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Bericht der

nationalräthlichen Kommission über die Geschäftsführung und die Rechnung der Alkohol Verwaltung pro 1891.

(Vom 1. November 1892.)

Tit.

Die Bundesversammlung hat bei der Berathung der Geschäftsberichte pro 1889 und 189U eine Reihe VOD Postulateli aufgestellt, welche im Geschäftsberichte pro 1891 vom Bundesrathe unter dorn Abschnitte ,,2. Gesetzgebung" aufgezählt werden; es sind deren 7; sie sind im Berichtsjahre nicht zur Erledigung gekommen aus den Gründen, die der Bundesrath im Berichte bei den einzelnen Abschnitten anführt und die wir als richtig anerkennen. Wir begnügen uns, den Wunsch auszusprechen, es möchte der Bundesrath für thunlichs baldige Behandlung bemüht sein, und verzichten auch darauf, in unserm diesjährigen Berichte neue Postulate zu stellen.

Zu den einzelnen Abschnitten haben wir nur wenige Bemerkungen zu machen, die sich zum Theile an die früher gestellten Postulate anschließen.

3. Organisation und Personelles.

Der Bericht enthält eine Aufstellung über die Kosten der einzeln Depots ; der Vergleich mit dem Umsätze dieser Depots zeigt, daß Kosten und Umsatz nicht überall im gleichen Verhältnisse stehen; wir nehmen an, die Verwaltung werde durch thunlichst Reduktion der Kosten dieses Verhältniß allmäli ausgleichen.

5. Einkauf der Inlandswaare.

Da in den nächsten Jahren die Verträge mit den Brennloos Inhabern successive zum Ablauf kommen, haben wir dieselben einer

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genauem Einsicht unterworfen und sind zu folgenden Bemerkungen gekommen, welche bei der Erneuerung der Verträge zu berücksichtigen wären: Die Begünstigungen der Brennereien mit Jahresbetrieb sollten sowohl mit Bezug auf die Brennzeit, als auch mit Bezug auf die Bewilligung, ausländisches Material zu brennen, möglichst reduzirt werden im Sinne einer Gleichstellung mit den übrigen Brennereien.

Die Brennereien, welche ausschließlich inländisches Material brennen, sind in erster Linie zu berücksichtigen, und es ist das Brennen ausländischen Materials nur in Jahren mit schlechtem inländischen Ertrage zu gestatten.

Brennereien, deren baulicher Zustand mangelhaft ist und bei denen infolge dessen auch nicht die gehörige Ordnung und Reinlichkeit gehandhabt werden kann, sollen bei Vergebung der Loose nur in beschränktem Maße berücksichtigt werden, es sei denn, daß sie bauliche Aenderungen nach den heutigen Anforderungen vornehmen.

Es soll darauf Bedacht genommen, werden, daß der Preis des inländischen Sprites möglichst niedrig gestellt werden kann.

6. Einkauf der Auslandswaare.

Der Bericht gibt interessante Mittheilungen über das Vorgehen der Verwaltung beim Einkauf der Vorräthe im Auslande und über die Preisverhältnisse; es ergibt sich daraus, daß die Verwaltung bis jetzt bei ihrem Bestreben, günstige Einkaufspreise zu erzielen, erfolgreich war; es ist aber klar, daß bei einem Artikel, welcher so sehr der Spekulation unterworfen ist, nicht immer der günstigste Moment wird herausgegriffen werden können; es bleibt deshalb immer das Ziel für eine Organisation der Verwaltung, Mittel zu finden, um einerseits die Verantwortlichkeit nicht auf wenige Personen zu konzentriren, anderseits nicht durch eine zu umständliche Bemessung, der Kompetenzen ein rasches und zweckmäßiges Entschließen zu erschweren; vielleicht würde die Bezeichnung einiger Experten, die der Verwaltung für den Einkauf beizuordnen wären, dem Zweck am besten dienen.

7. Fürsorge fUr die Reinheit der gebrannten Wasser.

Die Kommission wiederholt die im letzten Jahre ausgesprochene Ansicht, daß die Klagen über mangelhafte Qualität des Trinkbranntweins nicht, der Alkoholverwaltung aufgebürdet werden können ; sie treffen vielmehr den Zwischenhandel. Durch Art. 4 des BunBundesblatt. 44. Jahrg. Bd. V.

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798 desgesetzes, welcher der Verwaltung verbietet, Quantitäten unter 150 Liter zu verkaufen, ist derselben das wirksamste Mittel, diese Uebelstände zu beschränken, versagt, weil der Private in der Regel Quantitäten von 150 Liter nicht auf einmal verwenden kann; vielleicht könnte dadurch abgeholfen werden, daß das Quantum von 150 Liter in zwei Fässern geliefert würde; auch ist der Bezug von Branotwein für die Bezüger, die von einer Bahnstation entfernt sind, ziemlich umständlich, indem die gekaufte Waare an einem bestimmten Tage an der Station wieder geholt werden muß; es fragt sich, ob die Verwaltung nicht an Endstationen, die größere Landestheile zu bedienen haben, Agenten bezeichnen sollte, welche Bestellungen von einzelnen Fässern aus einem kleinen Depot sofort effektuiren könnten ; der Zwischenhandel behauptet namentlich deshalb seine Stellung, weil er die Kunden coulanter bedienen kann.

8. Verkauf von Spiritus und Sprit zu Trinkzwecken.

Mit der obigen Anregung hängt die andere bei diesem Abschnitte in der Kommission gemachte zusammen, die Verwaltung möge den Bestellern^ dadurch entgegenkommen, daß sie für Zahlungen nicht nur Cheeks auf Bern, sondern auch solche auf andere Schweizerplätze annehme.

11. Verkauf von gebrannten Wassern zu technischen und Haushaltungszwecken.

Der Absatz an denaturirter Waare ist im Berichtsjahre gegenüber dem Vorjahre ganz erheblich gestiegen, nämlich um 6000 Meterzentner oder um 16 Meterzentner per Tag (30,450 gegen 24,500). Es wird sich kaum daran zweifeln lassen, daß diese Zuntthtne zum Theil mit den Manipulationen zusammenhängt, durch welche in gesetzwidriger Weise der denaturirte Sprit renaturirt wird. Die Alkoholverwaltung gibt sich alle Mühe, diesem betrügerischen Vorgehen entgegenzuwirken ; es ist dieß aber eine ihrer schwierigsten Aufgaben, und die Kommission glaubt, daß die Kautone in ihrem eigenen Interesse die Alkohol Verwaltung unterstützen sollten; es könnte dieß namentlich in der Weise geschehen, daß die kantonalen Behörden zur Ueherwachung der Bezüger von größern Quantitäten denaturirten Sprites in Bezug auf deren technische Verwendung sich autorisiren ließen. Da zur Zeit der der inländischen Produktion vorbehakene Viertheil mit Ausschluß des Bedarfes an denaturirtem Sprite berechnet wird, hat das betrügerische ßenaturireu auch eine Benachtheiligung der inländischen Brennerei zur Folge.

799 Die Kommission wird bei der Berathung des Budgets pro 1893 einen Antrag stellen, welcher der Alkoholverwaltung die Bekämpfung des Mißbrauches noch mehr als bisher ermöglichen soll.

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12. Expropriation.

Der Bericht enthält eine Reihe einläßlicher Aufstellungen über das bei Einführung des Monopols nöthig gewordene Expropriationsverfahren, verschiebt aber den eigentlichen Schlußberieht auf das nächste Jahr, weil immer noch einige Entschädigungsforderungen unerledigt sind; infolge dessen hält es auch Ihre Kommission für richtiger, die Besprechung dieser Angelegenheit auf das nächste Jahr zu verschieben, immerhin in der bestimmten Erwartung, daß im nächsten Geschäftsberichte dieselbe zur Erörterung komme, auch wenn noch einige Fälle nicht erledigt wären. Die Totalsumme der Expropriationsentschädigungen beläuft sich auf Fr. 4,037,950. 89.

13. Kleinhandel.

Der Bundesrath hat anläßlich einer Anfrage bei den Kantonen über die Behandlung des Getränkes Wermuth durch die kantonale Getränkepolizei sich überzeugt, wie verschiedenartig von den Kantonen vorgegangen wird und wie wünschbar eine einheitliche Ordnung dieser ganzen Materie ist Wir nehmen an, daß diese wichtige Frage nach Eingang der kantonalen Berichte zu der von der Bundesversammlung angeordneten Enquête über die kantonale Beaufsichtigung von Fabrikation und Handel mit gebrannten Wassern zur Erörterung kommen müsse.

14. Strafbestimmungen.

Die Darlegungen des Geschäftsberichtes zeigen, daß der Durchführung der Strafbestimmungen und der Meldung der Strafurtheile an die Bundesbehörden seitens der Kantone etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, als früher; doch könnte ohne Zweifel noch mehr geschehen. Die Hauptschwierigkeit liegt offenbar darin, daß vielerorts die Grenze zwischen eidgenössischen und kantonalen Kompetenzen, mit andern Worten die Grenze zwischen eidgenössischer Alkoholpolizei und kantonaler Wirthschaftspolizei gesetzlich nicht klar gezogen ist, oder in der Praxis nicht klar erkannt wird; unter dieser Unsicherheit leidet naturgemäß die Alkoholpolizei; es wird auch dieser Punkt nach Eingang der obenerwähnten Berichte der Kantone zu einläßlicher Erörterung gebracht werden müssen.

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16. Rechnung und Bilanz.

Das Rechnungswesen und die Jahresrechnung ist von einem Ausschuß Ihrer Kommission einer eingehenden Untersuchung unterworfen worden, und es hat dieselbe gerne die Ordnung im Rechnungswesen und die Richtigkeit der Rechnung konstatirt. Ueber die schon früher angeregte Frage einer größeren Selbständigkeit der Alkoholverwaltung gegenüber der eidgenössischen Staatskassenverwaltung wird bei der Vorlage des Organisationsgesetzes der Alkoholverwaltung zu entscheiden sein.

17. Schlußerörterungen.

In der Zusammenstellung des muthmaßlichen Trinkkonsums gebrannter Wasser findet sich ein Druckfehler (Seite 134 sollte es statt 199,741 heißen 196,741)5 derselbe übt auf die übrigen Zahlen keinen Einfluß. Die Statistik, die nicht ganz genau sein kann, würde ergeben, daß der Trinkkonsum wie im letzten Jahre 6 Liter per Kopf der Bevölkerung betragen hätte.

Das Erträgniß des Monopols beläuft sich auf etwas über 6 Millionen Franken nach Abzug einer Amortisation von Fr. 590,000, welche bekanntlich von der Bundesversammlung vor einem Jahr als regelmäßige Quote bis Ende 1898 festgestellt worden ist; der Mehrertrag gegenüber dem Budget beträgt rund Fr. 183,000.

Den Kantonen ist ihr Betrefiniß in drei Raten regelmäßig ausgewiesen worden.

Ihre Kommission beantragt Ihnen folgende Beschlußfassung: Der Geschäftsführung und der Rechnung der Alkoholverwaltung pro 1891 wird die Genehmigung ertheilt.

B e r n , den 1. November 1892.

Namens der Kommission, Der Berichterstatter:

Dr. Paul Speiser.

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Bericht der nationalräthlichen Kommission über die Geschäftsführung und die Rechnung der Alkoholverwaltung pro 1891. (Vom 1. November 1892.)

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14.12.1892

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