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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von der Wengernalp (Kleine Scheidegg) auf den Eiger (Eigerbahn).

(Vom 19. Mai 1892.)

Tit.

Unterm 12. Februar d. J. reichten die Herren E m i l S t r ü b und H a n s S t u d e r , Ingenieure in Interlaken, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, ein K o n z e s s i o n s g e s u c h ein für den Bau und Betrieb einer Zahnrad- und Seilbahn von der W e n g e r n a l p (Kleine Scheidegg) auf den E i g e r .

In ihrem allgemeinen Berichte weisen die Petenten zunächst darauf hin, daß die Projekte für eine Jungfraubahn s. Z. in engem und weitern Kreisen warm begrüßt worden seien, ihre Ausführung aber hauptsächlich wegen der dafür beanspruchten großen Geldmittel noch nicht habe begonnen werden können.

Inzwischen sei die Wengernalpbahn in Angriff genommen worden, die nächstes Jahr in Betrieb gesetzt werde und bei ihrem höchsten Punkte, der 2064m über Meer gelegenen Station Scheidegg, nahe am Eiger vorbeiführe. Es sei deßhalb der Gedanke nahe gelegen, die Wengernalpbahn, welche beinahe die Hälfte der Höhendifferenz zwischen Lauterbrunnen und der Eigerspitze überwinde, bis auf den Gipfel dieses Berges fortzuführen,, der nach dem Ausspruche beinahe aller Besteiger des Eigers und der Jungfrau letzterer an Großartigkeit, und Schönheit der Fern- und Rundsicht zum Mindesten gleichkomme.

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Bei einer Bahnanlage auf einen der höchsten Gipfel der Alpen, bei der man die Rentabilitätsberechnung nicht auf greifbare Erträgnisse, sondern auf Wahrscheinlichkeiten und Voraussetzungen stützen müsse, sei in erster Linie geboten, die Anlagekosten so niedrig zu halten, als dieß mit der Sicherheit des Betriebes überhaupt vereinbar sei. Diesen Vortheil verhältnißmäßig geringer Baukosten besitze eine Bahn auf den Eiger, namentlich gegenüber der projektirten Jungfraubahn, in hohem Maße. Ferner fielen noch folgende Vorzüge der Eigerbahn schwer in's Gewicht: Sie alimentire in hohem Grade die Wengernalpbahn ; der Uebergang in die dünnern Luftschichten geschehe ganz allmählig; die Zwischen- und Aussichtsstationen mit den relativ kurzen Tuuuels gewährten eine angenehmere und genußreichere Fahrt als der projektirte Jungfraubahntunnel.

Dazu komme noch der vortheilhafte Umstand, daß Passagiere, die für ihr Wohlbefinden in der dünnern Luftschicht der Eigerspitze furchten, schon in einer Höhe von 2990 und 3470m aussteigen und von dort aus eine wundervolle Fernsicht genießen können. Endlieh sei der Gipfel des von Nebel viel freiem Eigers wegen seiner bedeutend größern Ausdehnung weit geeigneter für Anlage einer Station als derjenige der Jungfrau, wo ein Plateau erst künstlich erstellt werden müßte.

In technischer Hinsicht sei zu bemerken, daß der Bau der Bahn keine außerordentlichen Schwierigkeiten bieten werde und dali der Tunnel gleichzeitig an verschiedenen Punkten in Angriff genommen werden könne. Da dieser durchgehends unter einein schmalen, stark vortretenden Felsgrat zu liegen komme, könnten zahlreiche Seitenstollen eingetrieben werden ; auch sei ein Zusammentreffen des Tunnels mit dem Eise ausgeschlossen.

Nach dem technischen Bericht zerfällt die projektirte Bahn in zwei Sektionen.

Die erste Sektion zweigt von der Station Scheidegg der Wengernalpbahn (2064TM ü. M.) ab und steigt rechts neben dem Fallbodenhübel vorbei bis an den Fuß des Rothstockes, eines Ausläufers der Eigerkette (Station 2355m ü. M.). Ihre Länge beträgt 190üm, die Höhendifferenz 291m, die Maximalsteigung 25 °/o. Sie ist wie die Wengernalpbahn mit Spurweite von 0,som und als Zahnradbahn projektirt. Unterbau, Oberbau und Rollmaterial sollen nach den Normalien der Wengernalpbahn ausgeführt werden.

Die zweite Sektion nimmt ihren Anfang
bei der obern Station der Zahnradbahn und führt längs des westlichen Kammes des Eigers in einem Tunnel nahezu geradlinig bis zur Spitze des Eigers. Es ist in Aussicht genommen, diese Strecke mit zwei Drahtseilbahnen zu betreiben, von denen die untere, 1100m lang, nach dem System.

139 der Biirgenstockbahn, jedoch zur möglichsten Herabminderung von größern Differenzen der Betriebskraft mit einem leichten Gegenseil, die obere, 1700m lang, nach dem System der Salvatorebahn geplant ist.

Die Höhendifferenz der zweiten Sektion beträgt total 1615m, die Maximalsteigung 60 %, die Spurweite l m . Vorgesehen sind zwei Zwischenstationen, die eine am obern Ende der untern Seilbahn, 2990TM ü. M., die andere in der Mitte der obern Seilbahn, 3470m ü. M., welche zugleich als Umsteig- und Aussichtsstationen dienen.

Für den Oberbau sind Vignolschienen und eiserne Querschwellen vorgesehen, die in Betonguß versenkt und mit dem Unterbau verankert werden. Seitlich des Geleises soll eine durchgehende, in den Felsen gehauene Steintreppe erstellt werden. Die Wagen erhalten uur eine Klasse und werden mit 2 Plattformen und 5 Coupés für je 8 Personen ausgeführt und elektrisch beleuchtet werden.

Sie erhalten eine automatische und eine Handbremse. Für die nöthigen Signalvorrichtungen soll ausreichende Vorsorge getroffen werden.

Es ist für die zweite Sektion elektrischer Betrieb in Aussicht genommen. Die nöthige Kraft liefert das Wasser der Lütschine bei Burglauenen, von wo eine Leitung zu den Sekundärstationen erstellt würde. Im Falle von Störungen an der elektrischen Anlage oder bei Vornahme von Reparaturen würden Reservelokomobile in Betrieb gesetzt, welche bei den Umsteigstationen aufzustellen wären.

Die Kostenberechnung veranschlagt für : Verwaltung, Kapitalbeschaffung und Bauzinsen . Fr. 500,000 Projektverfassung und Bauleitung ,, 120,000 Grundervverb ,, 10,000 Unterbau 2,300,000 fl Oberbau ,, 280,000 Hochbau ,, 80,000 Telephon, Signale ,, . 25,000 Mechanische Einrichtungen ,, 240,000 Rollmaterial ,, 70,000 Mobiliar und Gerätschaften ,, 25,000 Unvorhergesehenes ,, 250,000 Total

Fr. 3,900,000

Davon entfallen : auf die Zahnradbahn Fr. 300,000 oder Fr. 160,000 per km., auf die Seilbahnen Fr. 3,600,000 oder Fr. 1,125,000 per km.

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Die Rentabilitätsberechnung nimmt eine Totaleinnahme (6800 Reisende nach Zwischenstationen und 12,000 Reisende nach dem Gipfel) von Fr. 327,000 und folgende Ausgaben an : Betrieb der Zahnradbahn Fr. 20,000 Betrieb der Seilbahnen ,, 60,000 Amortisation ,, 10.000 Brneuerungs- und Reservefonds . . ,, 30,000 Verzinsung von Fr. 1,800,000 4 Va % Obligationen ,, 81,000 ,, 201,000 was einen Ueberschuß der Einnahmen von . . . Fr. 126,000 oder 6 °/o des Aktienkapitals von Fr. 2,100,000 ergeben würde.

Die Petenten fügen bei, daß diese Berechnung in durchaus bescheidenen Grenzen gehalten sei, da die Anzahl der Besucher der Eigerspitze nur zu 12,000 angenommen werde, welche bei zehnstündigem Tagesbetrieb in etwa 15 Tagen spedirt werden könnten.

Noch geringer sei die Zahl der Besucher der Zwischenstationen geschätzt.

Dagegen seien die Betriebsausgaben so hoch gerechnet, wie für die Stanserhorn-, Salvatore- und Bürgenstockbahn zusammen, welche mehr als die doppelte Länge der Eigerbahn besitzen.

Das Konzessionsgesuch wurde der Regierung des Kantons Bern zur Vernehmlassung mitgetheilt. Dieselbe erklärte mit Schreiben vom 25. März 1892, daß das Projekt weder den interessirten Gemeinden noch ihr zu Bemerkungen Anlaß gebe. In jener G-egend werde das Projekt im Allgemeinen lebhaft begrüßt, einzig die Bergund G-letscherf(ihrer seien damit nicht ganz einverstanden, da sie befürchteten, es werde mit der Ausführung der Kahn ihr Verdienst geschmälert.

Nachdem nun aber bereits die Mürreubahn erstellt und die Wengernalpbahn in der Ausführung begriffen sei, könnten diese Einwände kaum mehr in Betracht fallen.

Die Eigerbahn biete gegenüber der von der Bevölkerung des Oberlandes ebenfalls warm begrüßten Jungfraubahn namentlich jetzt, nach baldiger Fertigstellung der Wengernalpbahn, bedeutende Vortheile für eine leichtere Finanzirung und Ausführbarkeit, während ihre Lage zu den Verkehrscentren, sowie Höhe und Berühmtheit der beiden Berge fast die nämliche sei.

Die Regierung empfehle das Konzessionsgesuch deßhalb zur Entsprechung.

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Die vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen fanden unterm 12. April abhin statt und ergaben allseitige Zustimmung zu nachfolgendem Konzessionsentwurf. Derselbe gibt uns nur zu wenigen Bemerkungen Anlaß.

In Art. 6 ist auf Wunsch der Petenten die Baufrist auf fünf Jahre verlängert worden, da die ursprünglich verlangte Frist von vier Jahren sich bei näherer Prüfung als zu knapp bemessen herausgestellt hat.

Die von unserm Eisenbahndepartement in Uebereinstimmung mit den Konzessionen für die Jungfraubahn und die Matterhornbahn in den Art. 8 des Entwurfs aufgenommene Bestimmung, daß die Genehmigung der Detailpläne für die zweite Sektion erst dann ertheilt werden solle, wenn durch Versuche nachgewiesen sein werde, daß der Bau und Betrieb der Bahn in Bezug auf Leben und Gesundheit der Menschen keine ausnahjnsweisen Gefahren nach sich ziehen werde, beantragten die Petenten zunächst ganz zu streichen.

Sie bestritten die Unanfechtbarkeit der Schlüsse des anläßlich der Konzessionirung der Jungfraubahn eingeholten Expertengutachtens und machten namentlich geltend, daß die von den Experten damals in's Auge gefaßten Versuche mittelst eines Ballon captif technisch unausführbar seien. Wenn man trotzdem den Nachweis d u r c h V e r s u c h e verlange, so werde damit die Finanzirung des Unternehmens bedeutend erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Diese Vorschrift dürfe bei vorliegendem Projekte urn so eher weggelassen werden, als die Verhältnisse wesentlich anders lägen als bei der Jungfrau- und der Matterhornbahn, indem hier der Aufstieg bereits in einer Höhe von 2064TM beginne, allmählif, erfolge und überdieß durch die Anlage von Umsteigstatiouen, die zugleich Aussichtspunkte seien, eine allfällige Umkehr ermögliche.

Jedenfalls könne die Bestimmung ohne Bedenken auf den obern Drittel der Bahn beschränkt werden.

Der Vertreter der Regierung von Bern erblickte in der fraglichen Bestimmung ebenfalls eine unnöthige Erschwerung der Finanzirung des Unternehmens und unterstützte daher den Antrag der Petenten auf Streichung des 2. Alinea von Art. 8, indem er es für genügend erachtete, daß der Grundsatz in den frühem Konzessionen niedergelegt sei, um den Bundesbehörden, wenn nöthig, dessen AnJ wendung o auf ähnliche Bahnen zu erlauben.

Wir können diese Auffassung nicht theilen. Nachdem einmal grundsätzlich der Nachweis verlangt und bisher noch nicht erbracht worden ist, daß der Bau und Betrieb solcher Bahnen in Bezug auf

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Leben und Gesundheit der Menschen keine ausnahmsweisen Gefahren nach sich ziehen werde, so wäre es unseres Erachtens unbillig gegenüber den frühern Konzessionsbewerbern, wenn in einer spätem Konzession für ein wesentlich gleiches Unternehmen die fragliche Bestimmung nicht aufgenommen und damit der für die Chancen der Finanzirung nicht unwichtige Anschein geweckt würde, als sei das neue Projekt von jener Vorschrift befreit.

Dagegen ist den gegen die vorgeschlagene F as su n g der Bestimmung geltend gemachten Gründen eine gewisse Berechtigung nicht zu bestreiten, insofern es in der That nicht zu rechtfertigen ist, wenn der Nachweis auf V e r s u c h e beschränkt werden will, nachdem sich für die Durchführung wenigstens derjenigen, welche die Experten in ihrem Gutachten zunächst im Auge hatten, solche praktische Schwierigkeiten herausstellten, daß die Aufrechthaltung dieser Vorschrift als gleichbedeutend mit der Unmöglichkeit der Finanzirung betrachtet werden muß. Die Worte ,, d u r c h V e r s u c h e a können füglich wegfallen, ohne daß damit der Grundsatz selbst irgendwie beeinträchtigt wird, indem die Entscheidung darüber, inwieweit der allfällig auf anderai Wege versuchte Nachweis als genügend zu betrachten sei, doch immer den Bundesbehörden zusteht.

Ebenso wie diese weitere Fassung der Bestimmung, können wir die Beschränkung ihrer Anwendbarkeit auf den obern Theil der zweiten Sektion, d. h. die obere Seilbahn, empfehlen, da nach dem vorerwähnten Expertengutachten °der Betrieb bis zur Höhe von 3000m keinen Bedenken unterliegt und die untere Drahtseilbahn noch innerhalb der angegebenen Grenze liegt, indem ihre Endstation (1. Zwischenstation) in einer Höhe von 2990m ü. M. projektirt ist.

In Art. 15 sind die Taxen für die erste Sektion denjenigen der Wengernalpbahn gleichgestellt. Für die zweite Sektion ist eine Einheitstaxe von Fr. 20 für Hin- und Rückfahrt aufgenommen, in der Meinung, daß für die Zwischenstationen die Taxen proportional der Falirlänge zu berechnen seien. Die Gründe, welche bei andern Bahnen den Vorbehalt der halben Taxen für Kinder und der Ausgabe von Abonnementsbillets rechtfertigen, treffen bei dieser Bahn nicht zu und es sind deßhalb die bezüglichen Bestimmungen ita Entwurfe weggelassea. Dagegen erscheint es doch am Platze, für den Fall, daß sich dazu ein, zunächst allerdings
nicht vorauszusehendes Bedürfnis erzeigen sollte, dem ßundesrathe vorzubehalten, wie bei andern Bergbahnen die Einführung ermäßigter Taxen für die einheimische Bevölkerung, insbesondere Führer und Träger, verlangen zu können.

Artikel 21 des Konzessionsentwurfs ist gegenüber dem üblichen Wortlaut dahin erweitert, daß die Reisenden und das Personal

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bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht der Eisenbahnen- und Dampfschifffahrtsunternehmungen bei Tödtungen und Verletzungen hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern seien.

Es liegt diese Erweiterung sowohl im Interesse der Bahngesellschaften als in demjenigen des Publikums und sie wurde von den Petenten ohne Weiteres acceptirt. Sie wird namentlich da wirksam werden, wo ein schwaches Gesellschaftskapital vorhanden ist, das nicht hinreichen würde, um die aus einer al (fälligen größeru Katastrophe resultireuden Verpflichtungen zu erfüllen.

Wir glauben deßhalb diese Zusatzbestimmung hier in dem Sinne empfehlen zu sollen, daß dieselbe auch in künftigen Konzessionen bei ähnlichen Verhältnissen Aufnahme zu iinden hätte.

Die übrigen Artikel geben zu keinen besondern Bemerkungen Anlaß.

Indem wir Ihnen den nachfolgenden Konzessionsentwurf zur Genehmigung empfehlen, benutzen wir den Anlaß, um Sie, Tit..

neuerdings unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 19. Mai 1892.

Im Namen des Schweiz. Buudesratheo, Der Vizepräsident:

Schenk.

Der Stellvertreter des eidg. Kanzlers : Schutzmann.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Eisenbahn von der Wengernalp (Kleine Scheidegg) auf den Eiger (Eigerbahn).

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Herren Emil Strub und Hans Studer, Ingenieure in Interlaken, vom 12. Februar 1892, 2. einer Botschaft des Bundesrathes, vom 19. Mai 1892, beschließt: Den Herren E m i l S t r u b und H a n s S t u d e r , Ingenieure in Interlaken zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von der W e n g e r n a l p (Kleine Scheidegg) auf den E i g e r (Eigerbahn) unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung linden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Bern.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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Art. 5. Binnen einer Frist von 36 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 5 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrathe vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird für die erste Sektion, von Scheidegg bis Rothstock, mit Spurweite von 0,80 m. eingeleisig und als Zahnradbahn erstellt. Für die zweite Sektion, von Rothstoek bis auf die Spitze des Eigers, wird sie als Drahtseilbahn mit Spurweite von l m. und elektrischem Betrieb gebaut.

· Der Bundesrath wird die Genehmigung der Detailpläne für die obere Drahtseilbahn der zweiten Sektion erst dann ertheilen, wenn nachgewiesen sein wird, daß der Bau und Betrieb der Bahn in Bezug auf Leben und Gesundheit der Menschen keine ausnahmsweisen Gefahren nach sich ziehen werde.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthutn des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer FunkBundesblatt. 44. Jahrg. Bd. III.

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tionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft Übernimmt in erster Linie die Beförderung von Personen und Gepäck; Güter werden nur befördert, soweit das Betriebssystem es gestattet.

Art. 13. Die Gesellschaft kann den Betrieb auf die Touristensaison beschränken. Im Allgemeinen ist der Gesellschaft anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzustellen. Immerhin sind alle derartigen Projekte, welche sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, mindestens 14 Tage vor dem zu ihrer Ausführung bestimmten Zeitpunkt dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor deren Genehmigung nicht vollzogen werden. Die Fahrgeschwindigkeit wird für beide Sektionen, der Betriebseröffnung vorgehend, vom Bundesrathe festgestellt.

Art. 14. Auf der ersten Sektion werden zwei Wagenklassen, auf der zweiten Sektion nur eine Wagenklasse eingeführt. Deren Typus muß durch den Bundesrath genehmigt werden.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : a. Für die erste Sektion: in der ersten Wagenklasse 80.Rappen, in der zweiten Wagenklasse 50 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

b. Für die zweite Sektion Fr. 20 für die Berg- und Thalfahrt.

Für den Verkehr von und nach den Zwischenstationen sind die Taxen auf Grundlage dieses Ansatzes und im Verhältniß /u der Fahrlänge festzustellen.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden, sowie für die zur Beförderung angenommenen Güter kann auf der I. Sektion eine Taxe von höchstens 20 Rappen per 100 Kilogramm und auf der II. Sektion von Fr. l per 10 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Dem Bundesrathe bleibt vorbehalten, im Falle des Bedürfnisses für die einheimische Bevölkerung, Führer und Träger, die Einführung ermäßigter Taxen zu verlangen.

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Art. 16. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 17. Die in den Artikeln 15 und 16 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bunclesratlies zuläßig.

Art. 18. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Aenderungen nöthig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 19. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Die sämmtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 20. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätzc gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 21. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Aeuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse -einzurichten, oder

148 dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht vom 1. Juli 1875 hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 22. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vorn Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22 1 /afachen Werth; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch'' letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsreehnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

149 e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rüukkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 23. Hat der Kanton Bern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 22 definirt worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 24. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von der Wengernalp (Kleine Scheidegg) auf den Eiger (Eigerbahn). (Vom 19.

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25.05.1892

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