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Bundesblatt 113. Jahrgang

Bern, den 4. Mai 1961

Band I

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschaffung von Kampfflugzeugen (Mirage III S) und von weiterem Material für die Fliegertruppen (Vom 25. April 1961)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

In der Einleitung zu unserer Botschaft vom 30. Juni 1960 betreffend die Organisation des Heeres (Truppenordnung) hatten wir darauf hingewiesen, dass im Bahmen der Anpassung unserer Armee an die Bedürfnisse der modernen Kriegführung und Kriegstechnik auch Materialbeschaffungen nötig sein werden und Bauten errichtet werden müssen, für welche gesonderte Kredit vorlagen einzureichen sein werden. Einer ersten solchen Vorlage, nämlich derjenigen vom 27. Januar 1961 «über die Beschaffung von Kriegsmaterial (Eüstungsprogramm 1961)» haben Sie in der diesjährigen Märzsession zugestimmt. Die vorliegende Botschaft «über die Beschaffung von Kampfflugzeugen (Mirage III S) und von weiterem Material für die Fliegertruppen*, mit dazugehörendem Beschlussesentwurf reiht sich ebenfalls hier an. Wir beehren uns, sie Ihnen zu unterbreiten.

Selbst wenn die in der Botschaft vorgeschlagenen Beschaffungen als ein Teil der periodisch immer wieder notwendig werdenden Erneuerung unseres Kampfflugzeugbestandes zu werten sind, so müssen sie auch als ein wichtiges Teilstück der nunmehr eingeleiteten Armeereform angesehen werden. Ohne diese Erneuerung und Modernisierung des Plugzeugparkes unserer Luftwaffe wäre das angefangene Werk nicht nur unvollständig, sondern es würde an einer wesentlichen Schwäche leiden. Unter diesem Gesichtspunkt müssen die nachfolgenden Ausführungen betrachtet werden.

Bundesblatt. 113. Jahrg. Bd. I.

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794 I. Die Konzeption unserer Luftverteidigung 1. Allgemeines Soweit es möglich ist, sich darüber eine Vorstellung zu machen, werden in einem künftigen Kriege Angriffe aus der Luft gegen die Truppe und ihr Material sowie gegen Wehreinrichtungen und Verkehrsnetz erfolgen. Sie können aber auch gegen die grossen Siedlungen und Industrieanlagen gefuhrt werden. Mit der Bekämpfung von Armee- und Verkehrszielen sucht ein Gegner die Kampfkraft und die Einsatzbedingungen unserer Streitkräfte entscheidend zu schmälern. Angriffe gegen Städte und Industrieanlagen erfolgen mit dem Ziel, die Büstungsproduktion zu lahmen und den Durchhaltewilleii der Bevölkerung zu brechen. Unsere aktiven und passiven Luftverteidigungsmassnahmen haben, in Verbindung mit dem Einsatz der Erdtruppen, zum Zweck, den Gegner am Erreichen dieser Ziele zu verhindern.

Aus dieser Beurteilung geht hervor, dass Flugzeug- und Lenkwaffenangriffe in einem zukünftigen Kriege die Hauptgefährdung für Bevölkerung und Armee bilden könnten. Unsere Schutz- und Abwehranstrengungen müssen der Schwere dieser Drohung angemessen sein. Eine Modernisierung der Mittel für die Luftverteidigung ist in Anbetracht der Steigerung der technischen Möglichkeiten der Abwehr zum dringenden Gebot geworden.

Der Schutz der Bevölkerung vor verheerenden Verlusten und die Erhaltung der Lebensbedingungen unseres Volkes gehören zu den Grundaufgaben der Landesverteidigung. Es ist deshalb unser Bestreben, zusammen mit den Kantonen die bestmöglichen Vorkehren zum Schütze der Bevölkerung vor Luftangriffen zu treffen.

Die Schaffung von möglichst günstigen Einsatzbedingungen für den Kampf der Erdtruppen stellt eine weitere Aufgabe unserer Luftverteidigung dar.

Ein Krieg kann sehr unterschiedliche Grade der Intensität aufweisen, was in Zukunft ganz besonders in der Kampffuhrung aus der Luft in Erscheinung treten durfte. Die Kriegsereignisse der letzten zwei Jahrzehnte haben gezeigt, dass es wirklichkeitsfremd wäre, allein mit dem rücksichtslosen Einsatz der stärksten Mittel, das heisst dem schrankenlosen Nuklearkrieg zu rechnen. Es sind weiterhin auch in Europa kriegerische Auseinandersetzungen ohne Verwendung von Nuklearwaffen möglich. Die Luftverteidigungsmassnahmen sind jedoch so zu treffen, dass uns auch der schlimmste Fall nicht wehrlos überraschen kann.

Mittel und Gestalt
werden wesentlich verschieden sein je nachdem, ob Nuklearwaffen oder konventionelle Waffen zum Einsatz gelangen. Diese Tatsache stellt auch die Abwehr vor unterschiedliche Anforderungen.

2. Die Verhältnisse bezüglich Angriff und Abwehr Für den Angriff mit Nuklearwaffen auf Bodenziele steht modernen Streitkräften eine zunehmende Zahl von Lenkwaffen zur Verfügung. Sie weisen die verschiedensten Einsatzmöglichkeiten und Reichweiten auf. Diese Kampfmittel

795 spielen eine immer gewichtigere Eolle im Inventar der strategischen und taktischen Etistung. Lenkwaffen sind in erster Lime fur Angriffe gegen grossflachige Ziele, wie z.B. Stadte oder Bereitstellungsraume von Truppen, geeignet, d.h. sie sind dort zu erwarten, wo eine verhaltnismassig grosse Streuung des Feuers in Kauf genommen werden kann.

Die Abwehr von hoch mid sehr sohnell fliegenden Lenkwaffen ist noch in keinem Lande verwirldicht. Wohl gelang es mit Flablenkwaffen, im Bahmen von technischen Versuchen, Angriffslenkwaffen abzuschiessen. Eine okonomisch und militärisch tragbare und befriedigende Losung zur Verteidigung eines Landes gegen Angriffe solcher Lenkwaffen besteht jedoch noch nirgends. Auch die Abwehrwaffen, die wir bereits besitzen oder im Bahmen der laufenden Armeeorganisation zu besohaffen gedenken, versprechen keinen Schutz gegen Lenkwaffen.

Gerade dieses weltweite Unvermogen in der Abwehr von Baketen dtirfte die Lenkwaffen zum bevorzugten Einsatzmittel fur Nukleargeschosse maohen.

Soweit das Abfeuern von Lenkwaffen innerhalb des Aktionsbereicb.es unserer Flugzeuge erfolgt, muss die Zerstorung soldier Lenkwaffen oder ihrer Einsatzmittel vor dem Start angestrebt werden. Die im Gange befindliche technische Entwicklung lasst jedoch voraussehen, dass das Auffinden von Lenkwaffenstellungen am Boden sich zunehmend schwieriger gestalten wird.

Wo prazise Tretter tiir die Zerstorung senr standtester Bauwerke, wie zum Beispiel von Verkehrswegen, Flugpisten, Festungen usw. auf grosse Entfernung erforderlich sind, dtirften auch in Zukunft in erster Linie Flugzeuge als Nuklearwaffentrager Verwendung finden. Auch gegen jene Ziele, die nur kurzfristig in Erscheinung treten, kommen weniger Boden-Boden-Lenkwaffen sondern Flugzeuge als Waffentransportmittel in Frage.

In der Begel werden einige wenige Flugzeuge fur die Ausftihrung eines Nuklearangriffes gentigen. Die Abwehr dieser ohnehin nicht leicht erfassbaren Krafte dtirfte normalerweise noch durch begleitende elektronische Storaktionen, Tarnmassnahmen und Tauschungsmanover erschwert werden. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass eine rechtzeitige Yernichtung derartiger Angreifer oft nicht gelingen wird.

Wesentlich giinstigere Abwehrmoghchkeiten sind gegeniiber Fliegerangriffen, die mit konventionellen Waff en geflihrt werden, zu
erwarten. Die verhaltnismassig bescheidenen Wirkungen von konventionelleii Waffen erfordern bekanntlich vielfach grossere Sprengstoffmengen, um eine gentigende Wirkung zu erreichen. Um einen Angriffsauftrag gegen ein Erdziel zu erfullen, muss deshalb stets eine Mehrzahl von Flugzeugen als Sprengstofftrager eingesetzt werden.

Im Unterschied zur grossraumigen Flachenwirkung der Nuklearwaffen miissen mit konventionelleii Waffen entweder zahlreiche Punktziele, wie Fahrzeuge, Geschiitze usw. gesucht uud einzeln mit prazisem Feuer bekampft werden oder es muss mit einem grossen Aufwand an Flugzeugen ein Bombenteppich gelegt werden. Die Angriffsflugzeuge miissen soinit in grosserer Zahl und wahrend langerer Zeit in einem Raunie verweilen, womit die Abwehrmoglichkeiten sich giinstiger gestalten.

796 Während die Abwehr von Nuklearwaffenträgern nur dann eine ins Gewicht fallende Entlastung bringt, wenn die grosse Mehrzahl der Angriffe abgewehrt werden kann, führen bei Fliegerangriffen mit konventionellen Waffen schon viel bescheidenere Abwehrerfolge zu einem raschen Verbrauch der Kampfkraft eines Angreifers.

Die Verteidigung des hohen Luftraumes hat mit den Fortschritten der Eadartechnik, welche erlaubt, Flugzeuge bis auf Hunderte von Kilometern genau zu verfolgen und zu vermessen, sowie mit der Schaffung von Raketen und präzis arbeitenden Fernlenk- und Selbstlenkeinrichtungen eine sprunghafte Verbesserung erfahren. Je höher ein Angreifer fliegt, auf desto grössere Entfernung vermag ihn eine moderne Abwehr festzustellen und desto sicherer zu bekämpfen.

Eine Möglichkeit, dem gesteigerten Abschussrisiko in grossen Flughöhen auszuweichen, besteht in der Verwendung tiefer und tiefster Flughöhen. Das Erfassen der Flugzeuge, insbesondere mit weitreichenden Eadaranlagen, wird damit in vielen Fällen verunmöglicht. Der Verteidigung des unteren Luftraumes muss deshalb gegenüber früher grössere Beachtung ^geschenkt werden.

Die Luftverteidigung gegen Flugzeuge wird in modern gerüsteten Staaten in erster Linie offensiv vorbereitet. Sie soll durch Vernichtung oder Lähmung der gegnerischen Flugwaffe auf ihren Stützpunkten sowie durch Ausschaltung der Führung, das heisst der Badar- und Übermittlungsanlagen erreicht werden.

Für diesen Kampf um eine allgemeine Luftüberlegenheit werden Bomber mit grosser Reichweite und Nuklearwaffen bereitgehalten. Daneben steht fest, dass auch für eine weitere Zukunft Jagdflugzeuge, Flablenkwaffen imd Flabgeschütze den Schutz der eigenen Luft- und Erdstreitkräfte gemeinsam zu erfüllen haben.

Nach den derzeit bekannten Rüstungsplänen beabsichtigt kein Land, die Luftverteidigung allein den Flablenkwaffen oder Flabgeschützen zu übertragen.

3. Ziele und Schwerpunkte unserer Luftverteidigung Im Zustand der bewaffneten Neutralität bildet die allgemeine Luftverteidigung, die einerseits auf eine Respektierung unseres neutralen Luftraumes durch fremde Mächte und andererseits auf den dauernden Schutz der grossen Bevölkerungszentren und der Industrieanlagen abzielt, die Hauptaufgabe der hiefür geeigneten Teile der Flugwaffe und der Fliegerabwehr.

Mit Beginn einer feindlichen
Invasion auf der Erde muss aber die dauernde und allgemeine Verteidigung unseres Luftraumes fallen gelassen werden, da weder eine befriedigende Erfüllung dieser weitgespannten Aufgabe beim derzeitigen Missverhältnis zwischen Abwehr- und Angriffstechnik erwartet werden kann, noch unsere wichtigsten Waffen bei einer solchen Überforderung längere Zeit wirkungsfähig bleiben würden. Das Schwergewicht unserer Luftverteidigung muss alsdann auf die jeweils wichtigsten Operationsräume der Armee gelegt werden. Dies bedingt, dass jene Mittel, die einem raschen Verschleiss unterliegen, soweit nötig für die Hauptaufgabe verausgabt bzw. hiefür zurückbehalten werden.

797 Ziel dieses räumlich und für die schweren Mittel insbesondere auch zeitlich begrenzten Baumschutzes ist, zu verhindern, dass die feindliche Flugwaffe die Schlagkraft unserer Streitkräfte zu lahmen vermag. Die für Jagdaufgaben geeigneten Teile unserer Flugwaffe sowie Flablenkwaffen und Flabkanonen wirken bei dieser Aufgabe zusammen, wobei sich die besonderen Stärken der einzelnen Waffen in wertvoller Weise ergänzen. Im Kahmen der Gesamtlandesverteidigung kommt der Sicherung wichtiger Erdoperationen grosse Bedeutung zu. Zugleich handelt es sich hierbei um eine Zielsetzung, die mit unseren gegenwärtigen Mitteln und jenen, deren Beschaffung wir als tragbar erachten, erfüllbar ist.

Diese vorwiegend durch den Stand der Eüstungstechnik diktierte Beschränkung bedeutet jedoch keine Vernachlässigung der zivilen Schutzansprüche. In unseren kleinstaatlichen Eaumverhältnissen resultiert aus dem Einsatz der Mugwaffe und der Flablenkwaffen im Baumschutz durch die weiträumigen Einsatzverfahren dieser Waffen für grössere Teile des Landes automatisch eine Luftverteidigung. Dabei werden gerade jene Landesgegenden, die in der Nachbarschaft grosser Erdoperationen als besonders gefährdet gelten müssen, von der Konzentrierung unserer Mittel im Eaumschutz profitieren.

Im Falle einer rücksichtslosen Anwendung von Xuklearwaffen bilden die grossen Städte- und Industriezentren besonders gefährdete Ziele für allfällige nukleare Lenkwaffenangriffe. Da Abwehrwaffen gegen diese Kampfmittel vorläufig fehlen, muss der Schutz der Bevölkerung der grcssen Siedlungen durch passive Massnahmen - Schutzbauten und Dezentralisation der Bewohner - verwirklicht werden. Wie bereits weiter oben erwähnt, ist diese gefährliche Lücke in der Luftverteidigung heute kennzeichnend für alle Staaten.

Auch die Armee schützt sich so lange und so weitgehend wie möglich gegen die Wirkungen von Nuklearwaffeiiangriffen durch passive Vorkehren, d. h. Dezentralisation der Verbände, Schutzunterkünfte, Eingraben, Panzerung und Tarnung.

Die intensive Rüstung auf dem Gebiet der offensiven Lenkwaffen im Ausland und die technischen Fortschritte in der Flugzeugabwehr in hohen, radarkontrollierten Lufträumen lassen voraussehen, dass der Umfang und die Bedeutung der Fliegertätigkeit in grossen Höhen bescheidener werden wird. Sowohl in einem nuklearen Krieg wie
auch in einem Konflikt, der allein mit konventionellen Waffen ausgetragen wird, ist jedoch weiterhin mit einer grossen Zahl von Flugzeugen der verschiedensten Bestimmungen zu rechnen. Das Gros dieser Flugzeuge dürfte aber in niedrigenFlughöhen inErscheinung treten. Das Schwergewicht unserer Luftverteidigungsmittel rnuss deshalb für den Schutz der niedrigen Flughöhen geeignet sein, ohne dass allerdings die Abwehrmöglichkeiten in grossen Flughöhen vernachlässigt werden dürfen. Eine Lösung für diese Forderung stellen die Hochleistungsflugzeuge mit moderner Bewaffnung und Feuerleitelektronik dar, da sie sich sowohl für den Einsatz in grossen, wie auch in niedrigen Höhen eignen. Dagegen sind Flablenkwaffen sowie radargesteuerte moderne Flabgeschütze wesentlich besser in der Lage, überraschend auftauchende Feindflugzeuge zu bekämpfen. Jagdflugzeuge sind für den Eaumschutz in niedrigen

798 Höhen nur dann geeignet, wenn grössere Fliegeroperationen von einer gewissen Dauer, wie zum Beispiel Luftlandungen oder eine systematische Bekämpfung von Erdtruppen mit konventionellen Waffen in einem Baume stattfinden. Gegen überraschende, rasch ablaufende Handstreiche und Durchflüge erweist sich ihr Einsatz dagegen meist als zu schwerfällig.

Die Beschaffung neuer Flieger- und Fliegerabwehrmittel hat sich nach diesen technisch-taktischen Gegebenheiten zu richten.

Die bereits mehrfach unterstrichene Überlegenheit des Luftangriffes über die Luftverteidigung muss uns als Kleinstaat ganz besonders darauf bedacht sein lassen, die Flugwaffe in erster Linie offensiv einzusetzen, das heisst das Schwergewicht ihrer Verwendung und Ausrüstung auf die Bekämpfung der gegnerischen Streitkräfte sowie auf die Zerstörung ihrer Vormarschwege zu legen.

Wir beabsichtigen deshalb, den Ausbau der Luftverteidigung primär auf den Schutz unserer Abwehroperationen auf der Erde und, wo nötig, der eigenen Erdkampfflugzeuge auszurichten.

Wir glauben, damit eine Konzeption zu verfolgen, die eine realistische Übereinstimmung zwischen Wollen und Können, das heisst zwischen den dringendsten A7erteidigungs-Notwendigkeiten und der voraussichtlichen Leistungsfähigkeit der aktiven Luftverteidigungsmittel aufweist. Nur bei einer Beschränkung auf Baumschutzaufgaben und auf den Neutralitätsschutz in der Luft ist eine ausgewogene Verteilung der gesamten Wehraufwendungen auf die Landesverteidigung in der Luft und auf der Erde gewährleistet.

Aus unseren Darlegungen geht schliesslich hervor, dass die kriegstechnische Entwicklung die Wichtigkeit der passiven Zivilschutzmassnahmen beträchtlich gesteigert hat.

4. Die Aufgaben der Flugwaffe im Bahnen der Landesverteidigung Wie wir bereits in der Botschaft vom 30. Juni 1960 betreffend die Organisation des Heeres (Truppenordnung) festgehalten haben, hat die Flugwaffe weiterhin in erster Linie die Erdtruppen zu unterstützen. Diese allgemeine Aufgabe kann durch Feuer gegen Erdziele, durch den Schutz unserer Truppen vor gegnerischen Fliegerangriffen oder durch Aufklärung erfolgen.

Lufttransport und umfassende Motorisierung und Mechanisierung der Kampfverbände werden den neuzeitlichen Kriegsschauplatz prägen und oft zu überraschenden Lageänderungen führen. Nuklearwaffen können Ausmass und
Plötzlichkeit der Veränderungen noch weiter steigern. Wir müssen damit rechnen, dass ein Angreifer nicht nur derartige Mittel zur Beschleunigung seiner Operationen gegen uns einsetzt, sondern dass er zugleich auch darnach trachten wird, durch Zerstörung und Sperrung der Verkehrswege sowie durch Luftangriffe auf unsere Truppen das rechtzeitige Eintreffen unserer Streitkräfte am jeweiligen Bestimmungsort und ihren geordneten Einsatz zu verhindern.

Wahrend Abwehrschlachten von wichtiger Bedeutung leistet deshalb die Flugwaffe den wirkungsvollsten Beitrag, wenn es ihr gelingt, zusammen mit der Fliegerabwehr die eigenen Truppen vor der Lähmung und dem Zerschlagenwer-

799 den durch die gegnerische Plugwaffe zu bewahren. Dieser Baumschutz zugunsten eigener Erdoperationen hat eine systematische, wirkungsvolle Tätigkeit der feindlichen Erdkampfflugzeuge zu verhindern, wobei dio eigenen Baumschutzjäger sich zugleich gegen die feindlichen Baumschutzjäger zu halten haben. Nur der zusammengefasste Einsatz technisch hochwertiger Jagdflugzeuge wird dieser Aufgabe gewachsen sein.

Der Hauptzweck des Einsatzes gegen Erdziele wird vor allem darin bestehen, zu verhindern, class der Gegner eine Übermacht an Erdkampfmitteln ins Gefecht zu bringen vermag. Die Flugwaffe erlaubt im besonderen, bedrohliche Ereignisse und Entwicklungen unverzüglich zu überblicken und, als beweglichstes und schnellstes Kampfmittel, durch ein rasches Eingreifen einen geordneten, schnellen und stosskräftigen Ablauf feindlicher Operationen zu durchkreuzen.

Die Elugwaffe zerstört hierzu die Vormarsch- und Anmarschwege an empfindlichen Stellen und bekämpft den Zustrom von Truppen aus der Tiefe. Eine weitere .Aufgabe, die bei uns in der Begel nur von der Flugwaffe erfüllt werden kann, ist die Vernichtung oder mindestens Schwächung der gegnerischen Artillerie und anderer weitreichender Erdwaffen. Besonders die Bekämpfung von grossen Truppenbewegungen wird normalerweise den Einsatz zahlreicher Fliegerverbände erforderlich machen, wenn sich eine bestimmende Wirkung auf den allgemeinen Schlachtverlauf einstellen soll.

SYstematische, massive Fliegerangriffe gegen Truppenziele dürften fast immer auf eine wohlorganisierte Abwehr, u.a. durch feindliche Baumschutzjäger, stossen. Derartige Operationen können deshalb ohne Schutz durch eigene Hochleistungsflugzeuge nicht die gewünschte Wirkung auf der Erde erzielen und mit tragbaren Verlusten ablaufen. Auch die Deckung zeitlich ausgedehnter Fliegerangriffe gegen Erdziele ist nur möglich, wenn starke Kräfte an hochwertigen Flugzeugen die eigenen leistungsschwächeren Jagdbomber hinreichend schützen.

Der Einsatz von Erdkampfflugzeugen unmittelbar vor unseren Truppen, d.h. also im Wirkungsbereich der eigenen Artillerie oder Minenwerfer, wird dagegen die Ausnahme bilden. Er ist nur dann berechtigt, wenn wichtige Ziele mit den Feuermitteln der Erdtruppen nicht wirkungsvoll bekämpft werden können.

Zur iSchwierigkeit, den auf dem Gefechtsfeld zerstreuten, getarnten und
eventuell eingegrabenen Gegner bei derartigen Aufträgen aus der Luft zu erkennen, gesellt sich die Unsicherheit, Freund und Feind am Boden zu unterscheiden.

Die Verwendung unserer Flugwaffe zur Bekämpfung von Fernerdzielen insbesondere weitreichender Nuklearwaffenträger und Badaranlagen - wird nach Massgabe der Dringlichkeit und der dannzumaligen Einsatzerfahrungen erfolgen. Ein Teil unserer Flugzeuge muss technisch imstande sein, solche Aufgaben nötigenfalls zu lösen. Es sind Kriegslagen denkbar, in denen, der Bekämpfung von Fernzielen die grösste Wichtigkeit zukommt.

Die Fähigkeit der Flugzeuge, rasch und weit in feindbesetzte Bäume vorzudringen, macht sie zürn wertvollsten Aufklärungsinstrument der Armeeführung. Da neuzeitliche Kampfhandlungen beweglich und überraschungsreich geführt werden dürften, erfordert die Führung der Armee einen raschen, weiträu-

800 migen Überblick, den nur die Luftaufklärung erbringen kann. Diese muss technisch so ausgerüstet sein, dass sie möglichst bei jeder Wetter- und Feindluftlage sowie auch nachts gewährleistet bleibt.

Der Baumschutz zugunsten eigener Erdtruppen oder zugunsten eigener Jagdbomberoperationen kann während gewissen Phasen Einsätze umfassen, die einer allgemeinen Luftverteidigung unseres Landes entsprechen. Je nach den Angriffsmitteln und -verfahren des Gegners sowie dem Zustand und der Beanspruchung unserer Flugwaffe und Fliegerabwehr durch Aufgaben dringlicherer Art werden wir überdies Jäger für die allgemeine Luftverteidigung freimachen können. Die allgemeine Luftverteidigung ist im Verhältnis zum Raumschutz aus einer Eeihe von Gründen eine erheblich anspruchsvollere Aufgabe. Unter anderem besteht die Erschwerung darin, dags das gesamte Territorium ununterbrochen während der ganzen Kriegsdauer vor Luftangriffen mit den verschiedensten Mitteln und Angriffsverfahren geschützt werden sollte. Verhältnismässig einfache Abwehraufgaben, wie die Bekämpfung von Flugzeugen, die sich frühzeitig mit weitreichenden Radaranlagen erfassen und als feindliche Flugzeuge identifizieren lassen, werden allerdings mit modern ausgerüsteten und bewaffneten Jägern auch unter den zukünftigen Verhältnissen noch lösbar sein. In günstigen Fällen dürfte ein Abschuss sogar vor einem Einflug über unsere Grenzen erfolgen.

Demgegenüber muss aber hervorgehoben werden, dass im Ausland eine Reihe von Angriffswaffen und -verfahren schon heute bei der Truppe eingeführt sind oder zum Teil in den nächsten Jahren eingeführt werden, die bis auf weiteres weder von uns noch von den an Mitteln viel reicheren Grossmächten abgewehrt werden können. Hierzu gehören vor allem Angriffe mit Boden-Boden-Lenkwaffen sowie mit weitreichenden Luft-Boden-Lenkwaffen aus Bombern. Diese Angriffsmittel sind bekanntlich in erster Linie für den Nuklearwaffen-Einsatz ausersehen.

Dazu kommt, dass auf dem Gebiet der elektronischen Kriegführung Geräte und Verfahren zur Störung oder sogar Ausschaltung der Radar- und Übermitlungsmittel bereits eine beachtenswerte Entwicklungsstufe erreicht haben. Da die allgemeine Luftverteidigung sich ganz besonders auf das Funktionieren der Radar- und TJberrnittlungsgeräte stützt, um Luftziele zu verfolgen, Jäger elektronisch zu
führen und Flablenkwaffen zu steuern, muss von dieser Seite mit bedeutenden Einbrüchen in das Abwehrvermögen der allgemeinen Luftverteidigung gerechnet werden. Demgegenüber stellen sich beim weiter oben erwähnten Raumschutz bezüglich Bedarf an Elektronik und deren Rolle erheblich geringere Ansprüche, da es sich hier um eine räumlich und zeitlich eher begrenzte Abwehraufgabe handelt.

Im Zustand der bewaffneten Neutralität hat die Flugwaffe unerlaubt in unseren Luftraum einfliegende fremde Flugzeuge zu stellen, zu identifizieren und ihre Internierung zu erzwingen. Solange der Neutralitätsschutz in der Luft eine Polizeiaufgabe bleibt, kann er nur mit bemannten Flugzeugen durchgeführt werden.

Handelt es sich dagegen darum, fremde Flugzeuge, die feindselige Handlungen

801 in unserem Luftraum begehen oder die sich einer Internierung zu entziehen suchen, zu bekämpfen, so wirken Flugwaffe und Fliegerabwehr gemeinsam an dieser Aufgabe mit. Desgleichen würden alle unsere Abwehrmittel eingesetzt, wenn sich die Notwendigkeit ergeben sollte, unser Land gegen plamnässige Angriffe aus der Luft zu verteidigen. Es muss in Zukunft damit gerechnet werden, dass ein Krieg auch gegen die Schweiz in einer ersten Phase oder während längerer Zeit durch Luftangriffe geführt wird, ohne dass feindliche Truppen unser Land betreten.

Der Schutz unseres Luftraumes kann sich folglich je nach der politischen und militärischen Lage von Polizeiaktionen gegen fremde Flugzeuge, gegen welche die Waffen nur zur Selbstverteidigung verwendet werden dürfen, bis zur rigorosen Luftverteidigung mit allen verfügbaren Mitteln erstrecken. Polizeiaktionen, d.h. das Identifizieren und Warnen sowie die Führung zur Internierung nachts und in den Wolken dürften nur schwer durchzuführen sein und folglich häufig misslingen. Dagegen ist der Abschuss von hochfliegenden Flugzeugen nachts und im Blindflug mit den neuesten Flieger-Waffen (selbstzielsuchende Luft-Luft-Lenkwaffen) nur unwesentlich schwieriger als bei Sicht.

Es darf vorausgesagt werden, dass die Verteidigung unserer Neutralität in der Luft mit der Einführung eines Hochleistungsflugzeuges mit einer modernen Bordelektronik und Luft-Luft-Lenkwaffen eine ganz bedeutende Verbesserung erfahren wird.

Zusammen mit der beabsichtigten Modernisierung der Fliegerabwehr, u.a.

durch Beschaffung von Flablenkwaffen wird unsere Fähigkeit, fremde Mächte zur Respektierung des neutralen Luftraumes zu zwingen, eine beträchtliche Steigerung erfahren.

5. Die A ufgaben der Fliegerabwehr Die im Laufe der Entwicklung eingetretene beträchtliche Vergrösserung der Fluggeschwindigkeiten und Flughöhen sowie die Steigerung der Einsatzdistanzen der Flugzeugwaffen und ihrer Feuerkraft hat die Erfolgsaussichten der herkömmlichen Fliegerabwehrwaffen ausserordentlich geschmälert. Um ihre Aufgabe weiterhin mit einem ausreichenden Wirkungsgrad erfüllen zu können, bedarf diese Bewaffnung einer Anpassung an die neuen technischen Gegebenheiten. In erster Linie sind grössere Eeichweite und höhere durchschnittliche Treffsicherheit unumgänglich. Die Benützung von automatisch gerichteten
Geschützen und die Verwendung von selbsttätig sich ins Ziel lenkenden Eaketenwaffen sind Entwicklungen, die eine ausserordentliche Leistungssteigerung der Fliegerabwehr erwarten lassen. Sobald wie möglich sollen deshalb im Eahmen der Modernisierung der Armee Teile der Fliegerabwehr mit diesen neuen wirkungsvolleren Mitteln ausgerüstet werden.

Auch bei den modernsten Fliegerabwehrausrüstungen bleiben aber die Abwehrmöglichkeiten an bestimmte Bedingungen hinsichtlich des Verhaltens der Luftziele gebunden. Die Abwehr gerade jener Waffen und Verfahren, die für Nuklearangriffe gegen grosse Flächenziele geschaffen worden sind, ist weiter-

802 hin nicht gelöst. Bessere Wirkungsmöglichkeiten für die Fliegerabwehr wie für die Plugwaffe ergeben sich beim Schütze der Operationsräume der Armee. Dementsprechend wird das Schwergewicht des Flabeinsatzes auf den Schutz der jeweils wichtigsten Kampf- und Aufmarschräume gelegt. Innerhalb dieser Eàume muss das Hauptaugenmerk dem Schütze der unteren Luftschichten gelten.

Wir beabsichtigen deshalb, Ihnen in Kürze die Beschaffung einer grösseren Zahl von radargesteuerten Mittelkaliber-Flabbatterien vorzuschlagen. Ausserdem werden wir Ihnen eine schrittweise Einführung von Flablenkwaffen beantragen, um auf diese Weise die Modernisierung der heutigen schweren Fliegerabwehr in die Wege zu leiten.

Flugwaffe und Fliegerabwehr haben beim Raumschutz zusammenzuwirken.

Ihre Wirkungsmöglichkeiten ergänzen sich denn auch in günstiger Weise hiefür.

Während die Flugwaffe geeignet ist, grossere gegnerische Fliegerangriffe schon in einer früheren Phase des Anfluges und wahrend der Zielaufklärung und Angriffsbereitstellung zu stören, zu desorganisieren und abzunützen, liegt die charakteristische Stärke der Fliegerabwehr in ihrer ständigen Einsatzbereitschaft in dem zu schützenden Räume oder bei dem ihr anvertrauten Objekt. Sie ist damit besser als die Flugwaffe in der Lage, überraschend auftretenden Gegner abzuwehren. Auch ist die Treffsicherheit der modernen Fliegerabwehrwaffen so gross, dass schon ihr Vorhandensein in einem Baume das Verhalten des Luftgegners erheblich beeinflussen und damit die Erfüllung seines Auftrages erschweren dürfte.

6. Die Bolle der Flablenkwaffen Wir beschränken uns darauf, hier kurz die Hauptgründe zu nennen, weshalb mit der Anschaffung von Hochleistungsflugzeugen weder die Flablenkwaffen entbehrlich werden, noch durch eine Eingliederung von Flablenkwaffen auf die heute beantragten Flugzeuge verzichtet werden könnte.

Die Überlegenheit der Flablenkwaffen gegenüber den Flugzeugen besteht im wesentlichen darin, dass sie rascher und mit einer höheren Abschusswahrscheinlichkeit ein in ihren Wirkungsbereich einfliegendes Flugzeug zu bekämpfen vermögen. Ihre charakteristischen Stärken machen die Flablenkwaffen besonders geeignet, überraschend auftretende und kurzfristig erfassbare Luftziele zu vernichten. Flablenkwaffen sind im weiteren praktisch wetterunabhangig.

Die Hauptschwächen
der Flablenkwaffen liegen im Umstand, dass sich ihre Lenkwaffenvorräte bei starker Beanspruchung rasch verbrauchen und durch Täuschungen und Störungen verschiedener Art sowie durch geeignete Angriffsverfahren ein Ausmanoverieren möglich ist. So können z.B. tief fliegende Flugzeuge, die sich in den radartoten Lufträumen von Flablenkwaffen bewegen, nicht erfasst und bekämpft werden.

Eine ausschliessliche Übertragung der Luftverteidigung an Flablenkwaffen wäre in nächster Zukunft nicht nur aus terminlichen Gründen sondern auch finanziell und wirkungsmässig nicht durchführbar. Aber auch die Flugwaffe

803 wird zeitweise aus Wettergründen, Zeitnot oder wegen anderer Schwierigkeiten an der Luftverteidigung nicht oder nur ungenügend mitwirken können. Die zweckmässigste und wirkungsvollste Lösung, die ausnahmslos auch hei allen ausländischen Staaten, welche über Flablenkwaffen verfügen, gewählt worden ist, besteht deshalb in einer mittelgerechten gemeinsamen Verwendung und Koordinierung von Flablenkwaffen und Jagdflugzeugen in der Luftverteidigung. Die damit vorhandene Anpassungsfähigkeit verkleinert zugleich das Eisiko einer totalen Lähmung der Abwehr.

Technisch ist die gleichzeitige, gefühlte Karnpftätigkeit von Flablenkwaffen und Flugzeugen ohne weiteres möglich, sei es in Form einer zeitlichen oder einer räumlichen Trennung. Wie eng ein Nebeneinanderwirken zulässig ist, hängt weitgehend von der technischen Ausrüstung der zentralen Einsatzführung der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen ab.

Die diesbezüglichen Verhältnisse und unsere Ausbauvorhaben sind in Kapitel V, Ziff. 4 dargelegt.

K. Die Modernisierung der Flugwaffe 1. Die Flugzeugbeschaffungen seit 1951

In unserer Botschaft vorn 27. Januar 1961 (BB11961, I, 164) über die Beschaffung von Kriegsmaterial (Eüstungsprogramm 1961) haben wir im Abschnitt I einen Überblick über die bisherigen Kriegsmaterialbeschaffungen vermittelt, wobei wir uns in Anbetracht des Charakters der genannten Botschaft auf die Darlegung der Beschaffungen für die Erdtruppen beschränkten und den eidgenössischen Räten eine Übersicht über die bisherigen Flugzeugbeschaffungen mit der vorliegenden Botschaft in Aussicht stellten. Es handelt sich somit an dieser Stelle darum, Ihnen über die Abwicklung der mit den Bundesbeschlüssen vom 12.April 1951 (Venom I.Serie), 11. Juni 1954 (Venom 2.Serie), 13.März 1957 (Ausbildungsflugzeuge und Helikopter) und 29. Januar 1958 (Hunter) eingeleiteten Beschaffungen von Flugzeugen zu berichten.

Die mit Bundesbeschluss vom 12.April 1951 über die Beschaffung von Kampfflugzeugen eingeleitete Anschaffung von 150 Flugzeugen des Types DH112 «VENOM» Mk.l mit dem notwendigen Reservematerial und Betriebszubehör im Betrage von 175 Millionen Franken ist abgeschlossen. Das Eidgenössische Militärdepartement hat den Bericht über die Abwicklung der genannten Beschaffung mit den besonderen Akten zur Staatsrechnung 1959 (Beilage 9) den Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte zugestellt.

Mit Bundesbeschluss vom 11. Juni 1954 über den Ersatz von Kampfflugzeugen haben Sie der Beschaffung von weiteren 100 Kampfflugzeugen mit Ersatzteilen und Zubehör im Betrage von 115 Millionen Franken zugestimmt.

Dieser Beschaffungskredit ist bis Ende 1960 bis auf 0,7 Millionen Franken beansprucht worden. Mit dein Restbetrag ist die Durchführung bestimmter Normalisierungsarbeiten im Verlaufe des Jahres 1961 vorgesehen.

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Alle diese Flugzeuge gelangten in den Jahren-l 955-1958 an die Truppe.

Die Bundesversammlung hat mit Bundesbeschluss vom 13.März 1957 über die Beschaffung von Ausbildungsflugzeugen und Helikoptern einen Kredit von 40,2 Millionen Franken bewilligt, der zur Anschaffung von 60 Mehrzweck-Schulflugzeugen Typ P-3 (17,9 Millionen Franken), 20 Umschulungsflugzeugen DH115 «VAMPIBE»-Trainer (15,8 Millionen Franken) und von 8 Helikoptern verschiedener Grosse (6,5 Millionen Franken) vorgesehen war. In der Folge wurden die P-3 Flugzeuge und die «VAMPIBE»-Trainer beschafft und der dafür vorgesehene Kredit von 33,7 Millionen Franken aufgebraucht. Bei der Beschaffung der Helikopter gab man mit Bucksicht auf die noch bescheidenen Betriebserfahrungen einem schrittweisen Vorgehen den Vorzug. Vorerst wurden drei kleine Helikopter (l Passagierplatz) vom Typ «Djinn» und drei mittlere Hubschrauber (4 Passagierplätze) vom Typ «Alouette II» beschafft, die nach erfolgter technischer Erprobung der Truppe im Jahre 1958 für Versuche zur Verfügung gestellt wurden. Da anlässlich dieser Versuche vier Helikopter durch Flugunfall verloren gingen, reichte die verbleibende Zahl nicht aus, um einerseits den berechtigten Wünschen der Truppe, die Hubschrauber in den Übungen grösseren Bahmens einzusetzen, nachzukommen und anderseits tüchtige, im gebirgigen Gelände gewandte Piloten auszubilden. Ausserdem ist das Eidgenössische Militärdepartement auf Grund eingehender Studien im Hinblick auf die Anpassung unserer Armee an die Erfordernisse einer modernen Kriegführung zur Auffassung gelangt, dass unsere Armee im Kriege nicht damit rechnen kann, Lufttransporte von Personal und Material in grösserem Ausmasse durchzuführen. Die dazu vorgesehenen grossen Helikopter (ca. 12 Passagierplätze) sind sehr verletzbar und bilden auffallende Ziele. Wir haben in der Folge einem Antrag des Eidgenössischen Militärdepartements entsprochen und mit Bundesratsbeschluss vom 16. Januar 1959 dem Verzicht auf Beschaffung von zwei grossen Helikoptern und dafür der Beschaffung weiterer Hubschrauber mittlerer Grosse zugestimmt.

Gestützt auf unseren Beschluss wurden weitere sechs Helikopter vom Typ «Alouette II» beschafft und mit einer Kreditrestanz ein verlorengegangener Hubschrauber Typ «Djinn» ersetzt. Der in unserer Botschaft vom 15.Februar 1957 für die
Helikopterbeschaffung ausgeschiedene Kredit von 6,5 Millionen Franken ist Ende 1960 bis auf 0,8 Millionen Franken beansprucht worden. Mit diesem Restbetrag ist die Durchführung von Normalisationen für die allernächste Zeit vorgesehen.

Die mit Bundesbeschluss vom 29. Januar 1958 über die Beschaffung von Kampfflugzeugen eingeleitete Anschaffung von 100 Flugzeugen des Typs «HUNTEE» Mk.6 mit Munition, Ersatzmaterial und weiterem Zubehör ist in vollem Gange. Die Kampfflugzeuge gelangten in der Zeit vom April 1958 bis April 1960 zur Auslieferung an die Truppe. Vom bewilligten Kredit in der Höhe von 312,7 Millionen Franken ist bis Ende Februar 1961 für eingegangene Verpflichtungen ein Betrag von 276,6 Millionen Franken beansprucht worden. Mit dem Bestkredit von 36,1 Millionen Franken sind die Beschaffung weiterer Beserveteile, die Durchführung von Normalisationsarbeiten, die Ergänzung der

805 Prüfstandeinrichtungen, des Bodenmaterials und der Werkzeuge sowie die Beschaffung weiterer Munition vorgesehen.

Abschliessend muss in diesem Zusammenhang auch noch an den Bundesbeschluss vom 19. März 1958 über die Beschaffung von Kampfflugzeugen vom Typ P-16 erinnert werden, auf dessen Vollzug wir im Gefolge der seither eingetretenen und Ihnen bekannten Ereignisse am 2. Juni 1958 verzichtet haben.

Die Gründe, welche uns zu diesem Verzicht bewogen hatten, sind vom Vorsteher des Eidgenössischen Militärdepartements an der Sitzung des Nationalrates vom 5. Juni 1958 in unserem Kamen dargelegt worden. Nunmehr ist auch der Zeitpunkt für die formelle Erledigung dieser Angelegenheit gekommen. Wir haben deshalb in den beiliegenden Entwurf zu einem «Bundesbeschluss über die Beschaffung von Kampfflugzeugen (Mirage III S) und von weiterem Material für die Fliegertruppen» eine Bestimmung aufgenommen, wonach der seinerzeitige Bundesbeschluss vom 19.März 1958 «über die Beschaffung von Kampfflugzeugen vom Typ P-16» aufgehoben wird. Damit verfällt der mit diesem Bundesbeschluss bewilligte Kredit von 441 Millionen Franken, der im übrigen nicht beansprucht worden ist.

2. Der heutige Flugzeugpark una seine Verwendungsmöglichkeiten Schon seit einer Eeihe von Jahren ist die Flugwaffe durchwegs mit einsitzigen Düsenflugzeugen ausgerüstet. Wir verfügen heute über Vampire-Flugzeuge, Ablieferung 1949-1952; Venom-Flugzeuge, Ablieferung 1953-1958 ; Hunter-Flugzeuge, Ablieferung 1958-1960.

Alle unsere Flugzeugtypen sind eingerichtet und geeignet für die Bekämpfung von Erdzielen. Darüber hinaus verfügte jedes Modell in den ersten Jahren nach seiner Beschaffung über Flugleistungen, die es für den Einsatz als Jäger geeignet machte. Dies trifft derzeit nur noch für den Hunter zu.

Mit der jeweiligen Indienstnahme von Jagdflugzeugen stärkerer Leistung im Ausland tritt für alle vorhandenen älteren und leistungsschwächeren Jäger eine relative Unterlegenheit für das Luftgefecht, d.h. eine taktische Veralterung ein. Dies ist eine Entwicklung, auf die wir ebensowenig Einfluss haben, wie auf die übrige Entwicklung der Kriegstechnik.

Die Vampire- und Venom-Flugzeuge sind heute in ihren fliegerischen Leistungen soweit veraltet, dass sie nur noch als Erdkampfflugzeuge verwendbar sind. Schon seit einer Eeihe von Jahren sind die
Vampire in allen Staaten Europas wegen dieser Art der Überalterung gänzlich aus den Frontbeständen zurückgezogen worden. Aus dem gleichen Grund hat England 1960 bereits auch die letzten Staffeln vom Venom auf Hunter unigerüstet. Mit der Anlieferung der Ihnen zur Beschaffung vorgeschlagenen neuen Flugzeuge werden die letzten Vampire auch bei uns aus den Staffeln verschwinden.

Das Gros unserer Flugzeuge besteht auch nach der Eingliederung des neuen Flugzeuges aus Venom- und Hunter-Flugzeugen. In jenem Zeitpunkt dürften

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diese beiden Flugzeugtypen nur nooh als Erdkampfflugzeuge taugen. Fur einen erfolgversprechenden Einsatz gegen moderne feindliche Jager oder andere sohnelle Mugzeuge warden ihre Leistungen dannzumal nicht mehr genugen, Auch mit den neuen Hochleistungsflugzeugen, die sowohl fur Jager- wie Erdkampfaufgaben verwendbar sind, wird der Charakter einer ausgesprochenen Erdkampfflugwaffe weiterhin erhalten bleiben.

3. Die Erfordernisse hinsichtlichFlugleistungen, Bewaffnung und Ausrustwng neuer Fluqzeuqe

Wir erachteten es als no'tig, Sie eingehend iiber die Aufgabenstellung, die geplante Verwendung der Flugwaff e und die voraussehbaren Anforderungen und Schwierigkeiten, die mit den verschiedenen Aufgaben verbunden sein werden, zu orientieren, da die Flugzeugbediirfnisse und mehr noch der Bedarf an Waffen, Elektronik und Navigations-Ausnistung aufs engste duroh die Aufgabenstellung bestimmt werden.

Um unsere Jagdbomberverbande als Feuerschwergewicht an den Brennpunkten der Erdschlacht verwenden zu konnen, ist die Beschaffung einer angemessenen Zahl von modernen Hochleistungsflugzeugen mit selbstzielsuchenden Luft-Luft-Lenkwaffen und dem dazu notigen Bordradar unentbehrlich. Hauptaufgabe dieser Flugzeuge wird sein, eine Luftlage zu erkampfen und zu halten, bei welcher eine Tatigkeit von eigenen Jagdbombern gegen Erdziele moglich ist.

Hat andererseits die Mugwaffe zusammen mit der Eliegerabwehr den Auftrag, Operationen der eigenen Erdtruppen zu schutzen, so haben die Hoohleistungsflugzeuge eine Luftlage zu schaffen, bei welcher ein systematisoher Einsatz feindlioher Jagdbomber und Bomber gegen unsere Truppen verhindert wird. Es ist zu erwarten. dass in solchen Lagen auch der Gegner seine Erdkampfflugzeuge mit Jagern schiitzt. In beiden Fallen - Schutz unserer Jagdbomber und Schutz unserer Erdtruppen - miissen unsere Raumschutzjager den gegnerischen Jagdflugzeugen ebenbiirtig oder besser sogar iiberlegen sein.

Es ist nicht angezeigt, die neuesten fur Schutz- und Abwehraufgaben allein geeigneten Hochleistungsflugzeuge gegen jene Erdziele einzusetzen, die auch mit leistungsschwacheren und bei uns in grosserer Zahl vorhandenen Erdkampfflugzeugen bekampft werden konnen. Das neu anzuschaffende Flugzeug sollte aber iiber ferngesteuerte Luft-Boden-Lenkwaffen von ca. 5-7 km Eeichweite verfilgen, um besonders wichtige und stark mit Flab, verteidigte Ziele treffsicher zu bekampfen, ohne dass in das Flabfeuer eingeflogen und damit ein hohes Abschussrisiko eingegangen werden muss.

Filr die Luftaufklarung, die notigenfalls trotz Abwehr durch gegnerische Jager und Flabwaffen weit in den feindbesetzten Eaum vorzudringen hat, stellt die hohe Fluggeschwindigkeit und die technische Ausriistung fur Navigieren im schnellen Hoch- oder Tiefflug, notigenfalls ohne Sioht, die beste Gewahr fiir die Erfullung der Auftrage und eine angemessene tJberlebenserwartung dar. Auch fiir diese Aufgabe braucht es also Flugzeuge mit Jagerleistungen. Anstelle von

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Erdkampfwaffen werden diese Aufklärer Geräte für Bildaufklärung bei Tag und Nacht mitführen.

Alle die bis dahin genannten Aufgaben erfordern hinlängliche Beichweiten, d.h. ausreichende Verweilzeiten in der Luft, sollen nicht die zu lösenden Aufgaben und ebensosehr die Flugsicherheit eine standige Einengung, ja, Beschränkung von dieser Seite her erfahren.

Schliesslich benötigen wir auch zur angemessenen Verteidigung unserer Neutralität in der Luft ein Hochleistungsflugzeug mit modernen Luft-Luft-Lenkwaffen und dem dazu notigen Bordradar. Ein Verzicht auf eine zeitgemässe waffentechnische Anpassung unserer Mittel zur Handhabung der Neutralität in der Luft würde im Falle eines Konfliktes in Europa die Kriegführenden geradezu ermuntern, den schweizerischen Luftraum als ungefährlichen Durchflugskorridor zu missbrauchen.

4. Der zahlenmässige Bedarf an neuen Flugzeugen Mit den neu anzuschaffenden Hochleistungsflugzeugen sollen die letzten in unserer Flugwaffe noch eingeteilten Vampire- sowie die Venorn-Aufklärer-Flugzeuge ersetzt werden. Es müssen deshalb 4 normale Flugzeugstaffeln und l verstärkte Aufklärerstaffel mit neuen Flugzeugen ausgerüstet werden können.

Zusammen mit einer minimalen Eeserve für die erfahrungsgemäss im Laufe der Zeit eintretenden Flugzeugabgänge beläuft sich der Bedarf auf 100 neue Flugzeuge, deren Beschaffung wir Ihnen hiermit beantragen.

Die Eingliederung von 100 neuen Flugzeugen in die Flugwaffe erlaubt lediglich, die ältesten Flugzeuge, d.h. die Vampire nach durchschnittlich ISjähriger Verwendung in den Frontverbanden zu ersetzen. Mit dem Abschluss der Auslieferung der neuen Flugzeuge werden auch die Venorn der ersten Bauserie bereits ein durchschnittliches Alter von 11 Jahren erreicht haben. Es wird deshalb notwendig sein, rechtzeitig zu entscheiden, ob ini Anschluss an die heute beantragte Hunderterserie noch eine weitere Hunderterserie des gleichen Flugzeugtyps gebaut werden soll.

In Anbetracht der raschen Entwicklung der offensiven und defensiven Luftkriegsmittel erachten wir es für angezeigt, uns für einen neuen Antrag erst dann zu entscheiden, wenn es für eine anfällige Fortsetzung der laufenden Fabrikation notwendig ist.

In jenem Zeitpunkt werden Sie auch erneut darüber zu befinden haben, ob die Flugwaffe auf einem Bestand von 400 Flugzeugen behalten werden oder
ob eine Absenkung eintreten soll.

5. Die Flugwaffenentwicklung in der Zukunft Wie bereits an anderer Stelle erwähnt wurde, bestimmt in erster Linie die allgemeine waffentechnische Entwicklung auf dem Gebiet der Luftkriegführung

808 Bichtung und Schrittmass unserer diesbezüglichen Anpassungen. Es handelt sich für uns darum, schon im Frieden der Entwicklung zu folgen und alles zu tun, um materiell in der Lage zu sein, ernstzunehmenden Widerstand gegen Verletzungen unserer Lufthoheit oder gegen Luftangriffe zu leisten.

Soweit die Entwicklung überblickbar ist, hat sie in jüngster Zeit einen bemerkenswerten Bichtungswechsel eingeschlagen: Der Wettlauf um eine weitere Steigerung der Fluggeschwindigkeit der Kampfflugzeuge scheint mindestens für die nächste Flugzeuggeneration zum Stillstand gekommen zu sein. Die kennzeichnende Neuerung, auf die sich alle Anstrengungen richten, ist nunmehr die Ausgestaltung der Flugzeuge für Kurz- oder Senkrechtstart und -Landung bei gleichzeitiger Beibehaltung der übrigen Flugleistungen der modernen Überschallflugzeuge.

Während man noch vor kurzem das Ende der bemannten taktischen Flugzeuge unmittelbar bevorstehend wähnte, sind sich die Fachleute heute darin allgemein einig, dass auf bemannte Flugzeuge jedenfalls für die taktische Luftkriegführung noch lange nicht verzichtet werden kann. Dementsprechend steht heute in den führenden Staaten des Flugzeugbaues die nächste Generation bemannter Kampfflugzeuge in Entwicklung. Mindestens ein Teil der zukünftigen Muggeräte wird ausdrücklich als Mehrzweckkampfflugzeuge beschrieben, was darauf hinweist, dass die Aufgaben der taktischen Flugwaffen noch auf lange Zeit unverändert bleiben dürften.

6. Die Bedrohung der Flugplätze Die Bindung der heutigen Flugzeuge an Hartbelagpisten ist ohne Zweifel eine schwerwiegende Schwäche der Flugwaffen. Sie ist ein Nachteil, der die Luftrüstung der ganzen Welt kennzeichnet und im gegenwärtigen Zeitpunkt mangels einer praktisch brauchbaren und taktisch befriedigenden Lösung von allen Flugwaffen in Kauf genommen wird. Diese Schwäche darf aber nicht überschätzt werden, zumal nicht in unseren recht günstigen Verhältnissen.

Unsere wertvollsten Flugzeuge, einschliesslich aller Einrichtungen und Betriebsmittel für ihren Einsatz, sind unterirdisch und weitgehend zerstörungssicher untergebracht. Die Verletzlichkeit dieser Flugstützpunkte beschränkt sich im wesentlichen auf Pisten und Eollwege. Eine wirklich nachhaltige Zerstörung dieser an sich sehr standfesten Einrichtungen kann nur durch Nuklearwaffen mit bodennahem
Sprengpunkt erreicht werden. Ein derartiger Kernwaffeneinsatz zieht jedoch unvermeidlich eine starke, unkontrollierbare radioaktive Verseuchung weiter Gebiete zufolge Ablagerungen aus der Luft nach sich, die sich auch für einen Angreifer nachteilig auswirken können. Ob im Falle eines nuklearen Weltkrieges allein für die Ausschaltung der verhältnismässig schwachbelegten Flugplätze eines Kleinstaates die erwähnten Verseuchungsrisiken eingegangen würden, ist fraglich. Zudem besteht auch weiterhin die Möglichkeit, dass ein zukünftiger Krieg unter Verzicht auf Atomwaffen ausgetragen wird.

809 Soweit eine Flugpiste lediglich durch konventionelle Bomben beschädigt und nicht von einem nuklearen Nahtreffer aufgerissen oder verschüttet wird, stehen Mittel bereit, um die Verwendbarkeit des Flugstützpunktes relativ rasch wieder herzustellen. Die Gefahr einer Blockierung von Start und Landung durch teilweise Zerstörungen an den Pisten kann durch Verwirklichung kurzer Startund Landelängen ganz beträchtlich herabgesetzt werden. Wir haben deshalb bei der Flugzeugwahl den Start- und Landeleistungen besonderes Gewicht beigemessen. Im praktischen Flugbetrieb sind die Pistenansprüche für die Landung grösser als für den Start unter günstigen Bedingungen. Das Flugzeug soll deshalb so vorbereitet werden, dass es in einem späteren Zeitpunkt auf Flugplatzanlagen mit Landebremsung verwendet werden kann. Entsprechende Einrichtungen sind im Studium. Sie sollen uns in die Lage versetzen, nötigenfalls den Flugdienst von kurzen Pistenabschnitten aus fortsetzen zu können. Ausserdem treffen wir technische Vorkehren, um bei Bedarf einen Start mit sehr kurzer Rollstrecke zu ermöglichen. In äussersten Notfällen können damit die Flugzeuge eines bombardierten Stützpunktes auch von weitgehend zerstörten Flugpisten aus noch starten, um evakuiert zu werden.

Im Hinblick auf die zu erwartenden Flugplatzbeschädigungen durch Feindeinwirkung erachten wir es als nötig, ein Flugzeug zu wählen, das auch auf flüchtig reparierten Rollflächen und unter Umständen von behelfsmässig erstellten Pistenabschnitten aus operieren kann.

III. Typenwahl und Beschreibung des Flugzeuges MIRAGE III S 1. Eilclcblicit auf die militärische Auswahl

Als im Frühjahr 1958 auf die Fabrikation des P-16 verzichtet wurde, veranlasste das EMD die unverzügliche Wiederaufnahme der bereits im Jahre 1957 in den USA, Schweden und Frankreich begonnenen Orientierung über neues Flugmaterial (siehe Botschaft vom 15. November 1957 Seite 2) im Bestreben, möglichst bald einen neuen Beschaffungsantrag vorlegen zu können (siehe S. 2 der Botschaft vom 15.Februar 1957, BEI 1957,1, 631, über die Beschaffung von Ausbildungsflugzeugen und Helikoptern).

Die verantwortlichen Stellen gaben sich schon damals Rechenschaft, dass die Entwicklungsfortschritte der Kampfflugzeuge, ihrer Ausrüstung und Bewaffnung weitreichende taktisch-technische, terminliche und finanzielle Entscheidungen erfordern werden. In Anbetracht des Umfanges und der Tragweite der Aufgabe übertrug deshalb das EMD die Vorbereitung der Flugzeugbeschaffung dem Generalstabschef, der hiezu über eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Beamten und Instruktionsoffizieren der Generalstabsabteilung, der Kriegstechnischen Abteilung, der Abteilung für Flugwesen und Fliegerabwehr sowie des Eidgenössischen Flugzeugwerkes und der Direktion der Militärflugplätze verfügen konnte.

Diese Arbeitsgruppe unterzog in der Folge das schwedische Flugzeug J 35 Draken (der Svenska Aeroplan AB, Linköping, Schweden), die amerikanischen Bundesblatt 113. Jahrg. Bd. I.

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Flugzeuge F-104 Starfighter (der Lockheed Aircraft Corporation, Burbank, USA) und F-11F-1F Supertiger (der Grumman Aircraft Engineering Corporation, Bethpage, USA) sowie das französische Flugzeug Mirage III A (der Générale Aéronautique, Marcel Dassault, Saint-Cloud, Frankreich) einer umfassenden Erprobung im Herstellerland und teilweise auch in der Schweiz. Im weitern wurden in gleicher Weise die leichten Kampfflugzeuge Fiat G-91 (der Fiat Aviazione, Turin, Italien) und N-156F Freedom Fighter (der Northrop Corporation, Beverly Hills, USA) untersucht.

Im Hinblick auf die Aufgaben und Bedurfnisse unserer Flugwaffe, wie sie in Kapitel I und II dargelegt sind, schieden die beiden leichten Kampfflugzeuge Fiat G-91 und N-156F aus der Wahl.

Die Auswertung der Erprobungsresultate der Arbeitsgruppe ergab, dass die modernen Hochleistungsflugzeuge Draken, Starfighter, Supertiger und Mirage sich für die Erfüllung der Aufgaben unserer Flugwaffe eignen würden. Keines dieser Flugzeuge weist Eigenschaften auf, die es für eine Verwendung bei uns ausschliessen würden. Die beiden amerikanischen Flugzeugtypen Starfighter und Supertiger schieden in der weiteren Auswahl aus Kostengründen aus. Ihre Beschaffung käme wesentlich teurer zu stehen als die der europäischen Typen.

Der Vergleich zwischen Draken und Mirage wurde besonders eingehend vorgenommen. Um den Herstellerwerken Gelegenheit zu geben, die letzten Verbesserungen bzw. den jüngsten Entwicklungsstand ihrer Flugzeuge vorführen und die beiden Flugzeuge unter gleichen Gegebenheiten und in den schweizerischen Gelandeverhältnissen vergleichen zu können, erfolgte die parallele Prüfung der beiden Flugzeugtypen im November 1960 in der Schweiz.

Die Arbeitsgruppe hat unter Berücksichtigung aller militärischen Faktoren und auch der Fabrikationsmöglichkeiten mit Hilfo eines eingehenden Bewertungssystems festgestellt, dass sich der Mirage für unsere Verhaltnisse besonders eignet. Da auch die Beschaffungskosten beider Flugzeuge ungefähr gleich hoch sind, musste dem Mirage der Vorzug gegeben werden.

Die Ergebnisse der Flugzeugprüfungen sowie die ins Einzelne gehenden Gründe für die Wahl des Flugzeuges Mirage werden den Militärkommissionen zur Kenntnis gebracht.

2. T aktisch-technische Beurteilung des Mirage III S Der Mirage III S ist eines der schnellsten Hochleistungsflugzeuge,
die gegenwärtig in Serie gebaut werden. Er vermag mehr als doppelte Schallgeschwindigkeit zu erreichen. Die technischen Gegebenheiten, die das Flugzeug zu dieser ausserordentlichen Geschwindigkeitsleistung befähigen, sind die Ursache für eine Beihe weiterer, wichtiger militärischer Eigenschaften, wie hohe Beschleunigungs- und Steigfähigkeit, sowie grosse Gipfelhöhe. Das Flugzeug weist aber auch eine bemerkenswerte Wendigkeit und gute Langsamflugeigenschaften auf, Qualitäten also, die besonders wegen der Start- und Landebedingungen auf unseren Kriegsflugplatzen als Grundforderungen gestellt werden mussten.

811 Als Mittel zur weiteren Erhöhung der Beschleunigung, der Steiggeschwindigkeit, der Gipfelhöhe und der Kurvenfähigkeit weist der Mirage ein zusätzliches Raketentriebwerk auf, mit dem der Schub in entscheidenden Kampfphasen während kurzer Zeit wesentlich erhöht werden kann.

Mit seinen baukastenähnlichen, rasch wechselbaren Zusatzausrüstungen und dank seinen guten Flugeigenschaften ist der Mirage ein wirkliches Mehrzweckflugzeug. Er verfügt für alle Plugaufgaben über Kampfleistungen, die ihn über eine lange Zeitspanne befähigen werden, sich auch in schwierigen Luftlagen durchzusetzen.

Für Start und Landung reichen die auf unseren Kriegsstützpunkten vorhandenen Pisten von 2000 m Länge aus. Das Flugzeug weist ein Fahrwerk und eine Bereifung auf, die ihm - im Unterschied zu ändern Hochleistungsflugzeugen - gestatten, auch provisorisch hergerichtete Eollflachen zu benützen; ein Vorzug, der im Hinblick auf allfällige Zerstörungen an den Flugplätzen wertvoll ist.

3. Entwcklungsriescliiohte von Zelle und Triebwerk Die Entwicklungsfirma des Mirage verfügt über grosse Erfahrung im Flugzeugbau. Sie hat bereits vor dem 2. Weltkrieg zahlreiche Flugzeuge für die französische Luftwaffe hergestellt. Seit dem Kriege ibt sie Hauptlieferantin für die Kampfflugzeuge der französischen Luftstreitkräfte.

Der Mirage III S ist das Ergebnis einer langen Entwicklung. Der Entwurf geht auf das Jahr 1953 zurück, als in verschiedenen Ländern Europas und in Amerika begonnen wurde, leichte Abfangjäger zu entwickeln. Ursprünglich wurden 2 Triebwerke und l Zusatzraketentriebwerk vorgesehen. Niederdruckpneus setzten schon das erste Modell instand, notfalls auf Behelfspisten starten und landen zu können. Von Anfang an wurden hohe Flugleistungen gepaart mit konstruktiver Einfachheit und niedrigen Gestehungskosten gefordert. Der Erstflug mit dem Prototyp Mirage I erfolgte am 25. Juni 1955.

Die Weiterentwicklung führte über den Mirage II zum Mirage III. der nur noch mit einem, jedoch stärkeren Triebwerk versehen war. Er flog erstmals am 17.November 1956 und erreichte anfangs 1957 im Horizontalflug bereits 1,5fache Schallgeschwindigkeit.

Nach einer Vorserie von zehn Flugzeugen, die u.a. dazu bestimmt war, die Seriereife zu erreichen, lief die eigentliche Seriefabrikation an. Das erste Serieflugzeug'Mirage III C startete am
10. Oktober 1960 zum Erstflug. Es ist im Monat November 1960 auch in der Schweiz vorgeführt worden. Die für unsere Flugwaffe vorgesehene Ausführungsvariante Mirage III S weist gegenüber dem Modell III C einige geringe konstruktive ,Änderrmgen auf, welche vor allem unseren Bedürfnissen für Kurzstart und Kurzlandung Bechnung tragen.

Das Triebwerk ATAB 9 C des Mirage III S, welches von der Firma Société Nationale d'Etudes et Constructions Aéronautiques in Paris gebaut wird, ist das Resultat einer 15-jährigen Entwicklung. Verschiedene Vorläufer-Typen des Triebwerks ATAB 9 G stehen in den von der Firma Dassault für die französische

812 Luftwaffe gebauten Flugzeugen in grosser Zahl in Betrieb, Auch andere, heute noch im Einsatz stehende Flugzeuge, sind mit ATAE-Triebwerken ausgerüstet.

Das Triebwerk ATAE 9 G zeichnet sich durch Einfachheit in der Konstruktion aus. Dieser Umstand erleichtert den Nachbau und später die Unterhaltsarbeiten in der Schweiz bedeutend. Dem Vorzug der Einfachheit kommt eine erhebliche Bedeutung zu, da wir auch im Materialunterhalt weitgehend mit Miliz-Verhältnissen auszukommen haben.

Als sich die Möglichkeit abzeichnete, den Mirage mit einem der neusten Düsentriebwerke der Firma Eolls-Eoyce, Derby, England auszurüsten, prüften wir die vielfältigen Auswirkungen einer solchen eventuellen Umstellung eingehend. Die Gründe, die zu einer Ablehnung dieser Variante führten, finden sich ebenfalls in den ergänzenden Unterlagen, welche wir Ihren Kommissionen vorlegen.

4. Bewaffnung und Navigationsausrüstung Die mit der Beschaffung des Mirage III S beantragte umfängliche und kostspielige Waffen- und Navigationsausrüstung bildet eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Kampfkraft und die Einsatzmöglichkeiten des Flugzeuges.

In Zukunft nauss bei der Bekämpfung von Erdzielen damit gerechnet werden, dass einzelne wichtige Objekte, wie z.B. Flussübergänge, Lenkwaffenstellungen, Eadarstationen usw. sehr stark mit modernen Flabmitteln geschützt sind. Fliegerangriffe mit den herkömmlichen Waffen, d.h. mit Bomben, ungelenkten Eaketen und Kanonen dürften gegen derartig verteidigte Objekte wegen der Notwendigkeit, bis unmittelbar über das Ziel vorzudringen, mit grossen Verlusten und wenig Erfolg verbunden sein. Es ist deshalb nötig, solche Ziele mit Luft-Boden-Lenkwaffen aus einigen Kilometern Entfernung bekämpfen zu können. Für den Mirage III S sollen derartige Waffen, die Ergebnisse französischer Entwicklung sind, beschafft werden. Ausserdem sollen Bombenabwurfrechner für den zielgenauen Bombenabwurf auf grosse Distanzen Verwendung finden.

Daneben erhält das'Flugzeug die übliche Bordkanonen-Bewaffnung und es kann mit einer grossen Zahl ungelenkter Eaketen bestückt werden. Neue Zielgeräte, die im Mirage zum Einbau gelangen, lassen auch für diese Waffeneinsätze erheblich bessere Treffleistungen erwarten als mit den bisherigen Zielvorrichtungen.

Auf dem Gebiet der Luftkampfwaffen drängt sich die Beschaffung von
Selbstzielsuchenden Luft-Luft-Lenkwaffen auf. Die jüngsten Kriegserfahrungen, aber auch Übungen unserer Fliegerverbände zeigen deutlich, dass zufolge der hohen Geschwindigkeit der heutigen Flugzeuge mit den bisherigen Waffen ein Kampferfolg nur noch schwer bzw. sehr spärlich zu erreichen sein wird. Würden wir auf die Beschaffung von Lenkwaffen verzichten, so könnte weder im Baumschutz noch viel weniger in einer allgemeinen Luftverteidigung einem Gegner ernsthafter Widerstand entgegengesetzt werden. Das Fehlen dieser zeitgemässen Kampfmittel müsste sich in der ausländischen Einschätzung unserer Wehr-

813 kraft schon vor einer Verwicklung in einen Konflikt nachteilig auswirken. Aus einer Eeihe von Erwägungen beabsichtigen wir, verschiedene Luft-Luft-Lenkwaffentypen zu beschaffen.

Sowohl die Luft-Boden wie auch die Luft-Luft-Lenkwaffen sind leider sehr kostspielig. Immerhin erbringen sie für die Piloten eine Entlastung in den Kampfanforderungen, was für unsere Milizflugwaffe als willkommene Erleichterung zählt.

Das Erfassen und Bekämpfen schnell fliegender Luftziele und der Einsatz von Luft-Luft-Lenkwaffen ist nur mit einem leistungsfähigen Bordradar- und Feuerleitgerät durchführbar. Der Mirage III S erhält eine Bordradar-Ausrüstung, die dem Piloten die verschiedensten Hilfen liefert.

Je schneller die Flugzeuge fhegen und je weiter sich das Luftkriegsgeschehen in den feindbesetzten Baum hinein ausdehnt, desto notwendiger werden Navigationsmittel, die Gewähr dafür bieten, dass die Ziele gefunden werden und die Bückkehr auf die eigenen Flugstützpunkte auch bei ungünstigem Wetter sichergestellt ist. Teils sind hiezu besondere Navigationsgeräte zu beschaffen, teils müssen die Bordradargeräte als Navigationshilfen hiefür ausgestaltet werden. Wir beabsichtigen, diese Hilfsmittel in einem auf unsere Verhältnisse, unsere Aufgaben und den Wert der Flugzeuge abgestimmten Umfange zu beschaffen.

Für verschiedene Teile der Bewaffnungs- und der Navigationsausrüstung konnte die Wahl noch nicht endgültig getroffen werden. Der Finanzbedarf für diese Ausrüstung wurde jedoch im Gesamtbedarf in Bechnung gestellt.

IV. Beschaffung des Mirage in S 1. Allgemeines Wir beantragen, die Beschaffung unter Leitung der Kriegstechnischen Abteilung in der Hauptsache im Lizenzbau durch unsere einheimische Industrie und zu einem kleineren Teil durch Ankauf im Ausland durchführen zu lassen.

Grundsätzlich soll jenes Material im Ausland gekauft werden, dessen Herstellung in der Schweiz Kosten voraussehen lässt, welche in keinem vertretbaren Verhältnis zum Ankaufspreis stehen würden, sei es, dass die Vorrichtungs- und Werkzeugkosten wegen der bescheidenen Seriegrösse zu hoch sind, sei es, dass sehr hohe Lizenzgebühren verlangt werden. Der Bezug aus dem Ausland ist auch für Teile nötig, deren Inlandfabrikation in der verfügbaren Frist nicht mit Sicherheit erfolgen kann. Es ist dies namentlich der Fall bei einem Teil der elektronischen
Ausrüstung und anderen Hilfsgeräten, sowie teilweise bei der Bewaffnung und Munition.

Auch bei demjenigen Material, für welches die Durchführung einer Lizenzfabrikation in Aussicht genommen ist, müssen jeweils einige Stücke aus dem Ausland bezogen werden, um die Eigenfabrikation einzuleiten. Ferner besteht die Absicht, eine kleine Anzahl Flugzeuge fertig vom Lizenzgeher zu uberneh-

814 men, um frühzeitig gewisse Messungen und ergänzende Versuche durchführen und um sie als Muster beim Beginn der Montage verwenden zu können.

Bin wichtiger Grund für die Lizenzfabrikation besteht in der Schaffung einer industriellen Basis für das neu einzuführende Material. Auf diese Basis ist die Militärverwaltung während der ganzen Verwendungsdauer der Flugzeuge angewiesen. Namentlich müssen Fabrikationsanlagen und Prüf Vorrichtungen vorhanden sein, um alle Eeparatur- und Eevisionsarbeiten durchführen und Änderungen, die sich im Verlaufe des Betriebes als notwendig erweisen, vornehmen zu können.

Aber auch die Beendigung der begonnenen Produktion im Falle politischer Wirren im Auslande und die Vermehrung der Anzahl Ersatzteile, welche sich nachträglich als notwendig erweisen konnte, sind besser gewahrleistet, wenn eine entsprechende industrielle Basis im Lande vorhanden ist.

Durch den Lizenzbau werden zudem in Unternehmungen der Flugzeugindustrie zahlreiche Fachleute aller Stufen ausgebildet, welche als Spezialisten, militärisch eingeteilt beim Bodenpersonal, Verwendung finden und dank ihrer beruflichen Kenntnisse äusserst wertvolle Dienste leisten. Dieses Fachpersonal ist eine der wesentlichen Hilfen, die erlaubt, das anspruchsvolle Material überhaupt durch eine Miliztruppe bedienen zu können.

Freilich wird die Lizenzfabrikation im Gesamtergebnis teurer zu stehen kommen als ein Ankauf im Aiisland. Bei der vorgesehenen Serie von 100 Flugzeugen dürfte sich der Mehrpreis zwischen 15 und 20 Prozent belaufen.

Für die Lizenzfabrikation von Flugmaterial verfügen die eidgenössischen Betriebe und teilweise auch die Industrie über Erfahrungen, die sie aus der Vampire- und Venomfabrikation erwerben konnten. Jene Flugzeugserien konnten seinerzeit im Bahmen der bewilligten Kredite termingerecht und - wie die Erfahrung bewiesen hat - als qualitativ einwandfreie Erzeugnisse in unserem Lande nachgebaut werden.

Als Kopfwerk für die Fabrikation der Zelle wird wie schon früher das eidgenössische Flugzeugwerk und als Kopfwerk für die Triebwerkfabrikation wiederum ein bedeutendes Unternehmen der privaten Maschinenindustrie dienen.

Von diesen Stellen aus werden Aufträge an mehrere hundert Unterlieferanten ausgehen, wobei auf die Berücksichtigung der verschiedenen Landesregionen und Betriebe nach Möglichkeit
geachtet wird. Die Endmontage der Flugzeuge erfolgt ini eidgenössischen Flugzeugwerk.

Insgesamt dürften mindestens 600 Fabrikationsbetriebe der Schweiz am Nachbau beteiligt werden.

Bei der Bodeiiausrüstung handelt es sich fast gänzlich um Material, welches nur in geringer Stückzahl benötigt wird. Eine Lizenzfabrikation kommt deshalb nur in wenigen Fallen in Frage.

2. Die ßesohaffung

der Flug zeug zellen

Eine eingehende Überprüfung der Fabrikationsmöglichkeiten der einschlägigen Industrie hat ergeben, dass die Zelle in der Schweiz fabriziert werden kann.

815 Bine Ergänzung des vorhandenen Maschinenparks durch einige Spezialmaschinen erweist sich allerdings als notwendig.

Die Aufträge für den Zellenbau werden infolge des Arbeitsamt anges und der grossen Zahl verschiedener Aggregate und Einzelteile mehreren hundert Firmen Beschäftigung bringen. Gewisse im Eidgenössischen Flugzeugwerk nötige Bauten bilden zusammen mit anderen baulichen Vorhaben Gegenstand einer besonderen Vorlage.

Der grösste Teil der Bohmaterialien und Halbfabrikate wird im Inland beschafft. Einzig gewisse grosse Schmiedestücke und eine Anzahl zur Flugzeugzelle gehörender Apparato und Geräte müssen aus dem Ausland bezogen werden.

3. Die Beschaffung der Triebwerke Unsere Industrie verfügt bereits vom Lizenzbau der Veiiorn-Düsentriebwerke her über einen Stock von Fabrikationserfahrungen und Fabrikationseinrichtungen. Nachdem jener Serienbau zur vollen Zufriedenheit des militärischen Auftraggebers ausgefallen ist, besteht die notige Gewähr für das Gelingen des Nachbaues des Triebwerkes ATAE 9 C.

Für die Durchführung der Lizenzfabrikation werden neben dem privaten Kopfwerk ungefähr 200 weitere Firmen der Maschinenindustrie Teillieferungen auszuführen haben. Daneben wird es notwendig sein, eine gewisse Anzahl von Einzelteilen und Baugruppen, sowie einige ganze Triebwerke aus dem Auslande zu beziehen.

Dank der Lizenzfabrikation wird es möglich, auch für das Triebwerkgebiet die notwendige Industriebasis zu schaffen. Wir können dadurch Ersatzteile beschaffen, auch wenn die Verbindungen zum Auslande schwierig werden oder die Lizenzgeberin die Fabrikation dieses Triebwerktyps einstellen sollte.

Die Eigenfabrikation gibt dem beteiligten Personal ausserdem eine weit bessere Grundlage für die Beurteilung technischer Fragen und späterer Verbesserungen am Triebwerk.

4. Die Beschaffung der elektronischen Ausrüstung Obgleich die Forderungen, welche die verschiedenen Teile der elektronischen Ausrüstung zu erfüllen haben, von einigen der uns angebotenen Modelle erfüllt werden, erscheint es vorteilhaft, mit der endgültigen Wahl der Geräte noch zuzuwarten. Dies gilt namentlich für die Navigations- und Feuerleitgeräte, sowie die elektronischen Führungsgeräte. Die rasch voranschreitende Entwicklung auf diesen Gebieten lässt es geboten erscheinen, die Entscheidungen nicht früher zu treffen, als es
für einen fristgerechten Einbau nötig ist. und inzwischen die bereits erfolgten Erprobungen zu erweitern und zu ergänzen.

Auf eine Lizenzherstellung der elektronischen Ausrüstung wird in jenen Fallen, wo die entsprechenden elektronischen Geräte im Ausland in Großserie gebaut werden, aus Termin- und Preisgründen verzichtet werden müssen, so wünschbar sie an sich auch wäre.

816 Obwohl diese Sachlage für den grösseren Teil der elektronischen Bord- und Boden-Geräte zutrifft, wird angestrebt, wenigstens eine teilweise Lizenzfabrikation der elektronischen Geräte aufzunehmen.

Dort wo eine Lizenzfabrikation nicht möglich ist, erfolgt der Kauf der Geräte bei den ausländischen Entwicklungsfirmen, wobei eine relativ hohe Zahl von Ersatzteilen zur langfristigen Sicherstellung des Nachschubes von Anfang an beschafft werden nmss.

Prüfung und Einbau in die Flugzeuge erfolgen durch das Eidgenössische Flugzeugwerk.

5. Die Beschaffung von Bewaffnung und Munition Die herkömmliche Bewaffnung, umfassend Bordkanonen und ihre Munition, ungelenkte Eaketen mit den dazugehörigen Werfern sowie Überschallbomben und ihre Aufhängevorrichtungen, kann ohne Schwierigkeiten in der Schweiz hergestellt werden, da wir hiefür in unserem Lande über leistungsfähige Spezialindustrien verfügen.

Auch für die Fertigung von Lenkwaffen streben wir soweit wie möglich den Lizenzbau an. Die allgemeinen Gründe, die für die Bevorzugung dieses Beschaffungsweges angeführt worden sind, treffen für den Nachbau dieser neuartigen Waffen in vollem Umfange zu. Unsere elektronische Industrie könnte zudem wertvolle Anregungen aus der Einsicht in die Techniken dieses äusserst modernen Materials erhalten.

6. Die Fristen der Beschaffung Die Lizenzverträge mit den Firmen, welche den Mirage III S und das dazu gehörende Triebwerk ATAE herstellen, sind soweit vorbereitet, dass sie unmittelbar nach Inkrafttreten des Bundesbeschlusses, der Ihnen zur Annahme unterbreitet wird, unterzeichnet werden können. Hierauf werden uns sofort die Lizenzunterlagen für Zelle und Triebwerk ausgeliefert. Wir haben uns an Ort und Stelle überzeugt, dass diese Dokumente unseren Bedürfnissen entsprechend vorliegen.

Bis zum Inkrafttreten des Bundesbeschlusses werden bereits eine Eeihe von Vertragsverhandlungen mit schweizerischen Unternehmen, welche für eine namhafte Mitwirkung bei der Lizenzfabrikation in Frage kommen, vorbereitet sein, um im Falle Ihrer Zustimmung die Arbeiten raschmöglichst auf breiter Basis aufnehmen zu können.

Die Schätzung aller Fabrikations-, Zusammenbau- und Prüfzeiten und die Berücksichtigung normaler Anlauf Schwierigkeiten lassen erwarten, dass das erste in Lizenz gebaute Flugzeug 8% Jahre nach Inkrafttreten des
Bundesbeschlusses abgeliefert werden kann. Bei einer Beschlussfassung der Bäte in der Junisession 1961 wird also gegen Ende 1964 das erste Flugzeug aus der Lizenzfabrikation fertiggestellt sein.

Ungefähr ein halbes Jahr nach Ablieferung des ersten Flugzeuges soll sich die geplante Ablieferungsfolge von 3 Flugzeugen pro Monat eingespielt haben.

Nach diesem Plan wird das letzte Flugzeug im Herbst 1967 ausgeliefert werden.

817 Sollten uns aussenpolitische Ereignisse zu einer Beschleunigung des Seriebaues veranlassen, so wäre dies in einem gewissen Umfange möglich.

V. Eingliederung in die Fliegertruppen

1. Pilotenausbildung und -Training Bei der Erprobung und Bewertung der verschiedenen Flugzeuge ist u.a.

sorgfältig geprüft worden, ob sie von Milizpiloten geflogen werden können. Für den Mirage fiel diese Beurteilung von allen Seiten positiv aus.

Da das neue Flugzeug nebst den besonderen Anforderungen, die mit den höheren Flugleistungen verbunden sind, auch eine vielfältigere Waffen- und Navigationsausrüstung aufweist, ist der Ausbildungsstoff wesentlich umfassender geworden, als er bei den bis dahin gebräuchlichen Flugzeugen gewesen ist.

Der Schritt, der zwischen dem blossen Beherrschen von Start, Flug und Landung bei schönem Wetter und der sicheren Bedienung und Anwendung der vielfältigen Geräte und Hilfen während taktischen Flügen und unter Schlechtwetterbedingungen liegt, ist erheblich grösser geworden. Die Beschaffung derartiger Flugzeuge und Ausrüstungen lässt sich nur verantworten, wenn von Seiten der Ausbildung die Gewähr besteht, dass die Besatzungen bis zur vollen Ausnützung der Geräteleistungen geschult werden können.

Um die umfassendere Ausbildung mit dem Milizsystem vereinbaren zu können, wird in erster Linie die Grundausbildung der Pilotenanwärter ausreichend verlängert werden müssen, so dass voraussichtlich das anschliessende jährliche Training auf dem heutigen zeitlichen Umfang belassen werden kann. Da die Ausbildung zum Piloten aussohliesslich auf freiwilliger Anmeldung beruht und wir seit Jahren einen über dem Bedarf liegenden Andrang zu dieser Spezialausbildung zu verzeichnen haben, dürften auch bei einer verlängerten Ausbildung ohne Schwierigkeiten die notigen Anwärter zu finden sein. Für viele junge Leute ist übrigens die Militärpilotenausbildung das begehrte Sprungbrett für eine zivile Berufslaufbahn, so dass die militärische Ausbildung als willkommene berufliche Ausbildung betrachtet wird.

Bechtlich ist eine Verlängerung der Grundausbildung gemäss Artikel 119 des Bundesgesetzes über die Militärorganisation durch den Bundesrat möglich.

Teilweise wird die zusätzlich erforderliche Ausbildung auch in die Offiziersausbildung eingebaut werden können.

Als erster Verband soll eine Berufspiloten-Staffel des Überwachungsgeschwaders umgeschult werden, um Erfahrungen, insbesondere hinsichtlich des Zeitbedarfs, gewinnen zu können.

Ein neuer Ausbildungsgegenstand wird die Vorbereitung
auf den FlugzeugLenkwaffen-Einsatz sein. Es steht fest, dass diese Ausbildung ohne Einbusse für die Kriegsbereitschaft der Piloten und ohne Beanspruchung grösser Schiessplätze in der Schweiz durchgeführt werden kann. Die Truppenausbildung an den Luft-Luft-Lenkwaffen erfolgt auch im Ausland im wesentlichen ohne Abschüsse

818 solcher Lenkwaffen ; handelt es sich doch zur Hauptsache darum, die Piloten im Anfliegen einer geeigneten Abschussposition, aus der die Lenkwaffe sich selbsttätig ins Ziel zu steuern vermag, auszubilden. Zeigen die Geräte dem Piloten das Erreichen einer geeigneten Abschußsituation an, so ist seine Aufgabe mit der Auslösung der Lenkwaffe erfüllt. Eine weitere Steuerung ist unnötig.

Die Ausbildung an den Lenkwaffen mag als Beispiel für die zusätzlichen Ausbildungsbelange dienen: Obwohl die Wahrscheinlichkeit, einen Luftgegner mit Lenkwaffen - statt wie bisher nur mit Bordkanonen - zum Absturz zu bringen, um das Vielfache grösser geworden ist, muss das Beschiessen von Luftzielen mit Kanonen weiterhin beherrscht werden, da diese technisch einfache Nahkampfwaffe sozusagen «das unentbehrliche Bajonett auf dem Lenkwaffengewehr» bildet.

Als wichtige und kostensparende Ausbildungshilfen sollen Flug- und Lenkwaffen-Simulatoren beschafft werden. Das Training im Einsatz von Luft-BodenLenkwaffen stützt sich weitgehend auf Übungen an solchen Apparaturen.

2. Wartungsanforderungen Während grosse Teile des neuen Plugzeuges, wie Zelle und Düsen-Triebwerk wenig neuartige Wartungsansprüche stellen, umfasst die Flugzeugausrüstung eine Eeihe von hochpräzisen und komplizierten Geräten, die bis heute in der Fliegertruppe unbekannt waren (vgl. Kapitel III und IV). Die Anforderungen an die Bedienungsmannschaften bei der Truppe wie bei der Direktion der Militärflugplätze erfahren deshalb eine Ausweitung. Personell wird dies zur Folge haben, dass der Bedarf an Spezialisten zunehmen wird.

Bei den Flugplatzabteilungen, die Mirage-Staff ein zu betreuen haben, dürfte eine Vermehrung der Mannschaften um ca. 15 Prozent nötig sein. Für die Direktion der Militärflugplätze, welche die Flugzeuge im Frieden für Ausbildung und Training bereitstellt und unterhält und im Kriege als rückwärtige Eeparaturund Ersatzstaffel funktioniert, beläuft sich der zusätzliche Personalbedarf im Frieden auf 10-12 Prozent des heutigen Bestandes.

Auch das für die Wartung und den Unterhalt der Flugzeuge benötigte Bodenmaterial bestehend aus Korpsmaterial, Werkstatteinrichtungen, Prüfgeräten und festen Prüfständen wird umfangreicher.

Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass der Betrieb von modernen Hochleistungsflugzeugen unvermeidlich mit einer
Kostensteigerung verbunden ist, die inskünftig in den laufenden Ausgaben ins Gewicht fallen wird.

3. Ausbau von Flugplatzeinrichtungen Für den Einsatz des Mirage von den Kriegsstützpunkten aus sind Pistenlängen von 2000 m erforderlich. Alle für die Stationierung des neuen Flugzeuges vorgesehenen Flugplätze sowie der grösste Teil der übrigen Kriegsstützpunkte verfügen bereits über die nötigen Pistenausmasse.

819 Die Schulung neuer Piloten hat aus Sicherheitsgründen auf längeren Pisten zu erfolgen. Diese Schulungspisten stehen auf Plugplätzen im Mittelland bereits zur Verfügung. Für die Mirage-Kriegsstützpunkte werden Bremsvorrichtungen für die Verwirklichung der Kurzlandungen zu beschaffen sein. Diese Einrichtungen haben den Zweck, den Flugbetrieb auch dann noch aufrechtzuerhalten, wenn grössere Teile der Piste zufolge Feindeinwirkung unbrauchbar geworden sind; daneben verhindern sie schon im Frieden das Überrollen des Pistenendes bei Fehllandungen, wodurch sich Flugzeugbeschädigungen oder sogar Flugzeugverluste verhüten lassen.

Sowohl in den Kavernen der Kriegsstützpunkte wie auf den Friedensflugplätzen sind eine Eeihe von Installationen für Wartung und Unterhalt neu zu schaffen oder bestehende aiif das neue Flugzeug anzupassen. Notwendig ist auch der Bau neuer Flugzeughallen, da der Mirage mehr Raum beansprucht als die zu ersetzenden Vampire und die empfindliche Flugzeugausrüstung immer weniger eine dauernde Stationierung im Freien zulässt. Wir verweisen diesbezüglich auf Kapitel VII, Finanzbedaii, Ziffer 3.

4. Fuhrungsbedürfnisse \ Der Einsatz der Flugwaffe hat wie jede andere Aufgabe der militärischen Fuhrung auf Grund von Nachrichten über die Lage zu erfolgen. Alle Aufgaben der Flugwaffe erfahren eine beträchtliche Wirkungssteigerung, wenn die Führung über eine zeitgerechte Kenntnis der Luftlage verfugt. Für die allgemeine Luftverteidigung und den Neutralitätsschutz bildet die Qualität der Luftlageinformation eine entscheidende Voraussetzung, damit diese Aufgaben überhaupt durchgeführt werden können. Aber auch die Unterstützung der Erdtruppen und der Eaumschutz sowie die Aufklärung gewinnen an Wirksamkeit und werden mit weniger Verlusten belastet sein, wenn auf Grund einer wirklichkeitsgetreuen Kenntnis der Luftlage disponiert werden kaiin.

Da eine Luftlageübersicht Ziele bis zu einer Fluggeschwindigkeit von ca.

40 km/Min, (bzw. 2400 km/h) erfassen und der Führung als Lagenachricht präsentieren muss, hat sie rasch zu arbeiten. Heute wird eine Luftlagekarte noch auf Grund von gesprochenen, mit Fernschreibern übermittelten Einzelmeldungen und durch Handzeichnung der Flugwege nachgeführt. Hauptnachteile dieses Systems sind, dass bei weitem nicht alle Flugzeugbewegungen der Führung zur Kenntnis
gebracht werden können, und dass das Luftlagebild zeitlich ungünstig weit hinter der effektiven Luftlage nachhinkt.

Es steht fest, dass in den nächsten Jahren in Europa in breitem Ausmass Überschallflugzeuge eingeführt werden, so dass die Nachteile des heutigen Verfahrens sich derart auswirken, dass sie untragbar werden. Nur eine weitgehende Automatik vermag die Bedürfnisse der zukünftigen Luftlageerfassung und -darstellung brauchbar zu lösen. Wir sehen vor, für die Führung der Flugwaffe, ihre Koordination mit Flablenkwaffen und für die Warnung der Zivilbevölkerung eine automatisierte Luftlagedarstellung zu beschaffen.

820 Bei der Durchführung des Neutralitätsschutzes in der Luft, bei der allgemeinen Luftverteidigung, aber auch in gewissen Phasen des Raumschutzes, handelt es sich darum, zu beurteilen, ob Flugzeuge oder Flablenkwaffen eine bestimmte Abwehrsituation zu meistern vermögen, von welchem Flugstützpunkt aus am günstigsten Jäger einzusetzen und auf welchem Flugweg sie optimal an den Gegner zu führen sind. Die zutreffenden Antworten für alle diese Probleme lassen sich rechnerisch ermitteln. Wird nur wie bisher auf Grund von Schätzungen befohlen, so muss mit einem hohen Prozentsatz von falschen und mangelhaften Anordnungen gerechnet werden. Insbesondere werden im Zeitalter der schnelleren Flugzeuge Jägerführungen mit den bisherigen Führungsmitteln nur noch in verhältnismässig wenigen Fällen zu Begegnungen mit Feindflugzeugen bzw. zu Abschüssen führen.

Es werden deshalb gegenwärtig im Ausland elektronische Führungssysteme für die Fliegerführung entwickelt. Sie basieren auf der Technik der elektronischen Grossrechenmaschinen und sind in der Lage, sehr grosse Zahlen von Eadarinformationen aufzunehmen, sie zu Flugwegen zusammenzusetzen und Jäger auf den laufend errechneten günstigsten Flugwegen an Feindflugzeuge heranzuführen. Die Führung von Flugzeugen vom Boden aus wird damit ganz bedeutend leistungsfähiger und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Jägern und Flablenkwaffen in der Luftverteidigung erheblich erweitert und verbessert. Wir sind deshalb der Ansicht, dass zu gegebener Zeit auch dieses Glied in das System unserer Luftverteidigung eingefügt werden muss.

Bin Beschaffungsantrag für die hiezu nötigen Boden- und Flugzeuggeräte lässt sich beim heutigen Stand dieser Entwicklungen noch nicht stellen. Er wird Gegenstand einer späteren Vorlage sein. Wir verweisen auch hier auf Kapitel VII, Finanzbedarf, Ziffer 3.

Mit der Zunahme der Fluggeschwindigkeiten im zivilen und im militärischen Flugwesen ist die Gefahr von Kollisionen in der Luft sehr stark angewachsen.

Die Mittel, die für die Führung der Flugwaffe im Kriege zu beschaffen sind, sollen nach Möglichkeit im Frieden beigezogen werden, um die Zusammenstossgefahren herabzusetzen.

VI. Weitere Materialbeschaffungen für die Modernisierung der Flugwaîîe und der Fliegertruppen ohne direkten Zusammenhang mit der Beschaffung des Mirage 1. Ergänzung der
Einrichtungen für die Lufflageubersicht Für die Fernüberwachung des Luftraumes wurden im Rahmen der Rüstungsprogramme 1951 und 1957 Frühwarnradarstationen beschafft. Die Informationen dieser Radarstationen gelangen über störfeste Funkverbindungen in die Einsatzzentrale der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen, wo die momentane Luftlage auf einer Luftlagekarte reproduziert wird. Dabei ist es besonders wichtig, dass diese Informationen möglichst verzugslos die Einsatzzentrale erreichen, damit die dargestellte Luftlage der tatsächlichen momentanen Situation ent-

821 spricht. Nur so wird es möglich sein, die Zivilbevölkerung rechtzeitig zu alarmieren und unsere Abwehrmittel zeitgerecht zum Einsatz zu bringen.

Nach eingehenden Studien und Versuchen hat es sich gezeigt, dass eine beträchtliche Verbesserung der Verhältnisse durch Einschaltung von Fernschreibern zur Leistungserhöhung im Flugwegmeldesystem sowie durch sogenannte Totalisatoren, d.h. Geräte zur raschen Darstellung und Übermittlung von Flugwegmeldungen, erreicht werden kann (vgl. Kapitel V, Ziff.4, Abs.2).

Im weiteren soll die Störfestigkeit der Eadarstationen gegenüber feindlichen Störmassnahmen durch Zusatzgeräte erhöht werden. Für diese Beschaffungen wird ein Kredit von 8,4 Millionen Franken benötigt.

2. Bodenfunkstationen fur den Flugfunkverkehr und neue Bordfunkstationen für bereits vorhandene Flugzeuge Der Flugfunkverkehr unserer Armee erfolgt heute in einem bereits sehr stark durch den zivilen Flugdienst belasteten Funkwellenbereich. Die unserer Armee in diesem Frequenzband zur Verfügung gestellten Arbeits-Frequenzen genügen heute nicht mehr, um den immer grösser werdenden Funkverkehr sicherzustellen. Dieser erhöhte Bedarf ergibt sich aus der Notwendigkeit der Ausbildung, der Führung und Flugsicherung unserer eigenen Flugzeuge sowie aus der vermehrten Koordination der militärischen Flugsicherung mit der Zivilluftfahrt, bedingt durch die beidseitige Einführung von immer höher und rascher fliegenden Flugzeugen.

Dazu kommt noch, dass auf Grund internationaler Vereinbarungen eine Neuverteilung der Frequenzbänder erfolgte, nach welcher der bis dahin vom Militär benützte Funkwellenbereich der Zivilluftfahrt zugeteilt wurde und nur noch eine sehr beschränkte Anzahl Arbeits-Frequenzen der Armee bis 1970 befristet zur Verfügung stehen. Die für die Sicherstellung des Flugbetriebes erforderliche Vermehrung der Arbeits-Frequenzen sowie die Tatsache, dass die heute noch der Armee zur Verfügung stehenden Frequenzen stark reduziert und deren Verwendung bis 1970 befristet wurde, hat zur Folge, dass der Flugfunk unserer Fliegertruppen in ein neues Frequenzband verlegt werden muss.

Diese Situation zwingt uns zur Beschaffung neuer Flugzeug- und BodenFunkgeräte. Es sind für 200 Kampfflugzeuge Venom und 100 Hunter neue Geräte anzuschaffen. Die Mirage werden von Anfang an mit den neuen Funkgeräten
versehen. Gleichzeitig wird es notwendig Sein, auch die zahlreichen fest eingebauten und mobilen Funkstationen der Bodenleitstellen, Bergfunkstationen, Blindlandeanlagen, Peilstationen usw. mit Geräten, die im neuen Frequenzbereich arbeiten, auszurüsten und das Eeparatur- und Unterhaltswesen sowie die Ersatzteilhaltung der neuen Funkausrüstung anzupassen.

Diese Umstellung des Flugfunkbetriebes macht Aufwendungen im Betrag von 84,7 Millionen Franken erforderlich.

822 VII. Finanzbedarf 1. Die Kosten für die Mirage-Beschaffung stellen sich bei Einhaltung der im vorstehenden beschriebenen Beschaffungsverfahren wie folgt : Mio, ïranken

a. 100 Flugzeuge, fertig ausgerüstet, einschliesslich Bordelektronik . . . , 6. Zubelwr- und Ersatzteile, umfassend u.a. Ëeservetriebwerke, Zusatzraketentriebwerke, Bordkanonen, Zusatztreibstoffbehälter, Ersatzmaterial für die Zellen, Triebwerke, Elektronik usw. sowie die Bodenausrùstung, umfassend Korpsmaterial, Eeparatur- und Eevisionsausrüstung der eidgenössischen und privaten Werkstätten, Instruktionsmaterial einschliesslich Simulatoren c. Munitions-Ausrüstung, umfassend Lenkwaffen Luft-Luft und Luft-Boden, ungelenkte Raketen mit ihren Abschussbehältern, Kanonen-Munition und Überschallbomben . . . .

Mirage-Beschaffung total 2. Weitere Materialbeschaffungen für die Modernisierung der Flugwaffe und der Fliegertruppen ohne direkten Zusammenhang mit der Beschaffung des Mirage.

Die Kosten für das in Kapitel VI beantragte Elektronikmaterial beziffern sich wie folgt : a. Ergänzung der Einrichtungen für die Luftlageübersicht . .

b. Bodenfunkstationen für den Hugfunkverkehr und neue Bordfunkstationen für bereits vorhandene Flugzeuge Total Beantragter Finanzbedarf für 100 Mirage III S und weitere Materialbeschaffungen total 3. Gegenstand weiterer Vorlagen in der Grössenordnung von 150200 Millionen Franken werden bilden : a. die Boden- und Bordgeräte für die Automatisierung der Flugzeugführung bzw. der Luftverteidigung ; ö. die im Zusammenhang mit der Beschaffung des neuen Flugzeuges notwendig werdenden Bauten für die Fabrikation und den Unterhalt der Flugzeuge sowie die Bodenausrüstung der Flugplätze.

· Die Aufwendungen gemäss Ziffer 1-3 bewegen sich im Eahmen der der Armeereform zugrundeliegenden finanziellen Planung lind führen nicht zu einer Überschreitung des bis 1964 mit 1'225 Millionen Franken festgelegten jährlichen Durchschnittsbetrages der Militäraufwendungen.

514,9

231,4

81,6 827,9

8,4 34,7 43,1 871,0

823 Für die im Jahre 1961 fällig werdenden Zahlungen in der Höhe von voraussichtlich 90 Millionen Franken wurde der erforderliche Kredit vorsorglicherweise in den Voranschlag 1961 unter Sperrvermerk aufgenommen (Voranschlag 1961, Seite 34). Mit der Genehmigung der in dieser Botschaft beantragten Beschaffung kann dieser Voranschlagskredit nunmehr freigegeben werden.

Die für die Mirage-Beschaffvmg aufgeführten Preise stützen 'sich auf die verbindlichen Offerten der französischen Flugzeug- und Triebwerkfabrikanten für die zu erwerbenden Lizenzen. Diese Offerten sind befristet bis 31. Juli 1961.

Die Preise für die Lizenzbauteile fassen auf Berechnungen, die bei uns angestellt wurden und dem voraussichtlichen Kostenindex im zweiten Semester 1961 entsprechen.

Die ausserordentlich hohen Kosten für die Ihnen beantragten 100 Hochleistungsflugzeuge sind in der wesentlich höheren Leistungsfähigkeit der neuen Flugzeuge als Kampf gerate begründet. Die höhere Kampfleistung ergibt sich hauptsächlich aus den höheren Flugleistungen, der grösseren Wetterunabhängigkeit (Navigationsgeräte), der viel grösseren Eeichweite der Waffen und der durch Automatisierung beträchtlich erhöhten Treffsicherheit. Diese Leistungsverbesserungen bedingen fast ausnahmslos einen beträchtlich grösseren technischen Aufwand, der konkret sichtbar wird in zusätzlichen Geräten und Vorrichtungen, kostspieligen Baustoffen und Bauweisen sowie in Verfeinerungen.

VIII. Schlussfolgerungen Mit dem vorliegenden Antrag auf Beschaffung von 100 modernen Kampfflugzeugen schlagen wir Ihnen eine Massnahme für die Modernisierung unserer Flugwaffe und damit unserer Luftverteidigungsmittel vor, welche sich auf Grund des heutigen Standes der taktischen und technischen Entwicklung aufdrängt.

Nur mit einem Hochleistungsflugzeug sind wir imstande, das sich abzeichnende Ungenugen unseres Neutralitätsschutzes in der Luft und unserer Luftaufklärung zu beheben sowie den Schutz der älteren Erdkampfflugzeuge sicherzustellen.

Gleichzeitig erhalten wir damit eine wesentliche Verstärkung des ßaumschutzes über eigenen Erdoperationen sowie ein Kampfmittel, das für besonders anspruchsvolle Aufgaben der Erdzielbekämpfung die nötigen Eigenschaften aufweist.

Diese verschiedenen Aufgaben können nur mit einem Flugzeug, dem die entsprechende Mehrzweck-Eigmmg innewohnt,
gelöst werden.

Die Frage der Stärke bzw. des Flugzeugbestandes unserer Flugwaffe ist im Zusammenhang mit der Armeereform einlasslich besprochen worden. Mit der vorliegenden Botschaft wird dem Postulat der Militärkommission des Nationalrates auf Beibehaltung eines Bestandes von 400 Kampfflugzeugen bis ca. 1967 Genüge getan. Da sowohl bei einem Kauf wie bei einem Lizenzbau mit einer mehrjährigen Fabrikationszeit zu rechnen ist, wird ein Entschluss über eine zweite neue Flugzeugserie oder deren allfälligen Ersatz durch andere Kampfmittel voraussichtlich bereits 1963 zu fällen sein.

824 Im Bahmen der Luftverteidigung bilden die Mirage nur einen Teil der neu zur Beschaffung vorgesehenen Mittel. Mit der Botschaft für die Modernisierung der Fliegerabwehr, die wir Ihnen noch dieses Jahr vorzulegen beabsichtigen, werden wir Ihnen weitere Massnahmen vorschlagen. Die hierbei beabsichtigte Beschaffung einer grösseren Zahl von radargesteuerten Mittel-KaliberFlab.Bttr. und die Einleitung der Ausrüstung mit Flab. Lenkwaffen machen die Modernisierung der Luftwaffe nicht entbehrlich. Der mit der vorliegenden Botschaft unterbreitete Antrag ist daher voll gerechtfertigt.

Bei der Einführung von komplizierten und neuartigen Kampfmitteln muss berücksichtigt werden, dass sich nicht nur günstige, sondern auch ungünstige Erfahrungen und Erkenntnisse einstellen können. Wir verfolgen deshalb wohl eine Planung auf lange Sicht, ziehen aber deren Verwirklichung schrittweise und abgestützt auf die jeweils gewonnenen Erfahrungen vor, um uns vor Fehlinvestitionen grosser Tragweite zu sichern. Unsere Materialbeschaffung in der Luftverteidigung richtet sich nach diesen Grundsätzen.

Gestützt auf diese Ausführungen beehren wir uns, Ihnen den nachstehenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Beschaffung von Kampfflugzeugen (Mirage III S) und von weiterem Material für die Fliegertruppen zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 25. April 1961.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Wahlen Der Bundeskanzler: Ch. Oser

825 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Beschaffung von Kampfflugzeugen (Mirage III S) und von weiterem Material für die Fliegertruppen Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 25. April 1961, beschliesst :

Art. l Der Beschaffung von 100 Kampfflugzeugen vom Typ Mirage III S einschliesslich Zubehör, Ersatzteilen und Munitionsausrustung some von weiterem Material für die Fliegertruppen wird zugestimmt.

Es werden hiefür folgende Kredite bewilligt: Millionen 1. 100 Flugzeuge fertig ausgerüstet, einschliesslich BordelekPranken tronik 514,9 2. Zubehör und Ersatzteile 231,4 3. Munitionsausrüstung 81,6 4. Weitere Materialbeschaffungen für die Modernisierung der Flugwaffe und der Fliegertruppen 43,1 Gesamtkredit:

871,0

Der Bundesrat ist befugt, im Eahmen des Gesaintkredites geringfügige Verschiebungen zwischen den einzelnen im zweiten Absatz aufgeführten Krediten vorzunehmen.

Art. 2 Der jährliche Zahlungsbedarf ist im Voranschlag einzustellen. Der im Voranschlag 1961 unter der Eubrik 505.557.12 Kriegsmaterial, neue Küstungsausgaben eingestellte, mit Sperrvermerk versehene Kredit von 90 Millionen Franken wird freigegeben.

Art. 3 1. Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft.

2. Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

3. Der Bundesbeschluss vom 19.März 19581) über die Beschaffung von Kampfflugzeugen vom Typ «P-16» wird als gegenstandslos aufgehoben, *) BEI 1958, I, 664.

5839

Bundesblatt. 113. Jahrg. Bd. I.

61

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschaffung von Kampfflugzeugen (Mirage III S) und von weiterem Material für die Fliegertruppen (Vom 25. April 1961)

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1961

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18

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8153

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.05.1961

Date Data Seite

793-825

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