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Bundesrates an die Bundesversammlung über einen Kredit für die Lieferung Von Milchprodukten an internationale Hilfswerke in den Jahren 1962 und 1963 (Vom 15. September 1961)

Herr Präsident !

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Hochgeehrte Herren !

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Wir beehren uns, Ihnen in oben erwähnter Angelegenheit folgende Vorlage zu unterbreiten:

I. Ausgangslage 1. Im Zusammenhang mit den zusätzlichen Massnahmen zur Verwertung der erhöhten Milchproduktion wurde in der Presse und in den Eidgenössischen iEäten auf die: offensichtliche Not an unentbehrlichen Lebensrnitteln,: insbesondere an Milch, in manchen Teilen der Welt aufmerksam gemacht. Dies gab Veranlassung zu unserem Beschluss vom 23.Februar 1960 betreffend Lieferung überschüssiger Milchprodukte an internationale Hilfswerke. Damit wurden für eine .ausserordentliche Aktion humanitären Charakters pro Jahr höchstens zwei Millionen Pranken während drei Jahren (1960/1961/1962), d.h. insgesamt sechs Millionen Franken zur Abgabe von Vollmilchpulver oder allenfalls überschussiger Milchprodukte zugunsten unterernährter Bevölkerungen bereitgestellt.

Die Lieferungen des Vollmilchpulvers hatten unentgeltlich zu erfolgen, während die Kosten für Verpackung und Transport ,zu Lasten der bedachten Hilfswerke gingen. Zur möglichst, raschen Verwirklichung dieser Hilfe erfolgte die Finanzierung der Sendungen, die als Export zugleich eine, erwünschte Entlastung der einheimischen Milchverwertung bewirkten,;mit ausdrücklicher Zustimmung des Zentral Verbandes schweizerischer Milchproduzenten nach Massgabe: von Artikel 3 des Bundesbeschlusses vom 19. Juni 1959 über zusätzliche: wirtschaftliche und finanzielle Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft (Milchwirtschaftsbeschluss -AS 1959, 907), d.h. im, Eahmen der sogenannten Milchrechnung Bundesblatt. 113. Jahrg. Bd. II.

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(Export: 70 Prozent zu Lasten des Bundes und 30 Prozent zu Lasten der Produzenten). Diese Lösung erschien uns, namentlich aus Gründen der sachlichen und zeitlichen Dringlichkeit, vor einer ändern ebenfalls erwogenen Finanzierung auf Grund einer besonderen Vorlage an die Bundesversammlung, ausschliesslich zu Lasten des Bundes, unter den damals gegebenen Verhältnissen als angezeigt.

Zur Beschleunigung der Lieferungen beschlossen wir am 25. April 1960 im Zusammenhang mit den Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft ab I.Mai 1960, dass die für die Jahre 1961 und 1962 vorgesehenen Beträge von je zwei Millionen Franken schon früher beansprucht werden können. Ferner wurde ein zusätzlicher Betrag von drei Millionen Franken pro 1960 für «nahezu unentgeltlich» in Betracht kommende Lieferungen von Vollmilchpulver, sodann auch von Käse vorgesehen.

2. Mit den Milchpulverfabrikanten konnte in Würdigung des charitativen Charakters solcher Lieferungen ein Sonderpreis von 4,15 Franken je kg, franko Fabrik, ohne Verpackung, erwirkt werden, so dass für zwei Millionen Franken rund 4811 Vollmilchpulver erhältlich sind. Diese Menge entspricht etwa 38 600 q Frischmilch oder 1583 q Butter.

Die Finanzierung der Gratislieferungen von Vollmilchpulver belastete bei einem Betrag von je zwei Millionen Franken bei Anwendung des Exportschlüssels gemäss Artikel 3 des Milchwirtschaftsbeschlusses den Bund zu 70 Prozent mit 1,4 Millionen Franken und die Produzenten zu 30 Prozent mit 600 000 Franken. Müsste die gleiche Milchmenge zu Butter verarbeitet und diese als Frischkochbutter verwertet werden, so hätte mit einem Verbilligungsaufwand von 566 000 Franken gerechnet werden müssen, wovon gemäss Artikel 2 des Milchwirtschaftsbeschlusses 20 Prozent oder 113 200 Franken auf den Bund, die übrigen 80 Prozent öder 452 800 Franken auf die Produzenten entfallen würden. Die Netto-Mehrbelastung bei den Vollmilchpulverlieferungen macht somit für den Bund l 286 800 Franken und für die Produzenten 147 200 Franken aus.

II. Bisherige Hilfsaktionen 1. Über den Vollzug unserer Beschlüsse vom 23.Februar und 25. April 1960 ist zusammenfassend zu erwähnen, dass folgende internationale Hilfswerke auf Grund ihrer vom Politischen Departement ermittelten Wünsche mit Gratislieferungen von Vollmilchpulver bedacht werden konnten: UNICEF .(Internationaler
Kinderhilfsfonds), Paris Liga der Kotkreuzgesellschaften, Genf Schweizerisches Eotes Kreuz, Bern Internationales Komitee vom Boten Kreuz, Genf Schweizerischer Caritas-Verband, Luzern Benediktiner-Missionare, Uznach Schwestern-Institut Heiligkreuz, Chain Schweizerisches Arbeiterhilfswerk, Zürich Weltkirchenrat, Genf

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Lutherischer Weltbund, Genf · .·· .

American Joint Distribution Committee, Genf.

Einigen dieser Hilfswerke konnten auch gewisse Mengen Käse, zum kleinen Teil Block-Käse, zum grössern Teil aber vorverpackter Laibkäse, nahezu unentgeltlich geliefert werden.: Der Beitrag der Hilfswerke, einschliesslich Verpackungsspesen, betrug ungefähr 50-60 Bappen j,e kg.

: Im.Bahmen des zur Verfügung stehenden Kredites wurden alle an das Politische Departement gerichteten Gesuche ohne Unterschied der konfessionellen oder weltanschaulichen Zugehörigkeit der , Hilfswerke berücksichtigt.

Bei der Zuspräche der gewünschten Mengen durch dieses Departement, wie auch bei der Auftragserteilung an die Fabrikanten durch das Volkswirtschaftsdepartement wurde jedoch den Lieferungen für Notaktionen (zum Beispiel für ; die algerischen Flüchtlinge) gegenüber denjenigen für allgemeine Programme (zum Beispiel die langfristigen Ernährungsprogramme der UNICEF) ;der Vorrang Ungefähr ein Drittel der von der Schweiz gelieferten Milchprodukte ' hat in mehr als 20 notleidenden oder durch Katastrophen und politische Wirrnisse heimgesuchten Ländern geholfen, die Ernährungslage vom Hungertod bedrohter Bevölkerungsgruppen zu verbessern. Dankesschreiben von Missionsgesellschaften, privaten Hilfswerken und grossen internationalen Hilfsorganisationen beweisen, dass die als Gabe der Eidgenossenschaft gekennzeichneten ! Milchpulvërdosen und -beutel, Käsepackungen und -laibe für Tausende von Kranken, Schwachen und Hungerleidenden in Asien, Afrika, Südamerika und teilweise auch, Europa zum Symbol'und gleichzeitig fassbaren Beweis schweizerischer Hilfsbereitschaft geworden sind. Durch die Lieferung von vielen hundert Tonnen von Milchprodukten zugunsten der langfristigen Ernährungsprogramme internationaler Hilfswerke !hat sich die Schweiz auch in erfreulichem Masse ah den Bemühungen beteiligt, einen der grössten Notstände unserer Zeit, den Hunger, stillen zu helfen.

Wie sehr sich auch die schweizerische Bevölkerung zu dieser direkten Art der Hilfe bekennt, hat die im Jahre 1960 gemeinsam durch den Zentrâlverband schweizerischer Milchproduzenten und das schweizerische Komitee für'UNICEF durchgeführte Milchspendeaktion gezeigt, durch die 17 000 hungernde. Kinder während einem ganzen Jahr eine tägliche Eation Milch erhalten werden.

2. Die mit unserem
Beschluss vom 23.Februar 1960 bereitgestellten Kredite von sechs Millionen Franken sind in den Jahren 1960 und 1961 durch unentgeltliche Lieferungen von Vollmilchpulver (1443 t) voll ausgenützt worden.

Dagegen wurde der mit Beschluss vom 25. April 1960 für «nahezu unentgeltliche» Lieferungen, zur Verfügung gestellte Betrag von drei Millionen Franken insbesondere, für den Ankauf von Käse bloss im Umfange von rund einer Million Franken beansprucht. In Anbetracht des, dringenderen Bedarfes an Vollmilchpulver haben wir in der Folge den Restbetrag von zwei Millionen! Franken für die Ermöglichung weiterer Gratislieferungen dieses Produktes freigegeben.

432 Die Bereitstellung weiterer Mittel drängt sich auf, um den Hilfswerken die Weiterführung ihrer Hilfsaktionen zu ermöglichen. Die Erfahrungen zeigen, dass Vollmilchpulver das begehrteste und am dringendsten benötigte Lebensmittel ist.

III. Wetterführung der Hilfsaktionen 1. Die eben unter den Auspizien der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinigten Nationen anlaufende Welthungerkampägne bietet unserem Lande Gelegenheit und auferlegt ihm auch die Verpflichtung, zur Linderung des durch den Hunger hervorgerufenen Elendes weiterhin und vermehrt beizutragen. Welcher Moment wäre besser gewählt als dieser, die anfangs aus gewissen, jetzt eher zurücktretenden, wirtschaftlichen Überlegungen heraus entstandene charitative Aktion nun gänzlich in den Dienst der internationalen Solidarität zu stellen und parallel zu den finanziellen Leistungen des Bundes an internationale Hilfswerke als konkreter Beitrag unseres Landes im Zusammenhang mit dieser Welthungerkampagne weiterzuführen. Es wäre in der Tat unverständlich, wenn die zu den Krediten für charitative Werke (11,5 Millionen Franken für die Jahre 1958/1960 und 13 Millionen Franken für die Jahre 1961/1963) zusätzlich durchgeführten Milch- und Käseaktionen in einem Zeitpunkt erhöhter internationaler Anstrengungen .zur Linderung des Hungers fallengelassen würden.,Es ist ausserdem von besonderer Wichtigkeit, dass neben der langfristigen technischen Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern auch Aktionen zur Linderung von akuten Notlagen in diesen. Gebieten weitergeführt werden.

, .. -, 2. Nach Massgabe der in der Zeit von Mai 1960 bis heute getätigten Lieferungen von Vollmilchpulver und Käse an internationale Hilfswerke, sowie auf Grund der in der Zwischenzeit an das Politische Departement gelangten Anfragen kommen künftig (1962 und 1963) durchschnittlich pro Jahr folgende Lieferungen mit einem Aufwand von jährlich rund vier Millionen Franken in Frage: 500 Tonnen Milchpulver für die allgemeinen Ernährungsprogramme internationaler Hilfswerke; 250 Tonnen Milchpulver für Notprogramme internationaler Hilfswerke ; 250 Tonnen Käse für allgemeine und Notprogramme internationaler Hilfswerke.

IV. Finanzierung 1. Angesichts der Zunahme der Verkehrsmilchproduktion und der damit verbundenen Schwierigkeiten in der Milchproduktenverwertung liess sich die
Finanzierung charitativer Lieferungen von Milchprodukten an internationale Hilfswerke nach Massgabe unserer Beschlüsse vom 23.Februar und 25.April 1960 zunächst zu Lasten der Milchrechnung und damit zu Lasten des Bundes und der Produzenten rechtfertigen. Indessen weist die Milchproduktion seit Herbst 1960 einen merklichen Eückgang auf, was an sich schon eine Ertragseinbusse für die Milchproduzenten bedeutet; zudem drängten sich in Anbetracht

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der verschlechterten Kosten- und Ertragslage der Landwirtschaft wirksame Massnahmen zur Annäherung des wirklichen Milcherlöses an den nominellen Milchgrundpreis von 43 Eappen je kg/l auf und zudem tritt das charitative Moment der Lieferungen an Hilfswerke gegenüber demjenigen der Absatzförderung .mehr in den Vordergrund. Wir erachten es daher als richtig, dass diese Lieferungen ausserhalb der Milchrechnung, d.h. ausschliesslich zu Lasten des : Bundes, finanziert werden.

, Im Zusammenhang mit den auf I.Mai 1961 beschlossenen Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft wurde, deshalb das Politische Departement durch Bundesratsbeschluss vom 281. April 1961 beauftragt, die Möglichkeit der Finanzierung dieser Lieferungen zu Lasten des Kredites für charitative Hilfe abzuklären und eine Vorlagß ans Parlament zum Zwecke der Erhöhung dieses Kredites vorzubereiten.

2. Wenn wir Sie nun um die Bewilligung eines Kredites von acht Millionen Franken für die Jahre 1962 und 1963 ersuchen, so tun wir dies in der Überzeugung, einem allgemeinen und durch verschiedene Vorstösse im Parlament zum Ausdruck gebrachten Wunsch der schweizerischen Bevölkerung nach vermehrter und greifbarer Direkthilf e an Hungernde in der ganzen Welt Eechnung zu tragen.

3. Der Vollzug des Beschlusses ist in der Weise vorgesehen, dass die Aufgaben und Befugnisse in einem besonderen Bundesratsbeschluss festgelegt werden. Dem Politischen Departement wird- es wie bisher obliegen, die Bedürfnisse an Milchprodukten der in Betracht fallenden Hilfswerke zu ermitteln und die Zuteilungen vorzunehmen : es wird in Zusammenarbeit mit dem Volkswirtschaftsdepartement und dem Finanz- und Zolldepartement im Rahmen einer besonders gebildeten Einkaufsgruppe für eine korrekte Ausführung der Lieferungen v o n Milchprodukten besorgt sein.

' · , ' ' ; . · Auf Grund der obigen Ausführungen beantragen wir die Bewilligung eines Kredites in der Höhe von maximal acht Millionen Franken für die unentgeltliche! Lieferung von Milchprodukten an internationale Hilfswerke für die Jahre 1962 und, 1963 und empfehlen Ihnen die Zustimmung zum beiliegenden Beschlussesehtwurf.

, , Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer ausgezeichneten Hochachtung. , .

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Bern, den 15. September 1961.

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Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Wahlen Der Bundeskanzler :, Ch. Oser

434 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Lieferung von Milchprodukten an internationale Hilfswerke in den Jahren 1962 und 1963

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 15. September 1961, beschliesst :

Art. l Der Bundesrat wird ermächtigt, internationalen Hilfswerken während der Jahre 1962 und 1963 schweizerische Milchprodukte .bis zum Betrage von insgesamt acht Millionen Franken unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

Art. 2 Der jährliche Kreditbedarf ist in den Voranschlag einzustellen.

Art. 3 Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit seinem Vollzug beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über einen Kredit für die Lieferung von Milchprodukten an internationale Hilfswerke in den Jahren 1962 und 1963 (Vom 15.

September 1961)

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Bundesblatt

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Foglio federale

Jahr

1961

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

38

Cahier Numero Geschäftsnummer

8311

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.09.1961

Date Data Seite

429-434

Page Pagina Ref. No

10 041 450

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