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Bundesblatt

112. Jahrgang

Bern, den 14. Januar 1960

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Ericheint wöchentlich. Preis 3O Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrüclcungsgebühr; 50 Happen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Bundesrates an die Bundesversammlung über die 42. und 43. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz und Botschaft betreffend die Ratifikation des Übereinkommens über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (Vom 8. Januar 1960) Herr Präsident !

: Hochgeehrte Herren !

,

Gemäss den Bestimmungen der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation erstatten wir Ihnen hiermit Bericht über die 42. und 43. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz. Diesem Bericht fügen wir den Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend das Übereinkommen über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf bei.

A. Die.42. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz I. Allgemeines, Verhandlungen und Beschlüsse der Konferenz 1. Die 42.Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz fand vom 4.Ibis 26. Juni 1958 in Genf statt. Die Tagesordnung umfasste folgende Gegenstände: 1. Bericht des Generaldirektors; , .

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!· , 2. Finanz,-und Budgetfragen; : 3. Mitteilungen und Berichte über die Anwendung der Übereinkommen und Empfehlungen; , 4. Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (2.Beratung); , 5. Arbeitsbedingungen der Plantagenarbeiter, (2.Beratung) ; .· 6. Einrichtung betriebsärztlicher Dienste in den Arbeitsstätten (I.Beratung); 7. Arbeitsbedingungen der Mscher (l.Beratung) ; : 8. Arbeitszeit (allgemeine Beratung). , Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. I.

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2. Unser Land war an. dieser Sitzung durch eine Delegation vertreten, die sich aus den Herren Dr. Max Holzer, Direktor des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit, und Dr. Arnold Saxer, Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherung, als Begierungsvertreter, sowie Herrn Charles Kuntschen vom Zentralverband Schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen als Arbeitgebervertreter und Herrn Jean Möri vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund, als Arbeitnehmervertreter, zusammensetzte. Der Delegation waren technische Berater beigegeben.

Der Arbeits- und Erziehungsminister von Pakistan, Herr Basanta Kurnar Das, wurde zum Präsidenten der Konferenz gewählt. 73, von den insgesamt 79 Mitgliedstaaten der Internationalen Arbeitsorganisation haben an den Arbeiten dieser Tagung, die zusammen mit den Beobachtern gegen 900 Personen vereinigte, teilgenommen. Venezuela ist nach einem kurzen Fernbleiben wieder in die Organisation zurückgekehrt, und die Malaiische Föderation wurde zu diesem Zeitpunkt als letztes Mitglied aufgenommen. Seither hat das Internationale Arbeitsamt auch noch die Aufnahme von Guinea eingetragen, so dass sich die Zahl der Mitgliedstaaten der Organisation auf 80 erhöht hat.

3. Die Gegenstände der Tagesordnung geben unsererseits zu folgenden Bemerkungen Anlass.

Die Traktanden l, 2 und 3 bilden eine erste Gruppe, die jedes Jahr unverändert am Anfang der Tagesordnung erscheint.

Der Jahresbericht des Generaldirektors des Internationalen Arbeitsamtes war dem Thema «Die IAO und die Weltentwicklung» gewidmet. Es war zugleich der 12.Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation an die Vereinigten Nationen. Dieser Bericht befasste sich hauptsächlich mit der weitverzweigten Tätigkeit der Organisation und zeigte vor allem, auf welche Weise sie der Entwicklung der sozialen Weltlage Beatmung trug. 160 Bedner beteiligten sich an der Diskussion dieses Berichtes, worunter verschiedene Arbeitsminister sowie der Direktor des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit in seiner Eigenschaft als schweizerischer Begierungsvertreter.

Die Konferenz stimmte dem Budget der Organisation für das Jahr 1959 zu, das sich auf 8 529 857 Dollar (gegenüber 7 972 901 Dollar für das Jahr 1958) beläuft. Die Höhe des Beitrages für unser Land erfuhr eine Ermässigung von 1,47 (1958) auf 1,44 Prozent (1959) des Gesamtbudgets
der Organisation. Der Nettobeitrag ,der Schweiz für das Jahr 1959 beträgt somit 106 403 Dollar (110 742 Dollar für das Jahr 1958).

Die Zahl der seit dem Jahr 1919 von der Internationalen Arbeitskonferenz angenommenen Übereinkommen und Empfehlungen, die in der «Sammlung der internationalen Arbeitsabkommen» zusammengefasst werden, ist im Jahre 1958 auf 111 Übereinkommen und 111 Empfehlungen angewachsen.

4. Die Traktanden 4 und 5 der Tagesordnung bilden eine zweite Fragengruppe, die an der Konferenz vom Jahre 1958 in zweiter Lesung durchberaten wurde. Mit 189 gegen 24 Stimmen bei 13 Enthaltungen hat sie das Übereinkommen (Nr. 111) betreffend die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf an-

31 genommen. Eine Empfehlung (Nr. 111) mit gleichlautendem Titel, die i das Übereinkommen ergänzt, wurde mit 212 Stimmen (ohne Gegenstimme und^ bei 11 Enthaltungen) gutgeheissen. Wir werden auf diese beiden Urkunden im folgenden Abschnitt II zurückkommen. Unser Land ist an den Abkommen, die unter dem Traktandum 5 der Tagesordnung angenommen wurden., nicht interessiert, da es sich beim Übereinkommen (Nr. 110) und bei der Empfehlung (Nr. 110) um die Arbeitsbedingungen der Plantagenarbeiter handelt. Wir werden : uns deshalb nicht näher damit befassen.

Die Traktanden 6 und 7 bilden eine dritte Gruppe von Fragen, die die Konferenz einer ersten Beratung unterzogen hat. Wir werden unten im Abschnitt B auf die zweite Beratung dieser Gegenstände zurückkommen.

Traktandum 8 schliésslich, die Arbeitszeit, war Gegenstand einer allgemeinen Diskussion, in deren Verlauf eine Entschliessung angenommen wurde, die den Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes einlädt, diese Frage im Hinblick auf den Abschluss eines internationalen Abkommens auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen der Konferenz, spätestens jedoch im Jahre 1960, zu setzen. Diese Entschliessung vereinigte 100 annehmende gegen 77 ablehnende Stimmen bei 17 Enthaltungen auf sich. Die Begierungsvertreter der Schweiz haben in Übereinstimmung mit der Politik, die wir auf diesem Gebiet verfolgen, gegen diese Entschliessung gestimmt. Dehn wir vertreten die Ansicht, dass sich die Frage der Arbeitszeit nicht für die Aufstellung von internationalen Normen eignet1.

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5. Wie jedes Jahr hat die Konferenz eine Eèihe von Eesolutionen angenommen, die auf der Tagesordnung nicht vorgesehen waren und folgende Gegenstände betreffen : Aufrechterhaltung der Beschäftigung und Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, Probleme der Arbeitskraft im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung, Unterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit in der Landwirtschaft, rationelle Methoden der Betriebsführung, Ausdehnung des internationalen Handels, Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, Menschenrechte, Veröffentlichung der Arbeitsgesetze, Abkommen zugunsten der Arbeitshygiene und :der Sicherheit des Arbeitsplatzes sowie Integration der eingebo: renen Bevölkerung.

II. Übereinkommen (Nr. 111) und Empfehlung (Nr. 111) über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf

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l. Zielsetzung und Inhalt dei'Beschlüsse a. Die beiden Urkunden gehören in den Umkreis der internationalen Bestrebungen, die den grundlegenden Menschenrechten in der ganzen Welt und in allen Bereichen Eechtsgeltung verschaffen 'möchten. In seiner Präambel nimmt das Übereinkommen Bezug auf die Erklärung von Philadelphia aus dem Jahre 1944, welche die wesentlichen Ziele und Zwecke der Internationalen Arbeitsorganisation formulierte, sowie auf die allgemeine Erklärung der Menschen-

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rechte der Vereinigten Nationen von 1948. Ihrer Natur nach sind das Übereinkommen und die Empfehlung vor allem für diejenigen Länder von besonderer Bedeutung^ die grössere rassische und ethnische Minderheiten besitzen.

b. Über den Inhalt und die Tragweite des Übereinkommens sei folgendes ausgeführt: .

Tn Artikel l wird die Diskriminierung im Sinne des Übereinkommens definiert. Nach Ziffer l dieses Artikels bezieht .sich das Übereinkommen auf «jede Unterscheidung, Ausschliessung .oder Bevorzugung, die ,auf Grund der Easse, der Hautfarbe, des Geschlechts, des Glaubensbekenntnisses, der politischen Meinung, der nationalen Abstammung oder der sozialen Herkunft vorgenommen wird und die dazu führt, die Gleichheit der Gelegenheiten oder der Behandlung in Beschäftigung oder Beruf aufzuheben oder zu beeinträchtigen». Diese Umschreibung ist jedoch nicht abschliessend; vielmehr wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, den Begriff der Diskriminierung noch weiter zu fassen.

.Danach fällt ebenfalls unter das Übereinkommen «jede andere Unterscheidung.

Ausschliessung oder Bevorzugung, die dazu führt, die Gleichheit der Gelegenheiten oder der Behandlung in Beschäftigung oder Beruf aufzuheben oder zu beeinträchtigen und die von dem betreffenden Mitglied nach Anhörung der massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, und anderer geeigneter Stellen bestimmt wird».

Die Umschreibung der Diskriminierung gemäss Artikel l, Ziffer l wird in den Ziffern 2 und 3 in negativer und positiver Hinsicht ergänzt. Nicht als Diskriminierung gilt «eine Unterscheidung, Ausschliessung oder Bevorzugung hinsichtlich einer bestimmten Beschäftigung, die in den Erfordernissen dieser Beschäftigung begründet ist» (Ziffer 2). Ein Beispiel hiefür ist etwa die Beschäftigung konfessioneller Lehrkräfte an einer konfessionellen Lehranstalt. Wie weiter festgestellt wird, umfassen die Ausdrücke «Beschäftigung» und «Beruf» nicht nur die «Beschäftigungsbedingungen», sondern insbesondere auch «die Zulassung zur Berufsausbildung, zur Beschäftigung und zu den einzelnen Berufen» (Ziffer 3). Wie in den Verhandlungen ausdrücklich festgestellt wurde, soll sich das Übereinkommen nicht nur auf Arbeitsverhältnisse beziehen, an denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beteiligt sind. Vielmehr sollen auch selbständig Erwerbstätige,
die selber keine Arbeitnehmer beschäftigen, miteinbezogen werden. Ein Anwendungsfall wäre die Diskriminierung bei der Zulassung eines selbständig Erwerbstätigen zum Beruf.

Der Grundsatz des Übereinkommens, der die wesentliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten statuiert, ist in Artikel 2 enthalten. Danach haben die Mitgliedstaaten «eine innerstaatliche Politik festzulegen und zu verfolgen, die darauf abzielt, ... die Gleichheit der Gelegenheiten und der Behandlung in bezug auf Beschäftigung und Beruf zu fordern, um jegliche Diskriminierung auf diesem Gebiet auszuschalten». Wie ausdrücklich festgehalten wird, ist diese «innerstaatliche Politik» durchzuführen «mit Methoden, die den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten angepasst sind». Dieser Grundsatz wird in

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Artikel 3 konkretisiert, indem die einzelnen Arorkehren der «innerstaatlichen Politik» aufgezählt werden. Auch hier wird .ausdrücklich erklärt, dass dies1 zu erfolgen habe «mit1 Methoden, die den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten angepasst sind». Im einzelnen betreffen diese Vorkehren die Zusammenarbeit mit den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden im Interesse der Förderung dieser Politik (Buchstabe a), den Brlass von Gesetzen und die Unterstützung von Erziehungsprogrammen (Buchstabe fe), die Aufhebung und Abänderung entgegenstehender Bestimmungen und Verwaltungsgepflogenheiten (Buchstabe c), die Verfolgung einer entsprechenden Politik in den staatlich beaufsichtigten Behörden und in ;bezug auf die Tätigkeit von Berufsberatungs-, Berufsausbildungs- und Arbeitsvermittlungsstellen, die der staatlichen Aufsicht unterstehen (Buchstaben d und e). Schliesslich wird bestimmt, dass die Mitgliedstaaten über die getroffenen ;Mässnahmen und die erzielten Ergebnisse jährlich zu berichten haben (Buchstabe /).

Die Artikel 4 und 5 enthalten Ausnahmen und Vorbehalte. Gemäss Artikel 4 gelten Massnahmen zum Schütze des Staates nicht:als Diskriminierung, sofern den Betroffenen der Eechtsweg offen steht, und nach Artikel 5 werden die besonderen Schutz- oder Hilfsmassnahmeii, zum Beispiel zugunsten von Frauen, vom Übereinkommen ausgenommen. Eine Sonderstellung nehmen hierbei die Schutz- und Hilfsniassnahmen ein, die in ändern Übereinkommen oder Empfehlungen der Internationalen Arbeitskonferenz vorgesehen sind; diese Massnahmen gelten von vorneherein nicht als Diskriminierung (Ziffer 1). Anders werden die Schutz- oder Hilfsmassnahmen behandelt, die nicht in internationalen Urkunden vorgesehen sind, sondern nur vom Mitgliedstaat vorgeschrieben werden. Diese «ändern Sondermassnahmen» sollen nur dann nicht,als Diskriminierung im Sinne des Übereinkommens gelten, wenn sie, von den Mitgliedstaaten nach Anhörung,der massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände: als solche ausdrücklich bezeichnet worden sind. Ferner wird,präzisiert, dass diese Sondermassnahmen auf die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Personen abzielen müssen, «die aus Gründen des Geschlechts, des Alters, der Behinderung, der Familienpflichten oder der sozialen oder kulturellen Stellung anerkanritermassen besonders schütz-
oder hilfsbedürftig sind» (Ziffer,2).

Die Artikel, 6 bis 14 des Übereinkommens enthalten die üblichen Formalbestimmungen, die keiner weiteren Erläuterung bedürfen.

c. Die Empfehlung Nr. 111 führt die im Übereinkommen angeführten Grundsätze näher aus. Im einzelnen ist folgendes hervorzuheben: , Abschnitt I enthält die Begriffsbestimmungen, die der Umschreibung im Übereinkommen wörtlich entsprechen, während in Abschnitt II vor allem die einzelnen Vorkehren näher umschrieben werden, welche die Mitgliedstaaten zur Verhütung der Diskriminierung treffen sollten. Diese Vorkehren bewegen sich im Bahmen von Artikel 2 und 3 des Übereinkommens:(Ziffern 2-5). Hinsichtlich der Methoden, die angewandt werden können, wird in erster Linie auf gesetzgeberische Massnahmen und, Gesamtarbeitsverträge hingewiesen, wobei jedoch

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«eine beliebige andere, den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten entsprechende Weise» ebenfalls vorbehalten wird. Ziffer 6 behält die Schutzund Hilfsmassnahmen vor, jedoch in einer Formulierung, die elastischer ist als die Fassung des Übereinkommens. Die in Ziffer 7 enthaltene Ausnahme betreffend die Massnahmen zum Schutz des Staates stimmt wörtlich mit Artikel 4 des Übereinkommens überein. Von besonderem Interesse ist Ziffer 8, die den Mitgliedstaaten empfiehlt, die Bestimmungen des Übereinkommens über Wanderarbeiter (Neufassung) 1949, die sich auf die Gleichheit der Behandlung beziehen, und die Bestimmungen der zugehörigen Empfehlung (Neufassung) 1949, welche die Beseitigung von Beschränkungen der Beschäftigung betreffen, zu beachten.

Schliesslich wird in Ziffer 9 den zuständigen Stellen eine geeignete Zusammenarbeit, insbesondere mit den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, empfohlen, um gegebenenfalls weitere Massnahmen zur Verhütung der Diskriminierung treffen zu können.

Abschnitt III betrifft die Koordinierung aller Massnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung unter den zuständigen Stellen. Die Empfehlung bezieht sich, wie das Übereinkommen, lediglich auf die Bekämpfung der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf. Die hiefür verantwortlichen Stellen sollten jedoch nach der Empfehlung eng mit denjenigen Stellen zusammenarbeiten, die für die Bekämpfung der Diskriminierung auf ändern Gebieten zuständig sind, um die auf allen Gebieten getroffenen Massnahmen aufeinander abzustimmen.

2. Stellungnahme zum Übereinkommen Nr. 111 Es wäre sehr erwünscht, wenn auch die Schweiz das Übereinkommen über die Diskriminierung ratifizieren könnte, da es der Verwirklichung allgemeiner humanitärer Ziele dient, die wir grundsätzlich unterstützen. Wir hätten es freilich begrüsst, wenn sich das Übereinkommen in vermehrtem Masse auf Grundsätze beschränkt hätte, um einer möglichst grossen Zahl von Mitgliedstaaten die Batifikation zu ermöglichen. Das Übereinkommen enthält verschiedene Einzelbestimmungen, die bei der Katifikation Schwierigkeiten bereiten könnten und die auch vom schweizerischen Standpunkt aus der besonderen Prüfung, bedürfen. Es sei beigefügt, dass sich die schweizerische Eegierungsdelegation, zusammen mit ändern Begierungsdelegationen, für eine Beschränkung auf das Wesentliche eingesetzt
hat, mit ihren Anträgen jedoch nicht durchgedrungen ist.

Die im Hinblick auf eine.Eatifikation des Übereinkommens durchgeführte Prüfung, bei der die beteiligten Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer angehört worden sind, hat folgendes ergeben: a. Der Definition in Artikel l kann von der Schweiz aus grundsätzlich zugestimmt werden, namentlich auch mit Eücksicht darauf, dass in Ziffer 2 den besonderen Verhältnissen, die bei bestimmten Beschäftigungen gegeben sind und eine 'Unterscheidung, Ausschliessung oder Bevorzugung .objektiv erfordern, in

35 ausreichendem Masse Rechnung getragen 'wird. Im einzelnen ist jedoch .folgendes zu-bemerken: ·, · ;. · Wir halten es für grundsätzlich unrichtig, dass die Ausdrücke «Beschäftigung» und «Beruf», wie oben erwähnt, so weit gefasst werden sollen, dass das Übereinkommen auch selbständig Erwerbstätige erfasst, die selber keine Arbeitnehmer beschäftigen. Die Internationale Arbeitsorganisation sollte sich grundsätzlich nicht mit selbständig Erwerbstätigen befassen, da ihre Struktur nicht auf diese besonderen Probleme zugeschnitten ist. Die Anträge, die,die schweizerische Eegierungsdelegation zusammen mit ändern Begierungsdelegationen gestellt hat, sind jedoch abgelehnt worden. Anderseits glauben wir, dass im vorliegenden Fall keine Schwierigkeiten zu befürchten sind. Die praktische Auswirkung der weiten Passung der Ausdrücke «Beschäftigung» und «Beruf» bestünde darin, dass der Staat bei allfälligen Vorschriften über die Zulassung zu einer bestimmten Beschäftigung und zu einem bestimmten: Beruf keine diskriminierenden Massnahmen treffen dürfte und dass auch sonst im Sinne des Übereinkommens in der vorgesehenen Weise eingewirkt werden sollte. Dem Grundsatz, dass selbständig Erwerbstätige zur Berufsausbildung, zur Beschäftigung und zu den einzelnen Berufen zugelassen werden sollten, ohne Diskriminierung auf Grund der Easse, der Hautfarbe, des Geschlechts, des Glaubensbekenntnisses, der politischen Meinung, der nationalen Abstammung oder der sozialen Herkunft, kann unser Land selbstverständlich in vollem Umfang beipflichten. Wir glauben deshalb, dass die Begriffsbestimmung in Artikel l einer Eatifikation nicht entgegensteht.

Es sei hervorgehoben, dass Unterscheidungen, die mit Eücksicht atif die Staatsangehörigkeit gemacht werden, nicht als Diskriminierung gelten und vom Übereinkommen nicht berührt werden. Lediglich Unterscheidungen, die auf Grund der «nationalen Abstammung» unter den Staatsangehörigen des ratifizierten Staates gemacht werden, stellen eine Diskriminierung im Sinne des Übereinkommens dar.

Ferner ist zu beachten, dass die Definition von Artikel l ausdrücklich die Unterscheidung. Ausschliessung oder Bevorzugung auf Grund des Geschlechts anführt.1 Die mit Eücksicht auf das Geschlecht vorgenommene unterschiedliche Entlöhnung von Mann und Frau für die gleiche Beschäftigung stellt demnach eine
Diskriminierung im .Sinne des Übereinkommens dar. Die Eatifikation des Übereinkommens Nr. 111 bedingt, dass gleichzeitig der Grundsatz der gleichen Entlöhnung von Mann und Frau für gleichwertige Arbeit anerkannt wird. Im Hinblick auf die Eatifikation des vorliegenden Übereinkommens ist demnach, auch das Übereinkommen (Nr. 100) betreffend die Gleichheit des Entgelts in bezug auf seine Übereinstimmung mit der schweizerischen 'Gesetzgebung und Praxis zu untersuchen. Die Eatifikation dieses Übereinkommens wird auf Grund des Postulates, Leuenberger, wie unten angeführt^ in diesem Bericht neuerdings erörtert.'Wie unten in Abschnitt III ausgeführt wird, kann davon ausgegangen werden, dass der Grundsatz des Übereinkommens über die Gleichheit bei uns anerkannt ist. Dies! entspricht dem bei uns ebenfalls anerkannten allgemeinen

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Grundsatz, dass das Geschlecht nicht Anlass zur Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf geben soll/Es sind andere, der Eatifikation des Übereinkommens über die Diskriminierung nicht entgegenstehende Gründe, die uns veranlassen, Ihnen im vorliegenden Bericht nach neuerlicher Prüfung wiederum zu empfehlen, von einer Eatifikation des Übereinkommens über die Gleichheit des Entgelts abzusehen. Obwohl dieses Übereinkommen nicht ratifiziert werden soll, halten wir dafür, dass die Anführung des Geschlechts unter den Gründen der Diskriminierung in Artikel l des Übereinkommens über die Diskriminierung kein Hindernis für die Eatifikation dieses Übereinkommens bildet (vgl. dazu auch Buchstabe o unten).

b. In bezug auf Artikel 2 stellt sich die Frage, was unter einer «innerstaatlichen Politik» zu verstehen sei, die jeder Mitgliedstaat ausdrücklich festlegen und verfolgen soll. Diese Formulierung ist in erster Linie auf solche Staaten zugeschnitten, die rassische und ethnische Minderheiten in sich schliessen und für die es deshalb wichtig ist, dass die Politik der Nichtdiskriminierung offiziell deklariert wird. Für die Schweiz ist jedoch dieser Grundsatz selbstverständlich, weshalb es genügt, wenn ohne besondere offizielle Deklaration wie bisher darauf Bedacht genommen wird, dass Diskriminierungen verhütet werden.

Von besonderer Bedeutung ist ini übrigen für unser Land, dass für die Durchführung der innerstaatlichen Politik auf diejenigen Methoden abgestellt wird, die den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten angepasst sind.

c. Zu den einzelnen Vorkehren, die in Artikel 3 den Mitgliedstaaten überbunden werden, ist folgendes auszuführen: Zu der gemäss Artikel 3, Buchstabe a anzustrebenden Zusammenarbeit mit den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden und ändern geeigneten Stellen ist zu bemerken, dass auch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände eine Politik der Nichtdiskriminierung verfolgen. Sollten sich Fälle der Diskriminierung ergeben, so wäre im Sinne des Übereinkommens mit den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden die Verbindung aufzunehmen. Der Erlass von Gesetzen und von Erziehungsprogrammen, wie dies unter Buchstabe b vorgesehen ist, erübrigt sich mit Bücksicht auf die in unserem Land gegebenen Verhältnisse.

Dasselbe gilt für Artikel 3, Buchstabe c, wonach gegebenenfalls gesetzliche
Bestimmungen aufzuheben sind. Immerhin könnte man geltend machen, der unser Privatrecht beherrschende Grundsatz der Vertragsfreiheit erlaube es den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, im Eahmen der privatrechtlichen Vorschriften Diskriminierungen im Sinne des Übereinkommens vorzunehmen. Allfälligen Auslegungsschwierigkeiten hätte man durch eine geeignetere Formulierung dieser Bestimmung entgegenwirken können; doch sind entsprechende Anträge abgelehnt worden. Die Ablehnung solcher Anträge ist jedoch nicht dahin zu interpretieren, dass der privatrechtliche Grundsatz der .Vertragsfreiheit einer Politik der Nichtdiskriminierung entgegenstehe. Artikel 3, Buchstabe c kann vernünftigerweise nur solche gesetzlichen Bestimmungen meinen, die Diskrimi-

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nierungen vorsehen oder fördern. Dies kann aber vom klassischen auf einer langen Eechtstradition fassenden Privatrecht nicht gesagt werden.

ferner kann man sich,fragen, ob Artikel 55, Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1927 über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten diskriminierenden Charakter habe. Nach dieser Bestimmung kann bei weiblichen B.eamten neben den für alle Beamten geltenden Gründen auch die Verehelichung als wichtiger Grund gelten, der eine Auflösung des Dienstverhältnisses gestattet. Die Erfahrung zeigt, dass weibliche Arbeitskräfte durch, die Beanspruchung als Hausfrau und Mutter häufig gehindert werden, ihre ganze Kraft ,dem Dienst zu widmen. Deshalb haben verheiratete weibliche Beamte in aller Regel auc^nicnt die Absicht, ihre Stelle auf unbestimmte Zeit beizubehalten. Bei,diesen Voraussetzungen und angesichts, der sozialen Stellung der Frau in unserem Lande braucht die bestehende beamtenrechtliche Regelung nicht als diskriminierend angesehen zu werden. Die angeführte Gesetzesbestimmung wird im übrigen, weil fakultativ, auch gar nicht in diesem Sinne zuungunsten der Frau gehandhabt.

Wir halten aus diesen Gründen dafür, sie stehe einer Ratifikation des Übereinkommens nicht entgegen.

Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass nach der Ratifikation des Übereinkommens keine Gesamtarbeitsverträge allgemein verbindlich erklärt werden könnten, die diskriminierende Bestimmungen enthalten.

, Dass die Politik der Nichtdiskriminierung in bezug auf die Beschäftigungen zu befolgen sei, die der unmittelbaren Aufsicht einer staatlichen Behörde unterstehen (Buchstabe d) und in bezug auf die Tätigkeit von Beruf sberatungs-, Berufsausbildungs- und Arbeitsvermittlungsstellen, die staatlich beaufsichtigt werden (Buchstabe e), entspricht auch .der schweizerischen Auffassung und Praxis. Die unter Buchstabe / vorgesehene Berichterstattung gibt zu Bemerkungen nicht Anlass.

Aus den angeführten Gründen sind die in Artikel 3 vorgesehenen Vorkehren mit unserer, Gesetzgebung und Praxis im Einklang, weshalb auch sie einer Eatifikation nicht entgegenstehen, .

, i , d. Dis Ausnahmen in A r t i k e l 4 und Artikel 5 sind auch vom schweizerischen Standpunkt aus begründet. Dabei ist zu beachten, dass die Sondermassnahmen unserer Gesetzgebung, die nicht in internationalen Übereinkommen und Empfehlungen
enthalten sind, gemäss Artikel 5, Absatz 2 nach Anhörung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände besonders bezeichnet werden müssen. Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit hat sich mit den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden in Verbindung gesetzt und die in Betracht fallenden gesetzlichen.Bestimmungen einzeln festgehalten. Es handelt sich dabei ausschließlich um Unterscheidungen, die auf,Grund des Geschlechts vorgenommen worden sind, d.h. um Schutzbestirnmungen zugunsten der Arbeit. nehmerinnen.

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Es sind dies die folgenden Bestimmungen: - Verbot der Sonntagsarbeit für Frauen gemäss Artikel 65 des Fabrikgesetzes (FG) und Artikel 162, Absatz -2, Buchstabe /, Artikel 168, Absatz 2, Buchstabe / und Verbot von Hilfsarbeit an Sonntagen Artikel 180, Buchstabe fe der zugehörigen VollziehungsVerordnung (VF G) ; - Überzeitbeschränkung für Frauen auf jährlich 140 Stunden gemäss Artikel 67 FG; - Verbot bestimmter Arbeiten für Frauen gemäss Artikel 183 VF G sowie Artikel 6 der Verordnung vom 11. Januar 1944 betreffend unzulässige Arbeit für jagendliche und weibliche Personen in den Gewerben; - Sonderschutz für Frauen, die ein Hauswesen besorgen, gemäss Artikel 68 F G, Artikel 184 VFG und Artikel 19, Absatz 2 der Verordnung vom 12. August 1921 zum Bundesgesetz betreffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Verkehrsanstalten.

Es erübrigt sich, in bezug auf Unterscheidungen aus ändern in Artikel 5, Absatz 2 angeführten Gründen (Alter, Behinderung, soziale oder kulturelle Stellung) eigens zu erklären, dass sie nicht unter den Begriff der Diskriminierung fallen. Denn nach der Definition des Übereinkommens handelt es sich um keine Diskriminierung, und wir haben keinen Anlass, vom schweizerischen Standpunkt aus dies noch besonders festzustellen, da Schutz- oder Hilfsmassnahmen offenkundigerweise keine Diskriminierung darstellen.

Auf Grund unserer Prüfung kommen wir zum Schluss, dass das Übereinkommen (Nr. 111) ratifiziert werden kann. Diese Stellungnahme wird auch von den befragten Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer geteilt. Wir empfehlen Ihnen deshalb, dem beigelegten Beschlussesentwurf zuzustimmen.

3. Stellungnahme zur Empfehlung Nr. 111 Die Empfehlung entspricht unter Vorbehalt von Abschnitt II, Ziffer 8 in allen Punkten den Bestrebungen der zuständigen staatlichen Stellen unseres Landes. Auch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände stehen grundsätzlich auf dem Boden der Nichtdiskriminierung. Verschiedene Bestimmungen der Empfehlung sind freilich auf die besonderen Verhältnisse derjenigen Staaten abgestimmt, die rassische und ethnische Minderheiten besitzen. Dies gilt zum Beispiel für Abschnitt II, Ziffer 4, wonach besondere «geeignete Stellen» errichtet werden sollen. .Mit Bücksicht auf die Verhältnisse unseres Landes sind solche Einrichtungen selbstverständlich
entbehrlich.

Das in Abschnitt II, Ziffer 8 angeführte Übereinkommen über Wanderarbeiter und die zugehörige Empfehlung stehen mit unserer Arbeitsmarktpolitik nicht in allen Teilen im Einklang. Wir werden uns auch in Zukunft mit Bücksicht auf die besonderen Gegebenheiten unseres Arbeitsmarktes die erforderliche Freiheit vorbehalten müssen. In dieser Hinsicht ist es uns deshalb nicht möglich, die Empfehlung zu befolgen.

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lu. Zur Frage der Ratifikation des Übereinkommens (Nr. 100) über die Gleichheit des Entgelts 1. Vorgeschichte

In unserem Bericht vom 12. Dezember 1952 (BEI 1952, III, 819 ff.) über die 34. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz haben wir Ihnen empfohlen, das Übereinkommen betreffend die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit sei nicht zu ratifizieren. Beide Bäte haben seinerzeit dem Bericht des Bundesrates mit grosser Mehrheit zugestimmt und sich demnach der Auffassung des Bundesrates angeschlossen, wonach das erwähnte Übereinkommen nicht zu ratifizieren sei.

Auf Grund eines Postulates beider Eäte, das in der Frühlingssession 1953 angenommen wurde, haben die zuständigen Bundesbehörden nochmals die Frage geprüft, wie sich die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit in der schweizerischen Wirtschaft auswirken würde. Wir haben Ihnen zusammen mit unserem Bericht vom 21. Dezember 1956 über die 38. und 39. Tagung der Arbeitskonferenz (BEI 1956, II, 956 ff.) auch einen Bericht vorgelegt, den eine vom Direktor des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit präsidierte Expertenkommission abgéfasst hat. Die Schlussfolgerungen des Berichtes gaben uns damals nicht Anlass, unserseits auf die Frage der Batifikation des Übereinkommens über die Gleichheit des Entgelts zurückzukommen. Dagegen hat sich Herr Nationalrat Leuenberger in seinem Postulat vom 2^ Juli 1957 auf den angeführten Bericht der Expertenkommission berufen und die Frage neu zur Diskussion gestellt, ob das Übereinkommen nicht doch ratifiziert werden könnte; Dieses Postulat ist vom Nationalrat in seiner Sitzung vom 19.Dezember 1958 angenommen worden. Dabei dürfte auch der Umstand von Bedeutung gewesen sein, dass die Eatifikation jenes Übereinkommens, wie erwähnt, mit der Frage der Eatifikation des Übereinkommens über die Diskriminierung zusammenhängt, worauf schon der Vertreter des Bundesrates in seiner Stellungnahme zum Postulat im Nationalrat hingewiesen hat.

· Da wir im Bericht vom. 12.Dezember 1952 den Inhalt des Übereinkommens bereits dargelegt haben, möchten wir uns hier darauf beschränken, die Auswirkungen einer Eatifikation nochmals zu prüfen, unter Berücksichtigung der seitherigen Entwicklung und des Expertenberichtes, den wir Ihnen als Anhang unseres Berichtes vom 21. Dezember 1956 zur Kenntnis gebracht haben.

2. Neue Stellungnahme

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a. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten in Artikel 2 des Übereinkommens, wonach die Anwendung des Grundsatzes der Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit auf alle Arbeitnehmer zu fördern und sicherzustellen sei, überlässt die hierbei anzuwendenden «Mittel»

40 den einzelnen Staaten. Das Übereinkommen stellt ausdrücklich auf die.«Mittel» ab, «die dem bestehenden Verfahren zur Festsetzung der Entgeltsätze entsprechen» (Ziffer 1). Vom schweizerischen Grundsatz, wonach die Löhne nicht vom Staat geregelt werden, brauchte deshalb nicht abgewichen zu werden, und besondere gesetzliche Vorschriften wären nicht notwendig. Unser Land könnte sich vielmehr auf folgende Vorkehren beschränken: Zunächst wäre der Grundsatz in der Bundesverwaltung durchzuführen und bei den Mindestlohnfestsetzungen für die Heimarbeit und bei der Allgemeinverbindlicherklärung zur Geltung zu bringen. Dies dürfte keine rechtlichen Schwierigkeiten bereiten. Der Grundsatz der Gleichheit des Entgelts ist in der Bundesverwaltung anerkannt und soll inskünftig, soweit dies notwendig sein sollte, noch folgerichtiger als bisher in die Praxis umgesetzt werden. Ferner wäre es vertretbar, dass dieser Grundsatz auch bei der Allgemeinverbindlicherklärung und bei den Mindestlohnfestsetzungen für die Heimarbeit durch den Bundesrat zur Geltung gebracht wird.

In bezug auf die Kantone und die private .Wirtschaft wäre den Verpflichtungen des Übereinkommens in der Weise Genüge zu tun, dass die zuständigen Bundesbehörden die Durchführung des Grundsatzes empfehlen.

Da in der Schweiz, unter Vorbehalt der Mindestlohnfestsetzung für die Heimarbeit und der Allgerneinverbindlicherklärung, der Grundsatz der freien Lohnbildung gilt, der staatliche Eingriffe grundsätzlich nicht zulässt, wären keine weiteren Massnahmen, insbesondere keine neuen gesetzlichen Vorschriften erforderlich. Dieses Vorgehen wäre im Einklang mit dem Übereinkommen, weil es «den bestehenden Verfahren zur Festsetzung der Entgeltsätze» entspricht.

Hinsichtlich der Verpflichtung in Artikel 3, wonach Massnahmen für «eine objektive Bewertung der Beschäftigung auf Grund der dabei erforderlichen Arbeitsleistung» (Ziffer 1) zu treffen sind, könnte man sieh wohl mit den bestehenden Einrichtungen in grösseren Betrieben und mit den Bewertungsnormen in den Gesamtarbeitsverträgen begnügen, ohne dass neue besondere Stellen geschaffen werden müssten. Auch könnte der Bund den Beteiligten empfehlen, den objektiven Bewertungsmethoden die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Im übrigen sagt das Übereinkommen, dass entsprechende Massnahmen nur zu treffen seien,
wenn «die Anwendung dieses Übereinkommens dadurch erleichtert »wird.

fe. Das Übereinkommen könnte deshalb ratifiziert werden, ohne dass neue Bestimmungen erlassen werden müssten. Es wäre auch nicht zu befürchten, dass zwischen der Anerkennung des Grundsatzes und den gegebenen Verhältnissen in der privaten Wirtschaft eine allzu grosse Spannung bestehen würde. Denn es ist unverkennbar, dass der Grundsatz der gleichen Entlöhnung von Mann und Frau für gleichwertige Arbeit in allen Bereichen immer mehr verwirklicht wird.

Wie schon im Bericht der Expertenkommission ausgeführt wurde, sind die Dinge im Fluss, und es ist anzunehmen, dass seit der Erstattung des Expertenberichtes im Dezember 1956 weitere Fortschritte zu verzeichnen sind, obwohl

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Erhebungen hierüber nicht vorliegen. Anderseits ist auf einige weitere Umstände hinzuweisen, die eine Eatifikation des Übereinkommens als nicht, angezeigt : erscheinen lassen.

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, : Die Diskussion, die.sich im Zusammenhang mit dem Übereinkommen ergebenhat, zeigte, dass der im Übereinkommen niedergelegte Grundsatz zu Missverständnissen und falschen Schlüssen Anlass gibt. Der Grundsatz ist derart allgemein formuliert, dass man ihn zwar ohne grosse Bedenken unter den gegen^ wärtigen Verhältnissen gutheissen kann : auch entspricht er in einem bestimmten ' Ausmass1 gewissen humanitären Überlegungen, die heute allgemeine Zustimmung finden. Doch ist es ausserordentlich schwierig, diesen Grundsatz in der Praxis anzuwenden, da in sehr vielen Fällen nur scheinbar eine «gleichwertige Arbeit» vorliegt. .Werden die Verhältnisse im Einzelfall genauer untersucht, so zeigt sich sehr oft, dass entgegen dem ersten Eindruck die Voraussetzung der Gleichwertigkeit nicht gegeben ist. Eichtigerweise müsste ein Übereinkommen über die Gleichheit des Entgelts auch die objektiven Kriterien für die Gleichwertigkeit der Arbeit festlegen, was das Übereinkommen aus naheliegenden Gründen unterlässt; andernfalls bleibt der Grundsatz allzu imbestimmt, und die Anwendung im Einzelfall führt zu Schwierigkeiten. Wir haben schon in unserem Bericht vom · 12. Dezember 1952 dargetan, das Übereinkommen sei «so elastisch gestaltet, dass der einzelne Staat die mit der Ratifikation übernommene Verpflichtung auf Verschiedene Art erfüllen kann» (BB1 1952, III, 830). Diese Feststellung behält auch heute ihre Gültigkeit. Da die Normen der internationalen Übereinkommen durch die Eatifikation Bestandteil unseres Landesrechtes werden und wir in unserer Gesetzgebung, namentlich auch im sozialpolitischen Gebiet, Wert auf eindeutige Vorschriften legen, die in der Praxis ohne besondere/Schwierigkeiten anwendbar sind, halten wir dafür, dass sich die Normen des vorliegenden Übereinkommens für eine Eatifikation nicht eignen.

Gerade mit Eücksicht auf die Unbestimmtheit des Grundsatzes der Gleichheit des Entgelts würde eine Eatifikation zu unerwünschten falschen Erwartungen Anlass geben. Es könnte in gewissem Ausmass die Meinung aufkommen, dass auch sachlich gefechtfertigte Unterschiede in der Entlöhnung auszugleichen seien. Auch würde der Annahme Vorschub
geleistet,, dass der Grundsatz der Gleichheit des Entgelts viel leichter zu realisieren sei, als dies in Wirklichkeit zutrifft. Es darf nämlich nicht übersehen werden, dass es selbst beim besten Willen nicht möglich wäre, den Marktgesetzen entgegenzuwirken, die in einzelnen Fällen bekanntlich eine unterschiedliche Entlöhnung der Männer- und Frauenarbeit bewirken, was sich übrigens teilweise auch zugunsten der Frauen, auswirken kann (so heute bei weiblichen Büroangestellten).

: Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass folgerichtigerweise der Grundsatz des gleichen Entgelts ganz allgemein gelten und sich nicht nur auf die'Beseitig gung einer verschiedenen Entlohnung von Mann und Frau für gleichwertige Arbeit beziehen sollte. Ferner müsste die Gleichwertigkeit für die verschiedensten Arbeitsleistungen in den einzelnen, sehr unterschiedlichen Betätigungsgebieten festgestellt werden, was jedoch praktisch nicht durchführbar ist. Wir

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haben schon in unserem Bericht vom 12. Dezember 1952 (BEI 1952, III, 833) darauf aufmerksam gemacht, dass jener Grundsatz ein Anwendungsfall des allgemeinen Prinzips der Gleichheit des Entgelts für gleichwertige Arbeit überhaupt oder des «gerechten Lohnes» darstellt. Daraus erhellt die Problematik des im Übereinkommen statuierten Grundsatzes. So sehr das Prinzip der gleichen Entlohnung für gleichwertige Arbeit von jedermann .als allgemeines Postulat anerkannt wird, so ist es anderseits offenkundig, dass es nicht ohne weiteres und nicht überall zur Geltung gebracht werden kann. Es ist zwar möglich, Diskriminierungen, die bewusst auf eine verschiedene Entlöhnung für gleichwertige Arbeit abzielen, auszuschalten. Anderseits ist nicht zu übersehen, dass sich, wie erwähnt, die Marktgesetze in bestimmtem Ausmass auch gegen den Willen der Beteiligten und der Behörden durchsetzen.

Aus den angeführten Gründen sind wir bei aller Anerkennung des Grundsatzes nach wie vor der Auffassung, dass von einer Eatifikatioii des Übereinkommens über die Gleichheit des Entgelts abgesehen werden sollte.

B. Die 43. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz I. Allgemeines, Verhandlungen und Beschlüsse dei Konferenz 1. Die 43. Tagung wurde vom 3. bis 25. Juni 1959 ebenfalls in Genf abgehalten. Auf ihrer Tagesordnung befanden sich folgende Gegenstände : 1. Bericht des Generaldirektors; 2. Finanz- und Budgetfragen; 3. Mitteilungen und Berichte über die Anwendung der Übereinkommen und Empfehlungen ; 4. Einrichtung betriebsärztlicher Dienste in den Arbeitsstätten (2. Beratung): 5. Arbeitsbedingungen der Fischer (2.Beratung); 6. Schutz der Arbeitnehmer vor Strahleneinwirkungen (I.Beratung); 7. Probleme der nichtmanuellen Arbeitnehmer, einschliesslich der Techniker und des Aufsichtspersonals (allgemeine Beratung) ; , 8. Zusammenarbeit zwischen den Staatsorganen und den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden in einzelnen Wirtschaftszweigen und im gesamtstaatlichen Bahmen (I.Beratung).

2. Die schweizerischen Delegierten an dieser Tagung waren wiederum, die Herren Dr. Max Holzer, Direktor des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit, und Dr. Arnold Saxer, Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherung, für die Begierung sowie die Herren Charles Kuntschen vom Zentralverband Schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen für die Arbeitgeber, und Jean Möri vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund für die Arbeitnehmer. Dazu kamen einige technische Berater.

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Die Konferenz hat Herrn Erik Dreyer, Begierungsvertreter von Dänemark, zu ihrem Präsidenten gewählt. 75 von den 80 Mitgliedstaaten der Organisation waren an dieser Tagung vertreten, deren Delegationen insgesamt über 900 Personen umfassten.

Die Internationale Arbeitsorganisation konnte im Jahre 1959 !den 40. Jahrestag ihrer Gründung feiern. An der Plenarsitzung, die diesem Anlass gewidmet war, hat der Chef des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes, Herr Bundesrat Holenstein, das bisherige Wirken der Organisation gewürdigt und im Namen des Bundesrates ' die Glückwünsche des ganzen Schweizervolkes ausgesprochen.

· . :' ' Im Verlauf der 43. Tagung versuchte die Konferenz, das sehr umstrittene Problem der Beteiligung,der Arbeitgebervertreter aus den Oststaaten an den Arbeiten der verschiedenen Kommissionen einer Lösung entgegenzuführen. Die Arbeitgebergruppe der westlichen Länder lehnte es bisher ab, den Arbeitgebervertretern aus den Oststaaten in den Kommissionen einen Sitz einzuräumen, und zwar, mit Eücksicht auf die Abhängigkeit dieser Delegierten von ihren Eegierungen. Auf Vorschlag des Verwaltungsrates des Internationalen Arbeitsamtes fasste die Konferenz den Beschluss, ein Komitee von drei unabhängigen Persönlichkeiten zu bilden, das über die Beschwerden der Delegierten, die in gewissen Kommissionen nicht zugelassen wurden; entscheiden soll. Die schweizerische Eegierungsdelegation hat sich zugunsten dieses Vorschlages ausgesprochen. Obwohl die getroffene Lösung nicht in allen Teilen zu befriedigen vermag, dürfte sie doch einen gangbaren Ausweg aus einer verfahrenen Lage darstellen und im Interesse der Arbeitsfähigkeit der Konferenz liegen. Dieses Verfahren wurde im Jahre 1959 erstmals angewendet, doch konnten sich die Arbeitgeber der westlichen Staaten damit nicht einverstanden erklären, weshalb sie dem Verwaltungsrat den Antrag unterbreitet haben, die ganze Frage nochmals gründlich zu überprüfen.

: l 8. Wir beginnen unsere Bemerkungen zu den einzelnen Traktanden der Tagesordnung mit den drei ersten Punkten.

Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes hatte den ersten Teil seines Berichtes an die Konferenz des Jahres 1959 der «Beschäftigungslage und der ökonomischen Entwicklung der unterentwickelten Länder» gewidmet. Der zweite Teil behandelte die «Tätigkeit der IAO während
der Jahre 1958/59». 170 Redner (Vertreter der Eegierungen, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer) haben an^er Diskussion dieses Berichtes teilgenommen, worunter sich auch zahlreiche Arbeitsminister befanden.

Mit sehr grosser Mehrheit hat die Konferenz das Budget der Internationalen Arbeitsorganisation für das Jahr 1960 angenommen. Es beläuft sich auf 9 300909 Dollar (8 529 857 Dollar für das Jahr 1959). Der Beitrag unseres Landes wurde auf 1,42 Prozent festgesetzt (1.44% im Jahre 1959), was netto 127855 Dollar (106 403 Dollar für das Jahr 1959) ausmacht.

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Mit den neuen Urkunden, die im Jahre 1959 : angenommen, wurden und auf die wir weiter unten noch zurückkommen werden, ist die «Sammlung der internationalen Arbeitsabkommen» auf 114 Konventionen und 112 Empfehlungen angewachsen. Die Zahl der Berichte, die von den Eegierungen dem Internationalen Arbeitsamt jedes Jahr einzureichen sind, hat sich im Laufe der letzten drei Jahre mehr als verdreifacht, da die Anzahl der Übereinkommen und Empfehlungen ständig zunimmt, immer mehr Konventionen ratifiziert werden und neue Mitglieder in die Organisation eintreten. Unter diesen Umständen ist es nicht mehr möglich, eine genaue Bilanz über die Fortschritte, die in den verschiedenen Ländern auf Grund der früheren Beschlüsse der Konferenz erzielt wurden, aufzustellen. Um die Kontrolle dieser zahlreichen Berichte (über 5000) etwas zu erleichtern, hat die Konferenz im Jahre 1959 beschlossen, versuchsweise ein einfacheres Verfahren anzuwenden und die Zahl dieser Berichte auf ein erträgliches Mass festzulegen, wobei die Wirksamkeit der allgemeinen Kontrolle über die Anwendung der internationalen Arbeitsnormen nicht beeinträchtigt werden soll. Die internationalen Normen sollen in Zukunft geschmeidiger gestaltet werden,, damit sie von einer grösseren Zahl von Mitgliedstaaten übernommen und angewendet werden können. Wir haben eine solche Betrachtungsweise immer voll unterstützt.

4. Die Traktanden 4 und 5 der Tagesordnung waren bereits im Jahre 1958 Gegenstand einer ersten Beratung (s. unter A.). Anlässlich der zweiten Beratung im Jahre 1959 hat die Konferenz zum Traktandum 4 mit 240 Stimmen ohne Gegenstimme bei, 2 Enthaltungen eine Empfehlung über die Einrichtung betriebsärztlicher Dienste in den:Arbeitsstätten angenommen. Wir werden darauf im folgenden Kapitel II eingehen. Ferner hat sie einer Entschliessung beigepflichtet, die von den Arbeitnehmervertretern vorgeschlagen wurde mit dem Inhalt, dass diese Frage im Hinblick auf den Abschluss eines allfälligen Übereinkommens sobald als möglich erneut auf die Traktandenliste einer der nächsten Tagungen der Konferenz gesetzt werde. Unter Traktandum 5 hat die Konferenz drei Konventionen zugestimmt betreffend das Mindestalter für die Zulassung zur Arbeit in der Fischerei, die ärztliche Untersuchung sowie den Heuervertrag der Fischer.

Diese Urkunden sind für unäer Land nicht
von Interesse, weshalb wir uns auf die Veröffentlichung der Texte im Anhang beschränken.

5. Die Traktanden 6 und 8 kamen in einer ersten Beratung vor die Konferenz. Beim ersten Punkt ist anzunehmen, dass die Konferenz im Jahre 1960 einem Übereinkommen betreffend den Schutz der Arbeitnehmer vor Strahleneinwirkungen sowie einer Empfehlung mit dem gleichen Titel zustimmen wird.

Hinsichtlich des zweiten Punktes ist es wahrscheinlich, dass sich die Konferenz zugunsten einer Empfehlung betreffend die Zusammenarbeit zwischen den Staatsorganen und den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden in einzelnen Wirtschaftszweigen und im gesamtstaatlichen Rahmen aussprechen wird. Wir werden in unserem Bericht über die 44. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz darauf zurückkommen.

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6. Traktandum 7 schliesslich war Gegenstand ', einer allgemeinen Beratung, in deren Verlauf sich, die Konferenz dem generellen Studium,der Probleme der nichtmanuellen Arbeitnehmer, einschliesslich der Techniker und des Aufsichtspersonals, gewidmet hat. Sie hat hinsichtlich des Programms der Internationalen Arbeitsorganisation für die, Kategorie dieser Arbeitnehmer einige Beschlüsse 7. Die Konferenz hat wie jedes Jahr verschiedene Entschliessungen über Gegenstände angenommen, die nicht auf ihrer Tagesordnung standen und die sich auf folgende Gegenstände beziehen: Probleme der jugendlichen Arbeitnehmer, Tätigkeit der Internationalen Arbeitsorganisation auf dem Gebiet der Hygiene und der Arbeitssicherheit, Teilnahme der Organisation ^am internationalen Jahr der Gesundheit und der medizinischen Forschung, konkrete Aktionen sowie Entfaltung der Tätigkeit der Organisation im Hinblick auf die Probleme der Entwicklungsländer.

, u. Empfehlung (Nr. 112) betreffend die betriebsärztlichen Dienste in den Arbeitsstätten 1. Zielsetzung und Inhalt der Emp-felüung Gemäss Abschnitt I der Empfehlung wird unter dem, betriebsärztlichen Dienst ein in den Arbeitsstätten oder in deren Nähe eingerichteter Dienst verstanden, der sich mit dem Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer, der Anpassung der Arbeit an die Arbeitnehmer und der Hebung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens der Arbeitnehmer befasst.

Wie Abschnitt II bestimmt, können die betriebsärztlichen Dienste auf dem Weg der Gesetzgebung, der Gesam'tarbeitsverträge oder auf eine andere von der zuständigen Stelle nach Anhörung der beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände genehmigte Weise eingerichtet werden.

Abschnitt III bezieht sich auf die Organisation dieser Dienste, die,je nach den Umständen einem einzelnen Betrieb, einer Gruppe von Betrieben oder einer ausserbetrieblichen Stelle angegliedert werden können. Sie sollen,sich nicht nur auf die gewerblichen, sondern auch auf die nichtgewerblichen und landwirtschaftlichen Betriebe erstrecken. In Betrieben, deren Arbeit für die Arbeitnehmer mit besonderen Gefahren verbunden ist, sollte der betriebsärztliche Dienst zuerst eingerichtet werden. Wenn ein Betrieb .nicht selbst einen solchen Dienst einrichten kann, so sollte er wenigstens durch Vereinbarung einen Arzt oder einen lokalen ärztlichen Dienst
verpflichten.

Der Aufgabenbereich des betriebsärztlichen Dienstes wird in Abschnitt IV festgehalten; danach sollte die Bolle dieses, Dienstes im wesentlichen eine vorbeugende sein. Die sehr zahlreichen und verschiedenartigen Aufgaben können, je nach der Gesetzgebung oder der innerstaatlichen Praxis, noch ergänzt werden, sollten aber hauptsächlich die Überwachung aller Faktoren, die die Gesundheit Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. I.

4

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der Arbeitnehmer beeinträchtigen können, besonders jedoch folgende Punkte umfassen: Arbeitsplatzstudien, Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, Überwachung der Hygiene in den sanitären Anlagen des Betriebes und in allen dem Wohlbefinden der Arbeitnehmer dienenden Einrichtungen, ärztliche Untersuchungen, Beratung der Betriebsleitung und der Arbeitnehmer, Notbehandlung bei Unfällen, Ausbildung für die Erste Hilfe, Erziehung der Betriebsangehörigen in Fragen der Gesundheit und d er Hygiene sowie Forschungsarbeiten. Die betriebsärztlichen Dienste sollten mit allen ändern Stellen des Betriebes, die an Gesundheit, Sicherheit, Wohlbefinden sowie Berufsumschulung, Wiedereingliederung und Zuweisung neuer Arbeitsaufgaben interessiert sind, enge Beziehungen unterhalten.

In Abschnitt V, der das Personal und die Ausrüstung behandelt, verlangt die Empfehlung, dass der betriebsärztliche Dienst unter der Leitung eines Arztes stehen soll, der eine Spezialausbildung auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin besitzt und gegenüber den Arbeitgebern und Arbeitnehmern in fachlicher und moralischer Hinsicht völlig unabhängig ist. Das Pflegepersonal sowie das mit der Ersten Hilfe betraute Personal soll entsprechend qualifiziert sein.

Um seine Aufgabe wirkungsvoll erfüllen zu können, sollte der betriebsärztliche Dienst über die in Abschnitt VI aufgezählten Voraussetzungen verfügen, wie freien Zutritt zu den Arbeitsstätten, Kenntnis der zur Anwendung gelangenden Verfahren, Arbeitsnormen und Werkstoffe, Erhebungen und Untersuchungen über die berufsbedingten Gesundheitsgefahren, Überwachung schädlicher physischer Einwirkungen usw. Ferner verlangt die Empfehlung, dass die dem betriebsärztlichen Dienste zugeteilten Personen an das Berufsgeheimnis gebunden seien.

In den allgemeinen Bestimmungen schliesslich, die in Abschnitt VII festgehalten sind, wird die Mitwirkung der Arbeitnehmer als unerlässhch erachtet.

Die Leistungen des betriebsärztlichen Dienstes sollten für die : Arbeitnehmer völlig unentgeltlich sein. Sofern nicht andere gesetzliche Bestimmungen oder Vereinbarungen bestehen, geht die Finanzierung der Einrichtung und der Tätigkeit dieses Dienstes zu Lasten der Arbeitgeber. Der betriebsärztliche Dienst sollte der Beaufsichtigung einer staatlichen Stelle unterstehen.

2. Stellungnahme zur Empfehlung Nr. 112 In
der Schweiz haben bisher nur wenige Grossbetriebe betriebsärztliche Dienste der vorgesehenen Art errichtet. In den letzten Jahren machte sich jedoch in zunehmendem Masse die Tendenz geltend, solche Einrichtungen zu schaffen.

Dabei ist allerdings zu beachten, dass verschiedene Aufgaben, die die Empfehlung den betriebsärztlichen Diensten zuweist, auch in anderer Weise gelöst werden können. So werden beispielsweise die Einstellungs- und Kontrolluntersuchungen, denen sich die Arbeiter, die durch Quarzstaub gefährdet sind,

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gemäss unserer Gesetzgebung unterziehen müssen, durch die praktischen Ärzte durchgeführt. Der Entwurf zu einer Verordnung über die Verhütung von Berufs-.

krankheiten sieht ebenfalls vor, gewisse Untersuchungen den praktischen Ärzten zu übertragen. Die Beratung der Betriebsinhaber auf dem Gebiete der Hygiene und der Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten erfolgt in der Schweiz in erster Linie durch die spezialisierten Ingenieure der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt und der Fabrikinspektorate sowie durch den Arbeitsärztlichen Dienst des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt ist überdies ermächtigt, in den dem Krankenund.Unfallversicherungsgesetz unterstellten Betrieben gegebenenfalls die nötigen Weisungen zu erteilen. An den meisten Orten stehen für Fragen der allgemeinen Hygiene qualifizierte praktische Ärzte in ausreichender Zahl zur Verfügung, die den, Arbeitnehmern dank der Kranken- und Unfallversicherung jederzeit zugänglich sind.

Gesetzliche Bestimmungen betreffend die Errichtung betriebsärztlicher Dienste erscheinen zur Zeit nicht dringlich. Wir glauben, dass das Ziel, das die Empfehlung anstrebt, von Seiten des Staates in unserem Lande wohl am besten dadurch erreicht werden kann, dass die Vorschriften über die prophylaktischen ärztlichen Untersuchungen ergänzt und ausgebaut werden. Ebenso soll die Ausbildung der Medizinkandidaten auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin gefördert werden, damit die Ärzte für die Aufgaben, die ihnen auf dem Gebiet des Arbeiterschutzes zukommen, wohl vorbereitet sind. Die von privater Seite unternommenen Anstrengungen, freiwillig durch Einrichtung betriebsärztlicher Dienste Gesundheit und Wohlbefinden der Arbeitnehmer zu fördern, werden diese Massnahmen in zweckmässiger Weise ergänzen.

Wir empfehlen Ihnen, von den vorstehenden Ausführungen im zustimmenden Sinne Kenntnis zu nehmen und uns gemäss dem beigefügten Entwurf zur Ratifikation des Übereinkommens über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf zu ermächtigen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 8. Januar 1960.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Max Petitpierre Der Vizekanzler: F. Weber

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(Entwurf)

,

Anhang

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des internationalen Übereinkommens über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Artikel 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Januar 1960, beschliesst: Einziger Artikel 1

Das Übereinkommen (Nr. 111) über die Diskriminierungin Beschäftigung und Beruf, das an der 42. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommen wurde, wird genehmigt.

2

Der Bundesrat ist ermächtigt, es zu ratifizieren.

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:

,

Beilage l

Wortlaut der von der Internationalen Arbeitskonferenz an ihrer 42. Tagung, 1958, angenommenen Übereinkommen und Empfehlungen

Die nachstellend abgedruckten deutschen Texte bilden die in Übereinstimmung, mit Artikel 42 der Geschäftsordnung der Internationalen Arbeitskönferenz angefertigten offiziellen Übersetzungen der, französischen und englischen Urtexte.

Übereinkommen (Nr. 110) über die Arbeitsbedingungen der Plantagenarbeiter Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 4. Juni 1958 zu ihrer zweiundvierzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat die Frage der Arbeitsbedingungen der Plantagenarb'eiter geprüft, die den fünften Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, hat für diesen Sonderfall die Annahme einer zweckentsprechenden Urkunde für angezeigt erachtet, um: die Anwendung gewisser aus bestehenden Übereinkommen entnommener Bestimmungen auf die Plantagenarbeiter zu beschleunigen, bis die Batifikationen dieser Übereinkommen1 ein grösseres Ausmass erlangt und deren Bestimmungen auf alle, Personen innerhalb ihres Geltungsbereiches Anwendung gefunden haben, und um ferner die Anwendung bestimmter Übereinkommen, die zur Zeit nicht für Plantagenarbeiter gelten, auf diese auszudehnen, und dabei bestimmt, dass diese Urkunde die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten soll. .

· Die Konferenz nimmt heute, am 24. Juni 1958, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Plantagenarbeit, 1958, bezeichnet wird.

Teil I. Allgemeine Bestimmungen Artikel l 1. Als :« Plantage» im Sinne dieses Übereinkommens gilt jeder landwirtschaftliche Betrieb, der in einem tropischen oder subtropischen Gebiet gelegen ist, regelmässig Lohnarbeiter beschäftigt und sich hauptsächlich mit der gewerbs-

50 massigen Anpflanzung oder Gewinnung von Kaffee, Tee, Zuckerrohr, Kautschuk, Bananen, Kakao, Kokosnüssen, Erdnüssen, Baumwolle, Tabak, Faserpflanzen (Sisal, Jute und Hanf), Zitrusfrüchten, Palmöl, Chinarinde oder Ananas befasst. Dieses Übereinkommen gilt nicht für Familien- oder Kleinbetriebe, deren Erzeugnisse für den örtlichen Markt bestimmt sind und die nicht regelmässig Lohnarbeiter beschäftigen.

2. Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, .kann nach Anhörung der in Betracht kommenden massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, den Geltungsbereich des Übereinkommens auf andere Plantagen ausdehnen, indem es a. der Liste der in Absatz l dieses Artikels aufgezählten Kulturen eine oder mehrere der folgenden hinzufügt: Eeis, Zichorie, Kardamom, Géranium und Pyrethrum oder andere Kulturen; b. den in Absatz l dieses Artikels erfassten Plantagen Betriebskategorien hinzufügt, die darin nicht aufgeführt sind, auf Grund der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis aber als Plantagen gelten.

Das betreffende Mitglied hat jede in diesem Sinne getroffene Massnahme in seinen nach Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation vorzulegenden Jahresberichten anzugeben. .

3. Als «Plantagen» im Sinne dieses Artikels gelten normalerweise auch Betriebe, die sich mit der Aufbereitung des Erzeugnisses oder der Erzeugnisse der Plantage befassen.

Artikel 2 Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, seine Bestimmungen auf alle Plantagenarbeiter in gleicher Weise und ohne Unterschied der Easse, der Hautfarbe, des Geschlechts, des Glaubensbekenntnisses, der politischen Meinung, der Staatsangehörigkeit, der sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einem Stammesverband oder der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft anzuwenden.

Artikel 3 1. Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, hat a. anzuwenden: i) Teil L; ii) die:TeileIV, IX und XI; iii) mindestens zwei der folgenden Teile: II, III, V, VI, VII, Vili, X,XII und XIII; iv) Teil XIV; b. wenn es einen oder mehrere Teile von den aus dem Übereinkommen übernommenen Verpflichtungen ausgenommen hat, in einer der Eatifikation beigefügten Erklärung die ausgenommenen Teile zu bezeichnen.

51 2. Jedes Mitglied, das eine Erklärung nach Absatz l b. dieses Artikels abgegeben 'hat, hat in seinen nach Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation vorzulegenden Jahresberichten anzugeben, inwieweit Fortschritte zur Durchführung der ausgenommenen Teile verwirklicht worden sind.

3. Jedes Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, aber bestimmte Teile nach den Bestimmungen der vorhergehenden Absätze ausgenommen hat, kann in der Folge dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes mitteilen, dass es die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen für einen oder mehrere der bisher ausgenommenen Teile übernimmt ; diese Verpflichtungen gelten als Bestandteil der Ratifikation und haben vom Zeitpunkt ihrer Mitteilung an die Wirkung einer Eatifikation.

· : ' Artikel 4 In Übereinstimmung mit Artikel 19, Absatz 8, der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation darf keine Bestimmung dieses Übereinkommens so ausgelegt werden, als würde dadurch irgendein Gesetz, Eechtsgpruch, Gewohnheitsrecht oder Vertrag berührt, die den beteiligten Arbeitnehmern günstigere Bedingungen gewährleisten, als sie in dem Übereinkommen vorgesehen sind.

Teil II. Anstellung und Anwerbung; ; Wanderarbeiter Artikel 5 Im Sinne dieses Teiles des Übereinkommens gelten als «Anwerbung» alle Handlungen,: die unternommen werden zu dem Zwecke, sich oder Dritten die Arbeit von Personen zu beschaffen, die ihre Dienste an der Arbeitsstätte, bei einer öffentlichen Auswanderungs- oder Arbeitsvermittlungsstelle oder in einer von einem Arbeitgeberverband geleiteten und der Aufsicht der zuständigen Stelle unterstehenden Stelle nicht freiwillig anbieten.

Artikel 6.

Die Anwerbung eines Familienhauptes darf nicht so ausgelegt. werden, ·als ob sie die Anwerbung irgendeines Mitgliedes seiner Familie mitumfasse. ..

Artikel?

Keine Person oder Vereinigung darf gewerbsmässig anwerben, es sei denn, dass diese Person oder Vereinigung von der zuständigen Stelle eine Erlaubnis zur Anwerbung erhalten hat und Arbeitnehmer für eine öffentliche Verwaltung oder für einen oder mehrere bestimmte Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände anwirbt.

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Artikel 8 Arbeitgeber und deren Beauftragte, Arbeitgeberverbände, von Arbeitgebern unterstützte Verbände, Beauftragte der Arbeitgeberverbände und der von Arbeitgebern unterstützten Verbände dürfen nur anwerben, wenn sie von der zuständigen Stelle eine Erlaubnis zur Anwerbung erhalten haben.

Artikel 9 1. Die angeworbenen Arbeitnehmer sind einem öffentlichen Beamten vorzuführen, der sich zu vergewissern hat, ob die gesetzlichen Vorschriften über die Anwerbung eingehalten, insbesondere, ob die Arbeitnehmer keinem unerlaubten Druck ausgesetzt oder in betrügerischer oder irrtümlicher Weise angeworben worden sind.

2. Die angeworbenen Arbeitnehmer sind diesem Beamten möglichst nahe bei dem Anwerbungsort vorzuführen oder spätestens am Ort der Abreise aus dem Anwerbungsgebiet, sofern es sich um Arbeitnehmer handelt, die in einem Gebiet für eine Beschäftigung in einem anderen, nicht derselben Verwaltung unterstellten Gebiet angeworben wurden.

Artikel 10 Wenn sich dies nach den Umständen verwirklichen lässt und notwendig ist, hat die zuständige Stelle vorzuschreiben, dass jeder angeworbene Arbeitnehmer, der nicht am Ort der Anwerbung oder in dessen Nähe eingestellt wird, ein Schriftstück - z.B. einen Ausweis, ein Arbeitsbuch oder einen vorläufigen Vertrag - erhält, worin die von der zuständigen Stelle gegebenenfalls festgesetzten Einzelheiten enthalten sind, z.B. Angaben über die Person des Arbeitnehmers, die Bedingungen für die in Aussicht genommene Beschäftigung und etwaige Lohnvorschüsse, die der Arbeitnehmer erhalten hat.

Artikel 11 1. Jeder angeworbene Arbeitnehmer ist ärztlich zu untersuchen.

2. Wird der Arbeitnehmer angeworben für eine vom Ort der Anwerbung entfernte Beschäftigung oder für eine Beschäftigung in einem Gebiet, das einer anderen Verwaltung untersteht, so hat die ärztliche Untersuchung möglichst nahe beim Ort der Anwerbung zu erfolgen oder spätestens am Ort der Abreise aus dem Anwerbungsgebiet, sofern es sich um Arbeitnehmer handelt, die in einem Gebiet für eine Beschäftigung in einem anderen, nicht derselben Verwaltung unterstellten Gebiet angeworben wurden.

3. Die zuständige Stelle kann öffentliche Beamte, denen die Arbeitnehmer nach Artikel 9 vorzuführen sind, ermächtigen, die Abreise dieser Arbeitnehmer vor der ärztlichen Untersuchung zuzulassen, wenn-sie sich vergewissert haben,

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d. die ärztliche Untersuchung nahe beim Ort der Anwerbung oder am Ort der 'Abreise unmöglich war und ist, b. der Arbeitnehmer für die Eeise und die künftige Beschäftigung körperlich ^geeignet ist, c. der Arbeitnehmer bei der Ankunft an der Arbeitsstätte oder möglichst bald danach ärztlich untersucht wird.

4. Die zuständige Stelle kann anordnen, dass die angeworbenen Arbeitnehmer sowohl vor der Abreise als auch nach der Ankunft an der Arbeitsstätte ärztlich untersucht werden, insbesondere wenn die Eeise so lange dauert und unter solchen Verhältnissen gemacht wird, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer darunter leiden könnte.

, , 5. Die zuständige Stelle hat sich zu vergewissern, dass alle notwendigen Massnahmen getroffen werden, damit die angeworbenen Arbeitnehmer sich an das Klima gewöhnen, sich anpassen und ihre Schutzimpfung gegen Krankheiten vorgenommen werde.

Artikel 12 1. Der Anwerber oder der Arbeitgeber hat in jedem Fall, wo dies möglich ist, die angeworbenen Arbeitnehmer bis zur Arbeitsstätte befördern zu lassen.

2. Die: zuständige Stelle hat alle notwendigen Massnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass a. die für die Beförderung der Arbeitnehmer verwendeten Fahrzeuge oder Schiffe hierzu geeignet, hygienisch einwandfrei und nicht überfüllt sind, b. für geeignete Unterbringung der Arbeitnehmer gesorgt ist, wenn unter!

wegs übernachtet werden muss, o. im Falle lang andauernder Beigen alle notwendigen Vorkehrungen für ärztliche Hilfe und für die Wohlfahrt der Arbeitnehmer getroffen werden.

3. Wenn die angeworbenen Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeitsstätte lange Fussmärsche zurücklegen müssen, hat die zuständige; Stelle alle notwendigen Massnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass a. die Länge der Tagesmärsche der Gesundheit der Arbeitnehmer nicht abträglich ist und ihren Kräften entspricht, b. sofern der Umfang ,des Transportes der Arbeitnehmer es erfordert, an geeigneten Stellen der Hauptverkehrsstrassen Buhelager oder Unterkunftsstätten errichtet werden, die sauber instand gehalten und, für die .nötige ärztliche Pflege eingerichtet sind.

4. Wenn angeworbene Arbeitnehmer grosse Strecken bis zur Arbeitsstätte zurückzulegen haben und in Gruppen reisen, sind sie von einer verantwortlichen Person zu begleiten.

Artikel 18 1. Die Kosten der Eeise der angeworbenen Arbeitnehmer bis zur Arbeitsstätte, einschhesshch aller Aufwendungen für ihren Schutz während der Eeise sind vom Anwerber oder Arbeitgeber zu tragen.

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54 2. Der Anwerber oder der Arbeitgeber hat den angeworbenen Arbeitnehmern während der Eeise zur Arbeitsstätte alles für ihren Unterhalt Notwendige zu liefern, insbesondere je nach den örtlichen Verhältnissen entsprechende Lebensmittel in genügender Menge, Trinkwasser, Kochgerät und Brennstoff, Kleidungsstücke und Decken.

Artikel 14 - Jeder angeworbene Arbeitnehmer ist auf Kosten des Anwerbers oder des Arbeitgebers heimzuschaffen, wenn er a. während der Eeise zur Arbeitsstätte durch Krankheit oder Unfall arbeitsunfähig wird, &. bei der ärztlichen Untersuchung für arbeitsuntauglich befunden wird, o. nach der Anwerbung aus einem von ihm nicht verschuldeten Grunde nicht eingestellt wird, d. nach Feststellung der zusätzlichen Stelle in betrügerischer oder irrtümlicher Weise angeworben worden ist.

Artikel 15 Wenn die Familien der angeworbenen Arbeitnehmer die Erlaubnis erhalten haben, diese zur Arbeitsstätte zu begleiten, so hat die zuständige Stelle alle notwendigen Massnahmen für den Schutz ihrer Gesundheit und ihrer Wohlfahrt während der Eeise zu treffen. Insbesondere ist a. Artikel 12 und 13 dieses Übereinkommens auf solche Familien anzuwenden, b. im Falle der Heimschaffung des Arbeitnehmers nach Artikel 13 auch seine Familie heimzuschaffen, c. die Familie heimzuschaffen, wenn der Arbeitnehmer während der Eeise zur Arbeitsstätte stirbt.

Artikel 16 Die zuständige Stelle hat den Betrag, der den angeworbenen Arbeitnehmern als Lohnvorschuss gewährt werden darf, zu begrenzen und die Bedingungen zu regeln, unter denen solche Vorschüsse gewährt werden dürfen.

Artikel 17 1. Jedes Mitglied, für das dieser Teil des Übereinkommens · in Kraft-ist, verpflichtet sich, soweit seine innerstaatliche Gesetzgebung es zulässt, alle geeigneten Massnahmen gegen irreführende Werbung zur Auswanderung und Einwanderung zu treffen.

2. Zu diesem Zweck wird das Mitglied, falls es nützlich ist, mit den anderen beteiligten Mitgliedern zusammenarbeiten.

Artikel 18 Geeignetenfalls hat jedes Mitglied innerhalb der Grenzen seiner Zuständigkeit Massnahmen zur Erleichterung der Abreise, der Eeise und der Aufnahme der zur Arbeit auf einer Plantage auswandernden Arbeitnehmer zu treffen.

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55 Artikel 19

Jedes* Mitglied, für das dieser Teil des Übereinkommens in Kraft ist, verpflichtet, sich, in den Grenzen seiner Zuständigkeit geeignete ärztliche Dienste za unterhalten, a, die sich erforderlichenfalls sowohl im Zeitpunkt der Abreise als auch in dem der Ankunft davon zu vergewissern haben, dass sich die zur Arbeit auf einer Plantage auswandernden Arbeitnehmer und ihre Familienmitglieder, die befugt sind, sie zu begleiten oder ihnen nachzufolgen, in befriedigendem Gesundheitszustand befinden, b. die darüber zu wachen haben, dass die zur Arbeit auf einer Plantage auswandernden, Arbeitnehmer und ihre Familienmitglieder im Zeitpunkt ihrer .Abreise, während der Reise und bei ihrer Ankunft im'Bestimmungsland ausreichende ärztliche Betreuung erhalten und sich guter hygienischer Bedingungen erfreuen.

, Teil III. Arbeitsverträge und Abschaffung von Strafvorschriften Artikel 20 1. In den in dem betreffenden Gebiet in Kraft befindlichen Gesetzen und Vorschriften ist die Höchstdauer des Dienstverhältnisses festzusetzen, die in einem schriftlichen oder mündlichen Vertrag ausdrücklich oder sinngemäss vorgesehen werden darf.

2. Die Höchstdauer des Dienstverhältnisses, die ausdrücklich oder sinngemäss in einem Vertrag für eine Beschäftigung vorgesehen werden kann, die keine lange und kostspielige .Reise erfordert, darf, wenn die Arbeitnehmer nicht von ihren Familien begleitet werden, ein Jahr und wenn sie von: ihren Familien .begleitet werden, zwei Jahre keinesfalls übersteigen.

3. Die Höchstdauer des Dienstverhältnisses, die ausdrücklich oder sinngemäss in einem Vertrag für eine Beschäftigung vorgesehen werden kann, die eine lange und kostspielige Eeise erfordert, darf, wenn die Arbeitnehmer nicht von ihren FainiKen begleitet werden, zwei1 Jahre und, wenn sie von ihren Familien begleitet werden, drei Jahre keinesfalls übersteigen.

4. Die zuständige Stelle kann nach Anhörung der die Beteiligten vertretenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, soweit solche bestehen, von der Durchführung dieses Teiles des Übereinkommens Verträge ausnehmen, die zwischen Arbeitgebern und nichtmanuellen Arbeitnehmern abgeschlossen werden, wenn die Entschlussfreiheit dieser Arbeitnehmer bei der Beschäftigungswahl ausreichend gewährleistet ist.. Eine solche Ausnahme kann alle Plantagenarbeiter eines Gebietes, die in bestimmten Kulturen beschäftigten Plantagenärbeiter, die Arbeitnehmer eines bestimmten Betriebes oder besondere Gruppen von Plantagenarbeitern umfassen.

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Artikel 21 Die zuständige Stelle jedes Landes, in dem noch Strafvorschriften gegen Arbeitsvertragsbruch durch einen Plantagenarbeiter zur Anwendung kommen, hat Massnahmeii zur Abschaffung aller derartigen Strafvorschriften zu treffen.

Artikel 22 Die Abschaffung aller dieser Strafvorschriften soll durch eine geeignete und sofort durchführbare Massnahme erreicht werden.

Artikel 23 Im Sinne dieses Teiles des Übereinkommens gilt als «Arbeitsvertragsbruch» a. jede Weigerung oder Unterlassung des Arbeitnehmers, die im Vertrag vereinbarte Arbeit aufzunehmen oder auszuführen, fe. jede Pflichtversäumnis und jeder mangelnde Arbeitseifer des Arbeitnehmers, c. das eigenmächtige oder ungerechtfertigte Fernbleiben des Arbeitnehmers, d. die Flucht des Arbeitnehmers.

Teil IV. Löhne Artikel 24 1. Die Festsetzung von Mindestlöhnen im Wege frei abgeschlossener Gesamtarbeitsverträge zwischen den die beteiligten Arbeitnehmer vertretenden Gewerkschaften und den Arbeitgebern oder den Verbänden der. Arbeitgeber ist zu fördern.

2. Falls keine geeigneten Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen im Wege von Gesamtarbeitsverträgen bestehen, sind die notwendigen Massnahmen, gegebenenfalls durch die innerstaatliche Gesetzgebung, zu treffen, um die Festsetzung von Mindestlöhnen nach Anhörung von Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, einschliesslich von Vertretern ihrer Verbände, soweit solche bestehen, auf der Basis völliger Gleichberechtigung zu ermöglichen.

3. Die gemäss den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes festgesetzten Mindestlohnsätze haben-für die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindliche Kraft; sie dürfen nicht unterschritten werden.

Artikel 25 1. Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, hat die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um sicherzustellen, dass die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer von den geltenden Mindestlohnsätzen Kenntnis erhalten und dass die wirklich gezahlten Löhne nicht niedriger sind als die geltenden Mindestsätze; diese Massnahmen haben die erforderlichen, den Ver-

57 hältnissen auf den Plantagen des betreffenden Landes am besten entsprechenden Überwachungs-, Aufsichts- und Zwangsmassnahmen zu umfassen.

, , 2. Jedem Arbeitnehmer, für den die Mindestlohnsätze gelten, der abereinen geringeren Lohn erhalten hat, ist !das Eecht zu ; wahren, im Eechtsweg oder in einem anderen geeigneten Verfahren die Zahlung des ihm gebührenden Lohnrestes innerhalb einer von der innerstaatlichen Gesetzgebung zu ^bestimmenden Frist zu erwirken.

Artikel 26 Barlöhne dürfen nur in der gesetzlichen Währung ausgezahlt werden. Die Lohnzahlung mittels Schuldscheinen, Gutscheinen, Coupons oder irgend welchen anderen Zahlungsmitteln, welche die gesetzliche Währung ersetzen sollen, ist zu verbieten.

' .

' : Artikel 27 1. Durch die innerstaatliche Gesetzgebung, durch Gesämtarbeitsvertrag oder Schiedsspruch kann zugelassen werden, dass die Löhne dort, wo es üblich oder erwünscht ist, zum Teil durch Sachleistungen abgegolten werden dürfen; Lohnzahlungen in Form von Getränken mit hohem Alkoholgehalt oder von Eauschgiften darf jedoch unter keinen Umständen gestattet werden.

2. Falls :die teilweise Abgeltung der Löhne durch Sachleistungen statthaft ist, sind geeignete Massnahmen zu treffen, damit die Sachleistungen dem persönlichen Gebrauch des Arbeitnehmers und seiner Familie dienen und den Bedürfnissen dieser Personen angepasst sind.

3. Besteht ein Teil des Arbeitsentgeltes aus Nahrung, Wohnung, Kleidung und anderen wesentlichen Leistungen und Diensten, so hat die zuständige Stelle durch alle tunlichen Massnahmen sicherzustellen, dass .sie angemessen sind und richtig mit ihrem Barwert berechnet werden.

' Artikel 28 ' Der Lohn ist dem beteiligten Arbeitnehmer selbst auszuzahlen, ausser wenn auf Grund der innerstaatlichen Gesetzgebung, eines Gesamtarbeitsvertrages oder Schiedsspruches andere Bestimmungen gelten oder sich der beteiligte Arbeitnehmer mit einem anderen Verfahren einverstanden erklärt.

Artikel 29 Dem Arbeitgeber ist es untersagt, die Verfügungsfreiheit des Arbeitnehmers über seinen Lohn in irgendeiner Weise zu beschränken.

,. , .Artikel 30 1. Falls in einem Betriebe Läden zum Verkauf von Waren,an die Arbeitnehmer oder Dienste bestehen, deren Leistungen für ; diese bestimmt sind, so darf auf die Arbeitnehmer keinerlei .Zwang zur Inanspruchnahme dieser Läden oder Dienste ausgeübt werden.

, .,

58 2. Sofern keine anderen Läden oder Dienste zur Verfügung stehen, hat die zuständige Stelle durch geeignete Massnahmen darauf hinzuwirken, dass der Verkauf der Waren und die Leistung der Dienste zu gerechten und angemessenen Preisen erfolgt oder dass die vom Arbeitgeber eingerichteten Läden oder Dienste nicht auf Gewinn gerichtet sind, sondern im Interesse der beteiligten Arbeitnehmer betrieben werden.

Artikel 31 1. Lohnabzüge dürfen nur unter den Bedingungen und in den Grenzen zugelassen werden, die von der innerstaatlichen Gesetzgebung vorgeschrieben oder durch einen Gesamtarbeitsvertrag oder Schiedsspruch bestimmt sind.

2. Die Arbeitnehmer sind in der nach Ermessen der zuständigen Stelle am besten geeigneten Weise davon in Kenntis zu setzen, unter welchen Bedingungen und in welchen Grenzen solche Abzüge vorgenommen werden dürfen.

Artikel 32 Zu verbieten ist jeder Lohnabzug zu dem Zwecke, einem Arbeitgeber, dessen Vertreter oder irgendeiner Mittelsperson (z.B. einem mit der Anwerbung von Arbeitskräften beauftragen Agenten) eine unmittelbare oder mittelbare Zahlung seitens eines Arbeitnehmers zu verschaffen, damit dieser eine Beschäftigung erlangt oder beibehält.

Artikel 33 1. Der Lohn muss in regelmässigen Zeitabschnitten gezahlt werden.

Sofern die Lohnzahlungen in regelmässigen Zeitabschnitten nicht auf andere Weise befriedigend gewährleistet ist, sind diese Zeitabschnitte durch die innerstaatliche Gesetzgebung vorzuschreiben oder durch einen Gesamtarbeitsvertrag oder Schiedsspruch zu bestimmen.

2. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat die abschliessende Begleichung des gesamten geschuldeten Lohnes nach den Vorschriften der innerstaatlichen Gesetzgebung oder den Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages oder Schiedsspruches oder, mangels solcher Vorschriften oder Bestimmungen, innerhalb einer unter Berücksichtigung der Vertragsbestimmungen angemessenen Frist zu erfolgen.

Artikel 34 Falls es notwendig ist, sind wirksame Massnahmen zu treffen, um den Arbeitnehmern in angemessener und leicht verständlicher Weise Kenntnis zu geben a. von den für sie geltenden Lohnbedingungen, und zwar bevor sie eine Stelle antreten sowie bei jeder Änderung dieser Bedingungen, b. bei jeder Lohnzahlung von den Lohnbestandteilen für die betreff ende Lohnperiode, soweit diese Bestandteile veränderlich sind.

59 Artikel 85 Die gesetzlichen Vorschriften zur Durchführung der, Artikel 26 bis 34 dieses Übereinkommens müssen a. den Beteiligten zur Kenntnis gebracht werden, b. die Personen bezeichnen, die für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich sind, ' c. angemessene Zwangsmassnahmen für Übertretung festsetzen, d. vorsehen, dass in allen Fällen^ in denen es angezeigt ist, Aufzeichnungen in einer, angemessenen Form und nach einem angemessenen Verfahren gemacht werden.

: Teil V. Bezahlter Jahresurlaub Artikel 36 Plantagenarbeitern ist nach einer gewissen Dauer ununterbrochenen Dienstes bei demselben Arbeitgeber ein bezahlter Jahresurlaub zu gewähren.

Artikel 37 1. Jedem Mitglied, für das dieser Teil des Übereinkommens in Kraft ist, steht es frei, über das Verfahren zu entscheiden, nach welchem der bezahlte Urlaub der Plantagenarbeiter geregelt wird.

2. Die Eegelung des bezahlten Urlaubes der Plantagenarbeiter kann im Wege von Gesamtarbeitsverträgen oder dadurch gesichert werden, dass sie besonderen Stellen übertragen wird. , 8. Soweit das Verfahren, nach welchem der bezahlte Urlaub der Plantagenarbeiter geregelt wird, es gestattet, ' a. sind die massgebenden beteiligten Arbeitgeber-, und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, wie auch nach Ermessen der zuständigen Stelle andere durch ihren Beruf oder ihren Wirkungskreis dazu besonders geeignete Personen zuvor eingehend zu Bäte zu ziehen.

b. haben die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Eegelung des bezahlten Urlaubs teilzunehmen oder müssen sie dabei zu Eate gezogen werden oder das Eecht haben, angehört zu werden, und zwar in Form der und in dem Masse, wie die innerstaatliche Gesetzgebung dies vorsieht, jedenfalls aber auf der Grundlage völliger Gleichberechtigung.

Artikel 38 Die erforderliche Mindestdauer ununterbrochenen Dienstes und die Mindestdauer des bezahlten Jahresurlaubs sind durch die innerstaatliche Gesetzgebung, Gesamtarbeitsvertrag oder Schiedsspruch oder durch besondere Stellen, die mit der Eegelung des bezahlten Urlaubs der Plantagenarbeiter betraut sind, oder nach einem anderen von der zuständigen Stelle genehmigten Verfahren festzusetzen.

60

Artikel 89 Wo es angebracht ist, ist nach dem für die Eegelung des bezahlten Urlaubs der Plantagenarbeiter eingeführten Verfahren Vorsorge zu treffen für a. eine günstigere Behandlung jugendlicher Arbeitnehmer in Fällen, in denen der den erwachsenen Arbeitnehmern gewährte bezahlte Jahresurlaub als nicht angemessen für jugendliche Arbeitnehmer angesehen wird, b. eine der Dienstdauer entsprechende Verlängerung des bezahlten Urlaubs, c. einen im entsprechenden Verhältnis bemessenen Urlaub oder eine Abgeltung des Urlaubs in Fällen, in denen die Dauer des ununterbrochenen Dienstes dem Arbeitnehmer keinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub gibt, jedoch eine nach dem eingeführten Verfahren bestimmte Mindestdauer überschreitet, d. die Nichteinrechnung von öffentlichen oder üblichen Feiertagen und wöchentlichen Ruhezeiten in den bezahlten Jahresurlaub, ebenso von zeitweiligen Arbeitsunterbrechungen in einem nach dem eingeführten Verfahren bestimmten Ausmass, insbesondere wenn die Unterbrechungen durch Krankheit oder Unfall verursacht worden sind.

i

Artikel 40

1. Jeder Person, die nach diesem Übereinkommen Urlaub nimmt, ist für die ganze Urlaubsdauer mindestens ihr übliches Entgelt oder das nach den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels vorgeschriebene Entgelt zu zahlen.

2. Das Urlaubsgeld ist in der Weise zu berechnen, wie es durch die innerstaatliche Gesetzgebung, Gesamtarbeitsvertrag oder Schiedsspruch oder durch besondere Stellen, die mit der Eegelung des bezahlten Urlaubs der Plantagenarbeiter betraut sind, oder nach einem anderen von der zuständigen Stelle genehmigten Verfahren bestimmt ist.

3. Schliesst das Entgelt einer Person, die Urlaub nimmt, Sachleistungen ein, so kann ihr für die Urlaubsdauer ein den Sachleistungen entsprechender Geldbetrag gezahlt werden.

Artikel 41 Jede Vereinbarung über die Abdingung des Anspruchs auf den bezahlten Jahresurlaub oder über den Verzicht auf diesen Urlaub ist als nichtig anzusehen.

Artikel 42 Wird der Plantagenarbeiter entlassen oder gibt er seine Beschäftigung auf, bevor er den ihm zustehenden Urlaub ganz oder teilweise genommen hat, so ist ihm für jeden ihm nach diesem Teil des Übereinkommens zustehenden Urlaubstag das in Artikel 40 vorgesehene Entgelt zu zahlen.

61 Teil VI. WöclwnÜiche Buhezeit Artikel 43

;

1. Plantagenarbeitern ist unter Vorbehalt der in den folgenden Artikeln festgesetzten Ausnahmen innerhalb eines Zeitraumes von sieben Tagen eine Buhezeit von mindestens vierundzwanzig aufeinanderfolgenden Stunden zu gewähren.!

: 2. Diese Buhezeit ist, soweit wie möglich, allen Arbeitnehmern jeder Plan: tage gleichzeitig zu gewähren.

8. Sie ist derart festzusetzen, dass sie, soweit wie möglich, auf die durch Herkommen und Brauch des Landes öder der Gegend bestimmten Buhetage fällt.

Artikel 44 1. Jedes Mitglied kann, gänzlich oder teilweise, Ausnahmen von den Bestimmungen des Artikels 43 zulassen (einschliesslich Aufhebung und Verkürzung .der Buhezeiten). Hierbei soll es berechtigten Erwägungen der Menschlichkeit einerseits, der Wirtschaftlichkeit andererseits, besonders Bechnung tragen. Falls zuständige Berufsverbände,der Arbeitgeber und dei: Arbeitnehmer bestehen, sollen sie angehört werden.

2. Diese Anhörung ist nicht erforderlich für Ausnahmen, die: bereits gesetzlich festgelegt sind.

: Artikel 45 Jedes. Mitglied, hat, soweit wie möglich, Bestimmungen zu treffen,, die eine Ersatzruhezeit für Aufhebungen und Kürzungen nach Artikel 44 gewähren, es sei denn, dass Vereinbarungen oder Ortsgebräuche solche Buhezeiten bereits vorsehen.

Teil VII. Mutterschutz \

Artikel 46 Im Sinne dieses Teils des Übereinkonunens gilt als «Frau» jede Person weiblichen Geschlechts ohne Unterschied des Alters, der Staatsangehörigkeit, der Basse oder B.eligion, gleichviel ob sie verheiratet oder unverheiratet ist, und als «Kind» jedes Kind, gleichviel ob es ehelich oder ausserehelich geboren ist.

, , 'Artikel 47 1. Eine Frau, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet, hat bei Vorlage 'eines geeigneten Nachweises, in dem der voraussichtliche Zeitpunkt ihrer Niederkunft angegeben ist, Anspruch auf Mütterschaftsurlaub.

2. Die zuständige Stelle kann nach Anhörung der massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, eine Wartezeit für Mutterschaftsurlaub1 vorschreiben, die insgesamt hundertfünfzig Tage Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. !..

5

62 Beschäftigung bei dem gleichen Arbeitgeber während der der Niederkunft vorausgehenden zwölf Monate nicht übersteigen darf.

3. Die Dauer des Mutterschaftsurlaubs hat mindestens zwölf Wochen zu betragen; ein Teil dieses Urlaubs muss nach der Niederkunft genommen werden.

4. Die Dauer des pflichtmässigen Urlaubs nach der Niederkunft ist durch die innerstaatliche Gesetzgebung zu bestimmen, darf aber keinesfalls weniger als sechs Wochen betragen; der Best des gesamten Mutterschaftsurlaubs kann je nach den Bestimmungen der innerstaatlichen Gesetzgebung entweder vor dem voraussichtlichen Zeitpunkt der Niederkunft oder nach Ablauf des pflichtmässigen Urlaubs oder teilweise vor dem voraussichtlichen Zeitpunkt der Niederkunft und teilweise nach Ablauf des pflichtmässigen Urlaubs beansprucht werden.

5. Findet die Niederkunft nach dem voraussichtlichen Zeitpunkt statt, so wird der vor diesem Zeitpunkt beanspruchte Urlaub auf alle Fälle bis zum tatsächlichen Zeitpunkt der Niederkunft verlängert ; die Dauer des pflichtmässigen Urlaubs nach der Niederkunft darf aus diesem Grund nicht verkürzt werden.

6. Im Falle einer Krankheit, die laut geeignetem Nachweis eine Folge der Schwangerschaft ist, hat die innerstaatliche Gesetzgebung einen zusätzlichen Urlaub vor der Niederkunft vorzusehen, dessen Höchstdauer von der zuständigen Stelle festgesetzt werden kann.

7. Im Falle einer Krankheit, die laut geeignetem Nachweis eine Folge der Niederkunft ist, hat die Frau Anspruch auf einen zusätzlichen Urlaub nach der Niederkunft, dessen Höchstdauer von der zuständigen Stelle festgesetzt werden kann.

8. Während des der Niederkunft unmittelbar vorangehenden Zeitraumes dürfen werdende Mütter zu, keiner Arbeit herangezogen werden, die ihnen Schaden zufügen könnte.

Artikel 48 1. Bleibt eine Frau nach den Bestimmungen von Artikel 47 dieses Übereinkommens der Arbeit fern, so hat sie Anspruch auf Geldleistungen und ärztliche Leistungen.

2. Die Höhe der Geldleistungen ist durch die innerstaatliche Gesetzgebung so festzusetzen, dass sie ausreichen, um den vollständigen Unterhalt der Frau und ihres Kindes in guten gesundheitlichen Verhältnissen bei angemessener Lebenshaltung zu gewährleisten.

3. Die ärztlichen Leistungen haben Betreuung vor, während und nach der Niederkunft durch geprüfte Hebammen oder durch. Ärzte und, wenn
erforderlich, Anstaltspflege zu umfassen; die Wahl des Arztes und die Wahl zwischen einer öffentlichen oder einer privaten Anstalt sind, soweit möglich, freizustellen.

4. Jeder Beitrag im Bahmen einer Pflichtversicherung, die; Leistungen im Falle der Mutterschaft vorsieht, und jede öffentliche Abgabe, die auf Grund des bezahlten Arbeitsentgelts errechnet und zum Zweck der Gewährung derartiger

63

Leistungen erhoben wird, sind entsprechend der Gesamtzahl der in den betreffenden Betrieben beschäftigten männlichen und weiblichen .Arbeitnehmer ohne Unterschied des Geschlechts zu zahlen, gleichviel ,ob die Zahlung durch den Arbeitgeber oder gemeinsam durch den Arbeitgeber und die Arbeitnehmer erfolgt.

Artikel 49 1. Einer Frau, die ihr Kind stillt, ist das Eecht einzuräumen, zu diesem Zweck ihre Arbeit einmal öder mehrere Male zu unterbrechen ; die Umstände dieser Unterbrechungen sind durch die innerstaatliche Gesetzgebung zu bestimmen.

, i 2. Arbeitsunterbrechungen zum Zwecke des 'Stillens gelten als Arbeitszeit und sind entsprechend zu bezahlen, wenn die Frage durch die innerstaatliche Gesetzgebung oder in Übereinstimmung mit ihr geregelt wird; wird die Frage durch Gesamtarbeitsverträge geregelt, so sind'die Bestimmungen des betreffenden Gesamtarbeitsvertrages massgebend.

Artikel 50 1. Bleibt eine Frau nach den Bestimmungen von Artikel 47 der Arbeit fern, so darf der Arbeitgeber ihr weder während der Abwesenheit noch auf einen solchen Zeitpunkt kündigen, dass die Kündigungsfrist während ihrer Abwesenheit abläuft.

2. Es ist verboten, eine Frau lediglich deshalb zu entlassen, weil sie,werdende oder stillende Mutter ist.

Teil VIII. Entschädigung lei Arbeitsunj allen Artikel 51

-

, Jedes Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation, für das dieser Teil des Übereinkommens in Kraft ist, verpflichtet sich, seine Gesetze und, Verordnungen über Entschädigung der Arbeiter bei Unfällen infolge oder gelegentlich der Arbeit auf alle Plantagenarbeiter auszudehnen.

,

Artikel 5 2

,'

' · . . . '

!.. Jedes Mitglied, für das dieser Teil des Übereinkommens in Kraft ist, verpflichtet sich, den Staatsangehörigen jedes anderen Mitgliedes, für das dieser Teil des Übereinkommens in Kraft ist, die auf seinem Gebiet einen Arbeitsunfall erlitten haben, oder ihren Hinterbliebenen die gleiche Behandlung in der Entschädigung bei Arbeitsunfällen zu gewähren wie seinen eigenen Staatsangehörigen.

2. Diese Gleichbehandlung wird den .ausländischen, Arbeitnehmern und ihren Hinterbliebenen ohne Bücksicht auf ihren Wohnsitz gewährt. Soweit

64

indes Zahlungen in Frage kommen, die ein Mitglied oder dessen Staatsangehörige diesem Grundsatz gemäss im Auslande zu leisten hätten, sind die entsprechenden Massnahmen nötigenfalls durch Sonderabkommen zwischen den beteiligten Mitgliedern zu vereinbaren.

Artikel 53 Durch besondere Vereinbarungen zwischen den beteiligten Mitgliedern kann bestimmt werden, dass auf die Entschädigung bei Unfällen solcher Arbeitnehmer, die nur vorübergehend oder mit Unterbrechungen im Gebiete eines Mitgliedes für Eechnung eines im Gebiet eines anderen Mitgliedes gelegenen Unternehmens beschäftigt sind, die gesetzlichen Vorschriften des letzgenannten Mitgliedes Anwendung finden sollen.

Teil IX. Vereinigungsrecht und Recht zu Kollektivverliandlungen Artikel 54 Das Vereinigungsrecht der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zu allen gesetzlich erlaubten Zwecken ist durch geeignete Massnahmen zu gewährleisten.

Artikel 55 Bei allen Verfahren zur Prüfung von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist für möglichste Einfachheit und Schnelligkeit zu sorgen.

Artikel 56 1. Es ist darauf hinzuwirken, dass die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer Arbeitsstreitigkeiten, vermeiden und auftretende Streitigkeiten im Wege der Schlichtung nach den Grundsätzen der Billigkeit regeln.

2. In diesem Sinne sind alle tunlichen Massnahmen zu treffen, um die Vertreter der Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in bezug auf Einrichtung und Tätigkeit der Schlichtungsstellen anzuhören und sie daran zu beteiligen.

3. Unbeschadet der Tätigkeit dieser Stellen sind öffentliche Beamte mit der Prüfung der Arbeitsstreitigkeiten zu betrauen. Sie haben auf deren Schlichtung hinzuwirken und sich zu bemühen, den Parteien behilflich zu sein, sie nach den Grundsätzen der Billigkeit beizulegen.

4. Soweit tunlich, sind mit diesen Aufgaben hierfür besonders bezeichnete Beamte zu betrauen.

Artikel 57 1. Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind so rasch wie möglich einzurichten.

65 2. Vertreter der beteiligten Arbeitgeber und der beteiligten Arbeitnehmer, einschliessuch Vertreter ihrer Verbände, soweit solche bestehen, sind an der Durchführung dieser Verfahren derart und soweit zu beteiligen, wie es die zuständige Stelle bestimmt, jedenfalls aber in gleicher Zahl und mit gleichen Eechten.

· · : · !

Artikel 58 1. Die Arbeitnehmer sind vor jeder gegen die Vereinigungsfreiheit gerichteten unterschiedlichen Behandlung, die mit ihrer Beschäftigung in Zusammenhang steht, angemessen zu schützen.

2. Dieser Schutz ist insbesondere gegenüber,Handlungen zu gewähren, die darauf, gerichtet sind, a. die Beschäftigung eines Arbeitnehmers davon abhängig zu machen, dass er keiner Gewerkschaft beitritt oder aus einer Gewerkschaft austritt, fe. einen Arbeitnehmer zu entlassen oder auf sonstige Weise zu .benachteiligen, weil er einer Gewerkschaft angehört oder weil er sich ausserhalb der Arbeitszeit oder mit Zustimmung des Arbeitgebers während der Arbeitszeit gewerkschaftlich betätigt.

Artikel 5 9

. ,

1. Den Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber ist in bezug auf ihre Bildung, Tätigkeit und Verwaltung gebührender Schutz gegen jede Einmischung von der anderen Seite, sowohl seitens der Organisation .wie auch ihrer Vertreter oder Mitglieder, zu gewähren.

, 2. Als Einmischung im Sinne dieses Artikels gelten Handlungen, die darauf gerichtet sind, von einem Arbeitgeber oder von einer Organisation von Arbeitgebern abhängige Organisationen von Arbeitnehmern ins Leben zu rufen oder Organisationen von Arbeitnehmern durch Geldmittel oder auf sonstige Weise zu unterstützen, um sie unter den Einfluss eines Arbeitgebers oder einer Organisation von Arbeitgebern zu bringen.

Artikel 60 Soweit erforderlich, sind den Landesverhältnissen angepasste Einrichtungen zu schaffen, um den Schutz des Vereinigungsrechtes im Sinne der vorangehenden Artikel zu gewährleisten.

· ' Artikel 61 · . · Soweit erforderlich, sind den Landesverhältnissen angepasste Massnahmen zu treffen, um im weitesten Umfang Entwicklung und Anwendung von Verfahren zu fördern, durch die Arbeitgeber oder Organisationen von Arbeitgebern einerseits und: Organisationen von Arbeitnehmern andererseits freiwillig über den Abschluss von Gesamtarbeitsverträgen zur Eegelung der Lohnr und Arbeitsbedingungen verhandeln können.

66

Teil X. Vereinigungsfreiheit Artikel 62 Die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber ohne jeden Unterschied haben das Becht, ohne vorherige Genehmigung Organisationen nach eigener Wahl zu bilden und solchen Organisationen beizutreten, wobei lediglich die Bedingung gilt, dass sie deren Satzungen einhalten.

Artikel 63 1. Die Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber haben das Recht, sich Satzungen und Geschäftsordnungen zu geben, ihre Vertreter frei zu ·wählen, ihre Geschäftsführung und Tätigkeit zu regeln und ihr Programm aufzustellen.

2. Die Behörden haben sich jedes Eingriffes zu enthalten, der geeignet wäre, dieses Eecht zu beschränken oder dessen rechtmässige Ausübung zu behindern.

Artikel 64 Die Organisation der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber dürfen im Verwaltungswege weder aufgelöst noch zeitweilig eingestellt werden.

Artikel 65 Die Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber sind berechtigt, Verbände und Zentralverbände zu bilden und sich solchen anzuschliessen.

Die Organisationen, Verbände und Zentralverbände haben das Eecht, sich internationalen Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber anzuschliessen.

Artikel 66 Die Bestimmungen der Artikel 62, 63 und 64 finden auf die Verbände und Zentralverbände von Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber Anwendung.

Artikel 67 Der Erwerb der Eechtspersönlichkeit durch Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, ihre Verbände und Zentralverbände darf nicht an Bedingungen geknüpft werden, die geeignet sind, die Anwendung der Bestimmungen der Artikel 62, 63 und 64 zu beeinträchtigen.

Artikel 68 1. Die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber und ihre Organisationen haben sich gleich anderen Personen und organisierten Gemeinschaften bei Ausübung der ihnen durch diesen Teil dieses Übereinkommens zuerkannten Rechte an die Gesetze zu halten.

:

·

67

2. Die in diesem Teil 'des Übereinkommens vorgesehenen Bechte dürfen weder durch die innerstaatliche Gesetzgebung noch durch die Art ihrer Anwen: dung geschmälert werden.

i' · · Artikel 69 · In diesem Teil des Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck «Organisation» jede Organisation von Arbeitnehmern oder von Arbeitgebern, welche die Förderung und den Schutz der Interessen der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber zum Ziele hat.

, . . .

Artikel 70 \ Jedes Mitglied, für das dieser Teil des Übereinkommens in : Kraft ist, verpflichtet sich, alle erforderlichen und geeigneten Massnahmen zu treffen, um den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern die freie Ausübung des Vereinigungsrechtes zu gewährleisten.

Teil XI.

Arbeifsaufsiotit

Artikel 71 Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, hat eine Arbeitsaufsicht zu unterhalten.

Artikel 72 Das Personal der Dienststellen der Arbeitsaufsicht hat aus zweckentsprechend ausgebildeten Aufsichtsbeamten zu bestehen.

,

Artikel 73

Den Arbeitnehmern und ihren Vertretern ist der freie Verkehr mit den Aufsichtsbeamten auf jede Weise zu erleichtern.

Artikel 74

, ,

1.-Der Arbeitsaufsicht obliegt ' .

a. die Sicherstellung der Durchführung der gesetzlichen Vorschriften über die Arbeitsbedingungen und den Schutz der Arbeitnehmer bei der Ausführung ihrer Arbeit, wie der Vorschriften über Arbeitszeit, Löhne, Unfallverhütung, Gesundheitsschutz und Wohlfahrt, die Beschäftigung von Kindern,und Jugendlichen, und anderer damit in Zusammenhang stehender Angelegenheiten, soweit die Aufsichtsbeamten mit der Sicherstellung der D.urchführung dieser Vorschriften betraut sind, b. die Belehrung der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer durch technische Aufklärung und Ratschläge über die wirksamsten Mittel zur Einhaltung : der gesetzlichen Vorschriften, · : c. die Verständigung der zuständigen Stelle von den durch die bestehenden gesetzlichen Vorschriften nicht ausdrücklich erfassten Mängeln oder Missbräuchen.

·

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2. Werden den Aufsichtsbeamten weitere Aufgaben übertragen, so dürfen diese sie weder an der wirksamen Erfüllung ihrer Hauptaufgaben hindern, noch das Ansehen und die Unparteilichkeit irgendwie gefährden, deren die Aufsichtsbeamten in ihren Beziehungen zu den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern bedürfen.

Artikel 75 Die zuständige Stelle hat geeignete Massnahmen zu treffen zur Förderung a. einer wirksamen Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen der Arbeitsaufsicht einerseits und den auf ähnlichen Gebieten tätigen anderen Behörden und öffentlichen oder privaten Einrichtungen anderseits, b. der Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbeamten sowie den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern oder deren Verbänden.

Artikel 76 Das Aufsichtspersonal hat aus öffentlichen Beamten zu bestehen, deren Stellung und Dienstverhältnis ihnen Stetigkeit der Beschäftigung und Unabhängigkeit von Veränderungen in der Regierung und von unzulässigen äusseren Einflüssen verbürgen.

Artikel 77 1. Die zuständige Stelle trifft die notwendigen Massnahmen, um die Aufsichtsbeamten zu versorgen mit a. örtlichen, entsprechend den dienstlichen Erfordernissen ausgestatteten und allen Beteiligten zugänglichen Amtsräumlichkeiten, &. den für die Ausführung ihrer Aufgaben erforderlichen Verkehrsmitteln, wenn zweckdienliche öffentliche Verkehrsmittel fehlen.

2. Die zuständige Stelle trifft die notwendigen Massnahmen, um den Aufsichtsbeamten alle für die Ausführung ihrer Aufgaben notwendigen Eeisekosten und sonstigen Nebenauslagen zu erstatten.

Artikel 78 1. Die mit den erforderlichen Ausweisen versehenen Aufsichtsbeamten sind befugt, a. jederzeit bei Tag und bei Nacht jede der Aufsicht unterstellte Arbeitsstätte frei und unangemeldet zu betreten, b. bei Tag alle Eäumlichkeiten zu betreten, von denen sie mit gutem Grund annehmen können, dass sie der Aufsicht unterstehen, o. alle ihnen notwendig erscheinenden Prüfungen, Feststellungen oder Erhebungen vorzunehmen, um sich von der strengen Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu überzeugen, und insbesondere

69

i) den Arbeitgeber oder das Personal des Betriebes allein oder in Gegenwart von Zeugen über alle die Durchführung der gesetzlichen Vorschriften betreffenden Angelegenheiten zu befragen, ii) die Vorlage aller durch die Gesetzgebung über die Arbeitsbedingungen vorgeschriebenen Bücher. Verzeichnisse oder sonstigen Unterlagen zur Nachprüfung ihrer Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften zu verlangen und Abschrifteii dieser Unterlagen oder Auszüge aus ihnen anzufertigen, ' · ·· i iii) das Anschlagen der gesetzlich vorgeschriebenen Bekanntmachungen anzuordnen, iv) Proben der verwendeten oder gehandhäbten Stoffe und Substanzen zum Zwecke von Analysen zu entnehmen und mit sich zu nehmen, wobei jedoch deri Arbeitgeber oder sein Vertreter von der Entnahme oder Mitnahme von Stoffen oder, Substanzen für diesen Zweck zu verständigen ist.

2. Bei der Vornahme einer Besichtigung hat der Aufsichtsbeamte dem Arbeitgeber oder dessen Vertreter von seiner Gegenwart Kenntnis zu geben, es sei denn, dass eine,solche Verständigung seiner Ansicht nach die Wirksamkeit der Kpntrolle beeinträchtigen könnte.

Artikel 79 Vorbehaltlich der durch die Gesetzgebung allenfalls vorgesehenen Ausnahmen gelten für die Aufsichtsbeamten folgende Vorschriften : a. Sie dürfen an den ihrer Aufsicht unterstellten Betrieben weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt sein.

b. Sie müssen unter Androhung geeigneter strafrechtlicher oder diszipli narischer Ahndung verpflichtet sein, selbst nach Ausscheiden aus.dem Dienst, irgendwelche Fabrikations- oder 'Geschäftsgeheimnisse oder Arbeitsverfahren, die bei Ausübung ihrer Befugnisse zu ihrer Kenntnis kommen, nicht preisgeben.

c. Sie haben die Quelle jeder Beschwerde über : einen bestehenden Mangel oder \ über eine Verletzung der gesetzlichen Vorschriften als unbedingt vertraulich zu behandeln und dürfen weder dem Arbeitgeber noch dessen Vertreter andeuten, dàss, eine Besichtigung durch eine Beschwerde veranlasst worden ist.

Artikel 80 Der Arbeitsaufsicht sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten in den Fällen und in der Art anzuzeigen, wie sie die innerstaatliche Gesetzgebung vorschreibt'.

,; , :

70

Artikel 81 Die Arbeitsstätten sind so oft und so gründlich zu besichtigen, als zur Sicherung einer wirksamen Durchführung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften notwendig ist.

Artikel 82 1. Wer gesetzliche Vorschriften, mit deren Durchführung die Aufsichtsbeamten betraut sind, verletzt oder missachtet, unterliegt sofortiger gesetzlicher Verfolgung ohne vorgängige Verwarnung. Die innerstaatliche Gesetzgebung kann jedoch Ausnahmen für die Fälle vorsehen, in denen eine vorgängige Aufforderung zur Behebung von Mängeln oder zur Durchführung vorbeugender Massnahmen zu erfolgen hat.

2. Es bleibt dem freien Ermessen der Aufsichtsbeamten überlassen, an Stelle der Einleitung oder Beantragung der Strafverfolgung Verwarnungen oder Eatschläge zu erteilen.

Artikel 83 Die innerstaatliche Gesetzgebung hat angemessene Zwangsmassnahmen gegen Übertretung der gesetzlichen Vorschriften, deren Durchführung von den Aufsichtsbeamten überwacht wird, und gegen die Behinderung der Aufsichtsbeamten bei der Ausführung ihrer Aufgaben vorzusehen und wirksam anzuwenden.

Artikel 84 1. Die Aufsichtsbeamten oder die örtlichen Diensstellen der Arbeitsaufsicht sind verpflichtet, der zentralen Aufsichtsbehörde regelmässig. allgemeine Berichte über die Ergebnisse i Virer Aufsichtstätigkeit vorzulegen.

2. Diese Berichte sind in der von der Zentralbehörde vorgeschriebenen Weise zu verfassen und haben Gegenstände zu behandeln, die von ihr von Zeit zu Zeit festgesetzt werden. Sie sind mindestens so oft, wie es die Zentralbehörde vorschreibt, jedenfalls aber mindestens einmal im Jahre vorzulegen.

Teil XII.

Unterkunft

Artikel 85 Die zuständigen Stellen haben in Beratung mit den Vertretern der beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, die Bereitstellung von ausreichenden Unterkünften für die Plantagenarbeiter in geeigneter Weise zu fördern.

Artikel 86 1. Die Mindestnormen und -Vorschriften für die Unterkünfte, die gemäss dem vorstehenden Artikel bereitgestellt werden sollen, sind von der zuständigen Behörde festzusetzen. Diese soll, soweit möglich, aus Vertretern der Arbeitgeber

71 und der Arbeitnehmer bestehende Beratungsausschüsse zur Begutachtung von Fragen der Unterkunft einsetzen.

2. Diese Mindestnormen sollen Vorschriften enthalten betreffend a. die zu verwendenden Baustoffe; fe. die Mindestgrösse der Unterkünfte, die Anordnung, Belüftung, Boden· fläche und Höhe der Bäume ; G. die Verandafläche, die Koch- und Waschgelegenheiten, Abstellräume, die Wasserversorgung sowie die sanitären Anlagen.

:

, Artikels?

Die Gesetzgebung hat angemessene Zwangsmassnahmen gegen Übertretungen der gemäss dem vorstehenden Artikel erlassenen gesetzlichen Vorschriften vorzusehen und wirksam anzuwenden.

Artikel 88 1. Werden Unterkünfte vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt, so dürfen die Mietbedingungen für Plantagenarbeiter nicht ungünstiger sein als die durch die innerstaatliche,Gesetzgebung festgesetzten oder landesüblichen Bedingungen.

2. Wenn ein auf der Plantage untergebrachter Arbeitnehmer entlassen wird, so ist ihm eine angemessene Frist zur Bäumung der Unterkunft zu bewilligen. Ist diese Frist nicht gesetzlich festgelegt, so ist sie durch ein anerkanntes Verhandlungsverfahren zu bestimmen. Kann auf diesem Wege keine Einigung erzielt werden, so ist der ordentliche Zivilrechtsweg,zu beschreiten.

Teil XIII. Ärztliche Betreuung Artikel 89 Die zuständigen Stellen haben in Beratung mit den Vertretern der beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, die Bereitstellung von ausreichenden ärztlichen Diensten für Plantagenarbeiter und deren Familienangehörige in geeigneter Weise zu fördern.

Artikel 90 1. Die ärztlichen Dienste müssen den von den Behörden vorgeschriebenen Normen entsprechen, der Zahl der in Betracht kommenden Personen angemessen sein und, über eine ausreichende Zahl qualifizierter Kräfte zur Durchführung ihrer Aufgabe verfügen.

, 2. Sofern diese Dienste von den zuständigen öffentlichen Behörden bereitgestellt werden, haben sie den Normen, Bräuchen und Gepflogenheiten i der betreffenden Behörde zu entsprechen.

72 Artikel 91 Die zuständige Stelle hat in Beratung mit den Vertretern der beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, Massnahmen zu ergreifen, um endemische Krankheiten in Plantagengebieten zum Verschwinden oder unter Kontrolle zu bringen.

Teil XIV. Schlussbestimmungen Artikel 92 Die förmlichen Eatifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

Artikel 93 1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Eatifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

2. Dieses Übereinkommen tritt sechs Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, in dem in Übereinstimmung mit Artikel 3 die Eatifikationen von zwei der folgenden Länder eingetragen worden sind: Argentinien, Äthiopien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Burma, Ceylon, China, Dominikanische Bepublik, Ekuador, Frankreich, Ghana, Guatemala, Haiti, Honduras, Indien, Indonesien, Italien, Kolumbien, Kostarika, Kuba, Liberia, Malaiischer Bund, Mexiko, Niederlande, Nikaragua, Pakistan, Panama, Peru, Philippinen, Portugal, Salvador, Spanien, Sudan, Thailand, Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Vereinigte Arabische Eepublik, Vereinigte Staaten von Amerika, Vereinigtes Königreich von Grossbritannien und Nordirland, Vietnam.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied sechs Monate nach der Eintragung seiner Eatifikation in Kraft, Artikel 94 1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tage, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden.

In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

73

Artikel 95 1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen, Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm Von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.

2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Eatifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Artikel 96 Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle; von ihm nach Massgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.

, Artikel 97 Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, so oft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Artikel 98 l. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen : a. Die Eatifikation des neuerfassten Übereinkommens durch ein Mitglied schliesst ohne weiteres die sofortige ·Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Bücksicht auf Artikel 94, vorausgesetzt, ;dass das , :neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b. Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr : ratifiziert werden.

2., Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

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Artikel99

. Der französische und der englische Wortlaut dieses :Überemkommens sind in gleicher Weise massgebend.

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Empfehlung (Nr. 110) betreffend die Arbeitsbedingungen der Plantagenarbeiter Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 4. Juni 1958 zu ihrer zweiundvierzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Arbeitsbedingungen der Plantagenarbeiter, eine Frage, die den fünften Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 24. Juni 1958, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die Plantagenarbeit, 1958, bezeichnet wird.

Die Konferenz empfiehlt den Mitgliedern, die folgenden Bestimmungen anzuwenden : I. Einleitende Bestimmungen 1. (1) Als «Plantage» im Sinne dieser Empfehlung gilt jeder landwirtschaftliche Betriebj der in einem tropischen oder subtropischen Gebiet gelegen ist, regehnässig Lohnarbeiter beschäftigt und sich hauptsächlich mit der gewerbsmässigen Anpflanzung oder Gewinnung von Kaffee, Tee, Zuckerrohr, Kautschuk, Bananen, Kakao, Kokosnüssen, Erdnüssen, Baumwolle, Tabak, Faserpflanzen (Sisal, Jute und Hanf),.Zitru3früchten, Palmöl, Chinarinde oder Ananas befasst. Diese Empfehlung gilt nicht für Familien- oder Kleinbetriebe, deren Erzeugnisse für den örtlichen Markt bestimmt sind und die nicht regel' massig Lohnarbeiter beschäftigen.

(2) Jedes Mitglied kann nach Anhörung der in Betracht kommenden massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, die Anwendung der Empfehlung auch auf andere Plantagen ausdehnen, indem es a. der Liste der in Unterabsatz (1) dieses Absatzes aufgezählten Kulturen eine oder mehrere der folgenden hinzufügt : Eeis, Zichorie, Kardamom, Géranium und Pyrethrum oder andere Kulturen ; 6. den in Unterabsatz (1) dieses Absatzes erfassten Plantagen Betriebskategorien hinzufügt, die darin nicht aufgeführt sind, auf Grund der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis aber als Plantagen gelten.

Das betreffende Mitglied sollte dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes in seinem nach Artikel 19, Absatz 6, der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation vorzulegenden Berichten die im Sinne dieses Unterabsatzes getroffenen Massnahmen mitteilen.

. 7 5 (8) Als «Plantagen» im Sinne dieses Absatzes gelten normalerweise auch Betriebe,-die sich mit der ! Aufbereitimg des Erzeugnisses oder der Erzeugnisse der Plantagen befassen.

2. Jedes Mitglied sollte die Bestimmungen dieser' Empfehlung auf alle Plantagenarbeiter ohne Unterschied der Basse, der Hautfarbe, des Geschlechts, des Glaubensbekenntnisses, der politischen Meinung, der Staatsangehörigkeit, der sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einem Stammesverband oder der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft anwenden.

' 3. Jedes Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation sollte dem Internationalen Arbeitsamt in angemessenen, vom Verwaltungsrat festzusetzenden Zeitabständen über den Stand der Gesetzgebung lUnd über die Praxis bezüglich der in dieser Empfehlung behandelten Fragen in den Ländern und, Gebieten berichten, für die das Mitglied verantwortlich ist. In diesen Berichten sollte näher angegeben werden, in welchem Umfang den Bestimmungen dieser Empfehlung entsprochen wurde oder entsprochen werden soll, ferner sollten die Abänderungen dieser Bestimmungen bezeichnet werden, die notwendig erscheinen oder erscheinen können, um die Annahme oder Anwendung der Bestimmungen zu ermöglichen.

: 4. In Übereinstimmung mit Artikel 19, Absatz 8, der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation sollte keine Bestiinnmng dieser Empfehlung so ausgelegt werden, als würde dadurch, irgendein Gesetz, Bechtsspruch, Gewohnheitsrecht oder Vertrag berührt, die den beteiligten Arbeitnehmern günstigere Bedingungen gewährleisten, als sie in dieser Empfehlung vorgesehen sind.

II. Berufsausbildung 5. In jedem Lande sollten die Behörden, andere geeignete Stellen oder beide gemeinsam dafür sorgen, dass die berufliche Ausbildung nach einem wirksamen, zweckmässigen, .systematischen und abgestimmten Plan festgelegt und durchgeführt wird.

6. (1) In unterentwickelten Gebieten mit mangelnden Ausbildungsmöglichkeiten sollte in erster Linie ein befähigtes Lehr- und Ausbildungspersonal herangebildet werden.

(2) Selbst wenn dieses Lehr- und Ausbildungspersonal nicht zur Verfügung steht, sollte jede mögliche Unterstützung gewährt werden, um Ausbildungsmöglichkeiten auf Plantagen zu schaffen, deren Leitung hinreichend befähigt ist, die praktische Ausbildung zu übernehmen.

7. Für die Berufsausbildungsprogramme sollte
die Stelle oder sollten die Stellen verantwortlich sein, von denen man sich die besten Ergebnisse versprechen darf; werden mehrere Stellen zusammen mit dieser Aufgabe betraut, so sollten Massnahmen zur Koordinierung der Berufsausbildungsprogramme getroffen werden. Die örtlichen Stellen sollten an der Verwirklichung dieser Pläne mitarbeiten. Es sollte eine enge Zusammenarbeit, mit den in Betracht kommenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden sowie mit sonstigen beteiligten Organisationen, soweit solche bestehen, gepflogen werden.

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8. Obgleich zur Verwirklichung der Berufsausbildungsprogramme in vielen Fällen lokale finanzielle Zuschüsse angezeigt sind, sollten auch die Behörden in einem für zweckmässig und notwendig erachteten Ausmass zur Verwirklichung der staatlichen und privaten Berufsausbildungsprogramme durch Massnahmen z.B. folgender Art beitragen: Bewilligung von Zuschüssen; Bereitstellung von Grundstücken, Gebäuden, Verkehrsmitteln, Lehrmitteln und Ausrüstungen; Beitrag zu den Unterhaltskosten oder zur Vergütung für die Auszubildenden während der Ausbildungsdauer durch Gewährung von Stipendien oder auf andere Weise und durch unentgeltliche Zulassung von Auszubildenden mit entsprechender Befähigung zu plantagenwirtschaftlichen Internatsschulen, insbesondere wenn es sich um Personen handelt, die ihre Ausbildungskosten nicht selbst bestreiten können.

III. Löhne, 9. Die Höchstdauer der: Zeitspanne von einer Lohnzahlung zur anderen sollte so bemessen sein, dass der Lohn ausgezahlt wird a. den Arbeitnehmern, die im Stunden-, Tages- oder Wochenlohn stehen, mindestens zweimal monatlich, in Abständen von höchstens sechzehn Tagen, ·b. Personen, deren Arbeitsentgelt auf monatlicher oder jährlicher Grundlage berechnet wird, mindestens einmal monatlich.

10. (1) Für Arbeitnehmer, die im Stück- oder Leistungslohne stehen, sollte die Höchstdauer der Zeitspanne von einer Lohnzahlung zur anderen, soweit es möglich ist, so bemessen sein, dass der Lohn mindestens zweimal monatlich in Abständen von höchstens sechzehn Tagen ausgezahlt wird.

(2) Für Arbeitnehmer, die bei einer Arbeit beschäftigt sind, deren Fertigstellung mehr als zwei Wochen erfordert, sollten, falls nicht auf Grund eines Gesamtarbeitsvertrages oder Schiedsspruches eine andere Lohnperiode gilt, geeignete Massnahmen getroffen werden, damit a. ihnen mindestens zweimal monatlich, in Abständen von höchstens sechzehn Tagen, im Verhältnis zur geleisteten Arbeit bemessene Vorschüsse gewährt werden, o. die Schlussabrechnung über ihren Lohn spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Fertigstellung der Arbeit erfolgt.

11. Die Angaben über die Lohnbedingungen, die den Arbeitnehmern mitgeteilt werden müssen, sollten, soweit es erforderlich ist, Einzelheiten enthalten über a. die Lohnsätze, b. die Art der Lohnberechnung, c. die Lohnperioden, d. die Auszahlungsstelle, e. die Bedingungen, unter denen Lohnabzüge vorgenommen werden können'.

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12. Wo immer es angezeigt ist, sollten die Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung Angaben für die betreffende Lohnperiode über folgende Daten erhalten, soweit diese veränderlich sind: a. den verdienten Bruttolohn, .· ' b. alle gegebenenfalls vorgenommenen Lohnabzüge, unter Angabe der Gründe ; dafür undihrer Höhe, , ; G. den'geschuldeten Nettolohn. · 13. Wo immer es angezeigt ist, sollten die Arbeitgeber Lohnlisten führen, weiche die im vorigen Absatz bezeichneten Angaben für jeden Arbeitnehmer enthalten. ; ' ·, 14. (1) 'Durch die erforderlichen Massnahmen sollte dafür gesorgt werden, dass : , das ' verdiente Entgelt ordnungsgeraäss ausgezahlt wird und dass die Arbeitgeber'.Verzeichnisse'über die Auszahlungen führen, den Arbeitnehmern Bescheinigungen über das ihnen ausgezahlte Entgelt ausstellen und auch sonst alles tun, .was geeignet ist, die notwendige Kontrolle zu erleichtern.

(2) Das Entgelt sollte in der Hegel nur in bar und an den Arbeitnehmer selbst ausgezahlt werden.

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(3) Das Entgelt sollte regelmässig und in Zeitabständen ausgezahlt werden, welche die. Wahrscheinlichkeit einer Verschuldung der Arbeitnehmer vermindern, es sei denn, .dass ein Ortsgebrauch dem entgegensteht, und die Arbeitnehmer dessen Beibehaltung wünschen.

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'' (4) Bilden Nahrung, Wohnung, Bekleidung und andere wichtige Leistungen und Dienste einen Bestandteil des Arbeitsentgeltes,, so sollten dip zuständigen Stellen alle in Betracht kommenden praktischen Massnahmen treffen, um genau festzustellen, ob diese Leistungen und Dienste angemessen sind und welches ihr Geldwert ist.

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(5) Es sollten alle in, Betracht kommenden praktischen Massnahmen getroffen werden, um ; , . · . · :.

a. die Arbeitnehmer über ihre Eechte in Fragen des Arbeitentgeltes zu unterrichten, , .

, b. ungerechtfertigte Abzüge zu verhindern und ·,, · · · · o. die Abzüge für die einen Bestandteil des Arbeitsentgeltes bildenden Leistungen und Dienste auf den dem wirklichen Geldwert dieser Leistungen und Dienste entsprechenden Betrag zu beschränken.

15. (1) Die Möglichkeiten freiwilligen Sparens durch Arbeitnehmer sollten gefördert rwerden.

, i (2) Die Höchstbeträge der Vorschüsse auf das Entgeld und die Art ihrer Bückzahlung sollten durch die zuständige Stelle geregelt werden.

(3) Die zuständige Stelle sollte die Höhe der Vorschüsse, die feinem
ausserhalb des Gebietes angeworbenen Arbeitnehmer gewährt werden dürfen, begrenzen. Der Betrag jedes solchen Vorschusses sollte dem Arbeitnehmer deutlich bekanntgegeben werden. Soweit ein Vorschuss den;von der zuständigen Stelle Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. I.

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festgesetzten Betrag übersteigt, soll er im Bechtswege nicht zurückgefordert werden können.

(4) Es sollten alle in Betracht kommenden Massnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer gegen Wucher getroffen werden, namentlich Massnahmen zur Herabsetzung des Zinsfusses für Darlehen, zur Beaufsichtigung der Geschäfte der Darlehensvermittler und zur Förderung der Gewährung von Darlehen für geeignete Zwecke durch Kreditinstitute auf genossenschaftlicher Grundlage oder durch behördlicher Aufsicht unterstehende Anstalten.

16. Bei der Festsetzung der Mindestlohnsätze ist es wünschenswert, dass die mit dieser Aufgabe betraute Stelle unter allen Umständen der Notwendigkeit Rechnung trägt, den beteiligten Arbeitnehmern eine angemessene Lebenshaltung zu sichern.

17. Bei der Festsetzung der Mindestlohnsätze sollten unter anderem folgende Umstände berücksichtigt werden: die Kosten der Lebenshaltung, der gerechte und angemessene Wert der geleisteten Dienste, die für ähnliche und vergleichbare Arbeiten nach den Gesamtarbeitsverträgen gezahlten Löhne und der allgemeine Stand der Löhne für die eine ähnliche Befähigung erfordernden Arbeiten des betreffenden Gebietes, in denen die Arbeitnehmer ausreichend organisiert sind.

18. Zwecks Durchführung der Verfahren zur Feststellung von Mindestlöhnen, gleichviel welcher Art diese Verfahren sind, sollte eine Erhebung über die auf Plantagen bestehenden Verhältnisse vorgenommen werden; die wesentlich und hauptsächlich beteiligten Parteien, das heisst die Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder ihre massgebenden Verbände, soweit solche bestehen, sollten angehört werden. Die Meinung der beteiligten Parteien sollte über sämtliche mit der Festsetzung von Mindestlöhnen zusammenhängende Fragen eingeholt und gebührend berücksichtigt werden.

19. Um den etwaigen Lohnfestsetzungen grösseres Gewicht zu sichern, sollte, falls es die für die Festsetzung von Mindestlöhnen eingeführten Verfahren ermöglichen, den beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine unmittelbare und paritätische Teilnahme an der Tätigkeit der mit der Festsetzung von Mindestlöhnen betrauten Stellen durch Vertreter in gleicher Zahl oder jedenfalls mit gleichem Stinimrecht gewährt werden.

20. Um sicherzustellen, dass die Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer das Vertrauen derjenigen besitzen, deren Interessen sie in
den Fällen des Absatzes 19 vertreten, sollte den beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern, soweit die Umstände dies gestatten, das Eecht eingeräumt werden, bei der Bestimmung ihrer Vertreter mitzuwirken. Jedenfalls sollten die Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, soweit solche bestehen, aufgefordert werden, diejenigen Personen namhaft zu machen, die zu Mitgliedern der mit der Lohnfestsetzung betrauten Stelle ernannt werden sollen.

21. Falls das für die Festsetzung von Mindestlöhnen eingeführte Verfahren die Mitwirkung unabhängiger Personen entweder für das Schiedsverfahren oder

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22. Es sollte ein Verfahren vorgesehen werden, das, eine, Überprüfung der Mindestlohnsätze in angemessenen Zeitabständen ermöglicht. , 23. Zum wirksamen Schütze der Löhne der beteiligten Arbeitnehmer sollten unter den Massnahrnen, die: eine Gewähr dafür bieten,, dass keine geringeren als die festgesetzten Mindestlöhne gezahlt werden, insbesondere die folgenden getroffen werden : a. Vorkehrungen, um die geltenden Mindestlohnsätze bekanntzumachen und insbesondere die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der den Verhältnissen des betreffenden Landes am besten entsprechenden Weise über diese Sätze auf dem laufenden zu halten, ~b. eine amtliche;Überwachung der wirklich gezahlten Löhne,, o. Zwangsmassnahmen bei Verstössen gegen die geltenden Lohnsätze wie auch Massnahmen zur Verhütung solcher Verstösse.

24. Es sollten alle erforderlichen Massnahmen getroffen werden, um die Lohnabzüge in dem zur Gewährleistung des Unterhaltes des Arbeitnehmers und seiner Familie notwendigen Ausmasse zu begrenzen.

25. (1) Lohnabzüge zur Gutmachung eines Verlustes, oder Schadens an Erzeugnissen, Gütern oder Einrichtungen des Arbeitgebers, sollten nur insoweit zugelassen werden, als der beteiligte Arbeitnehmer für den Verlust, oder Schaden erwiesenermassen verantwortlich ist.

(2) Die Höhe der bezeichneten Abzüge sollte den Grundsätzen1 der Billigkeit entsprechen und den tatsächlichen Wert des erlittenen Schadens oder Verlustes nicht übersteigen.

(3) Bevor ein solcher Lohnabzug vorgenommen wird, sollte dem beteiligten Arbeitnehmer Gelegenheit geboten werden, die Gründe vorzubringen, aus denen ein Abzug unterbleiben sollte.

26. Es sollten angemessene Massnahmen getroffen werden, um Lohnabzüge für die dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Werkzeuge, Zubehörteile und Äusrüstungsgegenstände auf die Fälle zu beschränken, in denen solche Abzüge a. in dem betreffenden Gewerbe oder Beruf als allgemein üblich gelten oder b. durch einen Gesamtarbeitsvertrag oder einen Schiedsspruch vorgesehen sind, oder G. in irgendeiner anderen Weise durch ein von der innerstaatlichen Gesetzgebung gestattetes Verfahren zugelassen werden.

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IV. Gleichheit des Entgelts 27. (1) Jedes Mitglied sollte mit den Mitteln, die den bestehenden Verfahren zur Festsetzung der Entgeltsätze entsprechen, die Anwendung des Grundsatzes der Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit auf allen Arbeitnehmer fördern und, soweit es mit diesem Verfahren vereinbar ist, sicherstellen.

(2) Dieser Grundsatz kann verwirklicht werden durch a. die innerstaatliche Gesetzgebung, 6. gesetzlich geschaffene oder anerkannte Einrichtungen zur Lohnfestsetzung, c. Gesamtarbeitsverträge zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern oder d. eine Verbindung dieser verschiedenen Mittel.

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V. Arbeitszeit und Überstunden 28. Die Bestimmungen dieses Teiles gelten für Arbeitnehmer, die im Zeitlohn stehen.

29. Die Arbeitszeit aller Personen, die auf Plantagen im Sinne von Ab.

satz l beschäftigt sind, sollte acht Stunden täglich und achtundvierzig Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Hiervon gelten folgende Ausnahmen: a. Die Bestimmungen dieses Teiles finden keine Anwendung auf Personen, die mit der Aufsicht oder Leitung beauftragt sind.

fe. Beträgt nach Gesetz, Gewohnheit oder Vereinbarung zwischen Berufsverbänden von Arbeitgebern und Arbeitnehmern (oder, in Ermangelung solcher A7erbände, zwischen Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer) die Arbeitszeit an einem oder mehreren Tagen der Woche weniger als acht Stunden, so kann durch Vergütung der zuständigen Stellen oder durch Vereinbarung zwischen den genannten Verbänden oder Vertretern der Beteiligten eine Überschreitung der achtstündigen Arbeitszeit an den übrigen Tagen der Woche zugelassen werden. Diese Überschreitung sollte indessen nicht mehr als eine Stunde täglich betragen.

c. Bei Schichtarbeit sollte eine Verlängerung der Arbeitszeit an einzelnen Tagen über acht Stunden täglich und in einzelnen Wochen über achtundvierzig Stunden wöchentlich zulässig sein; in diesem Falle darf jedoch der Durchschnitt der Arbeitszeit, berechnet auf einen Zeitraum von drei Wochen oder weniger, ;acht Stunden täglich und achtundvierzig Stunden wöchentlich nicht überschreiten.

30. Die nach Absatz 29 begrenzte Arbeitszeit kann überschritten werden, wenn eine Betriebsstörung eingetreten ist oder droht, wenn dringliche Arbeiten an den Maschinen oder den Betriebseinrichtungen vorzunehmen sind oder wenn höhere Gewalt vorliegt, jedoch nur soweit es erforderlich ist, um eine ernstliche Störung des regelmässigen Betriebes zu verhüten. Diese Zeitgrenze kann auch überschritten werden, um den Verlust leichtverderblicher Güter oder rasch in Zersetzung übergehender Stoffe zu verhüten.

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31. Die nach Absatz 29 begrenzte Arbeitszeit kann bei Arbeiten, die ihrer Natur nach : einen ununterbrochenen Fortgang mit Schichtenwechsel erfordern, unter der Bedingung überschritten werden, dass die Arbeitszeit durchschnittlich :sechsundfünfzig Stunden wöchentlich nicht übersteigt. Durch diese Bestimmung sollte der Anspruch der Arbeitnehmer auf die Buhezeit, die ihnen etwa nach der innerstaatlichen Gesetzgebung als Ersatz für den wöchentlichen Buhetag zugesichert ist, nicht berührt werden.

32. (1) Die Behörden können hinsichtlich der Plantagenarbeit verfügen: a. Dauernde Ausnahmen für Vorbereitungs- und Ergänzungsarbeiten, die notwendigerweise ausserhalb der für die Plantage allgemein festgesetzten Arbeitszeit vorgenommen werden müssen, oder für Saisonarbeiten oder Arbeiten,:die in besonderem Masse Unterbrechungen mit sich bringen, b. vorübergehende Ausnahmen bei aussergewöhnlicher Häufung der Arbeit.

(2) Derartige Verfügungen dürfen erst nach Anhörung der beteiligten Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, soweit solche bestehen, erlassen werden. Sie sollten für jeden einzelnen Fall die Höchstzahl der zulässigen Überstunden vorschreiben.

33. Die Lohnsätze für alle nach Absatz 30, 31 und 32 über die in Absatz 29 vorgesehene Begrenzung hinaus geleisteten Überstunden sollten um mindestens 25 Prozent über den normalen Lohnsätzen hegen.

VI. Sozialeinrichtungen 34. Mit Büoksicht auf die Vielfalt der Sozialeinrichtungen und der diesbezüglich geltenden Praxis in den einzelnen Ländern können:die,in diesem Teil der Empfehlung genannten Einrichtungen durch ein Vorgehen der öffentlichen Stellen oder durch ein'Vorgehen freiwilliger A r t ,: ; ' · . . .

a. im Wege der Gesetzgebung oder durch Verordnung, ,v b. auf jedem anderen, von der zuständigen Stelle nach Anhörung der Arbeitgeber-und Arbeitnehmerverbände gebilligten Wege oder ' ; ' .

c. auf Grund von Gesamtarbeitsverträgen oder sonstigen Vereinbarungen der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingeführt werden.

35. Ah Orten, an denen keine ausreichenden Einrichtungen für den Kauf geeigneter Lebensrnittel, Getränke und Mahlzeiten bestehen,; sollten Massnahmen : ergriff en werden, damit den Arbeitnehmern derartige, Einrichtungen zur, Verfügung stehen.

, 36. Die . Arbeitnehmer sollten in keinem Eall gezwungen werden, von diesen
Verpflegungseinrichtungen Gebrauch zu machen, ausser wenn die inner 7 staatliche Gesetzgebung dies aus Gesundheitsrücksichten vorsieht.

37. (1) Es sollten geeignete Massnahmen getroffen werden, um die .Einrichtungen von Erholungsgelegenheiten für die Arbeitnehmer im Betrieb oder in dessen Nähe anzuregen, sofern nicht bereits derartige Gelegenheiten von

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besonderen Stellen oder vom Gemeinwesen geschaffen worden sind und zur Verfügung stehen und sofern von den Vertretern oder beteiligten Arbeitnehmer ein tatsächliches Bedürfnis nach diesen Erhomngsgelegenheiten geltend gemacht wird.

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(2) Erweisen sich diese Massnahmen als notwendig, so sollten sie je nach den Umständen entweder von auf Grund der innerstaatlichen Gesetzgebung geschaffenen Stellen getroffen werden, falls diese Frage in ihre Zuständigkeit fällt, oder auf Grund freiwilligen .Vorgehens der beteiligten Arbeitgeber oder Arbeitnehmer nach gegenseitiger Rücksprache. Vorzugsweise sollten diese Massnahmen in einer Weise getroffen werden, dass sie das Vorgehen der öffentlichen Stellen anregen und unterstützen, so dass das Gemeinwesen der Nachfrage nach Erholungsgelegenheiten entsprechen kann.

88. Unabhängig von den für die Einrichtung von Erholungsgelegenheiten verwendeten Methoden sollten die Arbeitnehmer in keinem Fall gezwungen werden, von irgendwelchen dieser Gelegenheiten Gebrauch zu machen.

39. Die zuständigen Stellen jedes Landes sollten dafür sorgen, dass die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände bezüglich der Verwaltungsmethoden und der Beaufsichtigung der auf Grund der innerstaatlichen Gesetzgebung geschaffenen Sozialeinrichtungen angehört werden.

40. Bestehen in wirtschaftlich unterentwickelten Ländern für Sozialeinrichtungen keine sonstigen gesetzlichen Verpflichtungen, so können diese Einrichtungen aus Sozialfonds finanziert werden, deren Mittel aus behördlich festgesetzten Beiträgen stammen und von Ausschüssen verwaltet werden, denen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter paritätisch angehören.

41. (1) Werden Mahlzeiten und sonstige Mittel zur Verpflegung den Arbeitnehmern vom Arbeitgeber unmittelbar zur Verfügung gestellt, so sollten die Preise angemessen sein und.derart festgesetzt werden, dass die Arbeitgeber keinen Gewinn erzielen; etwaige Überschüsse aus dem Vertrieb sollten in eine Kasse oder auf ein Sonderkonto eingezahlt werden, deren Mittel den Umständen entsprechend entweder zum Ausgleich von Verlusten oder zur Verbesserung der den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten Einrichtungen zu verwenden wären.

(2) Werden Mahlzeiten und sonstige Mittel zur Verpflegung den Arbeitnehmern von einem Geschäftsführer oder von einem Pächter zur Verfügung gestellt, so sollten
die Preise angemessen sein und derart festgesetzt werden, dass die Arbeitgeber keinen Gewinn erzielen.

(3) Sind die betreffenden Einrichtungen auf Grund von Gesamtarbeitsverträgen oder durch Sondervereinbarungen einzelner Betriebe geschaffen worden, so sollte die in Unterabsatz (1) erwähnte Kasse entweder von einer paritätischen Stelle oder von den Arbeitnehmern verwaltet werden.

42'. (1) In keinem Fall darf von Arbeitnehmern verlangt werden, dass sie sich an den Kosten für die Sozialeinrichtungen zu beteiligen haben, die sie persönlich nicht zu benutzen wünschen.

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(2) Wird vorgesehen, dass die Arbeitnehmer zu den Kosten für Sozialeinrichtungen beizutragen haben, so sollten Ratenzahlungen: oder gestundete Zahlungen nicht erlaubt sein.

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48. Ist die Zurücklegung des Weges zur und von der Arbeit für einen Grossteil der Arbeitnehmer mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, weil di,e allgemeinen Beförderungsmittel nicht genügen oder weil die Fahrpläne nicht auf Beginn und Schiusa der Arbeitszeit abgestimmt sind, so sollten sieh die Betriebe, die diese Arbeitnehmer beschäftigen, darum bemühen, bei den Öffentlichen Verkehrsbetrieben der betreffenden Oftschaft die erforderlichen Anpassungen , und Verbesserungen durchzusetzen.

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' 44. Besteht für die Arbeitnehmer Bedarf nach ausreichenden, leicht benutzbaren Beförderungsmitteln und können diese auf keine andere Weise bereitgestellt werden, so sollten die Betriebe sie zur Verfügung stellen.

· ' VII. Unfallverhütung 45. Die Mitglieder sollten geeignete Massnahmen zur Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten ergreifen.

VIII. Entschädigung bei Arbeitsunfällen 46. Bei Erwerbsunfähigkeit sollte die Entschädigungsleistung am Tag des Unfalles beginnen, gleichviel ob der Arbeitgeber, eine Einrichtung der Unfallversicherung oder eine solche der Krankenversicherung zur Leistung verpflichtet ist.

, 47. Hat der Unfall eine solche Erwerbsunfähigkeit zur Eolge, dass der verletzte Arbeitnehmer ständig fremder Hilfe bedarf, so sollte eine Zusatzentschädigung gewährt werden.

48. Die verletzten Arbeitnehmer haben Anspruch auf ärztlichen Beistand und auf die infolge, des Unfalles erforderliche chirurgische Behandlung und Versorgung mit Arznei. Die daraus erwachsenden Kosten sollten vom Arbeitgeber, von den Einrichtungen der Unfallversicherung oder den Einrichtungen der Kranken- oder Invaliditätsversicherung getragen werden.

49. (1); Verletzte Arbeitnehmer haben .gegenüber dem Arbeitgeber: oder dem/Träger der Versicherung Anspruch auf Lieferung und ordnungsmässige Erneuerung der benötigten Körperersatzstücke und orthopädischen Behelfe.

Die innerstaatliche Gesetzgebung kann in Ausnahmefällen an Stelle der Lieferung und Erneuerung der Körperersatzstücke und orthopädischen Behelfe die Gewährung einer Zusatzentschädigung zulassen; diese sollte bei der Festsetzung oder Nachprüfung der Entschädigung, und zwar mit dem
wahrscheinlichen Betrage der Anschaffungs- und Erneueruhgskosten der Körperersatzstücke und orthopädischen Behelfe, bemessen werden.

(2) Die innerstaatliche Gesetzgebung sollte die notwendigen Vorkehrungen treffen, damit Missbräuche bei der Erneuerung von Ersatzstücken und Behelfen vermieden und die Zusatzentschädigungen ihrem Zweck entsprechend verwendet werden.

IX. Entschädigung bei Berufskrankheiten 50. Jedes Mitglied sollte Arbeitnehmern, die durch Berufskrankheiten erwerbsunfähig geworden sind, oder ihren Hinterbliebenen eine Entschädigung nach den allgemeinen Grundsätzen seiner innerstaatlichen Gesetzgebung über die Entschädigung bei Arbeitsunfällen sichern.

51.. Die Entschädigungssätze sollten nicht geringer sein als diejenigen, welche die innerstaatliche Gesetzgebung für die aus Arbeitsunfällen herrührenden Schäden vorsieht. Mit dieser Einschränkung steht es jedem Mitglied frei, bei der gesetzlichen Eegelung der Entschädigung für die betreffenden Krankheiten und bei der Unterstellung dieser Krankheiten unter die innerstaatliche Gesetzgebung über die Entschädigung bei Arbeitsunfällen die zweckdienlichen Änderungen und Anpassungen vorzunehmen.

52. Jedes Mitglied sollte als Berufskrankheiten die Krankheiten und Vergiftungen betrachten, die in einem von dem Mitglied nach Anhörung der massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände aufzustellenden Verzeichnis angeführt sind.

X. Soziale Sicherheit 53. Jedes Mitglied sollte seine Gesetzgebung, die den Arbeitnehmern durch Versicherung oder in anderer geeigneter Form Schutz für den Fall von Krankheit, Mutterschaft, Invalidität, Alter und ähnlichen sozialen Eisiken bietet, unter gleich günstigen Bedingungen, wie sie für die Arbeitnehmer in Gewerbe und Handel gelten, auf die Plantagenarbeiter ausdehnen.

XI. Arbeitsaufsicht 54. Die mit Ausweisen versehenen Aufsichtsbeamten sollten gesetzlich befugt sein, a. jederzeit bei Tag und bei Nacht eine Örtlichkeit zu besuchen und zu besichtigen, wenn sie mit gutem Grund annehmen können, dass dort Personen beschäftgt werden, die unter dem Schütze des Gesetzes stehen, und bei Tage jede Örtlichkeit zu betreten, wenn sie mit gutem Grund annehmen können, dass sie ein Betrieb oder Teil eines Betriebes ist, der ihrer Überwachung untersteht ; dabei wird vorausgesetzt, dass die Beamten, ehe sie weggehen, wenn möglich dem Arbeitgeber oder einem seiner Vertreter von ihrem Besuche Kenntnis geben ; 6. ohne Zeugen das Personal der Betriebe zu befragen und zur Erfüllung ihrer Aufgaben sich um Auskunft auch an alle anderen Personen zu wenden, deren Zeugnis sie für notwendig erachten, ferner die Vorlage aller durch die Arbeitsgesetzgebung vorgeschriebenen Verzeichnisse und Unterlagen zu verlangen.

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Übereinkommen (Nr. 111) über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des ilnternationalen Arbeitsamtes nach Genf .einberufen wurde und am 4. Juni 1958 zu ihrer zweiundvierzigsten Tagung zusammengetreten ist, : · hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen, betreffend die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und , dabei bestimmt, dass diese Anträge · die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen. .

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In der Erwägung, dass die Erklärung von Philadelphia bestätigt, dass alle Menschen, ungeachtet ihrer Easse, ihres Glaubens und ihres Geschlechts, . das Becht'haben, materiellen Wohlstand und geistige Entwicklung in Freiheit und Würde, in wirtschaftlicher Sicherheit und unter gleich günstigen Bedingungen zu erstreben, dass;ferner Diskriminierung eine Verletzung Von Bechten bedeutet, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte niedergelegt sind, nimmt die Konferenz heute am 25. Juni 1958, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf), 1958, bezeichnet wird.

·',..· '. · Artikel, l : 1. Im Sinne dieses Übereinkommens gilt als «Diskriminierung» a. jede Unterscheidung, Ausschliessung oder Bevorzugung, die auf Grund,der Basse, der Hautfarbe, des Geschlechts, des Glaubensbekenntnisses, der politischen Meinung,! der nationalen Abstammung oder der sozialen' Herkunft vorgenommen wird und die dazu führt, die Gleichheit der Gelegenheiten oder der Behandlung in Beschäftigung oder Beruf aufzuheben oder zu beeinträchtigen ; b. jede > andere Unterscheidung, Ausschliessung, oder Bevorzugung, die dazu führt, die Gleichheit der Gelegenheiten oder der Behandlung in Beschäftigung oder:; Beruf aufzuheben oder zu, beeinträchtigen, und die von dem betreffenden Mitglied nach Anhörung der massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, und anderer geeigneter Stellen bestimmt wird.

2. Eine .Unterscheidung, Ausschliessung oder Bevorzugung hinsichtlich einer bestimmten Beschäftigung, die in den Erfordernissen dieser Beschäftigung begründet ist, gilt nicht als Diskriminierung. ; , ;

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3. Die Ausdrücke «Beschäftigung» und «Beruf» im Sinne dieses Übereinkommens umfassen die Zulassung zur Berufsausbildung, zur Beschäftigung und zu den einzelnen Berufen sowie die Beschäftigungsbedingungen.

Artikel 2 Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, verpflichtet sich,- eine innerstaatliche Politik festzulegen und zu verfolgen, die darauf abzielt, mit Methoden, die den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten angepasst sind, die Gleichheit der Gelegenheiten und der Behandlung in bezug auf Beschäftigung und Beruf zu fördern, um jegliche Diskriminierung auf diesem Gebiet auszuschalten.

Artikel 3 Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, verpflichtet sich, mit Methoden, die den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten angepasst sind, a. die Zusammenarbeit mit den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden und anderen geeigneten Stellen anzustreben, um die Annahme und Befolgung dieser Politik zu fördern ; b. Gesetze zu erlassen und Erziehungsprogramme zu unterstützen, die geeignet erscheinen, die Annahme and Befolgung dieser Politik zu sichern ; c. alle gesetzlichen Bestimmungen aufzuheben und alle Verwaltungsvorschriften oder-gepflogenheiten abzuändern, die mit dieser Politik nicht in Einklang stehen; d. diese Politik in bezug auf die Beschäftigungen zu befolgen, die der unmittelbaren Aufsicht einer staatlichen Behörde unterstehen; e. für die Befolgung dieser Politik in bezug auf die Tätigkeit der Stellen und Einrichtungen der Berufsberatung, Berufsausbildung und Arbeitsvermittlung zu sorgen, die der Aufsicht einer staatlichen Behörde unterstehen ; /. in seinen Jahresberichten über die Durchführung des Übereinkommens die gemäss dieser Politik getroffenen Massnahmen und die erzielten Ergebnisse bekanntzugeben.

Artikel 4 Massnahmen gegen eine Person, die in berechtigtem Verdacht einer gegen die Sicherheit des Staates gerichteten Betätigung steht oder die sich tatsächlich in solcher Weise betätigt, gelten nicht als Diskriminierung, vorausgesetzt, dass der betreffenden Person das Eecht der Berufung an eine nach landesüblicher Weise errichtete zuständige Instanz offensteht.

Artikel 5 1. Die besonderen Schutz- und Hilfsmassnahmen, die in anderen Übereinkommen oder Empfehlungen der Internationalen Arbeitskonferenz vorgesehen werden, gelten nicht als Diskriminierung.

87 2. Jedes Mitglied kann nach Anhörung der massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, erklären, dass auch andere Sondermassnahmen nicht als Diskriminierung gelten sollen, sofern diese auf die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Personen abzielen, die aus Gründen des Geschlechts, des Alters, der Behinderung, der Familienpflichten oder der sozialen oder kulturellen Stellung anerkanntermassen besonders schutzoder hilfsbedürftig sind.

Artikel 6 .

Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, es nach den Bestimmungen der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation auf dje ausserhalb des Mutterlandes gelegenen Gebiete anzuwenden.

Artikel 7 Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Ein tragung mitzuteilen.

Artikel 8 1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

2. Es tritt in Kraft zwölf Monate, nachdem die Ratifikation zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für, jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.

Artikel 9 , '.

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von,zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden.

In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraums von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Artikel W l.Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung

aller Eatifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.

2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Artikel 11 Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Massgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Eatifikationen und Kündigungen.

Artikel 12 ' Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, so oft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Artikel 13 1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen : a. Die Eatifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied schliesst ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Bücksicht auf Artikel 9, vorausgesetzt, dass das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

Ì). Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Artikel 14 Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise massgebend.

89

Empfehlung (Nr. 111) betreffend die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 4. Juni 1958 zu ihrer zweiundvierzigsten Tagung zusammengetreten ist, ' , ·· hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, eine Frage, die den .vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung zur Ergänzung des Übereinkommens über die Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf), 1958, erhalten sollen.

Die Konferenz, nimmt heute,, am 25. Juni1 1958, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf), 1958, bezeichnet wird.

Die Konferenz empfiehlt den Mitgliedern^ die folgenden Bestimmungen anzuwenden: , , I. Begriffsbestimmungen '\ , ; . 1. (1) Im Sinne dieser Empfehlung gilt als «Diskriminierung»,, a. jede Unterscheidung, Ausschliessung oder Bevorzugung, die, auf Grund, der Easse, der Hautfarbe, des Geschlechts, .des Glaubensbekenntnisses,. der politischen Meinung, der nationalen Abstammung oder der sozialen Her, kunft vorgenommen wird und die dazu führt, die Gleichheit der Gelegenheiten oder der Behandlung in Beschäftigung oder Beruf aufzuheben oder zu beeinträchtigen; !

, &., jede andere Unterscheidung, Ausschliessung oder Bevorzugung, die dazu führt, die Gleichheit der Gelegenheiten oder der Behandlung in Beschäftigung oder Beruf aufzuheben oder zu beeinträchtigen und die von dem betreffenden Mitglied nach Anhörung der massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnemneryerbände, soweit solche bestehen, und anderer geeigneter Stellen bestimmt wird.

(2) Eine Unterscheidung, Ausschliessung oder Bevorzugung hinsichtlich einer bestimmten Beschäftigung, die in den Erfordernissen dieser Beschäftigung begründet ist, gilt nicht als Diskriminierung.

(3) Die Ausdrücke «Beschäftigimg»und «Beruf »im Sinne dieser Empfehlung umfassen die Zulassung zur Berufsausbildung,; zur Beschäftigung und zu den einzelnen Berufen sowie die Beschäftigungsbedingungen.

90 II. Festlegung und Durchführung der Politik 2. Jedes Mitglied sollte eine staatliche Politik zur Verhütung von Diskri* minierung in Beschäftigung und Beruf festlegen. Diese Politik sollte durch gesetzgeberische Massnahmen, Gesamtarbeitsverträge zwischen massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden oder auf eine beliebige andere, den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten entsprechende Weise unter Berücksichtigung der folgenden Grundsätze verwirklicht werden : a. Die Förderung der Gleichheit der Gelegenheiten und der Behandlung in Beschäftigung und Beruf ist eine Angelegenheit des öffentlichen Interesses ; b. alle Personen sollten die Gleichheit der Gelegenheiten und der Behandlung ohne Diskriminierung für sich in Anspruch nehmen können in bezug auf i) den Zugang zur Berufsberatung und Arbeitsvermittlung; ii) den Zugang zur Ausbildung und Beschäftigung nach eigener Wahl auf Grund der persönlichen Eignung für eine solche Ausbildung und Beschäftigung; iii) das berufliche Fortkommen entsprechend dem Charakter, der Erfahrung, den Fähigkeiten und dem Fleiss jedes einzelnen; iv) die Sicherheit des Arbeitsplatzes; v) das Entgelt für gleichwertige Arbeit ; vi) die Arbeitsbedingungen unter Einschluss von Arbeitszeit, Buhezeiten, bezahltem Jahresurlaub, Massnahmen auf dem Gebiet der Unfallverhütung, der Arbeitshygiene und der Sozialen Sicherheit sowie von Sozialeinrichtungen und -leistungen im Zusammenhang mit der Beschäftigung; a. die staatlichen Dienststellen sollten in allen Tätigkeitsbereichen eine nicht diskriminierende Beschäftigungspolitik befolgen; p. die Arbeitgeber sollten bei der Anstellung, Ausbildung, Beförderung oder Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers oder bei der Festsetzung der Beschäftigungsbedingungen keine Diskriminierungen üben oder dulden; in Verfolgung dieses Grundsatzes sollten die Arbeitgeber keinerlei Behinderung oder Beeinflussung, ob auf direktem oder indirektem Wege, seitens dritter Personen oder Organisationen ausgesetzt sein ; e. bei den Kollektivverhandlungen und im Bahmen der Arbeitsbeziehungen sollten die Verhandlungspartner den Grundsatz der Gleichheit der Gelegenheiten und der Behandlung in Beschäftigung und Beruf beachten und dafür sorgen, dass Gesamtarbeitsverträge keine Bestimmungen diskriminierender Art hinsichtlich der Zulassung zur Beschäftigung,
der Berufsausbildung, der Beförderung, der Weiterbeschäftigung oder der Beschäftigungsbedingungen enthalten; /. die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände sollten hinsichtlich der Gewährung oder der Beibehaltung der Mitgliedschaft oder hinsichtlich der Mitarbeit in ihren Angelegenheiten keine Diskriminierung üben oder dulden.

91

3. Jedes Mitglied sollte a. für die Anwendung der Grundsätze der .Nichtdiskriminierung sorgen in bezug a u f , ' · : \ '.''

' i) die Beschäftigungen, die der unmittelbaren Aufsicht einer staatlichen Behörde unterstehen; : ii) die Tätigkeit der Stellen und Einrichtungen der Berufsberatung, Berufsausbildung und Arbeitsvermittlung, die der Aufsicht einer Staatlichen Behörde unterstehen ; , b. soweit möglich und notwendig, die Befolgung dieser Grundsätze in bezug auf anderweitige Beschäftigung und andere1 Stellen und Einrichtungen der Berufsberatung, Berufsausbildung und Arbeitsvermittlung fördern, indem insbesondere ', , .

i) die Dienstzweige und Stellen der Verwaltung von Gliedstaaten oder Provinzen eines Bundesstaates oder örtlicher Verwaltungsbehörden sowie Industrien und Betriebe, die iti öffentlichem Eigentum oder unter öffentlicher Aufsicht stehen, zur Befolgung dieser Grundsätze angeregt werden; . -, ii) die Vergebung von Aufträgen, für die öffentliche Mittel aufgewendet ·werden, von der Befolgung dieser Grundsätze abhängig gemacht wird ; iii) die 'Gewährung von Zuschüssen an Berüfsausbildungseinrichtungen und die Erteilung von Bewilligungen für den Betrieb privater Arbeitsvermittlungs- und Berufsberatungsbüros von der Befolgung dieser Grundsätze abhängig gemacht werden.

4. Um die Durchführung dieser Politik auf allen Gebieten des öffentlichen und privaten Dienstes zu fördern, sollten geeignete Stellen errichtet werden, denen nach Möglichkeit aus Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehrnerverbände, soweit solche bestehen, und anderer interessierter Stellen zusammengesetzte beratende Ausschüsse zur Unterstützung,beigegeben werden können; diese Stellen sollten insbesondere a. alle Massnahmen ergreifen, die geeignet sind, in der Öffentlichkeit das Verständnis für die Grundsätze der Nichtdiskriminierung zu wecken und ihnen Anerkennung zu verschaffen; b. Beschwerden über die Nichtdurchführung der Politik entgegennehmen, prüfen und ihnen nachgehen und, nötigenfalls durch Einigungsverfahren, die Abstellung aller Praktiken erwirken, die als der Politik zuwiderlaufend erachtet werden ; c. Beschwerden, die durch Einigungsverfahren nicht beigelegt werden können, weiterverfolgen und Gutachten abgeben oder darüber entscheiden, wie die festgestellten Diskriminierungspraktiken abzustellen sind.

5. Jedes Mitglied sollte alle gesetzlichen Bestimmungen aufheben und alle Verwaltungsvorschriften oder -gepflogenheiten abändern, die mit dieser Politik nicht in Einklang stehen.

92 6. Die Anwendung dieser Politik sollte Sondermassnahmen nicht beeinträchtigen, die auf die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Personen abzielen, die aus Gründen des Geschlechts, des Alters, der Behinderung, der Familienpflichten oder der sozialen oder kulturellen Stellung anerkanntermassen besonders schütz- oder hilfsbedürftig sind.

7. Massnahmen gegen eine Person, die in berechtigtem Verdacht einer gegen die Sicherheit des Staates gerichteten Betätigung steht .oder die sich tatsächlich in solcher Weise betätigt, gelten nicht als Diskriminierung, vorausgesetzt, dass der betreffenden Person das Eecht der Berufung an eine nach landesüblicher Weise errichtete zuständige Instanz offensteht.

8. Hinsichtlich der eingewanderten Arbeitnehmer fremder Staatsangehörigkeit und ihrer Familienangehörigen sollten die Bestimmungen des Übereinkommens über Wanderarbeiter (Neufassung), 1949, die sich auf die Gleichheit der Behandlung beziehen, und die Bestimmungen der Empfehlung betreffend die Wanderarbeiter .(Neufassung), 1949, die sich auf die Beseitigung von Beschränkungen beziehen, beachtet werden.

9. Die zuständigen Stellen, die Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer und andere geeignete Stellen sollten ständig zusammenarbeiten, um festzustellen, welche weiteren wirksamen Massnahmen angesichts der jeweiligen Verhältnisse des Landes notwendigem könnten, um den Grundsätzen der Nichtdiskrirninierung Geltung zu verschaffen.

III. 'Koordinierung der Massnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung auf allen Gebieten 10. Die für die Bekämpfung der Disluirninierung in Beschäftigung und Beruf verantwortlichen Stellen sollen ständig eng mit den Stellen zusammenarbeiten, die für die Bekämpfung der Diskriminierung auf anderen Gebieten zuständig sind, um alle zu diesem Zwecke getroffenen Massnahmen zu. koordinieren.

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Beilage 2

Wortlaut der von der Internationalen Arbeitskonferenz an ihrer 43. Tagung, 1959, angenommenen Übereinkommen und Empfehlungen Die nachstehend abgedruckten deutschen Texte bilden die in Übereinstimmung mit Artikel 42 der Geschäftsordnung der Internationalen Arbeitskonferenz angefertigten offiziellen Übersetzungen der französischen und englischen Urtexte.

Übereinkommen (Nr. 112) über das Mindestalter ìiir die Zulassung zur Arbeit in der Fischerei Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des luternationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde1 und am S.Juni 1959 zu ihrer dreiundvierzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend das Mindestalter für die Zulassung zur Arbeit in der Fischerei, eine Frage, die zum fünften Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines Internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 19. Juni 1959, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über das Mindestalter (Fischer), 1959, bezeichnet wird.

Art. l 1. Der Ausdruck «Fischereifahrzeug» im Sinne dieses Übereinkommens umfasst Schiffe und Boote aller Art, gleichviel ob sie, in öffentlichem oder privatem Eigentum stehen, die bei der Seefischerei im Salzwasser verwendet werden.

2. Dieses Übereinkommen gilt nicht für die Fischerei in Hafengewässern oder Flussmündungen oder für Personen, welche die Fischerei als Sport oder zum Vergnügen betreiben.

, Art. 2 I.Kinder und Jugendliche unter fünfzehn Jahren dürfen an Bord von Fischereifahrzeugen nicht beschäftigt werden oder arbeiten. : 2. Sie können jedoch gelegentlich an schulfreien Tagen an den Tätigkeiten an Bord von Fischereifahrzeugen teilnehmen, vorausgesetzt, dass die von ihnen verrichtete Tätigkeit , a. ihrer Gesundheit oder ihrer normalen Entwicklung nicht schadet, b. ihrem Schulbesuch nicht abträglich ist und , : , c. nicht Gewinnzwecken dient.

3. Ferner kann die innerstaatliche Gesetzgebung die Ausstellung von Zeugnissen zulassen, welche die Beschäftigung Jugendlicher von mindestens vierzehn Jahren erlauben, falls eine Schulbehörde oder eine andere von der Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. I.

7

94 innerstaatlichen Gesetzgebung bezeichnete Stelle nach gebührender Berücksichtigung der Gesundheit und körperlichen Verfassung des: Jugendlichen sowie der späteren und unmittelbaren Vorteile der vorgesehenen Beschäftigung festgestellt hat, dass diese im Interesse des Jugendlichen liegt.

Art. 3 Jugendliche unter achtzehn Jahren dürfen an Bord von Fischereifahrzeugen mit Kohlenfeuerung nicht als Kohlenzieher (Trimmer) oder Heizer beschäftigt werden oder arbeiten.

Art. 4 Die Bestimmungen der Artikel 2 und 3 finden keine Anwendung auf die Arbeit von Kindern und Jugendlichen auf Schulschiffen, sofern diese Arbeit behördlich zugelassen und überwacht wird.

Art. 5 Die förmlichen Eatifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

Art. 6 1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Eatifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

2. Es tritt in Kraft zwölf Monate nachdem die Eatifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Eatifikation in Kraft.

Art. 7 1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat; kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tage, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden.

In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Art. 8 1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung

95 aller: Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Or:| ganisation mitgeteilt werden.

2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

' ' ,; ' : ' .Art. 9 / Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über,alle von ihm nach Massgäbe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.

' : '.,.,,'.', , · Art. 10 , .

' · Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

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· . · · .

Art. 11 1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestirnnmngen : a'. Die Ratifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied schliesst ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Rücksicht auf Artikel,7, vorausgesetzt, dass das, neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b. Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefassten Übereinkommens an . kann das vorliegende, Übereinkommen von den Mitgliedern, nicht mehr ratifiziert werden.

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.· , , 2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die .Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert, haben.

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Art. 12

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Der französische und der englische Wortlaut dieses' Übereinkommens sind in gleicher Weise mass'gebend.

' ' Übereinkommen (Nr. 113) über die ärztliche Untersuchung der Fischer Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 3, Juni 1959 zu ihrer dreiimdvierzigster! Tagung zusammengetreten ist, !

96 hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die ärztliche Untersuchung der Fischer, eine Frage, die zum fünften Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 19. Juni 1959, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die ärztliche Untersuchung (Fischer), 1959, bezeichnet wird.

Art. l 1. Der Ausdruck «Fischereifahrzeug» im Sinne dieses Übereinkommens umfasst Schiffe und Boote aller Art, gleichviel ob sie in öffentlichem oder privatem Eigentum stehen, die bei der Seefischerei im Salzwasser verwendet werden.

2. Die zuständige Stelle kann nach Anhörung der beteiligten Beruf s verbände der Eigentümer von Fischereifahrzeugen und der Fischer, soweit solche bestehen, Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Übereinkommens für Fahrzeuge zulassen, die in der Eegel nicht längere als dreitägige Eeisen auf See unternehmen.

8. Dieses Übereinkommen gilt nicht für die Fischerei in Hafengewässern oder Flu&smündungen oder für Personen, welche die Fischerei als Sport oder zum Vergnügen betreiben.

Art. 2 , Eine Person darf zur Beschäftigung auf einem Fischereifahrzeug in irgendeiner Eigenschaft nur angeheuert werden, wenn sie ein Zeugnis vorlegt, das ihre Tauglichkeit für die vorgesehene Beschäftigung auf See bescheinigt und das von einem von der zuständigen Stelle anerkannten Arzt unterzeichnet ist.

Art. 3 1. Die zuständige Stelle bestimmt nach Anhörung der beteiligten Berufsverbände der Eigentümer von Fischereifahrzeugen und der Fischer, soweit solche bestehen, die Art der ärztlichen Untersuchung, die durchzuführen ist, und die Angaben, die das ärztliche Zeugnis zu enthalten hat.

2. Bei der Festsetzung der Art der Untersuchung sind das Alter der zu untersuchenden Person und die Natur der zu leistenden Arbeit zu berücksichtigen.

3. Li dem ärztlichen Zeugnis ist insbesondere zu bescheinigen, dass der Inhaber nicht an einer Krankheit leidet, die sich durch den Seedienst verschlimmern oder ihn hierfür untauglich machen oder die Gesundheit anderer Personen an Bord gefährden könnte.

Art. 4 1. Die Gültigkeitsdauer des ärztlichen Zeugnisses beträgt bei Personen unter einundzwanzig Jahren höchstens ein Jahr, gerechnet vom Zeitpunkt der Ausstellung.

97

·

2. Bei Personen, die das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben, bestimmt die zuständige Stelle die Gültigkeitsdauer des ärztlichen Zeugnisses.

3. Läuft die Gültigkeitsdauer eines Zeugnisses während einer Eeise ab^so bleibt es bis zum Ende der Eeise in Kraft.

Art. 5

'

'

',

Personen, denen nach der Untersuchung ein Zeugnis verweigert wird, ist durch entsprechende Massnahmen die Möglichkeit zu geben, eine neue Untersuchung durch einen oder mehrere ärztliche Obergutachter zu beantragen, die . in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu einem Eigentümer oder zu einem- Berüfsverband der Eigentümer1 von Fischereifahrzeugen oder der Fischer stehen dürfen.

: Art, 6 Die förmlichen Eatifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

" · Art. 7 1. Dieses Übereinkommen bindet nur/diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Eatifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

2. Es tritt in Kraft zwölf Monate nachdem die Eatifikationen zweier Mitglieder durch den Generäldirektor eingetragen worden sind.

8. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Eatifikation in Kraft.

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den, Generaldirektor dès Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen. Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Art. 9 1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung

98 aller Eatifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden. , · · , 2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Eatifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Art. 10 .Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes. übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten, Nationen vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Massgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Eatifikationen und Kündigungen.

Art. 11 Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

· Art. 12 1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestim.mun.gen: . a. Die Eatifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied schliesst ohne weiteres die .sofortige Kündigung des vorhegenden Übereinkommens in sich ohne Eücksicht auf Artikel 8, vorausgesetzt, dass das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

o. Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht .mehr ratifiziert werden.

2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Art. 13 Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise massgebend. . , Übereinkommen (Nr. 114) über den Heuervertrag der Fischer Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 3. Juni 1959 zu ihrer drejundvierzigsten Tagung zusammengetreten ist, , , . . . .

:

99

hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend den Heuervertrag, der Fischer, eine Frage,, die zum fünften Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

,, ..

Die: Konferenz nimmt heute, :am 19. Juni 1959; das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über den Heuervertrag der Fischer, 1959, bezeichnet wird.

. · :, . ' · . · · · · · ' .

Art. l' . , '. , ' 1. Der Ausdruck «Fischereifahrzeug» im Sinne dieses Übereinkommens umfasst eingetragene oder mit Schiffszertifikaten versehene Schiffe und Boote aller Art, gleichviel ob sie in öffentlichem oder privatem Eigentum stehen, die bei der Seefischerei im Salzwasser verwendet werden.

2. Die zuständige Stelle kann bestimmte .Fischereifahrzeuge, deren Art und Baumgehalt sie .nach Anhörung der beteiligten Berufsverbände der Eigentümer von Fischereifahrzeugen und der Fischer, soweit solche bestehen, festlegt, von der Anwendung der Bestimmungen, dieses Übereinkommens ausnehmen. ; . . . . . .

i 3. Stellt die zuständige Stelle fest, dass, die, in diesem Übereinkommen behandelten Fragen bereits in Gesaratarbeitsverträgen zwischen Eigentümern von Fischereifahrzeugen oder deren Berufsverbänden und Berufsverbänden der, Fischer in angemessener Weise geregelt sind, so kann sie die an diese Gesamtarbeitsverträge gebundenen Eigentümer und Fischer von den die Einzelheuerverträge betreffenden Bestimmungen dieses Übereinkommens ausnehmen.

Art, 2' Der Ausdruck «Fischer» im Sinne dieses Übereinkommens umfasst jede Person, die in irgendeiner Eigenschaft an Bord eines Fischereifahrzeugs beschäftigt oder angestellt und in die 'Musterrolle eingetragen ist. Ausgenommen sind/Lotsen, Schulschiffszöglinge und durch besonderen Lehrvertrag verpflichtete Lehrlinge, Angehörige der Kriegsmarine und andere Personen im ständigen Staatsdienst.

' Art. 3 , 1. Der Heuervertrag wird vom Eigentümer des Fischereifahrzeugs oder seinem, bevollmächtigten Vertreter und vom Fischer unterzeichnet. Dem Fischer und gegebenenfalls seinem Beistand ist ausreichende Gelegenheit zu geben, den Heuervertrag vor der Unterzeichnung zu prüfen.

; 2." Die innerstaatliche Gesetzgebung hat die1 Umstände, unter denen der Fischer den Vertrag unterzeichnet, so zu bestimmen, dass eine angemessene Überwachung durch die zuständige Stelle gewährleistet ist.

3,-Die .vorstehenden Bestimmungen über die; Unterzeichnung des Vertrages gelten als erfüllt, wenn die zuständige < Stelle bestätigt, dass der Vertrag

100 ihr schriftlich vorgelegt und sowohl vom Eigentümer des Fischereifahrzeugs oder seinem bevollmächtigten Vertreter als auch vom Fischer gutgeheissen worden ist.

4. Die innerstaatliche Gesetzgebung hat durch geeignete Vorschriften dafür Sorge zu tragen, dass der Fischer den Vertrag versteht.

5. Der Vertrag darf keine der innerstaatlichen Gesetzgebung zuwiderlaufende Bestimmung enthalten.

6. Die innerstaatliche Gesetzgebung hat alle sonstigen Förmlichkeiten und Sicherheiten für den Abschluss des Vertrages vorzusehen, die zum Schutz der Interessen des Eigentümers des Fischereifahrzeugs und des Fischers für notwendig erachtet werden.

Art. 4 1. Durch geeignete Massnahmen ist in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung die Gewähr dafür zu schaffen, dass der Heuervertrag keine Bestimmung enthält, nach der die Parteien im voraus übereinkommen, von den ordentlichen Begeln über die Zuständigkeit in der Bechtsprechung in Sachen des Heuervertrages abzuweichen.

2. Diese Bestimmung darf nicht dahin ausgelegt werden, dass sie die Anrufung eines Schiedsgerichtes ausschliesst.

Art. 5 Für jeden Fischer ist von der zuständigen Stelle oder in einer von ihr bestimmten Form ein Dienstnachweis zu führen. Am Ende jeder Beise oder Ausfahrt ist dem beteiligten Fischer eine Dienstbescheinigung über diese Beise oder Ausfahrt auszustellen oder eine entsprechende Eintragung in seinem Arbeitsbuch vorzunehmen.

Art. 6 1. Der Heuervertrag kann auf bestimmte Zeit, für eine, Beise oder, wenn es die innerstaatliche Gesetzgebung zulässt, auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden.

2. Der Heuervertrag hat die Rechte und Pflichten jeder der Parteien klar anzugeben.

3. Er hat die folgenden Angaben zu enthalten, soweit sich nicht die Aufnahme einer oder mehrerer dieser Angaben deshalb erübrigt, weil der Gegenstand bereits in anderer Weise durch die innerstaatliche Gesetzgebung geregelt ist: a. Namen und. Vornamen des Fischers, sein Geburtsdatum oder sein Alter und den Geburtsort ; 6. Ort und Tag des Vertragsabschlusses; c. die Bezeichnung des Fischereifahrzeugs oder der Fahrzeuge, für die sich der Fischer zum Dienst verpflichtet;

101

d. .die Eeise oder die Reisen, die unternommen werden sollen, wenn sie im Zeitpunkt der Anheuerung angegeben werden können; e. den, Dienst, für den der Fischer verwendet werden soll; /. wenn möglich, Ort und Tag, an denen sich der Fischer zum Dienstantritt an Bord einzufinden hat: g. die dem Fischer zustehende Beköstigung, es sei denn, dass die innerstaatliche Gesetzgebung eine aridere Eegelung vorsieht; h. den Betrag der Heuer des Fischers oder die Höhe des Anteils und dessen Berechnungsart, wenn das Entgelt in einer Beteiligung besteht, oder den Betrag der Heuer und die Höhe des; Anteils sowie dessen Berechnungsart, wenn beide Formen des Entgelts miteinander verbunden werden, und die gegebenenfalls vereinbarte Mindestheuer; i. die Beendigung des Vertrages, und zwar, i),,wenn der Vertrag auf bestimmte Zeit abgeschlossen ist, den Tag des : Ablaufs des Vertrages ; ii) wenn der Vertrag für eine Eeise abgeschlossen ist, den Bestimmungshafen und die Frist nach der Ankunft, nach deren Ablauf der Fischer ausscheiden darf; iii) wenn der, Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist, die Voraussetzungen, die jede Partei zur Kündigung berechtigen sowie die Kündigungsfrist, wobei die Frist bei Kündigung durch den Eigentümer-des Fischereifahrzeugs nicht kürzer sein darf als die bei Kündigung durch den Fischer; j. alle sonstigen Einzelheiten, welche die innerstaatliche Gesetzgebung etwa vorschreibt.

Art. 7 Schreibt die innerstaatliche Gesetzgebung vor, dass an Bord eine Musterrolle zu führen ist, so ist der Heuervertrag in die Musterrolle einzutragen oder ihr beizufügen.

Art. 8 ,' : Um dem Fischer zu ermöglichen, sich seiner Eechte und Pflichten nach Art und Umfang zu vergewissern, hat die zuständige Stelle die erforderlichen Massnahmen vorzuschreiben, die zu treffen sind, damit sich der Fischer an Bord über die Beschaftigungsbedingungen genau erkundigen kann.

Art.9 , Der für eine Eeise oder auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit geschlossene Heuervertrag wird rechtsgültig beendigt : : a. durch Einverständnis der Parteien ; ,: b. durch den Tod des Fischers: c. durch. Verlust oder völlige Seeuntüchtigkeit des Fischereifahrzeugs; d. aus sonstigen Gründen, welche die innerstaatliche Gesetzgebung vorsieht.

102

Art. 10 Die innerstaatliche Gesetzgebung, die Gesamtarbeitsverträge oder die Einzelheuerverträge haben, die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen der Eigentümer des Fischereifahrzeugs oder der Schiffsführer den Fischer fristlos entlassen kann.

Art. 11 , Die innerstaatliche Gesetzgebung, die Gesamtarbeitsverträge oder die Einzelheuerverträge haben auch die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen der Fischer seine sofortige Entlassung verlangen kann.

Art. 12 ' Die Bestimmungen dieses Übereinkommens können, soweit darin nichts anderes vorgesehen ist, durch die innerstaatliche Gesetzgebung oder durch Gesamtarbeitsverträge durchgeführt werden.

Art. 18 Die förmlichen Eatifikatioiien dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

Art. 14

.

,

1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Eatifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

, 2 v Es tritt in Kraft zwölf Monate nachdem die Eatifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Eatifikation in Kraft.

Art. 15 1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.

2. Jedes'Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des ini vorigen Absatz, genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn, Jahren gebunden.

In der Folge, kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

103 Art. 16 1. Der Generaldirektor .des Internationalen 'Arbeitsamtes .gibt, allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisationmitgeteilt werden.

2. Der, Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von, der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird.

Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen, in Kraft tritt.

.

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, ,

Art. 17

,

Der Generaldirektor des Internationalen, Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Kationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Massgabe der, vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.; > : '

Art. 18

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,,Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig .erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen; Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu 'erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder,teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

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" Art. 19 '/ 1. Nimmt, die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das. vorliegende Übereinkommen, ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen : a. Die Ratifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied söhliesst ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Bücksicht auf Artikel 15,: vorausgesetzt,, dass; das neugefasste Übereinkommen i n Kraft getreten ist.

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b. Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. Indessen bleibt das v.orliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

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Art. 20

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.Der französische und der englische..Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise massgebend.

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104 Empfehlung (Nr. 112) betreffend die betriebsärztlichen Dienste in den Arbeitsstätten Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf ein-, berufen .wurde und am S.Juni 1959 zu ihrer dreiundvierzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Einrichtung arbeitsärztlicher Dienste in Betrieben, eine Frage, die den1 vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 24. Juni 1959, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die betriebsärztlichen Dienste, 1959, bezeichnet wird.

I. Begriffsbestimmung 1. Der Ausdruck «betriebsärztlicher Dienst» im Sinne dieser Empfehlung bezeichnet einen in den Arbeitsstätten oder in ihrer Nähe eingerichteten Dienst, der bestimmt ist : a. die Arbeitnehmer gegen jede Gefährdung ihrer Gesundheit zu schützen, die sich aus ihrer Arbeit oder den Bedingungen, unter denen sie ausgeführt wird, ergeben kann; b. zur körperlichen und geistig-seeliächen Anpassung der Arbeitnehmer bei. zutragen, insbesondere durch die Anpassung der Arbeit an die Arbeitnehmer und deren Einsatz bei Arbeiten, für die sie geeignet sind; c. dazu beizutragen, dass das höchstmögliche Mass körperlichen und seelischen Wohlbefindens der Arbeitnehmer erreicht und bewahrt wird.

II. Durchführungsmethoden 2. Mit Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit der Verhältnisse und der Gepflogenheiten in den einzelnen Ländern können die betriebsärztlichen Dienste, je nach den Umständen, geschaffen'werden a. durch die Gesetzgebung oder i>. durch Gesamtarbeitsverträge oder andere Vereinbarungen zwischen den beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern oder o. auf eine andere von der zuständigen Stelle nach Anhörung der beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände genehmigte Weise.

III. Organisation 3. Die betriebsärztlichen Dienste sollten je nach, den Umständen und den anzuwendenden Normen a. von den beteiligten Betrieben selbst eingerichtet oder einer ausserbetrieblichen Stelle angegliedert werden;

105 b. eingerichtet werden i) als betriebseigene Dienste einzelner Betriebe oder ii).äls gemeinsame Dienste für mehrere Betriebe. , ' 4. Damit die Ergebnisse der Arbeitsmedizin allen Arbeitnehmern zugute kommen, sollten betriebsärztliche Dienste für gewerbliche, nichtgewerbliche und ländwirtschaftliche Betriebe sowie für öffentliche Dienste eingerichtet werden. Wenn jedoch betriebsärztliche Dienste nicht sofort für alle Betriebe geschaffen werden können, sollten sie zunächst eingerichtet werden a. für,Betriebe, in denen die Gefahrenem grössten zu sein scheinen; b. für Betriebe, in denen die Gesundheit der Arbeitnehmer besonderen Gefahren ausgesetzt ist; c. für Betriebe, die mehr als eine festgesetzte Mindestzahl von Arbeitnehmern beschäftigen.

5. Ist die Einrichtung eines betriebsärztlichen Dienstes im Sinne dieser Empfehlung aus Gründen geographischer oder anderer Natur, die von der innerstaatlichen Gesetzgebung zu bezeichnen sind, vorläufig nicht möglich, so sollte der Betrieb durch Vereinbarung einen Arzt oder einen lokalen ärztlichen Dienst verpflichten, a. Notbehandlungen vorzunehmen; 6. die von der innerstaatlichen Gesetzgebung vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchungen durchzuführen; c. die hygienischen Verhältnisse im Betrieb zu überwachen.

IV. Aufgaben 6. Die Bolle der betriebsärztlichen Dienste sollte im wesentlichen eine vorbeugende sein.

7. Die betriebsärztlichen Dienste sollten nicht die Aufgabe haben, Krankmeldungen auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen. Doch soll dies die genannten Dienste nicht daran hindern, über die Umstände, die zur Krankmeldung eines Arbeitnehmers geführt haben können, sowie .über den Verlauf der Krankheit des Arbeitnehmers Erkundigungen einzuziehen, damit sie besser in der Lage sind, die vorgesehenen Vorbeugnngsmassnahmen zu bewerten, berufsbedingte Gesundheitsgefahren zu entdecken und im Hinblick auf die Wiedereingliederung der Arbeitnehmer geeignete Arbeiten zu empfehlen.

8. Der Aufgabenbereich der betriebsärztlichen Dienste sollte je nach den Umständen schrittweise so entwickelt werden, dass er insbesondere die folgenden Aufgaben einschliesst. wobei der Umfang berücksichtigt werden sollte, in dem eine oder mehrere der folgenden Aufgaben nach der innerstaatlichen Gesetzgebung, oder Praxis bereits von anderen; geeigneten Diensten in befriedigender Weise erfüllt werden : a. Überwachung aller Paktoren innerhalb des Betriebes, welche die Gesundheit der Arbeitnehmer beeinträchtigen können, und Beratung der Be-

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triebsleitung und der Arbeitnehmer oder ihrer Vertreter im Betrieb in diesen Fragen; l. Arbeitsplatzstudien nach hygienischen, physiologischen und psychologischen Gesichtspunkten oder Teilnahme an solchen Studien und Beratung der Betriebsleitung und der Arbeitnehmer in allen Fragen, welche die bestmögliche Einrichtung der Arbeitsplätze nach diesen Gesichtspunkten betreffen : c. Zagammenarbeit mit den anderen beteiligten Abteilungen und Stellen des Betriebes bei der Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und bei der Überwachung der Arbeitsschutzgeräte und deren Verwendung sowie Beratung der Betriebsleitung und der Arbeitnehmer auf diesem Gebiet ; d. Überwachung der Hygiene in den sanitären Anlagen des Betriebes und in allen dem Wohlbefinden der Arbeitnehmer dienenden Einrichtungen, wie Küchen, Kantinen, Kinderkrippen und Erholungsheimen, und gegebenenfalls Überwachung der für die Arbeitnehmer getroffenen Diätmassnahmen; e. ärztliche Einstellungsuntersuchungen, regelmässige Wiederholungs- und Sonderuntersuchungen - nötigenfalls einschliesslich biologischer oder Eöntgenuntersuchungen -, die von der innerstaatlichen Gesetzgebung oder durch Vereinbarung zwischen den beteiligten Parteien oder Verbänden vorgeschrieben sind oder die der Betriebsarzt als Vorbeugungsmassnahme für zweckmässig hält ; diese Untersuchungen sollten eine besonders sorgfältige Überwachung bestimmter Arbeitnehmergruppen, z.B. der Frauen, der Jugendlichen, der besonderen Gefahren ausgesetzten Arbeitnehmer oder der Behinderten, sicherstellen; /. Überwachung der Anpassung der Arbeit an die Arbeitnehmer, insbesondere an die behinderten Arbeitnehmer, entsprechend ihrer körperlichen Eignung, Mitwirkung bei ihrer Umschulung und Wiedereingliederung sowie Beratung auf diesem Gebiet; g. Beratung der Betriebsleitung und der Arbeitnehmer bei der Zuweisung von Arbeitsaufgaben oder der Versetzung von Arbeitnehmern zu einer anderen Arbeit; h. Beratung einzelner Arbeitnehmer, die darum ersuchen, über Gesundheitsstörungen, die während der Arbeit auftreten oder sich verschlimmern: i. Notbehandlung bei Unfällen und Unpässlichkeit, ferner unter bestimmten Umständen und im Einvernehmen mit den Beteiligten (einschliesslich des behandelnden Arztes des Arbeitnehmers) ambulatorische Behandlung von Arbeitnehmern, die ihre Arbeit nicht unterbrochen
oder die sie wieder aufgenommen haben ; j . Ausbildung und regelmässige Einübung des Personals für die Erste Hilfe sowie Überwachung und Instandhaltung der Einrichtungen für die Erste Hilfe, nötigenfalls gemeinsam mit den anderen beteiligten Abteilungen und Stellen;

107 Je. Beziehung der, Betriebsangehörigen in Fragen der Gesundheit und der Hygiene; , , : , . , : ,.

{. Erstellung und periodische Prüfung von Statistiken über die Gesundheitsverhältnisse im Betrieb ; m. Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin oder Teilnahme an solchen Arbeiten in Zusammenhang mit spezialisierten Diensten und Anstalten. .

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9. Werden eine oder, mehrere der im vorstehenden Absatz aufgezählten Aufgaben nach der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis von anderen geeigneten .Diensten erfüllt, so sollten diese den Betriebsärzten .alle von ihnen . verlangten zweckdienlichen Auskünfte erteilen. , : ; 10. Die betriebsärztlichen Dienste sollten enge Beziehungen mit den anderen Abteilungen und Stellen des Betriebes unterhalten, die an Fragen der Gesundheit, der Sicherheit und des Wohlbefindens der Arbeitnehmer interessiert sind, insbesondere mit dem Sozialdienst, dem Sicherheitsdienst, der Personalabteilung, den Gewerkschaftsorganen im Betrieb, den Ausschüssen für Gesundheitsschutz und Unfallverhütung und mit allen:\ anderen Ausschüssen, oder Personen des Betriebes, die sich mit Fragen der Gesundheit oder mit sozialen Fragen befassen.: · . :· ', , 11. Die betriebsärztlichen Dienste sollten ferner mit den ausserbetrieblichen Stellen,und Organisationen, die sich mit Fragen der Gesundheit, der Sicherheit, der Berufsumschulung, der Wiedereingliederung, der Zuweisung neuer Arbeitsaufgaben und der Wohlfahrt der Arbeitnehmer befassen, Beziehungen unterhalten., , , 12. (1) Die betriebsärztlichen Dienste sollten bei der Einstellungsuntersuchung oder änlasslich der ersten Vorsprache eines Arbeitnehmers beim, betriebsärztlichen Dienst vertrauliche ärztliche Unterlagen für jeden Arbeitnehmer anlegen und sie bei jeder folgenden ärztlichen Untersuchung oder Konsultation ergänzen.

· ; (2) Die betriebsärztlichen Dienste sollten ferner alle zweckdienlichen Aufzeichnungen führen, damit sie vorbehaltlich der Bestimmungen des Absatzes 21 jederzeit über ihre eigene Tätigkeit sowie über den allgemeinen Gesunheitszustand der Arbeitnehmer des Betriebes die erforderlichen Auskünfte geben können.

: ··'·'" ' ' V'. Personal und Ausrüstung 13. Der betriebsärztliche Dienst soüte unter der; Leitung eines Arztes stehen, der entweder gegenüber der Betriebsleitung oder gegenüber der Stelle,
der der Dienst untersteht ,die unmittelbare Verantwortung für die Tätigkeit des Dienstes trägt. , , , , , , ' 14.,Die Betriebsärzte,sollten nicht mehr Arbeitnehmer zu betreuen haben, als sie .wirkungsvoll überwachen können, wobei die besonderen, Erfordernisse berücksichtigt werden sollten, die sich aus der Art und den,Eigentümlichkeiten des betreffenden Wirtschaftszweiges ergeben. , ;

108 15. Die Betriebsärzte sollten in fachlicher und moralischer Hinsicht vom Arbeitgeber und von den Arbeitnehmern völlig unabhängig sein. Zur Sicherung dieser Unabhängigkeit sollte die Eechtsstellung der Betriebsärzte, insbesondere in bezug auf ihre Anstellung und Entlassung, durch die innerstaatliche Gesetzgebung oder durch Vereinbarung zwischen den beteiligten Parteien oder Verbänden geregelt werden.

16. Der mit der Leitung eines betriebsärztlichen Dienstes betraute Arzt sollte nach Möglichkeit eine Spezialausbildung auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin besitzen oder zumindest mit Fragen der Gewerbehygiene, mit Notbehandlungen, mit der Arbeitspathologie sowie mit der Gesetzgebung vertraut sein, die seine verschiedenen Obliegenheiten betrifft. Ferner sollte ihm die Möglichkeit gegeben werden, sich auf diesen Gebieten weiterzubilden.

17. Das zum betriebsärztlichen Dienst gehörige Pflegepersonal sollte Qualifikationen besitzen, die den von der hierfür zuständigen Stelle festgesetzten Normen entsprechen.

18. Das mit der Leistung der Ersten Hilfe betraute Personal sollte a. ausschliesslich aus entsprechend qualifizierten Personen bestehen; b. während der Arbeitszeit rasch verfügbar sein.

19. Die Unterbringung und die Ausrüstung des betriebsärztlichen Dienstes sollten den Normen entsprechen, die von der hierfür zuständigen Stelle festgesetzt werden.

VI. Voraussetzungen für die Tätigkeit 20. Um ihre Aufgaben wirkungsvoll erfüllen zu können, sollten die betriebsärztlichen Dienste a. freien Zutritt zu .allen Arbeitsstätten und Nebenanlagen des Betriebes haben; l), die Arbeitsstätten in angemessenen Zeitabständen, nötigenfalls gemeinsam mit anderen Abteilungen des Betriebes, besichtigen; c. sich über die angewendeten Verfahren, die Arbeitsnormen und die verwendeten oder zur Verwendung in Aussicht genommenen Werkstoffe unterrichten können; d. befugt sein, die nachstehenden Tätigkeiten auszuführen oder von anerkannten technischen Diensten ausführen zu lass,en: i) Erhebungen und Untersuchungen über eventuelle berufsbedingte Gesundheitsgefahren, z.B. durch Entnahme von Proben und Analysen der Luft an den Arbeitsstätten, der verwendeten Erzeugnisse und Werkstoffe sowie aller anderen für schädlich gehaltenen Materialien; ü) Überwachung schädlicher physischer Einwirkungen; e. befugt sein, die zuständigen1
Behörden zu ersuchen, die Einhaltung der Normen in bezug auf Unfallverhütung und Arbeitshygiene zu überprüfen.

21. Alle einem betriebsärztlichen Dienst zugeteilten Personen sollten vorbehaltlich der von der innerstaatlichen Gesetzgebung vorgesehenen Ausnahmen an das Berufsgeheimnis gebunden sein, und zwar sowohl hinsichtlich der medi-

109 zinischen als auch, der betriebstechnischen Informationen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der oben aufgezählten Aufgaben und Tätigkeiten zu ihrer Kenntnis gelangen können.

VII. Allgemeine Bestimmungen 22. Die Arbeitnehmer und ihre Verbände sollten an der Verwirklichung der Ziele der betriebsärztlichen Dienste in vollem Masse mitarbeiten.

23. Die im Eahmen dieser Empfehlung vorgesehenen Leistungen der betriebsärztlichen Dienste sollten für die Arbeitnehmer völlig unentgeltlich sein.

24. Sofern die innerstaatliche Gesetzgebung nichts anderes bestimmt und kehie Vereinbarung zwischen den beteiligten Parteien besteht, sollte die Finanzierung der Einrichtung und der Tätigkeit des betriebsärztlichen Dienstes zu Lasten des, Arbeitgebers gehen.

25. Die innerstaatliche Gesetzgebung sollte die für die Beaufsichtigung der Einrichtung und der Tätigkeit deä betriebsärztlichen Dienstes verantwortliche Stelle bezeichnen. Sie kann im Bedarfsfall anerkannten technischen Stellen beratende Punktionen auf diesem Gebiet übertragen.

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Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. I.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die 42. und 43. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz und Botschaft betreffend die Ratifikation des Übereinkommens über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (Vom 8. Januar 1960)

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1960

Année Anno Band

1

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02

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7977

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.01.1960

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29-109

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