möglichen jährlichen
Aufschläge, ausgehend von einem überhöhten Basiszins, berechnet werden müssten. Bei einer Erhöhung des nominellen Mietzinses von 5 Prozent und weniger muss der Mieter dann zur Einsprache berechtigt sein, wenn der Unterhalt der Mietsache vom Vermieter offensichtlich vernachlässigt wird oder dem Mieter überlassen bleibt. Solche indirekte Belastungen treffen den Mieter oft viel stärker als eine direkte Mietzinserhöhung von 5 Prozent, weil sie sehr rasch ein Mehrfaches dieses Prozentaufschlages ausmachen würde.

Eine Pflicht des Mieters zur Bezahlung eines höheren Mietzinses kann normalerweise nur durch eine Vertragsänderung geschaffen werden. Kommt eine solche bei einem ungekündigten Mietverhältnis nicht durch die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien zustande, so kann der Vermieter den Vertrag kündigen und den Abschluss eines neuen Vertrages mit höherem

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Mietzins anbieten. In solchen Fällen genügt es, wenn der Mieter gegen den Aufschlag Einsprache erhebt. Ob die Kündigung als gerechtfertigt anerkannt werden muss, hängt dann davon ab, ob die Einsprache des Mieters gegen die Mietzinserhöhung ganz oder teilweise abzuweisen ist. Es wäre deshalb nicht richtig, noch eine besondere Einsprache gegen eine Kündigung vorzusehen, mit der nicht die Auflösung des Mietverhältnisses, sondern dessen Weiterführung mit höherem Mietzins angestrebt wird. Darüber hinaus muss ganz allgemein verhindert werden, dass der Mieter durch eine Kündigung zum Verzicht auf eine Einsprache gegen eine Mietzinserhöhung genötigt oder während des Einspracheverfahrens unter Druck gesetzt werden kann. Wir erachten deshalb eine Bestimmung als notwendig, wonach die Einsprache gegen den Vorschlag eines Mietzinsaufschlages eine vor oder nach der Einsprache vorgenommene Kündigung - sei sie nun mit dem Angebot des Abschlusses eines neuen Mietvertrages mit höherem Mietzins verbunden oder nicht - sistiert (Art. 8 des Entwurf s). Der Mieter braucht also dann, wenn er Einsprache gegen eine Mietzinserhöhung erheben kann oder eine solche Einsprache erhoben hat, das in den Bestimmungen über die Beschränkung des Kündigungsrechts vorzusehende besondere Verfahren nicht einzuleiten. Für den Vermieter könnte es aber eine untragbare Härte bedeuten, wenn er während des Einspracheverfahrens (einschliesslich des Eechtsmittelverfahrens) überhaupt keine Möglichkeit hätte, das Mietverhältnis mit einem unzumutbar gewordenen Mieter aufzulösen. Dem Vermieter ist deshalb die Möglichkeit einzuräumen, während der amtlichen Überprüfung einer Mietzinserhöhung von der Mieterschutzbehörde prüfen zu lassen, ob die Kündigung gerechtfertigt ist. Während des diesem Zwecke dienenden Verfahrens kann die sich auf die Mietzinsbemessung beziehende Prozedur sistiert werden.

Wird die Kündigung geschützt, so fällt das durch die ursprüngliche Einsprache des Mieters eingeleitete Verfahren dahin, es sei denn, dass der neue Mieter an der Einsprache des Vorgängers festhält oder dass sich eine Überprüfung von Amtes wegen aufdrängt.

Besondere Aufmerksamkeit hat die vorberatende Subkommission der Eidgenössischen Preiskontrollkommission der Tarsache geschenkt, dass ein Mieterwechsel als Mittel oder Gelegenheit zur Vereinbarung eines übersetzten
Mietzinses missbraucht werden kann. MUSS ein Hauseigentümer etwa damit rechnen, dass ein Mieter zwar eine jährliche Erhöhung von 8 bis 5 Prozent annehmen, gegen einen weitergehenden Aufschlag aber Einsprache erheben würde, so ist die Versuchung gross, sich dieses Vertragspartners durch eine Kündigung zu entledigen, um dann die Wohnung dem Interessenten mit dem günstigsten Angebot zuzuhalten. Um derartigen Machenschaften vorzubeugen, hielt es die Eidgenössische Preiskontrollkommission für notwendig, dass auch für den neuen Mieter die Möglichkeit der Einsprache bestehen muss.

Bei der Behandlung von Einsprachen ist zuerst eine Einigung zwischen den Parteien anzustreben (Art. 9 des Entwurfs). Scheitert der Schlichtungsversuch, so ist zur behördlichen Festsetzung des Mietzinses zu schreiten. Soweit keine besonderen Gründe vorliegen, darf der Aufschlag für das einzelne Jahr

705 höchstens 3 bis 5 Prozent ausmachen. Die Eidgenössische Preiskontrollkommission hatte ursprünglich einen j ährlichen Aufschlag von höchstens 3 bis 6 Prozent vorgesehen (These 13, Buchstabe a, Ziffer 3, 5. Absatz). Dagegen möchten wir es im Sinne einer Beschränkung bei einem jährlichen Höchstaufschlag von 3 bis 5 Prozent bewenden lassen. Dabei ist vom, bei Einführung der Mietzinsüberwachung, zulässigen Mietzins im Sinne der obigen Darlegungen auszugehen.

Nachgeholte Erhöhungen gemäss den im betreffenden Fall vor der Einführung der Mietzinsüberwachung anwendbar gewesenen generellen und individuellen Bewilligungen sind also von vornherein nicht auf die 3 bis 5 Prozent anzurechnen. Ein besonderer Grund für ein Überschreiten dieser Limite ist das Vorliegen' eines Umstandes (z.B. Erweiterung des Mietobjekts, wertvermehrende Verbesserungen, Einführung eines Hauswartdienstes, Vermietung an einen Verwandten oder Arbeitnehmer zu einem Vorzugszins), aus welchem auch unter dem Regime der Mietzinskontrolle ein Anspruch auf Erteilung einer Mietzinserhöhungsbewilligung abgeleitet werden kann. Ausnahmsweise wäre auch eine Unterschreitung der Limite von 3 bis 5 Prozent möglich, wenn der'arg vernachlässigte Zustand der Mietsache dies erheischen sollte. Eine nähere Regelung der Mietzinsbemessung aus besonderen Gründen wird durch die Ausführungsbestimmungen erfolgen müssen.

Für die wirksame Durchführung der Mietzinsüberwachung ist es - wie auch in der Eidgenössischen Preiskontrollkommission betont wurde -, unerlässlich, dass die Behörden auch von den Aufschlägen Kenntnis erhalten, die ohne Einspracheverfahren Zustandekommen. Eine derartige Orientierung ist notwendig, um einen Überblick über die Entwicklung der Mietzinse unter dem Regime der Mietzinsüberwachung zu gewinnen, und damit überhaupt erst die Urteilsbildung bei der Behandlung von Einsprachen zu ermöglichen. Die Verpflichtung zu einer Meldung aller Erhöhungen (Art. 10 des Entwurfs) dürfte aber auch eine gute vorbeugende Wirkung zeitigen, darf doch angenommen werden, dass von Überschreitungen eher abgelassen werden wird, wenn die zuständige Behörde darüber in Kenntnis zu setzen ist. Den Vermietern muss deshalb die Pflicht auferlegt werden, Vertragsänderungen, die sich für den Mieter direkt oder indirekt als Aufschläge auswirken, den zuständigen
Durchführungsorganen zu melden. Das gleiche gilt auch für Mietzinse für Objekte, die seit dem 31. Dezember 1960 erstmals oder in anderer Zusammensetzung oder mit anderer Zweckbestimmung zur Vermietung gelangen. Sie müssen ebenfalls Gegenstand der Meldepflicht sein.

Von verschiedenen Seiten wurde die Einführung eines besonderen Formulars für die Erfüllung der Meldepflicht befürwortet. Es wird bei der Vorbereitung der Ausführungsbestimmungen zu prüfen sein, wie ein solches allenfalls auszugestalten sein wird, damit es sowohl für die richtige Anbahnung der angestrebten Vertragsänderung als auch für die Meldung der eventuell zustandegekommenen Erhöhung verwendbar ist. Eine derartige Regelung würde die korrekte Vornahme von-Aufschlägen erleichtern und hätte überdies den Vorteil, dass mittels des Formulars einerseits dem Vermieter eine Anleitung über die zivilrechtliche Inkraftsetzung des Aufschlages und andererseits dem Mieter eine Belehrung über seine Rechte und Pflichten geboten werden könnte.

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Nach dem Wortlaut des Verfassungszusatzes (BEI 1960, I, 1216) hat die Mietzinsüberwachung Gewähr zu bieten, dass die Mietzinse nicht unangemessen ansteigen. Die Einräumung eines Einspracherechts gegen Mietzinserhöhungen kann für sich allein diese Gewähr nicht bieten. Der akute Kaummangel lässt dem Mieter keine Ausweichmöglichkeiten. Seine Verhandlungsposition ist dadurch gegenüber jener des Vermieters derart geschwächt, dass unter Umständen selbst bei offensichtlich übersetzten Mietzinsaufschlägen vom Einspracherecht nicht Gebrauch gemacht werden kann. Um wirklich entsprechend dem Verfassungszusatz ein unangemessenes Ansteigen der Mietzinse zu verhindern, muss gegen offensichtlich übersetzte Mietzinse auch von Amtes wegen eingeschritten werden können (Art. 11 des Entwurfs). Auch bei der Prüfung, ob Anlass zu einem derartigen Vorgehen besteht, ist das mittels der eingelaufenen Meldungen erlangte Bild der Mietzinsentwicklung unentbehrlich. Zudem dürfte der Meldepflicht gerade in Verbindung mit der Möglichkeit der Mietzinssenkung von Amtes wegen eine erhöhte prophylaktische Bedeutung zukommen. Sicher werden sich insbesondere jene Vermieter, deren fortgesetzte Steigerungsabsichten die Behörden schon bisher immer wieder beschäftigten, in ihren Forderungen eher massigen, wenn sie die Mietzinserhöhungen zu melden und bei Übermarchungen eine Senkung von Amtes wegen zu gewärtigen haben.

Nach dem Verfassungszusatz (Art.l, Abs.2) ist der Entscheid darüber, ob die Lockerung der Mietzinskontrolle durch Einführung einer Mietzinsüberwachung erfolgen soll, «unter Berücksichtigung der regionalen Verhältnisse» zu fällen. Da diese, wie erwähnt, in ausserordentlich starkem Masse voneinander abweichen, wird es notwendig sein, vor der Beschlussfassung die Möglichkeiten näher abzuklären. Es ist daher angezeigt, die Einführung der Mietzinsüberwachung dem Bundesrat zu überlassen (Art.5, Abs.2, Buchstabe c des Entwurfs).

2. Die Mietzinskontrolle a. Der sachliche Geltungsbereich Wie bis anhin soll die detaillierte Eegelung des sachlichen Geltungsbereichs in der bundesrätlichen Durchführungsverordnung erfolgen. Unser Entwurf begnügt sich mit einer einzigen materiellen Änderung und zwei Präzisierungen.

Artikel 2, Absatz 2 des Bundesbeschlusses vom 10. Juni 1953 über die Durchführung einer .beschränkten Preiskontrolle (AS
1953, 891) hat die nach dem 81. Dezember 1946 bezugsbereit gewordenen Neubauten aus der Mietzinskontrolle entlassen. Wir schlagen Ihnen vor, auch die Mietzinse der durch Anbau, A u s b a u , insbesondere von Dachstöcken und Kellern, und A u f s t o k kung neu entstandenen O b j e k t e freizugeben (Art.2, Abs.l des Entwurfs).

Schon nach dem geltenden Eecht (vgl. Art. 3, Abs. 3 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1956 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle AS 1956, 1618) wird bei der behördlichen Mietzinsbemessung für derartige neu geschaffene Objekte der Mietzins nach Massgabe jener für gleichwertige und gleich altrige Mietobjekte festgesetzt. Das führte schon bisher dazu, dass weit-

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gehend jene Ansätze berücksichtigt wurden, die in Neubauten zu bezahlen sind.

Es rechtfertigt sich somit die auch formelle Gleichstellung mit solchen. Es sollen aber nur neu geschaffene Mietobjekte die Entlassung aus der Mietzinskontrolle bewirken. Das wäre nicht der Fall, wenn ein bisheriges Mietobjekt bloss unterteilt würde, beispielsweise bei der Umwandlung einer grossen Wohnung in kleinere. Das gleiche soll für den Fall gelten, dass nur ein bestehendes Mietobjekt ausgebaut oder erweitert und nicht ein separates neues Mietobjekt geschaffen wird. Erfahrungen bei früheren Lockerungen haben gezeigt, dass Freigaben immer einen Anreiz zu ungesunden Ausweitungen schaffen, indem am Mietobjekt für die Mieter unerwünschte Änderungen vorgenommen werden, um sie der Kontrolle zu entziehen.

Eine nicht unwichtige Präzisierung des sachlichen Geltungsbereichs bezieht sich auf die möblierten Einzelzimmer. Artikel l der Verfügung der Eidgenössischen Preiskontrollstelle vom 7. September 1950 über Mietzinse für möblierte Einzelzimmer und Ferienwohnungen (AS 1950, 810) lautete: «Die Festsetzung der Mietzinse für möblierte Einzelzimmer und möblierte Ferienwohnungen ist freigegeben.» Durch diese Bestimmung wollte man die Art der Vermietung von möblierten Einzelzimmern freigeben, die sich auf Grund jahrelanger Gewohnheiten herausgebildet hatte. In der Folge zeigte sich dann aber, dass die Herausnahme der möblierten Einzelzimmer aus der Mietzinskontrolle als Anreiz zur einzelzimmerweisen Vermietung ganzer Wohnungen und ganzer Liegenschaften gewirkt hat. Der Neigung zu einem derartigen Vorgehen kam die grosse Nachfrage nach möblierten Zimmern entgegen, die insbesondere durch die ausländischen Arbeitskräfte immer wieder genährt wurde. Die einzelzimmerweise Vermietung ganzer Liegenschaften und Wohnungen zu übersetzten, teils geradezu wucherischen Preisen drohte zu überborden und gab mehrfach zu öffentlichen Diskussionen Anlass. Es erwies sich daher als notwendig, dieser Entwicklung, die auf eine Umgehung der Mietzinskontrollvorschriften hinausläuft, entgegenzutreten und die Freigabe auf jene Zimmervermietungen zu beschränken, für die sie von Anfang an gedacht war. Bereits die Verordnung vom 30. Dezember 1953 über die Mietzinskontrolle und die Beschränkung des Kündigungsrechts (AS 1953, 1286, Art. 2, Buchstabe /) sah
deshalb vor, dass nur «die in üblicher Weise vermieteten möblierten Einzelzimmer» von der Mietzinskontrolle ausgenommen sind. Die gleichbetitelte Verordnung vom 28. Dezember 1956 (AS 1956, 1625) hat diese Eegelung übernommen. Das Bundesgericht (BGE 85 IV 67) anerkennt,' dass sie «nicht als gesetzwidrig bezeichnet werden» kann. Trotzdem vermag die gegenwärtige Rechtslage aus verschiedenen Gründen nicht zu befriedigen. Vor allem hat der textliche Unterschied zwischen dem Bundesbeschluss vom 28. September 1956 und der Durchführungsverordnung immer wieder Anlass zu weitläufigen und unfruchtbaren Auseinandersetzungen geboten. In der Praxis zeigten sich auch noch andere Schwierigkeiten, die teilweise mit der oben wiedergegebenen Formulierung der einschlägigen Verordnungsbestimmung zusammenhängen. Wenn beispielsweise in einer Liegenschaft ursprünglich einzelne Zimmer in üblicher Weise vermietet worden waren,

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später aber die einzelzimmerweise Vermietung eine ungebührliche Erweiterung erfahren hatte, konnte sich die von niemandem verstandene Tatsache ergeben, dass auf Grund der geltenden Eegelung einzelne Zimmer der gleichen Liegenschaft, ja sogar der gleichen Wohnung, aus der Mietzinskontrolle entlassen, andere aber der Mietzinskontrolle unterstellt waren.

Angesichts der in Städten und Industriezentren fortgesetzt prekären Lage auf dem Wohnungs- und Zimmermarkt und der Schwierigkeiten der Unterbringung der Fremdarbeiter besteht nach wie vor ein dringendes Bedürfnis, einem Überborden auf diesem Gebiete zu steuern. Die bisherige Eegelung hat sich jedoch aus den genannten Gründen als unzulänglich erwiesen. Der Kanton Genf möchte deshalb sogar so weit gehen, überhaupt alle möblierten Einzelzimmer wieder unter Kontrolle zu stellen. Wir schlagen Ihnen demgegenüber vor, die Freigabe der möblierten Einzelzimmer schon auf der Gesetzesstufe zu präzisieren und dieselben zwar wie bisher als von der Kontrolle ausgenommen zu bezeichnen, jedoch nicht solche in Häusern oder Wohnungen, die ganz oder zum überwiegenden Teil einzelzimmerweise vermietet werden. Die sich in der vielkritisierten Art abspielende Auflösung ganzer Wohnungen durch Umwandlung in Einzelzimmer einzig zum Zwecke der Steigerung der Eendite ist sicher unerwünscht. Solche Umwandlungen bildeten schon bisher den Hauptanlass für das Eingreifen der Mietzinskontrollorgane. Mit der vorgeschlagenen Eegelung wird deshalb die bereits nach dem gegenwärtigen Eecht ausgeübte Kontrolle nicht grundsätzlich erweitert, wohl aber erleichtert. Andererseits bleibt es gemäss der von uns befürworteten Formulierung bei der Freigabe derjenigen möblierten Einzelzimmer, die schon jetzt als freigegeben betrachtet werden und mit der Freigabe anvisiert worden sind. Wenn geprüft wird, ob bestimmte Häuser oder Wohnungen «ganz oder zum überwiegenden Teil einzelzimmerweise vermietet werden», sind auch die unmöbliert vermieteten Einzelzimmer mit einzubeziehen.

Eine rein redaktionelle Präzisierung bezieht sich auf die nichtlandwirts c h a f t l i c h e n Pachtzinse. Diese werden in Artikel l, nicht aber in den Artikeln 2-4 des geltenden Bundesbeschlusses vom 28. September 1956 (AS 1956, 1618) erwähnt. Die Durchführungsverordnung vom 28. Dezember 1956 (AS 1956,1625) - wie schon jene
vom 30.Dezember 1958 (AS 1953, 1286) - geht in Artikel l, Absatz 2 den richtigeren Weg, indem sie ausdrücklich bestimmt, dass «auch die nichtlandwirtschaftlichen Pachtzinse» «als Mietzinse . . . gelten». Der vorliegende Entwurf (Art.l, Abs.2) übernimmt nun diese Gesetzestechnik.

b. Erhöhungsbewilligungen durch den Bundesrat Das charakteristische Merkmal der Mietzinskontrolle besteht darin, dass auf der Gesetzesstufe ein Mietzinserhöhungsverbot mit dem Vorbehalt von auf der Stufe der Verordnung oder der Verwaltungsverfügung zu gewährenden Mietzinserhöhungsbewilligungen kombiniert ist. Wir nehmen in Aussicht, dass in angemessenen zeitlichen Abständen generelle Bewilligungen in Kraft treten sollen, um in den am 1. Januar 1961 beginnenden Stadium der Eückbildung der

709 Mietzinskontrolle eine Anpassung an die der Überwachung unterstehenden und eine Annäherung an die freien Mietzinse zu gestatten, soweit dies ohne wirtschaftliche Störungen und soziale Härten möglich ist (Art. 5, Abs. l des Entwurfs). Auf eine so umschriebene Zuständigkeit des Bundesrates kann um so weniger verzichtet werden, als nunmehr eine verfassungsmässige Pflicht zur schrittweisen Lockerung der Mietzinskontrolle besteht. Die Kluft zwischen den Alt- und Neumieten ist in den Städten und Industriezentren, die für die Weiterführung der Mietzinskontrolle in erster Linie in Frage kommen, am grössten.

Es wird daher darauf Bedacht zu nehmen sein, dass ungefähr in dem Umfang, in dem in den Landesteilen mit Mietzinsüberwachung ein Ansteigen der Mietzinse zugelassen werden soll (Art.9, Abs. 3 des Entwurfs), ein solches auch unter dem Begime der Mietzinskontrolle ermöglicht werden kann.

c. Erhöhungsbewilligungen kantonaler Behörden Auch in Zukunft werden kantonale Mietzinserhöhungsbewilligungen unentbehrlich sein. Die im Entwurf genannten Voraussetzungen decken sich weitgehend mit dem geltenden Eecht. Eine Neuerung sehen wir hinsichtlich der von den Hauseigentümern als solchen zu entrichtenden Gebühren für die Benützung kommunaler Einrichtungen (Kanalisation, Kehrichtabfuhr, Strassenbeiträge, etc.) vor (Art.4, Abs.l, Buchstabe b). Eine befriedigende mietzinskontrollrechtliche Behandlung solcher Abgaben ist nach geltendem Eecht oft nur auf Grund einer sehr extensiven Interpretation möglich. Diese gestattete es, die Überwälzung der Gebühren neu eingeführter kommunaler Einrichtungen und von Gebührenerhöhungen zufolge von Erweiterungen der in Frage stehenden Leistungen zu bewilligen. Dagegen konnte die Überwälzung von Gebührenerhöhungen nicht gutgeheissen werden, die lediglich aus Gründen der kommunalen Finanzwirtschaft beschlossen wurden. Die Verweigerung von Erhöhungsbewilligungen kann in solchen Fällen aus zwei Gründen als stossend erscheinen. Zunächst einmal gibt es in manchen Gemeinden eine mehr oder weniger grosse Zahl von Hauseigentümern, denen unter dem früheren Eecht ausdrücklich gestattet worden ist, die betreffende Gebühr in ihrer jeweiligen effektiven Höhe auf die Mieter zu überwälzen. Da diese Verfügungen nach wie vor in Kraft sind, aber neue gleichartige Bewilligungen nach geltendem Eecht
nicht mehr erteilt werden können, sind Eechtsungleichheiten unvermeidlich. Dazu kommt die weitere Überlegung, dass ja nicht materielle Gründe, sondern lediglich Bestrebungen zur rationellen Gestaltung des Inkassos die Gemeinden veranlassen, die Gebühren von den Hauseigentümern und nicht von allen Nutzniessern der betreffenden kommunalen Einrichtungen zu beziehen. Aus den dargelegten Gründen befürworten wir eine Bestimmung, wonach Mietzinsaufschläge auch zu bewilligen sind,,wenn « Gebühren'für kommunale Einrichtungen neu eingeführt oder erhöht werden». Da in solchen Fällen nicht nur individuelle, sondern auch örtlich begrenzte generelle Verfügungen angebracht sein können, sprechen wir bei Verfügungen der kantonalen Behörden - zum Unterschied von den generellen Bewilligungen des Bundesrates - von «besonderen» Bewilligungen.

710 d. Bewilligungspflicht bei Vermietung von Objekten ohne höchstzulässigen Mietzins Wie .nach geltendem Eecht (Art. 2, Abs. l des Bundesbeschlusses vom 28. September 1956 (AS 1956,1618), präzisiert durch Art.16, Abs.l der Verordnung vom 28. Dezember 1956 über die Mietzinskontrolle und die Beschränkung des Kündigungsrechts (AS 1956, 1625)) sollen die Mietzinse von Objekten, die am 81. August 1939 nicht oder in anderer Zusammensetzung vermietet waren und für welche die behördliche Festsetzung eines höchstzulässigen Mietzinses noch nicht erfolgt ist, bewilligungspflichtig sein. Da es nicht als angängig erscheint, den Hauseigentümer nach einer Zweckänderung des Mietobjektes - beispielsweise nach der Umwandlung einer Wohnung in Geschäftsräume - bei einer früheren Festsetzung des höchstzulässigen Mietzinses zu behaf ten, sehen wir auch für solche Fälle eine Bewilligungspflicht vor (Art.3 des Entwurfs).

e. Die Aufhebung der Mietzinskontrolle für einzelne Kategorien von M i e t o b j e k t e n oder in bestimmten Eegionen oder Orten Die Entlassung einzelner Kategorien von Mietobjekten, z.B. überdurchschnittlich teurer Wohnungen oder gewisser Geschäftsräume, oder einzelner Regionen oder eines Teiles der Gemeinden aus der Kontrolle kann die Freiheit der Mietzinsbildung stufenweise wieder herstellen und den Geltungsbereich der Mietzinskontrolle sukzessive einschränken. Ein derartiges Vorgehen drängt sich auf, wenn sich das Festhalten an der Mietzinskontrolle nicht mehr rechtfertigen lässt und die Gefahr von Missbräuchen so unbedeutend ist, dass die mit der Einführung der Mietzinsüberwachung verbundene Umstellung nicht als angebracht erscheint. In der zweiten Hälfte der Geltungsdauer des Bundesbeschlusses mag auch die Rückkehr zum freien Wohnungsmarkt durch Aufhebung der Mietzinsüberwachung in Frage kommen. Dies soll natürlich ebenfalls zulässig sein, wenn ein derartiger Schritt auf Grund der Entwicklung der Verhältnisse vertretbar ist.

Nach dem geltenden Recht sind bei der Freigabe der Mietzinse von Wohnungen «auch der Leerwohnungsstand und die Preislage der leeren Wohnungen zu berücksichtigen» (Art.4, Abs.3 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1956). Der Entwurf hat dieses Erfordernis nicht übernommen, sondern verlangt in Übereinstimmung mit dem Verfassungszusatz nur, dass «wirtschaftliche Störungen
und soziale Härten» vermieden werden. Insofern kann das Problem der Entlassung von Wohnungen aus der Mietzinskontrolle nach dem Entwurf unter einem etwas weiteren Aspekt geprüft werden als bisher. Insbesondere wäre es möglich, der Situation in denjenigen Ortschaften Rechnung zu tragen, in denen trotz sehr geringem Leerwohnungsstand keine Wohnungsnot besteht. Das trifft dort zu, wo die Bevölkerung stagniert oder zurückgeht, also vor allem in Gemeinden, die keine Beschäftigungsmöglichkeiten in Industrien zu bieten vermögen und die wegen ihrer Abgelegenheit auch keinen Pendelverkehr nach benachbarten Industriezentren aufweisen.

711 U. Die Beschränkung des Kündigungsrechts Nach geltendem Becht entscheiden die Kantonsregierungen darüber, ob und wie weit die Vorschriften über die Beschränkung des Kündigungsrechts im Kantonsgebiet anwendbar sind (Art. 6 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1956, AS 1956, 1618; Art.28 der Verordnung vom 28. Dezember 1956 über die Mietzinskontrolle und die Beschränkung des Kündigungsrechts, AS 1956,1625).

Dabei soll es für die Gebiete und die Kategorien von Mietobjekten, welche der Mietzinskontrolle unterstehen, auch in Zukunft bleiben (Art. 13, Abs. l des Entwurfs). Anders liegen die Dinge bei der Mietzinsüberwachung. Diese wurde in den Thesen vom 20. Januar 1960 so ausgearbeitet, dass bei ihr eine Beschränkung des Kündigungsrechts als integrierender Systembestandteil zu betrachten ist.

Man ging nämlich von der Überlegung aus, dass ein befriedigendes Funktionieren der Mietzinsüberwachung nur in Verbindung mit einem wirksamen Schutz der Mieter gegen ungerechtfertigte Kündigungen denkbar ist. Infolgedessen sind für die dem Regime der Mietzinsüberwachung unterstehenden Gebiete und Kategorien von Mietobjekten unmittelbar durch den Bundesrat Vorschriften in Kraft zu setzen, welche Gewähr gegen ungerechtfertigte Kündigungen bieten.

Im übrigen soll aber die Freiheit der Kantone, den Mieterschutz entsprechend ihren Bedürfnissen auszugestalten, möglichst wenig beeinträchtigt werden.

Zu den untereinander zusammenhängenden Fragen der Beweislast im Mieterschutzverfahren und des Verhältnisses von Absatz 2 und 3 der These 9 sind ein paar Bemerkungen angebracht.

Die der Anwendung der Vorschriften über die Beschränkung des Kündigungsrechts dienende Prozedur ist ein Verwaltungsverfahren. Es gelten dafür somit nicht die strengen zivilprozessualen Grundsätze über die Behauptungsund Beweislast. Der Ausgang des Mieterschutzverfahrens hängt nicht allein von der Würdigung dessen ab, was von den Parteien vorgebracht wird. Die Behörde hat vielmehr auch andern Umständen Rechnung zu tragen, die für ein Urteil über die Berechtigung einer Kündigung von Bedeutung sein können, und hiefür die geeigneten Beweismittel zu verwenden.

In der Regel ist im Mieterschutzverfahren von einer Prüfung der vom Vermieter für die Kündigung gegebenen Begründung auszugehen. Fehlt eine solche im Kündigungsschreiben, so ist dem Vermieter
nahezulegen, sich über die Motive seines Vorgehens auszusprechen. Selbstverständlich muss er auch befugt sein, Erklärungen, die im Kündigungsschreiben enthalten sind, zu ergänzen.

Beruft sich der Vermieter auf einen der in Absatz 3 von These 9 aufgeführten Rechtfertigungsgründe, so ist zunächst zu untersuchen, ob ein solcher vorliegt.

Gelangt die Behörde zur Überzeugung, dass dies zutrifft, so ist die Kündigung ohne Klärung der Absichten des Vermieters bezüglich der künftigen Mietzinsgestaltung zu schützen. Erachtet die Behörde einen in Absatz 3 genannten Kündigungsgrund nicht als gegeben oder hat der Vermieter sich nicht auf einen solchen berufen, so ist der Fall unter dem in Absatz 2 von These 9 umschriebenen Gesichtspunkt zu würdigen. Zu diesem Zwecke soll dem Vermieter Gelegenheit

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geboten werden, sich über seine Pläne hinsichtlich der künftigen Mietzinsgestaltung auszusprechen.

Wird das Mieterschutzverfahren so gehandhabt, wie wir es angedeutet haben, so kann von einer Beweislast nur in dem beschränkten Sinne gewisser prozessualer Eisiken die Eede sein. Für das Vorliegen der Eechtfertigungsgründe von Absatz 8 der These 9 trägt der Vermieter die so verstandene Beweislast, weil das Gegebensein der dort genannten Umstände nicht angenommen werden darf, wenn diesbezüglich nach der Erschöpfung aller in Betracht kommenden Beweismittel noch Zweifel bestehen. Der Mieter trägt insofern eine reduzierte Beweislast, als sein Begehren um Unzulässigerklärung der Kündigung auch dann abzuweisen ist, wenn die auf die Untersuchung der Gründe der Kündigung gerichteten Bemühungen der Behörde trotz der Anwendung aller in Betracht kommenden Beweismittel so starke Zweifel hinsichtlich der Motive der Kündigung übrig gelassen haben, dass man nicht sagen kann, es erscheine glaubhaft, dass die Kündigung erfolgt sei, um die Mietsache unter Umgehung des Einspracherechtes des Mieters zu einem höheren Mietzins vermieten zu können.

Bereits in unserer Botschaft vom 26. August 1959 über die Weiterführung der Preiskontrolle wiesen wir darauf hin, dass die Geltungsdauer des Bundesbeschlusses vom 20. März 1958 (AS 1953, 149) über den Aufschub von Kündigungsterminen noch einmal erstreckt werden müsse, weil einige Kantone ohne denselben zeitweise nicht auszukommen vermögen (BB1 1959, II, 488). Der Bundesbeschluss vom 20. März 1958 dient wie die Beschränkung des Kündigungsrechts dazu, Obdachlosigkeit zu vermeiden. Aufgeschoben wird ein ordentlicher Umzugstermin. Auf Gesuch hin kann einem bestimmten Mieter von der durch die Kantonsregierung hiezu ermächtigten Gemeinde die Frist zur Eäumung der Wohnung erstreckt werden, die er infolge begründeter Kündigung oder Ablaufs des Mietvertrages sonst zu verlassen hätte. Die Bewilligung darf nur von Fall zu Fall und längstens für 6 Monate erteilt werden.

Wie schon früher, müssen wir eine Verlängerung der Geltungsdauer des Bundesbeschlusses vom 20. März 1953 beantragen, weil an manchen Orten den Mietern Obdachlosigkeit droht, wenn die ordentlichen Termine nicht aufgeschoben werden können. Dieser Gefahr sind in erster Linie Familien mit bescheidenem Einkommen und kinderreiche
Familien ausgesetzt, da die Wohnungsnot sich fast ausschliesslich in einem Mangel an Wohnungen mit solchen Zinsen auswirkt, die für diese Mieter tragbar wären. Wenn ganze Familien wegen Obdachlosigkeit aufgelöst oder länger als nötig in unzureichenden Notwohnungen untergebracht werden müssen, können irreparable Schädigungen sozialer und moralischer Natur eintreten, die wenn immer möglich vermieden werden sollten.

Die aus dem Bundesbeschluss vom 20. März 1953 sich ergebende Einschränkung der Verfügungsfreiheit der Vermieter muss deshalb noch eimal in Kauf genommen werden. Immerhin soll diese Massnahme nicht länger beibehalten werden, als unbedingt nötig. Wir beantragen deshalb, den Bundesrat zu ermächtigen, den Bundesbeschluss über den Aufschub von Umzugsterminen schon vor dem 81. Dezember 1964 ausser Kraft zu setzen.

713 EQ. Stellungnahme der Kantone und Wirtschaftsorganisationen zur Frage der Mietzinskontrolle und Mietzinsüberwachung Mit Kundschreiben vom S.Mai 1960 hat das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement die Kantonsregierungen und Wirtschaftsorganisationen um ihre Meinung zur Frage der schrittweisen Lockerung der Mietzinskontrolle und deren Ersetzung durch die Mietzinsüberwachung ersucht. Die meisten Kantone und Wirtschaftsverbände haben entweder zur Frage der Mietzinsüberwachung oder zu den andern Lockerungsformen oder allen Lockerungsmöglichkeiten Stellung genommen.

1. Einfuhrung der Mietzinsüberwachung a. Stellungnahme der Kantonsregierungen Soweit die Kantone zur Frage der Einführung der Mietzinsüberwachung Stellung bezogen haben, anerkennen sie mehrheitlich die Vorzüge dieses Systems gegenüber der bisherigen Kontrolle. Eine Eeihe von Kantonen erklärt sich denn auch bereit, dessen Einführung mit Wirkung ab dem 1. Januar 1961 in Aussicht zu nehmen, sei es für das ganze Kantonsgebiet oder'für gewisse Eegionen oder einen Teil der Gemeinden. Für die einheitliche Einführung der Mietzinsüberwachung im ganzen Kantonsgebiet haben sich die Kantone Uri, Schwyz, Glarus, Zug, G r a u b ü n d e n (eventuell unter Ausnahme gewisser Eandgebiete), Aargau und Wallis ausgesprochen. Der Kanton Zug will gewisse in der Mietzinsüberwachung erblickte Mängel nur in Kauf nehmen, wenn der in den Thesen eingebaute Kündigungsschutz verwirklicht wird. Für den Kanton Appenzell Ausserrhoden wurde die Mietzinskontrolle, ausgenommen für die Gemeinde Herisau, bekanntlich schon durch den Bundesratsbeschluss vom I.Dezember 1958 aufgehoben. Für Herisau wird nunmehr die Einführung der Mietzinsüberwachung vorgeschlagen. Der Kanton St. Gallen möchte die Mietzinse in den 60 bis 70 kleineren Gemeinden gänzlich freigeben und in den 20 bis 30 grösseren Gemeinden die Mietzinsüberwachung einführen. Der Kanton Graubünden setzt ausdrücklich voraus, dass an den in den Thesen der Preiskontrollkommission enthaltenen Grundsätzen vollinhaltlich und ohne Abschwächungen festgehalten werde.

Ein unterschiedliches Vorgehen schlagen die Kantone Zürich, Bern, Luzern, Freiburg, Solothurn, T essin und Waad t vor, nämlich die Beibehaltung des Systems der Mietzinskontrolle für einzelne Städte und grössere Gemeinden und für die übrigen Gemeinden entweder
die Unterstellung unter die Mietzinsüberwachung oder die gänzliche Freigabe der Mietzinse. So wird von den Kantonen Zürich, Luzern, Solothurn und Tessin beantragt, für die Städte, die Industriezentren und deren Einzugsgebiete die Mietzinskontrolle zu belassen und für alle übrigen Gemeinden die Mietzinsüberwachung einzuführen. Der Kanton Tessin empfiehlt die Überwachung ausserdem auch für alle zu Erwerbszwecken vermieteten Objekte, also auch für jene in den Städten. Ferner schlägt er vor, nach 2 Jahren die Überwachung etappenweise durch die völlige Freigabe zu Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. II.

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714 ersetzen, zunächst für die nach 1939 erstellten Bauten und später, je nach den damit gemachten Erfahrungen, auch für die übrigen. Solothurn glaubt, dass die Mietzinskontrolle auf die 37 grösseren Gemeinden beschränkt und die übrigen 95 Gemeinden der Überwachung unterstellt werden könnten. Die Kantone Bern, Freiburg und Waadt schlagen demgegenüber vor, die rein ländlichen Gemeinden von jeglicher Kontrolle auszunehmen, die Mietzinskontrolle auf die Städte und auf die Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt zu beschränken und die übrigen Gemeinden der Mietzinsüberwachung zu unterstellen. Als nicht oder noch nicht diskutabel erachten die Mietzinsüberwachung die Kantone Basel-Stadt, Basel-Land, Schaffhausen, Thurgau, Neuenburgund Genf. Für diese wäre somit vorläufig die Mietzinskontrolle beizubehalten. Der Kanton Schaffhausen möchte die Kontrolle immerhin auf die 7 grösseren Gemeinden beschränken und die andern 28 Gemeinden von jeglicher Kontrolle ausnehmen. Zur Begründung führen sie im wesentlichen die fortgesetzt angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt an, die nach ihrer Auffassung im Falle der Einführung der Überwachung zu wirtschaftlichen Störungen und sozialen Härten führen müsste und damit mit dem Verfassungszusatz im Widerspruch stände. Auch von einer partiellen Einführung der Überwachung für gewisse Gemeinden und Eegionen möchten sie absehen, da sie das Nebeneinanderbestehen zweier Systeme im gleichen Kanton als unerwünscht betrachten.

Die Notwendigkeit eines wirksamen Kündigungsschutzes wird für die korrekte Durchsetzung der Mietzinsüberwachung, soweit sich die Kantone zu dieser Frage geäussert haben, durchwegs anerkannt. In mehreren Vernehmlassungen wird denn auch ein Kündigungsschutz im Sinne der Thesen der Preiskontrollkommission ausdrücklich als Voraussetzung für die Einführung der Überwachung bezeichnet. Der Kanton Zürich würde es, um den Kündigungsschutz für die teuren Wohnungen und Geschäftsräume nicht wieder einführen zu müssen, allerdings begrüssen, wenn derselbe unter dem System der Mietzinsüberwachung nicht strenger gehandhabt werden müsste als bisher unter dem Eegime der Mietzinskontrolle. Auch der Kanton St. Gallen, der den Kündigungsschutz weitgehend aufgehoben hat, möchte für den Fall der Einführung der Mietzinsüberwachung beim status quo verbleiben; er sieht sich aber doch
veranlasst, in seiner Vernehmlassung zu vermerken, er sei mit der Preiskontrollkommission davon überzeugt, dass die Wirksamkeit der Mietzinsüberwachung nur durch einen Schutz gegen ungerechtfertigte Kündigungen gesichert werden könne. Für den Kanton Thurgau schliesslich bildet die Tatsache, dass der bis auf eine einzige Gemeinde seit Jahren aufgehobene Kündigungsschutz wieder aktiviert werden müsste, einen Grund zur Ablehnung der Mietzinsüberwachung.

b. Stellungnahme der W i r t s c h a f t s o r g a n i s a t i o n e n Die Stellungnahme der Wirtschaftsorganisationen lässt sich wie folgt zusammenfassen : Eundweg ablehnend verhält sich einzig der Schweizerische Verband für Wohnungswesen.

715 Für die vorbehaltlose und einheitliche Einführung der Mietzinsüberwachung für alle Mietobjekte treten der Schweizerische Hauseigentümerverband, die Schweizerische Bankier-Vereinigung und der Verband Schweizerischer Kantonalbanken ein, doch wäre der Geltungsbereich zuvor durch weitgehende Freigaben einzuschränken.

Im Prinzip für die M i e t z i n s ü b e r w a c h u n g und nur subsidiär für die Beibehaltung der Mietzinskontrolle sind der Christlich-Nationale Gewerkschaftsbund, der Schweizerische Gewerbeverband, der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrievereins, der Zentralverband Schweizerischer Arbeitgeberorganisationen und die Fédération Eomande Immobilière. Zu dieser Kategorie können auch verschiedene Arbeitnehmerverbände und Konsumentenorganisationen gerechnet werden, die sich zwar zum System der Mietzinsüberwachung bekennen, aber dessen Einführung von der Erfüllung mehr oder weniger weitgehender Voraussetzungen abhängig machen, Im Verein mit der Schweizerischen Nationalbank berufen sich verschiedene dieser Verbände insbesondere darauf, dass ganz allgemein für die Abbaumassnahmen die regionalen Verhältnisse, die Einkommensverhältnisse und die Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft berücksichtigt werden müssen.

Nur subsi'diäre Geltung soll dagegen der M i e t z i n s ü b e r w a c h u n g nach der Meinung des Gewerkschaftsbundes und des Mieterverbandes zukommen. Ersterer möchte die Überwachung nur für Gebiete zulassen, wo bereits ein Leerwohnungsbestand von 1-1,5 Prozent vorhanden ist, während nach der Meinung des letzteren die Mietzinsüberwachung für die Städte und alle grösseren Ortschaften heute nicht in Frage kommen könne.

Als f rühesten Z e i t p u n k t für die Einführung nennt die Vereinigung Schweizerischer Angestelltenverbände den 1. Januar 1962, die Nationale Arbeitnehmergemeinschaft den I.April 1961. Der Migros-Genossenschafts-Bund, der an seiner schon früher bekundeten grundsätzlichen Ablehnung der Mietzinsüberwachung festhält, erklärt, dass er es wenigstens begrüssen würde, wenn das neue System nicht bereits auf den Januar 1961 in Kraft gesetzt würde. Alle übrigen Organisationen, die auf die bezügliche Frage eingetreten sind, votieren für den l. Januar 196l als Termin für den Übergang zur Mietzinsüberwachung.

Zur Frage des K ü n d i g u n g s s c h u t z e s machen
die Arbeitnehmer- und Konsumentenorganisationen ihre Zustimmung zur Einführung der Mietzinsüberwachung ausdrücklich davon abhängig, dass dieses System, wenn es sich nicht ganz zum Nachteil der Mieter auswirken soll, von einer wirksamen Sicherung gegen ungerechtfertigte Kündigungen begleitet sein muss. Auch der Vorort, der Zentralverband Schweizerischer Arbeitgeberorganisationen, die Schweizerische Bankier-Vereinigung und die Fédération Eomande Immobilière bekunden ihr grundsätzliches Einverständnis mit einem gewissen Kündigungsschutz. Der Hauseigentümerverband weist darauf hin, dass in zahlreichen Kantonen oder Kantonsteilen die Kündigungsbeschränkungen seit Jahren aufgehoben seien, und dass die Wiederherstellung der Kündigungsbeschränkungen in diesen Gebieten dann diskutabel gewesen wären, wenn, wie es die Meinung der vor-

716 beratenden Subkommission der Eidgenössischen Preiskontrollkommission war, die Überwachung für die ganze Schweiz hätte eingeführt werden können. Sollte sie aber nur für einzelne Begionen in Frage kommen, sei die Wiedereinführung des Kündigungsschutzes untragbar.

Einzelne Verbände schlagen vor, den Katalog der anzuerkennenden Kündigungsgründe zu erweitern, so durch den Fall, dass der Vermieter die Mietsache abbrechen will und die Fälle krasser Unterbesetzung von Wohnungen.

Mit Bezug auf die Verteilung der Beweislast im Kündigungsschutz verfahren vertreten der Gewerkschaftsbund und der Mieterverband einerseits und der Vorort, der Zentralverbandes Schweizerischer Arbeitgeberorganisationen und die Vereinigung des Schweizerischen Import- und Grosshandels anderseits gegenteilige Ansichten ; die ersteren möchten die Beweislast ganz dem Vermieter, die letzteren dagegen ganz dem Mietei: überbinden. Der Mieterverband schliesslich betrachtet den Kündigungsschutz in der in den Thesen der Eidgenössischen Preiskontrollkommission vorgesehenen Form als unzulänglich.

2. Andere Lockerungsformen Die Frage, wie der durch den Verfassungszusatz aufgestellten Pflicht zur schrittweisen Lockerung der Mietzinskontrolle am zweckmässigsten entsprochen werden kann, stellt sich vorab für jene Gebiete und Kategorien von Mietobjekten, die weiterhin dem Eegime der Kontrolle unterstellt bleiben sollen.

In bezug auf die Mietzinsüberwachung kann sich die Frage der Lockerung nur insoweit stellen, als deren Geltungsbereich eventuell auf gewisse Begionen oder Gemeinden oder Kategorien beschränkt werden könnte. Generelle Mietzinserhöhungen können sich dagegen bei der Mietzinsüberwachung erübrigen.

Von den in Betracht fallenden Lockerungsformen, d.h. den schon im bisherigen Kecht statuierten generellen Erhöhungsbewilligungen und den kategorieweisen und regionalen oder örtlichen Freigaben, kommt nach der Stellungnahme der Mehrheit der Kantone und Verbände, die sich mit der Frage befasst haben, den generellen Erhöhungsbewilligungen die grösste Bedeutung zu. Mehrheitlich wird mit Wirkung ab 1961 ein jährlicher Aufschlag von 5 Prozent vorgeschlagen. Der Verband Schweizerischer Kantonalbanken und die Schweizerische Bankiervereinigung möchten einen solchen schon für 1960 in Kraft treten lassen. Um den Gleichschritt mit den nach dem
Überwachungssystem zulässigen Erhöhungen zu wahren, proponieren einzelne Kantone und Verbände auch für die unter dem System der Mietzinskontrolle verbleibenden Mietobjekte jährliche Aufschläge von 3 bis 6 Prozent oder in einem andern noch zu bestimmenden Ausmass. Einzelne Arbeitnehmerverbände möchten den Aufschlag nach Baujahren, Bauart, Komfort, Unterhaltszustand und Eegionen differenzieren und dem Mieter bei vernachlässigtem Unterhalt ein Einspracherecht einräumen, während nach einem Vorschlag aus Hausbesitzerkreisen die jährlichen Aufschläge bedingungslos zu bewilligen wären. Von Arbeitgeberseite wurde eine Differenzierung in dem Sinne beantragt, dass für Mietobjekte in

717 vernachlässigtem Zustande ein geringerer, für Objekte mit besonders niedrigen Mieten sowie für Geschäftsräume dagegen ein höherer Aufschlag vorzusehen sei.

Der Kanton Tessin empfiehlt eine höhere Belastung der an Mieter mit hohem Einkommen vermieteten Wohnungen und der Wohnungen in bevorzugter Lage.

Auch von Hausbesitzerseite wird für Geschäfte ein höherer Aufschlag als tragbar erachtet. Dagegen wehrt sich der Gewerbeverband entschieden gegen Differenzierungen zwischen Wohnungen und Geschäftsräumen, da die Mietzinshöhe für den Geschäftsmieter sehr oft zur eigentlichen Existenzfrage werden könne, so dass, wenn schon differenziert werden möchte, für diese eher ein stärkerer Schutz zu erwägen wäre. Um nicht jedes Jahr Diskussionen über den jährlichen Mietzinsaufschlag auszulösen, begrüssen einige Verbände einen einmaligen Bundesratsbeschluss mit jährlichen Mietzinserhöhungen nach einem für die ganze Dauer des Bundesteschlusses festzulegenden Plan. Die Schweizerische Nationalbank empfiehlt mit einzelnen Arbeitnehmerverbänden, die Erhöhungen in massvollem Bahmen zu halten, und warnt vor zu starken und jähen Mietzinssteigerungen. Es sei vor allem darauf Bedacht zu nehmen, dass im Interesse des wirt- schaftlichen Gleichgewichts und eines ruhigen sozialen Klimas eine allgemeine Erhöhung der Kosten der Lebenshaltung vermieden werden könne.

Vereinzelte Vorschläge sähen an Stelle genereller Erhöhungsbewilligungen lieber largere individuelle Erhöhungen, sei es durch Wiedereinführung der detaillierten Kostenrechnung oder durch Erhöhung der bisher praktizierten Ansätze für wertvermehrende Verbesserungen, umfassende Erneuerungen und Umbauten oder bei Untermiete durch Beteiligung des Vermieters am Untermietzins. Gleich oder ähnlich lautende Anträge auf Erweiterung der individuellen Erhöhungen stellten verschiedene andere Verbände, nicht aber im Sinne eines Ersatzes von generellen Bewilligungen, sondern zusätzlich zu solchen.

Kategorieweise Lockerungen wurden, wie schon bei früheren Ver-' nehmlassungen, für folgende Kategorien vorgeschlagen: Einfamilienhäuser; Wohnungen mit 5 und mehr Zimmern; Luxuswohnungen oder teure Wohnungen überhaupt; Ladengeschäfte; gastgewerbliche Betriebe; Geschäftsräume, in bezug auf die der Vermieter sich zum Abschluss eines langfristigen, im Grundbuch einzutragenden Vertrages
bereit erkläre; Geschäftsräume schlechthin; Garagen; Einzelräume; wesentliche Um-, Aus-, Auf- und Anbauten seit 1939; seit 1939 oder 1960 erstmals vermietete Objekte; untervermietete Bäume. Soweit in den Vernehmlassungen von der Freigabe teurer Wohnungen die Eede ist, wird meistens unterlassen, den Begriff «teure Wohnung» oder «Luxuswohnung» zu präzisieren. Der Vorort des Handels- und Industrievereins und der Zentralverband Schweizerischer Arbeitgeberorganisationen möchten für die Abgrenzung der teuren Wohnungen von einem Betrag von 2400 Franken ausgehen, der Kanton Bern von einem Betrag von 1000 Franken pro Wohnraum. Nach andern Vorschlägen wäre die Abgrenzung den Kantonen zu überlassen.

Verschiedene Kantone und Verbände haben sodann wiederum regionale oder gemeindeweise Freigaben vorgeschlagen. Die unter diesen Titel' fallenden Vorschläge sind zusammengefasst folgende: kantons- oder regionen-

718 weise Aufhebung der Mietzinskontrolle, wenn ein Kanton dies beantrage; Aufhebung in allen Gemeinden mit weniger als 2000 (Kanton Bern und Bankiervereinigung) bzw. 8000 Einwohnern (Hauseigentümerverband) ; Aufhebung in ländlichen Gemeinden ohne Industrie und Pendlerverkehr zu Industriezentren oder in Gemeinden mit genügender Leerwohnungsziffer, d.h. 1% Prozent für Großstädte und Agglomerationsgemeinden, l Prozent für mittlere Städte und % Prozent für alle übrigen Gemeinden; oder Aufhebung für alle Gemeinden, in denen von Wohnungsmangel nicht mehr gesprochen werden kann ; Aufhebung in Ortschaften mit nur geringer Steigerung der Wohnungsnachfrage; Aufhebung in Gemeinden, für die kein Kündigungschutz mehr besteht.

Angesichts der sehr unterschiedlichen Verhältnisse wird eine einheitliche Verwirklichung der genannten Vorschläge nicht in Frage kommen können. Vielmehr wird jeder einzelne Vorschlag gemäss den im Verfassungszusatz verankerten Voraussetzungen zu würdigen sein. Um zu prüfen ob, in welchem Masse, in welchen Kantonen oder Kegionen und wann an eine Verwirklichung der Vorschläge geschritten werden kann, wird es unerlässlich sein, die Verhältnisse in den einzelnen Kantonen und Regionen näher abzuklären. Es ist daher nicht' möglich, die gestellten Forderungen oder Wünsche schon durch die zur Beratung stehende Vorlage zu erfüllen. Dagegen ist bei der Beratung derselben darauf Bedacht zu nehmen, dass sie als Grundlage für die Lockerung der Mietzinskontrolle in Gebieten mit sehr ungleichen Verhältnissen zu dienen hat. Die dem Bundesrat einzuräumenden Befugnisse sind somit so weit zu fassen, dass sie es erlauben, für jeden Gebietsteil diejenige Lösung anzustreben, die unter voller Berücksichtigung der verf assungsmässigen Schranken in zweckmässigster Weise zum Ziel des freien Wohnungsmarktes führt.

In der Frage der Zuständigkeit zur Anordnung von Lockerungen halten wir dafür, dass in Anbetracht der Verantwortung des Bundesrates für die Berücksichtigung der verfassungsmässigen Voraussetzungen die grundsätzlichen Beschlüsse über Lockerungen weiterhin vom Bundesrat selbst zu fassen sein werden. Soweit dagegen ein Bedürfnis dafür besteht, Lockerungsmassnahmen zu differenzieren, soll es dem Bundesrat wie bis anhin gestattet sein, mit der näheren Ausgestaltung der Lockerung zwecks Anpassung an die Verhältnisse in den einzelnen Gegenden und Gemeinden die Kantonsregierungen zu betrauen (Art. 6).

IV. Die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte

Artikel 2 des neuen Verfassungszusatzes über die Weiterführung befristeter Preiskontrollmassnahmen hat folgenden Wortlaut : Die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte kann weitergeführt werden, jedoch ohne Zuschüsse aus allgemeinen Bundesmitteln und höchstens im Bahmen der bisher erbrachten Leistungen, deren Abbau anzustreben ist.

Damit ist der wesentliche Inhalt der Ausführungsbestimmungen betreffend die Preisausgleichskasse weitgehend vorgezeichnet. Sie-wird mit dem Ziele ihres

719 Abbaues weitergeführt; bis dahin hat sie wie bisher nach Möglichkeit zur Tiefhaltung des Milchpreises für Konsumenten in Mangelgebieten und Konsumzentren beizutragen. Dabei ist auf eine wirtschaftlich zweckmässige Milchversorgung zu achten.

Während der geltende Bundesbeschluss vom 28. September 1956 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle (AS 1956, 1618) in Artikel 11, Absatz 3 bestimmt: «Die Preisausgleichskasse ist womöglich selbsttragend zu gestalten», wird jetzt vorgeschrieben, dass ihre Finanzierung ohne allgemeine Bundesmittel zu erfolgen hat. Ferner sollen die von der Kasse künftig noch auszurichtenden Zuschüsse ihre bisherigen Leistungen grundsätzlich nicht übersteigen. Die übrigen Durchführungsbestimmungen bringen inhaltlich keine Änderung des geltenden Eechtes.

In der Botschaft vom 25.August 1959 über die Weiterführung der Preiskontrolle (BEI 1959, II, 488-487 und 491-492), wurden die bisherige Tätigkeit und Finanzierung wie auch die vorgesehene Weiterführung der Preisausgleichskasse Milch dargelegt. Insbesondere wurde auf ihr Verhältnis zu Artikel 26 des Landwirtschaftsgesetzes (AS 1953, 1073) hingewiesen. Nach dieser durch den geltenden Bundesbeschluss in der Anwendung sistierten Vorschrift sollten die Abgaben auf Konsummilch sowie der Zollzuschlag auf importierter Butter zur Verbilligung und Absatzförderung der Milchprodukte und einheimischen Speisefette dienen. Hiefür werden im Umfange der für die Preisausgleichskasse abgezweigten Erträgnisse ersatzweise Zuschüsse aus den Preiszuschlägen auf Futtermittel und, soweit diese dazu nicht ausreichen, allgemeine Bundesmittel zur Verfügung gestellt (gemäss Art. l, Abs.2 des Bundesbeschlusses vom 19. Juni 1959 über zusätzliche wirtschaftliche und finanzielle Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft [AS 1959, 907], der Art. 19 des geltenden Bundesbeschlusses vom 28. September 1956 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle ersetzt).

Über die Einnahmen und Ausgaben der Preisausgleichskasse gibt die nachstehende Aufstellung Auskunft : Einnahmen Pranken

Milchjahr 1958/59 Bechnung. 8 419 668.55 Staatsrechnung 1960 Voranschlag 9000000.-- derzeitige Schätzung . . . . 7300000.--

Ausgaben Franken

Ausgabenüberschuss Franken

12 725 736.78

4 306 068.23

13350000.-- 12525000.--

4350000.-- 5225000.--

Im Milchjahr 1958/59 betrug der gesamte Verbilligungsaufwand für Konsummilch 13 515 496.88 Franken. Davon leistete die Preisausgleichskasse Milch 12 725 736.78 Franken, und 789 760.10Franken wurden durch Befreiung von der Abgabe auf Konsummilch gestützt auf den Bundesratsbeschluss vom I.Mai 1956 (AS 1956, 688) betreffend die Änderung der Verordnung über Abgaben auf Konsummilch und Konsumrahm eingesetzt. Artikel 18, Absatz 3 dieses Erlasses bestimmt: «Wenn anerkannte Mehrkosten der Konsummilchversorgung nicht

720

durch eine Detailpreiserhöhung gedeckt werden, kann die Abteilung für Landwirtschaft im Einvernehmen mit der Eidgenössischen Preiskontrollstelle von der Abgabepflicht gemäss Absatz l ganz oder teilweise befreien».

Von der erwähnten Verbilligung der Konsummilch im Milchjahr 1958/59 im Ausmass von rund 13,5 Millionen Pranken entfielen 10,1 Millionen Franken auf Ortschaften mit über 10000 Einwohnern; diese Gemeinden, teilweise mit Vororten, weisen nach der Volkszählung 1950 rund 1,9 Millionen Einwohner auf.

8,4 Millionen Franken kommen kleineren und mittleren Ortschaften mit 1,1 Millionen Einwohnern zu. Bund 3 Millionen Einwohner beteiligen sich also an der Kasse. Von etwa 690 Millionen Litern jährlich umgesetzer Milch wurden im Milchjahr 1958/59 ungefähr 497 Millionen Liter durch Zuschüsse verbilligt.

Die Leistungen der Preisausgleichskasse Milch für die einzelnen Ortschaften und Eegionen betragen im Milchjahr 1958/59 je Liter Konsummilch: 4 Eappen und mehr : 6 Ortschaften, insgesamt ca. 250 000 Einwohner 3 bis 4 Eappen:, 22 Ortschaften, insgesamt ca. l 200 000 Einwohner 2 bis 3 Eappen: 49 Ortschaften, insgesamt ca. 550 000 Einwohner l bis 2 Eappen: rund 150 Ortschaften, insgesamt ca. 600 000 Einwohner bis l Eappen: rund 190 Ortschaften, insgesamt.ca. 400 000 Einwohner Unter den Städten mit über 10 000 Einwohnern partizipierten die nachstehenden Plätze, teils mit Vororten, 1958/59 wie folgt: Zuschuss je Liter Kappen

Basel Bern Genf Luzern Winterthur Lausanne Zürich . . . .

Biel . . . .

St. Gallen

. . .

. . .

4.06 3 98 3.81 3 67 3.67 .

3.35 .3.19 . . . 2.96 2.36

Zuschuss pro Jahr Franken

l 474 200 1 228 700 904 700 697 000 421 200 643 200 2 068 800 333 500 285 100

Die neue Eegelung bringt es mit sich, dass ausser den bestehenden Zuschüssen allfällige Erhöhungen der Beschaffungs-, Sammel-, Transport- und Verteilungskosten der Konsummilch bei einem gleichbleibenden Produzentengrundpreis von 43 Eappen grundsätzlich auf den Konsumentenpreis zu überwälzen sind. Um die Kasse selbsttragend gestalten zu können, muss der Milchpreis in Ortschaften, die aus der Preisausgleichskasse einen Zuschuss von l Eappen je Liter und mehr erhalten, um l Eappen per Liter und, sofern der Zuschuss mehr als 3 Eappen beträgt, um 2 Eappon erhöht werden. Ein Aufschlag von l Eappen per Liter würde beispielsweise für ein Ehepaar mit drei Kindern, das nach den Haushaltrechnungen des BIGA im Durchschnitt pro Jahr 738,7 Liter (1958) konsumiert, rund 7.50 Franken ausmachen, ein Aufschlag von 2 bis 3 Eappen rund 15.-- bis 22.50 und ein solcher von 4 Eappen 30 Franken.

721 Den Stellungnahmen der Kantonsregierungen und Wirtschaftsorganisationen entnehmen wir folgendes : Die meisten Kantonsregierungen erklärten sich ohne weitere Bemerkungen mit den vorgeschlagenen Durchführungsbestimmungen einverstanden. Der Kanton Wallis beantragt dagegen die baldige Aufhebung dieser Preisausgleichskasse, wofür ihm der heutige Zeitpunkt besonders günstig erscheint. Es bestehe kein stichhaltiger Grund mehr dafür, die Mittel der Preisausgleichskasse ihrem ursprünglichen Zweck zu entziehen, um die Preise für Konsummilch in Mangelgebieten und Konsumzentren zu ermässigen und in den Städten mit den durchschnittlich höchsten Einkommen, wie Zürich, Basel und Genf, abnormal tiefzuhalten, während Konsumenten mit geringeren Einkommen, wie im Wallis und Tessin, ohne Klage einen höheren Milchpreis bezahlen. Die günstige Konjunktur dürfte eine Erhöhung der Konsummilchpreise gestatten. Die Kantone BaselLand und >Waadt verlangen, dass die Verringerung der Zuschüsse aus der Preisausgleichskasse Milch nicht zu Lasten des Produzentenpreises gehen dürfe. Der Kanton Bern stellt die Frage, ob die mangels Butterimporten ausfallenden Zollzuschläge nicht durch eine Belastung der importierten Kondensmilch ersetzt werden könnten.

Auch die Wirtschaftsorganisationen stimmen im allgemeinen den vorgesehenen Durchführungsbestimmungen grundsätzlich zu. Immerhin werden Änderungen vorgeschlagen, die zueinander im Gegensatz stehen. So verlangen die Spitzenverbände von Industrie, Handel und Gewerbe, dass der Abbau der Preisausgleichskasse innert 4 Jahren ausdrücklich vorgeschrieben werde. Von Arbeitnehmer- und Konsumentenorganisationen wird dagegen beantragt, dass mit dem Abbau zurückgehalten und dabei auf die Lebenshaltungskosten geachtet werde. Für eine nur allmähliche Rückbildung der Kasse tritt auch der Schweizerische Verband des Milch-, Butter- und Käsehandels ein; er ist ferner der Ansicht, dass ihr zur Ermöglichung einer elastischen Preis- und Margenpolitik gewisse Funktionen verbleiben sollten. Mit Hinblick auf den Milchüberfluss äussert der Bund Schweizerischer Frauenvereine u. a. Bedenken gegen die mit dem Abbau der Kasse verbundene Erhöhung des Konsumentenpreises; der Milchpreis sei psychologisch und marktmässig empfindlicher als andere Preise. Der Migros-Genossenschaftsbund schlägt unter Ablehnung der
bisherigen Finanzierungsquellen u.a. vor, dass die Preisausgleichskasse Milch zur Beschaffung der nötigen Mittel künftig etwa durch den Ertrag einer zweckgebundenen Biersteuer finanziert werde. Der Schweizerische Milchkäuferverband tritt dafür ein, dass die Zuschüsse im Eahmen des bisherigen Gesamtaufwandes neu angesetzt werden können. Der Schweizerische Bauernverband und der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten lehnen es ab, dass bei einer Verringerung der Zuschüsse die Kosten der Milchversorgung den Produzenten belastet werden. Demgegenüber betrachtet der Schweizerische Gewerkschaftsbund die Verbilligung der Konsummilch als eine Massnahme, die auch den Produzenten diene; würde die Preisausgleichskasse Milch abgebaut, so müsse die Konsummilch, deren Absatz nicht unelastischer sei als der des Käses, auf andere Weise

722 verbilligt werden. Es seien namentlich die Frachtkosten der Konsummilch auszugleichen und in der Schweiz ein einheitlicher Konsumentenpreis festzusetzen.

Umgekehrt tritt der Schweizerische Verband Evangelischer Arbeiter und Angestellter für differenzierte Konsummilchpreise ein ; die grossen Verbrauchsorte könnten die Frachtkosten der Milch wenigstens teilweise tragen, da sie bei denjenigen anderer Güter im Vorteil seien.

Zu den einzelnen Bestimmungen des Artikels 14 des E n t w u r f e s ist kurz folgendes auszuführen: Absatz l nennt Zweck und Aufgabe der Kasse, die unverändert bleiben.

Die im Nachsatz geforderte Beachtung einer wirtschaftlichen Milchversorgung entspricht u.a. dem in den Artikeln 10,11 und 21 ff. des Milchbeschlusses vom 29. September 1953 (AS 1953, 1109) enthaltenen und in Artikel 4-6 der Verordnung vom 30. April 1957 (AS 1957, 367) über die Verwertung der Verkehrsmilch näher ausgeführten Grundsatz. Darnach ist auf eine wirtschaftliche, d.h.

zweckmässige und kostensparende Sammlung, Kegulierung und Vermittlung der Konsummilch zu achten. Die Milch ist nach Möglichkeit durch die angestammten Sammelstellen und Produzenten im natürlichen Einzugsgebiet der Verbrauchsorte zu liefern bzw. bei diesen zu beziehen. Aushilfs- und Fernmilch ist in tunlichst geringem Ausmass heranzuziehen. Es ist ständig auf eine wenn möglich noch rationellere Erfassung, Behandlung oder Verteilung der Milch zu achten.

Absatz 2 umschreibt die Mittel, welche die Tiefhaltung des Milchpreises für die Konsumenten in Mangelgebieten und Konsumzentren ermöglichen sollen.

Die Kasse trägt durch folgende Zuschussarten an die Beschaffungs-, Sammel-, Transport- und Verteilungskosten der Konsummilch bei: a) Spannenzulagen an Gross- und Detailhandel: Diese Zuschüsse machen den Hauptanteil der Leistungen der Preisausgleichskasse Milch aus. Sie werden an Grosshandel, Eeguliermolkereien und Detailhandel als Beitrag an die Kostenverteuerungen bei der molkereitechnischen Behandlung und dem Detailvertrieb der Konsummilch ausgerichtet. Zur Verminderung dieser Kassenleistungen wurde auf I.Mai 1951 erstmals seit 1939 der Konsumentenmilchpreis um l Kp./l und im allgemeinen nur für die ins Haus gelieferte Milch ab I.November bzw. I.Dezember 1958 um einen weiteren Eappen erhöht.

b) Extrakosten für Aushilfs- und Fernmilch:
Durch das seit Jahren anhaltende Anwachsen der^Städte war das zu ihrer Milchversorgung benötigte Einzugsgebiet zu erweitern. Es musste daher in vermehrtem Masse Aushilfsmilch aus Verarbeitungsbetrieben des dem betreffenden Eegionalverband zugehörigen Gebietes herangezogen werden. Einige Grosskonsumzentren und Mangelgebiete haben immer noch Bedarf an Fernmilch, d.h.

an Milch aus dem Gebiet eines anderen Milchverbandes. Die Transport- und zusätzlichen Beschaffungskosten der Aushilfs- und Fernmilch werden von der Kasse übernommen, soweit ihr das nach den Bestimmungen des Entwurfes möglich ist.

723 c) Fuhrlohnzuschüsse und Frachtzuschläge auf normaler Konsummilch: Hierunter fallen die Beiträge zur Deckung der Teuerung auf Fuhr (ab ländlicher Sammelstelle bis Versandstation oder städtische Molkerei) und Fracht (ab Versandstation bis Konsumort) für Milch, die regelmässig für die Trinkmilchversorgung von Konsumzentren (Normalmilch) bestimmt ist.

Die grundsätzliche Beschränkung der Kassenleistungen auf die bisherigen Zuschüsse ist eines der Mittel, um die vorgeschriebene Eückbildung der Kasse durchzuführen.

Der Entwurf umschreibt im Gegensatz zum geltenden Bundesbeschluss vom 28. September 1956 die Voraussetzungen des Abbaues der Preisausgleichskasse Milch nicht näher. Wie bis anhin wird bei der Eückbildung der Kassen.leistungen auf den Produzenten-Grundpreis für Milch sowie nach Möglichkeit auf die Konsumenteninteressen Eücksicht zu nehmen sein.

Zu Absatz 3: War, wie bereits gesagt, nach dem geltenden Eecht «die Preisausgleichskasse womöglich selbsttragend zu gestalten», so muss sie nunmehr selbsttragend sein. Finanzierungszuschüsse aus allgemeinen Bundesmitteln werden ausdrücklich ausgeschlossen und die Einnahmen der Kasse auf die Erträge aus den Abgaben auf Konsummilch und Konsumrahm und den Zollzuschlag auf importierter Butter beschränkt. Diese Vorschrift zwingt um so mehr zum Abbau der Kassenleistungen, als angesichts der Notwendigkeit, Milchüberschüsse durch Verbutterung zu verwerten, nicht mit genügenden Einnahmen aus dem Zollzuschlag auf importierter Butter gerechnet werden kann.

Zu Absatz 4: Die der Kasse gestellte Aufgabe, nach Möglichkeit zur Tiefhaltung des Milchpreises für die Konsumenten beizutragen, erfordert die Weiterführung der Bewilligungspflicht für Erhöhungen von Preisen und Margen für Konsummilch.

Diese Bestimmung sichert zugleich die zweckgebundene Verwendung der Zuschüsse.

Artikel 15 Der Gedanke, dass unrechtmässige Bezüge von Zuschüssen und Beiträgen aus einer Preisausgleichskasse zurückerstattet werden sollen, kommt schon im geltenden Eecht (Art. 18 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1956 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle) zum Ausdruck und bedarf keiner weiteren Begründung. Die Bestimmung hat gegenüber Artikel 28 des Entwurfs den Charakter einer lex specialis. Bei den Tatbeständen des Artikels 15 kann nur der Bund, also weder ein
Kanton noch eine Privatperson, forderungsberechtigt sein. Die besondere Natur der in Frage stehenden Eückerstattungsansprüche gestattet ihre Geltendmachung mittels der sog. verwaltungsrechtlichen Klage (Abs. 3 des Art. 15).

724 V. Bemerkungen zu den Abschnitten V-VII des Entwurfes zu einem Bundesbeschlusses Artikel 16 Die Eidgenössische P r e i s k o n t r o l l k o m m i s s i o n soll den Bundesrat bzw.

das Volkswirtschaftsdepartement wie bisher in allgemeinen Fragen der Bildung der Preise und Mietzinse und der Preis- und Mietzinspolitik beraten. Die Kommission erfüllt diese Aufgaben bereits seit dem Jahre 1936.

Durch die vorgeschlagene Bestimmung soll selbstverständlich die gemäss Artikel 104 der Bundesverfassung bestehende Befugnis des Bundesrates und des Volkswirtschaftsdepartements, für besondere Geschäfte Experten beizuziehen, die der Preiskontrollkommission nicht anzugehören brauchen, nicht beeinträchtigt werden.

Artikel 17, Absatz 2 Von den Vorschriften über das Zeugnisverweigerungsrecht, die hier genannt werden, erwähnt das geltende Eecht (Art. 14, Abs. 2 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1956) nur Artikel 77 des Bundesstrafrechtspflegegesetzes. Durch die Verweisung auf die angeführten anderen Bestimmungen erfährt das Eecht zur Auskunftsverweigerung eine grosszügigere Begelung, was einer im neueren Wirtschaftsverwaltungsrecht des Bundes zutage tretenden Tendenz entspricht.

Artikel 18 Der Wortlaut des Artikels über die Schweigepflicht wurde dem Artikel 24 des Bundesgesetzes vom SO. September 1955 (AS 1956, 85) über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge nachgebildet. Der in Artikel 14, Absatz 3 des geltenden Bundesbeschlusses vom 28. September 1956 enthaltene Hinweis auf Artikel 320 des Schweizerischen Strafgesetzbuches wurde nicht übernommen, da letztere Bestimmung ohnehin anwendbar ist.

Artikel.20, Absatz 3 Die für die Durchführung des Preisausgleichs für Milch- und Milchprodukte und die Behandlung von Gesuchen um Erhöhung der Preise und Margen erforderlichen Abklärungen sollen normalerweise wie bis anhin gebührenfrei vorgenommen werden. Artikel 20, Absatz 3 wird es immerhin gestatten, unnötige Kosten jenen aufzuerlegen, die sie verursacht haben.

Artikel 23, Absatz l Diese Bestimmungen regeln den sog. Verfall unrechtmässiger Vermögensvorteile, dem unter der Bezeichnung «Abschöpfung widerrechtlicher

725 Gewinne» im Kahmen des Kriegswirtschaftsrechts eine beträchtliche Bedeutung zukam (vgl.Art.10, Abs. l des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 über das kriegswirtschaftliche Strafrecht und die kriegswirtschaftliche Strafrechtspflege, B S 10, 850). In der Folge fiel wegen der Ausgestaltung der Übergangsbestimmungen (Art. 3) des Verfassungszusatzes vom 26. September 1952 über die befristete Weiterführung einer beschränkten Preiskontrolle (AS 1952, 1055) für die nach dem 31. Dezember 1952 begangenen Widerhandlungen die Möglichkeit der Abschöpfung dahin. Seither hat nun aber das Institut des Verfalls unrechtmässiger Vermögensvorteile in mehreren, das Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts beschlagenden Bundeserlassen Aufnahme gefunden. Wir verweisen auf folgende Bestimmungen: Artikel 43, Absatz 2 des Milchbeschlusses vom 29. September 1953/27. Juni 1957 (AS 1953, 1109; 1957, 571); Artikel 28 des Bundesgesetzes vom 30. September 1955 über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge (AS 1956, 85); Artikel 54 des Getreidegesetzes vom 20.März 1959 (AS 1959, 995).

Das Eechtsinstitut des Verfalls unrechtmässiger Vermögensvorteile ist, wie wir bereits in unserer Botschaft vom 16. Juni 1958 betreffend die Brotgetreideversorgung des Landes (BB11958, II, 210) ausgeführt haben, nicht zu entbehren, weil es erst eigentlich die Widerhandlung unrentabel macht und das Strafgesetzbuch keine entsprechende Bestimmung enthält; in Artikel 59, Absatz l des Strafgesetzbuches ist nur der Verfall von Geschenken und anderen Zuwendungen vorgesehen, die dazu bestimmt waren, eine strafbare Handlung zu veranlassen oder zu belohnen. Bei der Festsetzung der Busse kann zwar der Eichter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 74 IV 148) bei der Abwägung des Verschuldens und der Würdigung der Verhältnisse des Täters auch dem erlangten Vermögensvorteil Bechnung tragen, doch gehört es nicht zum Zweck der Busse, die eine Strafe darstellt, die Bereicherung abzuschöpfen und die Tat nachträglich unwirtschaftlich zu machen. Der Verfall unrechtmässig erworbener Vermögensvorteile entspricht einem Gebot der Gerechtigkeit, das unabhängig vom Strafanspruch des Staates verwirklicht werden muss. Häufig gelangen übrigens auch, insbesondere auf Grund rechtswidriger Handlungen Dritter, Personen in den Besitz eines unrechtmässigen Vermögensvorteils,
die kein strafbares Verschulden trifft.

Nach dem Entwurf kann der Eichter auch verfügen, dass der. unrechtmässige Vermögensvorteil ganz oder teilweise dem Geschädigten herauszugeben ist. Um dieses Eesultat zu erzielen, braucht der Geschädigte keinen eigentlichen Adhäsionsprozess zu führen. Ein solcher ist in vielen Kantonen im Bahmen des für die Beurteilung von Übertretungen bestimmten Verfahrens überhaupt nicht möglich. Der Eichter soll von Amtes wegen die Herausgabe an den Geschädigten verfügen können. Liegt ein Gesuch desselben oder ein bezüglicher Antrag der Strafverfolgungsbehörde vor, so hat sich das Urteil damit auseinanderzusetzen.

Der Entwurf überlässt es dem Ermessen des Eichters, unter welchen Voraussetzungen die gänzliche oder teilweise Herausgabe des unrechtmässigen Ver-

726 mögensvorteils an den Geschädigten zu verfügen ist. Der Richter ist also nicht an die Bestimmungen des Obligationenrechts über die ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 62-67) gebunden, deren Anwendung im Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern bei der gegenwärtigen Lage auf dem Wohnungsmarkt gelegentlich unbefriedigende Ergebnisse zeitigt. Der Schweizerische Mieterverband regt an, der Rückerstattungsanspruch des durch einen widerrechtlichen Aufschlag geschädigten Mieters sei durch eine besondere, also den allgemeinen Rechtssätzen über die ungerechtfertigte Bereicherung vorgehende Bestimmung zu ordnen. Wir glauben aber nicht, dass eine solche materielle Änderung des Zivilrechts innert der zur Verfügung stehenden knappen Zeit ausgearbeitet und in Kraft gesetzt werden könnte.

VI. Schlussîolgerungen Durch die Annahme des neuen Verfassungszusatzes hat der Souverän den Willen bekundet, dass die Rückbildung der nichtständigen Preiskontrollmassnahmen nunmehr zwar mit Entschiedenheit, aber doch so vorsichtig und schonend wie möglich in die Wege zu leiten ist, dass wirtschaftliche Störungen vermieden werden. Insbesondere sollen die Mieter und Konsumenten nicht dem Zwang untragbarer Belastungen ausgesetzt werden, zu denen eine abrupte Umstellung führen müsste. Vielmehr soll es ihnen ermöglicht werden, sich allmählich wieder auf die Gegebenheiten des freien Marktes einzustellen. Die Bestimmungen unserer Vorlage gestatten ein Vorgehen in diesem Sinne. Wir beantragen Ihnen daher die Annahme des beiliegenden Entwurfs zu einem Bundesbeschluss über Mietzinse für Immobilien und die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 23.August 1960.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre Der Bundeskanzler : Ch. Oser

727 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

Mietzinse für Immobilien und die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf den Verfassungszusatz vom 24. März 1960 über die Weiterführung befristeter Preiskontrollmassnahmen, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 23. August 1960, beschliesst: I. Mietzinse und nichtlandwirtschaftliche Fachtzinse Art. l 1 Die Mietzinse für Immobilien und für zusammen mit solchen vermietete Mobilien unterliegen im Rahmen der nachstehenden Bestimmungen der Kontrolle oder Überwachung.

2 Als Mietzinse im Sinne dieses Beschlusses gelten auch die nichtlandwirtschaftlichen Pachtzinse.

Art. 2 Von der Mietzinskontrolle sind ausgenommen: a. die bis zum 31.Dezember 1960 freigegebenen Mietzinse; b. die Mietzinse für möblierte Einzelzimmer, jedoch nicht solcher in Häusern oder Wohnungen, die ganz oder zum überwiegenden Teil einzelzimmerweise vermietet werden ; c. die seit dem 31. Dezember 1960 durch Anbau, Ausbau, insbesondere von Dachstöcken und Kellern, und Aufstockung neu entstandenen Objekte.

2 Die Mietzinsfestsetzung für die seit 1942 subventionierten Wohnungen bedarf der Bewilligung durch die Subventionsbehörden.

1

Geltungsbereich, Grundsatz

Ausnahmen

728 Art. 3 Bewilligungspüicht

1

Mietzinserhöhungen sind bewilligungspflichtig.

Der Bewilligungspflicht unterstehen auch die Mietzinse für Objekte, die am 31. August 1939 nicht oder in anderer Zusammensetzung oder zu anderer Zweckbestimmung vermietet waren und für welche die behördliche Festsetzung eines höchstzulässigen Mietzinses noch nicht oder im Hinblick auf eine andere Zweckbestimmung erfolgt ist.

3 Zuständig zur Erteilung von Bewilligungen sind die von den Kantonsregierungen bezeichneten Amtsstellen.

2

Art. 4 Bewilligungen

Generelle Lockerungen

1

Durch besondere Bewilligungen werden Mietzinse festgesetzt, wenn : a. der Vermieter gegenüber dem Mieter mehr leistet, indem er z.B.

wertvermehrende Verbesserungen vornimmt oder zusätzliche Nebenleistungen erbringt ; fe. Gebühren für kommunale Leistungen neu eingeführt oder erhöht werden ; c. der Vermieter das Mietobjekt vergrössert; Artikel 2, Absatz l, Buchstabe c bleibt vorbehalten ; d. ein Objekt vermietet wird, das am 31. August 1939 nicht oder in anderer Zusammensetzung oder zu anderer Zweckbestimmung vermietet war und für welches die behördliche Festsetzung des Mietzinses noch nicht oder im Hinblick auf eine andere Zweckbestimmung erfolgt ist ; e. im Einzelfall der am 31. Dezember 1960 zulässige Mietzins nach Massgabe des Alters, des Gebrauchswertes und der Zweckbestimmung des Objektes infolge besonderer Umstände niedriger ist als die quartierüblichen Mietzinse.

2 In den Fällen von Absatz l, Buchstaben a und b ist dem Vermieter ein den zu berücksichtigenden Kosten entsprechender Mietzinszuschlag zu bewilligen.

3 In den Fällen von Absatz l, Buchstaben c, d und e ist der Mietzins unter Berücksichtigung des Alters, des Gebrauchswertes und der Zweckbestimmung nach Massgabe der quartierüblichen Mietzinse festzusetzen.

4 Bei Geschäftsräumen sind vor allem der Charakter des Betriebes und die in der betreffenden Branche gemachten Erfahrungen bezüglich des wirtschaftlich tragbaren Verhältnisses zwischen dem realisierbaren Umsatz und dem Mietzins zu berücksichtigen.

Art. 5 Die Mietzinskontrolle ist zur Erreichung eines freien selbsttragenden Wohnungsmarktes schrittweise zu lockern. Zu diesem Zwecke hat der 1

729 Bundesrat, soweit dies ohne wirtschaftliche Störungen und soziale Härten möglich ist, generelle Mietzinserhöhungen zu bewilligen, welche eine schrittweise Anpassung an die der Überwachung unterstehenden und eine Annäherung an die freien Mietzinse gestatten.

2 Unter den gleichen Voraussetzungen kann der Bundesrat : a. einzelne Kategorien von Mietobjekten freigeben; b. die Kontrolle regional oder örtlich aufheben ; c. auf Antrag der Kantonsregierungen die Mietzinskontrolle unter Berücksichtigung der regionalen Verhältnisse durch eine Mietzinsüberwachung im Sinne der Artikel 7-12 ersetzen.

Art. 6 Um die Anpassung der Lockerung an die Bedürfnisse der einzelnen Kantone zu erleichtern, kann der Bundesrat bei der Durchführung von Lockerungsmassnahïnen ihm zustehende Befugnisse den Kantonsregierungen übertragen.

2 Den für Lockerungen gemäss Artikel 5, Absatz 2 gesetzten Schranken ist Eechnung zu tragen.

1

Delegation

u. Besondere Vorschriften über die Mietzinsüberwachung

Art. 7 Die Mietzinsüberwachung soll grundsätzlich die freie Mietzinsbildung ermöglichen, dem Mieter jedoch Gewähr gegen ein unangemessenes Ansteigen des Mietzinses und gegen ungerechtfertigte Kündigungen bieten.

2 Der Vermieter darf den Mietzins, unter dem Vorbehalt der nachstehenden Vorschriften und der Ausführungsbestimmungen, ohne behördliche Bewilligung erhöhen. ' 3 Mietzinserhöhungen sind, soweit es sich nicht um geringfügige Aufschläge handelt, auf die Geltungsdauer dieses Beschlusses zu verteilen.

1

Art. 8 Übersteigt der vom Vermieter angestrebte Mietzins den am Tage der Einführung der Mietzinsüberwachung zulässigen Stand um mehr als 5 Prozent, so kann der Mieter bei der von der Kantonsregierung zu bezeichnenden Stelle gegen die Erhöhung Einsprache erheben.

2 Zur Einsprache ist der Mieter auch bei einer geringeren Erhöhung berechtigt, wenn der Unterhalt der Mietsache vom Vermieter offensichtlich vernachlässigt wird oder dem Mieter überlassen bleibt.

3 Durch die Einsprache wird eine vom Vermieter vorgenommene Kündigung des Mietvertrages sistiert. Der Vermieter kann jedoch bei der Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. II.

52 1

Mietzinserhöhungen

Einsprache

780

gemäss den Ausführungsbestimnmngen zu Artikel 18, Absatz 2 zuständigen Behörde das Verfahren zur Abklärung der Berechtigung der Kündigung einleiten.

4 Im Falle eines Mieterwechsels kommen dem neuen Mieter die gleichen Einspracherechte wie dem vorangehenden Mieter zu.

Art. 9 Einigiingsversuch und Mietzinsfestsetzung

Meldepflicht

Senkung von Amtes wegen

Ausfülirungsbestimmungen

1

Bei der Behandlung von Einsprachen ist zuerst eine Einigung zwischen den Parteien anzustreben.

2 Kommt eine Einigung nicht zustande, so ist der zulässige Mietzins durch die angerufene Stelle (Art. 8, Abs.l) festzusetzen.

3 Soweit keine besonderen Gründe vorliegen, darf der Aufschlag für das einzelne Jahr höchstens 8-5 Prozent ausmachen.

Art. 10 Vertragsänderungen, die sich für den Mieter direkt oder indirekt als Mietzinserhöhung auswirken, sind durch den Vermieter der von der Kantonsregierung bezeichneten Amtsstelle zu melden.

2 Zu melden sind auch Mietzinse für Objekte, die seit dem 81. Dezember 1960 erstmals oder in anderer Zusammensetzung oder zu anderer Zweckbestimmung zur Vermietung gelangen.

1

Art. 11 Offensichtlich übersetzte Mietzinse können von den von den Kantonsregierungen bezeichneten Amtsstellen auch von Amtes wegen gesenkt werden.

Art. 12 Im übrigen erfolgt die Ausgestaltung der Mietzinsüberwachung, insbesondere die Regelung der Staffelung von Mietzinserhöhungen, des Einspracherechts des Mieters, der Meldepflicht des Vermieters und der Mietzinsbemessung im Sinne von Artikel 9 und 11 durch die Ausführungsbestimmungen.

lu. Die Beschränkung des Kündigungsrechts

Zuständigkeit dea Bundesrates und der Kantonsregierungen

Art. 18 Für Gebiete und Kategorien von Mietobjekten, welche der Mietzinskontrolle unterstellt bleiben, wird der Bundesrat Vorschriften über die Beschränkung des Kündigungsrechts erlassen. Dieselben können von den Kantonsregierungen für das ganze Kantonsgebiet oder für bestimmte Gemeinden anwendbar erklärt werden.

1

731 2

Für die Gebiete und die Kategorien von Mietobjekten, für welche die Mietzinskontrolle durch die Mietzinsüberwachung ersetzt wird, erlässt der Bundesrat Vorschriften, welche Schutz gegen ungerechtfertigte Kündigungen bieten.

IV. Die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte

Art. 14 Die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte trägt nach Möglichkeit zur Tiefhaltung des Milchpreises für die Konsumenten in Mangelgebieten und Konsumzentren bei ; dabei ist auf eine wirtschaf tlich zweckmässige MilchVersorgung zu achten.

2 Die Preisausgleichskasse kann höchstens die bisherigen Zuschüsse an die Beschaffungs-, Sammel-, Transport- und Verteilungskosten für Konsummilch leisten; der Abbau der Zuschüsse ist anzustreben.

3 Die Preisausgleichskasse ist ohne Zuschüsse aus allgemeinen Bundesmitteln selbsttragend zu gestalten. Zur Finanzierung dienen während der Gültigkeitsdauer dieses Beschlusses in Abweichung von Artikel 26 des Landwirtschaftsgesetzes (AS 1953,1078), soweit nötig, die Erträgnisse der Abgaben auf Konsummilch (Krisenabgabe) und Konsumrahm und des Zollzuschlages auf Butter.

4 Die Erhöhung der Preise und Margen für Konsummilch ist bewilligungspflichtig.

Art. 15 1 Zu Unrecht bezogene Zuschüsse und Beiträge aus der Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte sind, unabhängig von der Anwendung der Strafbestimmungen, zurückzuerstatten.

2 Die Eückerstattung kann insoweit nicht gefordert werden, als der Empfänger nachweisbar zur Zeit der Eückforderung nicht mehr bereichert ist, es sei denn: a. er habe zur Erlangung des Beitrages vorsätzlich oder fahrlässig unwahre, irreführende oder unvollständige Angaben gemacht, b. er habe ihm auferlegte Bedingungen schuldhaft nicht erfüllt, oder c. er habe sich der Bereicherung entäussert, obwohl er mit der Eückforderung rechnen musste.

8 Die Eidgenössische Preiskontrollstelle hat Ansprüche auf Eückerstattung geltend zu machen und nötigenfalls mit der verwaltungsrechtlichen Klage nach Artikel 110 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943x) über die Organisation der Bundesrechtspflege durchzusetzen.

4 Ansprüche des Bundes auf Eückerstattung verjähren mit Ablauf von 5 Jahren, nachdem die Eidgenössische Preiskontrollstelle vom Eechtsgrund des Anspruchs Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch innert 10 Jahren seit dem Entstehen des Anspruchs.

1

!) ES 3, 531 ; AS 1959, 902.

Preisausgleich, Preise und Margen

Zu Unrecht bezogene Beiträge

732

V. Allgemeine Bestimmungen Begutachtende Kommission

Auskunftspflicht

Schwelgepflicht

Art. 16 Mit der Begutachtung von Mietzins- und Preisfragen allgemeiner Natur betraut der Bundesrat die Eidgenössische Preiskontrollkommission.

Art. 17 1 Jedermann ist verpflichtet, den mit dem Vollzug betrauten Behörden über Tatsachen, welche für die Mietzinskontrolle, die Mietzinsüberwachung, die Beschränkung des Kündigungsrechts und die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte von Bedeutung sein können, wahrheitsgetreu Auskunft zu erteilen, Belege vorzulegen, in Bücher und Korrespondenzen Einsicht zu gewähren und Zutritt zu den Wohn-, Geschäfts- und Lagerräumen zu gestatten.

2 Diese Pflicht entfällt für Personen, bei denen überprüft wird, ob sie die Vorschriften innehalten, und für Dritte, wenn sie nach Artikel 75 und 77 bis 79 des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1984 *) über die Bundesstrafrechtspflege die Aussage verweigern könnten, sowie wenn nach Artikel 47 des Bundesgesetzes vom S.November 19342) über die Banken und Sparkassen eine Pflicht zur Geheimhaltung besteht.

Art. 18 Alle mit dem Vollzug der Vorschriften über die Mietzinskontrolle, die Mietzinsüberwachung, die Beschränkung des Kündigungsrechts und die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte betrauten Stellen und Personen sind verpflichtet, über die gemachten Peststellungen und Wahrnehmungen das Amtsgeheimnis zu wahren. Sie dürfen nur den vom Bundesrat bezeichneten Stellen Auskunft geben.

Art. 19

Entscheide

und

Rechtsmittel

1

Die in Anwendung dieses Beschlusses ergehenden Entscheide sind schriftlich zu eröffnen und mit einer Begründung und Bechtsmittelbelehrung zu versehen.

2 Gegen kantonale Entscheide gemäss Artikel 4, 9 und 11 können die betroffenen Vermieter und Mieter innert 30 Tagen seit der Eröffnung bei der Eidgenössischen Preiskontrollstelle schriftlich Beschwerde führen.

3 Beschwerdeentscheide der Eidgenössischen Preiskontrollstelle können innert 30 Tagen an die Eidgenössische Mietzinsrekurskommission weitergezogen werden. Sie'entscheidet endgültig.

4 Mit der Besehwerde an die ßekursinstanzen kann geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid beruhe auf einer Verletzung von !)

BS 3, 303.

2 ) BS 10, 337.

733

Bundesrecht oder auf einer unrichtigen oder unvollständigen Peststellung des Sachverhalts.

8 Der Bundesrat erlässt die nötigen Vorschriften über die Organisation und das Verfahren der Eidgenössischen Mietzinsrekurskommission; Mitglieder und Ersatzmänner dürfen der Bundesverwaltung nicht angehören.

Art. 20 Die den zuständigen kantonalen Instanzen durch die Anwendung der Vorschriften über die Mietzinskontrolle, die Mietzinsüberwachung und die Beschränkung des Kündigungsrechts erwachsenden Kosten können durch Gebühren gedeckt werden. Die rechtskräftigen Entscheide hierüber sind den vollstreckbaren kantonalen Gerichtsurteilen gleichgestellt.

2 Auf das Beschwerdeverfahren vor der Preiskontrollstelle und der Mietzinsrekurskommission findet Artikel 158 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1948 über die Organisation der Bundesrechtspflege sinngemäss Anwendung.

3 Für besondere amtliche Verrichtungen gemäss Artikel 14 können Gebühren erhoben werden.

1

Gebühren

VI. Straf- und Verfahrensbestimmungen

Art. 21 Wer vorsätzlich oder fahrlässig den Bestimmungen dieses Beschlusses oder den Ausführungsbestimmungen widerh'andelt, wird mit Busse bestraft.

2 Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar. Die Strafverfolgung verjährt in 5 Jahren.

' 3 Die Strafverfolgung auf Grund der besonderen Bestimmungen des Strafgesetzbuches bleibt vorbehalten.

4 Der Richter kann die Eintragung der Busse in die Strafregister anordnen, wenn die Schwere der Widerhandlung es rechtfertigt.

1

Art. 22 Werden Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person, einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft oder einer Einzelfirma begangen, so finden die Strafbestimmungen auf die Personen Anwendung, die für sie gehandelt haben oder hatten handeln sollen.

2 Die juristische Person, die Gesellschaft oder der Inhaber der Einzelfirma haften solidarisch für Busse und Kosten, sofern die verantwortliche Geschäftsleitung nicht nachweist, dass sie alle erforderliche Sorgfalt angewendet hat, um die Einhaltung der Vorschriften durch die in Absatz l genannten Personen zu bewirken.

1

Widerhandlungen

Geschäftsbetriebe

784 8

In entsprechender Weise haften die Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Eechts bei Widerhandlungen in ihren Betrieben und Verwaltungen.

Art. 23 Unrechtmassige Vermögensvorteile

1

Hat der Beschuldigte, der Dritte, in dessen Geschäftsbetrieb die Widerhandlung begangen wurde, oder deren Eechtsnachfolger durch eine Widerhandlung einen unrechtmässigen Vermögensvorteil erlangt, so kann ihn der Eichter, ohne Eücksicht auf die Strafbarkeit, zur Bezahlung eines dem Vorteil entsprechenden Betrages an den Kanton verpflichten. Der Eichter kann auch verfügen, dass dieser Vermögensvorteil ganz oder teilweise dem Geschädigten herauszugeben ist.

2 Ist die Strafverfolgungsverjährung gemäss Artikel 21, Absatz 2 eingetreten, so kann die Bezahlung eines dem unrechtmässigen Vermögensvorteil entsprechenden Betrages an den Kanton oder die Herausgabe an den Geschädigten nicht mehr verfügt werden.

Art. 24 Strafverfolgung

1

Die Strafverfolgung obliegt den Kantonen.

Die gemäss Artikel 22 mitverantwortlichen Personen und die in Artikel 28, Absatz l genannten Dritten und Eechtsnachfolger haben im Verfahren die gleichen Parteirechte wie die Beschuldigten.

3 Sämtliche Urteile, Strafbescheide und Einstellungsbeschlüsse sind sofort nach ihrem Erlass in vollständiger Ausfertigung der Bundesanwaltschaft zuhanden des Bundosrates mitzuteilen.

2

VII. DurcMührungs- und Schlussbestimmungen Bisheriges Recht

Durchführung

Art. 25 Für die Gebiete und die Kategorien von Mietobjekten, welche der Mietzinskontrolle unterstehen, bleiben die auf dem bisherigen Recht beruhenden besonderen Verfügungen, die Verfügung der Eidgenössischen Preiskontrollstelle vom 80. August 1950 *) über Mietzinse für Immobilien und dieBundesratsbeschlüsse vom l. Juni 19542) und 26. November 1957 3) über Mietzinse für Immobilien in Kraft.

2 Die von den Kantonen gestützt auf das bisherige Eecht erlassenen Ausführungsvorschriften bleiben bis zu ihrer Änderung oder Aufhebung in Kraft.

Art. 26 1 Der Bundesrat erlässt die erforderlichen Ausführungsbestimmungen.

1

!)

AS 1950, 803.

2 ) AS 1954, 625.

a ) AS 1957, 966.

735 2

Die Kantone und die zuständigen Organisationen der Wirtschaft können beim Vollzug zur Mitwirkung herangezogen werden.

3 Der Bundesrat kann einzelne ihm nach Artikel 14 in Verbindung mit Absatz l hiervor zukommende Befugnisse dem Volkswirtschaftsdepartement oder der Preiskontrollstelle übertragen.

Art. 27 Die Geltungsdauer des Bundesbeschlusses vom 20. März 1953 *) über den Aufschub von Umzugsterminen wird bis zum 81. Dezember 1964 erstreckt. Der Bundesrat wird ermächtigt, den Bundesbeschluss vorher ausser Kraft zu setzen.

Art. 28 Der Bundesrat wird beauftragt, gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Januar 1874 betreffend Volksabstimmungen über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranlassen.

2 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses.

3 Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

1

!) AS 1953,149.

5229

Aufschub von Vmzugsterminen

Inkraftsetzung und Vollzug

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zu einem Bundesbeschluss über Mietzinse für Immobilien und die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte (Vom 23. August 1960)

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Jahr

1960

Année Anno Band

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35

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8063

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.09.1960

Date Data Seite

697-735

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