Bericht über Massnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung

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(Postulat des Nationalrates 81.541 vom 19. März 1982) vom 19. Dezember 1983

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Am 30. November 1981 hat die sozialdemokratische Fraktion eine Motion betreffend die Bekämpfung der Steuerhinterziehung eingereicht- Der Vorstoss ist am 19. März 1982 als Postulat erheblich erklärt worden.

Wir unterbreiten Ihnen im folgenden den Bericht über Massnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung- Für den Text und die Begründung des Postulates verweisen wir auf den Anhang.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

19. Dezember 1983

1983-973

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Aubert Der Bundeskanzler: Buser

10 Bundcsblait. 136. Jahrgang. Bd. I

121

Bericht l

Einleitung

Der Bund erhebt direkte und indirekte Steuern. Bei beiden Steuerarten ist die Steuerfestsetzung (Veranlagung) ohne Mitwirkung des Steuerpflichtigen in der Regel nicht möglich. Der Grund dafür liegt darin, dass nur ihm die Tatsachen und Vorgänge (z. B. Einkommen, Vermögen) genau bekannt sind, an welche die Steuer anknüpft. Die Steuergesetze können sich daher nicht damit begnügen, den Steuergegenstand, das Steuermass und die Person des Steuerpflichtigen festzulegen, sondern müssen dem Bürger auch bestimmte Verfahrenspflichten auferlegen und ihn zur Auskunfterteilung an die Steuerorgane verhalten. Ausserdem muss der Steueranspruch des Staates durch Strafbestimmungen geschützt werden, soll die Durchsetzung des Anspruchs nicht illusorisch bleiben.

Zu diesem Zweck wurden eine Reihe von strafbaren Tatbeständen geschaffen, wie insbesondere die Steuergefährdung, die Steuerhinterziehung und der Steuerbetrug.

Wenn auch gesagt werden darf, dass die Schweiz nicht ein Land der Steuerdefraudanten und das Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Staat noch weitgehend intakt ist, so müssen dennoch hin und wieder Steuerdelikte geahndet werden. Die Gründe, welche gewisse Steuerpflichtige zu solchen Delikten veranlassen, sind mannigfaltig. Im Vordergrund stehen zumeist egoistische Motive.

Der Defraudant will einen materiellen Vorteil erreichen. Oft wird das Steuerdelikt weniger als strafbarer Tatbestand, denn als gelungener Trick gewertet. Auch der Beweggrund der Selbsthilfe gegen vermeintliches staatliches Unrecht darf nicht unterschätzt werden. Viele Steuerpflichtige betrachten die staatlichen Ausgaben, zu deren Finanzierung die Steuern erhoben werden, als übertrieben hoch oder gar als unnötig und lehnen sich deshalb gegen die ihnen ungerechtfertigt hoch erscheinenden Steuern auf. Von solchen unerlaubten Selbsthilfemassnahmen wird zuweilen auch Gebrauch gemacht, um dem zu begegnen, was als Lükken und Härten der Besteuerung empfunden wird (z. B. starke Progression für gewisse Einkommenskategorien, nur beschränkte Abzugsfähigkeit für unvermeidliche Auslagen usw.). Nicht wenige fühlen sich zudem durch die Öffentlichkeit der Steuerregister in ihrer persönlichen Sphäre beeinträchtigt und lassen sich aus einem gewissen Schutzbedürfnis heraus dazu verleiten, die für die Steuerpflicht massgebenden Tatsachen falsch
anzugeben. Es steht fest, dass sich die Beweggründe für die Steuerdelikte in ihrer Zahl und Mannigfaltigkeit seit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 25. Mai 1962 zur Motion Eggenberger betreffend wirksamere Bekämpfung der Steuerdefraudation (BEI 1962 l 1057) kaum geändert haben.

Der Steuergesetzgeber hingegen ist seit der Veröffentlichung dieses Berichts nicht untätig geblieben. So hat er für die direkten Steuern des Bundes insbesondere die Verfahrensptlichten und die Strafbestimmungen erweitert und verschärft (vgl. Ziff. 2) und zudem besondere Steuerkontrollorgane des Bundes geschaffen (vgl. Ziff. 7). Weitere Verbesserungen der Massnahmen gegen Steuerdelikte sieht auch der Entwurf des Bundesrates vom*25. Mai 1983 zu einem Ge122

setz über die direkte Bundessteuer vor (BB1 1983III l). Es handelt sich namentlich um erweiterte Verfahrenspflichten des Steuerpflichtigen und Dritter, um zusätzliche Steuervergehenstatbestände und eine eingehendere Regelung des Einsatzes der besonderen Steuerkontrollorgane (vgl. Ziff. 9).

Das Postulat betrifft vornehmlich die Hinterziehung der direkten Bundessteuer.

Es erfasst aber zwangsläufig auch die Hinterziehung der direkten Kantons- und Gemeindesteuern, da diese weitgehend mit den direkten Bundessteuern veranlagt und erhoben werden. Es ist vor allem auf die Unmittelbarkeit und Offensichtlichkeit der Belastung bei den direkten Steuern zurückzuführen, welcher jedermann unterworfen ist, dass diese Steuern eher zur Hinterziehung verleiten als die indirekten Steuern wie Verrechnungssteuer, Stempelabgaben und Warenumsatzsteuer, die als solche überwälzt werden können. Der vorliegende Bericht wird sich deshalb primär mit der Bekämpfung der Hinterziehung der direkten und nur in zweiter Linie mit der Hinterziehung der indirekten Steuern befassen.

Die Zwischentitel beziehen sich auf die einzelnen Punkte des Postulates (in Klammern angegeben).

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Fortschritte in der Bekämpfung der Steuerhinterziehung seit dem Bericht vom 25. Mai 1962 zur Motion Eggenberger (Ziff. l Bst. a)

Von den im damaligen Bericht des Bundesrates (BEI 1962 l 1057) angekündigten Massnahmen sind inzwischen folgende verwirklicht worden:

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Auf Gesetzesstufe

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Direkte Bundessteuer

Mit Bundesgesetz vom 9, Juni 1977 über Massnahmen gegen die Steuerhinterziehung (AS 79772103) ist der Bundesratsbeschluss vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer (BdBSt; SR 642.11) geändert und ergänzt worden.

Die Obliegenheiten von Steuerpflichtigen und Dritten im Veranlagungsverfahren wurden wesentlich erweitert. Artikel 89 Absatz 2 BdBSt unterwirft den Steuerpflichtigen einer umfassenden Auskunftspflicht. Diese bezieht sich auf alle geldwerten Leistungen, die der Steuerpflichtige anderen Personen erbracht hat, auf die gegenseitigen Leistungen und Ansprüche und auf die vertraglichen Beziehungen zu diesen Personen. Die auf Verlangen der Veranlagungsbehörde erteilten Auskünfte des Steuerpflichtigen dürfen auch bei der Veranlagung anderer Steuerpflichtiger verwendet werden (Meldewesen). Das gesetzlich geschützte Berufsgeheimnis bleibt vorbehalten.

Artikel 90 Absatz 5 BdBSt verpflichtet Dritte, die mit dem Steuerpflichtigen in einem Vertragsverhältnis stehen oder standen, auf sein Verlangen eine Bescheinigung über das gemeinsame Vertragsverhältnis und die beidseitigen steuerlich relevanten Ansprüche und Leistungen auszustellen. Bringt der Steuerpflichtige diese Bescheinigung trotz Mahnung nicht bei, so kann die Veranlagungsbe123

hörde sie direkt beim Dritten einfordern (Art. 90 Abs. 6 BdBSt). Auch von dieser Information darf bei der Einschätzung anderer Pflichtiger Gebrauch gemacht werden, wiederum unter Vorbehalt des gesetzlich geschützten Berufsgeheimnisses.

Femer ist mit dem neuen Absatz 3 des Artikels 89 BdBSt eine Aufbewahrungsund Aufzeichnungspflicht für Selbständigerwerbende geschaffen worden. Danach haben alle Steuerpflichtigen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, Urkunden und sonstige Belege, die mit dieser Tätigkeit in Zusammenhang stehen, während zehn Jahren aufzubewahren. Erreichen die aus der selbständigen Erwerbstätigkeit erzielten jährlichen Roheinnahmen den Betrag von 100 000 Franken, so hat der Steuerpflichtige überdies seine Einnahmen und Ausgaben, das Vermögen und die Schulden vollständig aufzuzeichnen.

Alle diese Neuerungen haben in die Veranlagungspraxis Eingang gefunden.

Das Bundesgericht hat die Anwendung der neuen Bestimmungen durch die Veranlagungsbehörden in mehreren Entscheiden positiv beurteilt (vgl. z. B.

BGE 707 Ib 213). Den Veranlagungsbeamten ist damit ein wirksames Instrument gegeben, um sich über die tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse eines Steuerpflichtigen ins Bild zu setzen.

Nach dem neu eingefügten Artikel 130bîs BdBSt wird der sogenannte Steuerbetrug nicht mehr nur administrativ sondern auch strafrechtlich verfolgt. Steuerbetrug wird mit Gefängnis oder mit Busse bis zu 30 000 Franken bedroht.

Steuerbetrug begeht, wer bei einer Hinterziehung gefälschte, verfälschte oder inhaltlich unwahre Urkunden wie Geschäftsbücher, Bilanzen, Erfolgsrechnungen oder Lohnausweise und andere Bescheinigungen Dritter zur Täuschung gebraucht. Die (administrative) Bestrafung wegen Steuerhinterziehung bleibt vorbehalten. Die Verfolgung und Ahndung des Steuerbetrugs bezüglich der direkten Bundessteuer obliegt nun dem Strafrichter. In diesem Verfahren sind die Banken gegenüber der Strafverfolgungsbehörde auskunftspflichtig. Die Steuerbehörden können, gestützt auf die in Artikel 90 Absatz l BdBSt enthaltene Auskunftspflicht der Gerichtsbehörden, bei begründetem Verdacht auf das Vorliegen steuerrechtswidriger Tatbestände aus den Akten der Strafverfolgungsbehörden Auskunft verlangen und so allenfalls Hinweise für das gleichzeitig laufende Hinterziehungsverfahren erhalten. Auch diese
Neuerung hat sich in der Veranlagungspraxis bereits eingespielt (vgl. Archiv für Schweizerisches Abgaberecht Bd. 48, S. 483, und BGE 705 Ib 231).

In den Jahren 1980 bis 1982 haben die kantonalen Verwaltungen für die direkte Bundessteuer insgesamt 90 Anzeigen wegen Steuerbetrug erstattet. Dazu muss bemerkt werden, dass von der Möglichkeit, den Steuerbetrug strafrechtlich zu ahnden, die Mehrzahl der Kantone bisher noch keinen Gebrauch gemacht hat.

Die Gründe dafür mögen folgende sein: Zwar enthalten schon mehr als die Hälfte aller kantonalen Steuergesetze in bezug auf die Verfolgung des Steuerbetrugs gleichlautende oder zumindest ähnliche Bestimmungen wie der Beschluss über die direkte Bundessteuer. Trotzdem können sich nicht alle kantonalen Verwaltungen für die direkte Bundessteuer dieser Gruppe dazu entschliessen, bei dringendem Verdacht auf Steuerbetrug Anzeige an die zuständige Strafuntersuchungsbehörde zu machen. Das mag teil124

weise darauf zurückzuführen sein, dass nach Einführung der Norm im kantonalen Recht den ersten Anzeigen kein Erfolg beschieden war, weil die Gerichte mit der Materie zu wenig vertraut waren. In der Folge sind dann einfach weitere Anzeigen unterblieben. Die anderen Kantone, deren Steuergesetze eine dem Artikel 130bis entsprechende Bestimmung nicht kennen, bekunden naturgemäss noch mehr Mühe, einer gänzlich neuen Vorschrift des Bundessteuerrecbts zum Durchbruch zu verhelfen. Ausnahmen gibt es aber selbstverständlich auch hier. Jedenfalls wird der neue Artikel 130bis noch nicht überall mit gleicher Konsequenz gehandhabt, obschon sich die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) als Aufsichtsbehörde für die direkte Bundessteuer ständig um seine Durchsetzung bemüht.

Mit dem Bundesgesetz vom 9. Juni 1977 ist auch die gesetzliche Grundlage für die besonderen Steuerkontrollorgane des Bundes (Art. 139 BdBSt) geschaffen worden. Über ihre Tätigkeit wird in Ziffer 7 besonders berichtet.

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Indirekte Bundessteuern

Im Bereich der Stempelabgaben, der Verrechnungssteuer und der Warenumsatzsteuer ist das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) anwendbar, welches seit dem I.Januar 1975 in Kraft steht. Dieses Gesetz führt nicht nur für schwere Steuerdelikte (z. B. Abgabebetrug und Urkundenfälschung, vgl. Art. 14 und 15 VStrR) die Gefängnisstrafe ein, sondern es steht auch ganz klar auf dem Boden des Schuldstrafrechts, somit des Täterprinzips. Es verlangt demnach, dass grundsätzlich in allen Fällen von Steuerwiderhandlungen der wirkliche Schuldige gesucht und bestraft wird. Diese Regelung bringt zwar im Bereich der Fahrlässigkeitsdelikte, die in arbeitsteiligen Grossbetrieben begangen werden, einen erheblichen Mehraufwand für die untersuchende Verwaltung. Handelt es sich aber um schwere, vorsätzlich begangene Taten, dann ist die neue Konzeption ein geeignetes Mittel, die Steuerdefraudation besser zu bekämpfen als bisher. Dies um so mehr, als nicht nur der Haupttäter, sondern auch der allfällige Anstifter und Gehilfe erfasst werden kann und weil die Gefängnisstrafe durch den ordentlichen Strafrichter ausgesprochen und hernach auch im Strafregister eingetragen wird. Die Zeit, da schwere Steuervergehen als «Kavaliersdelikte» galten, dürfte damit endgültig vorbei sein.

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Zwischenstaatlicher Bereich

Die Schweiz hat mit dem seit I.Januar 1983 in Kraft stehenden Bundesgesetz Über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) einseitig einen entscheidenden Schritt zu vermehrter internationaler Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung getan. Wir erwähnen insbesondere Artikel 3 Absatz 3 IRSG, der es ermöglicht, einem Ersuchen eines ausländischen Staates um Rechtshilfe zu entsprechen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Abgabebetrug ist.

Darüber hinaus beteiligt sich unser Land insbesondere im Rahmen der OECD an Arbeiten, die Fragen des Steuerbetruges und seiner Bekämpfung zum Gegenstand haben.

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22

Auf organisatorischer Ebene

Das interkantonale Meldewesen ist ausgebaut und verstärkt worden. Auch im Verhältnis Bund-Kantone ist der gegenseitige Informationsfluss verbessert worden. Die Hauptabteilung Warenumsatzsteuer und die Hauptabteilung Stempelabgaben und Verrechnungssteuer der Eidgenössischen Steuerverwaltung melden systematisch bei Buchprüfungen festgestellte Sachverhalte den kantonalen Verwaltungen für die direkte Bundessteuer.

3

Bereiche, in denen die Steuerhinterziehung noch nicht wirksam bekämpft werden kann (Ziff. l Bst. b)

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Direkte Bundessteuer

Steuerhinterziehung beschränkt sich nicht auf bestimmte Bereiche oder bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen. Schon im Bericht des Bundesrats vom 1. Juni 1972 über das Ergebnis der Steueramnestie 1969 (im BEI nicht veröffentlicht) wurde festgestellt (S. 10), dass die Steuerpflichtigen, die von der Amnestie Gebrauch gemacht haben, sich ziemlich gleichmässig auf die wichtigsten Berufsgruppen verteilten. Diese Feststellung wird durch neueste Zahlen über die von den kantonalen Verwaltungen für die direkte Bundessteuer durchgeführten Hinterziehungsverfahren bestätigt.

Anzahl der Hinterziehungsverfahren der DBSt in den Jahren 1980-1982 Jahr

Verfahren wegen vollcndeter Hitnerziehung

Verfahren wegen versuchler Hinterziehung

Total Hinterziehungsverfahren

1980 1981 1982

1944 2039 1982

268 231 280

2212 2270 2262

Gründe für die Einleitung der Hinterziehungsverfahren In Prozenten der Fälle

Selbstanzeige des Steuerpflichtigen Inventaraufnahme bei Todesfall Meldung einer anderen Steuerbehörde Feststellung der Veranlagungsbehörde bei der Veranlagung oder bei einer Buchprüfung

etwa 15 etwa 15 etwa 25 etwa 45 100

Dazu ist zu bemerken, dass diese Zahlen von Kanton zu Kanton variieren.

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Aufteilung der Hinterziehungsverfahren nach Gruppen von Steuerpflichtigen

Teilt man die Hinterziehungsfälle in die Gruppen «Juristische Personen», «Selbständigerwerbende» sowie «Unselbständigerwerbende und Rentner» auf, ergibt sich folgende Zusammenstellung: Gruppe Statistik DBSt

Hinterziehungsfälle Anteil der Gruppe an der Gesamtzahl der Hinterziehungsverfahren in % (genmdet)

Juristische Person Selbständigerwerbende (inkl.

Landwirte) .

Unselbständigerwerbende und Rentner . .

Durchschnittlich nachbestcuerter(s) Gewinn bzw. Einkommen pro Berechnungsjahr und Fäll Fr. (gerundet)

Anteil der Gruppe an der Gesamtzahl der Steuerpflichtigen in% (gerundet)

9

72300

5

23

17000

10

75

7800

85

100

100

Geht man von den Hinterziehungsfällen aus, so nimmt sich der Anteil der juristischen Personen mit 2 Prozenten bescheiden aus im Vergleich zu den Selbständigerwerbenden oder gar zu den Unselbständigerwerbenden und Rentnern.

Es gilt aber zu bedenken, dass der Anteil der juristischen Personen an der Gesamtzahl der Pflichtigen der direkten Bundessteuer lediglich 5 Prozente ausmacht, die Unselbständigerwerbenden und Rentner hingegen einen Anteil von 85 Prozenten ausweisen.

Weiter kann angeführt werden: Bei zahlreichen Gesellschaften sind Möglichkeit oder Bereitschaft, Steuern zu hinterziehen, gering (Publikumsgesellschaften, Gesellschaften mit einem grösseren Aktionärskreis). Auch unterliegen Gesellschaften externen Kontrollen, welche bei Einzelfirmen und Personengesellschaften fehlen, wie z. B. Überprüfung durch gesetzliche und statutarische Kontrollstelle.

Bei der Gruppe Unselbständigerwerbende und Rentner sind vor allem Einkünfte aus Nebenerwerb, Fraueneinkommen und Kapitalerträge nachbesteuert worden. Dies erklärt auch den verhältnismässig niedrigen Betrag des durchschnittlich pro Fall und Berechnungsjahr nachbesteuerten Einkommens. Demgegenüber liegen diese Werte, entsprechend ihrem Gruppenanteil am gesamten Steuerertrag, bei den beiden anderen Gruppen deutlich höher.

Die von der ESTV bei den kantonalen Verwaltungen für die direkte Bundessteuer erhobenen Zahlen über durchgeführte Hinterziehungsverfahren machen deutlich, dass es keine Bereiche gibt, in denen die Steuerhinterziehung nicht wirksam bekämpft werden kann. Die dazu notwendigen gesetzlichen Grundlagen sind jedenfalls vorhanden. Was aber noch nicht überall zu befriedigen vermag, ist die konsequente Anwendung der einschlägigen Bestimmungen durch die Steuerbehörden. Woran kann das liegen?

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In manchen kantonalen Verwaltungen für die direkte Bundessteuer gibt es keine eigentlichen Nachsteuerabteilungen, d. h. Verwaltungsabteilungen, welche sich ausschliesslich mit der Ahndung von Steuerwiderhandlungen befassen. Die Abklärung von Hinterziehungstatbeständen obliegt dort den Veranlagungsbeamten, den gleichen Leuten also, welche den gebüssten Steuerpflichtigen in der nächsten Steuerperiode wieder zu veranlagen haben. Diese Situation ist psychologisch ungünstig. Der Veranlagungsbeamte will sich zu den bestehenden nicht noch neue Schwierigkeiten einhandeln. Also verzichtet er auf ein - manchmal recht aufwendiges - Hinterziehungsverfahren und macht entweder in der laufenden Veranlagung mehr oder weniger angemessene Zuschläge, oder er lässt die Sache, z. B. bei versuchter Hinterziehung, auf sich beruhen. Auch Druckversuche von Steuerpflichtigen oder ihren Vertretern, wie sie schon der bundesrätliche Bericht zur Motion Eggenberger beschreibt, kommen leider immer noch vor.

Anderseits ist interessant festzustellen, dass rund 70 Prozent der durchgeführten Hinterziehungsverfahren Ausfluss einer verstärkten Veranlagungskontrolle sind.

Es handelt sich also um Tatsachen, die bei der Vorbereitung der Veranlagungen und bei Buchprüfungen festgestellt und allenfalls auch anderen Veranlagungsbehörden als Steuermeldung übermittelt worden sind. Wirksame Bekämpfung der Steuerhinterziehung beginnt demnach nicht zuletzt mit einem gut ausgebauten Veranlagungsapparat.

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Indirekte Steuern

Bei diesen Steuern des Bundes gibt es ebenfalls keine Bereiche, in denen die Steuerhinterziehung noch nicht wirksam bekämpft werden kann. Die gesetzlichen Vorschriften reichen aus, um festgestellte oder vermutete Steuerhinterziehungen aufzuklären. Hingegen fehlt es am erforderlichen Personal (vgl. Ziff. 5 und 61 hienach).

Aus den Jahresberichten 1980-1982 der ESTV ergibt sich folgende Statistik der ergangenen Strafbescheide : 1980

1981

1982

Stempelabgaben und Verrechnungssteuer - wegen Steuerhinterziehung - wegen Steuergefährdung ')

20 1404

21 2752

12 2871

Total erlassene Strafbescheide

1424

2773

2883

Warenumsatzsteuer - wegen Steuerhinterziehung - wegen Steuergefährdung '>

109 1345

110 1445

103 1622

Total erlassene Strafbescheide

1454

1555

1725

0

Sie umfasst insbesondere den Hinterziehungsversuch.

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4

Die geschätzte Höhe des hinterzogenen Einkommens und Vermögens sowie die sich daraus für Bund, Kantone und Gemeinden ergebenden Steuerausfälle (Ziff. l Bst. c)

Wie der Bundesrat im Bericht zur Motion Eggenberger dargelegt hat, sind «über die Höhe aller defraudierten Vermögenswerte und Einkünfte keine Schätzungen möglich» (S. 17). Bereits damals ist darauf hingewiesen worden, dass das Hauptproblem nicht in dem vor dem Fiskus verheimlichten Vermögen und dem Ertrag daraus liegt, sondern in dem nicht zur Versteuerung gebrachten Einkommen, aus dem in der Regel das verheimlichte Vermögen gebildet wird.

Ferner war in jenem Bericht von Steuerausfällen wegen ungenügender steuerlicher Bewertung die Rede. Durch steuerlich ungenügende Bewertungen z. B. von Liegenschaften und ihren Erträgen (Mietwerte) können beträchtliche Steuerausfälle entstehen. Auch sprach man von übersetzten Spesenbezügen bei gewissen Kategorien von Lohnempfängern. Derartige Spesenbezüge sind nichts anderes als verdeckte Lohnbezüge; Steuersubstrat, welches vielfach mangels korrekter Deklaration auf dem Lohnausweis nicht erfasst wird und der Besteuerung endgültig verlorengeht.

In der Folge hat das Parlament im Jahr 1967 eine allgemeine Steueramnestie beschlossen, der Volk und Stände am 18. Februar 1968 zugestimmt haben. Die Amnestie ist im Jahr 1969 durchgeführt worden. Zu ihrem Ergebnis hat der Bundesrat in seinem Bericht vom I.Juni 1972 festgehalten, dass gesamtschweizerisch ein Vermögensbetrag von rund 11,5 Milliarden Franken neu der Besteuerung zugewiesen werden konnte. Grundlage für die Schätzung des Amnestieergebnisses war das Zahlenmaterial der Steuereinschätzungen für die Jahre 1969 und 1970. Die genannte Schätzung betrifft aber bloss das amnestierte Vermögen und nicht den Umfang der dem Fiskus verheimlichten Vermögenswerte.

Die ESTV hat keine Unterlagen, welche es ihr ermöglichen würden, die hinterzogenen Einkünfte und Vermögenswerte auch nur annäherungsweise zu beziffern. Könnte sie es, wären die Steuerbehörden auf dem Weg zur Hinterziehungsbekämpfung schon ein schönes Stück weiter. Das Problem liegt ja gerade darin, dass aus den Erfahrungen der Veranlagungsbehörden viele Hinterziehungstatbestände ihrem Wesen nach bekannt sind, jedoch mangels totaler Kontrolle nur ein Bruchteil der Hinterziehungen entdeckt wird. Natürlich gäbe es Mittel und Wege, um solchen Praktiken vermehrt auf den Sprung zu kommen.

Es müssten dann allerdings drakonische Massnahmen ergriffen werden. Die meisten,
die man in Erwägung ziehen könnte, wären offensichtlich mit unserem liberalen System nicht zu vereinbaren.

Nach dem Gesagten ist eine einigermassen zuverlässige Schätzung der aus der Hinterziehung entstehenden Steuerausfälle nicht möglich. Das gilt insbesondere auch für die Verrechnungssteuer. Von Drittseite werden zwar gelegentlich aufgrund des Ertrages der Verrechnungssteuer Rückschlüsse auf die nicht versteuerten Wertschriftenverrnögen und deren Erträge gezogen. Solche Schätzungen sind indessen höchst problematisch. Eine Schätzung des schweizerischen Wertschriftenvermögens von inländischen Defraudanten und von Ausländern kann nicht einfach aufgrund des in der Staatsrechnung oder im Voranschlag 129

ausgewiesenen Bruttoertrages der Verrechnungssteuer erfolgen. Der ausgewiesene Bruttoertrag ist der Saldo der im Lauf eines Jahres dem Bund abgelieferten Verrechnungssteuer auf den Erträgen (Dividenden, Zinsen) bestimmter inländischer Wertschriften und Bankguthaben, abzüglich der im gleichen Jahr (für Ertragsfälligkeiten von 1-3 Vorjahren) vorgenommenen Rückerstattungen an inländische Gläubiger sowie an ausländische Gläubiger, die kraft eines Doppelbesteuerungsabkommens einen Rückerstattungsanspruch besitzen.

Dieser Saldo ist von den Veränderungen auf dem Kapitalmarkt abhängig und deshalb schwankend (1982: 2150 Mio. Fr., 1981; 1746 Mio. Fr., 1980: 1249 Mio. Fr., 1979: 942 Mio. Fr., 1978: 1369 Mio. Fr.). Schon deshalb lässt sich auf dieser Grundlage die Steuerdefraudation nicht schätzen. Sodann besitzt die Eidgenössische Steuerverwaltung nur Unterlagen darüber, welcher Teil der zurückerstatteten Verrechnungssteuer auf Inländer und (aufgrund der Doppelbesteuerungsabkommen) auf Ausländer entfällt. Für die nicht zurückerstattete Verrechnungssteuer fehlen die notwendigen Unterlagen. Der Ertrag der Verrechnungssteuer lässt demgemäss nur gewisse Rückschlüsse auf die Höhe des schweizerischen Wertschriftenvermögens zu, das sich im Besitz von inländischen Defraudanten und von Ausländern befindet, nicht aber auf die prozentuale Verteilung dieses Vermögens auf inländische Defraudanten und auf Ausländer.

Unter diesen Umständen ist der Bundesrat nach wie vor nicht in der Lage, über den Umfang der Steuerdefraudation und der daraus entstehenden Ausfälle bei den direkten Steuern Zahlen anzugeben, die sich auch nur einigermasseu belegen Hessen.

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Personalbestand der ESTV unter dem Gesichtspunkt von Rekrutierung, Ausbildung, Einstufung und Entlöhnung (Ziff. l Bst. d)

Sowohl in der Hauptabteilung Stempelabgaben und Verrechnungssteuer wie auch in der Hauptabteilung Warenumsatzsteuer der ESTV fehlen genügend Mitarbeiter für den Aussendienst. Würde der Personalstopp nicht bestehen, könnte hier heute für Abhilfe gesorgt werden. Zwar gehört der Beruf des Steuerinspektors nach wie vor nicht zu den attraktivsten Beschäftigungen. Die das Familienleben beeinträchtigende Reisetätigkeit, eine insbesondere im Vergleich zur Privatwirtschaft (z.B. zu Treuhandgesellschaften) tiefere Besoldung sowie das nicht eben hohe Sozialprestige des Steuerbeamten erschweren die Rekrutierung auch heute. Trotzdem liessen sich unter den gegenwärtigen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt die Aussendienststäbe der ESTV angemessen verstärken, stünde dem nicht die Personalplafonierung entgegen.

Auch in der Vergangenheit wurden grosse Anstrengungen unternommen, um den Bestand des Aussendienstpersonals wenigstens zu halten oder gar leicht zu erhöhen. So stellte die Verwaltung, besonders für den Bereich Warenumsatzsteuer, in den letzten Jahren vorwiegend jüngere Kräfte an und bereitet diese verwaltungsintern und in Zusammenarbeit mit der kaufmännischen Berufs130

schule sowie neuerdings auch mit einem privaten Schulungsinstitut auf höhere Fachprüfungen vor.

Massnahmen zur Verstärkung der Aussendienste: - Durch Rationalisierung innerhalb der Verwaltung konnten in den letzten acht Jahren insgesamt 11 Stellen freigespielt werden, die den Hauptabteilungen für die Aussendienste abgetreten wurden.

- Departementsintern wurden der ESTV insgesamt 33 Stellen abgetreten.

- Über weitere Anträge des Bundesrates um Erhöhung des Personalbestandes der Bundesverwaltung - dahingehende Begehren hatte auch die ESTV beim Bundesrat angemeldet - ist im Rahmen der parlamentarischen Beratungen des Voranschlages 1984 entschieden worden und wird ferner bei der Behandlung des Legislaturfmanzplanes 1985-1987 zu beschliessen sein.

Für die Veranlagung der direkten Bundessteuer sind die kantonalen Verwaltungen für die direkte Bundessteuer zuständig. In diesem Bereich sind deshalb vorab die Personalprobleme der kantonalen Steuerverwaltungen ausschlaggebend. Die meisten Kantone kennen heute ebenfalls eine Personalplafonierung in irgendeiner Form. Auch begegnen die kantonalen Steuerverwaltungen ähnlichen Rekrutierungsschwierigkeiten wie die ESTV. In vielen Kantonen muss, wegen zu geringer Besoldung, zu wenig qualifiziertes Personal eingestellt werden. Wohl hat die Hauptabteilung Direkte Bundessteuer der ESTV schon einige mehrtägige Ausbildungskurse für Beamte der kantonalen Verwaltungen für die direkte Bundessteuer mit Erfolg durchgeführt. Weitere Kurse sind geplant. Sie können jedoch eine mangelhafte Grundausbildung nicht ersetzen. Zu einem gut ausgebauten Veranlagungsapparat gehören aber, soll die Steuerhinterziehung wirksam bekämpft werden, notwendigerweise gut ausgebildete Veranlagungsbeamte.

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Die heutige Praxis der Steuerkontrolle bei Unternehmen ; Kapazität der Kontrollorgane, Turnus der Kontrollen, Schwachstellen der Buchhaltungsprüfung (Ziff. l Est. e)

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Indirekte Bundessteuern

Bei den Stempelabgaben und der Verrechnungssteuer werden regelmässig umfassende Kontrollen durchgeführt, jedoch mangels Personal nicht in der erforderlichen Anzahl, um innert der fünfjährigen Verjährungsfrist, nach Weglassen der problemlosen Fälle, wenigstens jeden Steuerpflichtigen einmal näher überprüfen zu können. Auch für die Überprüfung der Rückerstattung der Verrechnungssteuer an die im Inland domizilierten juristischen Personen besteht ein grosser Personalmangel. Die Verrechnungssteuer wird wohl unter dem Vorbehalt der späteren Nachprüfung des Anspruchs zurückerstattet, und die ESTV ist befugt, die Wiedereinzahlung von Verrecrmungssteuern zu verfügen, falls die Nachprüfung ergibt, dass die Rückerstattung zu Unrecht erwirkt wurde. Beim heutigen Personalbestand kann jedoch nur stichprobeweise geprüft werden, ob die Rückerstattung der Verrechnungssteuer zu Recht gewährt wurde. Bei der Warenumsatzsteuer ist die Lage eher noch schwieriger. Die Steuerpflichtigen 131

können in der Regel nur in zeitlichen Abständen von 15-18 Jahren kontrolliert werden, was für eine Selbstveranlagungssteuer absolut ungenügend ist. Eine Verbesserung der Situation wäre nur mit einer Erhöhung der Zahl der Inspektoren zu erreichen. Eine solche Erhöhung des Personalbestandes würde es der ESTV zudem ermöglichen, den Steuerbehörden der Kantone eine gegenüber heute grössere Zahl von Feststellungen zu melden, die namentlich die Einkommenssteuer betreffen. Diesem Meldewesen kommt gerade unter dem Gesichtswinkel der Bekämpfung der Steuerhinterziehung besondere Bedeutung zu (vgl.

auch Ziff. 22 hievor).

Qualifizierte Inspektoren wären heute leichter zu finden als noch vor einiger Zeit. Leider steht die Personalplafonierung ihrer Anstellung entgegen (vgl.

Ziff. 5 hievor).

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Direkte Bundessteuer

Wie erwähnt, wird die direkte Bundessteuer von den Kantonen veranlagt und erhoben. Steuerkontrollen und Buchprüfungen bei Unternehmen fallen somit grundsätzlich in die Kompetenz der kantonalen Steuerverwaltungen. Die Inspektoren der Hauptabteilung Direkte Bundessteuer der ESTV beteiligen sich als Organe der Aufsichtsbehörde - nur ausnahmsweise an Buchprüfungen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der kantonale Kontrollapparat weitgehend fehlt oder ungenügend ausgebaut ist.

Die Steuerkontrollen erfolgen auf verschiedene Weise. Von der rein aktenmässigen Kontrolle mit Beweisauflage geht die Prüfung über stichprobeweise Kontrollen an Ort und Stelle von einem halben oder ganzen Tag bis zur mehrtägigen umfassenden Betriebsprüfung, Art und Umfang der Kontrolle richten sich nach den Möglichkeiten der Verwaltung und den Bedürfnissen der Veranlagung. Betrachtet man nur die eigentlichen Buchprüfungen, so ergibt sich für 1980-1982 rein rechnerisch ein Turnus von rund 30 Jahren, in dem ein Unternehmen oder ein Selbständigerwerbender einmal eingehend geprüft wird. Bei einer fünfjährigen Verjährungsfrist einschliesslich der zwei Berechnungsjahre der ältesten Veranlagungsperiode können höchstens acht Geschäftsjahre einer Prüfung unterzogen werden. Auf diese Tatsache bezogen, wäre ein Turnus von 30 Jahren rund viermal zu lang. Nun stellt nicht jeder Selbständigerwerbende und jede Gesellschaft veranlagungstechnisch dieselben Anforderungen. Aber selbst bei Weglassen der problemlosen Fälle ergibt sich eine viel zu kleine Zahl von Buchprüfungen. Dazu kommt, dass die Kontrollen von Kanton zu Kanton bezüglich Zahl, Umfang und Qualität sehr unterschiedlich ausfallen. Die Skala reicht von sehr gut bis ungenügend. Wohl leisten die Bundessteuerinspektoren in manchen Fällen «Feuerwehrdienst». Ein fehlendes oder wenig wirksames kantonales Revisorat können und sollen sie aber nicht ersetzen. Für Abhilfe muss die kantonale Verwaltung sorgen.

Die ESTV hat gegenüber den kantonalen Steuerverwaltungen in Fragen der Personaldotierung kein Weisungsrecht. Sie kann nur ständig auf Unzulänglichkeiten hinweisen und bei deren Behebung beratend mitwirken, und sie tut dies 132

auch. Die Inspektoren der ESTV wirken bei zahlreichen Veranlagungen mit. Sie nehmen an Verhandlungen mit Steuerpflichtigen oder ihren Vertretern teil und Übernehmen in manchen Fällen Koordinationsaufgaben. Dies vor allem dann, wenn sich die wirtschaftlichen Beziehungen eines Steuerpflichtigen über mehrere Kantone erstrecken oder wenn der gleiche Sachverhalt auch für andere Bundessteuern von Bedeutung ist. So ist schon manche mögliche Steuerhinterziehung rechtzeitig entdeckt und die Veranlagung richtiggestellt worden, ohne dass dafür hinterher ein Hinterziehungsverfahren durchgeführt werden musste.

In diesen Fällen dringt die ESTV aber darauf, dass auch die versuchte Hinterziehung bestraft wird (vgl. Art. 131 Abs. 2 BdBSt).

Natürlich hat die ESTV als Aufsichtsbehörde auch die Möglichkeit, von einer kantonalen Verwaltung für die direkte Bundessteuer erlassene fehlerhafte oder der Rechtsprechung zuwiderlaufende Veranlagungsverfügungen mit Beschwerde bei der kantonalen Bundessteuerrekurskommission anzufechten und deren Entscheide gegebenenfalls an das Bundesgericht weiterzuziehen. Mit diesen Rechtsmitteln kann die ESTV allenfalls eine Praxisänderung herbeiführen oder in Einzelfällen mangelhafte Verfügungen der Veranlagungsbehörde oder Entscheide der kantonalen Steuerjustizbehörde korrigieren lassen. Wenn jedoch die Veranlagungsbehörden die ihnen nach Gesetz zur Verfügung stehenden Kontrollmöglichkeiten aus Personalmangel oder aus ändern Gründen nicht genügend ausschöpfen, vermag das Ergreifen von Rechtsmitteln meistens keine grundlegende Änderung zu bewirken.

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Die besonderen Steuerkontrollorgane des Bundes (Ziff. l Bst. f)

Nach Artikel 139 BdBSt nehmen die besonderen Steuerkontrollorgane auf Ersuchen der Kantone und nach Weisung des Vorstehers EFD bei einzelnen Steuerpflichtigen Kontrollen vor. Diese im Gesetz schlicht als Kontrolle bezeichneten Handlungen sprengen jedoch den Rahmen einer «gewöhnlichen» Buchprüfung. Die Untersuchung der Organe richtet sich nämlich nach verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht (Art, 37-50 VStrR). Damit sind den besonderen Steuerkontrollorganen weitreichende Untersuchungskompetenzen gegeben. Es sind dies beispielsweise Hausdurchsuchung, Aktenbeschlagnahme, Zeugeneinvernahme. Entsprechend ausgebaut sind denn auch die Verteidigungsrechte des Beschuldigten. Erhebt er Einsprache gegen die Durchsuchung der beschlagnahmten Akten, so werden diese versiegelt, und die ESTV hat bei der Anklagekammer des Bundesgerichts die Entsiegelung zu verlangen (vgl. z. B. BGE i'06 IV 413). Bis zum Entscheid des Bundesgerichts kann sich ein recht umfangreiches Rechtsdossier ergeben.

Ausserdem sind dem Beschuldigten Beschwerderechte gegen einzelne Untersuchungshandlungen eingeräumt. All diese Rechtsmittel können den Gang einer Untersuchung erschweren und vor aUem in die Länge ziehen.

Das vom Gesetzgeber aufgestellte Erfordernis, wonach die besonderen Steuerkontrollorgane der ESTV nur eingesetzt werden können, wenn ein Kanton darum ersucht, hat es der ESTV nicht erlaubt, eine ständige Einsatzgruppe zu 133

schaffen, weil Zahl und Umfang der Einsätze nicht voraussehbar sind. Es musste daher zu einer flexiblen Organisation ohne ständige Mitarbeiter gegriffen werden. Einzig der Leiter der Organe, gleichzeitig Inhaber der 1979 geschaffenen Stabsstelle Defraudationsbekämpfung, ist fest der Gruppe zugeteilt. Die übrigen Teilnehmer an einer Untersuchung der besonderen Steuerkontrollorgane rekrutieren sich von Fall zu Fall aus dem Inspektorat und dem Rechtsdienst der Hauptabteilung Direkte Bundessteuer. Diese Beamten stehen dann allerdings für ihre eigentliche Aufgabe, nämlich die an anderer Stelle erwähnte - so notwendige - Aufsichts- und Beratertätigkeit während der Zeit der Untersuchung nicht zur Verfügung. Je nach dem Ausmass der Kontrollarbeiten können und mussten auch schon kantonale Steuerrevisoren angefordert werden.

Die Frage nach der Kapazität der besonderen Steuerkontrollorgane kann nicht ohne Berücksichtigung dieser Umstände beantwortet werden. Unter den heutigen Gegebenheiten scheinen zwei oder drei Einsätze im Jahr an der oberen Grenze der Kapazität der Hauptabteilung Direkte Bundessteuer der ESTV zu liegen.

Die bisherigen Einsätze der besonderen Steuerkontrollorgane haben sich gelohnt, haben doch daraus für Bund, Kantone und Gemeinden Nach- und Strafsteuern von mehreren Millionen Franken resultiert. Zu erwähnen sind auch die strafrechtlichen Verfahren, welche in der Folge eingeleitet worden sind und die abschreckend wirken dürften. Damit ist die Wirksamkeit der besonderen Steuerkontrollorgane durch die bisherigen Einsätze unter Beweis gestellt worden.

Der Einsatz der besonderen Steuerkontrollorgane ist für die betroffenen Steuerpflichtigen im Vergleich zum üblichen Steuerverfahren ein gewichtiger Eingriff.

Das neu geschaffene Instrument hat ausserordentlichen Charakter und sollte deshalb nur in besonderen Fällen eingesetzt werden. Seit Bestehen der Organe haben kantonale Verwaltungen für die direkte Bundessteuer der ESTV mehrere Fälle zur Prüfung unterbreitet, bei denen sich nach Ansicht der ESTV die Untersuchung durch die besonderen Steuerkontrollorgane als wenig tauglich erwiesen hätte. Anderseits ist auf jene Steuerpflichtigen hinzuweisen, für deren Veranlagung eine Untersuchung durch die besonderen Steuerkontrollorgane angezeigt wäre, für die aber - aus welchen Gründen auch immer -
eine Anfrage und ein Gesuch des Kantons unterbleiben.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die besonderen Steuerkontrollorgane unter den dargelegten Bedingungen ihre Aufgabe vollauf erfüllen.

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Massnahmen im eigenen Kompetenzbereich des Bundesrates (Ziff. l Bst. g)

Oberste Aufsichtsbehörde des Bundes über die Erhebung der direkten Bundessteuer durch die Kantone ist das Eidgenössische Finanzdepartement (Art. 65 Abs. l BdBSt). Dieses übt die ihm gesetzlich zugewiesenen Kompetenzen aus.

Es erlässt die im Bundessteuerbeschluss vorgesehenen Ausführungsvorschriften, genehmigt die kantonalen Vollziehungsverordnungen, stellt die Formulare für die Steuererklärung fest und bestimmt den allgemeinen Fälligkeitstermin, die 134

Höhe der Vergütungs- und Verspätungszinsen und gewisse Zahlungsbedingungen. Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang Artikel 94 Absatz 2 BdBSt: «Ergibt sich, dass die Veranlagung in einem Kanton ungenügend oder unzweckmässig durchgeführt wurde, so hat das Eidgenössische Finanzdepartement die Möglichkeit, auf Antrag der Eidgenössischen Steuerverwaltung die nötigen Anordnungen zu treffen. Es kann eine vollständige oder teilweise Neuveranlagung durch die kantonalen Veranlagungsbehörden oder durch besondere, von ihm zu bezeichnende Organe auf Kosten des Kantons verfügen.» Die unmittelbare Aufsicht übt die Eidgenössische Steuerverwaltung aus. Sie erlässt die für die richtige Durchführung der Veranlagung und des Bezugs der direkten Bundessteuer erforderlichen Anordnungen (Art. 72 BdBSt), sorgt für eine gleichmässige Veranlagung in der ganzen Schweiz und erteilt, wenn die Veranlagungen in einem Kanton oder Veranlagungskreis zu keiner Beanstandung Anlass geben, die Ermächtigung zur Eröffnung der Veranlagungen (Art. 93 und 94 BdBSt).

In diesem Bereich bleibt für zusätzliche Massnahmen des Bundesrates, wie sie das Postulat unter Ziffer l Buchstabe g vorschlägt, kein Raum.

Auf dem Gebiet der indirekten Steuern (Warenumsatzsteuer, Stempelabgaben, Verrechnungssteuer) Hessen sich Verbesserungen in der Kontrolltätigkeit durch personalpolitische Massnahmen erzielen, insbesondere durch Lockerung des Personalstopps. Solche Massnahmen können jedoch nur im Rahmen der gesamten Personalpolitik des Bundes getroffen werden und fallen letztlich in den Zuständigkeitsbereich des Parlaments.

Im übrigen legt der Bundesrat Wert darauf, dass die ESTV Massnahmen ergreift, um möglichen Missbräuchen auf dem Gebiet der Verrechnungssteuer zu begegnen. Diese Massnahmen werden vor allem die Anlage von Treuhandgeldern durch die inländischen Banken bei Tochtergesellschaften und Filialen im Ausland sowie die unrechtmässige Geltendmachung von Rückerstattungsansprüchen betreffen.

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Anträge im gesetzgeberischen Bereich (Ziff. 2)

Am 25. Mai 1983 hat der Bundesrat eine Botschaft zu Bundesgesetzen über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden sowie über die direkte Bundessteuer verabschiedet (Botschaft über die Steuerharmonisierung; BEI 1983 III 1). Im Zusammenhang mit dem zur Diskussion stehenden Postulat sind die Anträge auf Einführung einer Besteuerung der Kapitalgewinne auf dem beweglichen Privatvermögen (vgl. Ziff. 144.3 der Botschaft) und der einjährigen Veranlagung nach der Postnumerando-Methode (vgl. Ziff. 141 der Botschaft) in Bund und Kantonen von besonderer Bedeutung.

Namentlich mit der Besteuerung von Kapitalgewinnen auf wesentlichen Beteiligungen im Privatvermögen sollen unter anderem gewisse Steuerumgehungspraktiken, die sich aus der fehlenden Kapitalgewinnbesteuerung beim Bund und in den meisten Kantonen ergeben, weitgehend ausgeschaltet werden.

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Bei der zeitlichen Bemessung herrscht heute noch beim Bund und in den meisten Kantonen die zweijährige Veranlagung nach der Vergangenheitsbemessung (Praenumerando-Methode) vor. Ordentliche Grundlage für die Steuerberechnung bilden hier die der Veranlagungsperiode vorangegangenen zwei Kalenderjahre. Hört die Steuerpflicht auf oder treten während der Veranlagungsperiode grundlegende Veränderungen in den Einkommensverhältnissen des Steuerpflichtigen ein, die eine Zwischenveranlagung erfordern, so kann das zur Folge haben, dass zur Gegenwartsbesteuerung übergegangen werden muss und dadurch Einkommensteile, die in die Bemessungslücke fallen, nicht mehr voll besteuert werden können. Diese Besteuerungslücken, die von gewissen Steuerpflichtigen bewusst ausgenutzt werden, sollen mit dem Übergang zur einjährigen Veranlagung nach der Gegenwartsbemessung (Postnumerando-Methode) Bemessungs- und Steuerjahr bilden hier eine Einheit - geschlossen werden.

Die Botschaft verweist noch auf andere Verbesserungen gegenüber dem geltenden Recht, insbesondere bei der direkten Bundessteuer, so unter anderem auf: - Erweiterte Verfahrenspflichten des Steuerpflichtigen und Dritter (Art. 128-134 des Entwurfs eines Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer [DBG]); - Einführung des Instituts der Nachsteuer, d. h. der Möglichkeit, eine rechtskräftige Veranlagung unter bestimmten Voraussetzungen auch dann zuungunsten des Steuerpflichtigen zu revidieren, wenn kein Hinterziehungstatbestand vorliegt (Art. 158-160 DBG); - Erweiterung der Steuervergehenstatbestände (Art. 191-193 DBG); - eingehendere Regelung des Einsatzes der besonderen Steuerkontrollorgane unter Verzicht auf das Erfordernis, wonach die ESTV hier nur tätig werden kann, wenn ein Kanton um diesen Einsatz ersucht (Art. 196-201 DBG).

In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass von den in der Begründung zum vorliegenden Postulat erwähnten Anregungen für die Gesetzgebung deren zwei (die Punkte 3 und 5) in den Harmonisierungsentwürfen ganz oder teilweise erfüllt sind (zu Punkt 3: vgl. die Art. 58 des Entwurfs eines Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG] und 161-166 DBG über das Inventar; zu Punkt 5: vgl. die Art. 46 Abs. 2 StHG und 132 Abs. 2 DBG über die direkte Einholung von Bescheinigungen bei Dritten).
Der seinerzeit im Bericht zur Motion Eggenberger gemachte Vorschlag, das Institut des vereidigten Buchsachverständigen zu schaffen (vgl. Punkt l der in der Begründung zum Postulat enthaltenen Anregungen) fand bisher kein grosses Echo. Das mag darauf zurückzuführen sein, dass diese angelsächsische Einrichtung bei uns eher als Fremdkörper empfunden wird. Dies ist aber kein Hindernis, das Anliegen nicht noch einmal zu prüfen, umso mehr, als in der Zwischenzeit die Ausbildung geeigneter Fachkräfte erfreuliche Fortschritte gemacht hat.

Im Jahr 1984 werden die ersten Kandidaten die eidgenössische Diplomprüfung für Steuerexperten ablegen. Es wäre nicht abwegig, die Anwärter für vereidigte Buchsachverständige beispielsweise unter den eidgenössisch diplomierten Steuerexperten oder in den Reihen der Inhaber ähnlicher höherer Fachausweise (dipi. Bücherexperten, dipi. Buchhalter-Controller u. a.) zu suchen. Das Institut des vereidigten Buchsachverständigen geht aber über den steuerlichen Bereich 136

hinaus. Es berührt sicher auch das Aktienrecht, das zurzeit revidiert wird. Der Bundesrat hat deshalb davon abgesehen, in den Harmonisierungsentwürfen entsprechende Vorschläge zu machen.

Weitere, ausserhalb der Harmonisierungsgesetzgebung zu erlassende Bestimmungen erachtet der Bundesrat zurzeit weder als zwecktnässig noch als notwendig. So eignen sich die im Bericht zur Motion Eggenberger erwähnten zivilrechtlichen Massnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung (vgl. Punkt 4 der in der Begründung zum Postulat enthaltenen Anregungen) hiefür weniger.

Sie wollen ja vor allem die Klagbarkeit von Forderungen einschränken oder beseitigen, wenn nicht bestimmte steuerliche Bedingungen erfüllt sind. Dabei gilt es aber vor allem zu beachten, dass in der Schweiz das System der Veranlagung mit getrennten, je zwei Jahre umfassenden Veranlagungs- und Bemessungsperioden vorherrscht. Dies hat zur Folge, dass in der Steuererklärung nur die in der Bemessungsperiode entstandenen oder die zu Beginn der Veranlagungsperiode noch bestehenden Forderungen in der Steuererklärung aufgeführt sind.

Wenn nun eine Forderung in der Veranlagungsperiode neu entsteht und noch in deren Verlauf gerichtlich geltend gemacht wird, kann diese Forderung in der Steuererklärung noch gar nicht aufgeführt sein. Damit wäre der Massnahme ein erheblicher Teil der beabsichtigten Wirkung genommen. Die vorstehenden Ausführungen zeigen auch, dass ganz allgemein ein zivilrechtlicher Anspruch nur dann in der Steuererklärung auftaucht, wenn dafür eine Deklarationspflicht besteht, wobei diese Deklarationspflicht in der Regel aber nur alle zwei Jahre zu erfüllen ist, so dass grosse zeitliche Lücken bestehen. Es ist zudem festzuhalten, dass nur ein verhältnismässig kleiner Teil aller Forderungen und sonstiger geldwerter zivilrechtlicher Ansprüche gerichtlich oder auf dem Weg der Schuldbetreibung durchgesetzt wird. Die vertragsgemäss und ohne gerichtlichen oder betreibungsrechtlichen Zwang erfüllten Forderungen würden somit vom Fiskus wie bis anhin nicht in jedem Falle erfasst werden können. Zudem wäre der Verwaltungsaufwand nicht unbeträchtlich, wenn die Steuerbehörde die jeweils nötigen Meldungen an die Gerichte zuzustellen oder entsprechende Bescheinigungen an den Kläger auszustellen hätte.

Was die in Punkt 2 der Begründung des Postulats angeregte
Ausdehnung der Verrechnungssteuer auf die Gewinne betrifft, welche die inländischen Betriebsstätten ausländischer Unternehmen erzielen, so fände sie in der Verfassung keine hinreichende Grundlage. Nach Artikel 41bis Absatz l Buchstabe b BV kann der Bund zwar den Ertrag beweglichen Kapitalvermögens (so insbesondere die Erträge von Aktien), nicht aber den von einem Unternehmen erarbeiteten Reingewinn mit der Verrechnungssteuer erfassen. Davon abgesehen drängt sich eine Ausdehnung der Verrechnungssteuer auf die Gewinne der inländischen Betriebsstätten ausländischer Unternehmen nicht auf. Die Verrechnungssteuer soll in erster Linie die Erhebung der schweizerischen direkten Steuern gewährleisten und der Hinterziehung dieser Steuern entgegenwirken. Würden die Gewinne inländischer Betriebsstätten ausländischer Unternehmen erfasst, so würde die Verrechnungssteuer wegen der zwingend vorgeschriebenen Überwälzung den ausländischen Hauptsitz belasten. Dieser könnte die Verrechnungssteuer dann zwar zurückfordern, sofern und soweit eines der von der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen dies vorsieht. Die Ausdehnung 137

der Verrechnungssteuer auf die Gewinne der inländischen Betriebsstätten würde aber keinen Beitrag zur Bekämpfung der Hinterziehung bei den schweizerischen Steuern darstellen, weshalb eine Änderung des Verrechnungssteuergesetzes nicht erforderlich ist.

Was die der Verrechnungssteuer unterstellten Einkünfte der inländischen Betriebsstätten von ausländischen Unternehmen anbelangt, so erfordert das Postulat ebenfalls keine Änderung des Verrechnungssteuergesetzes. Ausländische Unternehmen, welche für die Einkünfte aus einer inländischen Betriebsstätte oder für deren Betriebsvermögen Kantons- oder Gemeindesteuern entrichten müssen, können gemäss Artikel 24 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 25 Absatz l des Verrechnungssteuergesetzes nämlich nur dann Anspruch auf Rückerstattung der auf den Einkünften der Betriebsstätte abgezogenen Verrechnungssteuer erheben, wenn sie diese Einkünfte in der Jahresrechnung ordnungsgemäss als Ertrag ausweisen. Damit wird sichergestellt, dass die betreffenden Einkünfte der inländischen Betriebsstätte bei der Veranlagung des in der Schweiz beschränkt steuerpflichtigen ausländischen Unternehmens als steuerbarer Ertrag erfasst werden.

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Schlussbemerkungen

Der Bundesrat ist mit den Postulanten der Auffassung, dass das geltende Steuerrecht auf allen Ebenen möglichst konsequent und umfassend durchzusetzen ist. Dazu gehört auch eine wirksame Bekämpfung der Steuerhinterziehung.

Diese Aufgabe ist gerade in einem Rechtsstaat vordringlich. Einmal darf sich der ehrliche Bürger gegenüber dem Steuerhinterzieher nicht als der Geprellte vorkommen. Sodann sind die Steuererträge der Allgemeinheit möglichst lückenlos zu sichern. Der Bundesrat ist der Meinung, dass das gesetzestechnische Instrumentarium - falls die in der Steuerharmonisierungsvorlage beantragten Verbesserungen verwirklicht werden (s. Ziff. 9 hievor) - ausreicht, um gegen die Steuerhinterziehung mit Erfolg anzugehen. Hingegen fehlt es den Steuerverwaltungen aller Stufen offensichtlich am erforderlichen Personal. Der Bundesrat unterstützt deshalb die Anträge des Finanzdepartements, die darauf abzielen, der Steuerverwaltung mehr Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. Was den Bereich anbetrifft, in dem die Kantone zur Steuererhebung zuständig sind, so ist auch hier eine Erhöhung der Personalbestände dringend geboten. Es ist deshalb sehr zu hoffen, dass die kantonalen Regierungen und Parlamente dieser Frage ebenfalls die ihr gebührende Beachtung schenken werden.

Alle noch so ernstgemeinten Absichten des Steuergesetzgebers fruchten wenig oder nichts, wenn nicht der allseitige feste Wille besteht, den erlassenen Vorschriften auch umfassend zum Durchbruch zu verhelfen. In diesem Sinne betrachtet der Bundesrat die Bekämpfung der Steuerhinterziehung als eine wichtige Staatsaufgabe. Er wird deshalb in seinen Anstrengungen nicht nachlassen, ihr notwendiges Gewicht zu verleihen.

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Anhang

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Postulat des Nationalrates vom 19. März 1982 Massnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung

Text des Postulates Der Bundesrat wird eingeladen zu prüfen, ob es nicht angezeigt wäre, der Bundesversammlung Bericht und Anträge über Massnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung vorzulegen.

1. Der Bericht soll sich namentlich äussern über a. die Fortschritte in der Bekämpfung der Steuerhinterziehung seit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zur Motion Eggenberger betreffend wirksamere Bekämpfung der Steuerdefraudation (vom 25. Mai 1962); b. jene Bereiche, in denen die Steuerhinterziehung noch nicht wirksam bekämpft werden kann; c. die geschätzte Höhe des hinterzogenen Einkommens und Vermögens sowie die sich daraus für Bund, Kantone und Gemeinden ergebenden Steuerausfälle; d. den Personalbestand der Eidgenössischen Steuerverwaltung unter dem Gesichtspunkt von Rekrutierung, Ausbildung, Einstufung und Entlöhnung; e. die heutige Praxis der Steuerkontrolle bei Unternehmen; Kapazitäten der Kontrollorgane, Turnus der Kontrollen, Schwachstellen der Buchhaltungsprüfung ; f. Kapazität, bisherigen Einsatz und Effizienz der besonderen Steuerkontrollorgane gemäss Bundesgesetz über Massnahmen gegen die Steuerhinterziehung (vom 9. Juni 1977); in welchem Masse können diese Organe dem Ersuchen der Kantone zur Vornahme von Kontrollen bei einzelnen Steuerpflichtigen entsprechen?

g. die Massnahmen, die der Bundesrat für eine bessere Kontrolle der Steuerveranlagung und zur Behebung von Schwachstellen bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung im eigenen Kompetenzbereich vorsieht und welchen Zeitpunkt er für deren Realisierung ins Auge fasst.

2. Die Anträge sollen Vorschläge zur Behebung von Schwachstellen in der Bekämpfung der Steuerhinterziehung im gesetzgeberischen Bereich enthalten.

3. Bericht und Anträge sind im Bundesblatt zu veröffentlichen.

Begründung Die Ablehnung der beiden Mehrwertsteuervorlagen hat gezeigt, dass der Widerstand gegen eine zusätzliche steuerliche Belastung des Konsums weit verbreitet ist. Mit Ausgabenkürzungen allein lässt sich indessen der nach wie vor slaik defizitäre Bundeshaushalt nicht sanieren. Eine konsequentere Durchsetzung des geltenden Steuerrechtes drängt sich daher auf. Seit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zur Motion Eggenberger betreffend wirksamere 139

Bekämpfung der Steuerdefraudation sind nahezu 20 Jahre verflossen. Da der Kampf gegen die Steuerhinterziehung eine Daueraufgabe jeder Steuerbehörde ist, liegt ein umfassender Bericht des Bundesrates über die seitherigen Fortschritte, aber auch über die noch ungelösten Probleme auf diesem Gebiet im Öffentlichen Interesse.

Wir erwarten zudem Aufschluss über die Massnahmen, die der Bundesrat in seinem eigenen Kompetenzbereich zur Verbesserung des Kampfes gegen die Steuerhinterziehung treffen will.

Eine wirksamere Bekämpfung der Steuerhinterziehung erfordert ferner eine entsprechende Anpassung der Gesetzgebung. Es ist Aufgabe des Bundesrates, der Bundesversammlung geeignete Vorschläge zu unterbreiten. Denkbare Möglichkeiten sind etwa: 1 die Einführung von vereidigten Buchsachverständigen (vgl. 2. Abschnitt, I, B, 3, c, Seite 27 des Berichtes des Bundesrates an die Bundesversammlung zur Motion Eggenberger betreffend wirksamere Bekämpfung der Steuerdefraudation vom 25. Mai 1962); 2 die Ausdehnung der Verrechnungssteuerpflicht auf Gewinnausschüttungen schweizerischer Betriebsstätten ausländischer Unternehmungen an ihre Hauptsitze; 3 die Vereinheitlichung der Vorschriften über die Inventaraufnahme nach dem Tode eines Steuerpflichtigen in Bund und Kantonen; 4 zivilrechtliche Massnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung (vgl.

2. Abschnitt, I, B, 3, d, Seite 28 des erwähnten Berichtes des Bundesrates vom 25. Mai 1962); 5 die Befugnis der Steuerveranlagungsbehörden, von Vermögensverwaltern, Treuhändern, Pfandgläubigem, Beauftragten und anderen Personen, die Vermögen des Steuerpflichtigen im Besitze oder in Verwaltung haben oder hatten, Bescheinigungen über diese Vermögen und ihre Erträgnisse zu verlangen.

Das Eidgenössische Finanzdepartement könnte die Ausarbeitung von Vorschlägen nötigenfalls einer Expertenkommission übertragen.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht über Massnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung (Postulat des Nationalrates 81.541 vom 19. März 1982) vom 19. Dezember 1983

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Bundesblatt

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Jahr

1984

Année Anno Band

1

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07

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.02.1984

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121-140

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