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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Weiterführung der internationalen Hilfswerke (Vom 12. Juli 1960)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Fünfzehn Jahre nach der Beendigung des zweiten Weltkrieges ist das Flüchtlingsproblem noch weit von einer Lösung entfernt. Nach einer Schätzung der Vereinigten Nationen konnten sich 15 Millionen Entwurzelte bis heute nicht in einem endgültigen Aufnahmeland niederlassen. Die statistischen Angaben, die vorliegen, sprechen von merklich voneinander abweichenden Zahlen, je nachdem, ob sie auf einer Zählung oder blossen Schätzungen von Regierungsstellen, wohltätigen Institutionen oder zwischenstaatlichen Organisationen beruhen. Indessen ist das Problem, das die Zusammenarbeit nicht nur einiger Länder, sondern der gesamten Menschheit verlangt, so umfassend, dass man einer genauen Zahlenangabe nicht allzu grosses Gewicht beimessen darf. Es ist für unsere Zivilisation beschämend, dass es heute noch Millionen Flüchtlinge gibt. Jeden Tag kommen neue Fälle zu den 40 Millionen Flüchtlingen hinzu, die seit 1945 ihre Heimat verlassen haben.

Um das Los der. seinem Mandat unterstellten Flüchtlinge zu verbessern, hat unser Landsmann August Lindt, Hochkommissar der Vereinigten Nationen für die Flüchtlinge, an die Solidarität aller Völker appelliert und sie aufgerufen, sich in einer gemeinsamen grosszügigen Anstrengung am Weltflüchtlingsjahr zu beteiligen. Der Hochkommissar möchte, dass die Flüchtlingslager in Deutschland, Jugoslawien, Griechenland, Italien und vor allem in Österreich schon dieses Jahr geschlossen werden können. Besonders nachhaltig bemüht er sich darum, dass die Betagten, Kranken oder sonstwie Benachteiligten, die viele Jahre in den Lagern zugebracht haben, eine Möglichkeit erhalten, den Kontakt mit dem normalen Leben wiederzufinden. In Zusammenarbeit mit dem CIME 1) erhielten Hunderttausende eine neue Heimat.

1 ) CIME : Comité intergouvernemental pour les migrations européennes (Zwischenstaatliches Komitee für europäische Auswanderung).

416 Neue Probleme sind aufgetaucht, während alte weiterhin schwieriger werden. In Nordafrika, vor allem in Marokko und in Tunesien, mussten Flüchtlingslager errichtet werden, wo nahezu eine Viertelmillion Muselmanen ein ungewisses Dasein fristen. Indien beherbergt rund 12 000 tibetanische Flüchtlinge.

In Hongkong befinden sich mehr als eine Million chinesische Flüchtlinge, die grösstenteils in Notquartieren Unterschlupf gefunden haben; ihre Zahl wächst ständig, wobei die europäischen China-Flüchtlinge nicht mitgerechnet sind. Die arabischen Palästina-Flüchtlinge, mit denen sich weiterhin das UNEWA 1 ) befasst, nehmen ebenfalls laufend zu. Auch für die Flüchtlinge, die, rechtlich gesehen, Bewohner eines bestimmten Landes geworden sind, aber deren heutige Lebensweise gleichwohl noch an ihre frühere Lage erinnert, bestehen noch grosse Schwierigkeiten.

Zur Verringerung dieses Elends ist somit eine Aktion von internationalem Ausmass notwendig. Die Schweiz darf die vertrauensvolle Hoffnung, die die Flüchtlinge seit jeher in sie gesetzt haben, nicht enttäuschen und muss daher den SpezialOrganisationen, die ihnen Hilfe bringen, auch weiterhin ihre Unterstützung gewähren.

Von einer Milliarde der seit Ende des letzten Krieges geborenen Kinder leben in den unterentwickelten Ländern rund 750 Millionen in einem Zustande der ständigen Unterernährung. Dieser Umstand, verbunden mit mangelnder Hygiene und einem feuchten Klima, hat zur Folge, dass die meisten Kinder an Tuberkulose, Trachom, Lepra oder andern endemischen Krankheiten leiden.

Allein an der Malaria sterben jährlich Tausende von Kindern. Der Kinderhilfsfonds der Vereinigten Nationen (UNICEF oder FISE) ist seit nahezu fünfzehn Jahren in sehr wirksamer Weise tätig, indem er nicht nur die verheerenden Auswirkungen, sondern vor allem auch die Ursachen dieser Krankheiten bekämpft. Das Schweizerische Eote Kreuz nimmt sich seinerseits mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zahlreicher gesundheitlich gefährdeter Kinder an, die dank seiner Hilfe ihre Gesundheit wiedererlangen. Indem die Schweiz diesen beiden Institutionen ihre volle Unterstützung gewährt, hilft sie mit, das Los der künftigen Generationen zu gestalten.

Alljährlich ereignen sich in verschiedenen Gegenden der Erde Naturkatastrophen. Durch sofortige Hilfeleistung hat unser Land schon oft
dazu beigetragen, die Not ,der heimgesuchten Bevölkerungen zu lindern. Seit Anfang 1958 hat der Bundesrat mehreren an die Solidarität der Nationen gerichteten Aufrufen entsprochen, nämlich zugunsten der Cholerakranken in Thailand, der Opfer von Überschwemmungen in Polen, Argentinien, Uruguay, Pakistan und Tunesien, der Opfer von Staudammbrüchen in Spanien und Frankreich, der Taifungeschädigten in Japan, der Gelähmten in Marokko, sowie der Opfer von Erdbeben in Marokko, im Iran und in Chile. Die Schweiz wünscht diese auf internationaler Ebene besonders wichtige Form der Hilfe fortzusetzen.

1 ) UNRWA: United Nations Relief and Works Agenoy for Palestine Befugees in thè Near East (Bureau der Vereinigten Nationen für Unterstützung und Arbeitsbeschaffung für die Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten).

417 Der Kredit von 11,5 Millionen Franken, den Sie uns für die Jahre 1958 bis 1960 bewilligt hatten, wird Ende dieses Jahres erschöpft sein. 9 957 000 Franken sind als freiwillige jährliche Beiträge an schweizerische und internationale Hilfsorganisationen ausgerichtet worden ; zusätzliche Beiträge in der Höhe von 475 000 Franken wurden zugunsten der europäischen China-Flüchtlinge aufgewendet ; 490 000 Franken wurden für die Hilfe an die Opfer von Naturkatastrophen im Ausland ausgegeben; der Eest fand für verschiedene Werke, wie die Unterstützung der algerischen Flüchtlinge in Nordafrika und die ärztliche Hilfe im Libanon, Verwendung.

Die humanitären Probleme gehen heute über den Eahmen der Nationen, ja sogar der Kontinente hinaus. Sie können nur durch eine internationale Zusammenarbeit gelöst werden, an der sich jedes Land nach seinen Möglichkeiten beteiligt. Das Schweizervolk hat stets grosszügig gespendet, doch bleibt die finanzielle Unterstützung durch die Eidgenossenschaft gleichwohl unerlässlich.

Wir sehen uns deshalb veranlasst, Sie um die Gewährung neuer Mittel für die nächste Dreijahresperiode zu ersuchen.

In den Jahren 1961 bis 1968 beabsichtigen wir, uns mit unsern Beiträgen an den folgenden Hilfswerken zu beteiligen:

I. Kinderhilfsfonds der Vereinigten Nationen (UNICEF oder FISE) Der Kinderhilfsfonds der Vereinigten Nationen hat, seitdem er am 11. Dezember 1946 von der Generalversammlung .der Vereinigten Nationen in London gegründet wurde, für die Verbesserung des Loses der Kinder in der ganzen Welt mehr als eine Milliarde Dollar ausgegeben. In den ersten Jahren seines Bestehens brachte der Sonderfonds den vom Kriege verheerten Ländern in Europa und später in Asien die dringend benötigte Hilfe, vor allem in Form von Lebensmitteln und Kleidern. Vor zehn Jahren hat der UNICEF einen Weg eingeschlagen, von dem er seither nicht mehr abgewichen ist: er hat sich die Aufgabe gestellt, den gesundheitlich gefährdeten Kindern durch die Verwirklichung von langfristigen Programmen, die vor allem den Entwicklungsländern zugute kommen, zu helfen.

Seit Ende des letzten Krieges sind in diesen Ländern rund 750 Millionen Kinder zur Welt gekommen. Die meisten von ihnen konnten nie richtig ernährt und gekleidet werden; infolge des Fehlens von Hygiene- und Vorbeugungsmassnahmen waren sie den verschiedensten endemischen Krankheiten, die von Generation zu Generation übertragen werden, ausgesetzt. In Zusammenarbeit mit den begünstigten Eegierungen und der technischen Beteiligung gewisser internationaler SpezialOrganisationen der Vereinigten Nationen, wie des Amtes für soziale Angelegenheiten, der FAO, der OMS und der UNESCO, hat der UNICEF Ergebnisse erzielt, die angesichts der Unermesslichkeit der Aufgabe sehr ermutigend sind. In den Jahren 1958 und 1959 haben in über hundert Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. II.

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418 Ländern rund 103 Millionen Kinder, Schwangere und Mütter auf irgendeine Weise von den etwa 365 Programmen, die vom UNICEF unterstützt werden, profitiert. Diese Programme haben hauptsächlich folgende Aufgaben: Schutz gegen Sumpffieber und Malaria, Tuberkulose-Schutzimpfungen, Behandlungen der Frambösie, des Trachoms, der Lepra, sowie anderer Krankheiten. Dazu kommen 150 Milchkonservenfabriken und 16 Trockenmilchfabriken, dank denen Millionen Mütter und Kinder eine tägliche Milchration erhalten. 1959 waren 800 ländliche Gesundheitszentren, 1700 Hilfszentren und 125 spezielle'Zentren (Maternités, usw.)

. in Betrieb. Ausserdem hat sich der Fonds am Bau von Fabriken für die Herstellung von Penizillin, Fischmehl, Pflanzenextrakt auf der Basis von Sojabohnen und von anderen Produkten beteiligt.

Im vergangenen Herbst hat der Verwaltungsrat des UNICEF 86 neue Hilfsprojekte genehmigt, die Mittel in der Höhe von 13 Millionen Dollar erfordern werden. Aus diesem Programm geht hervor, dass ungefähr die Hälfte der gesamten Hilfe für die Ausrottung des Sumpffiebers bestimmt ist; fast ein Viertel ist für die Ernährung der Kinder, den Unterricht in Ernährungslehre, die Milchkonservierung und die Ausdehnung der experimentellen eiweissreichen Ernährung bestimmt. Etwas mehr als ein Fünftel dient der Finanzierung von Projekten zum Schutze von Mutter und Kind; von diesen Projekten befassen sich mehrere in besonderer Weise mit der allgemeinen Hygiene und der Umerziehung körperlich behinderter Kinder. Der Eest findet für Programme zur Eindämmung und Behandlung der Tuberkulose, der. Frambösie und der Geschlechtskrankheiten, des Trachoms, der Lepra und des Typhus sowie zur Vorbeugung gegen diese Krankheiten Verwendung.

Trotz diesen Bemühungen besteht ein auffallendes Missverhältnis zwischen den ungefähr 50 Millionen Müttern und Kindern, die der UNICEF alljährlich unterstützen kann und den 550 Millionen gesundheitlich gefährdeten Kindern in den von diesen Programmen begünstigten Ländern. Zudem wird die Zahl der Kinder in diesen Ländern bis 1965 um 11 Prozent zunehmen. Es ist somit unbedingt erforderlich, dass der UNICEF seine Aufgabe weiterhin erfüllt.

Während der nächsten Periode gedenkt der UNICEF seine bisherigen Programme fortzuführen und sogar zu erweitern und ausserdem zwei neue Hilfsarten einzuführen; diese
bestehen in der Hilfe an Kinder, die vorübergehend oder dauernd nicht in normalen Familienverhältnissen leben und darin, den Unterricht in Gesundheits- und Ernährungslehre, sowie in Hauswirtschaft in das Programm der Schulen aufzunehmen. Der Fonds wird seinen Kampf gegen Krankheiten (namentlich die Malaria) und mangelhafte Ernährung fortsetzen und dafür ungefähr zwei Drittel seiner Mittel aufwenden; ein Viertel der Beiträge ist für den Mütter- und Kinderschutz bestimmt. Die Organisation beabsichtigt, nach Massgabe der ihr zur Verfügung stehenden Gelder und ohne dadurch den Umfang der direkten Hilfe an die Kinder einzuschränken, der Ausbildung-von einheimischem Personal vermehrte Aufmerksamkeit zu schenken, damit dieses auf den Gebieten der Gesundheits- und Kinderpflege das vom Fonds begonnene Werk weiterführen kann. Der UNICEF vertritt die Auffas-

419 sung, dass sein Erfolg und sein Einfluss nicht nur nach der Anzahl der von ihm direkt unterstützten Kinder zu beurteilen sind ; ebenso wichtig ist seine Wirkung auf die Politik der Eegierungen und die Schaffung von ständigen Diensten zum Schutze der Famih'e.

Angesichts des Umfanges und der Dringlichkeit der Aktion, die durchgeführt werden soll, muss der UNICEF während der nächsten Dreijahresperiode über jährlich rund 30 Millionen Dollar verfügen können. 1958 erhielt er 23 Millionen Dollar, wovon 20 Millionen aus den Beiträgen der Eegierungen und der Best aus privaten Beiträgen stammten. Letztes Jahr beliefen sich die Beiträge der Eegierungen auf 22 Millionen Dollar für Gesamtprogramme von 25 Millionen Dollar. Dieses Jahr hofft der UNICEF, dass ihm für Hilfsgesuche, die auf 30 Millionen Dollar geschätzt werden, Eegierungsbeiträge von insgesamt 25 Millionen Dollar zugehen werden.

Die Vereinigten Staaten von Amerika haben bisher ungefähr die Hälfte der Eegierungsbeiträge geleistet, unter der Voraussetzung, dass die andern Eegierungen den Eestbetrag aufbrachten. Während ihr Anteil 1958 noch 52,5 Prozent des Budgets ausmachte, sah sich die amerikanische Eegierung auf Grund der vom Kongress erteilten Weisungen gezwungen, den Anteil für 1959 auf 50 Prozent und für 1960 auf 48 Prozent herabzusetzen. Für das laufende Jahr müssen die andern Eegierungen 13 Millionen Dollar aufbringen, um den amerikanischen Beitrag von 12 Millionen Dollar freizumachen. Diese finanzielle Anstrengung muss zur Hauptsache von den europäischen Staaten geleistet werden, da sich die vom UNICEF-Programm begünstigten Länder verpflichtet haben, durchschnittlich 2 bis 2,50 Dollar für jede vom Fonds gewährte Einheit auszugeben.

Während der gegenwärtigen Dreijahresperiode haben zahlreiche Eegierungen ihren Beitrag an den UNICEF erhöht. Mehr als zwanzig Eegierungen werden für 1960 höhere Beiträge entrichten, und einige Länder werden sich zum ersten Male am Werk der Organisation beteiligen.

Die Schweiz, die dem Fonds seit dem 29. April 1947 angehört, hat dessen Arbeit mit steigendem Interesse verfolgt. Am 13. Juni 1959 ist unter dem Vorsitz von Nationalrat Hans Conzett und mit der Unterstützung der eidgenössischen Behörden ein «Schweizerisches UNICEF-Komitee» gegründet worden.

Seine Hauptaufgabe besteht darin, bei stets weiteren
Kreisen der Bevölkerung ein Interesse an der Tätigkeit der Organisation zu wecken. Im Dezember 1959 ist unser ständiger Beobachter bei den Vereinigten Nationen, Minister Felix Schnyder, in persönlicher Eigenschaft zum Präsidenten., des Exekutivrates des UNICEF gewählt worden. Im Verlaufe von Eeisen nach Mexiko und anderen Ländern konnte er sich an Ort und Stelle nicht nur von den segensreichen Auswirkungen der vom UNICEF entfalteten Tätigkeit, sondern auch von der Grosse der noch zu vollbringenden Aufgabe überzeugen.

Im Bestreben, eine Organisation zu unterstützen, die durch ihre Wirksamkeit die in sie gesetzten Hoffnungen rechtfertigt, beabsichtigen wir, während der nächsten drei Jahre an den UNICEF einen jährlichen Beitrag von l 500 000 Franken.zu leisten.

420 IL Hochkommissariat der Vereinigten Nationen für die Flüchtlinge Das Hochkommissariat der Vereinigten Nationen für die Flüchtlinge, das einen integrierenden Bestandteil der Organisation der Vereinigten Nationen bildet, wurde 1951 mit dem Zweck gegründet, den seinem Mandat unterstellten Flüchtlingen internationalen Schutz zu gewährleisten, den bedürftigsten unter ihnen Soforthilfe zu bringen und dauerhafte Lösungen für das Problem der Flüchtlinge zu finden, indem es ihnen die Heimschaffung oder die Ansiedlung in einem endgültigen Aufnahmeland erleichtert. Das Hochkommissariat arbeitet eng mit dem CIME und mit über siebzig Hilfsorganisationen zusammen, um die Auswanderung der Flüchtlinge vorzubereiten und ihre Eingliederung in neue nationale Gemeinschaften zu unterstützen. Es beteiligt sich nicht direkt an der Ausführung der von ihm aufgestellten Hufs- und Ansiedlungsprogramme; die praktische Verwirklichung der Projekte ist vielmehr Sache der Eegierungen oder privater Organisationen. So unterstützt das Hochkommissariat seit vielen Jahren Hilfsaktionen, namentlich in Österreich, Italien und Jugoslawien.

Zur Finanzierung seiner Tätigkeit ist das Hochkommissariat auf freiwillige Beiträge angewiesen, die ihm von rund vierzig Eegierungen zur Verfügung gestellt werden. Von 1955 bis Ende 1958 speisten diese Geldmittel den «NotFonds der Vereinigten Nationen für Flüchtlinge» (UNBEF), der die partielle Ausführung des Vierjahresplanes zur Schliessung der 220 Flüchtlingslager in Europa sicherstellte. 1959 wurde das im Bahmen der UNBEF begonnene Werk durch eine unter dem Namen «Programm des Hochkommissars» bekannte Aktion verlängert und erweitert; dieses Programm war am 80.April 1958 vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinigten Nationen (ECOSOC) beschlossen worden und sieht Projekte von kürzerer Dauer vor.

Anfang 1958 schätzte man die Zahl der dem Mandat des Hochkommissars unterstellten Flüchtlinge auf 1,5 Millionen, wovon nahezu eine Million auf Europa entfiel. Dank den gemeinsamen Bemühungen des Hochkommissariates und anderer Organisationen und dank der Mitwirkung zahlreicher Begierungen ist bereits ein grosser Teil dieser Flüchtlinge in den endgültigen Aufnahmeländern untergebracht worden. Der Hochkommissar kann sich darauf beschränken, ihnen einen internationalen Bechtsschutz zu gewähren, namentlich
auf Grund des internationalen Übereinkommens über die Bechtsstellung der Flüchtlinge, welches 1951 in Genf unterzeichnet wurde und 1955 für unser Land in Kraft getreten ist.

Die Hauptaufgabe des Hochkommissars bestand infolgedessen darin, seine Aktion zugunsten der in Europa noch nicht eingegliederten 163 000 Flüchtlinge fortzusetzen und insbesondere für 47 000 in den Lagern lebende Flüchtlinge eine endgültige Lösung zu finden. Obschon sich seine Unterstützung hauptsächlich auf die Lager in Deutschland, Österreich, Italien und Jugoslawien erstreckte, befasste er sich auch mit dem Los der Flüchtlinge in einem Dutzend

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weiterer Länder. Im Femen Osten befänden sich mehr als 12 000 Flüchtlinge europäischer Abstammung, die, sobald ihnen Ausreisevisa erteilt wurden, evakuiert und neu angesiedelt werden mussten. Von den 200-000 Ungarn, die nach Jugoslawien und Österreich geflüchtet waren, verbheben in Österreich noch rund 17 000, die es endgültig einzugliedern galt. Im Verlaufe von 1958 kehrten nahezu 5000 dieser Flüchtlinge in ihr Land zurück, und ungefähr 1000 profitierten vom Programm für dauernde Lösung, für das 3,5 Millionen Dollar aufgewendet wurden und das seit 1957 zur Durchführung gelangt. Obwohl das Problem der ungarischen Flüchtlinge damit seine Dringlichkeit verloren hat, befanden sich zu Beginn dieses Jahres in Österreich immer noch 6000 Flüchtlinge, von denen 2000 in Lagern untergebracht waren. 1958 wurden durch Vermittlung des CIME über 2000 europäische China-Flüchtlinge aus Hongkong evakuiert. Das Hochkommissariat kam für ihren Unterhalt während des Transits auf, bezahlte die ärztliche Behandlung, sowie die Unterbringung der Alten und Kranken, die sich nach Europa begaben; den übrigen war es beim Aufbau einer neuen Existenz in einem Land ihrer Wahl behilflich.

Im gleichen Jahr konnte die Zahl der Flüchtlinge in den Lagern in Europa dank dem «Programm des Hochkommissars» auf 31000 herabgesetzt werden; dieses Programm hatte vor allem die Eingliederung der Flüchtlinge, die mehr als zehn Jahre in den Lagern zugebracht hatten, zum Ziel. Anfang 1959 betrug ihre Zahl ungefähr 19 000, wovon ein Drittel auf Kinder entfiel, die in den Lagern zur Welt gekommen waren. Für diese Gruppe von Flüchtlingen hatte der Hochkommissar zahlreiche Projekte vorgesehen, die ihre Eingliederung an Ort und Stelle begünstigen sollten, nämlich finanzielle Hilfe für die berufliche Ausbildung der jungen Leute, Unterbringung der Kranken und Betagten in geeigneten Anstalten, Wohnungsbeihilfen, Kredite und Darlehen aller Art. Die Schritte im Hinblick auf die Auswanderung der 12 000 andern Flüchtlinge, die vor weniger als zehn Jahren in die Lager gelangten, wurden im Verlaufe von 1959 beschleunigt. Der Hochkommissar setzte sein Werk zugunsten der europäischen ChinaFlüchtlinge fort und befasste sich mit der Eingliederung Tausender von Flüchtlingen griechischer und armenischer Abstammung, welche vor kurzem in Nordgriechenland eingetroffen
waren. Gleichzeitig ging er aber auch an das Problem der noch nicht eingegliederten Flüchtlinge heran, die in zahlreichen Ländern Europas in nicht offiziellen Lagern oder ausserhalb der Lager leben. Diese Unglücklichen, deren Zahl zu Beginn'des vergangenen Jahres noch über 100 000 betrug, litten oft grössere Not als die Flüchtlinge in den anerkannten Lagern; ein besonders tragisches Los traf rund ein Drittel von ihnen, nämlich Betagte, Gebrechliche und Kranke, um die sich niemand kümmerte.

Zu Beginn des Sommers 1959 wurde das Weltflüchtlingsjahr eröffnet, das zum Ziel hat, die Aufmerksamkeit aller auf das Flüchtlingsproblem hinzulenken, die Eegierungen, die wohltätigen Organisationen und das Publikum im allgemeinen zu zusätzlichen finanziellen Beiträgen anzuspornen und aus rein humanitären Gründen neue Möglichkeiten dauernder Lösungen für die Flucht-

422 linge zu schaffen1). Diese Kundgebung der internationalen Solidarität, der sich das Schweizervolk und seine Eegierung in einer gemeinsamen grosszügigen Anstrengung angeschlossen haben, soll dem Hochkommissar in erster Linie gestatten, die offiziellen Flüchtlingslager in Europa bis Ende 1960 vollständig zu leeren und die-Ansiedlung der europäischen China-Flüchtlinge zu beenden.

Indem das Weltflüchtlingsjahr jedem Lande die Möglichkeit gibt, die Gruppe von Flüchtlingen zu wählen, die es zu unterstützen wünscht, trägt es nach den Worten des Hochkommissars auch dazu bei, das Problem in seinem ganzen Umfang und nicht nur innerhalb der rechtlichen Grenzen eines klar umschriebenen Mandates sichtbar werden zu lassen.

In diesem Geiste befasst sich der Hochkommissar auch mit dem Problem der algerischen Flüchtlinge in Marokko und in Tunesien, ein Problem, das immer noch sehr dringend ist. Letztes Jahr wurden rund 180 000 dieser Flüchtlinge von den Hilfsprogramnaen des Hochkommissariates erfasst, die die Liga der Botkreuzgesellschaften in Zusammenarbeit mit der marokkanischen und der tunesischen Gesellschaft des Boten Halbmondes zur Ausführung brachte.

1959 wurden die ordentlichen Programme für internationale Hilfe des Hochkommissars auf der Grundlage eines Voranschlages von 4,7 Millionen Dollar aufgestellt. Für das laufende Jahr hat das' Exekutivkomitee für das Programm einen Sondervoranschlag von 12 Millionen Dollar angenommen, wovon 7,3 Millionen auf die Beiträge entfallen, die der Hochkommissar aus Anlass des Weltflüchtlingsjahres zu erhalten hofft. Obwohl dieses Programm der Aufhebung der Lager und der Ansiedlung der europäischen China-Flüchtlinge den Vorrang gibt, sind nahezu 7 Millionen Dollar für die Verwirklichung von Hilf sProjekten zugunsten der nicht eingegliederten, ausserhalb der Lager lebenden Flüchtlinge und namentlich zugunsten der behinderten Flüchtlinge vorgesehen. Ein gewisser Betrag ist für Einzelfälle und besonders schwere Fälle vorgesehen.

Die in der ersten Hälfte des Weltflüchtlingsjahres unternommenen Bemühungen haben erlaubt, die Zahl der in den Lagern in Europa untergebrachten Flüchtlinge auf 22 000 und jene der europäischen China-Flüchtlinge auf 7 800 herabzusetzen; es verbleiben jedoch immer noch ungefähr 90 000 ausserhalb der Lager lebende Flüchtlinge. Um die geeignetsten
Formen der Hilfe zugunsten dieser nicht eingegliederten Flüchtlinge und namentlich zugunsten der «schwierigen Fälle» zu untersuchen, hat das Exekutivkomitee für das Programm des Hochkommissars kürzlich eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich aus Vertretern aus elf Ländern, darunter auch die Schweiz, zusammensetzt. Man schätzt, dass die Auswanderung und Ansiedlung der erwähnten, besonders benachteiligten Gruppe von Flüchtlingen noch 25 Millionen Dollar beanspruchen wird. Ohne *) Siehe die Botschaft des Bundesrates vom 25. August 1959 und den Bundesbeschluss vom I.Oktober 1959 über die schweizerische Beteiligung am Weltflüchtlingsjahr.

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Zweifel wird die Tätigkeit des Hochkommissars in den kommenden Jahren vor.

allem nach dieser Richtung hin erfolgen.

In den Jahren 1958 bis 1960 haben wir 2 300 000 Franken zugunsten des Programms für die Schliessung der Lager geleistet, und zusätzlich 175 000 Franken zugunsten des Programms für Soforthilfe für den vorübergehenden Unterhalt und die Ansiedlung der europäischen China-Flüchtlinge. Ein ausserordentlicher Beitrag von 750 000 Franken wurde dem Hochkommissar für sein Sonderprogramm zum Weltflüchtlingsjahr gewährt; ausserdem konnte der Hochkommissar im Einvernehmen mit dem schweizerischen Aktionskomitee für das Weltflüchtlingsjahr über die Verwendung von einer Million Franken, die diesem Komitee zugesprochen worden war, bestimmen.

Durch diese ansehnlichen Beträge, die die Anteilnahme bekunden, die unser Land dem Flüchtlingsproblem entgegenbringt, hat die Schweiz dazu beigetragen, die Not vieler Unglücklicher zu lindern. Doch wenn die unmittelbaren Ziele erreicht sind, wird sich der Hochkommissar neuen, sich länger hinziehenden und schwierigeren Aufgaben gegenübersehen. Es wird sich dann vor allem darum handeln, die Flüchtlingslager1 in Europa vollständig zu leeren und sich in wirksamerer Weise mit dem Problem der Flüchtlinge in Nordafrika und in Palästina zu befassen. Angesichts des Appells des Hochkommissars, der für den «Flüchtling» ganz allgemein eintritt, und angesichts des erschütternden Bildes über so viel menschliches Elend, kann die Schweiz eine Sache nicht im Stiche lassen, die ihr Gewissen weiterzuverfolgen gebietet. Deshalb beabsichtigen wir, die Idee des Weltflüchtlingsjahres über das Jahr 1960 hinaus aufrechtzuerhalten und uns in den kommenden drei Jahren mit Beiträgen, die von Fall zu Fall festzulegen sind, am Programm des Hochkommissars zu beteiligen.

III. Zwischenstaatliches Komitee für europäische Auswanderung

Das zwischenstaatliche Komitee für europäische Auswanderung (CIME) verdankt seine Entstehung dem Bestreben zahlreicher europäischer Länder, für ihren Bevölkerungsüberschuss eine Lösung zu finden. Diese von den Vereinigten Nationen unabhängige, nichtständige internationale Organisation, die am S.Dezember 1951 in Brüssel gegründet wurde, erblickt ihre Hauptaufgabe in der Unterstützung jener europäischen Emigranten, die mit eigenen Mitteln nicht nach Uebersee auswandern könnten. Das CIME hilft dadurch gleichzeitig, den Mangel an Arbeitskräften in den Einwanderungsländern zu verringern; ausserdem unterstützt es den Hochkommissar, indem es kollektive Flüchtlingstransporte durchführt. Die verschiedenen Aufgaben, die das CIME wahrnimmt, sind wohl in ihrer Organisation und Abwicklung mehr technischer Art, doch beruhen sie dennoch auf humanitären Erwägungen, und dies ist denn auch der Grund, weshalb sich unser Land für diese Organisation interessiert.

· Bis heute sind dem CIME neunundzwanzig Kegierungen beigetreten; die Schweiz gehört ihm seit seiner Gründung an. Unser Land hat einen ständigen

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Sitz im Eat und ist für 1960 in das Exekutivkomitee gewählt worden, das den Chef der schweizerischen Delegation zu seinem Vizepräsidenten ernannt hat.

Von seiner Gründung bis Anfang Februar 1960 hat das CIME 965000 Europäern, darunter 426 000 Flüchtlingen, die Auswanderung nach Übersee ermöglicht. Diese Auswanderer kamen aus folgenden Ländern: Italien (270 000), Deutschland (210 000), Österreich (148 000), den Niederlanden (75 000), Griechenland (68 000), Spanien (34 000) und aus andern Ländern (165 000) und begaben sich nach Australien (275000), den o Vereinigten Staaten (176000), Kanada (149 000), Argentinien (103 000), Brasilien (81 000), Israel (53 000), Venezuela (44 000), Uruguay (10 000), Neuseeland (9 000), der Südafrikanischen Union (9 000), Chile (6 000), Ehodesien und Njassaland (6 000), Kolumbien (2 000) sowie nach andern Ländern (42 000).

Im Mai 1960 erreichte die Zahl der Auswanderer, denen das CIME bisher seinen Beistand geleistet hat, die erste Million. 1958 und 1959 transportierte das Komitee rund 200 000 Auswanderer, wovon mehr als 80 000 Flüchtlinge im weiteren Sinne des Wortes. Wenn sich die in das laufende Jahr gesetzten Erwartungen verwirklichen, werden 116 000 Auswanderer, darunter 37 000 Flüchtlinge, Aufnahme in einem neuen Land finden. Dieser Gesamtplan wird Aufwendungen von total 35,4 Millionen Dollar erfordern, das heisst 32,3 Millionen für die Durchführungskosten und 3,1 Millionen für die Verwaltungskosten.

Im Augenblick weist das Betriebsbudget für 1960 noch ein Defizit von ungefähr einer Million Dollar auf, welches das CIME mit den freiwilligen Zuwendungen der Regierungen decken muss.

Für 1961 sieht ein Vorprojekt den Tränsport von 120 500 Auswanderern, darunter 31 100 Flüchtlingen, vor. Die dafür erforderlichen Mittel sind auf 36,4 Millionen Dollar veranschlagt, wovon 33,3 Millionen auf die Durchführungsund 3,1 Millionen auf die Verwaltungskosten entfallen.

Von all den Aufgaben, deren sich das CIME annimmt, hat die Tätigkeit, die es seit über 8 Jahren zugunsten der europäischen China-Flüchtlinge ausübt, ganz besonders humanitären Charakter. Diese Flüchtlinge, bei denen es sich grösstenteils um Bussen handelt, die sich nach der Bevolution von 1917 m China niederliessen, haben während mehr als vierzig Jahren kein beneidenswertes Los gehabt. Deshalb beschlossen die
meisten von ihnen, das Land nach dem zweiten Weltkrieg zu verlassen. Sie begaben sich, sobald ihnen von den chinesischen Behörden Ausreisevisa erteilt wurden, nach Hongkong ; dort nahm sich ihrer das gemischte Bureau des Flüchtlings-Hochkommissariates und des CIME an, sorgte für ihren vorübergehenden Unterhalt und organisierte ihren Abtransport nach einem Aufnahmeland. Das CIME, das die von der ehemaligen Internationalen Flüchtlingsorganisation (OIE) begonnene Tätigkeit fortsetzte, hat vom Februar 1952 bis 1957 mehr als 10 000 Flüchtlinge transportiert. Als die chinesischen Behörden weiterhin Ausreisevisa in grösserer Zahl erteilten, erwiesen sich die dem CIME zur Verfügung stehenden Mittel als ungenügend, um alle diese nach Hongkong strömenden Flüchtlinge, unter denen sich oft Betagte und Kranke befanden, zu evakuieren. Auf einen dringenden Appell an

425 die Eegierungen, den dem CIME zur Fortsetzung 'seiner Tätigkeit fehlenden Betrag von nahezu 275 000 Dollar aufzubringen, leistete die Schweiz 150 000 Franken oder rund 35 000 Dollar. Bis Ende 1958 konnten 2 183 Flüchtlinge evakuiert und hauptsächlich in »Australien und in Brasilien untergebracht werden. Im Verlaufe von 1959 verschlimmerte sich die Lage der etwa 10 000 noch in China lebenden europäischen Flüchtlingen plötzlich, nicht allein auf Grund ihrer materiellen Not, sondern vor allem infolge des Beschlusses der chinesischen Behörden, die überschüssige Bevölkerung der Küstenstädte nach dem Landesinnern umzusiedeln. Es war somit dringend notwendig, eine möglichst-grosse Zahl von Flüchtlingen, für die von den Einwanderungsländern 3 400 Visa oder Visazusagen erteilt worden waren, über Hongkong zu evakuieren. Die Mittel, die die früheren Appelle zugunsten der vom CIME durchgeführten Transporte eingebracht hatten, nämlich über eine Million Dollar im Jahre 1958, waren nahezu aufgebraucht. Eine Anzahl Länder (Kanada, Griechenland, Italien, die Niederlande, Neuseeland, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staa- ' ten) kündeten neue Beiträge an, die die Evakuierung von 950 Flüchtlingen ermöglichen sollten, doch waren zur Beschleunigung der Operationen noch grössere Summen erforderlich. Unser Land gewährte einen neuen Beitrag in Höhe von 120 000 Franken an das Transportprogramm der europäischen ChinaFlüchtlinge und reservierte 140 000 Franken für den Transport von 100 dieser Flüchtlinge, die von der Swissair zum halben Tarif befördert wurden. Im Verlaufe des Jahres 1959 konnte das CIME schliesslich l 525 von Hongkong herkommende Flüchtlinge transportieren; damit erhöhte sich die Zahl der europäischen China-Flüchtlinge, die vom CIME von 1952 bis 1959 evakuiert wurden, auf über 14 000. Diese Flüchtlinge wurden vor allem nach Australien (37 Prozent) und Brasilien (30 Prozent) sowie nach Israel, den Vereinigten Staaten, Chile, Kanada und andern überseeischen oder europäischen Ländern gebracht.

In der gleichen Zeit nahm die Schweiz über 150 «schwierige Fälle» (Betagte und Kranke) auf. Zu Beginn dieses Jahres warteten noch 7 800 Flüchtlinge darauf, Hongkong verlassen zu können ; 4 700 von ihnen besitzen bereits ein Visum oder eine Visurnzusage für ein überseeisches Land. Das CIME hofft, im
Verlaufe dieses Jahres über 4 000 Flüchtlinge evakuieren zu können, was eine besondere Anstrengung aller Eegierungen, die sich an seinem Fernost-Programm beteiligen, erfordert.

Entsprechend dem Wunsche des CIME, wonach jede Eegierung ihre freiwilligen Beiträge für das ganze Jahr zum voraus ankündigen möge, meldete die schweizerische Delegation an der vierzehnten Tagung des Exekutivkomitees im Januar d. J. einen Beitrag von 500 000 Franken für 1960 an. Der Beitrag, der zur Hälfte für den Transport der europäischen China-Flüchtlinge und zur andern für den Transport der Flüchtlinge in Europa bestimmt ist, wurde aus Anlass des Weltflüchtlingsjahres ausnahmsweise erhöht.

Damit werden wir an das CIME für die dreijährige Periode 1958/1960 einen Gesamtbetrag von 770000 Franken zugunsten des «Sonderfonds» (Betriebsdefizit) und 140 000 Franken für den Transport von 100 europäischen

426 China-Flüchtlingen mit der Swissair geleistet haben. Wenn wir unseren Beitrag an die Verwaltungsausgaben hinzurechnen, der nach einem obligatorischen Schlüssel festgelegt wird, so kommen wir für drei Jahre auf eine Gesamtsumme von l 639 719 Franken.

Selbst wenn es dem CIME gelingen sollte, die vorgesehene Zahl von europäischen China-Flüchtlingen bis Ende des Jahres zu evakuieren, werden immer noch Tausende von Flüchtlingen übrig bleiben, für die diese Organisation sowie das Hochkommissariat die einzige Hoffnung darstellt. Wenn wir somit beabsichtigen, das Programm des CIME zugunsten der Flüchtlinge während der nächsten Dreijahresperiode weiter zu unterstützen, so vor allem deshalb, weil wir hoffen, dadurch beizutragen, das Problem der europäischen Flüchtlinge im Fernen Osten befriedigend zu lösen. Mit der Bewilligung neuer Mittel geben Sie uns die Möglichkeit, dem CIME in seiner unerlässlichen Aufgabe mit Beiträgen beizustehen, die jedes Jahr nach den jeweiligen Erfordernissen festgelegt werden sollen.

IV. Bureau der Vereinigten Nationen für Unterstützung und Arbeitsbeschaffung für die Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten Bei diesem Bureau, das besser unter der Abkürzung UNBWA bekannt ist, handelt es sich um ein Hilfsorgan der Vereinigten Nationen, das im Dezember 1949 durch eine Eesolution der Generalversammlung geschaffen wurde. Gemäss seinem Mandat, das kürzlich um drei Jahre bis zum 30. Juni 1963 verlängert worden ist, obliegt ihm die Unterstützung der arabischen Flüchtlinge, die Palästina bei der Gründung des Staates Israel verlassen haben. 1959 kamen die Leistungen des UNRWA rund einer Million in Jordanien, im Libanon, in der syrischen Provinz der Vereinigten Arabischen Eepublik und in der Zone von Gaza lebenden Flüchtlingen zugute. Zwei Fünftel dieser Flüchtlinge sind in Baracken untergebracht, die vom Bureau errichtet worden sind.

Der Voranschlag des UNK WA für 1960 sieht Ausgaben im Gesamtbetrag von 38,7 Millionen Dollar vor, wovon mehr als die Hälfte für den Unterhalt und nahezu ein Viertel für die Schulung und die berufliche Ausbildung der Flüchtlinge bestimmt sind. Bisher haben die Vereinigten Staaten, Grossbritannien, Frankreich und Kanada den grössten Teil der vom UNEWA benötigten Mittel, die ganz auf freiwilligen Beiträgen beruhen, aufgebracht.

Unser Land leistete den
Palästina-Flüchtlingen erstmals in den Jahren 1948 und 1949 Hilfe, als es ihnen Lebensmittel und Medikamente sandte. 1954 stattete die Schweiz die UNEWA-Spitäler im Nahen Osten mit Eöntgeneinrichtungen und medizinischen Apparaten im Werte von 250 000 Franken aus.

Während der gegenwärtigen Dreijahresperiode hat die Schweiz zur Finanzierung mehrerer, vom Bureau im Einvernehmen mit den eidgenössischen Dienststellen und der Schweizerischen Botschaft in Beirut ausgearbeiteten Projekte, 600 000 Franken aufgewendet. 1958 gewährte sie angesichts der schwierigen finanziellen

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Lage, in der sich das UNE WA befand, einen ersten Beitrag von 300 000 Franken, der zu einem grossen Teil für ein Wasserzufuhr-Projekt nach drei Lagern in Jordanien, sowie für den Ankauf verschiedener Einrichtungsgegenstände für den Kinderpavillon verwendet wurde, den die schweizerische Sektion der Caritas im Spital von Bethlehem errichtet hat.

Ein neuer Beitrag von 300 000 Franken, der zur Hälfte 1959 und zur Hälfte zu Beginn dieses Jahres überwiesen wurde, dient dem Ankauf von Maschinen und Apparaten im Werte von 45 000 Franken für die Heilanstalt von Asfourié (Libanon), sowie der Gewährung einer gleichen Summe an das Sanatorium von Bhannès (Libanon). Ferner soll dadurch der von der Caritas unter der Aufsicht des UNEWA geplante Ausbau des in Bethlehem bereits bestehenden Spitalpavillons für die heilgymnastische Behandlung gebrechlicher Flüchtlingskinder finanziert werden (105000 Franken). Der schweizerische Beitrag wird auch den Bau eines Pavillons in Naplouse (Jordanien) ermöglichen, dessen Kosten auf 105 000 Franken veranschlagt sind; dorthin sollen die von der Schweiz bereits 1954 gelieferten Eöntgeneinrichtungen verbracht werden.

Trotz der beschränkten Mittel, die ihm zur Verfügung stehen, hat das Bureau der Vereinigten Nationen in den über zehn Jahren seines Bestehens viel zur Linderung der Not der Palästina-Flüchtlinge beitragen können. Nachdem sein Mandat um weitere drei Jahre verlängert worden ist, scheint es uns, dass die Schweiz dem UNEWA ihre Unterstützung auch in Zukunft nicht versagen sollte. Wie bisher würden unsere freiwilligen Beiträge nach Genehmigung'durch die interessierten eidgenössischen Behörden dazu dienen, konkrete Projekte des UNRWA auf dem Gebiete der Gesundheitspflege zu finanzieren.

V. Schweizerische Hilîswerke

Die grossen internationalen und zwischenstaatlichen Organisationen könnten ihre humanitäre Aufgabe in der Welt nicht in- wirksamer Weise erfüllen, wenn sie dabei nicht von einigen hundert privaten Hilfsgesellschaften unterstützt würden. Diese Gesellschaften, die zur direkten Hilfeleistung an die Flüchtlinge gegründet wurden, übernehmen oft die Durchführung der Hilfsprogramme, die von jenen internationalen Organisationen, deren Tätigkeit sich auf die Koordination beschränkt, aufgestellt werden. Sie befassen sich auch mit den Flüchtlingen, die auf Grund von Kriterien aller Art von den notwendigerweise beschränkten Möglichkeiten der internationalen Hilf e ausgeschlossen sind.

In unserem Lande vollbringen die «Schweizer Auslandhilfe» (SAH) und das Schweizerische Bote Kreuz seit vielen Jahren ein wertvolles Werk zugunsten der zur letztgenannten Gruppe gehörenden Flüchtlinge und Entwurzelten. Die erwähnten Hilfswerke können ihre Tätigkeit nur fortsetzen, wenn die Eidgenossenschaft ihnen weiterhin eine finanzielle Unterstützung gewährt und damit die vom Schweizervolk alljährlich grosszügig gespendeten Summen ergänzt.

428 In den Jahren 1958/1960 sind den schweizerischen Hilfswerken vom Gesamtbetrag von 11,5 Millionen Franken, den Sie'zur Weiterführung der internationalen Hilfswerke bewilligten, eine Summe von 3 029 870 Franken zur Verfügung gestellt worden ; 2 579 370 Franken gingen an die SAH, während das Schweizerische Eote Kreuz 450 000 Franken erhielt. 250 000 Franken werden für Flüchtlinge verwendet, die als «schwierige Fälle» gelten und in der Schweiz gemeinsam von der Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements und der SAH betreut werden. Ausser dem jährlichen Beitrag erhielt die SAH 1958 oeine zusätzliche Summe von 300 000 Franken für die ungarischen Flüchtlinge in Jugoslawien; dieser Betrag wurde dem ausserordentlichen Kredit von 7 Millionen Franken entnommen, den Sie mit Beschluss vom 13. Juni 1957 bewilligt hatten. Wir sind der Auffassung, dass die Anstrengungen zugunsten dieser Werke während der nächsten Dreijahresperiode nicht nur fortgesetzt, sondern noch verstärkt werden müssen.

1. Schweizer

AïLslandhïlfe

Die Schweizer Auslandhilfe hat die ihr von der Eidgenossenschaft zur Verfügung gestellten Beträge wie folgt verwendet : Franken Flüchtlingshilfe in Österreich 675000 Hilfe in Griechenland 675 000 Hilfe in Jugoslawien 300 000 Hilfe in Italien 600 000 Hilfe im Libanon 90000 für eine frühere Mission in Brasilien 32 370 Anteil an den Verwaltungskosten 207 000 Total 2 579 370 Zu diesen Beträgen sind die Einnahmen aus den jährlichen Kollekten der SAH, welche 1958 einen Eeinertrag von 722 247 Franken und 1959 einen solchen von 725 357 Franken ergaben, hinzuzurechnen.

Das neue allgemeine Programm, das die SAH im Einvernehmen mit dem Politischen Departement, dem Justiz- und Polizeidepartement und dem Finanzund Zolldepartement, sowie auf Grund der Stellungnahmen unserer diplomatischen Vertretungen im Ausland ausgearbeitet hat, sieht für die Jahre 196l/ 1963 folgende Hilfsaktionen vor : a. Flüchtlingshilfe in Österreich Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges hat Österreich rund 1,7 Millionen Personen vorübergehend Asyl gewährt. Von den ungefähr 500 000 Flüchtlingen, die im Land geblieben sind, haben bis Ende 1959 mehr als 340 000 die österreichische Staatsangehörigkeit 'erlangt; 100000 Flüchtlinge wurden deutsche Staatsbürger, während 60 000 Flüchtlinge ausserhalb und innerhalb der Lager dem Mandat des Hochkommissars unterstellt blieben. Neben den offiziellen

429 Lagern gibt es zahlreiche nicht anerkannte Lager, die vor allem Flüchtlinge beherbergen, die vor kurzem eingebürgert wurden.

Seit über zehn Jahren übt die SAH zugunsten dieser besonders benachteiligten Gruppe, die eine ständig wachsende Zahl «schwieriger Fälle» umfasst, eine segensreiche Tätigkeit aus. Von 1950 bis zum Beginn dieses Jahres hat die SAH durch Vermittlung von 16 von österreichischen Stellen verwalteten Fonds 3 200 Familien individuelle Darlehen im Gesamtbetrage von 5,2 Millionen Franken gewährt. Indem den Flüchtlingsfamihen aus diesen Fonds Darlehen von durchschnittlich 2 000 Franken gewährt wurden, welche zum Wohnungsbau oder zur Schaffung einer Erwerbsmöglichkeit Verwendung fanden, konnte in hohem Masse dazu beigetragen werden, die endgültige Ansiedlung der betreffenden Flüchtlinge zu erleichtern. Durch Beiträge in Höhe von 1,4 Millionen Franken unterstützte die SAH im gleichen Zeitabschnitt den Bau von über 30 Jugendheimen und Lehrwerkstätten. Dazu kommen noch Beiträge von nahezu 400 000 Franken an den Bau von Altersheimen.

Wenn die SAH ihre wirksame Aktion zugunsten der Flüchtlinge, die von den Programmen der internationalen Organisationen nicht erfasst werden, wei1 terführen will, so bedarf sie neuer Geldmittel. Die Probleme, die bis Ende dieses Jahres nicht gelöst werden können, betreffen grösstenteils Einzelfälle : Betagte, Kranke und Familien ohne finanzielle Unterstützung, deren definitive Unterbringung relativ kostspielig ist.

b. Hilfe an die Flüchtlinge und an die unterentwickelten Gebiete in Italien Gemäss den neuesten statistischen Angaben soll es in Italien noch über 20 000 fremdsprachige Flüchtlinge geben, von denen sich 3 000 in Lagern aufhalten. Dazu kommt eine grosse Zahl von Flüchtlingen italienischer Abstammung, die ihre wirtschaftliche Existenz infolge des letzten Krieges verloren haben. In 17 Lagern in der Nähe von Triest führen 10 000 Flüchtlinge ein sehr kümmerliches Dasein.

Bis zum Abschluss der gegenwärtigen Dreijahresperiode wird die SAH die Hälfte des für ihre Programme in Italien bestimmten Beitrages der Eidgenossenschaft zur Hilfe an Flüchtlingsfamilien, die sich noch in Lagern befinden und eine Möglichkeit erhalten' möchten, selbständig für ihren Unterhalt zu. sorgen, verwendet haben. Dieser Betrag diente ebenfalls dazu, die Ansiedlung geflohener
Bauernfamilien in landwirtschaftlichen Gebieten zu ermöglichen; ein Teil wurde ferner zur Förderung der beruflichen Ausbildung der heranwachsenden Flüchtlinge verwendet.

Ein weiteres Problem, mit dem sich die SAH in den letzten Jahren mit Erfolg befasst hat, betrifft die rückständigen Bevölkerungsteile in Süditalien, deren ungünstiges Los trotz den beträchtlichen Summen, die Italien alljährlich aufwendet, noch nicht verbessert werden konnte. Die SAH unterstützte die in diesem Zusammenhang unternommenen Bestrebungen vor allem dadurch, dass

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sie finanzielle Beiträge an den Bau von Genossenschaftszentren und von Lehrwerkstätten ausrichtete.

Obwohl ihre Projekte für Italien im Laufe dieses Jahres neu überprüft werden müssen, möchte die SAH ihre Aktion zugunsten der Flüchtlinge und der unterentwickelten Bevölkerungsteile in Süditalien in einer Form weiterführen, die im Einvernehmen mit der Bundesverwaltung noch festzulegen ist.

c. Hilfe an Flüchtlinge und N o t s t a n d s g e b i e t e in G r i e c h e n l a n d ' Im Bewusstsein, dass Griechenland ohne internationale Hilfe nicht in der Lage ist, die Spuren eines Krieges auszuwischen und die schweren Folgen eines Bürgerkrieges zu überwinden, setzte die SAH ihr Aufbauwerk in Mazedonien > in der Zeit von 1958 bis 1960 fort. Den grössten Teil der ihr von der Eidgenossenschaft zur Verfügung gestellten Mittel verwendete sie zur Gewährung von Darlehen zum Wiederaufbau in drei Dörfern in Nordgriechenland. Diese Darlehen, die aus drei von lokalen Komitees verwalteten Fonds finanziert werden, haben bisher 880 Familien den Aufbau einer neuen Existenz ermöglicht ; bereits erfolgen die ersten Eückzahlungen, die wieder für neue Darlehen verwendet werden.

1958 gewährte die SAH ausserdem eine finanzielle Beihilfe an den Wiederaufbau der zentralen Kellereien auf der Insel Santorin, welche 1956 durch ein Erdbeben schwer beschädigt worden waren.

Zur Unterstützung einiger der nahezu 10 000 Flüchtlinge, die sich noch in Griechenland befinden und die ohne fremde Hilfe nicht den Weg zu einem normalen Dasein zurückfinden können, leistete die SAH einen Beitrag an den Bau eines Flüchthngsheims in Athen. Gegenwärtig befasst sie sich mit dem Bau von Wohnungen für Flüchtlinge, die bereits eine bescheidene Erwerbstätigkeit ausüben. Die SAH möchte auch in den kommenden Jahren weiterhin die Möglichkeit haben, die Wiedereingliederung und die Ansiedlung von Flüchtlingen zu erleichtern und sich zugleich am Wiederaufbau in den nördlichen Provinzen Griechenlands zu beteiligen.

d. Hilfe an Jugoslawien Nach dem letzten Krieg befand sich nur noch ein Fünftel der jugoslawischen Spitäler in brauchbarem Zustand. Trotz allen Bemühungen zum Wiederaufbau konnte bisher in dieser Hinsicht noch nicht wieder ein befriedigender Zustand erreicht werden. Da die Kindersterblichkeit das dringendste Problem darstellt, bemühte sich die
SAH vor allem, einige Kinderspitäler und Zentren für Kinderpflege mit medizinischen und sanitären Einrichtungen auszustatten. Der Beitrag der Eidgenossenschaft für die laufende Dreijahresperiode ermöglichte es der SAH, Kinderkrankenanstalten, schulärztliche Dienste und Zentren für den gesundheitlichen Schutz von Müttern und Kindern in Bosnien, Serbien und Montenegro mit Material und Apparaten zu versehen.

Ferner ist die SAH bestrebt, die berufliche Ausbildung der Jugend in besonders benachteiligten Gebieten fördern zu helfen. Diesen Sommer wird eine

431 Gruppe junger Landwirte und Facharbeiter einen für sie organisierten landwirtschaftlichen Fachkurs in der Schweiz besuchen; ausserdem werden einer landwirtschaftlichen Versuchsanstalt in der Nähe von Belgrad Werkzeuge und Berufsausrüstungen zur Verfügung gestellt.

Die SAH wird mit den neuen Mitteln, die sie von der Eidgenossenschaft zu erhalten hofft, ihre Aktion in Jugoslawien fortsetzen und dabei das Hauptgewicht auf die Lieferung medizinischer Ausrüstungsgegenstände und auf die berufliche Schulung der Jugend legen.

e. A n d e r e H i l f s a k t i o n e n Die von der. SAH mit Unterstützung der Eidgenossenschaft geleistete Hilfstätigkeit konzentrierte sich in den vergangenen Jahren hauptsächlich auf vier europäische Länder; indessen liegt es in der Natur dieses Hilfswerks, dass es sich auch für die Notleidenden in andern Teilen der Welt interessiert. Dies ist namentlich der Fall für die im Fernen Osten und in Nordafrika noch ungelösten oder neu entstandenen Flüchtlingsprobleme. Wenn sich die Lage in diesen Gebieten nicht bald bessern sollte, so möchte die SAH die Möglichkeit haben ohne jedoch auf den Grundsatz der Konzentration der Mittel zu verzichten -, dort unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Bundesbehörden in der einen oder andern Form Hilfe zu leisten.

2. Schweizerisches Rotes Kreuz a. K i n d e r h i l f e und Kampf gegen die Tuberkulose Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges nimmt das Kinderhilfswerk des Schweizerischen Boten Kreuzes ausländische Kinder und zwar vor allem solche, die an Tuberkulose erkrankt oder tuberkulosegefährdet sind, in unserem Lande auf. Während eines Aufenthaltes von mindestens vier Monaten in schweizerischen Heilanstalten oder Familien konnten diese kranken oder geschwächten Kinder ihre Gesundheit wiedererlangen. Von 1945 bis Anfang dieses Jahres sind nahezu 8 000 ausländische Kinder in den Heimen und Sanatorien des Boten Kreuzes aufgenommen worden.

Um das Übel an der Wurzel zu bekämpfen, verteilt das Schweizerische Bote Kreuz seit vielen Jahren, vor allem in Österreich, Betten und Bettwäsche an Kinder von Flüchtlingsfamilien, in denen die Tuberkulose aufgetreten ist.

Es befasst sich auch damit, Heilanstalten und Kinderheime in Italien in der gleichen Weise auszustatten. In Griechenland bemüht sich das Bote Kreuz die Wohnstätten tuberkulöser Flüchtlinge
zu sanieren, um eine weitere Ansteckung zu verhindern.

In der Zeit von 1958 bis 1960 hat das Schweizerische Bote Kreuz von der Eidgenossenschaft Beiträge in der Höhe von 450 000 Franken erhalten. Mit dieser Summe konnte es 497 kranken und geschwächten Kindern aus Polen,

432 Jugoslawien und Griechenland einen Aufenthalt in Heilanstalten oder Familien in der Schweiz ermöglichen; die Verteilung von Betten und Bettwäsche an Flüchtlingsfamilien in Österreich und an Heime und Heilanstalten in Italien kam 323 Kindern zugute. Schliesslich profitierten rund 1170 von Ansteckung bedrohte griechische Flüchtlingskinder von der Hilfstätigkeit des Schweizerischen Eoten Kreuzes, die der Ausbesserung und Sanierung von etwa 350 Woh:nungen diente.

Dank der ihm von der Eidgenossenschaft zur Verfügung gestellten Mittel konnte sich das Schweizerische Bote Kreuz ausserdem an der Einrichtung eines Präventoriuros für 40 Kinder in Mikrokastron (Mazedonien) beteiligen und ·dessen Betriebskosten bis im Juli 1959 tragen; zu diesem Zeitpunkt wurde die .Anstalt von den griechischen Behörden übernommen.

Das Kinderhilfswerk des Schweizerischen Eoten Kreuzes hat es verstanden mit bescheidenen Mitteln ein sehr wirksames Werk zugunsten der Kinder zu vollbringen, die noch unter den Folgen des Krieges zu leiden haben. Wir beabsichtigen deshalb auch, dieser Institution einen neuen Beitrag zu gewähren, damit sie weiterhin ausländische Kinder in der Schweiz aufnehmen und die Verteilung von Betten und Bettwäsche sowie seine Hilfsaktionen in Griechenland fortsetzen kann.

b. Hilfe an die 'Gelähmten in M a r o k k o Wir beabsichtigen ebenfalls, das Schweizerische Bote Kreuz bei einer neuen Aktion zu unterstützen, die es zugunsten jener Personen in Marokko zu unternehmen gedenkt, die nach dem Genuss von verfälschtem öl von Lähmungen befallen wurden.

·3. Aufnahme von Flüchtlingen der Kategorie «schwierige Fälle» in der Schweiz Seit mehreren Jahren nimmt die Schweiz alte und kranke Flüchtlinge aus ·dem Ausland auf, die, weil sie zu der Kategorie der sogenannten «schwierigen Fälle» gehören, sonst keine Auswanderungsmöglichkeit haben. Das UNO-Hochkommissariat für die Flüchtlinge leistet einen kleinen Beitrag im Einzelfall. Im übrigen trägt der Bund die Unterhaltskosten, jedoch ohne die Auslagen für Taschengeld und Kleidung, welche von schweizerischen Flüchtlingshilfswerken übernommen werden.

Der Hochkommissar hat dringend ersucht, diese Hilfsaktion fortzusetzen.

"Wenn es nicht gelingt für die alten und kranken Flüchtlinge eine angemessene bleibende Heimstätte zu finden, wird es nicht möglich sein, die
Flüchtlingslager zu leeren. Wir sind deshalb der Auffassung, dass die Hilfsaktion grundsätzlich fortgesetzt werden sollte. Leider wird es aber immer schwieriger, geeignete Aufnahmeplätze zu finden. In vielen Fällen können die alten Flüchtlinge nicht einfach in den bestehenden Flüchtlingsheimen untergebracht werden, weil sie .besonderer Pflege bedürfen. Ein eigentliches Pflegeheim fehlt ganz.

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Die Hilfswerke, die die Betreuung der Flüchtlinge übernehmen, befassen sich deshalb seit einiger Zeit schon mit der Errichtung eines besonderen Pflegeheims oder der Angliederung einer Pflegeabteilung an bestehende Heime. Sie werden diese Aufgabe finanziell aber nur lösen können, wenn der Bund sich wesentlich an den Bau- und Einrichtungskosten beteiligt.

Wir sehen deshalb vor, den Hilfswerken für die Einrichtung solcher Pflegeplätze Beiträge zu gewähren. Sollte dies nicht möglich sein, müssten die 150 weiteren Flüchtlinge der Kategorie der «schwierigen Fälle», welche in den Jahren 1961 bis 1968 aufgenommen werden sollen, nach den Bestimmungen des Bundesbeschlusses vom 26.April 195l1, betreffend die Beteiligung des Bundes an die Unterstützung von Flüchtlingen, betreut werden. Die Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements müsste den Hilfswerken aus ihren ordentlichen Krediten TSProzent der Unterstützungskosten erstatten. Sollte schliesslich die Schaffung solcher Pflegeplätze nicht möglich sein, würden die hierfür vorgesehenen Bundesbeiträge für die Unterstützung der aufzunehmenden Flüchtlinge verwendet.

VI. Schlussfolgerung

Angesichts der gewaltigen Aufgaben, die auf humanitärem Gebiet in der ganzen Welt noch zu erfüllen bleiben, erscheint es uns ganz unerlässlich, dass wir uns weiterhin an der internationalen Hilfstätigkeit beteiligen. Durch den Bundesbeschluss vom 20.März 1958 haben Sie uns für die Jahre 1958 bis 1960 die Summe von 11,5 Millionen Franken gewährt. Zur Durchführung des Programms, das wir auf den vorangehenden Seiten skizziert haben, wäre ein neuer Betrag von 13 Millionen Franken notwendig, der auf die Jahre 1961 bis 1963 verteilt würde. Um dem allgemeinen Anwachsen der Bedürfnisse Eechnung tragen zu können, sehen wir uns veranlasst, einen höheren Betrag festzulegen, als Sie uns für die laufende Dreijahresperiode bewilligt haben. Selbstverständlich werden wir Ihnen über die Verwendung dieser Mittel, die nur im Falle tatsächlichen Bedarfs in Anspruch genommen werden sollen, Rechenschaft abr legen.

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass es von Vorteil ist, wenn dem Bundesrat ein Globalbetrag zur Verfügung gestellt wird; so bleibt er in der Gewährung der Beiträge frei und kann sie jeweiligen Verhältnissen anpassen. Wie ;n der vorangegangenen Botschaft haben wir deshalb für, die verschiedenen vorgesehenen Beiträge mit Ausnahme des Beitrages an die UNICEF keine bestimmte Höhe angegeben. Die Globalsumme, die wir Sie bitten zu bewilligen, umfasst ausserdem eine Reserve, die dem Bundesrat gestatten soll, die Opfer von Naturkatastrophen im Ausland zu unterstützen und in unvorhergesehenen Fällen rasch zu handeln. .

Gestützt auf diese Erwägungen empfehlen wir Ihnen Zustimmung zum beiliegenden Bundesbeschluss.

x

) abgeändert durch den Bundebeschluss vom 11. März 1960.

Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. II.

31

434

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den 12. Juli 1960.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : Max Petitpierre Der Bundeskanzler : Ch. Oser

(Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Weiterführung der Internationalen Hilfstätigkeit

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 12. Juli 1960, beschliesst:

Art. l Für die Weiterführung der internationalen Hilfstätigkeit während der Jahre 1961, 1962 und 1963 wird dem Bundesrat ein Betrag von 13000000 Franken zur Verfügung gestellt.

Der jährliche Kreditbedarf ist in den Voranschlag einzustellen.

Art. 2 Im Rahmen des bewilligten Gesamtaufwandes können Beiträge an internationale Hilfsorganisationen oder an schweizerische, im Ausland tätige Hilfswerke ausgerichtet werden. Der Bundesrat bestimmt das Ausmass der einzelnen Beiträge und setzt die näheren Bedingungen fest.

Art. 3 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Weiterführung der internationalen Hilfswerk (Vom 12. Juli 1960)

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1960

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29

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21.07.1960

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