1582 Ablauf der Beferendumsfrist: 27. September 1961

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Bundesbeschluss über

die schweizerische Uhrenindustrie (Uhrenstatut) (Vom 23. Juni 1961)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 31Ms, 32, 34ter, Absatz l, Buchstabe a, und 64Ws der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 16. Dezember I9601), beschliesst : I. Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen

Art. l 1

Zur Uhrenindustrie im Sinne dieses Beschlusses gehören : a. die Herstellung und das Zusammensetzen von Uhren, Uhrwerken und Hemmungsträgern ; b. die Herstellung von Bob.werken und Uhrbestandteilen (mit Einschluss der Uhrgehäuse und der Teilfabrikate) sowie die hiefür notwendigen Arbeitsgänge ; c. die Herstellung von Stanz- und Spezialwerkzeugen jeder Art zur Fabrikation von in der Uhrenindustrie verwendeten Eohwerken und Uhrbestandteilen (mit Einschluss der Uhrgehäuse und der Teilfabrikate) sowie die Herstellung von Apparaten, die dem Zusammensetzen und Fertigmachen von Uhrwerken, Eohwerken und Uhrbestandteilen (mit Einschluss der Uhrgehäuse und der Teilfabrikate) dienen.

2 Als Uhren oder Uhrwerke im Sinne dieses Beschlusses gelten Zeitmessinstrumente, deren Werk in der Breite, Höhe oder im Durchmesser 50 Millimeter, oder in der Dicke 12 Millimeter, gemessen mit Boden und Brücke, nicht überschreitet. Bei der Bestimmung der Breite, der Höhe oder des Durchmessers werden nur die technisch erforderlichen Masse in Betracht gezogen.

!) BEI 1960, II, 1489.

1583 3

Das Volkswirtsehaftsdepartement umschreibt die übrigen technischen Begriffe, soweit sie für die Anwendung dieses Beschlusses notwendig sind.

u. Massnahmen zur Erhaltung der Existenz der schweizerischen Uhrenindustrie

Art. 2 1

Um die Ausfuhr von Erzeugnissen der "Uhrenindustrie zu verhindern, die geeignet sind, den Euf der schweizerischen Uhrenindustrie im Ausland schwer zu beeinträchtigen, hat der Bundesrat ab I.Januar 1962 eine technische Kontrolle der in der Schweiz hergestellten Uhren und Uhrwerke einzuführen. Er kann bestimmte Arten von Weckern und Tischuhren von dieser Kontrolle ausnehmen oder die Kontrolle auf andere in der Schweiz hergestellte oder eingeführte Erzeugnisse der Uhrenindustrie ausdehnen.

2 Die Kontrollkriterien und die Minimalanforderungen sind auf Grund messbarer technischer Werte, ohne Berücksichtigung von Merkmalen des Aussehens und Darbietens aufzustellen, wobei keine Uhrenart benachteiligt werden darf. Sie sind der technischen Entwicklung sowie den Marktbedürfnissen anzupassen und je nach Kategorie oder allenfalls Unterkategorie der Fertigprodukte verschieden festzusetzen. Es dürfen keine Vorschriften über Konstruktionsmerkmale oder zu verwendende Materialien gemacht werden.

3 Die technische Kontrolle ist durch Stichproben durchzuführen.

A. Technische Kontrolle von Erzeugnissen der Unrenindustrle a. Zweck nnd Anwendungsgrundsätze

Art. 3 1

Ergibt sich bei einer gemäss Artikel 2, Absatz 3, durchgeführten technischen Kontrolle, dass durch eine Unternehmung hergestellte oder verwendete Erzeugnisse der Uhrenindustrie den Minimalanforderungen nicht entsprechen, so mahnt die zuständige Stelle diese Unternehmung.

2 Entsprechen die Erzeugnisse dieser Unternehmung trotz zweier aufeinanderfolgender Mahnungen abermals nicht den Minimalanforderungen, so wird die Unternehmung einer verstärkten technischen Kontrolle unterworfen. Diese wird ebenfalls durch Stichproben durchgeführt, umfasst aber sämtliche der Kontrolle unterworfenen Erzeugnisse, welche die Unternehmung herstellt oder verwendet. Zudem ist es ihr verboten, die der technischen Kontrolle unterworfenen Erzeugnisse der Uhrenindustrie, welche den Minimalanforderungen nicht entsprechen, zu verkaufen. Dieses Verbot wird hinfällig und die Unternehmung von der verstärkten technischen Kontrolle befreit, wenn ihre Produktion während einer gewissen Zeitspanne zu keiner gerechtfertigten Beanstandung Anlass gibt.

6. Verstärkte technische Kontrolle und Sanktionen

1584 Art. 4 c. Einsprache Wenn die Ergebnisse der gestützt auf Artikel 2 oder 3 durchgeführten technischen Kontrolle zu einer Beanstandung Anlass geben, kann die Unternehmung binnen zehn Tagen seit deren schriftlichen Bekanntgabe Einsprache erheben. Die zuständige Stelle hat alsdann innert 30 Tagen einen im Sinne von Artikel 19 besehwerdefähigen Entscheid zu treffen.

Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

Art. 5 ä. Kosten der Die Kosten der technischen Kontrolle im Sinne der Artikel 2 und B Kontrolle0 gehen zu Lasten der der Kontrolle unterstellten Unternehmungen.

e. Aufgaben der Vollzugsbehörden

B. Regelung der Ausfuhren

Art. 6 Der Bundesrat bestimmt die Kriterien der technischen Kontrolle für die verschiedenen von ihm festzulegenden Kategorien und Unterkategorien. Er bezeichnet die mit dieser Kontrolle beauftragten Stellen und umschreibt ihre Befugnisse. Er bestimmt die in Artikel 3, Absatz 2, genannte Zeitspanne. Er regelt das Einspracheverfahren und stellt einen Tarif der Kosten der technischen Kontrolle im Sinne der Artikel 2 und 3 auf.

2 Das Volkswirtschaftsdepartement bestimmt die Minimalanforderungen, denen die der technischen Kontrolle unterworfenen Erzeugnisse der Uhrenindustrie entsprechend der Kategorie oder Unterkategorie, der sie angehören, genügen müssen. Es regelt die Durchführung der technischen Kontrolle im Sinne der Artikel 2 und 3 und trifft die notwendigen Anordnungen, um dabei die Unparteilichkeit zu gewährleisten.

1

Art. 7 Um die traditionelle Politik bezüglich der Ausfuhr von Erzeugnissen der Uhrenindustrie zu unterstützen und um den Zweck der technischen Kontrolle dieser Erzeugnisse zu erreichen, kann der Bundesrat, soweit erforderlich, der Bewilligungspfficht -unterstellen : den Verkauf zum Zwecke der Ausfuhr, die Ausfuhr und den Verkauf an einen im Ausland niedergelassenen Kunden: 1. von Uhren, Uhrwerken, Rohwerken, Teilfabrikaten von Eohwerken sowie von regulierenden Bestandteilen der Uhr (Hemmungen, Unruhn und Spiralfedern) oder von ändern Uhrbestandteilen (mit Einschluss der Uhrgehäuse und der Teilfabrikate), sowohl losen als auch zusammengesetzten ; 2. a. von sowohl neuen als auch gebrauchten Stanz- und Spezialwerkzeugen jeder Art, welche zur Herstellung von Eohwerken und 1

1585 Uhrbestandteilen (mit Einschluss der Uhrgehäuse und der Teilfabrikate) bestimmt sind: b. von Plänen für die Kaliberkonstruktion sowie von Zeichnungen von Stanz- und Spezialwerkzeugen für die Uhrenfabrikation ; c. von allen Apparaten, die dem Zusammensetzen und dem Fertigmachen der Uhrwerke, Eohwerke und Uhrbestandteile (mit Einschluss der Uhrgehäuse und der Teilfabrikate) dienen; 3. von ausgesprochenen Uhrenmaschinen.

2 Im Interesse einer wirksamen Anwendung der Eegelung der Ausfuhren im Sinne von Absatz l kann der Bundesrat besondere Vorschriften über die Kontrolle der Herstellung und des Verkaufs von Bohwerken und gewissen Uhrbestandteilen erlassen und die Unterlagen bezeichnen, welche die betreffenden Unternehmungen zur Verfügung der Kontrollorgane zu halten haben.

3 Liegen auf Grund einer in Anwendung von Absatz 2 durchgeführten Kontrolle hinreichende Verdachtsgründe für eine widerrechtliche Ausfuhr von Eohwerken oder Uhrbestandteilen vor, deren Herstellung und Verkauf der Kontrolle unterworfen sind, so kann die Unternehmung ihre industrielle Tätigkeit nur weiterführen, wenn sie mit der zuständigen Stelle einen Kontrollvertrag abschliesst, der eine Konventionalstrafe vorsieht. Ebenso hat eine Unternehmung einen derartigen Kontrollvertrag abzuschliessen, wenn sie während des Zeitraumes, in dem sie der in Absatz 2 vorgesehenen Kontrolle unterworfen war, widerrechtlich solche Eohwerke oder Uhrbestandteile ausgeführt hat.

4 Der Bundesrat bezeichnet die zur Erteilung von Bewilligungen im Sinne von Absatz l zuständigen Stellen.

1

Ergreifen Organisationen der Uhrenindustrie Selbsthilfemass- c. soiidaritatsel rage nahmen technischer oder kaufmännischer Natur zugunsten dieser Industrie als Ganzes oder einer bestimmten Branche, namentlich auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung und der Marktforschung, so kann der Bundesrat, auf Antrag dieser Organisationen, die Unternehmungen, die ihnen nicht angeschlossen sind, aber direkt oder indirekt aus diesen Massnahmen Nutzen ziehen können, zur Leistung von Solidaritätsbeiträgen verpflichten.

2 Die Solidaritätsbeiträge können nur erhoben werden, wenn die nicht angeschlossenen Unternehmungen die Möglichkeit besitzen, der Selbsthilfeorganisation beizutreten.

3 Die Solidaritätsbeitrage sind so festzulegen, dass die Kosten der Selbsthilfemassnahmen der Billigkeit entsprechend auf die den Organi-

1586 sationen der Uhrenindustrie angeschlossenen und auf die nicht angeschlossenen Unternehmungen verteilt sind. Zu diesem Zweck sowie zur Gewährleistung der zweckentsprechenden Verwendung der Beiträge erlässt der Bundesrat die erforderlichen Vorschriften.

m. Nicht fabrikmäßige Arbeit

Art. 9 Der Bundesrat erlässt Vorschriften zur Eegelung der Heimarbeit in der Uhrenindustrie sowie der Arbeit in den dem Bundesgesetz vom 18. Juni 1914l) betreffend die Arbeit in den Fabriken nicht unterstellten Betrieben (Ateliers).

1

2 Die Heimarbeiter sind nach den gleichen Normen wie die Arbeiter im Betrieb (Atelier) oder in der Fabrik zu entlöhnen.

IV. Übergangsordnung

Art. 10 BewiUigunga! In der Zeit vom I.Januar 1962 bis 31.Dezember 1965 bleiben die p ° Eröffnung neuer Unternehmungen der Uhrenindustrie, die Wiedereröffnung von Unternehmungen, die ihre industrielle Tätigkeit während mehr als zwei Jahren unterbrochen haben, und die Umgestaltung bestehender Unternehmungen bewilligungspflichtig. Das Volkswirtschaftsdepartement befindet über entsprechende Gesuche.

2

Als Umgestaltungen im Sinne von Absatz l gelten der Übergang von einem Fabrikationszweig zu einem ändern sowie die Angliederung eines Fabrikationszweiges an einen ändern.

3

Nicht bewilligungspflichtig sind die Übernahme einer bestehenden Unternehmung der Uhrenindustrie mit Aktiven und Passiven, die Angliederung einer bestehenden Unternehmung an eine andere, der Zusammenschluss bestehender Unternehmungen und, sofern es sich um den gleichen Fabrikationszweig handelt, der Übergang von einer Form der industriellen Tätigkeit zu einer ändern, wie zum Beispiel der Wechsel von der Arbeit im Lohn zur Fabrikation.

4

Nicht bewilligungspflichtig sind ferner: a. das Einpressen von Uhrensteinen (empierrage) ; b. die Herstellung von Schrauben, von Sperrfederhaken, von Kronenträgern und Eingen (pendants et anneaux), von Drahtfedern (ressorts-fil), von Endhaken für Zugfedern (brides de ressorts);

!) BS 8, 3.

1587 c. das Polieren von Stahlteilen, das Gravieren von Uhrwerken und -gehäusen, das Gravieren auf Stahl, das Adoucieren von Zeigern sowie das Streichen von Leuchtmasse auf Zifferblätter und Zeiger.

Art. 11 1

Als Fabrikationszweige der Uhrenindustrie im Sinne von Artikel 10, Absatz 2 und 8, gelten: a. die Herstellung des vollständigen Eohwerkes : b. die Herstellung der Mechanismen für komplizierte Uhren (Kalenderuhren, Chronographen, Zähluhren) und der Mechanismen für automatischen Aufzug; c. die Herstellung der EuekerVorrichtung, der Stoßsicherung und des kombinierten Zapfenlagers : d. die Herstellung der Eäder und Triebe sowie das Drehen und Schneiden von Bestandteilen und das Zapfendrehen; e. die Herstellung von Hemmungen ; /. die Herstellung von Unruhn; g. die Herstellung von Spiralfedern ; h. das Vergolden, Versilbern und Vernickeln von Uhrwerken ; i. die Herstellung von Zugfedern; fe. die Herstellung von Uhrensteinen, mit Einschluss des «Préparage» und aller Arbeitsgange der Steinfabrikation: l. die Herstellung von Zeigern; m. die Herstellung von Zifferblättern mit Binschluss des Prägens : n. die Herstellung von Uhrgehäusen, mit Einschluss des Goldplattierens nach galvanischem Verfahren und des Fertigmachens (Terminage) der Uhrgehäuse; o. die Herstellung von Uhrengläsern; p. die Herstellung von Uhren durch Manufakturen; q. die Herstellung von Uhren im Etabhssage ; r. das Zusammensetzen und Fertigmachen (Terminage) von Uhrwerken ; ab 1. Januar 1963 sind die Termineure auch berechtigt, Uhren im Etablissage herzustellen ; s. die Herstellung von Stanz- und Spezialwerkzeugen.

2 Der Bundesrat kann die Umschreibung der einzelnen Fabrikationszweige gemäss Absatz l nach Massgabe der Bedürfnisse ändern.

s Beim Zusammensetzen und Fertigmachen (Terminage) von Uhrwerken sowie bei der Herstellung von Uhren und Uhrwerken, sowohl durch Etablisseure als auch durch Manufakturen, wird kein Unterschied zwischen den Bauarten Anker, Zylinder, Eoskopf und genre Eoskopf gemacht. Dagegen wird bei der Herstellung von Eohwerken sowie von

Umschreibung der Fabrikationszweige der Uhrenindustrie

1588 Hemmungen und Unruhn durch spezialisierte Unternehmungen jede dieser Bauarten als Fabrikationszweig betrachtet.

Art. 12 1 Tätigkeit der Die Manufaktur ist eine Uhrenfabrik, die Kohwerke und regulieren e de^BUbUssenrs & oder andere Uhrbestandteile zur eigenen Verwendung herstellt. Bis und des zum 31. Dezember 1963 dürfen Eohwerke und regulierende oder andere Uhrbestandteile nur im Rahmen der herkömmlichen Eechte und der neuen, vom Volkswirtschaftsdepartement erteilten Bewilligungen hergestellt werden. Der Bundesrat bestimmt, in welchem Ausmass sie auch Eohwerke und Uhrbestandteile an andere Manufakturen liefern kann.

2 Der Etablisseur ist ein Uhrenfabrikant, der alle zu seiner Fabrikation notwendigen Eohwerke und Uhrbestandteile kauft und sie selbst zusammensetzt oder durch Dritte zusammensetzen lässt. Er kann auch für andere (Manufakturen oder andere Etablisseure) auf Grund eines Werkvertrages Uhren oder Uhrwerke zusammensetzen.

3 Der Termineur setzt auf Grund eines Werkvertrages Uhren oder Uhrwerke für andere (Manufakturen oder Etablisseure) zusammen.

Art. 13 Erteilung der Bewilligungen

1

Eine Bewilligung im Sinne von Artikel 10 ist zu erteilen, sofern dadurch nicht bedeutende Interessen der Uhrenindustrie in ihrer Gesamtheit verletzt werden, dem Gesuchsteller, a. der eine Unternehmung der Uhrenindustrie eröffnen, wiedereröffnen oder umgestalten will, wenn er nachweist, dass er die notwendigen Kenntnisse zur Leitung einer solchen Unternehmung besitzt, namentlich, wenn er in dem in Frage stehenden Fabrikationszweig eine ausreichende Tätigkeit ausgeübt hat; Ì). der eine Unternehmung der Uhrenindustrie eröffnen, wiedereröffnen oder umgestalten will, um eine patentierte Erfindung, ein neues Herstellungsverfahren oder eine technische Verbesserung auszuwerten, sofern sich hieraus für die Uhrenindustrie ein Fortschritt ergibt. Das Volkswirtschaftsdepartement trifft seinen Entscheid nach Anhören eines oder mehrerer unabhängiger Experten; c. der eine Unternehmung umgestalten will, wenn er nachweist, dass die Umgestaltung wegen eingetretener Änderung im Herstellungsverfahren oder auf dem Uhrenmarkt notwendig ist, um lebensfähig zu bleiben.

2 Das Volkswirtschaftsdepartement entscheidet in allen Fällen nach Anhören einer Begutachtenden Kommission, welche aus Vertretern der hauptsächlichsten Arbeitgeber- und Arbeitnehmergruppen der Uhrenindustrie zusammengesetzt ist. Es bezeichnet die Mitglieder dieser Köm-

1589 mission. Die nicht vertretenen Gruppen sind immer dann schriftlich zu begrüssen, wenn es sich um Fälle handelt, an denen sie direkt interessiert sind.

3 Mit der Bewilligung darf kein Handel getrieben werden. Jedes Geschäft dieser Art ist nichtig.

Art. 14 Der Bundesrat hat der Bundesversammlung spätestens bis 31.0k3r 1964 über die bei der Anwendung Anwei tober dieses Beschlusses gemachten Erfahrungen Bericht zu erstatten.

Bericht^'ndiT8 Bundesversammlung

V. Allgemeine Bestimmungen

Art. 15 Die natürlichen und juristischen Personen sowie Kollektivgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Einzelfirmen, die eine industrielle Tätigkeit in der Uhrenindustrie ausüben wollen, haben sich in ein Verzeichnis eintragen zu lassen, das von einer hiefür bezeichneten Amtsstelle des Volkswirtschaftsdepartements gefuhrt wird. Dieser Amtsstelle sind überdies die Übernahmen, Angliederungen, Zusammenschlüsse und Umgestaltungen bestehender Unternehmungen sowie jede weitere Änderung der industriellen Tätigkeit auf dem Uhrensektor, ebenso die Adressänderungen zu melden.

2 Die mit der Führung des erwähnten Verzeichnisses beauftragte Amtsstelle darf eine verlangte Eintragung nicht verweigern. Während der Gültigkeit der Übergangsordnung wird sie dagegen nur diejenigen Firmen eintragen, welche im Besitze einer im Sinne von Artikel 10 notwendigen Bewilligung sind oder die einer solchen nicht bedürfen.

1

Verzeichnis der Unternehmungen der Uhrenindustrie

Art. 16 UnterDas Volkswirtschaftsdepartement kann Untersuchungen, Gutachten und Kontrollmassnahmen veranlassen, soweit sie für die An- und Kontrollen -wendung dieses Beschlusses erforderlich sind.

2 Die Personen oder Unternehmungen, die Untersuchungen, Gutachten oder Kontrollmassnahmen notwendig gemacht haben, können verhalten werden, die daraus entstehenden Kosten zu übernehmen.

1

Art. 17 Jedermann ist verpflichtet, den mit dem Vollzug und der Kontrolle Betrauten über Tatsachen, die mit der Anwendung dieses Beschlusses in Beziehung stehen, wahrheitsgetreu Auskunft zu erteilen, die verlangten Unterlagen beizubringen und den Zutritt zu den Betriebsräumen zu gestatten. Die Artikel 75 und 77 bis 79 des Bundesgesetzes vom 15. Juni 19341) über die Bundesstrafrechtspflege sind vorbehalten.

!) BS 3, 303.

1

AuskunftaPflicht und Amtsgeheimnis

1590 2

Die mit dem ,Vollzug und der Kontrolle Betrauten sowie die Experten und librigen Beauftragten sind verpflichtet, iiber die Feststellungen und Wahrnehmungen das Amtsgeheimnis zu wahren. Sie dilrfen dariiber nur den Behorden oder den Organen, die sie beauftragt haben, Auskunft geben.

Art. 18 Gebiihren

Fur die Brteilung der Bewilligungen im Sinne der Artikel 7 und 10 werden Gebiihren erhoben. Der Bundesrat setzt ihre Hohe fest.

VI. Rechtsschutz und Straibestiminungen

Art. 19 A.. Beschwerdeverfahren a. Beschwerde an die Kommission

1

Unter Vorbehalt von Artikel 21 konnen Entscheide, die gestiitzt auf diesen Beschluss getroffen worden sind, an eine Eekurskommission weitergezogen werden, deren Mitglieder vom Bundesrat ernannt werden.

2 Artikel 28t)l8 des Bundesgesetzes vom 26.Marz 1914J) tiber die Organisation der Bundesverwaltung findet sinngemass Anwendung. Im weitern regelt der Bundesrat die Organisation und das Verfahren der Eekurskommission.

3 Zur Erhebung der Beschwerde ist berechtigt, wer beim angefochtenen Entsoheid als Partei beteiligt war oder durch ihn in seinen Rechten verletzt worden ist. Zudem ist die Schweizerische Uhrenkammer zur Bescbwerdeftihrung legitimiert.

Art. 20 6. Verwaltungsgerichtsbeschwerde

B. Sclmtz gegen wettbewerbsbeachrankende Musenahmen a. Schlichtungsund Genehmlgungsverfahren

1

Die Entscheide der Konxmission im Sinne von Artikel 19 konnen durcb Verwaltungsgericbtsbescbwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden.

2 Bezüglich der Bescbwerdelegitimation findet Artikel 19, Absatz 8, Anwendung.

Art. 21 1 Massnahmen der Organisationen der Uhrenindustrie, durcb welche Unternehmungen oder Gruppen dieser Industrie in ihrem Wettbewerb bebindert oder auf andere Weise in ihren Interessen verletzt werden, konnen einem nacbtragliohen Genehmigungsverfahren unterstellt werden, wenn sie vor Ablauf der Geltungsdauer der in den Artikeln 10 bis 13 vorgesehenen Ubergangsordnung getroffen worden sind. Die Interessen der betroffenen Unternehmungen oder Gruppen sind zu schiitzen, sofern sie nicht mit den lebenswicbtigen Interessen der Uhrenindustrie in ihrerGesamtheit unvereinbar sind.

1) BS 1, 261.

1591 2

Zur Durchführung des Genehmigungsverfahrens ist die Spezialkommission gemäss Artikel 22 zuständig.

3 Das Verfahren wird auf Klage des Verletzten oder des Volkswirtschaftsdepartements hin eingeleitet. Die Klage ist beim Präsidenten der Spezialkommission einzureichen. Dieser ordnet nötigenfalls die vorläufige Einstellung der umstrittenen Massnahme an oder trifft alle ändern vorsorglichen Massnahmen, welche die Umstände erfordern.

4 Die Spezialkommission versucht, unter den Parteien zu vermitteln.

Misslingt der Versuch, so trifft sie einen Entscheid. Dieser Entscheid kann vom Verletzten, vom Volkswirtschaftsdepartement und von den Organisationen der Uhrenindustrie, auf deren Massnahmen sich die Klage bezog, an den Bundesrat weitergezogen werden. Die Artikel 127--181 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 19431) über die Organisation der Bundesrechtspflege finden sinngemäss Anwendung.

5 Der Entscheid lautet auf Erteilung oder Verweigerung der Genehmigung der umstrittenen Massnahme. Bei Verweigerung der Genehmigung kann die entscheidende Instanz die nötigen Massnahmen treffen, um die Wettbewerbsbeschränkungen zu beseitigen, soweit sie diese für ungerechtfertigt hält. Sie kann die Veröffentlichung ihres Entscheides auf Kosten der in Frage stehenden Organisationen der Uhrenindustrie oder des Klägers veranlassen.

6 Die Zuständigkeit der Zivilgerichte bezüglich der Wettbewerbsbeschränkungen bleibt vorbehalten. Wenn die Spezialkommission oder der Bundesrat die Genehmigung einer umstrittenen Massnahme verweigern, ist dieser Entscheid für die Gerichte verbindlich.

7 Einzelne Unternehmungen, die den Markt für bestimmte Waren oder Leistungen massgebh'ch beeinflussen oder beherrschen, sind den Organisationen gleichgestellt.

Art. 22 1

Die Spezialkommission wird durch Erweiterung der Eekurskommission im Sinne von Artikel 19 gebildet. Ihre Mitglieder, die von der Uhrenindustrie unabhängig sein müssen, werden vom Bundesrat ernannt.

2 Der Bundesrat regelt die Organisation und das Verfahren der Spezialkommission. Die Spezialkommission kann Fachleute als Experten beiziehen.

b. Spezialkommission

Art. 23

Jeder weiterziehbare Entscheid ist mit einer Kechtsmittelbelehrung versehen, worin iauch die Beschwerdeinstanz und die Beschwerdezu versehen, frist anzugeben sind.

!) BS 3, 531.

C. BechtB-

béîeiminir

1592

D. Strafbestlminungen a. Widerbaudlungen

6. Verhältnis zum Strafgesetzbuch

Art. 24 Wer den Bestimmungen dieses Beschlusses oder seiner Ausführungsvorschriften zuwiderhandelt, namentlich wer im Eahmen der verstärkten technischen Kontrolle Erzeugnisse der Uhrenindustrie, welche der technischen Kontrolle unterworfen sind und den Minimalanforderungen nicht entsprechen, verkauft, wer einen Gegenstand ohne die notwendige Bewilligung zum Zwecke der Ausfuhr verkauft, ausführt oder einem im Ausland niedergelassenen Kunden verkauft, wer ohne die notwendige Bewilligung eine neue Unternehmung der Uhrenindustrie eröffnet, eine Unternehmung, die ihre industrielle Tätigkeit während mehr als zwei Jahren unterbrochen hat, wiedereröffnet oder eine bestehende Unternehmung umgestaltet, wer mit Bewilligungen im Sinne von Artikel 10 dieses Beschlusses Handel treibt, wer vorsätzlich oder .fahrlässig die ihm auf Grund dieses Beschlusses obliegende Eintragungs-, Melde- oder Auskunftspflicht verletzt, wer vorsätzlich oder fahrlässig die in den Ausführungsvorschriften des Bundesrates bezeichneten Unterlagen den Kontrollorganen vorenthält, wird mit Busse bis zu 50 000 Franken bestraft.

2 Soweit Absatz l nicht etwas anderes vorsieht, ist nur die vorsätzliche Begehung der Tat strafbar.

3 Die Strafverfolgung verjährt in fünf Jahren.

4 Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.

1

Art. 25 Ist eine Handlung sowohl nach Artikel 24 dieses Beschlusses als auch nach dem Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 ^ strafbar, so findet sowohl dieser Beschluss als auch das Strafgesetzbuch Anwendung.

2 Die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches sind soweit anwendbar, als dieser Beschluss nicht etwas anderes vorsieht.

1

Art. 26 e. Solidarische Mithaftung

1

Wird die Widerhandlung im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person, einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft oder einer Einzelfirma begangen, so finden die Strafbestimmungen auf die Personen Anwendung, die in ihrem Namen gehandelt haben oder hätten handeln sollen. Die juristische Person, die Gesellschaft oder der Inhaber der Einzelfirma haften solidarisch für Busse und Kosten, sofern die verant!) B S 3, 203.

1593 wortliche Geschäftsleitung nicht nachweist, dass sie alle erforderliche Sorgfalt angewendet hat, um die Einhaltung der Vorschriften durch die genannten Personen zu bewirken.

2 Die solidarisch haftenden Dritten haben die gleichen Hechte wie die Beschuldigten.

Art. 27 1

Die Strafverfolgung und die Beurteilung der Widerhandlungen obliegen den Kantonen.

2 Die Schweizerische Uhrenkammer ist befugt, als Zivilpartei aufzutreten und im Falle der Verurteilung zu verlangen, dass ihr die eigenen Kosten sowie jene im Sinne von Artikel 16 vergütet werden.

3 Sämtliche Urteile und Einstellungsbeschlùsse sind unverzüglich in vollständiger Ausfertigung und unentgeltlich der Bundesanwaltschaft zuhanden des Bundesrates einzusenden.

il, Verfahren

Vu. Vollzug und Schlussbestünnumgen

Art. 28 1

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt, soweit dies nicht Sache des Volkswirtschaftsdepartemeuts ist. Er übt die Oberaufsicht über seine Anwendung aus.

2 Vor dem Erlass der Ausfuhrungsvorschriften haben der Bundesrat und das Volkswirtschaftsdepartement die interessierten Kantonsregierungen und Organisationen der Uhrenindustrie und bezüglich der Ausfuhrbewilligungspflicht für ausgesprochene Uhrenmaächinen auch der Maschinenindustrie anzuhören.

Art. 29 Der Bundesrat und das Volkswirtschaftsdepartement können beim Vollzug dieses Beschlusses die Kantone und die Organisationen der Uhrenindustrie zur Mitarbeit heranziehen.

2 Die Mitarbeit der Organisationen der Uhrenindustrie steht unter der Aufsicht des Bundes. Die zuständige Behörde hat die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse zu umschreiben. Über ihre Geschäftsund Rechnungsführung haben sie dieser Behörde soweit Rechenschaft abzulegen, als diese Ausfluss der ihnen in diesem Beschluss übertragenen Aufgaben sind. Die parlamentarische Kontrolle des Bundes bleibt vorbehalten.

Art. 30 1 Der Bundesrat bestellt eine ständige Beratende Kommission von 15 Mitgliedern, die ihm als beratendes Organ in den Fragen der Uhrenindustrie zur Verfügung steht. Alle Verordnungen und Massnahmen von allBundesblatt. 113. Jahrg. Bd. I.

111 1

Vollzug des Beschlusses und Oberaufsicht

Mitarbeit der Kantone and der Organisationen der UhrenIndustrie

Beratende Kommission

1594 gemeiner Bedeutung zum Vollzug dieses Beschlusses sind von dieser Köm mission zu begutachten.

2 Die Kommission setzt sich aus Vertretern der interessierten Kantone, der Uhrenindustrie sowie aus unabhängigen Experten aus Industrie und Wissenschaft zusammen. Die Mitgliedschaft bei der ständigen Beratenden Kommission schliesst eine Mitwirkung bei einer ändern in diesem Beschluss vorgesehenen Kommission nicht aus.

3 Der Bundesrat ordnet das Verfahren der Kommission.

Art. 31 1 Inkrafttreten Dieser Beschluss tritt am I.Januar 1962 in Kraft. Er gilt, unter Übergangs- Vorbehalt der Artikel 10 bis 13, bis 31. Dezember 1971.

bestimmungen 2 DÌ6 am 31gDezemt)er 1961 hängigen Gesuche und Beschwerden sind gemäss den Organisations- und Verfahrensbestimmungen dieses Beschlusses und seiner Ausführungsvorschriften zu erledigen.

3 Die materielle Prüfung dieser Gesuche und Beschwerden hat nach den Bestimmungen dieses Beschlusses und seiner Ausführungsvorschriften zu erfolgen, wenn diese dem Gesuchsteller bzw. Beschwerdeführer günstiger sind als die bisherigen (Bundesbeschluss vom 22. Juni 1951 *) über Massnahmen zur Erhaltung der schweizerischen Uhrenindustrie und dessen Ausfuhrungsvorschriften). Die auf Grund der bisherigen Bestimmungen erteilten Bewilligungen und getroffenen Entscheide bleiben in dem Umfang gültig, als sie nicht mit den Bestimmungen dieses Beschlusses oder seiner Ausführungsvorschriften unvereinbar sind; ihr Inhalt wird im Bahmen dieser Bestimmungen und Vorschriften erweitert.

4 Widerhandlungen gegen den Bundesbeschluss vom 22. Juni 1951 und dessen Ausführungsbestimmungen werden strafrechtlich nach diesem letztern Beschluss verfolgt und beurteilt.

5 Beim Ablauf der Geltungsdauer der Artikel 10 bis 13 beziehungsweise der übrigen Bestimmungen dieses Beschlusses finden die Absätze 2 bis 4 sinngemäss Anwendung.

6 Der Bundesrat wird beauftragt, diesen Beschluss gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung überBundesgesetzeundBundesbeschlüsse bekanntzumachen.

Also beschlossen vom Ständerat, Bern, den 23. Juni 1961.

Der Präsident : A. Antognini Der Protokollführer: F.Weber ') AS 1951 1281.

1595 Also beschlossen vom Nationalrat, Bern, den 23. Juni 1961.

Der Präsident: Emil Duft Der Protokollführer : Ch. Oser

Der Schweizerische Bundesrat beschliesst: Der vorstehende Bundesbeschluss ist gemäss Artikel 89, Absatz 2 der Bundesverfassung und Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

Bern, den 23. Juni 1961.

5385

Ini Auftrag des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundeskanzler: Ch. Oser

Datum der Veröffentlichung: 29. Juni 1961 Ablauf der Referendumsfrist: 27. September 1961

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesbeschluss über die schweizerische Uhrenindustrie (Uhrenstatut) (Vom 23. Juni 1961)

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26.06.1961

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