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Dritter Bericht über die Schweiz und die Konventionen des Europarates

vom 22. Februar 1984

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Wir unterbreiten Ihnen den dritten Bericht über die Schweiz und die Konventionen des Europarates mit dem Antrag, davon Kenntnis zu nehmen.

Gemäss dem Postulat Reiniger aus dem Jahre 1976 (P 76.454), veröffentlicht der Bundesrat zu Beginn jeder Legislaturperiode einen neuen Bericht in dieser Sache. Das vorliegende Dokument bringt die Berichte vom 16. November 1077 (77.078) und vom 2. Juni 1980 (80.047) in der gleichen Angelegenheit auf den Stand von Januar 1984.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. Februar 1984

7g4

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Schlumpf Der Bundeskanzler: Buser

1984-140

Übersicht In seinem Postulat vom 6. Oktober 1976 verlangte Nationalrat Reiniger vom Bundesrat zu Beginn jeder Legislaturperiode in einem Bericht Aufschluss über sämtliche von der Schweiz noch nicht ratifizierten Übereinkommen des Europarates und über die Beweggründe unseres Landes, dem einen oder ändern dieser Übereinkommen noch beizutreten bzw. nicht beizutreten. Mit den beiden Berichten über die Schweiz und die Konventionen des Europarates vom 16. November 1977 (BBl 1977 /// 870) und vom 2. Juni 1980 (BBl 1980 // 1527) wurde diesem Auftrag Folge geleistet.

Wir legen Ihnen nun den zu Beginn dieser Legislaturperiode fälligen dritten Bericht vor. Darin vermitteln wir Ihnen zu Beginn einen Überblick über Mittel und Methoden der Zusammenarbeit im Europarat und werten anschliessend die Wirksamkeit der im Rahmen dieser Organisation ausgearbeiteten Übereinkommen im Vergleich zu den übrigen zur Verfügung stehenden Arbeitsmittel. Wichtig ist dabei, dass die Europäischen Übereinkommen nicht das einzige, doch aber das wirkungsvollste Mittel der Zusammenarbeit im Europarat darstellen. Um die Wirkung dieser Übereinkommen auf unsere Rechtsordnung aufzuzeigen, werden die Beziehungen zwischen diesen Instrumenten und dem schweizerischen Recht erläutert und anhand einiger konkreter Beispiele illustriert.

Der umfangreichste Teil des vorliegenden Berichts ist der Darlegung unserer Haltung gegenüber jedem einzelnen noch nicht ratifizierten Übereinkommen gewidmet.

Über Änderungen in unserer Haltung zu einzelnen Übereinkommen geben weiterhin auch die Beiträge der zuständigen Departements zu den jährlichen Geschäftsberichten Auskunft.

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Bericht I II

Allgemeiner Teil Postulat Reiniger

Das Postulat von Nationalrat Reiniger vom 6. Oktober 1976, das vom Bundesrat entgegengenommen wurde, hatte folgenden Wortlaut: Der Bundesrat wird beauftragt, zuhanden der eidgenössischen Räte einen umfassenden Bericht über «Die Schweiz und die Konventionen des Europarates» zu erstellen, in dem er sämtliche von der Schweiz noch nicht ratifizierten Konventionen prüft und darlegt, ob und warum die Schweiz beitreten bzw. nicht beitreten soll. Für die Ratifikation der Konventionen sind zeitliche Prioritäten aufzustellen.

Dieser Bericht ist zu Beginn jeder Legislaturperiode nachzuführen. In den jährlichen Geschäftsberichten und.im Rechenschaftsbericht über die abgelaufene Legislaturperiode sind der jeweilige Stand der Ratifikationen festzuhalten und allfällige Verzögerungen zu begründen.

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Einleitung

Wir hatten Ihnen am 16. November 1977 einen ersten Bericht über die Schweiz und die Konventionen des Europarates (BEI 7977III 870-912) und am 2. Juni 1980 einen ersten Ergänzungsbericht dazu unterbreitet (BEI 1980 II 1527-1559).

Aus Gründen der Zweckmässigkeit und der Übersichtlichkeit erscheint es uns angezeigt, Ihnen diesmal wiederum eine vollständige Zusammenstellung über den Stand der Ratifikationen der europäischen Übereinkommen durch die Schweiz zu vermitteln. Wir möchten dadurch vermeiden, dass der erste Bericht von 1977 und der Zusatzbericht von 1980 ergänzend konsultiert werden müssen.

Ebenso möchten wir unsere Ratifikationspolitik klarer definieren und systematischer als in den vorhergehenden Berichten darstellen. Wir haben deshalb diesen Bericht mit «Dritter Bericht über die Schweiz und die Konventionen des Europarates» betitelt.

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Zweck und Ziele des Europarates

Gemäss der Satzung vom 5. Mai 1949 (SR 0.192.030) setzt sich der Europarat zum Ziel, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herzustellen zum Schütze und zur Förderung der Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe bilden, und den sozialen Fortschritt zu fördern. Diese Zielsetzung wird namentlich durch den Abschluss von Abkommen im wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, wissenschaftlichen, rechtlichen und Verwaltungsbereich sowie von Abkommen zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten erfüllt (Art. l, Bst. a und b der Satzung). Im weiteren verpflichtet die Satzung jeden der 21 Mitgliedstaaten des Europarates, an der Erfüllung der Aufgaben der Organisation aufrichtig und tatkräftig mitzuarbeiten (Art. 3).

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Mittel und Methoden der Zusammenarbeit im Europarat

Die drei wesentlichen Instrumente der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit des Europarates sind: - Übereinkommen und Abkommen, - Empfehlungen des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten, - Meinungsaustausch, a. Das rechtlich bedeutsamste Instrument des Europarates zur Erfüllung der unter Ziffer 13 erwähnten Zielsetzungen ist der völkerrechtliche Vertrag in der Form europäischer Übereinkommen, Abkommen und Protokolle. Bis jetzt wurden 116 solche Rechtsinstrumente ausgearbeitet.

In rechtlicher Hinsicht beruhen die im Rahmen des Europarates abgeschlossenen Verträge auf dem Willen der Mitgliedstaaten, sich untereinander zu binden; die Staaten sind dagegen rechtlich nicht verpflichtet, diesen Übereinkommen beizutreten. Nichtsdestotrotz sind die Mitgliedstaaten des Europarates gehalten, die Möglichkeit, diese Übereinkommen zu ratifizieren, nach Treu und Glauben zu prüfen; werden diese Rechtsinstrumente doch ausgearbeitet mit dem Ziel, die nationalen Gesetzgebungen zu harmonisieren und dadurch die zwischenstaatliche Zusammenarbeit gemäss der Satzung des Europarates zu fördern. Die Übereinkommen konkretisieren demnach die Verpflichtungen, die aus der Mitgliedschaft im Europarat entstehen.

b. Ein weiteres wichtiges Mittel der Zusammenarbeit im Europarat sind die Empfehlungen des Ministerkomitees an die Regierungen der Mitgliedstaaten gemäss Artikel 15 Buchstabe b der Satzung. Alljährlich werden rund 20 solche Empfehlungen vom Ministerkomitee verabschiedet; dafür bedarf es der Einstimmigkeit der abgegebenen Stimmen sowie der Stimmen der Mehrheit der Vertreter, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben (Art. 20 Bst. a Ziff. 1). Die Empfehlungen entwikkeln keine obligatorische Rechtskraft. Sie legen den Regierungen der Mitgliedstaaten ein möglichst einheitliches Vorgehen in bezug auf eine bestimmte Materie nahe. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Empfehlungen ohne Wirkung sind; denn die Regierungen sind verpflichtet, nach Treu und Glauben die Möglichkeit zu prüfen, den Empfehlungen Folge zu leisten. Überdies fordert das Ministerkomitee die Regierungen der Mitgliedstaaten alljährlich auf, Auskunft zu geben darüber, in welchem Masse gewisse ausgewählte Empfehlungen bei der gesetzgeberischen und administrativen Arbeit berücksichtigt wurden. Dadurch entsteht ein moralischer Druck auf die Regierungen,
die Empfehlungen nicht unbeachtet sein zu lassen.

c. Schliesslich gilt es, als dritte Methode der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit den Meinungsaustausch unter Ministern, Ständigen Vertretern oder Experten zu nennen. Dieser ist geeignet, in begrenzten und namentlich neuen Bereichen den Regierungen der Mitgliedstaaten Impulse zu vermitteln und dadurch deren Handlungsweisen einander faktisch anzunähern. Meinungsaustausche finden einerseits über politische, andererseits über fachtechnische Themen statt und zwar auf der Ebene so787

wohl von Ministern als auch von Experten. Es ist nicht selten, dass die Behörden aufgrund von Anregungen, die im Verlaufe eines Meinungsaustausches gemacht werden, zur Lösung eines bestimmten Problems in ihren Ländern unabhängig voneinander gleiche oder ähnliche Wege beschreiten. Was die Schweiz betrifft, so ist dieser Fall bereits mehrmals eingetreten.

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Wertung der Arbeitsmittel und -methoden des Europarates

Welche der drei geschilderten Methoden im konkreten Fall am besten geeignet ist, in einer bestimmten Materie eine Regelung herbeizuführen, hängt in erster Linie Von deren Art und Dringlichkeit ab. Das Ministerkomitee hat im Jahre 1975 die Frage prüfen lassen, welches Instrument in einer gegebenen Situation am wirkungsvollsten eingesetzt werden kann.1) Die dort gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage unserer folgenden Überlegungen.

Als einziges Mittel der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit im Europarat bietet das Übereinkommen (Konvention, Abkommen oder Protokoll) rechtliche Gewähr dafür, dass gemeinsam erarbeitete Lösungen in den einzelnen Mitgliedstaaten in gleichem Masse angewendet werden. Die Wirkung der Übereinkommen wird allerdings dadurch eingeschränkt, dass sie nur für diejenigen Mitgliedstaaten rechtskräftig sind, welche sie ratifizieren. Eine geringe Anzahl von Ratifikationen vermindert die Bedeutung solcher Übereinkommen für die europäische Zusammenarbeit. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass 20 der 116 Konventionen und Abkommen des Europarates noch nicht in Kraft getreten sind, weil sie nicht von der nötigen Anzahl von Staaten (zumeist 3,4 oder 5) ratifiziert worden sind. Zudem wurden bisher 27 europäische Übereinkommen nur von einer geringen Anzahl von Staaten (höchstens 8) ratifiziert. Zu dieser Sachlage haben verschiedene Faktoren beigetragen, wie z. B. mangelndes Interesse der Mitgliedstaaten für die vertraglich geregelte Materie oder überholte Aktualität derselben, Überalterung des Inhaltes eines Abkommens, umfassendere bzw. modernere Regelung der betreffenden Materie in einer anderen internationalen Organisation usw. Man ist daher im Europarat dazu geschritten, die Gründe für diese Schwierigkeiten zu überprüfen und abzuklären, ob in einzelnen Fällen eine Überarbeitung bzw. Ergänzung der betreffenden Abkommen angezeigt ist. Es ist dies allerdings eine Erscheinung, die für alle im Rahmen von internationalen Organisationen ausgearbeiteten Übereinkommen typisch ist. Im Vergleich zu anderen europäischen oder weltweiten Organisationen steht der Europarat, was den Ratifikationsstand seiner Konventionen anbetrifft, sogar gut da.2) ') Vgl. Méthodes et instruments de coopération au Conseil de l'Europe. Décision du Comité des Ministres et Rapport sur l'opportunité
de remplacer dans certains cas l'élaboration de conventions par un mécanisme plus efficace et d'adopter une politique sélective quant aux suites détaillées à donner aux résolutions, établi par le Représentant Permanent de la Suède conjointement avec le Secrétariat. Strasbourg, Conseil de l'Europe, 1975; S.8.

2) Bisher sind lediglich zwei der gegenwärtig 116 im Rahmen des Europarates ausgearbeiteten Konventionen von sämtlichen Mitgliedstaaten ratifiziert worden. Es sind dies die Europäische Menschenrechtskonvention von 1950 (SR 0.101) und das Europäische Kulturabkommen von 1954 (SR 0.440.1).

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Da die Ausarbeitung eines Übereinkommens ein langfristiges Unternehmen ist, ist es oft nicht das geeignete Instrument zur Lösung eines dringlichen Problems.

Dazu kommt, dass die Ratifikationsverfahren in den einzelnen Mitgliedstaaten langwierig sein können.

Im Vergleich dazu ist die Empfehlung eih flexibleres Instrument der Zusammenarbeit innerhalb des Europarates. Es erlaubt ein rascheres Eingehen auf konkrete Problemstellungen. Obwohl die Verabschiedung einer Empfehlung im Ministerkomitee gemäss Artikel 20 Buchstabe a Ziffer l der Satzung (SR 0.192.030) der Einstimmigkeit der abgegebenen Stimmen bedarf, ist deren Ausarbeitung in der Regel weniger aufwendig und langwierig als diejenige der Übereinkommen. Die rechtliche Natur der Empfehlung hat allerdings zur Folge, dass keine Gewähr besteht, dass ihre Verabschiedung durch das Ministerkomitee in den einzelnen Mitgliedstaaten auch tatsächlich ein konkretes paralleles Vorgehen zur Folge hat.

Die Wirkung des Meinungsaustausches als Mittel der Zusammenarbeit liegt darin, dass daran beteiligte Behördemitglieder der verschiedenen Mitgliedstaaten Gedanken und Anregungen aufgreifen und ihren jeweiligen Verwaltungen zuführen können. Diese Wirkung sollte trotz ihrer völligen rechtlichen Unverbindlichkeit und der nicht klaren Messbarkeit nicht unterschätzt werden, da sie in vielen Fällen fast unwillkürlich zu gemeinsamen Lösungen führen kann, namentlich wenn in dringlichen Fällen ohnehin keine Möglichkeit besteht, ein verbindliches Rechtsinstrument auszuarbeiten.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass das Europäische Übereinkommen, d. h. der völkerrechtliche Vertrag, nicht das einzige und in vielen Fällen auch nicht das wirkungsvollste Mittel ist, mit welchem die zwischenstaatliche Zusammenarbeit im Rahmen des Europarates gefördert werden kann.

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Die schweizerische Politik in bezug auf die Ratifikation europäischer Übereinkommen

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die schweizerischen Behörden regelmässig jeden der im Rahmen des Europarates ausgearbeiteten völkerrechtlichen Verträge im Hinblick auf eine allfällige Ratifikation prüfen sollen. 0 Dies ist ja auch das Ziel des Postulats Reiniger, das diesem Bericht zugrunde liegt. Diese Prüfung soll von der Annahme ausgehen, dass die Ratifikation der Übereinkommen grundsätzlich wünschbar ist. Dabei sind die Darlegungen unter Ziffer 15 dieses Berichts zu berücksichtigen. Einzelne Übereinkommen sind für die Schweiz offensichtlich gegenstandslos. Andere wiederum stellen uns vor grössere rechtliche Hindernisse: sei es z.B., dass die interne rechtliche Grundlage fehlt, die es unserem Land erlauben würde, den vertraglichen Pflichten nachzu*> In ihrer Empfehlung 870 (1979) über die Ratifikation der Übereinkommen und Abkommen des Europarates hat die Parlamentarische Versammlung dem MinisterkomiIcc voi geschlagen, die Regierungen der Mitglicdstaatcn aufzufordern, ihrem jeweiligen Parlament regelmässig Bericht über den Stand der Ratifikationen zu erstatten.

Diese Empfehlung darf als Konsequenz unseres Berichts vom 16. November 1977 über die Schweiz und die Konventionen des Europarates (BB1 1977 111 870) betrachtet werden.

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kommen; oder sei es, dass der Gegenstand des Übereinkommens im wesentlichen, im Zuständigkeitsbereich der Kantone liegt und sich letztere gegen die Ratifikation aussprechen. Diese Einschränkungen sind um so ernster zu nehmen, als die Schweiz der ständigen Praxis folgt, die Bestimmungen der von ihr ratifizierten Verträge genau einzuhalten.

Daraus folgt, dass unser Ziel nicht in erster Linie die Ratifikation einer möglichst grossen Anzahl Europäischer Übereinkommen ist. Massgebend für die Ratifikation eines solchen Rechtsinstruments sind für uns vielmehr seine Zweckmässigkeit und Nützlichkeit, die Realisierbarkeit seines Gegenstandes in unserer Rechtsordnung sowie die Bedeutung seines Beitrages zu einer echten und wirkungsvollen europäischen Zusammenarbeit. Wir haben unter Berücksichtigung dieser Aspekte bei der Aufzählung der noch nicht ratifizierten Übereinkommen im besonderen Teil dieses Berichts je nach der Priorität einer Ratifikation verschiedene Kategorien gebildet (vgl. Ziff. 22).

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Ratifikationen seit der Veröffentlichung des letzten Berichts

Seit der Veröffentlichung des ersten Ergänzungsberichts vom 2. Juni 1980 zum Bericht über die Schweiz und die Konventionen des Europarates vom 16. November 1977 (BEI 1980 II 1527) hat die Schweiz die Ratifikationsurkunden für folgende Übereinkommen hinterlegt: Nr. 74 Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität und Zusatzprotokoll (1972), am 6. Juli 1982 (SR 0.273.1) Nr. 87 Europäisches Übereinkommen über den Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (1976), am 24. September 1980 (SR 0.454) Nr. 90 Europäisches Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus (1977) am 19. Mai 1983 (SR 0.353.3) Nr. 104 Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (1979), am 12. März 1981 (SR 0.455) Nr. 105 Europäisches Übereinkommen über die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und über die Wiederherstellung des Sorgerechts (1980), am 27. September 1983 (SR 0.211.230.01) Nr. 106 Europäisches Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften oder Behörden (1980), am 3. März 1982 (SR 0,131.1) Unsere Ratifikationsabsichten für die laufende Legislaturperiode sind in der Übersicht über die noch nicht ratifizierten Übereinkommen dargelegt (vgl.

Ziff. 23 ff.). Es handelt sich dabei um die Instrumente, deren Ratifikation mit der höchsten Prioritätsstufe (A) bezeichnet ist.

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Beziehungen zwischen den europäischen Übereinkommen und dem schweizerischen Recht

Gemäss einem allgemeinen Grundsatz des Völkerrechts ist jeder Staat durch einen rechtskräftigen Vertrag gebunden und verpflichtet, diesen nach Treu und Glauben einzuhalten (Grundsatz des «Pacta sunt servanda»; vgl. Art. 26 der Wiener Konvention über das Vertragsrecht vom 23. Mai 1969). Die Staaten sind dafür verantwortlich, dass die internationalen Verpflichtungen, die sie eingegangen sind, vollumfänglich eingehalten werden. Diesem Umstand wird nicht alleine dadurch Genüge getan, dass diese ihre Verpflichtungen auf internationaler Ebene einhalten, sondern auch dadurch, dass auf nationaler Ebene die zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt werden, damit die eingegangenen Verpflichtungen ihre bestmöglichen Wirkungen entfalten können. Für die Mitgliedstaaten des Europarates ergeben sich diese .generellen Regeln besonders deutlich aus ihrer festen Bindung an den Grundsatz der «Vorherrschaft des Rechts» gemäss der Präambel und Artikel 3 der Satzung (SR 0.192.030) Entsprechend einer ständigen Praxis hält sich die Schweiz strikte an die internationalen Verpflichtungen, die sie eingegangen ist (Botschaft betreffend die Europäische Sozialcharta [BB1 1983 II 1241]). Gemäss der schweizerischen Konzeption werden die internationalen Verträge integrierender Bestandteil der schweizerischen Rechtsordnung, sobald sie für unser Land in Kraft getreten sind. Für die staatlichen Behörden erwachsen sie sogar in Rechtskraft, bevor sie veröffentlicht sind. Insoweit die Bestimmungen eines internationalen Vertrages direkt anwendbar sind, können die daraus fliessenden Rechte vom Zeitpunkt des Inkrafttretens an geltend gemacht werden. Die Verpflichtungen hingegen werden für die Betroffenen erst vom Tag der amtlichen Veröffentlichung an rechtskräftig (Botschaft zu einem Bundesgesetz über die Gesetzessammlungen und das Bundesblatt [BB1 198Ì III 429]). Direkt anwendbar sind jene Bestimmungen einer internationalen Vereinbarung, welche, wenn man sie im Gesamtzusammenhang sowie im Lichte von Gegenstand und Zweck des Vertrages betrachtet, unbedingt und eindeutig genug formuliert sind, damit sie eine direkte Wirkung erzeugen und in einem konkreten Fall angewendet werden bzw. die Grundlage für eine Entscheidung darstellen können (vgl. eine ähnliche Formulierung in BGE 106 Ib 182, Erw. 3, S. 186-188; 98 Ib 385, Erw. 2, S. 387-390).
Dies ist beispielsweise der Fall bei den materiellen Rechten gemäss Abschnitt I der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Die erwähnten Kriterien treffen demgegenüber nicht zu für die europäische Sozialcharta, welche programmatische Bestimmungen enthält und die Gesetzgeber dazu verpflichtet, diese zu berücksichtigen (BB1 1983 II 1265).

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Verschiedenartigkeit der Auswirkungen der europäischen Übereinkommen auf das schweizerische Recht

Die gegenseitige Überlagerung des unter der Aegide des Europarates ausgearbeiteten Vertragsrechts und dem schweizerischen Recht erfolgt in verschiedenartigen Abstufungen, die wir mit folgenden Beispielen erkenntlich machen wollen:

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a. Oft verlangt die Ratifikation eines Rechtsinstrumentes des Europarates durch die Schweiz vorgängige Anpassungen unserer internen Gesetzgebung.

So musste die Inkraftsetzung des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.]) am I.Januar 1983 abgewartet werden, um die Ratifikation der Übereinkommen Nr. 86, 98 und 99 (Zusatzprotokolle von 1975 und 1978 zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen bzw. Zusatzprotokoll von 1978 zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen) ins Auge fassen zu können. Eine entsprechende Botschaft haben wir Ihnen am 3I.August 1983 unterbreitet (BB1 1983 IV 121).

b. Seltener fällt die Ratifikation eines Instrumentes durch die Schweiz mit einer internen Gesetzesrevision zusammen. Ein solcher Fall ist bei der Inkraftsetzung des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus von 1977 (SR 0.353.3) am 20. August 1983 eingetreten. Dies war nur dank eines neuen Artikels 6bis im schweizerischen Strafgesetzbuch, der am 1. Juli 1983 (AS 1983 543) in Kraft getreten ist, möglich. Wir haben Ihnen in einer einzigen Botschaft vom 24. März 1982 die Genehmigung sowohl des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus als auch des Gesetzesentwurfes zur Änderung des schweizerischen Strafgesetzbuches beantragt (BB1 1982 II 1).

c. Bei anderen Gelegenheiten, so z. B. im Bereich des Umweltschutzes, haben die Entwicklungen auf interner und internationaler Ebene ineinandergegriffen. Dank einer bereits gut entwickelten Gesetzgebung konnte die Schweiz am 12. März 1981 das Europäische Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume von 1979 (SR 0.455) ratifizieren. Dennoch hat die Ratifikation der sogenannten Berner Konvention die Anpassung gewisser rechtlicher Bestimmungen notwendig oder zweckmässig erscheinen lassen. So hat unser Land den Vorschriften der Berner Konvention bei der Ausarbeitung des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (BB1 1983III 1040) Rechnung getragen, wobei einzelne Bestimmungen des Bundesgesetzes von 1966 über den Natur- und Heimatschutz (SR 451) im Rahmen der bestehenden verfassungsrechtlichen Kompetenzen verstärkt und verdeutlicht wurden. Im übrigen haben wir beim kürzlich vorgelegten Antrag
betreffend die Überarbeitung des Bundesgesetzes vom 10. Juni 1925 über Jagd und Vogelschutz (SR 922.0) nicht nur die Anforderungen der Berner Konvention berücksichtigt, sondern auch danach getrachtet, die als ungenügend erachteten internen Bestimmungen zu verstärken, um den wirksamen Schutz der wildlebenden Pflanzen und Tiere sowie ihrer natürlichen Lebensbedingungen zu gewährleisten (BB1 1983 II 1197).

d. Schliesslich kann man festhalten, dass manchmal ein von der Schweiz unterzeichnetes Rechtsinstrument bereits vor seiner Ratifikation gewisse nicht messbare Wirkungen auf unsere Rechtsordnung entfalten kann. So hat das Bundesgericht in seinem Urteil vom 15. November 1978 i. S. «Banque Centrale de la République de Turquie gegen Weston Compagnie de Finance et d'Investissement S. A. und Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Zürich» (BGE 104 la 367) festgestellt, dass die im 792

Europäischen Übereinkommen über Staatenimmunität von 1972') enthaltenen Grundsätze «als Ausdruck der Entwicklungstendenz des modernen Völkerrechts betrachtet und in diesem Sinne mit herangezogen werden» können. In einem späteren, nicht veröffentlichten Urteil vom 20. Juli 1979 i. S. «République Arabe d'Egypte gegen Cinetelevision International Registered Trust (Cinetel) und Office des poursuites de Genève» hat das Bundesgericht präzisiert, dass jeder Bezug auf dieses Übereinkommen als Ausdruck der gegenwärtigen Tendenzen im Völkerrecht dem Umstand Rechnung tragen müss, dass das Übereinkommen in bezug auf wichtige Punkte Vorstellungen verankert, die von denjenigen, welche der Rechtssprechung des Bundesgerichts zugrunde liegen, abweichen (vgl. Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht, Bd 37, 1981 ; S. 206 ff.).

e. Die Europäische Menschenrechtskonvention (SR 0.707), die von unserem Land am 28. November 1974 ratifiziert wurde, steht mit der schweizerischen Rechtsordnung in ausserordentlich vielfältiger Beziehung. Wir verweisen zu dieser Frage auf den vom Bundesrat am 6. Juli 1983 genehmigten Ergänzungsbericht an die Kommission des Ständerates für auswärtige Angelegenheiten über die Politik der Schweiz im Bereich der Menschenrechte. Im Anhang an den vorliegenden Bericht ist dieser Ergänzungsbericht leicht gekürzt und aufgearbeitet abgedruckt.

2

Besonderer Teil

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Übersicht über die von den Übereinkommen des Europarates abgedeckten Sachbereiche

In Abweichung von der chronologischen Aufzählung der europäischen Abkommen, Übereinkommen und Protokolle, auf die wir uns in unseren ersten beiden Berichten gestützt haben, werden wir, um eine bessere Übersicht zu gewährleisten, im vorliegenden Bericht alle Konventionen nach folgenden Sachbereichen ordnen und behandeln: 1. Menschenrechte 2. Personenverkehr 3. Völkerrecht, grenzüberschreitende Zusammenarbeit 4. Verwaltungsrecht und Amtshilfe 5. Privatrecht, Rechtshilfe in Zivilsachen 6. Strafrecht, Rechtshilfe in Strafsachen 7. Kultur und Bildungswesen 8. Rundfunk und Fernsehen 9. Öffentliches Gesundheitswesen 10. Sozialfragen 11. Natur-, Landschafts- und Umweltschutz 12. Tierschutz

i» Seither durch die Schweiz ratifiziert (RS 0.273.1).

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22

Darstellungsweise

Sie finden nachfolgend eine vollständige Aufzählung der Konventionen und Abkommen des Europarates nach Sachbereichen gemäss Ziffer 21, In jedem Gebiet werden zuerst kommentarlos jene Übereinkommen erwähnt, welche die Schweiz ratifiziert hat. Anschliessend werden die noch nicht ratifizierten Abkommen im Lichte der unter Ziffer 16 erläuterten Ratifikationspolitik behandelt. Wir haben diese Übereinkommen in folgende Kategorien aufgeteilt: A. Übereinkommen von prioritärer Bedeutung, deren Ratifizierung im Verlaufe dieser Legislaturperiode angestrebt wird.

. B. Übereinkommen, deren Ratifizierung durch die Schweiz in naher Zukunft möglich und wünschbar wäre, welche jedoch für unser Land von der Bedeutung her nicht als prioritär zu bewerten sind.

C. Übereinkommen, welche für die Schweiz von Interesse wären, deren Ratifikation in naher Zukunft jedoch juristische, politische oder personelle Probleme stellen würde.

D. Übereinkommen, deren Ratifikation unser Land nicht beabsichtigt.

Sie finden für jedes Übereinkommen eine knappe Inhaltsangabe sowie eine kurze Erläuterung, weshalb es in diese oder jene Kategorie eingeteilt worden ist. Dieses Verfahren soll die Prioritäten unserer Ratifikationsvorhaben deutlicher als bisher zum Ausdruck bringen.

23 231 231.1 Nr. 5 Nr. 5

Nr. 5

Nr. 44

Nr. 45

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Übersicht über die Haltung der Schweiz zu den Übereinkommen des Europarates Menschenrechte Ratifizierte Übereinkommen Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (1950), (SR 0.101) i) Erklärung zu Artikel 25 der Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Recht auf Individualbeschwerde), (SR 0.101) ii) Erklärung zu Artikel 46 der Konvention zum Schütze d«r Menschenrechte und Grundfreiheiten (Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes), (SR 0.101) Protokoll Nr. 2 zur Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, durch das dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte die Zuständigkeit zur Erstattung von Gutachten übertragen wird (1963), (SR 0.101.02) Protokoll Nr. 3 zur Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, durch das die Artikel 29, 30 und 34 der Konvention geändert werden (1963), (SR 0.101)

Nr. 55

Nr. 67

Protokoll Nr. 5 zur Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, durch das die Artikel 22 und 40 der Konvention geändert werden (1966), (SR 0.707) Europäisches Übereinkommen über die an den Verfahren vor der Europäischen Kommission und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen (1969), (SR 0.101.1)

231.2

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 9

Erstes Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (1952)

In Kraft getreten :

18. Mai 1954

Unterzeichnet von: Spanien, Schweiz (2) Ratifiziert von: Österreich, Belgien, Zypern, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Island, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Türkei, Vereinigtes Königreich (18) Priorität für die Schweiz: A Das erste Zusatzprotokoll ergänzt die Liste der von der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) garantierten Rechte und Freiheiten (Eigentumsgarantie, Recht auf Bildung, Pflicht zur Durchführung freier und geheimer Wahlen der Legislative).

Die Schweiz hat das erste Zusatzprotokoll am 19. Mai 1976 unterzeichnet. Seit 1974 hat der Bundesrat wiederholt die Absicht geäussert, das Zusatzprotokoll ratifizieren zu wollen, zuletzt in seinem Bericht vom 2. Juni 1982 über die schweizerische Menschenrechtspolitik (BB1 1982 II 746). Die Ausarbeitung einer Botschaft ist in der Legislaturperiode 1979-1983 in Angriff genommen worden, Angesichts der im ersten Zusatzprotokoll enthaltenen Garantien hat der Bundesrat beschlossen, gemäss den Richtlinien vom 6. Mai 1970 über das Vorverfahren der Gesetzgebung (BEI 1970 I 993) ein Vernehmlassungsverfahren einzuleiten.

Nr. 46

Protokoll Nr. 4 zur Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, durch das gewisse Rechte und Freiheiten gewährleistet werden, die nicht bereits in der Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll enthalten sind (1963)

In Kraft getreten: 2. Mai 1968 Unterzeichnet von: Spanien, Vereinigtes Königreich (2) Ratifiziert von: Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Island, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden (13) Priorität für die Schweiz: C 795

Das Protokoll Nr. 4 ergänzt die Liste der von der EMRK und dem ersten Zusatzprotokoll garantierten Rechte und Freiheiten (Verbot der Schuldverhaft, Niederlassungs- und Auswanderungsfreiheit, Beschränkung der Ausweisungsmöglichkeiten).

Der Bundesrat hat wiederholt die Absicht geäussert, das Protokoll Nr. 4 zu unterzeichnen und zu ratifizieren, zuletzt in seinem Bericht vom 2. Juni 1982 über die schweizerische Menschenrechtspolitik (BEI 1982 U 746). Nachdem nun aber das neue Ausländergesetz in der Volksabstimmung vom 6. Juni 1982 knapp verworfen worden ist, hat sich der Bundesrat entschlossen, das Protokoll Nr. 4 vorderhand nicht zu unterzeichnen.

Nr. 114

Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten (1983)

In Kraft getreten:

noch nicht, erst nach fünf Ratifikationen

Unterzeichnet von: Belgien, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweiz (10) Ratifiziert von:

Dänemark, Österreich, Schweden, Spanien

(4)

Priorität ßir die Schweiz: A Das Protokoll Nr. 6 zur EMRK bezweckt die Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten. Niemand darf zu einer solchen Strafe verurteilt oder hingerichtet werden (Art. 1). Dieser Grundsatz wird nur in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr eingeschränkt. Ein Staat kann unter diesen Umständen die Todesstrafe in seiner Rechtsordnung vorsehen (Art. 2).

Die Schweiz hat das Protokoll Nr. 6 am 28. April 1983 unterzeichnet. Bei der heutigen Gesetzeslage sollten sich für unser Land in Hinsicht auf die Ratifikation keine Schwierigkeiten stellen. Allerdings muss darauf verwiesen werden, dass die zur Zeit hängige Volksinitiative «Recht auf Leben» (s. Botschaft des Bundesrates vom 19. April 1983 [BEI 1983II 1]) auch die Frage der Todesstrafe berührt. Eine Ratifikation des Protokolls Nr. 6 wird demnach erst nach den Diskussionen über die Initiative angestrebt.

232

Freier Personenverkehr

232.1

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 25

Europäisches Übereinkommen über die Regelung des Personenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates (1957), (SR 0.142.103)

Nr. 31

Europäisches Übereinkommen über die Abschaffung des Visumszwanges für Flüchtlinge (1959), (SR 0.142.38)

Nr. 37

Europäisches Übereinkommen über den Reiseverkehr von Jugendlichen mit Kollektivpass zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates (1961), (SR 0.142.104)

796

232.2

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 19

Europäisches Niederlassungsübereinkommen (1955)

In Kraft getreten: 23. Februar 1965 Unterzeichnet von: Österreich, Frankreich, Island, Türkei (4) Ratifiziert von: Belgien, Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden, Vereinigtes Königreich (11) Priorität für die Schweiz: C Das Europäische Niederlassungsübereinkommen bezweckt die Einführung einer sehr freizügigen Regelung in bezug auf die Ein- und Ausreise von Ausländern und ihre Zulassung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Einerseits verpflichtet es die Unterzeichnerstaaten, den Angehörigen der anderen Vertragsstaaten den verlängerten oder dauernden Aufenthalt auf ihrem Staatsgebiet zu erleichtern, indem es lediglich Beschränkungen bezüglich der öffentlichen Ordnung, der Sicherheit, der Gesundheit und der Sittlichkeit erlaubt. Anderseits stellt es den Grundsatz der Gleichbehandlung von Ausländern und Einheimischen in bezug auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf, wobei es die Möglichkeit einer abweichenden Regelung vorsieht, die auf Gründen wirtschaftlicher und sozialer Art beruht. Dieser letzte Vorbehalt bezieht sich jedoch nur auf Einzelfälle und könnte nicht eine Gesamtregelung betreffen.

Das Übereinkommen würde den Vertragsparteien demzufolge keine Zulassungspolitik gestatten, die demographischen Gesichtspunkten Rechnung trägt.

Es würde ihnen nur in beschränktem Ausmasse die Möglichkeit geben, wirtschaftliche und soziale Faktoren in Betracht zu ziehen. Es wäre deshalb unvereinbar mit dem Bundesgesetz über den Aufenthalt und die Niederlassung von Ausländern vom 26. März 1931 (SR 142,20), dessen Artikel 16 bestimmt, dass die Behörde beim Entscheid über die Zulassung von Ausländern die geistigen und wirtschaftlichen Interessen sowie den Grad der Überfremdung des Landes berücksichtigen muss. Überdies würde ein Beitritt unseres Landes zu diesem Übereinkommen im Widerspruch stehen zur Politik des Bundesrates, die ein Gleichgewicht anstrebt zwischen der Anzahl der in unserem Land wohnhaften Schweizer und Ausländer, unter Berücksichtigung der politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und wissenschaftlichen Interessen des Landes.

Nr. 107

Europäisches Übereinkommen über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge (1980)

In Kraft getreten:

1. Dezember 1980

Unterzeichnet von: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Schweiz, Vereinigtes Königreich (8) Ratifiziert von:

Norwegen, Portugal, Schweden, Dänemark

(4)

Priorität für die Schweiz: A 797

Das Übereinkommen zielt hin auf eine für die Mitgliedstaaten des Europarates einheitliche Regelung der Bedingungen, unter welchen die Verantwortung der Ausstellung eines Reisedokumentes von einer Vertragspartei an eine andere übergeht, wenn ein Flüchtling seinen Wohnsitz wechselt und sich im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei niederlässt.

Im Rahmen der von unserem Land auf internationaler Ebene stets unternommenen Bemühungen, die Lage der Flüchtlinge zu verbessern, hat die Schweiz dieses Übereinkommen bereits unterzeichnet, als es am 16. Oktober 1980 zur Unterzeichnung aufgelegt wurde. Obwohl die allfällige Ratifikation dieses Instruments keine grundsätzlichen Fragen aufwerfen sollte, hat die Arbeitsüberlastung des zuständigen Bundesamtes nähere Abklärungen bisher verzögert, Angesichts der Bedeutung des Gegenstandes dieses Übereinkommens haben wir aber die Absicht, im Laufe dieser Legislaturperiode den eidgenössischen Räten dessen Genehmigung zu beantragen. Diese Ratifikation würde auf der Linie derjenigen des Übereinkommens Nr. 31 vom 20. April 1959 über die Abschaffung des Visumszwanges für Flüchtlinge (SR 0.142.38) liegen.

233

Internationales Recht, Diplomatische und konsularische Beziehungen, Recht der Organisation, grenzüberschreitende Zusammenarbeit

233.1

Internationales Recht

233.11

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 23

Europäisches Übereinkommen zur friedlichen Regelung von Streitigkeiten (1957), (SR 0.193.231) Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität und Zusatzprotokoll (1972), (SR 0.273.1)

Nr. 74

233.12

Nichtratifizierte Übereinkommen

Keine.

233,2

Diplomatische und konsularische Beziehungen (Vorrechte und Immunitäten)

233.21

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 2

Allgemeines Abkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Europarates (einschliesslich des Zusatzabkommens und der vier Zusatzprotokolle) (1949-1961), (SR 0.192.1 J0.3)

798

Nr. 4'>

Zusatzabkommen zum allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Europarates (1950)

Nr. 10

Zusatzprotokoll zum Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Europarates (1952), (SR 0.192.110.31) Zweites Zusatzprotokoll zum Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Europarates (1956), (SR 0,192.110.32)

Nr. 22 Nr. 28

Drittes Zusatzprotokoll zum Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Europarates (1959), (SR 0.192.110.33)

Nr. 36

Viertes Zusatzprotokoll zum Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Europarates (1961), (SR 0.192.110.34)

Nr. 63

Europäisches Übereinkommen zur Befreiung der von diplomatischen oder konsularischen Vertretern errichteten Urkunden von der Beglaubigung (1968), (SR 0.172.030.3)

233.22

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 61

Europäisches Übereinkommen über konsularische Aufgaben (1967)

In Kraft getreten: noch nicht, erst nach fünf Ratifikationen Unterzeichnet von: Österreich, Bundesrepublik Deutschland, Island, Italien, Portugal, Spanien (6) Ratifiziert von: Griechenland, Norwegen Priorität für die Schweiz: D [Begründung siehe nachstehend, Nr. 61 n)] Nr. 61

(2)

i) Protokoll über den Schutz der Flüchtlinge (1967)

In Kraft getreten: noch nicht, erst nach fünf Ratifikationen Unterzeichnet von: Österreich, Bundesrepublik Deutschland, Italien, Portugal (4) Ratifiziert von: Norwegen (1) Priorität für die Schweiz: D [Begründung siehe nachstehend, Nr. 61 ii)] Nr. 61

ii) Protokoll über die zivile Luftfahrt (1967)

In Kraft getreten:

noch nicht, erst nach fünf Ratifikationen

Unterzeichnet von: Bundesrepublik Deutschland, Italien, Portugal, Spanien (4) Ratifiziert von: keinem Staat Priorität für die Schweiz: D

'> Dieses Übereinkommen regelt nur die Beziehungen zwischen dem Europarat und dem Sitzstaat der Organisation, Frankreich. Die Schweiz ist somit nicht Vertragspartei.

799

Das Übereinkommen Nr. 61 schafft ein besonderes System, das auf die konsularischen Aufgaben zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates anwendbar sein soll. Die zwei Protokolle bezwecken einerseits die Gewährung eines tatsächlichen konsularischen Schutzes für die Flüchtlinge [Nr. 61 i)], andererseits die Anwendung gewisser Bestimmungen des Übereinkommens auf die zivile Luftfahrt [Nr. 66 ii)].

Wir beabsichtigen nicht, diesem Übereinkommen und folglich den beiden Protokollen beizutreten. Die Schweiz ist Vertragsstaat des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen (SR 0.191.02), das auf zufriedenstellende Weise die wichtigsten Fragen, welche die konsularischen Beziehungen stellen, weltweit regelt. Wir sind der Ansicht, dass es nicht wünschbar ist, neben der Wiener Konvention und dem Völkergewohnheitsrecht ein besonderes System für die Mitgliedstaaten des Europarates einzurichten. Wir erachten es im weiteren als nicht zweckmässig, die konsularischen Aufgaben über die Vorschriften der Wiener Konvention hinaus zu erweitern, wie dies das Europäische Übereinkommen tut.

233.3

Recht der Organisation

233.31

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. l

Nr. 11

Satzung des Europarates (einschliesslich Änderungen und Zusatztexte) (1949-1963), (SR 0.192.030) Sonderabkommen über den Sitz des Europarates (1949) Änderungen der Satzung (Mai 1951), (SR 0.192.030) Änderungen der Satzung (Dezember 1951), (SR 0.192.030) Satzung des Europarates mit Änderungen und Texten mit statutarischem Charakter, angenommen im Mai und August 1951, (SR 0.192.030) Änderung der Satzung des Europarates (1953), (SR 0.192.030)

233.32

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 31) Nr. 6 Nr. 7 Nr. 8

Keine.

233.4

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

233.41

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 106 Europäisches Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften oder Behörden (1980), (SR 0.131.1) '> Dieses Übereinkommen regelt nur die Beziehungen zwischen dem Europarat und dem Sitzstaat der Organisation, Frankreich. Die Schweiz ist somit nicht Vertragspartei.

800

233.42

Nichtratifizierte Übereinkommen

Keine.

234

Öffentliches und Verwaltungsrecht, Amtshilfe

234.1

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 62

Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht (1968), (SR 0.434.2)

234.2

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 43

Europäisches Übereinkommen über die Verringerung der Fälle mehrfacher Staatsbürgerschaft und über die Militärdienstpflicht im Falle mehrfacher Staatsbürgerschaft (1963)

In Kraft getreten:

28. März 1968

Unterzeichnet von: Belgien, Niederlande, Portugal Ratifiziert von:

(3)

Österreich, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Irland, Italien, Luxemburg, Norwegen, Schweden, Vereinigtes Königreich (10)

Priorität für die Schweiz: D [Begründung siehe nachstehend, Nr. 96] Nr. 95

Protokoll über die Änderung des Europäischen Übereinkommens über die Verringerung der Fälle mehrfacher Staatsbürgerschaft und über die Militärdienstpflicht im Falle mehrfacher Staatsbürgerschaft (1977)

In Kraft getreten:

8. September 1978

Unterzeichnet von: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Niederlande, Portugal (4) 4 Ratifiziert von:

Dänemark, Luxemburg, Norwegen, Schweden, Vereinigtes Königreich (5)

Priorität für die Schweiz: D [Begründung siehe nachstehend, Nr. 96] Nr. 96

Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Verringerung der Fälle mehrfacher Staatsbürgerschaft und über die Militärdienstpflicht im Falle mehrfacher Staatsbürgerschaft (1977)

In Kraft getreten:

11. Oktober 1983

Unterzeichnet von: Belgien, Bundesrepublik Deutschland

(2)

Ratifiziert von:

(2)

Luxemburg, Norwegen

Priorität für die Schweiz: D

801

Diese drei Rechtsmstramente verfolgen eine doppelte Zielsetzung: Einerseits bezwecken sie die Verringerung der Fälle mehrfacher Staatsbürgerschaft dadurch, dass ein Einzelner, der die Staatsbürgerschaft eines anderen Vertragsstaates erwirbt, die vorherige verliert oder ohne Schwierigkeiten darauf verzichten kann (Teil I). Anderseits sollen diese Abkommen einem Einzelnen, der zwei oder mehrere Staatsbürgerschaften besitzt, ermöglichen, seine militärischen Pflichten nur gegenüber einem Staat zu erfüllen (Teil II).

Teil II, der die militärischen Pflichten im Falle mehrfacher Staatsbürgerschaft zum Ziel hat, ist für unser Land nicht annehmbar. Er trägt im weiteren nur den Bedürfnissen einer stehenden Armee Rechnung und zieht kaum unser Milizsystem in Betracht.

Nr. 94

Europäisches Übereinkommen über die Zustellung von Urkunden in Verwaltungssachen ins Ausland (1977)

In Kraft getreten:

1. November 1982

Unterzeichnet von: Griechenland, Italien, Portugal, Schweiz

(4)

Ratifiziert von:

Österreich, Belgien, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Luxemburg (5) Priorität fiir die Schweiz: C

Dieses Übereinkommen verpflichtet die Vertragsstaaten, sich gegenseitig bei der Zustellung von Urkunden in Verwaltungssachen Amtshilfe zu leisten. Es sieht vor, dass jeder Vertragsstaat eine zentrale Behörde bezeichnet, welche die Zustellungsgesuche aus dem Ausland empfängt und ihnen Folge leistet. Es setzt im weiteren die verschiedenen anwendbaren Arten der Zustellung fest.

Obwohl dieses Übereinkommen eine gewisse Verbesserung der gegenwärtigen Situation und vor allem eine Kodifizierung der Praxis bringt, ist seine Ratifikation nicht dringlich. Die Amtshilfe zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates funktioniert nämlich bereits jetzt befriedigend. Das Übereinkommen, das bisher von fünf Staaten ratifiziert worden ist, wirft im übrigen einige Probleme auf, wie zum Beispiel die Verpflichtung, eine zentrale Behörde zu schaffen, mit der Möglichkeit, andere Behörden zu bezeichnen, welche die gleiche Funktion ausüben, und der Gebrauch von Formularen für die Gesuche um Zustellung und die Antworten.

In der Schweiz obliegt die Amtshilfe verschiedenen Verwaltungen (Steuern, Zoll, Sozialversicherungen, öffentliches Gesundheitswesen, Aussenwirtschaftsfragen usw.). Die Schaffung einer zentralen Behörde setzt daher voraus, dass sämtliche schweizerischen Behörden, die Aufgaben im Sinne des Übereinkommens erfüllen, erfasst werden, bevor man den Auftrag bestimmen kann, der für die zentrale Behörde zu erfüllen bleibt. Im weiteren kann die Verpflichtung, wonach all diese Behörden Formulare benützen müssen, den Verwaltungsapparat erschweren.

802

Nr. 97

Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht (1978)

In Kraß getreten : 31. August 1979 Unterzeichnet von: Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Island, Portugal, Schweiz, Türkei (6) Ratifiziert von: Österreich, Belgien, Zypern, Dänemark, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Spanien, Schweden, Vereinigtes Königreich (12) Priorität fiir die Schweiz: A Dieses Zusatzprotokoll erweitert den Informationsaustausch über das Recht der Vertragsstaaten auf das Strafrecht und dehnt den Kreis derjenigen Personen aus, die ermächtigt sind, ein Ersuchen um Auskunft zu stellen.

Der Bundesrat hat die Botschaft, die den Räten die Genehmigung dieses Übereinkommens empfiehlt, am 31. August 1983 genehmigt (BEI 1983IV 121). Diese Botschaft empfiehlt, nur Kapitel I zu ratifizieren, welches die Erweiterung des Informationsaustausches auf den. strafrechtlichen Bereich bezweckt (das Übereinkommen Nr. 62 beschränkt ihn auf das Zivil- und Handelsrecht). Eine Ratifikation des Kapitels II, gemäss welchem nicht nur Ersuchen einer richterlichen Behörde, sondern auch von jeder Person, die im Rahmen eines Systems öffentlicher Rechtsberatungsstellen handelt, anerkennt werden, wurde aufgrund der Strukturen der Rechtsberatung in der Schweiz als unzweckmässig erachtet.

Nr. 100

Europäisches Übereinkommen über die Beschaffung von Informationen und Beweisen in administrativen Angelegenheiten im Ausland (1978)

In Kraß getreten: l. Januar 1983 Unterzeichnet von: Italien, Luxemburg, Schweiz, Türkei Ratifiziert von: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Portugal Priorität für die Schweiz: C

(4) (3)

Die hauptsächlichen Ziele dieses Übereinkommens sind der Austausch von Auskünften über Recht, Regelungen und Gebräuche im Bereich der Verwaltung sowie der Vollzug von Amtshilfeersuchen. Zu diesem Zweck sieht es, ähnlich wie das Übereinkommen Nr. 94, ein System von Zentralbehörden vor.

Das Übereinkommen ist bisher erst von drei Staaten ratifiziert worden, was zweifellos auf die Neuheit seines Gegenstandes zurückzuführen ist. Es handelt sich bei diesem Übereinkommen nämlich um eines der ersten völkerrechtlichen Instrumente allgemeiner Art im Bereich der Amtshilfe, und es wird selbst nach Ansicht des Sekretariates des Europarates noch einige Zeit dauern, bis die Staaten die neuen Methoden der Zusammenarbeit, die es umschreibt, übernehmen.

Die meisten Gründe, die bereits in bezug auf das Übereinkommen Nr. 94 vorgebracht wurden, sprechen auch hier gegen eine Ratifikation durch die Schweiz in der nächsten Zeit..

803

Nr. 108

Übereinkommen zum Schütze des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (1981)

In Kraft getreten: noch nicht, erst nach fünf Ratifikationen Unterzeichnet von: Österreich, Belgien, Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Island, Italien, Luxemburg, Portugal, Türkei, Vereinigtes Königreich , (11) Ratifiziert von: Frankreich, Schweden, Spanien, Norwegen (4) Priorität für die Schweiz: C Dieses Übereinkommen bezweckt die Verstärkung des Datenschutzes oder, anders gesagt, den rechtlichen Schutz der Einzelnen (Achtung ihrer Grundrechte und Grundfreiheiten) gegenüber der automatischen Verarbeitung persönlicher Daten, die sie betreffen. Das Übereinkommen findet auf den öffentlichen und den privaten Bereich Anwendung.

Dieses Übereinkommen des Europarates ist das erste internationale, rechtlich verbindliche Instrument im Bereich des Datenschutzes, Es stellt eine nützliche Ergänzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) dar, indem es ein Gleichgewicht zwischen zwei darin gewährten Grundrechten herstellt: dem Recht auf Achtung des Privatlebens (Art, 8 EMRK) und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Ideen ohne Rücksicht auf Landesgrenzen (Art. 10 EMRK). Das Übereinkommen verfolgt grundsätzlich eine doppelte Zielsetzung. Einerseits soll es in allen Vertragsstaaten ein Minimum an Schutz der Persönlichkeit bei der Verarbeitung persönlicher Daten und eine gewisse Vereinheitlichung des Schutzsystems gewährleisten. Anderseits gewährleistet es den internationalen Fluss der Daten, da kein Vertragsstaat die Übermittlung von Informationen in einen anderen Vertragsstaat, welcher das im Übereinkommen vorgesehene Minimum an Schutz bietet, verbieten darf. Das Übereinkommen schafft einen Minimalstandard, den jeder Staat zum voraus in seiner internen Rechtsordnung errichtet haben muss. Grundsätzlich ist das Übereinkommen den Mitgliedstaaten des Europarates zur Unterzeichnung und Ratifikation offen, anderen Staaten kann es aber auch erlaubt werden, beizutreten.

Wir haben die Absicht, Ihnen in näherer Zukunft die Unterzeichnung und Ratifizierung dieses Übereinkommens zu beantragen. Allerdings müssen gewisse Bedingungen zuvor erfüllt werden: So ist es notwendig, dass zuerst das Bundesgesetz über den Schutz von Personendaten angenommen wird. Dann wäre es wünschbar, dass sich die Kantone ein Datenschutzgesetz geben. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung
wurde von der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren am 25. März 1983 getan. Wenn das Bundesgesetz genehmigt sein wird, werden wir die Ratifikation dieses Instrumentes ins Auge fassen können, auch wenn noch nicht alle Kantone eine Regelung ausgearbeitet haben.

804

235

Privatrecht, Rechtshilfe in Zivilsachen

235.1 235.11

Zivilrecht Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 58

Europäisches Übereinkommen über die Adoption von Kindern (1967), (SR 0.211.221.310) Europäisches Übereinkommen über die Rechtsstellung der unehelichen Kinder (1975), (SR 0.211.221.131)

Nr. 85

235.12

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 77

Europäisches Übereinkommen über die Einführung eines Registrierungssystems für Testamente (1972)

In Kraft getreten: 20. März 1976 Unterzeichnet von: Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Vereinigtes Königreich (3) Ratifiziert von: Belgien, Zypern, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Türkei (8) Priorität für die Schweiz: C Das Übereinkommen sieht die Schaffung einer oder mehrerer Stellen vor, bei denen gewisse Testamente registriert werden müssen und die nach dem Tod einer Person Interessierten entsprechende Auskünfte erteilen. Den internationalen Verkehr soll eine zentrale nationale Stelle erleichtem, Die Ratifizierung setzt nicht nur gesetzgeberische Massnahmen voraus, indem die Artikel 498 ff. ZGB an das neue System angepasst werden müssen, sondern bringt eine dauernde zusätzliche Belastung der Bundesverwaltung als Kontaktstelle für den internationalen Verkehr. Das erweckt angesichts des Personalstopps Bedenken. Da das im Übereinkommen vorgesehene Registrierungssystem das Auffinden eines Testamentes nur erleichtert, dafür aber keine Gewähr bietet, lässt sich auch von der Sache her gesehen ein Zuwarten mit einer Ratifizierung ohne weiteres rechtfertigen. Ohnehin hat ein allerdings bereits vor recht langer Zeit durchgeführtes Vernehmlassungsverfahren bei den Kantonen und beim Schweizerischen Notarenverband ein negatives Ergebnis gebracht. Diese Kreise müssten auf jeden Fall noch einmal konsultiert werden, bevor eine Ratifizierung des Übereinkommens ins Auge gefasst würde.

235.2

Obligationenrecht

235.21

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 76

Europäisches Übereinkommen über die Fristenberechnung (1972), (SR 0.221.122.3) 805

235.22

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 29

Europäisches Übereinkommen über die obligatorische Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge (1959)

In Kraft getreten: 22. September 1969 Unterzeichnet von: Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Türkei (5) Ratifiziert von: Österreich, Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Norwegen, Schweden (6) Priorität ßir die Schweiz: D Das Übereinkommen bezweckt die Einrichtung eines einheitlichen Systems der obligatorischen Haftpflichtversicherung, die die Entschädigung von Opfern bei Unfällen mit Motorfahrzeugen regelt.

In der Schweiz sind alle Schäden, die durch unbekannte oder nicht versicherte Fahrzeuge verursacht werden, gedeckt. Gemäss diesem Übereinkommen käme dieser Vorteil auch den Ausländern zugute. Da aber in gewissen Ländern geschädigte Schweizer nicht in den Genuss gleichwertiger Garantien gelangen, hat die Schweiz kein Interesse an der Ratifikation dieses Übereinkommens.

Nr. 41

Europäisches Übereinkommen über die Haftung der Gastwirte für die von ihren Gästen eingebrachten Sachen (1962)

In Kraß getreten: Ì 5. Februar 1967 Unterzeichnet von: Österreich, Griechenland, Niederlande, Türkei (4) Ratifiziert von: Belgien, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Vereinigtes Königreich, Zypern (9) Priorität ßir die Schweiz: D Dieses Übereinkommen bezweckt die Harmonisierung der Regeln über die Haftung der Gastwirte im Sinne eines besseren Schutzes für die Reisenden.

Bereits zweimal, in den Jahren 1963 und 1969, haben sich die schweizerischen Hotelierkreise und der Verband schweizerischer Kur und Verkehrsdirektoren bei entsprechenden Konsultationen gegen die Ratifikation dieses Übereinkommens ausgesprochen.

Seither hat das Internationale Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts (UNIDROIT) neue Anstrengungen unternommen mit dem Ziel, ein Abkommen über .den Hôtellerie-Vertrag auszuarbeiten, das sich nicht wie das Übereinkommen Nr. 41 auf die Regelung der Frage der Haftung der Gastwirte für die von den Gästen eingebrachten Sachen beschränkt, sondern fast die Gesamtheit der zivilrechtlichen Beziehungen zwischen Gastwirten und Gästen umfasst.

Dieser Entwurf ist ebenfalls auf starken Widerstand der Hotelkreise gestossen und zwar sowohl in der Schweiz als auch anderswo. Unter diesen Umständen erscheint uns eine Ratifikation des Übereinkommens Nr. 41 kaum zweckmässig.

806

Wir fühlen uns in unserer Ansicht bekräftigt durch die Tatsache, dass die Parlamentarische Versammlung des Europarates in ihrer Empfehlung 967 (1983) vom I.Juli 1983 das Ministerkomitee ersucht, die Regierungen der Mitgliedstaaten aufzurufen, den Arbeiten von UNIDROIT über ein internationales Abkommen über den Hôtellerie-Vertrag ihre volle Unterstützung zu leihen und zu bewerkstelligen, dass eine diplomatische Konferenz für die abschliessende Überarbeitung dieses Abkommens bald einberufen wird.

Bei einem Meinungsaustausch, der im Monat Dezember 1983 im Lenkungsausschuss für rechtliche Zusammenarbeit des Europarates stattgefunden hat, hat sich erwiesen, dass grosse Differenzen darüber bestehen, welche Folgen der Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung zu geben sind.

Nr. 42

Übereinkommen betreffend die Anwendung des Europäischen Abkommens über internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (1962)

In Kraft getreten: 25. Januar 1965 Unterzeichnet von: keinem Staat Ratifiziert von: Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Italien, Luxemburg (7) Priorität fiir die Schweiz: C Dieses Übereinkommen umschreibt die Regeln, welche, in bezug auf die Schwierigkeiten, die bei der Schaffung und der Ausübung der Schiedsgerichtsbarkeit auftreten, für die Vertragsstaaten gewisse Regelungen des Europäischen Abkommens vom 21. April 1961 über Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit ersetzen, das im Rahmen der Europäischen Wirtschaftskommission (ECE/ UNO) der Vereinten Nationen in Genf ausgearbeitet wurde. Das Übereinkommen sieht vor, dass die Gerichtsbehörde auf Ersuchen der betreibenden Partei die Frage der Schaffung und Ausübung einer Schiedsgerichtsbarkeit regeln kann. Es handelt sich dabei um eine Abweichung von Artikel IV des obenerwähnten Abkommens.

Die Frage der Ratifikation dieses Übereinkommens stellt sich für die Schweiz gegenwärtig nicht, da unser Land das Europäische Abkommen über internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit nicht ratifiziert hat. Eine Ratifikation desselben erscheint verfrüht. Man muss in jedem Fall warten, bis die Eidgenössischen Räte sich über den Entwurf zu einem Bundesgesetz über das internationale Privatrecht, welches auch ein Kapitel über die Schiedsgerichtsbarkeit enthält, ausgesprochen haben und bis man gewisse Erfahrungen mit diesem Gesetz gesammelt hat, bevor sich die Frage der Zweckmässigkeit einer Ratifikation des im Rahmen der Europäischen Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen ausgearbeiteten Übereinkommens und folglich auch desjenigen des Europarates erneut stellt.

807

Nr. 56

Europäisches Übereinkommen zur Einführung eines einheitlichen Gesetzes über Schiedsgerichtsbarkeit (1966)

In Kraft getreten: noch nicht, erst nach drei Ratifikationen Unterzeichnet von: Österreich Ratifiziert von: Belgien

(1) (1)

Priorität för die Schweiz: C Dieses Übereinkommen bezweckt die Vereinheitlichung der Schiedsgerichtsbarkeit zwischen den Vertragsstaaten.

Das Übereinkommen hat bisher bei den Mitgliedstaaten des Europarates nur wenig Interesse gefunden.

Wie wir bereits im Jahre 1977 (BB1 1977111 870) festgestellt haben, weisen die Grundsätze dieses Übereinkommens eine gewisse Ähnlichkeit mit denjenigen des interkantonalen Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit aus dem Jahre 1969 (SR 279) auf; es enthält aber auch gewisse Unvereinbarkeiten.

Ein Meinungsaustausch im Lenkungsausschuss für rechtliche Zusammenarbeit des Europarates hat kürzlich gezeigt, dass für wenigstens sechs Staaten die Ratifikation dieses Instruments wenig wahrscheinlich ist und dass sich zahlreiche weitere Staaten ihre Haltung solange vorbehalten, bis eine genügende Anzahl es ratifiziert hat. Das Sekretariat des Europarates, das die Bedeutung des Übereinkommens unterstreicht, ist nicht sehr zuversichtlich in bezug auf die Ratifikationsaussichten.

Eine allfällige Ratifikation durch die Schweiz wird erst spruchreif sein, wenn die eidgenössischen Räte zum Entwurf zu einem Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (BEI 1983 l 263), das ein Kapitel über die Schiedsgerichtsbarkeit enthält, Stellung bezogen haben. Auch müssten vorerst mit diesem Gesetz gewisse Erfahrungen gesammelt worden sein.

Nr. 57

Europäisches Niederlassungsübereinkommen für Gesellschaften (1966)

In Kraft getreten:

noch nicht, erst nach fünf Ratifikationen

Unterzeichnet von: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Italien

(3)

Ratifiziert von: Luxemburg Priorität für die Schweiz: D

(1)

Gemäss diesem Übereinkommen kommen die Gesellschaften eines Vertragsstaates auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates in den Genuss der Gleichbehandlung mit den Gesellschaften dieses Staates, namentlich in bezug auf die Ausübung der persönlichen Zivilrechte und den Schutz dieser Rechte.

Im weiteren schreibt das Übereinkommen ein Niederlassungsrecht für eine bestimmte Kategorie von Personal (Kader) der ausländischen Gesellschaften vor, ohne Berücksichtigung der Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen.

Wir haben bereits im Jahre 1977 (BB1 1977 III 870) darauf hingewiesen, dass unsere Gesetzgebung in verschiedenen wichtigen Punkten gewissen Grundsät808

zen des Übereinkommens widerspricht. So schafft der Bundesbeschluss vom 23. März 1961 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (SR 211.412.41) eine Diskriminierung der ausländischen Gesellschaften gegenüber den schweizerischen im Bereich der Ausübung und des Genusses ziviler Vermögensrechte, die durch das Übereinkommen gewährleistet werden (Art. 2).

Das Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (SR 142.20) und die Verordnung vom 22. Oktober 1980 über die Begrenzung der Zahl der erwerbstätigen Ausländer (SR 823.21) sind schwer vereinbar mit dem nicht-diskriminatorischen Niederlassungsrecht für Kaderpersonal der ausländischen Gesellschaften, wie es das Übereinkommen vorsieht.

Das Sekretariat des Europarates erachtet es als wenig wahrscheinlich, dass das Übereinkommen je in Kraft treten wird. Zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft besteht eine detailliertere Regelung, und die Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandels-Assoziation haben kein Interesse für das Übereinkommen geäussert.

Unter diesen Umständen schlagen wir Ihnen vor, auf die Ratifikation dieses Übereinkommens zu verzichten, das seit 1966 nur von einem einzigen Staat ratifiziert worden ist.

Nr. 60

Europäisches Übereinkommen über Fremdwähmngsschulden (1967)

In Kraft getreten: noch nicht, erst nach drei Ratifikationen unterzeichnet von: Österreich, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland Ratifiziert von: Luxemburg Priorität für die Schweiz: C

(3) (1)

Dieses Übereinkommen verfolgt grundsätzlich drei Ziele: a. dem Schuldner die Möglichkeit zu geben, eine in anderer Währung als der des Zahlungsortes geschuldete Geldsumme in lokaler Währung zu bezahlen; b. dem Gläubiger Schadenersatz zu gewähren, wenn eine Verspätung bei der Zahlung einer Geldsumme eintritt und während dieses Verzugs die Währung, auf die der Gläubiger Anspruch hat, eine Abwertung gegenüber derjenigen des Zahlungsortes erfährt, und c. dem Gläubiger im Falle eines gerichtlichen Vorgehens zu gestatten, seine Forderung in der Währung, auf die er Anspruch hat, zu stellen, um damit die Gefahr eines Verlustes zu vermeiden, der sich bei der Umrechnung in die Währung des Landes des Gerichtsstandes ergeben könnte.

Dieses Übereinkommen weist zweifellos eine gewisse Ähnlichkeit mit Artikel 84 OR auf. Dennoch würde eine Ratifikation dieses Instrumentes eine Änderung des Obligationenrechts nötig machen. Diese Änderung erscheint uns allerdings im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zweckmässig. Die europäischen Justizminister haben nämlich anlässlich der Diskussion zum Thema «Recht und Inflation» bei ihrem letzten informellen Treffen vom 12. Mai 1983 in Rom dem Lenkungsausschuss für rechtliche Zusammenarbeit des Europarates den Auftrag erteilt zu prüfen, ob angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage gewisse 33 Bundesblatt. 136. Jahrgang. Bd. I

809

Änderungen des Übereinkommens angebracht wären. Wir werden daher das Ende dieser Studie abwarten, bevor wir die Frage der Ratifikation erneut prüfen.

Nr. 72

Europäisches Übereinkommen über den Einspruch auf international gehandelte Inhaberpapiere (1970)

In Kraft getreten: 11. Februar 1979 Unterzeichnet von: Bundesrepublik Deutschland, Irland, Niederlande, Vereinigtes Königreich (4) Ratifiziert von: Österreich, Belgien, Frankreich, Luxemburg (4) Priorität für die Schweiz: D Dieses Übereinkommen schafft ein Sperrsystem für international gehandelte Inhaberpapiere. Eine Liste solcher Papiere wird vom Sekretariat des Europarates erstellt und auf den neuesten Stand gebracht. Die Sperren sind Gegenstand einer internationalen Liste.

Das Übereinkommen beruht auf dem Sperrsystem, während in der Schweiz der Verkehr von Titeln durch ein Annulationsverfahren geregelt ist. Die internationale Sperrliste, die gemäss dem Übereinkommen geschaffen wird, wird den nationalen Listen hinzugefügt. Diese Tatsache sowie die Umständlichkeit der vom Übereinkommen vorgesehenen Verfahren würden in der Schweiz zu einer gewissen rechtlichen Unsicherheit führen. Die interessierten Kreise in unserem Land, namentlich die Nationalbank, die Schweizerische Bankiervereinigung und die Vereinigung schweizerischer Effektenbörsen, sehen keinen Grund für eine Ratifikation dieses Instrumentes durch die Schweiz.

Der Meinungsaustausch, der kürzlich im Lenkungsausschuss für rechtliche Zusammenarbeit des Europarates stattgefunden hat, bestätigte diesen negativen Eindruck. Die meisten Mitgliedstaaten des Europarates, einschliesslich zwei Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens, erklärten, nicht an diesem Instrument interessiert zu sein, da sie es als zu umständlich betrachten. Einer der Vertragsstaaten hat durchblicken lassen, dass er nächstens das Übereinkommen angesichts des Missverhältnisses zwischen der Nützlichkeit des Systems und seinen Kosten kündigen könnte.

Nr. 75

Europäisches Übereinkommen über den Zahlungsort von Geldschulden (1972)

In Kraft getreten: noch nicht, erst nach fünf Ratifikationen Unterzeichnet von: Österreich, Bundesrepublik Deutschland, Niederlande

(3)

Ratifiziert von: keinem Staat Priorität für die Schweiz: C Das Übereinkommen sieht im wesentlichen vor, dass die Zahlung einer Geldschuld am üblichen Wohnort des Gläubigers erfolgen muss, es sei denn, der 810

Gläubiger verlange, dass sie an einem anderen Wohnort erfolge. Die Kosten und Verluste, die auf den Wechsel des Zahlungsortes zurückzuführen sind, gehen zu Lasten des Gläubigers.

Die Ratifikation dieses Übereinkommens würde einige punktuelle Änderungen des allgemeinen Teils des Obligationenrechts (Art. 74 Abs. 2 Ziff. l und Abs. 3 OR) bedingen. Wir erachten diese Änderungen im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht als zweckmässig. Wie wir bereits unter Übereinkommen Nr. 60 erwähnt haben, haben die europäischen Justizminister bei ihrem Treffen in Rom im Jahre 1983 nach einer Diskussion über das Thema «Recht und Inflation» den Europarat beauftragt, die Möglichkeit einer Revision dieses Übereinkommens zu prüfen unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Wirtschaftslage.

Es scheint uns unumgänglich, die Ergebnisse dieser Arbeiten abzuwarten, bevor wir uns über die Zweckmässigkeit einer Ratifikation dieses Übereinkommens aussprechen.

Nr. 79

Europäisches Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftpflicht für die durch Kraftfahrzeuge verursachten Schäden (1973)

In Kraft getreten:

noch nicht, erst nach drei Ratifikationen

Unterzeichnet von: Bundesrepublik Deutschland, Norwegen, Schweiz Ratifiziert von: keinem Staat

(3)

Priorität für die Schweiz: B Das Übereinkommen bezweckt die Vereinheitlichung der zivilrechtlichen Haftung im Bereich der Verkehrsunfälle, namentlich durch die Einführung einer (objektiven) Risikohaftung.

Die Schweiz wäre grundsätzlich bereit, das Übereinkommen, das sie unterzeichnet hat, auch zu ratifizieren. Die Schwierigkeit besteht darin, dass sie zusammen mit Norwegen mit dieser Haltung fast allein steht. Dies hat das Fiasko der von einem Unterausschuss des Lenkungsausschusses für rechtliche Zusammenarbeit im Juni 1983 durchgeführten Arbeiten bestätigt, welche als Folge einer Empfehlung der Konferenz der Europäischen Justizminister vorgenommen wurden.

Selbst die Bundesrepublik Deutschland, die das Übereinkommen immerhin auch unterzeichnet hat, erklärt sich aus allerdings eher wenig überzeugenden Gründen (unabwendbares Ereignis als Entlastungsgrund) ausserstande, eine Ratifikation ins Auge zu fassen.

Der Lenkungsausschuss für rechtliche Zusammenarbeit des Europarates wird in der nächsten Sitzung die Möglichkeit eines Kompromisses prüfen, der darin bestünde, dass in einer ersten Phase die «kausale» Haftung nur für von Motorfahrzeugen verursachte Schäden an nichtmotorisierten Strassenbenützern vorgesehen wäre.

Der gute Wille unsererseits fehlt in diesem Falle nicht. Das Bundesamt für Justiz ist an diesem Übereinkommen unter dem Blickwinkel der Gesamtrevision der schweizerischen Regelung der zivilrechtlichen Haftung interessiert.

811

Nr. 91

Europäisches Übereinkommen über Produktehaftung bei Körperverletzung oder Tötung (1977)

In Kraft getreten:

noch nicht, erst nach drei Ratifikationen

Unterzeichnet von: Österreich, Belgien, Frankreich, Luxemburg

(4)

Ratifiziert von: keinem Staat Priorität für die Schweiz: D Ziel dieses Übereinkommens ist die Einführung und gleichzeitige Vereinheitlichung einer quasi-objektiven Haftung des Herstellers für durch Fehlerhaftigkeit seines Erzeugnisses entstandene Schäden.

Es handelt sich hier um den typischen Fall eines Übereinkommens, das gleichzeitig zu weit und zu wenig weit geht. Zu viel nimmt es sich in bezug auf die sogenannten Entwicklungsrisiken vor, indem es eine Haftung des Herstellers auch für Schäden statuiert, deren Merkmal es gerade ist, dass sie trotz sorgfältigster Erprobung des Produkts vor seiner Inverkehrsetzung nach dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik absolut unvermeidbar waren. Die schweizerischen Wirtschaftskreise, wie auch diejenigen der meisten interessierten Länder lehnen dieses Konzept entschieden ab, da es klar den Rahmen einer subjektiv zurechenbaren Haftung sprengt. Die Deckung solcher Schäden müsste falls man sie von der Gemeinschaft tragen lassen will - den Sozialversicherungen übertragen werden. Anderseits bleibt das Übereinkommen dort hinter seinen eigenen Ansprüchen zurück, wo es am Erfordernis eines Produktefehlers zur Begründung der Haftung festhält. Mit Ausnahme des seltenen Falles des «Ausreissers» (einzelner Fabrikationsfehler, der selbst mit den feinsten Kontrollmethoden nicht ausfindig gemacht werden kann) sind Konstruktions-, Fabrikations- und Anleitungsfehler immer Fehler im Sinne der Haftung aus unerlaubter Handlung. Wo diese nicht genügt, wäre die Lösung wohl eher in der Richtung einer Fortentwicklung der Geschäftsherrenhaftung zu einer verschuldensunabhängigen Organisationshaftung zu suchen, welche an das der modernen Massenproduktion innewohnende Risiko anknüpfen würde.

Das Übereinkommen nimmt sich ebenfalls in bezug auf sein Hauptziel, die Rechtsvereinheitlichung, zu wenig vor. Es ermöglicht nämlich den Vertragsstaaten die parallele Anwendung ihres nationalen Rechts, das in gewissen Ländern (wie in Frankreich mit der Haftung des professionellen Verkäufers) weiter geht als das Übereinkommen.

Dazu gesellt sich der Umstand, dass eine seit 1976 hängige Richtlinie der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zum Teil auf die gleichen Schwierigkeiten stösst. Falls diese Richtlinie angenommen werden sollte, würden sich ohnehin die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft
vom Strassburger Übereinkommen zurückziehen. Das Interesse der Schweiz an diesem Instrument, auch wenn es verbessert werden sollte, würde sich dadurch noch mehr vermindern.

Wir erachten daher dieses Übereinkommen als eine Totgeburt und verzichten endgültig auf eine Ratifikation.

812

235.3

Geistiges Eigentum

235.31

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 16

Europäisches Übereinkommen über Formerfordernisse bei Patentanmeldungen (1953)

Nr. 17

Europäisches Übereinkommen über die internationale Klassifikation der Erfindungspatente (1954)

(Diese beiden Abkommen sind von praktisch allen Vertragsparteien, darunter auch der Schweiz, gekündigt worden. Sie wurden durch das Übereinkommen vom 5. Oktober 1973 über die Erteilung Europäischer Patente [SR 0.232.142.2} bzw. das Strassburger Abkommen vom 24. März 1971 über die internationale Klassifikation der Erfmdungspatente [SR 0.232.143.1] ersetzt.)

Nr. 47

Übereinkommen zur Vereinheitlichung gewisser Begriffe des materiellen Rechts der Erfindungspatente (1963) (SR 0.232.142.1)

235.32

Nichtratifizierte Übereinkommen

Keine.

235.4 235.41

Rechtshilfe in Zivilsachen Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 105 Europäisches Übereinkommen über die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und über die-Wiederherstellung des Sorgerechts (1980), (SR 0.211.230.01) 235.42

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 92

Europäisches Übereinkommen über die Übermittlung von Gesuchen um unentgeltliche Prozessführung (1977)

In Kraft getreten: 28. Februar 1977 Unterzeichnet von: Portugal, Spanien (2) Ratifiziert von: Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, Norwegen, Schweden, Türkei, Vereinigtes Königreich, Finnland ') (12) Priorität für die Schweiz: A Dieses Übereinkommen soll die Übermittlung von Rechtshilfegesuchen mittelloser Einzelner, die in einem anderen Staat als demjenigen, in welchem sie ihren Wohnsitz haben, einen Prozess führen, erleichtern. Es sieht zu diesem '' Nichtmitgliedstaat des Europarates.

813

Zweck die Schaffung zentraler Behörden vor, welche die Gesuche empfangen und weiterleiten, um deren Übermittlung an den Empfänger zu beschleunigen.

Die Nützlichkeit dieses Übereinkommens ist unbestritten. Gewisse Staaten haben ihm allerdings vorgeworfen, sich mit einigen ähnlichen Bestimmungen des Haager Übereinkommens vom 24. Oktober 1980 über die Erleichterung des Internationalen Zugangs zur Justiz zu überschneiden. Dieses Übereinkommen umfasst einen weiteren Rechtsbereich. Wir sind der Ansicht, dass die Schweiz die beiden Instrumente parallel ratifizieren sollte, da der jeweilige Kreis der Vertragsstaaten nicht der gleiche sein wird.

Die Unterzeichnung und Ratifikation des Übereinkommens des Europarates und des erwähnten Haager Übereinkommens von 1980 sollte nach Vernehmlassung der Kantone und interessierten Kreise in der laufenden Legislaturperiode erfolgen.

236

Strafrecht, Rechtshilfe in Strafsachen, Strafvollzug

236.1

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 24 Nr. 30

Europäisches Auslieferungsübereinkommen (1957), (SR 0.353.1) Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen (1959), (SR 0.351.1) Europäisches Übereinkommen über die internationalen Wirkungen des Entzuges des Führerausweises für Motorfahrzeuge (1976), (SR 0.741.16) Europäisches Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus (1977), (SR 0.353.3)

Nr. 88

Nr. 90

236.2

Nichtratifizierte Übereinkommen

·Nr. 51

Europäisches Übereinkommen betreffend die Überwachung bedingt verurteilter oder bedingt entlassener Personen (1964)

In Kraft getreten: 22. August 1975 Unterzeichnet von: Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Niederlande, Portugal, Türkei (6) Ratifiziert von: Österreich, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Schweden (6) Priorität fìir die Schweiz: D Dieses Übereinkommen bezweckt die Schaffung eines internationalen Systems, das die Durchführung bedingter Vollzugsmassnahmen, die auf eine strafrechtliche Verurteilung in einem Vertragsstaat folgen oder diese begleiten (bedingte oder probeweise Entlassung, Unterbrechung des Vollzuges, bedingter Strafvollzug oder andere entsprechende Massnahmen), in einem anderen Vertragsstaat ermöglicht. Das Übereinkommen sieht nicht nur die Anwendung von Überwa814

chungsmassnahmen vor, sondern auch den Vollzug einer im ersuchenden Staat erlassenen Strafe, ja sogar die Abtretung des Urteils an den ersuchten Staat.

Dieses Übereinkommen, das bereits im Jahre 1964 zur Unterzeichnung aufgelegt wurde, ist im Laufe von zwanzig Jahren erst von sechs Staaten ratifiziert worden. Die von diesen Staaten erhaltenen Auskünfte zeigen, dass es nur sehr selten angewendet wird. Dies erklärt sich zweifelsohne hauptsächlich aus dem Umstand, dass das Übereinkommen eine wichtige Lücke aufweist: sie sieht weder die Rückführung des Verurteilten noch seine Verhaftung zu diesem Zweck vor. Nach den vom Sekretariat des Europarates im Laufe des Jahres 1983 gemachten Voraussagen wird dieses Instrument langfristig durch das Übereinkommen (Nr. 70) über die internationale Geltung von Strafurteilen, das von allgemeinerer Tragweite ist, ersetzt werden.

Mit dem Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 35].}), das am 1. Januar 1983 in Kraft getreten ist, hat sich die Schweiz die Mittel gegeben, die es ihr erlauben, die im Übereinkommen enthaltenen Grundsätze anzuwenden. Da dieses Rechtsinstrument von den Vertragsstaaten kaum angewendet wird, würde eine Ratifikation durch die Schweiz praktisch keine Verbesserung der gegenwärtigen Lage bringen.

Nr. 52

Europäisches Übereinkommen über die Ahndung von Zuwiderhandlungen im Strassenverkehr (1964)

l'n Kraft getreten:

18. Juli 1972

Unterzeichnet von: Österreich, Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Türkei (9) Ratifiziert von: Zypern, Dänemark, Frankreich, Schweden (4) Priorität für die Schweiz: C Dieses Übereinkommen hat zum Ziel, eine besondere Art der Straffälligkeit zu bekämpfen: Die Verstösse gegen die Verkehrsregeln durch Angehörige eines Vertragsstaates auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates. Der Staat, in welchem der Verstoss begangen wurde, kann vom Staat, in welchem der Straffällige seinen Wohnsitz hat, die Übernahme der Strafverfolgung, die Verurteilung oder den Strafvollzug verlangen. Das Übereinkommen enthält einen Anhang, der sämtliche Verstösse, auf welchen es Anwendung findet, erschöpfend aufzählt.

Nur vier Staaten haben dieses seit zwanzig Jahren bestehende Übereinkommen ratifiziert, wobei sie meist mehrere Vorbehalte angebracht haben, welche die Anwendung des Instruments erschweren. Anlässlich der Sitzung des Lenkungsausschusses für strafrechtliche Fragen des Europarates im Jahre 1982 haben sechs Staaten (Österreich, Irland, Island, Luxemburg, Niederlande und das Vereinigte Königreich) erklärt, ernsthafte Schwierigkeiten zu haben mit einer Ratifikation dieses Übereinkommens, das sie in weitem Masse als überholt und durch die Übereinkommen Nr. 70 und 73 ersetzt erachten. Zehn andere Staaten, darunter Belgien, die Bundesrepublik Deutschland und Italien, verharren in vor-

815

sichtigem Abwarten. Da die letzten Ratifikationen bereits zwölf Jahre zurückliegen, muss man wie das Sekretariat des Europarates ernsthaft in Zweifel ziehen, dass diesem Übereinkommen mehr Erfolg beschieden sein wird. Das Inkrafttreten des IRSG (SR 351.1) würde es der Schweiz zwar erlauben, dieses Übereinkommen zu ratifizieren. Angesichts der Erfolglosigkeit dieses Instrumentes kann eine Ratifikation in nächster Zukunft nicht erfolgen. Ein Beitritt unseres Landes zu diesem Abkommen, der von den künftigen Tendenzen in den anderen Mitgliedstaaten des Europarates abhängen wird, ist umso weniger dringlich, als die schweizerischen Behörden bereits für die Verfolgung gewisser von Schweizern wie auch von Ausländern im Ausland begangener Verstösse im Strassenverkehr zuständig sind (Art. 101 SVG; SR 747.07).

Nr. 70

Europäisches Übereinkommen über die internationale Geltung von Strafurteilen (1970)

In Kraft getreten: 26. Juli 1974 Unterzeichnet von: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal (7) Ratifiziert von: Österreich, Zypern, Dänemark, Norwegen, Schweden, Türkei (6) Priorität für die Schweiz: C Gemäss diesem Übereinkommen ist jeder Vertragsstaat für den Vollzug eines in einem anderen Vertragsstaat gefällten Strafurteils zuständig, wenn er von diesem darum ersucht wird, sofem das Vergehen, für welches die Strafe ausgesprochen wurde, auch nach der Gesetzgebung des ersuchten Staates strafbar ist und wenn das im ersuchenden Staat gefällte Urteil rechtskräftig und vollstreckbar ist.

Das 1970 ausgearbeitete Übereinkommen stellt eine grundsätzliche Neuerung im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen dar, indem es die Vertragsstaaten verpflichtet, ein ausländisches Urteil demjenigen eines eigenen Gerichts gleichzusetzen. Es bildet daher eines der wichtigsten Glieder im Netz der Europäischen Übereinkommen in Strafsachen. Es ist allerdings bisher erst von sechs Staaten ratifiziert worden, mit denen - mit Ausnahme von Österreich die Schweiz kaum Rechtshilfebeziehungen unterhält. Im weiteren wird das Übereinkommen, nach Auskunft dieser Staaten, nur sehr selten angewendet und wirft beträchtliche Schwierigkeiten auf: Der geringe Erfolg dieses Rechtsinstrumentes ist einerseits auf seine grosse Komplexität und andererseits auf den Umstand zurückzuführen, dass zahlreiche Länder ihr internes Recht abändern oder vervollständigen müssen, um das Abkommen anwenden zu können. Nach Ansicht des Sekretariats des Europarates wird das Übereinkommen Nr. 112, das ein vereinfachtes Verfahren vorsieht und zudem zeitgemässer erscheint, den Ratifizierungsprozess des Übereinkommens Nr. 70 noch weiter verzögern.

Das IRSG (SR 351.1) hat ohne Zweifel die notwendigen Grundlagen für eine Ratifikation dieses Übereinkommens durch die Schweiz geschaffen. Dennoch weicht die Regelung durch das Übereinkommen in verschiedenen Belangen von 816

derjenigen des IRSG ab, so dass eine Ratifikation eine genauere Prüfung dieser Probleme bedingen würde. Dazu gesellt sich der Umstand, dass das im Übereinkommen vorgesehene Vollzugssystern auch von demjenigen anderer Übereinkommen (z. B. Nr. 52) abweicht und dass aller Voraussicht nach die Anwendungsfälle sehr wenig zahlreich sein werden. Wir nehmen uns dagegen vor, so bald wie möglich das Übereinkommen Nr. 112, das ähnliche Probleme leichter lösen lässt, zu ratifizieren. Unter diesen Umständen halten wir dafür, dass eine Ratifikation des Übereinkommens Nr. 70 von den diesbezüglichen Entwicklungen in den anderen Mitgliedstaaten des Europarates abhängt und sich daher im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht aufdrängt.

Nr. 71

Europäisches Übereinkommen über die Rückführung Minderjähriger (1970)

In Kraft getreten ; noch nicht, erst nach drei Ratifikationen Unterzeichnet von; Österreich, Belgien, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, Niederlande (8) Ratifiziert von: Türkei (I) Priorität für die Schweiz: D Gemäss diesem Übereinkommen kann ein Vertragsstaat aufgefordert werden, eine minderjährige Person rückzuführen, wenn deren Anwesenheit auf dem Hoheitsgebiet des ersuchten Staates gegen den Willen der Person mit elterlicher Gewalt verstösst, unvereinbar mit Schutz- oder Umerziehungsmassnahmen im ersuchenden Staat ist oder wenn die Anwesenheit auf dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates wegen eines laufenden Verfahrens in diesem Staat notwendig ist. Ein Staat kann eine minderjährige Person auch dann rückführen, wenn ihm die Anwesenheit auf seinem Hoheitsgebiet als unvereinbar mit seinen Interessen oder mit denjenigen der minderjährigen Person erscheint, vorausgesetzt, dass seine Gesetzgebung eine Rückführung ermöglicht.

Wie wir in unserem ersten Bericht von 1977 (BB1 1977111 870) erklärt haben, sind zwangsweise Heinischaffungen Minderjähriger selten und werden gewöhnlich rasch und in befriedigender Weise im gegenseitigen Einvernehmen mit den zuständigen Behörden des Aufenthaltsstaates geregelt. Wir erachteten es seinerzeit als notwendig, mit dem Entscheid über eine Ratifikation zu warten, bis andere Staaten diesen Schritt getan haben und es möglich wäre, abzuschätzen, ob dieses Übereinkommen befriedigt. Nach sieben Jahren ist diese abwartende Haltung nicht mehr gerechtfertigt. Für die Mehrheit der Mitgliedstaaten des Europarates ist dieses Übereinkommen, namentlich wegen der Umständlichkeit der Verfahren, die es vorsieht, nicht annehmbar. Selbst nach Ansicht des Sekretariats des Europarates ist dieses Rechtsinstrument zu ehrgeizig. Darüber hinaus sind einige seiner Bestimmungen unvereinbar mit denjenigen des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (SR 0.211.231.01), das für die Schweiz am 4. Februar 1969 in Kraft getreten ist. Da in den 14 Jahren seines Bestehens das Übereinkommen Nr, 71 nur von einem

817

einzigen Staat ratifiziert wurde, ist das Sekretariat des Europarates der Ansicht, dass es wohl nie in Kraft treten wird. Unter diesen Umständen vertreten wir die Meinung, dass die Schweiz endgültig auf eine Ratifikation dieses Übereinkommens verzichten kann.

Nr. 73

Europäisches Übereinkommen über die Übertragung von Strafurteilen (1972)

In Kraft getreten: 30. März 1978 Unterzeichnet von: Belgien, Griechenland, Liechtenstein, Luxemburg, Niederlande, Portugal (6) Ratifiziert von: Österreich, Dänemark, Norwegen, Schweden, Türkei (5) Priorität für die Schweiz: C Dieses Übereinkommen soll es jedem Vertragsstaat ermöglichen, auf Anfrage eines anderen Vertragsstaates jeden Verstoss, auf welchen das Strafgesetz jenes Staates anwendbar ist, nach eigenem Strafgesetz zu verfolgen.

Dieses Übereinkommen, das im Jahre 1972 zur Unterzeichnung aufgelegt wurde, stellt, wie das Übereinkommen Nr. 70, eines der Hauptinstrumente der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen dar. Bis jetzt ist es allerdings erst von fünf Staaten ratifiziert worden. Wie beim Übereinkommen Nr. 70 sind die sehr grosse Komplexität, die Gesetzesänderungen, die seine Ratifikation im internen Recht der Staaten zur Folge haben, sowie die grossen Schwierigkeiten bei der Anwendung die Gründe des geringen Erfolgs dieses Instruments.

Der vierte Teil des IRSG (SR 351.1) schafft die Voraussetzungen für eine Ratifikation dieses Übereinkommens. Die im Übereinkommen vorgesehene Regelung weicht allerdings in mehreren Punkten von derjenigen des IRSG ab. Dies bedeutet, dass eine Ratifikation, wie im Falle des Übereinkommens Nr. 70, eine genaue Prüfung dieser Frage voraussetzt. Im weiteren kann darauf hingewiesen werden, dass das im Übereinkommen Nr. 73 enthaltene System der Übertragung von Verfahren demjenigen, das in anderen europäischen Übereinkommen vorgesehen ist, nicht ähnlich ist; auch werden die Anwendungsfälle wenig häufig sein. Es scheint daher ratsam, die weitere Entwicklung in den Mitgliedstaaten zu verfolgen, zumal das zuständige Bundesamt für Polizeiwesen andere prioritäre Aufgaben zu erfüllen hat.

Nr. 82

Europäisches Übereinkommen über die Unverjährbarkeit von Verbrechen gegen die Menschheit und von Kriegsverbrechen (1974)

In Kraft getreten: noch nicht, erst nach drei Ratifikationen Unterzeichnet von: Frankreich Ratifiziert von; Niederlande Priorität für die Schweiz: D 818

(1) (1)

Aufgrund dieses Übereinkommens verpflichten sich die Vertragsstaaten, Massnahmen zu ergreifen, welche die Verbrechen gegen die Menschheit, in gewissen völkerrechtlichen Verträgen aufgeführte Kriegsverbrechen sowie andere ähnliche Verletzungen des Kriegsrechts der Verjährung entziehen.

Dieses Übereinkommen ist nur von einem Staat ratifiziert worden und ist daher nicht in Kraft. Der Grundsatz der Unverjährbarkeit ist bereits in den meisten nationalen Gesetzgebungen verankert.

Im übrigen hat die Schweiz den Anforderungen des Übereinkommens Genüge geleistet, indem sie mittels Artikel 109 Absatz 2 IRSG (SR 351.1) dem Strafgesetzbuch den Artikel 75bis und dem Militärstrafgesetzbuch Artikel 56bls beigefügt hat, die beide die Unverjährbarkeit der vom Übereinkommen genannten Vergehen bezwecken. Die Ratifikation dieses Instruments ist daher nicht mehr notwendig.

Nr. 86

Zusatzprotokoll zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen (1975)

In Kraft getreten: 20. August 1979 Unterzeichnet von: Griechenland, Island, Schweiz Ratifiziert von:

Luxemburg,

Portugal,

Zypern, Dänemark, Niederlande, Schweden

Spanien, (6) (4)

Priorität für die Schweiz: A Dieses Zusatzprotokoll erweitert die Regelung der Auslieferung, wie sie im Übereinkommen Nr. 24 enthalten ist. Gewisse schwere Vergehen (Verbrechen gegen die Menschheit, schwere Verletzungen der Genfer Konventionen und ähnliche Verletzungen des Kriegsrechtes) werden dabei nicht als politische Vergehen betrachtet.

Schliesslich erweitert das Protokoll den Grundsatz ne bis in idem auf rechtskräftige Urteile, die in einem Drittstaat, der Vertragspartei des Übereinkommens ist, gefällt wurden.

Das Zusatzprotokoll Nr. 86 ist von der Schweiz am 17. November 1981 unterzeichnet worden. Das IRSG (SR 351.1), das am 1. Januar 1983 in Kraft getreten ist, hat die gesetzliche Grundlage für die Ratifikation dieses Übereinkommens, dessen Nützlichkeit für die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen die Kriminalität nicht mehr bewiesen werden muss, geschaffen. Der Bundesrat hat daher am 3I.August 1983 beschlossen, den eidgenössischen Räten eine Botschaft betreffend die Genehmigung dieses Protokolls zu unterbreiten (BB1 1983 IV 121).

Nr. 98

Zweites Zusatzprotokoll zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen (1978)

In Kraft getreten:

5. Juni 1983

Unterzeichnet von: Zypern, Griechenland, Island, Italien, Portugal, Spanien, Schweiz (7)

819

Ratifiziert von:

Österreich, Dänemark, Niederlande, Schweden

(4)

Priorität ßir die Schweiz: A Dieses Zusatzprotokoll vervollständigt ebenfalls das Auslieferungsübereinkommen. Es dehnt den Anwendungsbereich auf die akzessorische Auslieferung für strafbare Handlungen, die mit Busse bestraft werden, aus. Es verpflichtet die Vertragsstaaten zur Auslieferang für fiskalische strafbare Handlungen und erlaubt dem ersuchten Staat, die Auslieferung zwecks Vollstreckung eines Abwesenheitsurteils abzulehnen, wenn im ersuchenden Staat in dem diesem Urteil vorangegangenen Verfahren die Mindestrechte der Verteidigung nicht gewahrt worden sind oder wenn der ersuchende Staat für die fragliche strafbare Handlung eine Amnestie erlassen hat. Schliesslich vereinfacht es die Übermittlung von Auslieferungsersuchen.

Die Schweiz hat dieses Zusatzprotokoll am 17. November 1981 unterzeichnet und gleichzeitig erklärt, dass sie sich das Recht vorbehalte, das Kapitel betreffend die fiskalischen strafbaren Handlungen nicht anzunehmen. Da das IRSG (SR 351.1) die rechtliche Grandlage für die Ratifikation dieses Instruments geschaffen hat, hat es der Bundesrat mit der bereits erwähnten Botschaft (BB1 1983 IV 121) den eidgenössischen Räten zur Genehmigung vorgelegt und gleichzeitig vorgeschlagen, den bei der Unterzeichnung vorgebrachten Vorbehalt zu bekräftigen.

Nr. 99

Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen (1978)

In Kraft getreten:

12. April 1982

Unterzeichnet von: Belgien, Island, Italien, Portugal, Schweiz

(5)

Ratifiziert von:

Österreich, Dänemark, Griechenland, Niederlande, Schweden (5) Priorität für die Schweiz: A Dieses Zusatzprotokoll ergänzt die im Übereinkommen enthaltene Regelung, die den gegenwärtigen Anforderungen in diesem Bereich nicht mehr genügt. Es beseitigt die vom Übereinkommen gebotene Möglichkeit, die Rechtshilfe für fiskalische strafbare Händlungen zu verweigern und erweitert die internationale Zusammenarbeit auf die Zustellung von Akten betreffend den Vollzug einer Strafe und ähnliche Massnahmen (bedingter Strafvollzug, bedingte Entlassung usw.). Schliesslich ergänzt es den Austausch von Auskünften betreffend das Strafregister.

Die Schweiz hat dieses Protokoll am 17. Noyember 1981 unterzeichnet und sich gleichzeitig das Recht vorbehalten, die Rechtshilfe nur zu gewähren, wenn es sich bei der fiskalischen strafbaren Handlung, für die sie ersucht wird, um einen Abgabebetrug im Sinne von Artikel 3 Absatz 3 IRSG (SR 35L1) handelt.

Der Bundesrat hat am 31. August 1983 die Botschaft betreffend die Genehmigung dieses Zusatzprotokolls den Eidgenössischen Räten zugeleitet und gleich820

zeitig vorgeschlagen, den bei der Unterzeichnung angebrachten Vorbehalt zu bekräftigen (BB1 1983 IV 121).

Nr. 101

Europäisches Übereinkommen über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Feuerwaffen durch Privatpersonen (1978)

In Kraft getreten:

I.Juli 1982

Unterzeichnet von: Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Island, Irland, Portugal, Türkei, Vereinigtes Königreich (8) Ratifiziert von:

Zypern, Luxemburg, Niederlande, Schweden

(4).

Priorität für die Schweiz: D Das Übereinkommen soll die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Feuerwaffen in den Fällen regeln, in welchen die Waffen auf dem Hoheitsgebiet eines Staates an Personen verkauft, übergeben oder abgetreten werden, die in einem anderen Staat ihren Wohnsitz haben oder wenn eine Waffe auf Dauer in ein anderes Land übergeführt wird, ohne dass der Besitzer wechselt.

In unserem Ergänzungsbericht vom 2. Juni 1980 zum Bericht über die Schweiz und die Konventionen des Europarates -vom 16. November 1977 (BB1 1980 II 1527) haben wir erklärt, dass mangels Gesetzesgrundlagen, die es ermöglichen würden festzustellen, wie weit die Bestimmungen dieses Übereinkommens annehmbar wären, die Ratifikation in näherer Zukunft nicht ins Auge gefasst werden könne. Im Anschluss an eine Vemehmlassung über einen Verfassungsartikel betreffend Waffen, Waffenzubehör und Munition hat der Bundesrat am 19. September 1983 beschlossen, die Arbeiten zu dieser Verfassungsbestimmung und das dazugehörende Bundesgesetz einzustellen. Unter diesen Umständen kann eine Ratifikation dieses Übereinkommens nicht erfolgen.

Nr. 112

Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen (1983)

In Kraft getreten: noch nicht, erst nach drei Ratifikationen Unterzeichnet von: Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Liechtenstein, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden, Schweiz, Vereinigtes Königreich, Kanada1', Vereinigte Staaten von Amerika1), Zypern (17) Ratifiziert von:

keinem Staat

Priorität für die Schweiz: A Das Übereinkommen soll es einem Verurteilten ermöglichen, sofern er den entsprechenden Wunsch äussert, die Strafe oder freiheitsentziehende Massnahme, die ein anderer Staat angeordnet hat, in seinem Heimatstaat abzusitzen. Zu diesem Zweck sieht es die Überstellung des Verurteilten, mit dessen Einverständnis, vom verurteilenden Staat in den vollziehenden Staat vor.

') Nichtmitgliedstaat des Europarates.

821

Die vielen ausländischen Häftlinge in den Strafanstalten schaffen zahlreiche Schwierigkeiten bezüglich ihrer sozialen Wiedereingliederung. Die Überstellung kann daher sowohl im Interesse der Häftlinge als auch der betroffenen Staaten sein.

Unter allen Instrumenten des Europarates im Bereich der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen hat dieses Übereinkommen den grössten Enthusiasmus hervorgerufen. Die Vereinigten Staaten und Kanada haben sich eng an seiner Ausarbeitung beteiligt. Die Gründe für das grosse Interesse an diesem Übereinkommen liegen in der Aktualität und der Dringlichkeit der Probleme, die es zu lösen sucht, sowie in der Tatsache, dass die vorgesehene Regelung einfach, schnell und flexibel ist. Es bedeutet diesbezüglich einen klaren Fortschritt in bezug auf das Übereinkommen Nr. 70.

Die grosse Anzahl ausländischer Häftlinge in der Schweiz und die Lage unserer Staatsangehörigen in gewissen ausländischen Haftanstalten sprechen für eine rasche Ratifikation dieses Übereinkommens.

Verschiedene Kreise (Kantone, Vereinigungen usw.) haben uns aufgefordert, diese Frage ohne Verzug in Angriff zu nehmen. Wir beabsichtigen daher, dieses Übereinkommen im Laufe dieser Legislaturperiode zu ratifizieren.

Nr. 116

Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (1983)

In Kraft getreten: noch nicht, erst nach drei Ratifikationen Unterzeichnet von: Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden, Vereinigtes Königreich (9) Ratifiziert von: keinem Staat Priorität für die Schweiz: C Das Übereinkommen enthält Grundsätze betreffend die Entschädigung der Opfer von Gewaltverbrechen.

Dieses Übereinkommen wurde am 24. November 1983 zur Unterzeichnung aufgelegt. Es kann von der Schweiz im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht unterzeichnet werden. Wir müssen nämlich vorerst den Ausgang der Abstimmung von Volk und Kantonen über die Volksinitiative «zur Entschädigung der Opfer von Gewaltverbrechen» und über den Gegenvorschlag des Bundesrates, den wir Ihnen kürzlich mit unserer Botschaft vom 6. Juli 1983 (BB1 1983 III 869) unterbreitet haben, abwarten. Wenn der eine oder andere Text angenommen wird, wäre die Schweiz in der Lage, das Übereinkommen zu unterzeichnen und nach Ausarbeitung der notwendigen Ausführungsbestimmungen zu ratifizieren.

822

237

Kultur und Bildungswesen

237.1

Kultur

237.11

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 18 Nr. 66

Europäisches Kulturabkommen (1954), (SR 0.440.1) Europäisches Übereinkommen über den Schutz des archäologischen Kulturgutes (1969), (SR 0.440.2)

237.12

Nichtratifizierte Übereinkommen

Keine.

237.2

Bildungswesen

237.21

Ratifizierte Übereinkommen

Keine.

237.22

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 15

Europäisches Übereinkommen über die Gleichwertigkeit der zum Hochschulstudium berechtigenden Reifezeugnisse (1953)

In Kraft getreten: 20. April 1954 Unterzeichnet von: keinem Staat Ratifiziert von: Österreich, Belgien, Zypern, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Island, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien, Schweden, Türkei, Vereinigtes Königreich, Israel '', Jugoslawien1), Neuseeland 1 ) (22) Priorität für die Schweiz: C/D [Begründung siehe nachstehend, Nr. 32] Nr, 49

Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Gleichwertigkeit der zum Hochschulstudium berechtigenden Reifezeugnisse (1964)

In Kraft getreten: 4. Juli 1964 Unterzeichnet von: Österreich, Türkei (2) Ratifiziert von: Belgien, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Vereinigtes Königreich, Jugoslawien1), Neuseeland '>, Italien (13) Priorität für die Schweiz: C/D [Begründung siehe nachstehend, Nr. 32] ') Nichtmitgliedstaat des Europarates.

823

Gegenstand dieses Übereinkommens und des Zusatzprotokolls ist die gegenseitige Anerkennung der Mittelschulabschlusszeugnisse als Ausweise für die Zulassung zu den Hochschulen der Vertragsstaaten. Die beiden Instrumente sehen eine Immatrikulationsverpflichtung nur in dem Rahmen vor, als Studienplätze für ausländische Studierende zur Verfügung stehen. Im weiteren halten sie fest, dass der Beitritt zur Konvention nur dort eine unmittelbare Verbindlichkeit begründet, wo der Vertragsstaat, bzw. dessen staatliche Behörden oder Verwaltungen über eine Zulassung zu den Hochschulen entscheiden. In den anderen Fällen, wo die Regelung und Handhabung der Immatrikulationsbedingungen Sache der autonomen Hochschulen selber sind, hat der Staat diesen den Text dieser Rechtsinstrumente zur Kenntnis zu bringen und ihnen deren Beachtung nahezulegen.

Nr. 21

Europäisches Übereinkommen über die Gleichwertigkeit der Studienzeiten an den Universitäten (1956)

In Kraft getreten: 18. September 1957 Unterzeichnet von: Zypern, Griechenland (2) Ratifiziert von: Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland^ Island, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien, Schweden, Türkei, Vereinigtes Königreich, Jugoslawien'' (18) Priorität für die Schweiz: C/D [Begründung siehe nachstehend, Nr. 32] Dieses Übereinkommen hat zum Ziel zu bewirken, dass Auslandsemester, die ein Student an einer Hochschule eines Vertragsstaates absolviert, durch seine Stammuniversität anerkannt und angerechnet werden. Der Geltungsbereich beschränkt sich allerdings zunächst auf das Gebiet der modernen Sprachen («Langues vivantes»). Überdies verpflichten sich die Vertragsstaaten zu prüfen, wie sich eine Anrechnung von Auslandsemestern auch für andere wissenschaftliche Disziplinen herbeiführen lässt. Desgleichen wollen sie sich um den Abschluss von Regelungen bemühen, durch die Examen oder Lehrveranstaltungen, die während des Auslandsemesters abgelegt bzw. besucht worden sind, gegenseitig anerkannt werden können.

Nr. 32

Europäisches Übereinkommen über die Anerkennung von Hochschuldiplomen (1959)

In Kraft getreten: 27. November 1961 Unterzeichnet von; Griechenland, Luxemburg, Türkei (3) Ratifiziert von: Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Irland, Island, Italien, Malta, Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanieri, Schweden, Vereinigtes Königreich, Jugoslawien '', Heiliger Stuhl1) (17) Priorität ßir die Schweiz: C/D ') Nichtmitgliedstaat des Europarates.

824

:

Dieses Übereinkommen hat einzig Hochschulabschlüsse zum Gegenstand, welche den erfolgreichen Abschluss eines Grundstudiums bestätigen und die überdies zur Weiterbildung (3e cycle, Post-graduate-Studien, Aufbaustudium) berechtigen. Teilprüfungen bleiben somit von der Regelung ausgeklammert. Wer einen Ausweis über den erfolgreichen Abschluss eines Basisstudiums an einer europäischen Hochschule besitzt, soll an weiterführenden Studien in jedem Vertragsstaat wie ein eigener Staatsangehöriger teilnehmen können; zudem soll er seinen im Ausland erworbenen akademischen Titel unter Angabe von dessen Herkunft auch in seinem Heimatstaat tragen dürfen. Weichen die Qualifikationsanforderungen im Heimatstaat von denjenigen im Lande des Studienabschlusses ab, kann die Anerkennung des ausländischen Abschlussausweises von Ergänzungsprüfungen fachlicher oder sprachlicher Art abhängig gemacht werden.

Die drei vorerwähnten Hochschulkonventionen sind auf ein gemeinsames Ziel, die akademische Freizügigkeit im europäischen Rahmen, ausgerichtet. Sie versuchen, die dafür wesentlichen Aspekte des Hochschulstudiums (Immatrikulation, Anrechnung von Auslandsemestem, Anerkennung von Abschlüssen des Grundstudiums) einer europäischen Koordinationsregelung zu unterwerfen. Die Einheitlichkeit der Zwecksetzung macht die Konventionen zu einem organischen Ganzen. Es ist daher ein gleichzeitiger Beitritt zu allen drei Abkommen anzustreben.

Bisher haben unsere Hochschulen in ihrer Zulassungspraxis den Grundanliegen der vier Übereinkommen weitgehend entsprochen. Wir sind ihnen jedoch nicht beigetreten, weil wir angesichts der sich seit Anfang der siebziger Jahre abzeichnenden Verknappung des Studienplatzangebots und damit der drohenden Zulassungsbeschränkungen auch für Schweizer Studienwillige den eigenen hochschulpolitischen Belangen gegenüber aussenpolitischen Erwägungen den Vorrang geben mussten. Zudem werden die Übereinkommen umfassend überarbeitet, so dass es nicht sinnvoll wäre, ihnen heute schon beizutreten. Sie haben dieser Argumentation, die wir Ihnen im Bericht über unsere Geschäftsführung im Jahre 1975 unterbreiteten, zugestimmt und beschlossen, die parlamentarischen Vorstösse, deren Ziel die Unterzeichnung der drei Übereinkünfte durch die Schweiz war, abzuschreiben. Da die Lage sich seither nicht wesentlich geändert hat, sehen wir vorläufig keinen Anlass, auf die Sache zurückzukommen.

Nr. 69

Europäisches Übereinkommen über die Fortsetzung der Stipendienzahlungen bei Studienaufenthalten im Ausland (1969)

In Kraft getreten:. 2. Oktober 1971 Unterzeichnet von: Dänemark (1) Ratifiziert von: Zypern, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Island, Luxemburg, Niederlande, Spanien, Vereinigtes Königreich (8) Priorität für die Schweiz: D

825

Das Übereinkommen erstrebt die Aufrechterhaltung von Stipendienleistungen an Empfänger, die ihre Studien im Ausland fortsetzen, sofern die zuständige wissenschaftliche Behörde den Aufenthalt befürwortet.

In der Schweiz ist die Regelung des Stipendienwesens als Teil der Schulhoheit Aufgabe der Kantone. Der Bund beteiligt sich nur indirekt, sei es durch Beitragsleistungen an die kantonalen Aufwendungen, sei es durch Massnahmen zur Förderung wissenschaftlicher Nachwuchskräfte des Schweizerischen Nationalfonds. Es ist deshalb nicht Sache des Bundes, auf dem Wege über eine internationale Übereinkunft den Kantonen Normen zu setzen, zu denen er verfassungsgemäss (Art. 27 iuater BV) nicht befugt wäre. Im wesentlichen entspricht der Zielsetzung des Übereinkommens die Regelung aller Kantone, auch jener, die die Einschränkung kennen, dass Stipendien für Studien ausser Landes nur dann ausgerichtet werden, wenn eine gleichwertige Ausbildung im Inland nicht möglich ist. Anderseits gilt in allen Kantonen der Grundsatz, dass Stipendien nach dem Bedarf des Auszubildenden bemessen werden. Den im allgemeinen höheren Ausbildungskosten im Ausland wird Rechnung getragen. Immerhin ist auch zu berücksichtigen, dass zufolge der Wechselkursentwicklung Studien im Ausland sogar billiger zu stehen kommen können als in der Schweiz.

In dieser Lage wäre es verfehlt, einfach die Fortsetzung des im Inland einmal zugesprochenen Stipendiums zu gewährleisten. Die beweglichere Praxis der Kantone - die grundsätzlich mit derjenigen des Nationalfonds übereinstimmt ist besser geeignet, individuellen Gegebenheiten gerecht zu werden. In Beachtung der kantonalen Schulhoheit und angesichts der zu schematischen Regelung, die das Stipendienübereinkommen anstrebt, sehen wir uns nicht veranlasst, ihm beizutreten.

238

Rundfunk und Fernsehen

238.1

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 53

Europäisches Übereinkommen zur Verhütung von Rundfunksendungen von Stationen ausserhalb nationaler Hoheitsgebiete (1965), (SR 0.784.404)

238.2

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 27

Europäisches Abkommen über den Austausch von Fernsehprogrammen (1958)

In Kraft getreten: I.Juli 1961 Unterzeichnet von: Italien (1) Ratifiziert von: Belgien, Zypern, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Irland, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Spanien, Schweden, Türkei, Vereinigtes Königreich, Tunesien'), Israel1' Priorität für die Schweiz: C '> Nichtmitgliedstaat des Europarates.

826

Das Abkommen soll den Austausch von Fernsehfilmen zwischen den Vertragsstaaten erleichtern. Es ermöglicht den Fernsehanstalten dieser Staaten, sich untereinander zu ermächtigen, Filme zu verwenden und auszustrahlen, die sie selber produziert haben. Diese Bewilligungen sind nur in dem Masse eingeschränkt, in welchem die Autoren und andere Personen, die bei der Entstehung des Films mitgewirkt haben, dies ausdrücklich in ihren Verträgen vorgesehen haben, die sie mit der herstellenden Anstalt abgeschlossen haben.

Das Bundesgesetz von 1922 betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst (SR 231.1) kennt eine solche Regelung nicht, weder zugunsten von Fernsehgesellschaften noch zugunsten der Produzenten von Kinofilmen.

Eine Totalrevision dieses Gesetzes ist zurzeit im Gange. Wenn man sich an den Vorentwurf hält, der gegenwärtig vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement und insbesondere vom Bundesamt für geistiges Eigentum überprüft wird, so sind der Urheberschutz für Autoren von Film- und Fernsehwerken sowie die Beziehungen zwischen Autoren und Produzenten Gegenstand von besonderen Bestimmungen im zukünftigen Gesetz, die mit dem Europäischen Übereinkommen im Einklang stehen und demzufolge den Beitritt erlauben würden.

Indessen wird es erst nach der Annahme des neuen Gesetzes durch den Gesetzgeber möglich sein, zu beurteilen, ob ein solcher Beitritt mit dem nationalen Recht vereinbar ist. Aus diesem Grund ist es wünschbar, das Ende der gesetzgeberischen Arbeiten abzuwarten, bevor das Verfahren zum Beitritt der Schweiz zu diesem Übereinkommen in Angriff genommen wird.

Nr. 34

Europäisches Abkommen zum Schütze von Fernsehsendungen (1960)

In Kraft getreten : l. Juli 1961 Unterzeichnet von: Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande (5) Ratifiziert von: Belgien, Zypern, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Norwegen, Spanien, Schweden, Türkei, Vereinigtes Königreich (10) Priorität für die Schweiz: C Dieses Abkommen gibt den Fernsehanstalten der Vertragsstaaten das Recht, für das gesamte Hoheitsgebiet der am Abkommen beteiligten Staaten die Wiederausstrahlung, die Übertragung über Draht, die audio-visuelle Aufzeichnung und andere Verwendungsarten ihrer Sendungen zu erlauben oder zu verbieten. Die Vertragsstaaten können diese geschützten Verwendungsarten bestimmten Vorbehalten unterstellen; sie können namentlich den Schutz der Übertragung über Draht vollständig ausschliessen.

Nr. 54

Protokoll zum Europäischen Abkommen zum Schütze von Fernsehsendungen (1965)

In Kraft getreten:

24. März 1965

Unterzeichnet von: Griechenland, Luxemburg

(2)

827

Ratifiziert von:

Belgien, Zypern, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Norwegen, Spanien, Schweden, Türkei, Vereinigtes Königreich (10) Priorität für die Schweiz: C Das Protokoll zum Abkommen zielt hauptsächlich darauf ab, den Vorbehalt betreffend die Übertragung der Fernsehsendungen anderer Vertragsstaaten über Draht einzuschränken. Es können höchstens die Hälfte dieser Sendungen in dem Staat, der den Vorbehalt anbringt, durch Drahtnetze frei verteilt werden; die andere Hälfte ist der Bewilligung der Sendeanstalt unterworfen. Das Protokoll verpflichtet ausserdem die am Abkommen beteiligten Staaten, dem Römer Abkommen von 1961 über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgem und der Sendeunternehmen spätestens bis zum I.Januar 1975 beizutreten, widrigenfalls sie dem vorerwähnten Abkommen Nr. 34 nicht mehr angehören, können.

Nr. 81

Zusatzprotokoll zum Protokoll zum Europäischen Abkommen zum Schütze von Fernsehsendungen (1974)

In Kraft getreten: 31. Dezember 1974

.

Unterzeichnet von: Luxemburg (1) Ratifiziert von: Belgien, Zypern, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Norwegen, Spanien, Schweden, Türkei, Vereinigtes Königreich (10) Priorität für die Schweiz: D Das Zusatzprotokoll verlängert die Frist, innert welcher die am Abkommen Nr. 34 beteiligten Staaten dem Römer Abkommen von 1961 über die sogenannten «Nachbarrechte» beitreten müssen, um Vertragsstaat des Abkommens Nr. 34 bleiben oder werden zu können. Die Frist läuft am I.Januar 1985 ab.

Nr. 113

Zusatzprotokoll zum Protokoll zum Europäischen Abkommen zum Schütze von Fernsehsendungen (1983)

In Kraft getreten: noch nicht, erst nach Ratifikation durch alle Vertragsstaaten des Abkommens und des Protokolls Unterzeichnet von: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Griechenland (4) Ratifiziert von: Dänemark, Norwegen, Schweden, Vereinigtes Königreich (4) Priorität für die Schweiz: C Dieses zweite Zusatzprotokoll verlängert die Frist, innert welcher die Vertragsstaaten des Abkommens Nr. 34 dem Römer Abkommen von 1961 beitreten müssen, um Vertragsstaat des Abkommens Nr. 34 bleiben oder werden zu können, bis zum I.Januar 1990.

828

Die laufenden Arbeiten des Expertenausschusses des Europarates für rechtliche Fragen im Medienbereich zur Kabelverteilung vermögen noch nicht Aufschluss darüber zu geben, ob eine Revision des Abkommens Nr. 34 tatsächlich ins Auge gefasst werden kann. Es erscheint daher sinnvoll, den Abschluss dieser Arbeiten abzuwarten und erst dann zu erwägen, ob und allenfalls zu welchen Bedingungen die Schweiz den Rechtsinstramenten Nr. 34, 54 und 113 beitreten könnte.

Im gegebenen Zeitpunkt wird diese Frage auch im Lichte der schweizerischen Gesetzgebung über die audio-visuellen Medien geprüft werden müssen.

239

öffentliches Gesundheitswesen

239.1

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 26

Europäisches Übereinkommen über den Austausch therapeutischer Substanzen menschlichen Ursprungs (1958), (SR 0.812.161)

Nr. 33

Übereinkommen über die vorübergehende zollfreie Einfuhr von medizinischem, chirurgischem und Laboratoriumsmaterial zur leihweisen Verwendung in Krankenanstalten und anderen medizinischen Instituten für Zwecke der Diagnose oder Behandlung (1960), (SR 0.631.244.55)

Nr. 39

Europäisches Übereinkommen über den Austausch von Reagenzien zur Blutgruppenbestimmung (1962), (SR 0.812.31)

Nr. 50

Übereinkommen betreffend die Ausarbeitung einer europäischen Pharmakopöe (1964), (SR 0.812.21)

Nr. 59

Europäisches Übereinkommen über die Ausbildung und den Unterricht von Krankenschwestern (1967), (SR 0.811.21)

Nr. 80

Europäisches Übereinkommen über Leichentransport (1973), (SR 0.818.62)

Nr. 84

Europäisches Übereinkommen über den Austausch von Reagenzien zur Gewebstypisierung (1974), (SR 0.812.32)

Nr. 89

Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über den Austausch von Reagenzien zur Gewebstypisierung (1976), (SR 0.812.321)

239.2

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 20

Abkommen betreffend den Austausch von Kriegsversehrten zum Zwecke der ärztlichen Behandlung (1955)

In Kraft getreten:

I.Januar 1956

Unterzeichnet von: Portugal (1) Ratifiziert von: Österreich, Belgien, Zypern, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Schweden, Türkei, Vereinigtes Königreich (16) Priorität für die Schweiz: D

829

Dieses Abkommen ermöglicht den Kriegsverletzten der Vertragsstaaten, in den Genuss medizinischer Behandlungen zu kommen, die ihnen in ihrem eigenen Land nicht verabreicht werden können.

Für unser Land, das in diesem Jahrhundert an keinem Krieg beteiligt war, ist dieses Übereinkommen, 40 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, gegenstandslos.

Nr. 40

Europäisches Übereinkommen über die Ausstattung von Kriegsversehrten mit einem internationalen Gutscheinheft zur Reparatur von Prothesen und orthopädischen Behelfen (1962)

In Kraft getreten: 27. Dezember 1963 Unterzeichnet von: Österreich, Dänemark (2) Ratifiziert von: Belgien, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Vereinigtes Königreich, Irland (8) Priorität för die Schweiz: D Dieses Übereinkommen schafft Erleichterungen bei der Reparatur von Prothesen und orthopädischen Behelfen von Kriegsversehnen, die sich in einem anderen Vertragsstaat aufhalten.

Aus den gleichen Gründen wie das vorerwähnte Abkommen Nr. 20 ist dieses Übereinkommen für unser Land gegenstandslos.

Nr. 109

Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über den Austausch therapeutischer Substanzen menschlichen Ursprungs (1983)

Nr. 110

Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die vorübergehende zollfreie Einfuhr von medizinischem, chirurgischem und Laboratoriumsmaterial zur leihweisen Verwendung in Krankenanstalten und anderen medizinischen Instituten für Zwecke der Diagnose oder Behandlung (1983)

Nr. 111

Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über den Austausch von Reagenzien zur Blutgruppenbestimmung (1983)

In Kraft getreten: noch nicht; erst am I.Januar 1985, sofern keiner der Vertragsstaaten des jeweiligen Übereinkommens Einwendungen gegen den Beitritt der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu diesem Instrument erhebt Priorität für die Schweiz: A (für alle drei Protokolle) Die drei Zusatzprotokolle (Nr. 109-111) schaffen die Möglichkeit, dass die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft als solche den Übereinkommen Nr, 26 (SR 0.812.16J}, Nr. 33 (SR 0.631.244.55) und Nr. 39 (SR 0.312.31) beitrctcn kann.

Die Zusatzprotokolle, die am 1. Januar 1983 zur Unterzeichnung aufgelegt wurden, werden nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren automatisch in Kraft treten, es sei denn, dass in dieser Zeit einer der Vertragsstaaten Einwendungen da830

gegen erhebt (es handelt sich dabei um das passive Annahmeverfahren, das als «opting out» bezeichnet wird). Grundsätzlich treten diese Protokolle demnach für die Schweiz am I.Januar 1985 in Kraft, soweit keine Opposition erfolgt.

Unserseits haben wir nicht vor, zu opponieren.

2310 2310.1

Soziale Fragen Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 48 Nr. 83

Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit (1964) (SR 0.831.104) Europäisches Übereinkommen über den sozialen Schutz der Landwirte (1974), (SR 0.831.108)

2310.2

Nicht ratifizierte Übereinkommen

Nr. 12

Vorläufiges Europäisches Abkommen über die Systeme der Sozialen Sicherheit für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen, nebst Zusatzprotokoll (1953)

Nr. 13

Vorläufiges Europäisches Abkommen über Soziale Sicherheit unter Ausschluss der Systeme für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen, nebst Zusatzprotokoll (1953)

In Kraft getreten:

1. Juli 1954 bzw. 1. Oktober 1954 (Zusatzprotokolle)

Unterzeichnet von: -

Ratifiziert von:

Belgien, Zypern, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Island, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Türkei, Vereinigtes Königreich, Spanien (Nr. 12) (17)

Priorität für die Schweiz: D

Das erste Abkommen (Nr. 12) findet Anwendung auf die Gesetze und Regelungen der Vertragsstaaten betreffend die Leistungen bei Alter, Invalidität und an Hinterbliebene. Das zweite Abkommen (Nr. 13) gilt für die im Staatsgebiet der Vertragsparteien geltenden Gesetze und Regelungen, die sich auf die folgenden Zweige der Sozialen Sicherheit beziehen: Krankheit, Mutterschaft und Todesfall; Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten; Arbeitslosigkeit, Familienzulagen.

Die Schweiz ist nicht in der Lage, das zweite Abkommen (Nr. 13) zu ratifizieren, da sie bezüglich bestimmter Zweige der Sozialen Sicherheit Vorbehalte anbringen müsste. Dies ist namentlich der Fall bei den Familienzulagen, für die die Kantone zuständig sind. Im weiteren ist es uns nicht möglich, den Grundsatz der Gleichbehandlung von Ausländern mit Schweizern in der Arbeitslosenversicherung anzuwenden. Es erscheint uns daher auch nicht zweckmässig, das erste Abkommen (Nr. 12) zu ratifizieren, zumal die Schweiz im Bereich der Invalidenversicherung zwei Arten zwischenstaatlicher Abkommen kennt, was die Anwendung dieses Europäischen Abkommens erschweren würde.

831

Nr. 14

Europäisches Fürsorgeabkommen und Zusatzprotokoll (1953)

In Kraft getreten: I.Juli 1954 Unterzeichnet von: Spanien, Malta (Protokoll) (1) Ratifiziert von: Belgien, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Island, Irland, Italien, Luxemburg, Malta (Abkommen), Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Türkei, Vereinigtes Königreich (16) Priorität für die Schweiz: C Gemäss diesem Abkommen verpflichten sich die Vertragsstaaten, bedürftige Staatsangehörige anderer Vertragsstaaten, die auf ihrem Hoheitsgebiet ihren geregelten Aufenthalt haben, zu den gleichen Bedingungen zu unterstützen wie ihre eigenen Staatsangehörigen. Die Unterstützung der bedürftigen Ausländer hat an ihrem Wohnort zu erfolgen. Von ihrem Heimatstaat kann keine Rückerstattung der Fürsorgekosten verlangt werden.

In unseren beiden bisherigen Berichten über die Schweiz und die Konventionen des Europarates (BB1 7977 III 870; 1980 l\ 1527) haben wir erklärt, dass ein schweizerischer Beitritt zu diesem Abkommen in absehbarer Zeit nicht möglich erscheint. Das Bundesgesetz vom 24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (SR 851-.1), das am I.Januar 1979 in Kraft getreten ist, schafft in der Schweiz die Voraussetzungen für eine Anerkennung des Wohnsitzprinzips in der Fürsorge. Diese Zuständigkeitsordnung gilt sinngemäss auch für die Unterstützung von Ausländern. Eine im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten zu unserer Botschaft vom 13. Juni 1983 betreffend die Europäische Sozialcharta (BB1 1983 II 1241) von der Konferenz der kantonalen Fürsorgedirektoren im Jahre 1981 durchgeführte Erhebung hat ergeben, dass in der Praxis der Kantone, die für die Fürsorge zuständig sind, die Gleichbehandlung zwischen Schweizern und Ausländern in der Fürsorge weitgehend bereits verwirklicht ist. Die rechtliche Regelung dieser Frage steht allerdings mit dem Europäischen Fürsorgeabkommen nicht in Einklang.

In der obenerwähnten Botschaft haben wir Ihnen aufgrund dieser Erwägungen empfohlen, bei einer allfälligen Genehmigung der Europäischen Sozialcharta deren Artikel 13 Absatz 4 anzunehmen. Gemäss dieser Bestimmung wäre die Schweiz verpflichtet, den bedürftigen Staatsangehörigen der Vertragsstaaten der Sozialcharta eine Behandlung zu gewähren, die mit dem Fürsorgeabkommen in Einklang steht. Nach einer Ratifikation der Sozialcharta unter Einschluss von deren Artikel 13
Absatz 4 stünde daher der Ratifikation des Fürsorgeabkommens grundsätzlich nichts im Wege. Letztere hängt somit weitgehend vom Ausgang der Verhandlungen der eidgenössischen Räte über die Europäische Sozialcharta ab.

Angesichts der geschilderten Praxis der Kantone ist die Ratifikation des Europäischen Fürsorgeabkommens jedenfalls nicht dringlich. Vor einem solchen Schritt müssten im gegebenen Zeitpunkt die Kantone formell angehört werden.

832

Nr. 35

Europäische Sozialcharta (1961)

In Kraft getreten:

26. Februar 1965

Unterzeichnet von: Belgien, Griechenland, Luxemburg, Portugal, Schweiz, Türkei (6) Ratifiziert von:

Österreich, Zypern, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Island, Irland, Italien, Niederlande, Norwegen, Spanien, Schweden, Vereinigtes Königreich (13) Priorität für die Schweiz: A

In unserer Botschaft vom 13. Juni 1983 betreffend die Europäische Sozialcharta (BB1 1983 II 1241) haben wir Ihnen empfohlen, die Sozialcharta zu genehmigen. Die Vorlage ist gegenwärtig bei den eidgenössischen Räten in Behandlung.

Nr. 38

Europäisches Übereinkommen über gegenseitige Hilfeleistung bei ärztlicher Spezialbehandlung und thermoklimatischen Heilkuren (1962)

In Kraft getreten:

15. Juni 1962

Unterzeichnet von: Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Luxemburg (3) Ratifiziert von:

Belgien, Dänemark, Irland, Italien, Norwegen, Schweden, Türkei, Vereinigtes Königreich (8) Priorität für die Schweiz;D

Das Abkommen regelt die gegenseitige medizinische Hilfeleistung im Bereich von Spezialbehandlungen, die in von den Sozialversicherungen geleiteten medizinischen Anstalten sowie in thermoklimatischen Zentren verabreicht werden.

Es betrifft sowohl Personen im Genuss von Medizinalleistungen aus der Sozialen Sicherheit wie auch solche, die von der Fürsorge unterstützt werden.

Aus folgenden Erwägungen ist die Schweiz immer noch nicht in der Lage, die Verpflichtungen aus diesem Abkommen zu übernehmen: - Sein Anwendungsbereich erstreckt sich nicht nur auf die Zweige der Sozialen Sicherheit, sondern auch auf die Fürsorgesysteme und die Regelungen zum Schütze der Kriegsopfer.

- Die medizinischen Anstalten und die thermoklimatischen Zentren, die bei der Verwirklichung dieses Übereinkommens in der Schweiz mitzuwirken hätten, unterstehen den kantonalen Behörden.

- Die Unterbringung von Kranken, Invaliden oder Verunfallten müsste durch ein zentrales Verbindungsorgan erfolgen, welches einen Kostenvorschuss zu leisten hätte.

- Die Spital- und Behandlungskosten müssten entsprechend den Tarifen für in der Schweiz wohnhafte Personen berechnet werden.

Eine solche Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Krankenversicherung kann auch in den bilateralen Abkommen über die Soziale Sicherheit nicht gewährleistet werden. Tatsächlich kann beim heutigen Stand des schweizerischen Krankenversicherungsrechts den Krankenkassen eine derartige Zusammenarbeit nicht auferlegt werden, noch ist es möglich, ein Verbindungsorgan mit der

833

Pflicht zum Kostenvorschuss zu schaffen. Auch wäre es selbst mit der Zustimmung der zuständigen kantonalen Behörden kaum möglich, die medizinischen Anstalten und thermoklimatischen Zentren zur Anwendung der den Mitgliedern der Krankenkassen zugestandenen Tarife zu bewegen.

Abschliessend soll immerhin darauf hingewiesen werden, dass im Rahmen eines der durch die Schweiz abgeschlossenen bilateralen Abkommens die Möglichkeit einer Amtshilfe, die die Leistung eines Kostenvorschusses durch ein zentrales Verbindungsorgan beinhaltet, gegenwärtig geprüft wird.

Nr. 48

Protokoll zur Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit (1964)

In Kraft getreten:

17. März 1968

Unterzeichnet von: Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal, Türkei (6) Ratifiziert von:

Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden (6)

Priorität für die Schweiz: C Wie die Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit ist auch das Protokoll ein Rechtsinstrument, das auf die Entwicklung der Sozialen Sicherheit in den Vertragsstaaten abzielt. Für dieselben Normen der Sozialen Sicherheit sieht das Protokoll höhere Leistungen vor als die Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit.

Um das Protokoll ratifizieren zu können, muss ein Staat unter Berücksichtigung der jedem Teil eigenen Gewichtung wenigstens acht Teile annehmen. Trotz der neuen Gesetze im Bereich der Arbeitslosen- und der Unfallversicherung erreicht die Schweiz die Mindestanforderung von acht Teilen nicht.

Unser Land genügt zwar den Anforderungen in bezug auf Leistungen für Arbeitslosigkeit (Teil IV), Alter (Teil V), Invalidität (Teil IX) sowie Leistungen an Hinterbliebene (TeilX); dies ergibt gemäss der verschiedenen Gewichtungen aber nur ein Total von sechs Teilen.

Es ist der Schweiz nicht möglich, Teil VI (Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten) anzunehmen, da das Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (AS 1982 1676) die Entrichtung einer Witwenrente der Bedingung unterwirft, dass die Witwe wenigstens 45 Jahre alt ist und Kinder hat. Das Protokoll dagegen verlangt ein bedingungsloses Recht auf eine Witwenrente.

Auch Teil VII (Familienleistungen) ist für die Schweiz nicht annehmbar, da die Höhe des Prozentsatzes dieser Leistungen sich ständig verändert. Zwar bewegt sich das für die Schweiz nach den Vorschriften des Protokolls errechnete Mittel nahe der erforderlichen 2 Prozent; es hat sie bisher aber noch nie erreicht.

Was die Teile II, III und VIII (ärztliche Betreuung, Krankengeld und Leistungen bei Mutterschaft) betrifft, hat die Schweiz bereits bei der Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit auf die Annahme verzichten müssen; umso mehr ist diese beim Protokoll ausgeschlossen.

834

Da die Schweiz im gegenwärtigen Zeitpunkt also im besten Falle sechs der geforderten acht Teile des Protokolls annehmen könnte, ist eine Ratifikation dieses Instruments vorderhand ausgeschlossen.

Nr. 68

Europäisches Übereinkommen über das Au-pair-Wesen (1969)

In Kraft getreten:

30. Mai 1971

Unterzeichnet von: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Luxemburg, Schweiz (5) Ratifiziert von:

Dänemark, Frankreich, Italien, Norwegen

(4)

Priorität für die Schweiz: C Das Übereinkommen regelt die Lebens- und Arbeitsbedingungen von au-pair vermittelten Personen im Interesse sowohl der Aufgenommenen als auch ihrer Gastfamilien.

Grundsätzlich behalten die Bemerkungen zu diesem Übereinkommen in unseren beiden ersten Berichten (BB1 J977 III 870; 1980 III 1527) ihre Gültigkeit.

Dennoch anerkennt unser Land die Notwendigkeit geeigneter Schutzbestimmungen für diese Kategorie von Ausländern. Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit empfiehlt daher den Kantonen bereits seit längerer Zeit, die Bestimmungen dieses Übereinkommens anzuwenden. Im Falle einer Ratifikation würde uns einzig Artikel 3 des Übereinkommens Probleme bereiten, da diese Bestimmung keinen Vorbehalt erlaubt. Sie sieht vor, dass die anfängliche Dauer einer Au-pair-Stelle ein Jahr beträgt; diese kann jedoch auf höchstens zwei Jahre verlängert werden. In unseren Regelungen fehlt aber die Möglichkeit einer solchen Verlängerung. In dem Masse, in welchem diese Verlängerungsmöglichkeit obligatorisch wäre, müssten wir daher eine rechtliche Lösung zu dieser Frage finden. Es wird sich allerdings erst dann lohnen, eine solche Lösung zu prüfen, wenn das Vereinigte Königreich die Ratifikation vornimmt und damit den Wert, den dieses Abkommen für die Schweiz hat, sicherstellt.

Nr. 78

Europäisches Übereinkommen über Soziale Sicherheit und Zusatzvereinbarung zur Durchführung des Europäischen Übereinkommens über Soziale Sicherheit (1972)

In Kraft getreten:

I.März 1977

Unterzeichnet von: Belgien, Frankreich, Griechenland, Island, Italien

(5)

Ratifiziert von:

(5)

Österreich, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Türkei

Priorität für die Schweiz: D Das Übereinkommen bezweckt die Beseitigung der in den Gesetzgebungen über Soziale Sicherheit enthaltenen Diskriminierungen gegenüber den Wanderarbeitnehmern und ihren Familien, namentlich durch die Aufhebung des territorialen Charakters gesetzlicher Bestimmungen. Es umfasst im weiteren Regelungen zur Koordinierung der verschiedenen Systeme der Sozialen Sicherheit. Das Übereinkommen verankert schliesslich die Gleichbehandlung und die Zusammen-

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rechnung der gemäss den Gesetzgebungen zweier oder mehrerer Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten (Totalisation) für den Erwerb, die Aufrechterhaltung und das Wideraufleben des Rechts auf die Leistungen aus der Sozialen Sicherheit.

Im Bereich der Krankenversicherung kann die Schweiz der Anforderung, Leistungen ausserhalb ihres Hoheitsgebietes zu entrichten, nicht in jedem Fall genügen. Bei der Arbeitslosenversicherung sind die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und der Leistungsexport gemäss unserer Gesetzgebung ausgeschlossen.

Das Übereinkommen stellt die Schweiz noch vor zwei weitere, wenn auch kleinere Probleme. Das erste besteht in der kantonalen Zuständigkeit für die Familienzulagen. Das zweite besteht darin, dass eine Ratifikation des Übereinkommens die Schweiz verpflichten würde, im Bereich der Invalidenversicherung die im Ausland zurückgelegten Beitragszeiten bei der Berechnung der einen Rentenanspruch begründenden minimalen Beitragsdauer von einem Jahre miteinzubeziehen. Dies beabsichtigen wir aus praktischen und verwaltungstechnischen Gründen nicht zu tun.

Nr. 93

Europäisches Übereinkommen über die Rechtsstellung des Wander* arbeitnehmers (1977)

In Kraft getreten: I.Juni 1983 Unterzeichnet von: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg (5) Ratifiziert von: Frankreich, Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden, Türkei (6) Priorität für die Schweiz: C Die Bestimmungen dieses Übereinkommens regeln die wesentlichen Aspekte der rechtlichen Lage der Wanderarbeitnehmer, besonders die Anwerbung, die medizinische Untersuchung und die berufliche Prüfung, die Familienzusammenführung, die Arbeitsbedingungen, die Überweisung von Ersparnissen und die Sozialversicherung, die medizinische und soziale Unterstützung, die Auflösung des Arbeitsvertrages und die Entlassung sowie die Wiedereinstellung. Zu den bemerkenswertesten Punkten des Übereinkommens gehört die Bestimmung, dass ein unfreiwillig arbeitsloser Wanderarbeitnehmer eine gewisse Zeit im Gastland bleiben kann, um eine neue Stelle zu suchen. Ausserdem ist vorgesehen, dem Wanderarbeitnehmer ein effektives Rekursrecht an die rechtlichen und administrativen Behörden des Gastlandes zuzuerkennen, wenn ihm aus einem im Übereinkommen aufgeführten Grund die Aufenthaltsbewilligung entzogen wurde. Gemäss dem Übereinkommen muss die Familienzusammenführung innerhalb von zwölf Monaten stattfinden, wenn gewisse Bedingungen erfüllt sind. Allerdings könnte ein Staat, für den sich ausserordentliche Schwierigkeiten in bezug auf die Aufnahmekapazität ergeben, diese Frist verlängern, wobei die Möglichkeit einer solchen Verlängerung an eine Reihe genau bestimmter 836

Bedingungen geknüpft ist. Im übrigen findet dieses Übereinkommen auf Grenzgänger und Saisonarbeiter keine Anwendung.

In unserem letzten Bericht vom 2. Juni 1980 über die Schweiz und die Konventionen des Europarates (BB11980II 1527) haben wir festgestellt, dass die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit dieses Übereinkommens nicht klar gelöst werden konnte. Es wird daher den Gerichten jedes Vertragsstaates. zustehen, sich zu diesem Punkt zu äussern.

Wie das Bundesgericht in dieser Angelegenheit entscheiden würde, vermögen wir nicht zu beurteilen. Wie wir aber im obenerwähnten Bericht erklärt haben, ging die Ausarbeitung dieses Übereinkommens Hand in Hand mit derjenigen des neuen Ausländergesetzes, in welchem sich ähnliche Bestimmungen wie im Übereinkommen befanden. Nach einer Ratifikation dieses Instrumentes wäre es daher möglich gewesen, sich vor den Gerichten sowohl auf die Konvention als auch auf das Ausländergesetz zu berufen. Da nun aber das Schweizervolk in der Abstimmung vom 6, Juni 1982 das neue Ausländergesetz abgelehnt hat, muss die Lage in bezug auf dieses Übereinkommen von Grund auf erneut geprüft werden.

2311

Natur-, Landschafts- und Umweltschutz

2311.1

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 64

Europäisches Übereinkommen über die Beschränkung der Verwendung bestimmter Detergentien in Wasch- und Reinigungsmitteln (1968), (SR 0.814.226.29) Nr. 104 Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (1979), (SR 0.455)

2311.2

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 115

Protokoll über die Änderung des Europäischen Übereinkommens über die Beschränkung der Verwendung bestimmter Detergentien in Waschund Reinigungsmitteln (1983)

In Kraft getreten: noch nicht, erst nach drei Ratifikationen Unterzeichnet von; Bundesrepublik Deutschland, Schweiz, Niederlande Ratifiziert von: Dänemark, Vereinigtes Königreich Priorität für die Schweiz: A

(3) (2)

Das Protokoll ändert das Übereinkommen Nr. 64 in folgenden Punkten ab: - Die Ausweitung des Schutzzieles auf den Menschen und die Umwelt; - die Definition des Begriffes Detergens; - die Einführung von Ausnahmebestimmungen, wonach in gewissen Anwendungsbereichen, für die noch keine biologisch leicht abbaubaren Verbindun837

gen entwickelt werden können, Detergentien verwendet werden dürfen, die den allgemeinen Abbaubarkeitsanforderungen noch nicht genügen; - die Verpflichtung der Vertragsparteien, die Forschung zur Verbesserung der Methoden für die Prüfung der 'biologischen Abbaubarkeit voranzutreiben und die Forschung im Hinblick auf den Einsatz von Phosphaten in Waschmitteln zu verstärken.

Im Jahr 1975 ratifizierte die Schweiz das Europäische Detergentien-Übereinkommen (Nr. 64), welches die Vertragsparteien verpflichtet, dafür zu sorgen, dass keine Wasch- und Reinigungsmittel in den Handel gelangen, deren Detergentien nicht mindestens zu 80 Prozent biologisch abbaubar sind.

Nachdem in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ausser der Schweiz gehören ihr alle Vertragsparteien an) «Richtlinien zur Angleichung der Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten über die Methoden zur Kontrolle der biologischen Abbaubarkeit von Detergentien» erlassen worden waren, erschien eine teilweise Neuformulierung des Detergentien-Übereinkommens angezeigt.

Die Schweiz kann sich der in diesen «Richtlinien» der EG zum Ausdruck kommenden Politik und damit der Neuformulierung des Übereinkommens (durch das Änderungsprotokoll) anschliessen. Wir beabsichtigen daher, Ihnen das Protokoll Nr. 115 im Laufe der Legislaturperiode zur Genehmigung vorzulegen.

2312

Tierschutz

2312.1

Ratifizierte Übereinkommen

Nr. 65

Europäisches Übereinkommen über den Schutz von Tieren auf internationalen Transporten (1968), (SR 0.452} Nr. 87 Europäisches Übereinkommen über den Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (1976), (SR 0.454) Nr. 103 Zusatzprotokoll zum europäischen Übereinkommen über den Schutz von Tieren auf internationalen Transporten (1979) 2312.2

Nichtratifizierte Übereinkommen

Nr. 102

Europäisches Übereinkommen über den Schutz von Schlachttieren (1979)

In Kraft getreten: 11. Juni 1982 Unterzeichnet von: Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Schweiz, Vereinigtes Königreich (6) Ratifiziert von: Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Irland, Luxemburg, Norwegen, Portugal, Schweden (7) Priorität für die Schweiz: C Das Übereinkommen regelt unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes die Behandlung der Tiere der Pferde-, Rinder-, Schaf-, Ziegen- und Schweinegattung 838

sowie Kaninchen und Geflügel bei der Schlachtung, Es nennt die Anforderungen, welchen das Personal und die Schlachtanlagen sowie die Einrichtungen zum Ruhigstellen und Betäuben der Tiere genügen müssen.

Vor der Ratifikation müssen die Vollzugsvorschriften über den Tierschutz bei der Schlachtung in der Eidgenössischen Fleischschauverordnung vom 11. Oktober 1957 (EFV; SR 817.191) angepasst werden. Da aufgrund des Übereinkommens zahlreiche Anlagen zum Teil wesentlich baulich geändert werden müssen, ist es unerlässlich, dass eine Vernehmlassung bei den interessierten Organisationen durchgeführt wird. Ein allfälliger Genehmigungsantrag an das Parlament ist in dieser Legislaturperiode zu erwarten.

9788

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Anhang^ Politik der Schweiz im Bereich der Menschenrechte Ergänzungsbericht des Bundesrates vom 6. Juli 1983 an die Kommission des Ständerates für auswärtige Angelegenheiten (auszugsweise und mit den neuesten Angaben ergänzt) I. Ausgang und Auswirkungen einzelner Verfahren vor den Organen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) A. Allgemeines In seinem Bericht vom 6. Juni 1982 über die schweizerische Menschenrechtspolitik hat der Bundesrat festgehalten, dass seit der Anerkennung der Individualbeschwerde im Jahre 1974 238 Beschwerden gegen die Schweiz eingereicht worden sind; 19 davon wurden in der Folge von der Menschenrechtskommission als zulässig erklärt und von den Organen der EMRK auf ihre Begründetheit geprüft. Keines dieser Verfahren endete mit der Feststellung, dass die Schweiz die EMRK verletzt habe (BB1 1982 II 729 747-750).

Bis Ende 1983 ist das Total der gegen die Schweiz eingereichten Beschwerden auf 307 angestiegen. Zwei weitere Beschwerden sind als zulässig erklärt worden.

Am 25. März 1983 erfolgte die erste Verurteilung der Schweiz durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte: In seinem Urteil im Fall Minelli stellt der Gerichtshof fest, dass die Schweiz den Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt hat (Art. 6 Ziff. 2 EMRK.). In der gleichen Woche, am 24. März 1983, stellte auch das Ministerkomitee des Europarates eine Verletzung der EMRK durch die Schweiz fest. Im Fall Santschi und andere entschied es, dass der Oberauditor der Armee und der Vorsteher des Eidgenössischen Militärdepartementes (EMD) nicht Richter im Sinne von Artikel 5 EMRK seien. Nach den Bestimmungen des Militärstrafrechtes, die vor dem I.Januar 1980 in Kraft waren, entschieden der Vorsteher des EMD oder der Oberauditor in letzter Instanz über eine im Rahmen eines Disziplinarverfahrens ausgesprochene Freiheitsstrafe. Zu einem weiteren Urteil des Gerichtshofes kam es am 13. Juli 1983 im Fall Zimmermann/Steiner. Nach dessen einstimmiger Auffassung hat die Schweiz in dieser Angelegenheit den Anspruch auf Anhörung innerhalb angemessener Frist verletzt (Art. 6 Ziff. l EMRK). Das Bundesgericht hatte 3Vz Jahre gebraucht, um über eine von den Beschwerdeführern eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu entscheiden.

Auf die drei erwähnten Verfahren soll hier nachfolgend ausführlicher eingegan- · gen werden, geben sie doch interessante Aufschlüsse über die Wechselwirkung eines Verfahrens vor den EMRK-Organen und die zu treffenden innerstaatlichen Massnahmen,

'> Vgl. Ziff. 19 Est. e des vorliegenden Berichtes.

840

Im Falle der Militärbeschwerde (Santschi und andere) rechtfertigt es sich, etwas näher auf die Begleitumstände einzugehen, ist doch im Ständerat bei der Diskussion des Berichtes des Bundesrates über die schweizerische Menschenrechtspolitik auch zu bedenken gegeben worden, dass gewisse Konsequenzen, die sich aus der EMRK ergeben, unsere Landesverteidigung gefährden könnten (Amtl. Bull. S 1982, 577 f., 578 und 579).

Beschwerden gegen die Schweiz wurden in Strassburg verschiedentlich durch Soldaten eingereicht (Eggs, Sutter, Santschi und andere). Zu einer näheren Prüfung gelangten aber nur die Frage der letzten Instanz im Disziplinarverfahren mit Freiheitsentzug (Eggs, Santschi und andere) und die Frage der Öffentlichkeit der Verhandlungen und der Urteilsverkündung vor dem Militärkassationsgericht (Sutter).

Andere Beschwerdepunkte sind von den EMRK-Organen ohne weiteres abgewiesen worden. So ist die Menschenrechtskommission nicht auf die Beschwerden eingegangen, wonach beispielsweise die Haftbedingungen während des Vollzuges des scharfen Arrestes oder das Haarschnittreglement nicht mit der EMRK zu vereinbaren seien. Den Vorwurf eines Beschwerdeführers, die schweizerischen Militärgerichte seien nicht unabhängig und nicht unparteilich, hat die Kommission ebenfalls zurückgewiesen (s. Bericht vom 10. Oktober 1981 im Fall Sutter, S. 30).

Weil er den innerstaatlichen Instanzenzug nicht erschöpft hatte, konnte die Kommission auf die Beschwerde eines Schweizers nicht eintreten, der geltend machte, seine Verurteilung wegen Militärdienstverweigerung verstosse gegen die von Artikel 9 EMRK garantierte Glaubens- und Gewissensfreiheit. " Auch bei Erfüllung dieser Voraussetzung hätte über den Ausgang dieses Verfahrens kein Zweifel bestanden. In einer gegen Österreich eingereichten Beschwerde hat die Kommission unmissverständlich erklärt, dass Art. 9 die Staaten nicht dazu verpflichtet, den Status der Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen zu anerkennen, und sie auch nicht daran hindert, denjenigen zu bestrafen, der die Erfüllung seiner Militärdienstpflicht verweigert (Entscheid vom S.April 1973; Recueil 43, S. 161). *> Welche Konsequenzen haben sich nun für die Schweiz aus den Militärbeschwerden ergeben?

B. Direkte Konsequenzen

Der Fall Sutter, in dem es um die Öffentlichkeit der Verhandlung und der Urteilsverkündung geht, ist zurzeit noch vor dem .Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hängig. Das Urteil des Gerichtshofes ist auf Frühjahr 1984 zu erwarten.*) In ihrem Bericht vom 10. Oktober 1981 hat doch die Menschenrechtskommission ihrerseits mit 10 zu 8 Stimmen entschieden, dass ein Fehlen " Die Anmerkungen 1-8 finden sich am Schluss des Anhangs.

*> Die Urteilsverkündung durch den Gerichtshof erfolgte am 22. Februar 1984. In diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass die Garantie der Öffentlichkeit von Artikel 6, Ziffer l EMRK nicht verletzt worden ist, weder in bezug auf die Verhandlungen vor dem Militärkassationsgericht (einstimmig), noch in bezug auf dessen Urteilsverlesung (mit 11 zu 4 Stimmen).

34 Bundcsblatt. 136. Jahrgang. Bd. l

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der Öffentlichkeit im Verfahren vor Militärkassationsgericht Artikel 6 EMRK nicht verletzt.

In diesem Zusammenhang rechtfertigt es sich, kurz auf die Revision des Militärstrafrechts aus dem Jahre 1979 zu verweisen. Anlässlich der Beratungen der bundesrätlichen Botschaft vom 7. März 1977 über die Änderung des Militärstrafgesetzes und die Totalrevision der Militärstrafgerichtsordnung (BB1 197711 1) sind die parlamentarischen Kommissionen zur Überzeugung gelangt, dies offenbar unabhängig vom Verfahren Sutter^, dass wenigstens die Urteilsverkündung vor Militärkassationsgericht öffentlich erfolgen müsse. Das Parlament hat dieser Neuregelung (s. Militärstrafprozess vom 23. März 1979, Art. 48 in Verbindung mit Art. 189 Abs. l [SR 322.1]) zugestimmt und ist somit aus eigener Überzeugung über das von der Menschenrechtskommission als Minimalstandard geforderte hinausgegangen.

Im Zuge der Revision von 1979 ist auch neu aufgenommen worden, dass gegen Entscheide über DisziplinarbesChwerden, die auf einfachen oder scharfen Arrest lauten, der Bestrafte schriftlich Disziplinargerichtsbeschwerde an den Ausschuss des zuständigen Militärappellationsgerichts oder, in gewissen Fällen, an das Militärkassationsgericht erheben kann (Art. 212 MStG; SR 321.0), Als letzte Instanz entscheidet demnach nicht mehr der Oberauditor oder der Vorsteher des EMD, sondern ein Gericht. Diese Neuerung ist unbestritten auf Entscheide der EMRK-Organe zurückzuführen. Wegweisend war das Urteil des Gerichtshofes im Fall Engel gegen die Niederlande, wonach auch Disziplinarverfahren, die Freiheitsentzug zur Folge haben, den Anforderungen von Artikel 5 EMRK genügen müssen. Die gegen die Schweiz eingereichten Beschwerden Eggs und Santschi und andere waren eine logische Konsequenz dieses Urteils. Bundesrat und Parlament haben den Entscheid der EMRK-Organe in diesen Angelegenheiten gar nicht erst abgewartet, sondern haben die obenerwähnte Revision unter Bezugnahme auf das Urteil Engel in die Wege geleitet (BEI 7977II 2 und Amtl. Bull. N 1978 98). Entschieden wurden die gegen die Schweiz eingereichten Beschwerdeangelegenheiten durch das Ministerkomitee.

Im Fall Eggs hatte es sich damit begnügt, vom Bericht der Kommission, der eine Konventionsverletzung feststellte, Kenntnis zu nehmen. Im genau gleich gelagerten Fall Santschi und andere hingegen
hat sich eine Mehrheit im Ministerkomitee für eine Verletzung der EMRK ausgesprochen.

In beiden Fällen allerdings, und dies muss unterstrichen werden, hat es ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Schweiz mit der Revision von 1979 den konveritionswidrigen Zustand aufgehoben hat. Aus diesem Grunde auch hat es auf das Ergreifen weiterer Massnahmen verzichtet, die in einer Verpflichtung zur Leistung einer Entschädigung an die Beschwerdeführer hätten bestehen können.

Zu einer Verurteilung der Schweiz ist es am 25. März 1983 im Fall Minelli gekommen. Nach Auffassung des Gerichtshofes war die Auferlegung der Gerichtskosten und eines Teiles der Parteientschädigung im konkreten Fall nicht mit der Garantie der Unschuldsvermutung (Art. 6 Ziff. 2 EMRK) zu vereinbaren. Der Kostenentscheid des zürcherischen Gerichtes war damit begründet worden, «dass bei Nichteintritt der Verjährung der eingeklagte Artikel sehr

842

wahrscheinlich zur Verurteilung des Angeklagten geführt hätte». Nach Auffassung des Gerichtshofes sprach man sich damit zur Schuld des Beschwerdeführers aus, ohne dass er anlässlich einer Hauptverhandlung seine Verteidigungsinteressen hätte wahrnehmen können (§ 38 des Urteiles). Mit der Feststellung der Konventionsverletzung wurde die Schweiz verpflichtet, dem Beschwerdeführer den Betrag von 8668.65 Franken als Entschädigung für seine Kosten zu leisten.

Auch im Urteil Zimmermann/Steiner vom 13. Juli 1983 begnügte sich der Gerichtshof mit der Feststellung, dass die Dauer des Verfahrens unvereinbar mit Artikel 6 Ziffer l war und mit der Aufforderung an den beklagten Staat, den Beschwerdeführern die Verfahrehskosten zu ersetzen (2460 Franken). Hier, wie im Fall Minelli, hat er auf die Zusprechung einer Genugtuung ausdrücklich verzichtet.

( C. Weitergehende Auswirkungen?

Angesichts der eben geschilderten Fälle wird man kaum davon sprechen können, dass durch die gegen die Schweiz eingereichten Beschwerden unser Land zu Massnahmen verpflichtet worden wäre, die dessen Staatsstrukturen zuwiderliefen.

Ohne jeden Zweifel erfolgte der Anstoss zur Änderung von Artikel 212 des Militärstrafgesetzbuches durch die Rechtsprechung der EMRK-Organe. Die Revision selber geschah jedoch im normalen gesetzgeberischen Verfahren, bei dem das Parlament und der Souverän das letzte Wort behielten. Artikel 212 MStG war Gegenstand der parlamentarischen Beratung und war im Parlament der Abstimmung unterworfen; die revidierten Bestimmungen des Militärstrafgesetzes unterstanden, nach Annahme durch die Räte, dem fakultativen Referendum. Die Aufnahme der neuen Bestimmung über die Disziplinargerichtsbeschwerde hat, nach deren Inkrafttreten und nach den ersten gemachten Erfahrungen, in der Regel und in weiten Kreisen Zustimmung gefunden, 4) Es ist jedoch zuzugeben, dass sie, im Bereich des militärischen Disziplinarstrafrechts, eine Verlängerung des Verfahrens bewirkt, was die Ausübung der militärischen Kommandogewalt stark kompliziert.

Im Fall Minelli beschränkt sich das Urteil auf eine Zusprechung einer finanziellen Entschädigung. Die vom Gerichtshof an der Urteilsbegründung angebrachte Kritik bezieht sich auf die konkreten Umstände der vorliegenden Angelegenheit. Weder werden durch das Urteil Gesetzesbestimmungen des Kantons
Zürich noch die Praxis der zürcherischen Gerichte berührt, wonach einem Angeklagten, der nicht verurteilt wird, Kosten auferlegt werden können, wenn er das Strafverfahren durch ein verwerfliches oder leichtfertiges Benehmen verursacht hat. Der Prozessvertreter des Bundesrates hat vor dem Gerichtshof unterstrichen, dass diese Vorgehensweise in der Schweiz einer tiefverwurzelten Rechtstradition, sowohl im Bund als in den Kantonen, entspricht5) Der Gerichtshof hat dem Rechnung getragen (s. §§ 34 und 35 des Urteils).

Auch im Fall Zimmermann/Steiner hat sich der Gerichtshof einzig auf die konkreten Umstände der ihm vorliegenden Angelegenheit bezogen. Er hat die Konventionsverletzung festgestellt und den Beschwerdeführern eine Entschädigung zugesprochen. Weitergehende Massnahmen, wie etwa die Reorganisation des 843

Gerichtes oder die Revision der Verfahrensordnung, werden nicht angesprochen und bleiben der Prüfung des betroffenen Staates vorbehalten.

Mit der Leistung der Entschädigung hat die Schweiz ihre völkerrechtliche Pflicht in diesen Angelegenheiten erfüllt. 6> II. Bilanz der schweizerischen Erfahrungen mit der Europäischen Menschenrechtskonvention Neun Jahre nach Inkrafttreten der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Schweiz kann festgestellt werden, dass die Bilanz in hohem Masse positiv ist. Die Konvention hat sich bewährt. Im Gegensatz zu Befürchtungen, die gehegt wurden, hat sie mit Blick auf die Souveränität für unser Land keinerlei negative Konsequenzen mit sich gebracht; auch hat sie unsere Staatsstrukturen nicht beeinträchtigt. Das Bundesgericht ist der Auffassung, dass für die Interpretation der geschriebenen und ungeschriebenen Verfassungsrechte die entsprechenden Garantien der Konvention herbeizuziehen sind. Diese Bestimmungen haben nur dann eine selbständige Bedeutung, wenn der dem Individuum garantierte Schutz über das hinausgeht, was das Verfassungsrecht gewährleistet; sie gestatten es hingegen, das Verfassungsrecht zu konkretisieren und müssen zur Interpretation und Anwendung desselben herbeigezogen werden (s. z.B.

BGE 702 I a 283). In den allermeisten Fällen, die das Bundesgericht zu beurteilen hatte, kam es zum Schluss, dass der von der Konvention gewährte Schutz nicht weiterreichte, als derjenige unserer Verfassungsnonnen.7) Gestützt auf die gemachten Erfahrungen hat der Bundesrat die Anerkennung der Individualbeschwerde mit Wirkung ab 28. November 1983 für einen Zeitraum von drei Jahren erneuert (AS 1983 1592; SR 0.101). Die Kompetenz dazu ist ihm anlässlich der Genehmigung der EMKR am 3. Oktober 1974 vom Parlament übertragen worden (AS 1974 2148). Der Bundesrat ist nach wie vor der Überzeugung, dass die Individualbeschwerde ein sehr wertvolles Instrument ist, und er teilt die Auffassung, dass das Selbstvertrauen eines Staates, der sich der Individualbeschwerde öffnet, weit höher zu veranschlagen ist als das eines Staates, der sich dieser Einrichtung verschliesst. s>

844

Anmerkungen V B. gegen die Schweiz, Beschwerde Nr. 9450/81 (nicht veröffentlicht).

Die von der Europäischen Menschenrechtskommission vorgenommene Interprétation ist rechtsverbindlich, figuriert sie doch in einem verfahrensabschliessenden Entscheid (Erklärung der Unzulässigkeit); hingegen haben keinen bindenden Charakter die Resolution der parlamentarischen Versammlung des Europarates zu Artikel 9 EMRK und der Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen (s.u.a. die Resolution 337 (1967) und die am 7. Februar 1983 vom Parlament der Europäischen Gemeinschaften verabschiedete Resolution). Siehe auch den Zulässigkeitsentscheid der Europäischen Menschenrechtskommission vom S. Juli 1977 zur Beschwerde Nr. 7705/76, Décisions et Rapports Nr. 9, S. 196.

3 > Der Zulässigkeitsentscheid der Europäischen Menschenrechtskommission im Fall Sutter wurde am 1. März 1979 getroffen.

4 ) Siehe dazu den Kommentar der «NZZ» vom 2. Dezember 1981 über den Kompanieabend von Villeret und den Bericht im «Bund» vom 9. März 1983 über den Dienstrapport des Divisionsgerichtes 10 B.

3 > Siehe dazu BGE 707 la 166.

') Das Ministerkomitee des Europarates, das die Durchführung der Urteile des Gerichtshofes überwacht (Art. 54 EMRK), hat im Fall Minelli (Resolution DH (83) 10 vom 10. Juni 1983) und im Fall Zimmermann/Steiner (Resolution DH (83) 17 vom 9. Dezember 1983) festgestellt, dass die Schweiz ihren Verpflichtungen nachgekommen ist und hat das Überprüfungsverfahren abgeschlossen. Der Wortlaut der beiden Resolutionen wird in der Verwaltungspraxis der Bundesbehörden (VPB), 1983, 47/IV, veröffentlicht werden, Heft, das ausschliesslich der EMRK gewidmet wird.

7 > Siehe allerdings BGE 105 la 396. Das Bundesgericht hat erklärt, dass der Angeklagte gestützt auf Artikel 6 Ziffer 3 Buchstabe d EMRK unter Vorbehalt gewisser Ausnahmen den Anspruch hat, wenigstens einmal während des Verfahrens der Einvernahme eines Belastungszeugen beizuwohnen oder aber nach Einsicht in das Einvernahmeprotokoll schriftlich Ergänzungsfragen an diesen stellen zu können. Unter den jüngsten Entscheiden des Bundesgerichts betreffend die Artikel 5, 6 und 8 der Konvention, siehe hauptsächlich: BGE 108 la 90, 178; 107 la 138, 148, 163, 166; 707 II 301; 106 la 136, 219 und 277.

8 > Intervention des vormaligen deutschen Bundesjustizministers Hans-Jochen Vogel
anlässlich des fünften internationalen Kolloquiums über die EMRK vom 9. bis 12. April 1980 in Frankfurt am Main: «Gegenüber Zweifeln, die etwa gegenüber dem Individualbeschwerdeverfahren auch in neuester Zeit geäussert worden sind, darf ich für die Bundesregierung feststellen: Trotz eines ausgebauten nationalen Rechtsschutzes empfinden wir es als eine Hilfe und nicht als eine Belastung, dass unsere nationalen Entscheidungen auch noch von einer europäischen Instanz geprüft werden können.

Denn die grosse Mehrzahl der Beschwerden hat ergeben, dass unsere Gesetze und Entscheidungen dem europäischen Standard voll entsprechen. Und in den wenigen Fällen, in denen wir nicht obsiegten, waren - das muss zugegeben werden - Korrekturen durchaus am Platze; Korrekturen, die sich übrigens auf Grund eines Spruches der Kommission oder des Gerichts meist leichter verwirklichen lassen. Manche meinen, mit der Souveränität, mit dem Selbstbewusstsein eines Staates sei das Institut der Individualbeschwerde nicht leicht zu vereinbaren. Ich bin anderer Ansicht. Meines Erachtens ist das Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen eines Staates, der sich der Individualbeschwerde öffnet, deutlich höher zu veranschlagen als das eines Staates, der sich dieser Einrichtung verschliesst.» 2)

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Dritter Bericht über die Schweiz und die Konventionen des Europarates vom 22. Februar 1984

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1984

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