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Schweizerisches '

udesblatt.

Jahrgang VII. Band I.

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Samstag, den 13. Januar 1855.

Man abonnirt ausschließlich beim nächst gelegenen Postamt. Preis sür das Jahr 1854 im ganzen Umfang« der Schweiz p o r t o f r e i 4 Franken. Inserate sind f r a n t i r t an die Expedition einzufendeu.

Gebühr 15 (Centimen per Zeile oder deren Raum.

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Mehrheit der nationalräthlichen Kommission, betreffend den Vorschlag des Bundesrathes wegen Aushebung des Einfuhrzolles auf Getraide und

Mehl «.

(Vom 10. Dezember 1854.)

Tit.

Die Ansichten der Mitglieder, welche mit der Vor* .Prüfung diefes Gegenstandes beauftragt wurden, find

getheilt.

Ein Mitglied will den Vorschlag des Bundesrathes adoptiren, mit der Modifikation, daß die Zeit der Zollsreiheit vom 1. Jänner bis 31. Iuli 1855 bestimmt werde.

Diefes Mitglied begründet feine Anficht mit dem Saze, daß jeder Zoll, überhaupt jede Auflage auf ein Produkt, von dem Konfumenten getragen werde; folglich müsse .-auni.'-.tjbia.î. Jahrg. VII. Bù. I.

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jede Ermäßigung der Auflage, auch wenn fie noch so gering fei, diefem natürlichen Grundsaze nach dem Konsumenlen zu gut kommen. Aber auch, wenn diefe Vorausfezung im vorliegenden Falle nicht richtig wäre, fo stehe dennoch bei dem Volke der Glaube fest, daß der Zoll, so gering er auch sei, die Preise der Lebensrnittel erhöhe, un des sei klug, dieser Volksanschauung Rechnung zu tragen.

Die übrigen Mitglieder der Kommisfion find der Anficht, daß die gleichen Gründe, welche srüher schon die Versammlung zu der Schlußnahme führten, die beantragte Aufhebung des Getraidezolles zu verwerfen, auch jezt noch vorhanden seien, und zwar eher im »er* mehrten als verminderten Verhältnisse.

Bcrükfichtigt man für's Erste die finanziellen Ver.« hältnisse der Eidgenossenfchaft, so erklärt uns der Bun* desrath in seinem Berichte, daß die Iahresrechnung pro 1854 voraussichtlich keinen oder doch nur einen geringen Ueberschuß der (.sinnahmen verzeigen werde. Das Budget für das Iahr 1855 weife zwar einen Gesammtvorschnß von Fr. 990,000; allein über Fr. 163,000 davon seien durch bereits verlangte Nachtragskredite in Ani'pruch genommen. Für die Einführung der Iägerflinte wird an die Kantone eine Vergütung von eirea Fr. 45,000 zu verabreichen sein. Die ungünstigen Handelsverhällnisse stellen eine Mindereinnahme auf den Zöllen von weniggr. 200,000 in Ausficht. Der Ausfall, welchen die Aufhebung der Lebenömitte.'.ölle zur Folge hätte, würde für 7 Monate eirea gr. 378,000 betragen, und esb lieben ipann von dem ©csammtvorschlage des Budget nur noch Ör. 204,000 übrig, was ganz unzureichend wäre, um eie jedes Jahr notwendigen Nachtragskredite zu deken; und insbesondere würde es ganz unmöglich werden, die Un-

41 terflitjungen zu realifiren, die mehrfach für öffentliche

Werke in Ausficht gestellt wurden.

Nebenbei müssen die gegenwärtigen Verhältnisse Euro...jja's auch berükfichtigt werden. Niemand weiß, wie'sich dieselben in nächster Zukunft entwikeln, und in welcher Weife etwa die Schweiz durch dieselben berührt werden könnte. Hierin liegt eine fehr ernste Aufforderung an uns, die finanziellen Kräfte möglichst zu schonen und die* ·selben nicht unnöihig zu schwächen.

Bei diefem Zustande unserer Finanzverhältnisse hält es die Mehrheit der Kommission nicht für rathsam, aus bloßer Rükficht für die hin und wieder ausgesprochenen Wünsche des Volkes oder einzelner Regierungen einen so bedeutenden Ausfall in den Zolleinnahmen zu veran* laßen; fie feinde dieses nur dann gerechtfertigt, wenn durch die vom Bundesrathe beantragte Erleichterung in Wahrheit eine Ermäßigung der Sebensmittelpreife erzielt werden könnte.

Der Saz der Minderheit, daß alle Zölle und Auflagen auf ein Produft von dem Konsumenten bezahlt werden müsse, ist im Allgemeinen gewiß richtig, und es wäre sogar möglich, daß die Beseitigung unserer so geringen Zölle auf Lebensrnitteln dem Konsumenten zu gut kämen, wenn fie auf längere Zeit oder auf immer beseitigt würden; daß aber eine bloß vorübergehende Maßregel keinen Einfluß auf die Getraidepreife, keinen Einfluß zur Vermehrung der Zufuhren bewirken könne, davon ist die Mehrheit der Kommission vollständig über* zeugt; das wird von allen mit dem Gegenftande vertrau* ten Männern anerkannt, und dieß spricht auch der Bun.5 desrath in seinem Berichte aus. Man ist einverstanden, daß der Vortheil großenthefls den Händlern und Spe* kulanten, den Müllern oder Bäkern, aber'nicht den

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Konsumenten zu gut käme. 15 Rappen Zoll vom Zentner Getraide machen bloß etwa 1/2 % des Werthes aus und bringen auf das Pfund Brot nicht ganz den siebenten Theil eines Rappens, alfo einen Bruchtheil, der sich nicht wirksam zeigen kann. Eine Differenz von 15 R», kann bei dem sonstigen Wechfel der Preise, den ...trans·portkosten, dem Geld- und Wechfelkurfe u. s. w. gar nicht in Berükfichtigung fallen.

Dem Vorschlage des Bundesrathes treten noch andere Bedenken entgegen: Vorerfi ist es immer bedenklich, durch einen Einbrach in das Zollsystem die Begehrlichkeit zu weken. Ss sind bereits Stimmen laut geworden, die nicht nur aus dem Getraide und Mehl, sondern auch auf andern Gegenständen eine Ermäßigung oder Aufhebung des Zolles verlangen.

Sodann hat die Erfahrung bei einigen Stachbarstaaleu gezeigt, daß solche außerordentliche Maßregeln sehr oft den beabsichtigten Zwek verfehlen. Sie rufen nur auf eine kurze Zeit einige Fluktuationen hervor; aber bald stellt fich das alte Verhältniß wieder her. Oft wird îs noch schlimmer als vorher, weil ungewöhnliche Maßregeln der Regierungen die Spekulation in ihren Berechnungen stören.

Endlich steht zu besorgen, daß die Aufhebung der schweizerischen Einfuhrzolle die .Nachbarstaaten ju Gegenmaßregeln provoziren wurden. Auch diefes Bedenken ist den Betrachtungen des Bundesrathes nicht entgangen; allein derselbe hat geglaubt, die Maßregel werde vielleicht jezt noch weniger Aufsehen erregen als später. Wenn man aber berükfichtigt, daß schon jezt mehrere Staaten, und ·namentlich auch das Gränzland .Frankreich, ein Ausfuhr*

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«erbot erlassen haben, so muß man befürchten, es bedürfe nur einer geringen Veranlassung, um bei den deutschen Nachbarstaaten gleiche Maßregeln hervorzurufen. Viel* leicht wäre ihnen ein Beschluß der Bundesversammlung als Vorwand dazu sehr willkommen; und wenn wir eine solche Maßregel damit nur 14 Sage früher herbei führen, als sie sonst erfolgen würde, so wäre unser Verluji größer als die ganze Erleichterung des Zollnachlasses.

Aus allen diefen Gründen beantragt die Mehrheit der Kommission, auf den Vorfchlag des Bundesrathes ·nicht einzutreten. *) Zum Schlüsse muß noch bemerkt werden, daß ein Mitglied der Kornmisfion anfänglich geneigt war, ben Zoll auf dem Mehl auf die Hälfte, also auf 25 Cent, gu ermäßigen. Allein in Berükfichtigung, baß viele der ©ründe, welche gegen die Aufhebung des Zolles sprechen, auch gegen theilweise Ermäßigung wirksam find; ferner, baß dis Zufuhr von Mehl bei gegenwärtigen Verhältnissen sehr gering sein wird, «nd darum kaum in Betracht falle; in Berükfichtigung endlich, daß gerade um der dürftigen Klasse willen, welche auf die geringem Mehlsorten angewiesen ist, eine relative Vermehrung der Mehlzufuhr nicht wünfchenswerth erscheint.

Diese Gründe bewegen das betreffende Mitglied der Kommisfion, von feiner Anficht abzugehen und sich unbe.dingt dem Antrage der Mehrheit anzuschließen.

B e r n , den 10. Dezember 1854.

Namens der Kommission:

©. Jog«--/ F«ïs.mch.

*) Die beiden gesejgebenden 9iäÜ.e haben den obigen Verschlag an« genommen. (S. eidg Gesezsainmi. Bd. V, S. 12.)

44 Bundesrathsbeschluß, betrejfend

Abänderung des Zollansazes aus Eisen, (Vom 10. Januar 1855.)

Der schweizerische Bundesrath, in Berüfftchtigung der seit dem Inkrafttreten des schweizerischen Zolltarifs eingetretenen außerordentlichen Umstände, bezüglich der veränderten Preisverhältnisse des Eifcns, und in Anwendung des Artikels 34 des

Zollgesezes vom 27. August 1851 (eidg. Gesezsamml.

Bd. II, S. 544); auf den Antrag des Handels- und Zolldesartements, beschließt: 1. Der im offiziellen Zolltarif für die Einfuhrab-

theilung c. H, Klasse 4 (eidg. Gesezsamml. Bd. n,

S. 560) aufgestellte Werth von 14 Franken für E i f e n , g e s c h m i e d e t e s , g e z o g e n e s oder g e w a l z t e s i(i sür einsweilen auf 18 Franken erhöht, so daß die genannte Qualität Eisen bis auf den gedachten îBerth von gr. 18 der Zentner bis auf Weiteres dem Zollanfaze der v i e r t e n Klasse mit 75 Rappen unterliegt.

2. Dieser Beschluß ift der h. ...Bundesversammlung bei ihrer nächsten Zusammenkunft zur Kenntniß zu bringen, und ihrer ©enchmigung zu unterlegen.

3. Das Handels- und Zolldepartement ist unterdessen mit der Vollziehung beauftragt.

B e r n , ben 10. Iäuner 1855.

Im Namen des schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Dr. Furnr.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

(Schieß.

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Bericht der Mehrheit der nationalräthlichen Kommission, betreffend den Vorschlag des Bundesrathes wegen Aushebung des Einfuhrzolles auf Getraide und Mehl u. (Vom 10.

Dezember 1854.)

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13.01.1855

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