516

# S T #

7980

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Defizitgarantie für die Ausstellung über Gesundheitspflege, Hygiene und Sport (HYSPA), Bern 1961 (Vom 2. Februar 1960)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Die Organisatoren der Ausstellung über Gesundheitspflege, Hygiene und Sport im 20. Jahrhundert (HYSPA), Bern 1961, haben ein Gesuch um eine Defizitgarantie des Bundes an uns gerichtet. Wir unterbreiten Ihnen eine entsprechende Vorlage.

I.

Eine erste schweizerische Ausstellung für Gesundheitspflege und Sport fand 1931 in Bern statt. Auf Grund eines Bundesbeschlusses vom S.Dezember 1930 erhielt sie einen Bundesbeitrag von 300 000 Franken (AS 1930, 765). Die HYSPA II soll im Frühsommer 1961 wiederum in Bern stattfinden. Nach den Darlegungen des Organisationskomitees ist es an der Zeit, der Öffentlichkeit die grossen Fortschritte vor Augen zu führen, die in den letzten Jahrzehnten auf dem Gebiet der Gesundheitspflege und der körperlichen Ertüchtigung erreicht worden sind. Die HYSPA verfolgt ein kulturelles Ziel, das zweifellos alle Beachtung verdient. Sie soll in folgende Abteilungen gegliedert werden: a. Gesundheitspflege (der gesunde Mensch; der kranke Mensch; der behinderte Mensch; der verunfallte Mensch) ; fe. Turnen und Sport (als Kultur- und Erziehungsfaktor; Entwicklung; Er, holung und Leistung ; Sport und Medizin ; wirtschaftliche Auswirkungen) ; c. Sportwettkämpfe; d. Camping.

' ' .·

: '

·

.

517

Einbesonderes Gewicht wird auf die Abteilung Gesundheitspflege gelegt werden. Die HYSPA ist in erster Linie eine thematische, Ausstellung, wobei nur als Ergänzung auch gewerblich-industrielle Abteilungen vorgesehen sind.

Die gesamte Fläche der Ausstellung wird 140 000 in2 ausmachen, die überbaute Fläche einschliesslich der Anlagen im Freien 41 500 m2, wovon nur etwa 10 000 m2 auf die Abteilungen für kommerzielle Aussteller entfallen. ' Die Vorbereitungen für die Ausstellung sind seit 1956 im Gange. Der Träger der Ausstellung, ein eigens zu diesem Zwecke gegründeterVerein, hat seine Organe bestellt und als1 Mitarbeiter über 500 Fachleute aus der ganzen Schweiz, darunter zahlreiche Vertreter der Wissenschaft, beigezogen.

Der Voranschlag der HYSPA präsentiert sich folgendermasseh : Einnahmen Millionen Fr.

,

Eintritte, Lotterie. . . . . .

Stand-und Platzmieten . . .

A fonds perdu-Beitrag der Stadt Bern Andere Einnahmen . . . . . .

Fehlbetrag

2,90 1,50

Total .

8,35

1,00, 0,65 2,30

·

Ausgaben Millionen Fr.

Bauten. . ., Thematische,Darstellung .

Presse und Propaganda . .

, Organisation, Verwaltung .

Betrieb,. . . . . . . . .

Sportliche Veranstaltungen

4,25 . 1,91 . 0,48 . 0,49 . , 1,12 . 0,10

.Total

8,35

Es ergibt sich ein büdgetmässiger Fehlbetrag von 2,3 Millionen Franken, doch dürften die Einnahmen vorsichtig geschätzt sein. Je nach den allgemeinen Umständen und dem Interesse, das der Ausstellung i entgegengebracht wird, ist bei den Eintritten ein höherer Ertrag möglich, der bei gleichbleibenden Ausgaben den Fehlbetrag entsprechen d vermindern würde.,Zum Beitrag à fonds perdu von l Million Franken der Stadt Bern kommen Defizitgarantien der Stadt und des Kantons Bern von je 1,5 Millionen Franken. Die Leitung der HYSPA stellte das Gesuch um eine Defizitgarantie des Bundes von l Million Franken.

;.

.

II.

..

Der Gemeinderat der Stadt Bern ersuchte am 24. August 1956 den Bundesrat> die Dienststellen des Bundes zur Mitarbeit an der HYSPA zu ermächtigen.

Nach Anhörung der1 Zentrale für Handelsförderung gab der Bundesrat diesem Gesuch am 12. Oktober 1956 statt. Am 4. Januar 1958 gelangte die HYSPA erstmals mit einem Beitragsbegehren an den Bundesrat. Nachdem der HYSPA bereits eine vorläufige Antwort erteilt worden war, richtete die Zentralkommission Schweizerischer Propaganda-Organisationen am 22.Mai 1958 eine Eingabe an den Bundesrat, in der sie geltend machte, die HYSPA drohe, den Bahmen zu sprengen, für den sie 1956 die Zustimmung des Bundesrates gefunden

518 habe, und es bestehe die Gefahr, dass sie kommerzialisiert werde. Die Verhandlungen über diese Einwände führten zu einer Verständigung, die im: wesentlichen folgenden Inhalt hat; , a. Die ursprünglich auf Sommer/Herbst 1960 geplante HYSPA wird auf den Frühsommer 1961 verlegt, um eine Überschneidung mit dem Comptoir in Lausanne zu vermeiden.

b. Es werden keine permanenten Bauten erstellt, welche die Durchführung weiterer Ausstellungen begünstigen würden. Immerhin möchte sich die Stadt Bern vorbehalten, in gewissen Abständen grössere Ausstellungen zu übernehmen.

c. Die Ausstellung soll im thematischen Teil nicht messeartig aufgemacht werden. Für die Beteiligung in diesem Teil dürfen keine Stand- oder Platzgelder erhoben werden.

d. Ausländische Firmen werden nur soweit zugelassen, als keine gleichwertigen schweizerischen Erzeugnisse unter gleichen Voraussetzungen zur Verfügung stehen.

e. In den gewerblich-industriellen Abteilungen dürfen nur Produkte gezeigt werden, die in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem thematischen Teil stehen.

Nachdem diese Verständigung bereits erfolgt war, hat die Aufsichtskommission der Zentrale 'für Handelsförderung zum Gesuch der HYSPA ebenfalls Stellung genommen. Sie erachtet im Hinblick auf die ablehnende Haltung der Wirtschaft dieser Ausstellung gegenüber eine Defizitgarantie nicht als gerechtfertigt. Wenn aber der Bundesrat aus ändern Gründen - gemeint sind offenbar kulturelle Motive - dennoch den eidgenössischen Bäten eine Defizitgarantie beantrage, so müsse für ein angemessenes Verhältnis zwischen thematischem und gewerblich-industriellem Teil gesorgt sein. i

III.

Im Hinblick auf die anerkennenswerte kulturelle Zielsetzung ist es angezeigt, der Ausstellung über Gesundheitspflege, Hygiene und Sport eine Defizitgarantie zuzusichern. Gerade weil die HYSPA nicht wirtschaftlichen Zwecken dient und deshalb nur in beschränktem Masse mit Leistungen der Wirtschaft rechnen kann, erscheint angesichts der Umstände eine Garantie gerechtfertigt.

Das Gebiet, das sie beschlägt, kann durch eine Messe mit wirtschaftlichem Charakter nicht umfassend zur Darstellung gebracht werden.

Allerdings hat auch die HYSPA wirtschaftliche Aspekte, indem die Wirtschaft sowohl im thematischen als im gewerblich-industriellen Teil mitwirkt;' die gewerblich-industriellen Abteilungen dienen unter anderem 'dazu, Firmen zu berücksichtigen, die im thematischen Teil nicht mitwirken können. Die Ver-

·

:

"

,

i

,.

,

'

'

,

!

519

ständigung mit der Zentralkommission Schweizerisoher Propaganda-Organisationen sollte aber Gewähr dafür bieten, dass die Ausstellung1 für die Wirtschaft tragbar bleibt. Gemäss dein Entwurf,zürn Bundesbeschluss soll die Defizitgarantie mit entsprechenden Auflagen verbunden werden, namentlich auch .bezüglich des Charakters und Ausmasses des gewerblich-industriellen Teils.. Die Unterstützung der öffentlichen Hand trägt dazu bei, dass die ausländische Beteiligung an der Ausstellung in engen Grenzen gehalten werden kann.

i 1 Wir verkennen nicht, dass in Kreisen der Wirtschaft nach wie vor Bedenken gegen grosse Fachausstellungen bestehen. Es ist zu erwägen, ob nicht in1 Zukunft an die Förderung solcher Ausstellungen durch den Bund ein strengerer Maßstab angelegt werden soll. Indessen wäre es unbillig, damit bei der HYSPA den Anfang zu mächen, nachdem die Vorbereitungen schon seit längerer Zeit im Gange sind, Stadt und Kanton Bern in sehr grosszügiger Weise; finanzielle Leistungen erbringen und der Bund von Anfang an durch die Mitarbeit einer Beihe von Amtsstellen sein Interesse an der Ausstellung bekundet hat. Zu berücksichtigen ist auch, dass Bern nicht zu den Messestädten gehört, die alljährlich einen grossen Zustrom an Ausstellungsbesuchern aufweisen. .Als letzte grössere Ausstellung fand 1954 die HOSPES in Bern statt.

Wir beantragen Ihnen, der HYSPA eine Defizitgarantie zuzusichern,, diese jedoch auf 800 000 Franken zu begrenzen. Ein allfälliges Defizit würde demnach auf Stadt, Kanton und Bund nach Massgabe der von ihnen zugesicherten' Garantien aufgeteilt. Zur Deckung des laufenden Finanzbedarf es sollen gegebenenfalls schon während der,Vorbereitung und Durchführung der Ausstellung Vorschüsse auf dem Garantiebetrag geleistet werden. Dabei bliebe vorbehalten/ dass auf Grund der Schlussrechnung die Vorschüsse insoweit zurückerstattet werden müssten, als sjie die gemäss Artikel l des Beschlussesentwurfs errechnete Defizitgarantie übersteigen würden.

rv.

:Wir benützen den Anlass, um in allgemeiner Weise die Notwendigkeit einer zweckmässigen Koordination von Ausstellungen und Messen zu unterstreichen.

Es m'uss darauf geachtet werden, dass die Wirtschaft nicht durch allzuviéle Ausstellungen über Gebühr beansprucht wird.

,: In diesem Zusammenhang erinnern wir daran, dass 1958 inZürich die SAFFA (Die, Schweizerfrau, ihr Leben, ihre Arbeit) stattfand, welcher der Bund eine finanzielle Unterstützung gewährte, und dass 1959,- ebenfalls in Zürich die l.Schweizerische Gartenbauausstellung durchgeführt wurde; für 1964 ist eine Landesausstellung in Lausanne vorgesehen. Daneben werden ständig Ausstellungen kleineren Ausmasses veranstaltet. Eine Sonderstellung nehmen die vom Bundesrat anerkannten Messen ein: Schweizer Mustermesse,-Basel; Comptoir Suisse, Lausanne; Internationaler Automobilsalon, Genf: ÖLMA, .Schweizer Messe für Land- und Milchwirtschaft in St. Gallen, jmd die seit einiger Zeit si-

520

stierte Fiera Svizzera, Lugano. Ferner unterstützt der Bund im Rahmen von Artikel 39 des Landwirtschaftsgesetzes landwirtschaftliche Ausstellungen; die letzte schweizerische Landwirtschaftsausstellung fand 1954 in Luzern statt.

Um eine gewisse Koordination zu bewerkstelligen, fasste der Bundesrat am S.Mai 1934 einen nicht veröffentlichten Beschluss über die Rationalisierung des schweizerischen Ausstellungswesens. Den Anlass gaben die Klagen der Wirtschaft über die starke Zersplitterung, unter der das schweizerische Ausstellungsund Messewesen zu leiden habe, und über die Flut von Ausstellungen aller Art, die häufig vom Standpunkt des wirtschaftlichen Gesamtinteresses aus unerwünscht oder geradezu schädlich seien. Der Beschluss hat folgenden Wortlaut : «1. Eidgenössische Amtsstellen, welche darum angegangen werden, sich an einer schweizerischen Ausstellung oder Messe irgendwie zu beteiligen oder sie in irgendwelcher Weise zu fördern, haben dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit) von ihrer Absicht jeweils Kenntnis zu geben. Dieses unterbreitet die Angelegenheit der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung zur Vernehmlassung. Ergeben sich zwischen dieser und der für die Ausstellung oder Messe sich interessierenden Amtsstelle Meinungsverschiedenheiten über die Wünschbarkeit, die betreffende Veranstaltung amtlich zu fördern, und .gelingt es dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement nicht, eine Verständigung zu erzielen, so ist der Fall dem Bundesrate zum Entscheid zu unterbreiten.

Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die «Schweizer Mustermesse» in Basel, das «Comptoir suisse des industries alimentaires et agricoles» in Lausanne und den «Internationalen Automobilsalon» in Genf (sowie auf die «Fiera svizzera di Lugano» und die «OLMA» in St. Gallen).

2. Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement wird beauftragt, den Kantonsregierungen von diesem Beschluss des Bundesrates Kenntnis zu geben, mit dem Wunsche, dass auch die Kantone die Bestrebungen der Bundesbehörden, das schweizerische Messe- und Ausstellungswesen zu sanieren, nach Möglichkeit unterstützen.

3. Das Volkswirtschaftsdepartement wird angewiesen, den vorliegenden Beschluss der Zentrale für Handelsförderung mitzuteilen. »

In manchen Fällen hatte diese Regelung den gewünschten Erfolg, doch war sie nicht immer wirksam genug. Namentlich die Erfahrungen in der Nachkriegszeit haben erkennen lassen, dass die Koordination verbessert werden muss.

Anzustreben ist insbesondere eine möglichst frühzeitige Anmeldung der Ausstellungen und eine rechtzeitige Verständigung unter den Bundesbehörden über die Frage, ob und in welcher Weise eine Ausstellung gefördert werden soll. Andernfalls riskiert man, dass durch gewisse Vorentscheidungen die Koordination präjudiziert und erschwert wird. In diesem Zusammenhang sei auch auf ein gemeinsames Rundschreiben des Schweizerischen Bauernverbandes, des Schweizerischen Gewerbeverbandes und des Vorortes des Schweizerischen Handelsund Industrievereins vom 15.März 1957 hingewiesen, in welchem die Kreise der Wirtschaft ersucht werden, das Ihre zur Mässigung des Ausstellungswesens beizutragen. Wir nehmen deshalb in Aussicht, den Bundesratsbeschluss von 1934 zu revidieren.

'

..

·

'

'

521

Wir beantragen Ihnen, «gemäss unseren Ausführungen den beiliegenden Beschlussesentwurf; gutzuheissen.

B e r n , den 2.Februar 1960.

4908

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Max Petitpierre Der Bundeskanzler: Ch. Oser

Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. L

35

522 Entwurf

Bundesbeschluss betreffend

Defizitgarantie für die Ausstellung über Gesundheitspflege, Hygiene und Sport (HYSPA), Bern 1961

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 2. Februar 1960, beschliesst:

Art. l 1

Der Bund sichert der Ausstellung über Gesundheitspflege, Hygiene und Sport im 20. Jahrhundert (HYSPA), Bern 1961, zur Deckung eines allfälligen Defizites einen Beitrag von höchstens 800 000 Franken zu.

2 Der Beitrag wird-nur soweit ausgerichtet, als auch Kanton und Stadt Bern im Eahmen ihrer Defizitgarantien entsprechende Beiträge leisten.

3 Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt und setzt die Auflagen fest, unter denen die Defizitgarantie gewährt wird.

Art. 2 Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich und tritt sofort in Kraft.

4803

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Defizitgarantie für die Ausstellung über Gesundheitspflege, Hygiene und Sport (HYSPA), Bern 1961 (Vom 2.

Februar 1960)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1960

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

06

Cahier Numero Geschäftsnummer

7980

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.02.1960

Date Data Seite

516-522

Page Pagina Ref. No

10 040 863

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.