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Bundesblatt 113. Jahrgang

Bern, den 5. Oktober 1961

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis 3O Franken im Jahr, 16 Franken im Salbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellunasgebühr : Einräekunyigebühr: 50 Bappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Oje, in Bern '

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über Kartelle und ähnliche Organisationen (Vom 18. September 1961)

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Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz über Kartelle und ähnliche Organisationen zu unterbreiten. Zur Begründung sei folgendes angeführt.

A. Zur Kartellgesetzgebung im allgemeinen I. Einleitung 1. Die Freiheit des wirtschaftlichen Wettbewerbes -wird durch Abreden zwischen Unternehmern und durch Verbandsbeschlüsse (Kartelle) sowie durch Machtstellungen von Unternehmungen (kartellähnliche Organisationen) in mannigfacher Weise beschränkt. Auch wenn man diese Erscheinungen nicht grundsätzlich als unerwünscht bezeichnen kann, erwachsen daraus doch erhebliche Gefahren für das Funktionieren des Wettbewerbes und die freie wirtschaftliche Betätigung des Einzelnen. Gegen diese Beschränkungen kann aber der verfassungsmässige Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit im Sinne von Artikel 31 der Bundesverfassung nicht angerufen werden. Gemäss der bis ins letzte Jahrhundert zurückreichenden, konstanten Praxis des Bundesrates < und später des Bundesgerichtes bezieht sich die Garantie der Handels- und Gewerbefreiheit nur auf das Verhältnis des Bürgers zum Staat, nicht aber der Bürger unter sich. Das bedeutet, dass der Einzelne wohl gegenüber Eingriffen des Staates verfassungsrechtlich geschützt ist, nicht aber gegenüber Einwirkungen Bundesblatt. 113. Jahrg. Bd. II.

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Privater. Aus der Garantie der Handels- und Gewerbefreiheit kann daher nicht die Unzulässigkeit von Kartellen oder Boykotten gefolgert werden.

Dagegen unterstehen die Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen den allgemeinen privatrechtlichen Bestimmungen. Im Falle einer Klage urteilt der Zivilrichter über die privatrechtliche Zulässigkeit eines Kartells oder eines Boykottes. Im Verlaufe von mehr als 60 Jahren hatte das Bundesgericht eine grössere Zahl von Streitfällen - namentlich in bezug auf Boykotte - zu entscheiden.

2. Bereits in den zwanziger und dreissiger Jahren wurden verschiedene parlamentarische Vorstösse unternommen, die auf ein behördliches Einschreiten gegen die Kartelle abzielten, in der Meinung, dass die Praxis der Zivilgerichte keine genügende Handhabe gegen Missbräuche biete (Motion Grimm 1924; Interpellation Brügger, Grimm und Schmid-Euedin 1926; Postulat Schmidlin 1930; Interpellation, Schmid-Oberentfelden 1931; Motion Feldmann 1936).

Im Jahre 1926 setzte das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement die Preisbildungskommission ein, mit dem Auftrag, die schweizerischen Preisverhältnisse zu überprüfen; von 1936 an führte die Kommission ausserdem eine KartellEnquete durch, die erstmals in zuverlässiger Weise über die Kartellierung der schweizerischen Wirtschaft Aufschluss gab.

In der Botschaft vom 10. September 1937 über eine Partialrevision der Wirtschaftsartikel der Bundesverfassung (BEI 1937 II 889) beantragte der Bundesrat, eine klare Eechtsgrundlage für eine Kartellgesetzgebung zu schaffen.

Sowohl die von den Bäten 1939 verabschiedete Vorlage als auch die endgültige Fassung der Wirtschaftsartikel, die 1947 in die Verfassung eingegangen ist, ermächtigt den Bund, Vorschriften zu erlassen «gegen volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und ähnlichen Organisationen» (Bundesverfassung Art.31bis, Abs.3, Buchstabe a). Damit ist die verfassungsmässige Grundlage für ein Kartellgesetz gegeben, mit dem zwar nicht die Kartelle als solche verboten werden dürfen, aber Missbräuche bekämpft werden können.

Nach Annahme der Wirtschaftsartikel folgten neue Vorstösse in den eidgenössischen Säten, die den Erlass eines Ausführungsgesetzes zum Gegenstand hatten (Motionen Grimm, Sappeur und Vincent 1947; Postulat Herzog 1949; Motion A.Borei 1952; Motion Spühler
1955). Die Eidgenössische Preisbildungskommission wurde 1950 beauftragt, auf Grund ihrer Erhebungen einen zusammenfassenden Bericht über das Kartellproblem vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus zu erstatten. Der Bericht erschien 1957 unter dem Titel «Kartell und AYettbewerb in der Schweiz» (31.Veröffentlichung der Preisbildungskommission). Er fand weitherum grosse Beachtung und wurde als grundlegendes Dokument für die kommenden Gesetzgebungsarbeiten anerkannt.

Inzwischen war am S.Februar 1955 das Volksbegehren gegen den Missbrauch wirtschaftlicher Macht eingereicht worden, welches im Grundsatz auf ein Kartellverbot abzielte; alle Handlungen und Vereinbarungen von Firmen,

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Verbänden oder Einzelpersonen, die darauf gerichtet sind, den wirtschaftlichen Wettbewerb einzuschränken, Monopole oder monopolähnliche Stellungen zu schaffen oder die Konsumenten zu übervorteilen, sollten unter Vorbehalt besonderer gesetzlicher Ausnahmen rechtswidrig erklärt werden (vgl. dazu den, Bericht des,Bundesrates vom S.Februar 1957, BB1 1957 I 347). Diese, sogenannte Kartell-Initiative wurde am 26. Januar 1958 mit 550 322 gegen 192 297 Stimmen von Volk und Ständen verworfen. Der Bundesrat hatte bereits im Bericht zur Initiative ausdrücklich den Willen bekundet, ein Kartellgesetz im Bahrnen der geltenden Verfassungsbestimmung vorzubereiten. Ebenso kam dieser Wille, in einer 1957 beschlossenen Motion der, eidgenössischen Eäte, die von Herrn Ständerat Spühler beantragt wurde, zum Ausdruck. Danach soll der Bundesrat den Entwurf eines besonderen Gesetzes gegen volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen un,d ähnlichen Organisationen vorlegen.

Das .Kartellproblem wurde auch von wissenschaftlicher Seite aufgegriffen und geprüft. Aus der Vorkriegszeit seien neben Abhandlungen über den Boykott erwähnt die Arbeiten von A.Gysin (Grundlinien des, schweizerischen Kartellrechtes, Zeitschrift für schweizerisches Recht, 1930, S. 8,64 ff.), von P.Marbach (Kartelle, Trusts und Sozialwirtschaft, 1932) und von M.Fejdmann (Kartelle, Trusts und Monopole im Verhältnis zur Handels- und Gewerbefreiheit, 1931).

Die Kartell-Enquete der Preisbildungskommission, die von Professor P.Marbach präsidiert wird, hat die Erkenntnis des Prpblems massgeblich gefördert. Nach dem Kriege wurde, in der rechtswissenschaftlichen Diskussion nachdrücklich dargetan, der Handels- und Gewerbefreiheit im Sinne der Verfassung entspreche das Persönlichkeitsrecht auf freie Wahl und Gestaltung der wirtschaftlichen Tätigkeit; der Boykott beeinträchtige dieses Recht in unzulässiger Weise. In diesem Sinne äusserten sich namentlich A.Sinionius (Ein verkanntes Freiheitsrecht, Pestgabe Euck, 19,52, S.261 ff,) und H.Merz (Über die Schranken der Kartellbindung, 1953); dieses Postulat war in der Vorkriegszeit bereits von F. Guisan vorgebracht worden (La protection de la personnalité et le boycott commercial, Festgabe Wieland, 1934, S. 149 ff.).

, ., ', 3. Mit .Verfügung vom 9. Juli 1957 setzte das Eidgenössische
Volkswirtschaftsdepartement eine vom Direktor des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit präsidierte Expertenkommission für die Kartellgesetzgebung ein, in der die Wissenschaft, die Unternehmer sowie die Arbeitnehmer und Konsumenten vertreten waren. Sie unterbreitete nach eingehenden, Beratungen dem Departement im Frühjahr 1959 einen Gesetzesentwurf (Vorarbeiten für ein Bundesgesetz über Kartelle und ähnliche Organisationen, Bericht und Text des Gesetzesentwurfes der Expertenkommission, April 1959). Das Departement ersuchte dann anfangs Juli 1959 die Kantone und Verbände um ihre Stellungnahme. Die Antworten gingen grösstenteils erst;Ende 1959 und im Frühjahr 1960 ein. Nachdem die Vernehmlassungen gesichtet waren, erhielt die Expertenkommission nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme. Der,, vorliegende Entwurf entspricht im wesentlichen den Auffassungen der Kommission.

556 II. Wettbewerbsbeschränkungen in der schweizerischen Wirtschaft 1. In der schweizerischen Wirtschaft ist das freie Spiel von Angebot und Nachfrage, welches die Marktwirtschaft kennzeichnet, durch ein ganzes Netz von privaten Abreden und Beschlüssen mehr oder weniger weitgehend beschränkt. Namentlich werden Eegeln über die Preise und Geschäftsbedingungen aufgestellt, Bedingungen für die Zulassung zu einer Erwerbstätigkeit festgesetzt, die Produktion kontingentiert, oder der Absatz unter mehreren Unternehmungen aufgeteilt. All diesen Bestrebungen liegt das Motiv zugrunde, den Ertrag der beteiligten Unternehmer zu erhalten oder zu verbessern. Sie sind im einzelnen von unterschiedlicher Wirksamkeit, je nach den Verhältnissen der Branche, und der Möglichkeit, auf Aussenseiter einen Druck auszuüben. .Diese Abreden und Beschlüsse, an denen mehrere Unternehmer teilnehmen, um gemeinsam den Markt zu beeinflussen, werden als Kartelle bezeichnet.

Der Markt kann aber auch künstlich beeinflusst werden durch wirtschaftliche Machtstellungen einzelner Unternehmungen oder von Unternehmungskonzentrationen. Ferner wird der Wettbewerb eingeschränkt durch die sogenannten Preisbindungen der zweiten Hand, die den Abnehmer von Waren verpflichten, bestimmte Wiederverkaufspreise einzuhalten.

Die bisherigen Ausführungen bezogen sich auf den Wettbewerb am Markt der Güter und Dienstleistungen. Aber auch der Arbeitsmarkt unterliegt : privaten Beschränkungen, vor allem durch die Gesamtarbeitsverträge. Ausserdem ist zu beachten, dass der Wettbewerb nicht nur von den Privaten, sondern auch vom Staat beschränkt wird, und zwar auf einigen Gebieten in sehr beträchtlichem Ausmass.

2. In den meisten Zweigen unserer Wirtschaft sind private Wettbewerbsbeschränkungen anzutreffen. Die Preisbildungskommission stellt in ihrem umfassenden Bericht die Verhältnisse eingehend dar, weshalb wir von längeren Ausführungen absehen möchten. Doch soll nachstehend eine Übersicht über die bestehenden Beschränkungen gegeben werden.

In der Industrie bestehen verschiedene hochorganisierte Kartelle, welche zur Stützung von Preisabreden die Produktion kontingentieren und den Absatz auf die einzelnen Unternehmungen verteilen (z.B. Zementkartell). Vorwiegend werden aber nur die Preise und Konditionen geregelt. In Branchen, die lediglich wenige massgebende
Unternehmungen zählen, können Abreden vollkommen formlos, z.B. bei Anlass einer geselligen Zusammenkunft (sog. Frühstückskartelle), getroffen werden.

Auch im Handwerk ist die Kartellbildung sehr weit gediehen. Unter vielen seien nur das Baugewerbe, die Baunebengewerbe, das graphische Gewerbe, die Bäcker und die Coiffeure erwähnt. Meist werden die Preise oder Konditionen normiert, zuweilen nur durch Kalkulationsregeln oder Eichtpreise. Weiter ist zu nennen die Verpflichtung von Unternehmern, bei öffentlichen Vergebungen ihren Offerten gemeinsam errechnete Preise oder Tarifansätze zugrunde zu legen (Submissionskartelle). In verschiedenen Gewerbezweigen bestehen auf Grund

557 von Abmachungen mit den Lieferanten wirkungsvolle vertikale Bindungen, die es ermöglichen, sogar den Zugang zum Beruf : zu kontrollieren und zu beschränken (z.B. für Installationsberufe). Die Kartellierung wird im Handwerk vorwiegend von den Berufsverbänden getragen. Sie reicht da und dort schon sehr weit zurück.

Auch die übrige Wirtschaft weist zahlreiche Kartelle auf,.handle es sich um das Gastgewerbe, den .Verkehr, den Handel, den Buch- und Zeitungsverlag, die Banken oder Versicherungen. Im Grosshandel bestehen zum Teil vertikale Bindungen zwischen Grossisten und ihren Lieferanten oder Abnehmern (z.B.

im Grosshandel der sanitären Branche, im Handel mit Baumaterialien, Eisenwaren, Leder, Papier, Garn und Geweben). Im Bankgewerbe sind Abmachungen über Konditionen und Zinssätze getroffen worden, ini Versicherungsgewerbe solche über die Prämien. Kartelle stellen auch die Honorarordnungen der liberalen Berufe dar, soweit sie auf privatrechtlicher, Grundlage beruhen.

Besondere Verhältnisse bestehen in der Landwirtschaft, wo,der staatliche Schutz weitgehend an die Stelle der Kartellierung tritt, teilweise aber auf privaten Organisationen aufbaut (Milchverbände).

.Weitverbreitet ist die Preisbindung zweiter Hand,, die darin besteht, dass der Lieferant den Abnehmer (Grossist oder Detaillist) einer Ware verpflichtet, einen bestimmten Wiederverkaufspreis einzuhalten. Sie ist charakteristisch für die Markenartikel, welche, in verschiedenen Wirtschaftszweigen eine grosse Eolle spielen (z.B. für Lebensmittel. Waschmittel, Medikamente, Uhren, Eadio!

apparate, Photoartikel und Haushaltapparate).

Wie bereits erwähnt, können auch ohne Kartellabrede wirtschaftliche Machtstellungen entstehen, so durch Unternehmungskonzentration (Trust, Konzern). Diese hält sich in der Schweiz noch in massvollem Eahmeri, doch wird da und dort befürchtet, dass sie sich weiter ausdehnen könnte, im Gefolge der technischen Entwicklung und der Notwendigkeit, in sehr grossen Serien zu produzieren., 3. Uni die Wettbewerbsbeschränkungen besser durchsetzen zu können, werden,in der Eegel Sanktionen gegenüber Kartellmitgliedern vorgesehen, insbesondere Konventionalstrafen, sowie Kampfmassnahmen gegenüber Aussenseitern1 verhängt (Boykott, Diskriminierung). Die Ausseiiseiterkonkurrenz kann herabgemindert oder ausgeschlossen werden,
wenn auf Grund von Abmachungen zwischen Lieferanten und Abnehmernj Aussenseiter nicht .beliefert werden p der nicht in den Genuss der Vergünstigungen gelangen, die den Kartellmitgliedern gewährt werden. Solche vertikale Exklusiv-Bindungen haben eine ziemlich weite Verbreitung gefunden. Sofern alle Lieferanten beteiligt sind und die Abmachung lückenlos eingehalten wird, kommt es infolge der Ausschaltung der Aussenseitèr zu einem kollektiven Monopol der Beteiligten. Dazu tragen ferner Abmachungen zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften bei, sofern den Arbeitnehmern untersagt wird, bei Unternehmern, welche sich nicht an die Kartellbestimmungen halten, zu arbeiten.

558 Ohne vertikale Binduiig wird es im allgemeinen schwer fallen, einen Aussenseiter zu bekämpfen. Doch kann mitunter auf Grund einer bloss horizontalen Kartellverpflichtung zwischen Unternehmern derselben Produktions- oder Handelsstufe ein Aussenseiter durch gezielte Massnahmen behindert werden, sofern alle massgebenden Unternehmungen im Kartell mitmachen.

III. Wirtschaftliche und rechtspolitische Würdigung 1. Kartelle gab es in der Schweiz schon im letzten Jahrhundert. Indessen kam die Kartellierung vor allem auf seit den grossen wirtschaftlichen Umwälzungen, welche mit dem ersten Weltkrieg ihren Anfang nahmen. Kriegswirtschaft und Krise haben ihr bedeutenden Auftrieb verliehen. Hinsichtlich der Gründe der Kartellierung zitieren wir die Ausführungen der Preisbildungskommission (Bericht, S. 202): « Geht man den Gründen der Kartellbildung nach, dann erkennt man, dass die Kartelle zur Hauptsache aus einer entwioklungsbedingten Zwangsläufigkeit, insbesondere aus produktions- und verteilungstechnisoheri Veruniständungen heraus entstanden sind. Das ist so zu verstehen, dass unter den noch zu nennenden Verumständungen die Unternehmungen durch den freien Wettbewerb von der Ertragsseite her in eine Notlage gedrängt worden sind, aus der heraus Sie sich ohne Staatshilfe meist nur durch kartellistischen Zusammenschluss haben befreien können. Mag das Profit- und Machtstreben bei den Monopolisierungsbestrebungen der vorkapitalistischen Zeit im Vordergrund gestanden haben, im Entstehungsstadium des modernen, aus der Industrialisierung und dem Manchester-Liberalismus herausgewachsenen Kartellwesen spielt es keine massgebende Bolle. Damit soll keineswegs gesagt sein, dass es nicht mit der Zeit in den Vordergrund rücken und die Kartelltätigkeit beherrschen kann. Hier ist jedoch von den Entstehungsgründen die Bede.

Bei industriellen und grösseren gewerblichen Betrieben ist es die zunehmende Kapitalintensität und die daraus resultierende Fixkostenbelastung, welche sie bei ungenügender Beschäftigung in die Zwangslage versetzt, sozusagen um jeden Preis, auch wenn er nur einen Teil der Pixkosten deckt, zu produzieren. Es liegt auf der Hand, dass unter diesen Voraussetzungen ein Preiskampf ruinöse Formen annehmen muss, dem nur durch staatliche Intervention oder durch Selbsthilfe in der Form der Kartellierung zu entgehen
ist. Hinzu kommt, dass bei freiem Wettbewerb der technische Fortschritt die Unternehmungssubstanz (Maschinen, Anlagen und Produktionsverfahren) aufzuzehren droht, bevor die zu ihrer Erhaltung erforderlichen Erträge erzielt worden sind. Der Weg aus dieser Bedrohung, das heisst das Bestreben nach Erhaltung investierter Kapitalwerte, führt wiederum zwangsläufig ins Kartell.

Auf dem Agrarsektor waren es insbesondere verteilungs- und verwertungstechnische Erfordernisse, welche notwendigerweise zum Zusammenschluss und zu Gemeinschaftsorganisationen führen mussten. Das Handwerk und Kleingewerbe wiederum wurde- durch den von der fabrikmässigen Serienproduktion und vom Grossbetrieb ausgehenden Konkurrenzdruck zur Kartellierung gedrängt. Die durch die industrielle Expansion bewirkte Berufsübersetzung wurde in einigen Branchen noch durch eine strukturelle Nachfrageschrumpfung (zum Beispiel Wagner- und Sattlergewerbe) verstärkt.

An allgemeinen Gründen für die Kartellbildung sind schliesshoh noch zu nennen die Sicherung der angestammten Arbeitsplätze sowie angemessener Löhne und Sozialleistungen und das durch Krise und Krieg stark geförderte Bedürfnis nach Sicherheit im Kollektiv. Die Bedeutung der letzterwähnten Ursache geht schon daraus hervor, dass sich die Verbandgründungen während und unmittelbar nach den beiden Weltkriegen sowie während der dazwischenliegenden Weltwirtschaftskrise stark häuften».

559 Die Kartelle sind auf Ertragssicherung und Erhaltung der bestehenden Verhältnisse^geriohtet. Wie die Preisbildungskommission erwähnt, wenden sie sich auch gegen die Expansion von Grossbetrieben. In neuester Zeit wird von Kartellseite besonders betont, dass dieses Ziel noch bedeutungsvoller geworden sei, weil durch die wirtschaftliche Integration Europas die Konzentration'auf grosse !

: Unternehmungen zusätzlich gefördert werde.

2. Mit der Verwerfung der Kartell-Initiative hat das Schweizervolk eindeutig bekundet, dass es ein generelles Kartellverbot ablehnt. Wir brauchen daher nicht mehr im einzelnen auf die Gründe zurückzukommen, welche gegen ein derartiges Verbot sprechen. Die Wettbewerbsverschärfung, 'welche die moderne wirtschaftliche und technische Entwicklung mit sich brachte, lässt das Bestreben, auf .privatem Wege Auswüchse der Konkurrenz zu beseitigen oder zu mildern, als verständlich erscheinen. Der Zustand vollkommener Konkurrenz wird nie hergestellt werden können, weil stets Ungleichheiten in der! Ausgangslage und in den Bedingungen der wirtschaftlichen Tätigkeit bestehen bleiben. Es ist denkbar, ; dass diese Ungleichheiten in gewissem Ausmass vom Staate begradigt werden, wie das z.B. hinsichtlich der Landwirtschaf ti der Fall ist. Doch entspricht es schweizerischer Auffassung, dass soweit möglich die Beteiligten selber sich zu helfen'suchen.

· : · · Anderseits wohnen der privaten Wettbewerbsbeschränkung schwerwiegende Gefahren; inné. Obschon sie sich nicht in, jedem Falle verwirklichen, so, ist doch die Tendenz unverkennbar, den Wettbewerb und insbesondere seinen wichtigsten Begulator, die freie Preisbildung, auszuschalten. Falls dieses Bestreben zum Erfolg führt, ist eine Erstarrung des wirtschaftlichen Geschehens unvermeidlich.

Mit einer dynamischen Wirtschaft ist es nicht vereinbar, Ziele wie Ertragssicherung und Strukturerhaltung in absoluter Weise zu verwirklichen. Die-Produktivität sinkt, das Preisniveau wird künstlich überhöht und die Konkurrenzfähigkeit der schweizerischen Wirtschaft in Frage gestellt. Unerfreulich ist ferner der Umstand, dass übermässige Kartell-Bestimmungen zur Umgehung verleiten und dadurch die berufliche Gesinnung der Beteiligten ungünstig beeinflussen.

Auch wenn1 das Ziel eines Kartells an sich legitim ist, so ist es .möglich, dass die Art !und
Weise seiner Durchsetzung zu Mißständen, führt. Ferner'werden durch übermässige Wettbewerbsbeschränkungen die Freiheit des Einzelnen und sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.

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, !: 3. Schädliche Wirkungen stellen sich vor allem unter bestimmten Voratissetzungen ein. Die Preisbildungskommission geht in ihrem grundlegenden Bericht davon: aus, dass sich der Wettbewerb in einem Ausmass sollte entfalten können, welches seine für die Mehrung und Verteilung des Sozialproduktes unerlässliche Funktion gewährleistet. Allerdings erscheint es nicht angezeigt, den Wettbewerb von Staates wegen geradezu erzwingen zu wollen, denn in erster Linie kommt es auf die Wettbewerbsbereitschaft der Beteiligten an. Sofern sie sich freiwillig Kartellverpflichtungen auferlegen, ist grundsätzlich nichts dagegen i einzuwenden, wogegen ein Unternehmer, der den Wettbewerb frei ausüben will, nicht'durch Kartelle und ähnliche Organisationen daran, gehindert werden

560 darf. Andernfalls würde es an den erforderlichen Kräften fehlen, die regulierend und mässigend auf die Kartellpolitik einwirken. Die Preisbildungskommission führt hierüber zusammenfassend aus (Bericht, S.205) : «Sofern Bewerber freiwillig Wettbewerbsbindungen eingehen oder sich individuell des Wettbewerbes enthalten, können normalerweise die marktregulierenden Wettbewerbskräffce über andere Wettbewerbsträger (wettbewerbswillige Mitbewerber, effektive und potentielle Aussenseiter der Kartelle, Substitutionsprodukte,, ausländische Konkurrenzprodukte) fortwirken. Dies ist jedooh nicht mehr möglich, wenn die sich freiwillig der Wettbewerbsfreiheit begebenden Kreise unter Einsatz ihrer wirtschaftlichen Macht darauf ausgehen, die verbleibenden Wettbewerbsträger zum Verzicht auf Wettbewerb zu zwingen oder sie vom Markte auszuschliessen. Wird die Wettbewerbspolitik darauf ausgerichtet, den Wettbewerb wenigstens funktionsfähig zu erhalten, dann hat sie als konkretes Ziel eine Wettbewerbsordnung zu gewährleisten, die den freiwilligen, individuellen und kollektiven Verzicht auf Wettbewerb nicht ausschliesst, jedoch jedermann die Möglichkeit offenlässt, Wettbewerb zu betreiben, das heisst sein Selbstinteresse am Markt im Rahmen der Rechtsordnung auf Grund von Leistung wahrzunehmen. Es handelt sich somit nicht um eine Ordnung absolut freien Wettbewerbes, sondern um eine solche des ,,Möglichen Wettbewerbes". Vom ,,Möglichen Wettbewerb" sprechen wir also dann, wenn erstens es dem Wirtschaftenden erlaubt ist, sich in Selbstverzioht auf bestimmte Wettbewerbsmöglichkeiten zu binden, er also nicht durch Zwang zum Wettbewerb verhalten wird, und wenn zweitens grundsätzlich zugleich dafür gesorgt wird, dass es allen Wettbewerbswilligen möglich ist, sich auf Grund ihrer Leistung um die Wette zu bewerben, das heisst echten Wettbewerb zu betreiben.

Von den rein Ökonomischen Erwägungen abgesehen, kommt der Wettbewerbsordnung des ,,Möglichen Wettbewerbes" auch unter dem Aspekt der persönlichen Preiheitsrechte grösste Bedeutung zu. Wenn nämlich Kartelle wettbewerbswillige Unternehmer durch wirtschaftlichen Druck zum Beitritt, und damit zu einem Vertragsabsohluss zwingen oder Kartellmitglieder in der gleichen Weise am Rücktritt vom Kartellvertrag hindern, dann bedeutet dies materiell eine Verletzung der Vertragsfreiheit,
hier der Freiheit, unerwünschte Verträge nicht abzuschliessen oder nicht aufrechtzuerhalten. Werden sogar Mitbewerber vom Markte verdrängt, dann verstösst dies gegen die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung. Die Gewährleistung des ,,Möglichen Wettbewerbes" bietet somit auch Schutz vor der Beeinträchtigung persönlicher Freiheitsrechte dtu'ch Kartelle und mächtige einzelne Unternehmungen. » Der Konzeption des «Möglichen Wettbewerbes», die sich auch die Expertenkommission für die Kartellgesetzgebung zu eigen gemacht hat, ist beizupflichten.

Zwar werden auf diese Weise, wie die Preisbildungskommission selber ausführt (S. 168), nicht sämtliche denkbaren Nachteile beseitigt, aber die vor allem ins Gewicht fallenden Mißstände sind behebbar. Der «Mögliche Wettbewerb» wird gewährleistet, indem die Rechtsstellung der Kartellmitglieder verbessert und der Austritt aus dem Kartell erleichtert wird (Lockerung des internen Kartellzwanges), vor allem aber, indem man die Behinderung des Aussenseiters durch Boykott oder anderweitige Diskriminierung unzulässig erklärt oder zumindest nur unter ganz besonderen Voraussetzungen gestattet (Lockerung des externen Kartellzwanges).

Zutreffend hält die Preisbildungskommission fest, dass neben den wirtschaftlichen Momenten auch der Schutz der Persönlichkeit gebührend berücksichtigt werden nruss, was in letzter Zeit besonders von Vertretern der Eechts-

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Wissenschaft unterstrichen worden ist.-Eine schweizerische Kartellgesetzgehung hat demnach ein doppeltes Ziel : einerseits soll der im Gesamtinteresse liegende wirtschaftliche Wettbewerb ermöglicht und anderseits der. Einzelne in seinem Eecht auf freie wirtschaftliche Betätigung geschützt werden.

4. .In zahlreichen parlamentarischen Vorstössen ist immer wieder die Notwendigkeit eines Kartellgesetzes betont worden. Vor der Abstimmung über die Kartell-Initiative haben die eidgenössischen Bäte dem Bundesrat in aller Form den Auftrag erteilt, eine Vorlage auszuarbeiten. Das Versprechen, der Bund werde Bestimmungen gegen schädliche Auswirkungen von Kartellen und ähnlichen Organisationen aufstellen, dürfte manchen Bürger bewegen haben, die KartellInitiative abzulehnen. Es gilt nun, dieses Versprechen einzulösen.

Auf Grund der Peststellungen der Preisbildungskommission ist in der Tat eine gesetzliche Eegelung uneiiässlich. Der Boykott und andere Formen der Diskriminierung müssen einer strengen Eegelung unterworfen werden; dieser Auffassung hat sich in einem neusten Urteil auch das Bundesgericht angeschlossen (darüber Näheres weiter unten). Ausserdem fehlt heute die Grundlage für ein öffentlich-rechtliches Eingreifen. Es muss aber die Möglichkeit bestehen, nötigenfalls im allgemeinen Interesse auch .behördliche Anordnungen zu treffen.

.Den Umstand, dass sozusagen alle wirtschaftlich hochentwickelten Staaten des Westens eine Kartellgesetzgebung kennen, darf man auch nicht ausser acht lassen, obgleich wir vorab unsere schweizerischen Gegebenheiten in Betracht ziehen müssen. In den Vereinigten Staaten setzte die Antitrust-Gesetzgebung bereits in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts mit. einzelstaatlichen Vorschriften ein. Von grundlegender Bedeutung war ein Bundesgesetz, der Shermann-Act von 1890, der jede Form von Wettbewerbsbeschränkung im Handel zwischen den einzelnen Staaten, der Union verbot; ihm folgte im Lauf, der ; Jahrzehnte eine grosse Zahl weiterer Erlasse. Auch Kanada: befasste sich frühzeitig mit Antitrust-Vorschriften. In.Europa waren strafrechtliche Bestimmungen gegen künstliche Preishochhaltung die Vorläufer einer modernen Kartellgesetzgebung; hiefür gab der französische; Code pénal von 1810 das Vorbild ab. Kartellgesetze im heutigen Sinne wurden seit den zwanziger Jahren erlassen. Aus
der Zwischenkriegszeit sind zu nennen die deutsche Kartell-Verordnung von 1923 sowie Erlasse der skandinavischen Staaten und der .Niederlande. Nach dem zweiten Weltkrieg folgte eine ganze Eeihe weiterer, Staaten, und schon bestehende, Gesetze wurden ausgebaut und verschärft. England sah 1948 ein Untersuchungsverfahren vor und führte 1956 eine strenge Kartellkontrolle ein. In Deutschland wurden die Dekartellierungsvorschriften der Alliierten durch das Gesetz von 1957, welches ein grundsätzliches Kartellverbot statuiert, abgelöst. Die Bekämpfung von Missbräuchen ordneten Österreich (1951), Frankreich (1958), und Belgien (1960). In Italien liegt zurzeit ein Gesetzesentwurf vor.

, Die ausländischen Gesetze sind durchwegs .schärfer und mit mehr Interventionen verbunden als die Vorlage, die, wir Ihnen unterbreiten. Neuerdings sind auch auf internationalem Bo'den Bestimmungen aufgestellt worden. Der

562 Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion), der Vertrag zur. Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und das Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelszone (EFTA) enthalten Begeln betreffend die Beschränkung des Wettbewerbes. Die Schweiz hat durch ihre Mitgliedschaft in der EFTA anerkannt, dass Wettbewerbsbeschränkungen die Vorteile der Freihandelszone vereiteln können (Art. 15). Verursachen schweizerische Beteiligte eine solche Wettbewerbsbeschränkung zu Lasten unserer EFTA-Partner, und wird auf eine Beschwerde hin dieser Zustand nicht untersucht und beseitigt, so kann der EFTA-Eat durch Mehrheitsbeschluss den klagenden Mitgliedstaat zu Gegenmassnahmen ermächtigen (Art.31). Ein Kartellgesetz würde es den Behörden erleichtern, diese unerfreuliche Entwicklung abzuwenden.

IV. Verfassungsrechtliche Grundlagen 1. Als verfassungsrechtliche Grundlagen für ein Kartellgesetz fallen Artikel 31Ms, Absatz 8, Buchstabe d sowie Artikel 64 und 64Ms der Bundesverfassung in Betracht. Öffentlichrechtliche Vorschriften können auf Grund von Artikel Sl^is erlassen werden, während sich privatrechtliche Vorschriften auf Artikel 64 stützen, der die allgemeine Zivilrechtskompetenz des Bundes begründet. Auf Grund von Artikel 64Ms der Bundesverfassung wären ausserdem strafrechtliche Bestimmungen betreffend Kartelle und kartellähnliche Organisationen möglich.

Artikel 31Ms ermächtigt den Gesetzgeber lediglich zu Vorschriften, die sich gegen «volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und ähnlichen Organisationen» richten, und lässt kein grundsätzliches Verbot der Kartelle als solches zu. Da demnach die Verfassung auf dem Boden der sogenannten Missbrauchsbekämpfüng steht, könnte auch nicht gestützt auf Artikel 64 und 64bls ein allgemeines Kartellverbot mit zivil- oder strafrechtlichen Vorschriften verhängt werden. Ein Kartellgesetz rüuss die Kartelle und ähnlichen Organisationen grundsätzlich zulassen und sich darauf beschränken, die Auswüchse zu bekämpfen, unabhängig davon, ob sich das Gesetz auf Artikel 31Ms oder Artikel 64 und 64bls der Bundesverfassung stützt.

2. Unser Privatrecht geht von der Autonomie des Einzelnen aus. Dank dieser Autonomie kann der Einzelne seine Freiheit auch durch selbstgewollte Bindungen
einschränken. Der Privatautonomie sind zwar Grenzen gesetzt, insbesondere durch den Persönlichkeitsschutz gemäss Artikel 27 und 28 des Zivilgesetzbuches, doch ist die privatrechtliche Wettbewerbsfreiheit durch die in Artikel 31 der Bundesverfassung garantierte Handels- und Gewerbefreiheit nicht sichergestellt.

Wie eingangs erwähnt, gilt diese Garantie nur im Verhältnis zwischen Bürger und Staat, nicht aber im Verhältnis der Bürger unter sich. Dass hier eine Lücke entstehen könnte, sah 1874 der Verfassungsgesetzgeber nicht voraus. Ihm lag daran, die freiheitliche Wirtschaftsordnung gegen Staatseingriffe und staatlich geschützte Privilegien (Zunftordnung) zu verteidigen.

563 Die seitherige Entwicklung hat nun gezeigt; dass es nicht genügt, die Handels- und Gewerbefreiheit'im Verhältnis zum Staat zu gewährleisten, wenn die Privaten unter Berufung lauf die Privatautonomie ihrerseits den Wettbewerb beschränken und das Eecht der Persönlichkeit beeinträchtigen. Zu einer freien Wirtschaftsordnung, die auf dem marktwirtschaftlichen Prinzip beruht, gehört neben der Handels- und Gewerbefreiheit: gemäss Artikel 31 der Bundesverfassung auch' die privatrechtliche Wettbewerbsfreiheit. Zwar bestehen auch von der Handels- und Gewerbefreiheit gewisse Ausnahmen. Soweit jedoch der Staat dem Bürger einen Eaum freier Entfaltung gegenüber behördlichen Eingriffen gewährleistet, kann er nicht ohne Widerspruch zulassen, dass mittels privater Abmachungen, diese Freiheit unterdrückt wird. In diesem Sinne hat das Bundesgericht ausgeführt, das durch Artikel 31 der Bundesverfassung gewährleistete System des freien Wettbewerbes dürfe auch durch privatrechtliche Abmachungen nicht vereitelt werden (BGE 82, II, 302, 86, II, 376).

'· , 3. Der Gesetzgeber steht sowohl bei Anrufung von Artikel 31Ms als auch von Artikel 64 vor der Aufgabe, einerseits den Grundsatz der Privatautonomie zu wahren und anderseits Auswüchse der Kartelle und ähnlichen Organisationen zu unterbinden.

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> ·' Artikel 31Wa ermächtigt den Gesetzgeber, öffentlichrechtliche Vorschriften über Kartelle und ähnliche Organisationen zu erlassen, soweit diese volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen haben. Auf Grund von Artikel 64, der Bundesverfassung fallen zivilrechtliche Vorschriften in Betracht, soweit das Eecht der Persönlichkeit auf wirtschaftliche Entfaltung in unzulässiger Weise beeinträchtigt wird. Mit zivilrechtlichen Vorschriften:kann aber indirekt auch volkswirtschaftlich und sozial schädlichen Auswirkungen begegnet werden. Penn der Schutz des Persönlichkeitsrechts auf wirtschaftliche Entfaltung fördert gleichzeitig den Wettbewerb. Das Privatrecht erfüllt auf diese Weise eine im Gesamtinteresse liegende Funktion, auch wenn es unmittelbar nur die Eechtsverhältnisse, unter Privaten ordnet. Dies entspricht dem Charakter unserer Bechtsordnung, denn unter dem System der Handels- und Gewerbefreiheit setzt notwendigerweise das Privatrecht die grundlegenden Formen für !

die Gestaltung des Wirtschaftslebens fest.
· bls 4. Die Verfassung umschreibt in Artikel 31 den Begriff der Kartelle und ähnlichen Organisationen nicht näher. Der Begriff des Kartells ist im weitesten Sinne zu verstehen als die von Unternehmern gemeinsam unternommene Wettbewerbsbeschränkung zur Beeinflussung des Marktes. Ein Monopolstreben ist nicht erforderlich. Auch kommt es auch nicht auf die Art der,beteiligten Unternehmer oder auf die Eechtsforrn an.,Mit dem Ausdruck «ähnliche Organisationen» wollte man alle jene Machtstellungen einer oder mehrerer Unternehmungen erfassen, ,,welche dieselben Wirkungen haben wieidie Kartelle.

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V. Grundzüge der Vorlage 1. Der Gesetzesentwurf enthält zivilrechtliche, zivilprozessuale und verwaltungsrechtliche Bestimmungen. Er legt zum Unterschied von: ausländischen

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Gesetzen das Schwergewicht auf die zivilrechtliche Eegelung. Öffentlich-rechtliche Vorschriften sollen nur soweit erlassen werden, als das Ziel des Gesetzes mit zivilrechtlichen Vorschriften allein nicht verwirklicht werden kann. Um die materiellen Vorschriften wirksam durchsetzen zu können, bedarf es einiger zivilprozessualer Bestimmungen, so insbesondere über die Beschränkung der Schiedgerichtsbarkeit. Die zivilrechtlichen Vorschriften werden insoweit den erforderlichen Wettbewerb ermöglichen, als der Einzelne zum Wettbewerb in ausreichendem Masse bereit ist, und der im Wettbewerb Behinderte seine Eechte im Wege der Zivilklage wahrnimmt. Dennoch genügen zur Wahrung des Gesamtinteresses die zivilrechtlichen Behelfe nicht, z.B. für Untersuchungen und Vorkehren, die sich auf eine ganze Branche erstrecken.sollen. Deshalb müssen auch Vorschriften verwaltungsrechtlicher Natur vorgesehen werden.

Das Gesetz stellt, trotzdem es nur 22 Artikel zählt, eine abschliessende Eegelung dar und erheischt keine Ausführungsverordnung. Es enthält allerdings verschiedene generelle Umschreibungen, die der Auslegung durch den Eichter bedürfen, legt aber Eichtlinien fest, die der Eechtsanwendung den Weg weisen und dem Ermessen der Behörden die im Interesse der Eechtssicherheit gebotenen Grenzen setzen. Eine in Einzelheiten gehende kasuistische Normierung würde nicht zum Ziele führen, weil die Verhältnisse allzu mannigfaltig sind und auch mit detaillierten Vorschriften nicht restlos erfasst werden könnten.

Selbst umfangreichere ausländische Gesetze kommen nicht ohne generelle Vorschriften aus.

Wir sind der Auffassung, dass ein Kartellgesetz im Sinne unserer Vorschläge erlauben wird, volkswirtschaftlich und sozial schädlichen Auswirkungen von Kartellen und ähnlichen Organisationen zu begegnen, und das Persönlichkeitsrecht auf Wettbewerb wirksam zu schützen. Im Eahmen der Grundkonzeption wären auch weitergehende Lösungen denkbar gewesen. Die Expertenkommission war jedoch von allem Anfang an bemüht, eine ausgewogene Eegelung zu finden, die das rechtspolitische Ziel verwirklicht, aber zugleich auf berechtigte Interessen der Wirtschaft Eücksicht nimmt. Der Entwurf stellt eine den schweizerischen Auffassungen und Verhältnissen gemässe Ordnung dar.

Er beschränkt sich auf das unerlässliche Minimum, weshalb er nicht noch
abgeschwächt werden dürfte. Das Gesetz muss selbstverständlich über den heutigen Bechtszustand hinausgehen und zusätzliche Mittel zur Abwehr schädlicher Auswirkungen bereitstellen.

2. Der Entwurf will durch zivilrechtliche Bestimmungen den internen Kartellzwang lockern und den externen Kartellzwang - gegen Aussenseiter ·*eingrenzen. Artikel 4 erklärt die Behinderung von Aussenseitern unzulässig, unter Vorbehalt der Ausnahmen, die in Artikel 5 umschrieben und durch Beispiele verdeutlicht sind. Diese beiden Artikel stellen die zentralen Bestimmungen des Gesetzes dar. Näheres hierüber wird in den Bemerkungen zu den einzelnen Artikeln ausgeführt.

Wenn der Entwurf die internen Kartellverhältnisse in erheblich geringerem Masse beeinflusst als das Aussenseiterverhältnis, so ist dies zunächst darin be-

565 gründet, dass angesichts der Vielgestaltigkeit der Kartellverpflichtungen kaum einwandfreie Kriterien für deren Zulässigkeit herausgearbeitet werden können.

Namentlich aber ist zu bedenken, dass übermässigen Bindungen schon auf Grund der Unzulässigkeit des Aussenseiter-Boykottes begegnet wird. Ein Kartell wird seine Abreden am ehesten überprüfen und der jeweiligen wirtschaftlichen Lage anpassen, wenn es mit Aussenseiterkonkurrenz zu rechnen'hat. Andernfalls würden einzelne Mitglieder aüstreten und selber zu Aussenseitern werden.

Dies setzt jedoch voraus, dass der Austritt nicht übermässig erschwert wird; der Entwurf enthält Bestimmungen in dieser Eichtung, die allerdings nicht wesentlich über das geltende Becht hinausgehen.

; 3. Bei der Durchführung der verwaltungsrechtlichen Vorschriften ist es möglich, ohne grossen Verwaltungsapparat auszukommen. Es soll nicht etwa ein in die staatliche Verwaltung eingegliedertes Kartellamt, sondern eine .von der Verwaltung unabhängige Kartellkommission geschaffen werden (Art. 16). Die Kommission soll ähnlich wie bisher die Preisbildungskommission Erhebungen über Stand und Entwicklung der Kartelle durchführen, aber ausserdem Sonderuntersuchungen an die Hand nehmen, um abzuklären, ob bestimmte Kartelle oder ähnliche Organisationen volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen habeil (Art. 19 und 20).

'Sie kann den Beteiligten auf Grund ihrer ;Untersuchung empfehlen, bestimmte Abreden und Beschlüsse zu ändern oder aufzuheben und bestimmte Vorkehren zu unterlassen. : Sorgen die Beteiligten-nicht selber für Abhilfe,'so kann das .Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement beim Bundesgericht Klage führen (Art. 21). Damit wird eine verwaltungsrechtliche Bepression schädlicher Auswirkungen ermöglicht.

Die verwaltungsrechtliche Klage ist das einzige Mittel, nötigenfalls mit Zwang eine behördliche Anordnung durchzusetzen. Die Erfahrungen im Ausland legen nahe, solche Eingriffe auf das unbedingt Kotige zu .beschränken und das Hauptgewicht auf Untersuchungs- und Konsultationsverfahren zu legen.

Die Klage soll die ultima ratio sein.'Eine ständige Kartell- und Monopolkontrolle in einer Vielzahl von Einzelfällen empfiehlt sich nicht, jedenfalls nicht für ein Land'wie die Schweiz, wo im allgemeinen der Wille zu Verständigungen auf : freiwilliger Grundlage
recht ausgeprägt ist.

.

Insbesondere ist es nicht angezeigt, die Grundlage für eine Kartellpreiskontrolle zu schaffen. Im Eahmen eines Kartellgesetzes könnte nur geprüft werden, ob die Preise zufolge von Wettbewerbsbeschränkungen, das heisst einer Abweichung von den .Marktgesetzen, :höher seien als bei freiem Wettbewerb. Angesichts der Vielfältigkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse würde dies den grössten, Schwierigkeiten begegnen. Das Spiel von Angebot und Nachfrage wird von derart, zahlreichen Faktoren bestimmt, dass es kaum möglich wäre, den Preis, der sich bei freiem Wettbewerb ergäbe, auf Grund von Annahmen .zu ermitteln. Schwerwiegende Fehlentscheide müssten daher in Kauf genommen werden. Erneut ist zu betonen, dass schon die Beschränkung des internen und externen Kartellzwanges dazu beitragen wird, den Wettbewerb zu aktivieren

566 und künstlichen Preishochhaltungen entgegenzuwirken. Es entspricht der Konzeption des «Möglichen Wettbewerbes», dass ohne direkten Eingriff in die Preisgestaltung und nur durch Lockerung des Kartellzwanges die Voraussetzungen für eine dem Marktgeschehen möglichst gemässe Preisbildung geschaffen werden.

Da der verwaltungsrechtliche Teil eine ausreichende materielle Regelung enthält, erübrigen sich besondere Strafnormen. Zudem wäre es, nicht möglich, die in Betracht fallenden wirtschaftlichen Sachverhalte in präzisen Straftatbeständen zu umschreiben, so dass der Strafrichter nach seinem Ermessen urteilen müsste.

Ebenso wird von einem Kartellregister, wie es namentlich Konsumentenkreise befürworten, abgesehen. Die nötigen Informationen über Kartelle und ähnliche Organisationen können auf andere Weise beschafft werden, und für eine Bekämpfung von Missbräuchen ist das Eegister nicht das geeignete Mittel (Näheres hierüber unten B, III, 8).

4. Sowohl der Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft als auch das Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelszone enthalten Wettbewerbsbestimmungen. Gemäss Artikel 15 und 31 der Konvention über die Freihandelszone kann ein Mitgliedstaat gegen einen anderen Beschwerde führen, wenn private Wettbewerbsbeschränkungen die aus der Liberalisierung des Handels|zwischen den Mitgliedstaaten erwarteten Vorteile vereiteln. Es ist Sache jedes einzelnen Staates, in welcher Weise er, falls sich die Beschwerde als begründet erweist, die Vereitelung der handelspolitischen Vorteile beseitigen will; auf seine interne Gesetzgebung und deren Vollzug hat die Konvention keinen Einfluss. Doch ist es erwünscht, wenn die Landesgesetzgebung den Behörden die nötigen Mittel in die Hand gibt, um der Konvention nachleben zu können. Infolge des Vorranges stäatsvertraglicher Verpflichtungen vor der nationalen Gesetzgebung könnte das Fehlen entsprechender Kompetenzen einem ausländischen Kläger ohnehin nicht entgegengehalten werden.

Dies trifft besonders auch für Untersuchungsbefugnisse zu. Die Bestimmung über Sonderuntersuchungen (Art. 19) gestattet es, die nötigen Untersuchungen durchzuführen. Würden Empfehlungen der Kartellkommission gemäss Artikel 19, Absatz 2 nicht befolgt, so bliebe der Weg der verwaltungsrechtlichen Klage. Das Kartellgesetz erlaubt
somit, die EFTA-Verpflichtungen zu erfüllen.

5. Zum Entwurf der Expertenkommission, den wir im wesentlichen übernehmen, haben sich 17 Kantone, die meisten in Betracht fallenden Verbände sowie politische Parteien und verschiedene Wissenschafter geäussert. Fast ausnahmslos wird ein Kartellgesetz begrüsst oder zumindest nicht abgelehnt.

Der Expertenentwurf wird grundsätzlich gutgeheissen oder als taugliche Diskussionsgrundlage anerkannt. Im einzelnen geht der Entwurf den einen zu wenig weit, während andere ihn mildern möchten. Das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens bestätigt, dass die Experten sich mit ihren Vorschlägen auf einer mittleren Linie zwischen divergierenden Auffassungen gehalten und eine auch staatspolitisch tragbare Lösung herausgearbeitet haben. Es besteht daher kein Anlass, ihren Entwurf grundlegend umzugestalten.

567 . Die Unternehmerverbände begründen ihre Zurückhaltung tinter anderem mit dem Hinweis, die Kartellierung Verhindere eine unerwünschte Konzentration der Unternehmungen und die Verdrängung der durch keine gesetzlichen Massnahmen geschützten Klein- und Mittelbetriebe; auch wird die, Diskrepanz zum kollektiven Arbeitsrecht hervorgehoben, dem der Gesetzgeber bei weitem nicht dieselben Schranken .setze. Indessen ist zu beachten, dass andere Organisationen, die gegenteils für gewisse Verschärfungen des Entwurfes eintreten, durchaus Verständnis für die Kartellierung .unserer, Wirtschaft bekunden und ihre:Postulate den schweizerischen Gegebenheiten anzugleichen versuchen.

In einer Reihe von Vernehmlassungën wird beanstandet, dass wichtige Bestimmungen zu allgemein und unbestimmt formuliert seien, womit dem Ermessen des Richters und der verwaltungsrechtlichen Organe '· zuviel Saum belassen werde. Wir haben uns hiezu bereits weiter .oben geäussert (Ziff. 1) ; es ist kaum möglich, zu scharf umrissenen Vorschriften zu gelangen, ohne Gefahr zu laufön, gewisse Tatbestände zu eng zu umschreiben. Immerhin sind die Bestimmungen über die Wettbewerbsbehinderung gegenüber Aussenseitern, welche jene Kritik vor allem treffen wollte, nachträglich näher umschrieben und präzisiert worden (vgl. Art.4und 5).

i ·-, , Gerade diese Bestimmungen stehen, wie zu erwarten war, im Mittelpunkt des Interesses. Vom Wunsche, die damalige, den Boykott noch .grundsätzlich gestattende Rechtsprechung des Bundesgerichtes gesetzlich zu verankern, bis zum Begehren auf ausnahmslose Unzulässigkeit der Wettbewerbsbehinderung finden sich Anträge verschiedenster Art,, darunter ein Vorschlag des .Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, ein öffentlichrechtliches Bewilligungsverfahren für Boykotte und andere Diskriminierungen vorzusehen. Wir verweisen bezüglieh dieser und anderer Einzelfragen auf, die nachstehenden Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen des Entwurfs.

'.

,,; , Im .Lichte der Vernehmlassungën wurde der Entwurf nochmals überprüft.

Wie erwähnt, wurde der Boykott-Artikel verdeutlicht; ferner wurden die zivilprozessualen Bestimmungen in wichtigen .Punkten geändert und .'ergänzt sowie die Auskunftspflicht im Verfahren der Sonderuntersuchung und die Voraussetzungen der verwaltungsrechtlichen Klage neu geordnet.

:

B. Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen I. Geltungsbereich Artikel l : Grundsatz Vorbemerkungen , . . .

; .

1. Allgemeines. Gemäss Artikel ,31Ws der, Verfassung wird in; Artikel: l, Absatz 1; das Gesetz auf Kartelle und ähnliche Organisationen anwendbar erklärt; die Artikel 2 und 8 umschreiben diese Begriffe näher. Ferner, bestimmt Artikel l, dass das vorliegende Gesetz nicht anwendbar ist ,auf .Verträge, Beschlüsse und Vorkehren, soweit sie ausschliesslich das Arbeitsyerhältnis be-

568 treffen (vgl. die Bemerkungen zu Art.l). Im Zusammenhang mit Artikel l sind einige Sonderfragen zu erörtern, wie die Stellung der Exportkartelle (Ziff. 2), der öffentlichen Unternehmungen und Zwangskartelle (Ziff. 3) und des gewerb· liehen Rechtsschutzes (Ziff. 4) sowie die Eegelung des örtlichen und zeitlichen Geltungsbereiches (Ziff. 5).

Der Geltungsbereich des Gesetzes soll im Eahmen der Verfassung soweit als möglich gezogen werden, so dass das Gesetz jegliche Beeinflussung des Marktes in Abweichung vom Spiel der Konkurrenz erfasst. Da das Gesetz kein allgemeines oder teilweises Verbot von Wettbewerbsbeschränkungen aufstellt, birgt eine weite Umschreibung für die Beteiligten keine unzumutbaren Risiken in sich. Selbst wenn eine Abrede dem Gesetz untersteht, ist damit über die Anwendung der einzelnen Bestimmungen noch nichts ausgesagt. Anderseits muss vermieden werden, dass allfällige Mißstände wegen! einer Lücke im Geltungsbereich nicht behoben werden könnten. Diese Auffassung wird auch von der Preisbildungskommission nachdrücklich unterstützt.

Artikel l sieht keine Ausnahmen für bestimmte Berufsarten vor. Abgesehen von der Mitwirkung der Gewerkschaften fallen unter das Gesetz, soweit sie an einem Kartell oder an einer ähnlichen Organisation beteiligt sind, Unternehmer irn weitesten Sinne des Wortes (Industrie-Unternehmungen, Betriebe des Gross- und Kleinhandels, Verkehrsbetriebe, andere Dienstleistungsbetriebe, Handwerker, Bauern, Freierwerbende). Eine Ausnahme beispielsweise für die liberalen Berufe wäre nicht am Platze, denn es ist nicht zum vorneherein ausgeschlossen, dass auch in diesen Berufen private Abmachungen unerwünschte Auswirkungen zeitigen.

2..Exportkartelle. Die Auswirkungen eines Exportkartells auf ausländische Abnehmer und Konkurrenten berühren das schweizerische Allgemeininteresse nicht derart, dass Anlass bestünde, sie dem Gesetz zu unterstellen. Der Entwurf der Expertenkommission nahm daher die Kartelle, und ähnlichen Organisationen aus, «die sich ausschliesslich auf ausländischen Märkten auswirken».

Wohl aber sollten sie unter das Gesetz fallen, wenn sie auch im Inland den Wettbewerb beschränken oder zur Durchsetzung der Bestimmungen über den Export schweizerische Unternehmer boykottieren. Anderseits sollte die Durchsetzung durch Boykott unter erleichterten Voraussetzungen
möglich sein (so auch Art. 5, Abs. 2, Buchstabe d des Entwurfes). Im Unterschied zu ausländischen Gesetzen, welche die Kartelle verbieten oder jedenfalls schärfer anfassen, hat die Ausnahme der Exportkartelle im schweizerischen Gesetz keine grosse Bedeutung, nachdem Artikel 5 bezüglich des Boykottes eine Sonderregel enthält und nicht damit zu rechnen ist, es werde mit verwaltungsrechtlichen Mitteln leichthin gegen Exportkartelle vorgegangen. Gleichwohl hätte man die Ausnahme belassen können, wenn nicht Artikel 15 der EETA-Konvention auch auf Exportkartelle grundsätzlich anwendbar wäre. Vereitelt nämlich ein schweizerisches Exportkartell die Vorteile, die sich ein,anderer EFTA-Partner vom Abbau der Handelsschranken erhoffen darf, so sollte die Schweiz auf Beschwerde hin für Abhilfe sorgen können. Würde die Ausnahme bestehen bleiben, so ent-

569 stünde eine Ungleichheit zwischen dem Landesrecht und unseren internationalen Verpflichtungen. Wir möchten deshalb von der praktisch ohnehin nicht bedeutungsvollen Ausnahme der Exportkartelle absehen.

8. Ö f f e n t l i c h e Unternehmungen sollen'dem Gesetz ebenfalls unterstehen, soweit sie nicht hoheitliche Funktionen ausüben, sondern am privaten Geschäftsverkehr teilnehmen und gleich einem privaten Unternehmer Kartellabreden eingehen. Die Einheit der Wettbewerbspolitik erfordert, dass ihr Verhalten am .Markt den Grundsätzen des Kartellgesetzes entspricht. Es wäre unhaltbar, wenn das Gesetz auf sämtliche übrigen Partner eines Kartells, jedoch nicht auf eine gleichfalls daran beteiligte öffentliche Unternehmung anwendbar wäre. Heute .schon untersteht das geschäftliche Verhalten öffentlicher Unternehmungen der allgemeinen Eechtsordnung, sofern nicht Sondervorschriften erlassen worden sind. Die Anwendbarkeit des Kartellgesetzes geht auch ohne ausdrückliche Bestimmung daraus hervor, dass die Definition der Kartelle und ähnlichen Organisationen (Art. 2 und 3) den Kreis der Beteiligten in keiner Weise : beschränkt.

: Dagegen fallen die ' off entlichen Unternehmungen dann nicht unter das Gesetz, wenn Sondervorschriften der Anwendung des Kartellgesetzes entgegenstehen. In Artikel 22, Absatz 2 wird ein entsprechender Vorbehalt angebracht.

So gilt für die durch Spezialgesetze geordnete Tarifgestaltung der Bundesbahnen und,der konzessionierten, Transportanstalten das Kartellgesetz nicht: Dies ist von Bedeutung für die Abmachungen mit bahntreuen Kunden. Werden übrigens solche Abmachungen nur rnit einzelnen Unternehmungen getroffen, so liegt überhaupt .kein Kartell vor (vgl. unten Ziff. 2 zu Art. 2, Abs.l). Aber selbst wenn die Abredei als Kartell anzusehen ist; gehen die Sondervorschriften; des Bundesgesetzes vom 11. März 194&über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen vor, ebenso darauf gestützte, nach Artikel 11, Absatz 2 und Artikel 14 von den Bahnen erlassene Tarifmassnahinen.

':, 4. V e r h ä l t n i s zum ü b r i g e n B u n d e s r e c h t . Entsprechendes gilt für private Unternehmungen und Organisationen, die bei staatlichen Aufgaben mitwirken, und für sogenannte Zwangskartelle, die vom Staate angeordnet werden. Soweit ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten auf öffentlich-rechtlicher
Verpflichtung beruht, untersteht es gemäss dem Vorbehalt in Artikel 24,, Absatz 2 nicht dem Kartellgesetz. Ist dies nicht der Fall, so fallen;jene,Organisationen unter das Gesetz. Wie bei öffentlichen Unternehmungen ist denkbar, dass zum Teil Sondervorschriften des öffentlichen Eechts und zum Teil die Bestimmungen des Kartellgesetzes anwendbar sind. Die vorstehenden Überlegungen treffen lediglich für Unternehmungen und Organisationen zu, denen in aller Form eine staatliche, den Wettbewerb beschränkende Aufgabe übertragen worden ist, dagegen nicht für solche, bei denen die Wettbewerbsbeschränkung durch das öffentliche Eecht nur faktisch begünstigt wird; diese unterstehen auf der ganzen Linie dem Kartellgesetz. Es sei auch erwähnt, dass das Uhrenstatut im Zusammenhang mit der Fabrikationsbewilligungspflicht Bestimmungen enthält, die sich gegen Bundesblatt. 113. Jahrg. Bd. II.

40

570 unerwünschte Auswirkungen der privaten Kollektivkonvention richten. Dies trifft bereits für das heute geltende Uhrenstatut zu (Bundesbeschluss vom 22. Juni 1951 über Massnahmen zur Erhaltung der schweizerischen Uhrenindustrie, Art.4, Abs. 6, Art. 8). Diese Bestimmungen sind im neuen Beschluss vom 23. Juni 1961 noch ausgebaut und präzisiert worden (Art. 21 und 22).

In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass sich das Gesetz in einer Hinsicht auch auf die Hoheitsverwaltung auswirkt: gemäss Artikel 18 ist die Kartellkommission vor Erlass von Bundesgesetzen und 'Verordnungen, welche die Freiheit des Wettbewerbes beschränken, anzuhören ; sie kann auch von sich aus dem Bundesrat Empfehlungen für die Wettbewerbspolitik unterbreiten.

; · Steht eine Branche unter öffentlich-rechtlicher Aufsicht, wie z.B. die Banken und Versicherungen, so ist eine Konkurrenz zwischen der Aufsichtsgesetzgebung und dem Kartellgesetz denkbar. Die besonderen Vorschriften schliessen die Anwendung des Kartellgesetzes nicht aus, doch werden die Handhabung seiner verwaltungsrechtlichen Bestimmungen und der Vollzug der Aufsichtsgesetzgebung gegenseitig aufeinander abgestimmt werden müssen.

Das Kartellgesetz ist nicht anwendbar auf Monopole,, die sich einzig aus dem gesetzlichen Schutz des geistigen Eigentums ergeben (geschützte Patente, Marken, Muster und Modelle ; Urheberrecht). Wenn der Gesetzgeber dem geistigen Eigentum einen Schutz verleihen will, darf dieser nicht durch ein anderes Gesetz .durchkreuzt werden. Gegen Missbräuche des Schutzrechtes sollte die Gesetzgebung über den gewerblichen Bechtsschutz selber die nötigen Bestimmungen aufstellen. Das Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 betreffend die Erfindungspatente enthält verschiedene Vorschriften dieser Art, namentlich über die zwangsweise Erteilung von Lizenzen (Art.36 bis 40). Diese Regelung schliesst einen zusätzlichen Eingriff auf Grund des Kartellgesetzes aus, und zwar auch bezüglich der kollektiven Auswertung von Schutzrechten. Doch kann ein Schutzrecht dazu benützt werden, in einer über den legitimen Schutzbereich hinausgehenden Weise den Wettbewerb zu beschränken. So ist denkbar, dass ein Kartell von Patentinhabern mittels der Verfügung über eine grosse Zahl von Patenten generell eine bestimmte Preisgestaltung erzwingen kann. Auf solche Verhältnisse ist das
Kartellgesetz anwendbar.

Es ist nicht möglich, mit gesetzlichen Bestimmungen eine scharfe Grenze zwischen den beiden Ordnungen zu ziehen. Immerhin wird in den Schlussbestimmungen des Kartellgesetzes (Art.22, Abs.2) die Gesetzgebung über den gewerblichen Eechtsschutz und das Urheberrecht vorbehalten und damit auf das Erfordernis einer sachgemässen Abgrenzung hingewiesen. Bei dieser Gelegenheit wird auch das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb vorbehalten, welches ein anderes Eechtsgut schützt als das Kartellgesetz, aber je nach den Umständen mit dem Kartellgesetz konkurriert.

5. Der örtliche und zeitliche Geltungsbereich braucht nicht ausdrücklich geregelt zu werden. Hinsichtlich ausländischer Kartelle spielt vor allem die Wettbewerbsbehinderung gemäss Artikel 4 eine Eolle, gegen welche

571 am schweizerischen: Begehungsort Klage, auf Grund schweizerischen Kechtes erhoben werden kann (Art.7, Abs. 2, Buchstabe V).',Die Anwendung der verwaltungsrechtlichen Bestimmungen auf Kartelle und ähnliche Organisationen im Ausland setzt voraiis, dass sie auf den schweizerischen Markt, einwirken, und dass, sie über eine Niederlassung oder Vertretung im Inland erfasst werden können.

' .

i Der ; zeitliche Geltungsbereich bereitet keine Schwierigkeiten; mangels gegenteiliger Vorschrift,wirken die zivilrechtlichen Bestimmungen des Kartellgesetzes nicht auf Tatsachen zurück, die, vor seinem Inkrafttreten eingetreten sind (vgl. Art.l des Schlusstitels des Zivilgesetzbuches). Für die Anwendung der verwaltungsrechtlichen Bestimmungen sind die, Verhältnisse massgebehd, wie sie sich im Zeitpunkt einer Untersuchung oder der Anhebung einer verwaltungsrechtlichen Klage darbieten.

·.

: Bemerkungen zu Artikel l .

j .

Die Bestimmung, die das Gesetz auf Kartelle und ähnliche Organisationen anwendbar erklärt, gibt zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass. Hingegen bedarf die Ausnahme von Verträgen, Beschlüssen und Vorkehren, die das Arbeitsverhaltnis betreffen, näherer Erläuterung.

1. Der Entwurf erfasst nur Wettbewerbsbeschränkungen am Gütermarkt, der sich auf Waren und Unternehmerleistungen bezieht. Verträge, Beschlüsse und Vorkehren, die leidiglich des Arbeitsverhältnis betreffen, sollen nach Artikel l dem Gesetz nicht unterstehen. Dies dürfte auch in der Absicht der'Verfassung liegen, ansonst sie kaum den meist nur für Beschränkungen am Gütermarkt verwendeten Ausdruck «Kartell» verwendet hätte. Jene Bestimmungen der ;Gesarntarbeitsvertrage, die sich auf die Begehmg der Arbeitsverhältnisse beziehen, sowie die Mittel des Arbeitskampfes (Streik und Gegenmaßnahmen der Arbeitgeber) sind daher ausgenommen., Wohl aber ist das Gesetz anwendbar auf Verträge, Beschlüsse urid Vorkehren von Arbeitnehmerverbändeii, soweit sie Einwirkungen auf den Gütermärkt vorsehen, zum Beispiel die Sperre von Arbeitskräften gegenüber einer Unternehmung, die, Kartellpreise nicht einhält.

· 2. Die: Ausnahme zugunsten der Beschränkungen am Arbeitsmarkt ist darin begründet, dass die Arbeitnehmer zufolge ihrer grossen Zahl ganz besonders darauf angewiesen sind, 'durch Zusammenfassung ihrer Einzelangebote die Verhandlungsposition
gegenüber den Arbeitgebern zu verstärken. Allerdings ist heute ihre Stellung am:Markte dank der grossen!Nachfrage nach,Arbeitskräften wesentlich günstigerals früher, aber nach wie vor, sind die Verhältnisse nicht mit jenen des Gütermarktes gleichzusetzen. Für die Gesamtarbeitsverträge, bestehen bereits i gesetzliche i Bestimmungen , (Art: 322 bis . 323 quater des Obligationenrechts in der Fassung,des Bundesgesetzes vom 28.September 1956 über,die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen). Aus den erwähnten Gründen gehen sie weniger weit als der Entwurf eines Kartellgesetzes ; namentlich lassen sie die Unterwerfung eines Aussenseiters unter den Gesamtarbeitsvertrag zu (vgl. dazu B,GE 74, II, 167 f., 75, II, 305 ff.,85,, II, 551 ff.).

572

-

.

'

·

3. Bei aller Würdigung des Unterschiedes zwischen Gütermarkt und Arbeitsmarkt ist festzuhalten, dass auch kollektive Einwirkungen auf den Arbeitsmarkt zu unerfreulichen Ergebnissen führen können. Einige Vernehmlassungen erachten daher die Ausnahme zugunsten der Arbeitnehmerverbände überhaupt als untragbar und widersprüchlich, würden sich aber mit einer Sonderstellung der Gewerkschaften abfinden, wenn auf der ändern Seite das Kartellgesetz gemildert würde. Wir teilen diese Auffassung nicht, sind aber bereit, anlässlich der gegenwärtigen Eevision des Dienstvertragsrechtes zu prüfen, wie ungerechtfertigten Beschränkungen auf dem Arbeitsmarkt zu begegnen ist.

Insbesondere hat man an Exklusivbestimmungen zu denken, welche die Zahl der Arbeitskräfte beschränken oder einzelne Arbeitnehmerkategorien (z.B.

Un- oder Angelernte oder Frauen) ohne hinreichenden Grund von bestimmten Tätigkeiten ausschliossen. Auf diese Weise wäre in Würdigung der bestehenden Unterschiede das richtige Verhältnis zwischen der Regelung für den Gütermarkt und jener für den Arbeitsmarkt hergestellt.

Artikel 2 : Kartelle Absatz l (Kartelle) 1. Als Kartelle im Sinne des Gesetzes gelten Verträge oder Verbandsbeschlüsse - wozu auch statutarische und Eeglementsbestimmungen gehören -, die durch gemeinsame Beschränkung des Wettbewerbes den Markt beeinflussen.

Auf die Eechtsform der Verträge und Beschlüsse kommt es nicht an. Es werden auch formlose und daher nach Artikel 10 rechtsunverbindliche Abreden (gentlemen's agreements) erf asst, weil solche Abreden oft in gleicher Weise eingehalten werden wie eine förmliche Verpflichtung. Ferner gelten als Kartelle sowohl horizontale Bindungen zwischen Angehörigen derselben Wirtschaftsstufe als auch vertikale Bindungen zwischen verschiedenen Wirtschaftsstufen (z.B.

zwischen Fabrikanten, Grosshändlern und Handwerkern oder Detaillisten).

Durch vertikale Bindungen kann der Wettbewerb in besonders wirksamer Weise beschränkt werden.

Beispiele für Kartelle sind kollektive Abmachungen über Preise oder die Art der Preisberechnung, über Eabatte, Zinssätze, Versicherungsprämien und Geschäftsbedingungen, über Produktionskontingente und die Aufteilung des Absatzes sowie über die Zulassung zu einem Beruf.

2. Kennzeichnend für die Kartelle ist der Umstand, dass der Markt durch eine den freien Wettbewerb
beschränkende Verständigung beeinflusst wird.

Durch Verträge, die bloss einen individuellen Interessenausgleich zwischen einzelnen Unternehmern anstreben, wird der Markt nicht beeinflusst (z.B. Alleinvertretungsverträge, Konkurrenzverbote bei Geschäftsab.tretung), weshalb sie keine Kartelle darstellen. Verfolgt im Eahmen eines Leistungsaustausches jede Partei in erster Linie ihre eigenen Interessen und nicht ein gemeinsames Interesse an einer Marktregelung, so besteht kein Anlass zu besonderen staatlichen Vorschriften. Ebenso fallen Eationalisierungsgemeinschaften nicht unter das

573 Gesetz, wenn sie lediglich die Leistungsfähigkeit der beteiligten Unternehmer fordern, und nicht gleichzeitig Angebot und Nachfrage in Abweichung vom freien ,,Wettbewerb beschränken. , Die Abreden und Beschlüsse müssen den Markt beeinflussen, oder zumindest geeignet sein, ihn zu beeinflussen. Hingegen sollte entgegen einem, verschiedentlich geäusserten; Begehren nicht darauf abgestellt werden, ob die Abrede oder der Beschluss die Wettbewerbsbeschränkung und Marktbeeinflussung zum Zwecke hat. Diese Zielrichtung ergibt sich regelmässig schon daraus, dass alle, Beteiligten den Wettbewerb in gemeinsamem, Zusammenwirken beschränken, worin ein gesellschaftliches Moment zu erblicken ist. Indessen könnte eine einengende Formulierung, die auf den Zweck abstellt, dazu führen, dass gewisse Abreden dem Gesetz nicht unterstehen würden, weil trotz klarer Beschränkung des Wettbewerbes eine dahingehende Absicht nicht nachweisbar wäre.

3. Auch Arbeitnehmerverbände können in einem Kartell mitwirken, was sich einerseits aus der allgemeinen Formulierung von Absatz l und anderseits aus der Ausnahme zugunsten der Eegelung des Arbeitsverhältnisses in Artikel l, ergibt. .: :, i ' ; , , Absatz 2 (Preisbindungen der zweiten Hand) 1. Die Preisbindung der zweiten Hand besteht darin, dass ein Fabrikant oder Grossist seine Abnehmer verpflichtet, die von ihm vorgeschriebenen1 Verkaufspreise 'einzuhalten oder für deren Einhaltung in den nachfolgenden Handdelsstufen zu sorgen. Die Verpflichtung wird zum Teil durch langfristige Eeversverträge oder durch Unterzeichnung von Bestellungsformularen mit entsprechendem! Vermerk ausdrücklich festgelegt, namentlich aber stillschweigend durch Bestellung von Waren mit aufgedrucktem.: Detailpreis begründet: Die Bindung kann durch eine einzelne nicht marktmächtige Firma auferlegt und durchgesetzt werden, oder direkt durch ein Kartell oder eine ähnliche Organisation, oder auch - ein häufiger Fall - auf Grund einer Kartellbestimmung durch die einzelnen Kartellmitglieder, wobei das Kartell die Bindung nötigenfalls durchsetzen hilft. · ' · · , ' : · .

: Die : Preisbindung, insbesondere für Markenartikel, hat in :der modernen Wirtschaft eine überaus grosse Bedeutung erlangt! Die Beteiligten schreiben ihr eine stabilisierende und qualitätserhaltende Wirkung, auch im, Interesse, der Konsumenten,
zu und erachten sie als notwendig zur Abwehr einer minderwertigen Massenproduktion, die überdies eine i vermehrte Konzentration der Unternehmungen zur Folge hätte. Anderseits kann die Preisbindung unter Umständen die freie Preisgestaltung und damit das wirtschaftliche Geschehen in einem nicht mehr tragbaren Masse beeinträchtigen. Das Gesetz muss daher eine Handhabe bieten, um gegen Mißstände vorgehen zu können.

2. Sofern die Preisbindung lediglich von einer einzelnen nicht marktmächtigen Unternehmung auferlegt und durchgesetzt wird, ist die erwähnte Gefahr gering zu veranschlagen, weil eine unangemessene Preisfestigung zufolge der Konkurrenz unter den Lieferanten schwerlich Bestand hat; Das Gesetz braucht

574 deshalb diesen Fall nicht zu erfassen. Dagegen muss die Preisbindung dem Gesetz unterstehen, wenn sie von einem Kartell, oder gemäss einer Kartellbestimmung durch die Kartellmitglieder, oder durch eine ähnliche Organisation auferlegt oder durchgesetzt wird. Die kollektive Einwirkung erzeugt ein umfassendes Preisbindungssystem in einer ganzen Branche, das nach Art und Auswirkung einem Kartell im eigentlichen Sinne gleichzustellen ist. Es wäre nicht zu verstehen, dass horizontale Preiskartelle, selbst wenn sie nicht besonders wirksam wären, unter das Gesetz fallen würden, nicht aber mit Marktmacht begründete oder durchgesetzte Preisbindungssysteme. Absatz 2 von Artikel 2 sieht deshalb eine entsprechende Bestimmung vor.

i Artikel 3 : Kartellähnliche Organisationen 1. Ausser den Kartellen muss das Gesetz auch Machtstellungen einzelner Unternehmungen oder Unternehmungskonzentrationen erfassen, da sie ebenfalls schädliche Auswirkungen haben können. Allerdings fällt es nach den Erfahrungen anderer Staaten schwer, für diese Machtstellungen zweckentsprechende und praktisch .durchführbare Bestimmungen aufzustellen. Unternehmungsmacht ist an sich statthaft, weshalb nur die missbräuchliche Machtanwendung bekämpft werden darf. Diese Schwierigkeiten entheben uns nicht davon, auch jene Machtstellungen einzubeziehen. Ihre Besonderheit wird bei der praktischen Handhabung des Gesetzes zu berücksichtigen sein.

Wenn die Verfassung in Artikel 31Ms von kartellähnlichen Organisationen spricht, so ist nach dem Gang der parlamentarischen Beratungen anzunehmen, dass dieser Begriff in einem weiten Sinne verstanden werden muss. Eine kartellähnliche Organisation liegt immer dann vor, wenn auf Grund von Marktmacht der Wettbewerb massgeblich beeinflusst oder beherrscht wird, ohne dass eine Kartellabrede getroffen worden ist. Die maßgebliche Beeinflussung ist ebensowenig wie ein Kartell zum vorneherein unstatthaft. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein bestimmtes Verhalten mit dem Gesetz vereinbar ist. Anderseits muss, damit nicht beliebige Unternehmungen als kartellähnliche Organisationen qualifiziert werden, eine tatsächliche Beeinflussung von einem gewissen Gewicht gegeben sein, anders als bei den Kartellen, die ihrem Wesen nach die Tendenz haben, den Markt massgeblich zu beeinflussen und dieses Ziel stets
verwirklichen, wenn die Umstände es erlauben. Die Marktmacht ist am grössten, wenn eine Unternehmung über ein Monopol verfügt, doch kann auch ohne Monopol der Markt massgeblich beeinflusst werden.

2. Das Gesetz unterscheidet folgende Fälle: Über besondere Marktmacht kann zunächst eine einzelne Unternehmung verfügen. Oft wird es sich um einen Trust handeln, d.h. um eine wirtschaftliche Einheit, die durch Fusion mehrerer Unternehmungen oder auf dem Wege einer Holdinggesellschaft geschaffen wird.

Mehrere Unternehmungen können in einem Konzern zusammengefasst sein, der sie einer zentralen Beeinflussung unterstellt, jedoch die Selbständigkeit der einzelnen Unternehmung.nicht völlig aufhebt. Der Konzern wird nament-

575 lieh durch Kapitalbeteiligung (kapitalmässige Verflechtung) bewirkt. Trust und Konzern haben nicht notwendigerweise eine massgebliche Marktbeeinflussung zur Folge. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, muss von Fall zu Fall untersucht werden.

; : · . · · · ' . .

Ausser den Unternehmungskonzentrationen1 (Trust und Konzern) kann auch ,das aufeinander abgestimmte Verhalten mehrerer Unternehmungen zu einer Machtstellung führen. Es ist möglich, dass eine Anzahl Unternehmungen ohne irgendwelche Abrede,1 d.h. ohne dass, ein Kartell vorhegt, stillschweigend ihr Verhalten aufeinander abstimmen, um den Wettbewerb zu beschränken oder auszuschliessen. Dieser Sachverhalt ist ebenfalls als kartellähnliche Organisation anzusehen. Indessen würde,eine tatsächliche Gleichförmigkeit des Verhaltens am Markte noch nicht beweisen, dass die Unternehmungen sich iïn erwähnten Sinne, auf einander abgestimmt haben; die Gleichförmigkeit der Preise z.B. kann auch das Werk des freien Wettbewerbes sein.,Im weitern bilden mehrere Unternehmungen, die sich der Preisgestaltung eines bedeutenden Konkurrenten anschliessen, (Preisführerschaft), keine, kartellähnliche Organisation. Hingegen ist vielleicht der Preisführer eine marktmächtige Unternehmung, wofür die Preisführerschaft ein Indiz sein mag.

, , , II. Zivil- und prozessrechtliche Bestimmungen Das Gesetz soll in erster Linie mit zivilrechtlichen Mitteln sein Ziel zu erreichen suchen. .Darin liegt ein erheblicher Unterschied zu ausländischen Gesetzen, der aber, schweizerischer Eechtstradition entspricht. Der Entwurf ordnet auch die zivilrechtlichen Verhältnisse nur soweit, als die wettbewerbspolitische und persönlichkeitsrechtliche Zielsetzung es· erheischt.. Im übrigen ist das allgemeine Zivilrechfr anwendbar (vgl., Art. 22). Um den zivilrechtlichen Bestimmungen zum Erfolg; zu verhelfen, erweisen sich einige prozessuale' Vorschriften als notwendig. Mit dem Vorbehalt von Artikel 64 der Bundesverfassung zugunsten der ,kantonalen Prozesshoheit, sind zivilprozessuale Bestimmungen gemäss konstanter Praxis vereinbar, soweit sie zur Durchsetzung des : materiellen Bundesrechts erforderlich sind.

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1. Behinderung Dritter im Wettbewerb

Die Artikel 4 bis 9 handeln von der Behinderung des Aussenséiters, durch Boykott ;und andere diskriminierende Vorkehren (externer Kartellzwang).

Artikel 4: erklärt diese Vorkehren als grundsätzlich unzulässig. In Artikel 5 wird umschrieben, unter welchen Voraussetzungen Ausnahmen von diesem Grundsatz statthaft sein sollen; Absatz 2 von Artikel 5 führt hiefür einige Beispiele an.

Die Ansprüche aus unzulässiger Wettbewerbsbehinderung werden in Artikel 6 festgelegt, während Artikel 7 bis 9 prozessuale Bestimmungen enthalten. Eichtet sich die Vorkehr nicht gegen einen Aussenseiter, sondern gegen ein Kartellmitglied, so-liegt eine Massnahme des internen Kartellzwanges vor; die Mass-

576 regelung von Mitgliedern ist daher im folgenden Abschnitt, der die Kartellverpflichtungen zum Gegenstand hat, geregelt (Art. 13).

Artikel 4 : Unzulässigkeit der Wettbewerbsbehinderung Allgemeine Bemerkungen 1. Solange ein Kartell lediglich auf der freiwilligen Mitwirkung der Beteiligten beruht und der Austritt nicht erschwert wird, ist es der Korrektur durch Aussenseiterkonkurrenz ausgesetzt und muss in Eechnung stellen, dass unzufriedene Mitglieder austreten und zu Aussenseitern werden. Ferner unterliegt es der Konkurrenz von Substitutionsgütern (zum Beispiel Nylon statt Seide).

Diese Korrektur entfällt, wenn es gelingt, die Aussenseiter oder die Anbieter von Substitutionsgütern dem Kartell zu unterwerfen (Marktumfassung), oder sie vom Markt zu verdrängen oder überhaupt nicht zuzulassen (Marktschliessung). Das Mittel hiezu bilden vor allem vertikale Bindungen zwischen Lieferanten und Abnehmern mit Boykott- und Diskriminierungsverpflichtung oder zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern mit der Verpflichtung zur Sperre der Arbeitskräfte. Doch kann unter Umständen der Aussenseiter auch auf horizontaler Ebene, durch gezielte Preisunterbietung, in gleicher Weise behindert werden wie durch direkte marktumfassende oder marktschliessende Vorkehren auf der Grundlage vertikaler Bindungen.

2. In seinem ersten Boykott-Urteil aus dem Jahre 1896 hat das Bundesgericht den Boykott schlechterdings unzulässig erklärt (BGE Bd. 22, S.175 ff.).

Später rückte es von diesem Entscheid ab. Über die'Entwicklung bis 1930 gibt ein Entscheid aus jenem Jahre Auskunft (BGE 56, II, 435 f.) : «Die Frage, ob und unter welchen Umständen der Boykott als ein zulässiges wirtschaftliches Kampfmittel zu erachten sei, ist in der Doktrin und Praxis äusserst umstritten und hat auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtes bis anhin keine einheitliche Lösung erfahren. Bis in die neueste Zeit ging diese bei deren Beurteilung davon aus, dass jedermann ein subjektives Recht auf Achtung und, Geltung der wirtschaftlichen Persönlichkeit besitze., Und es hat das Bundesgerioht daraus in seinen früheren Entscheiden, indem es aus diesem Recht auch einen Anspruch auf ungestörte Ausübung des Gewerbes herleitete, den Boykott in weitgehendem Masse als unerlaubt bezeichnet (vgl. BGE 22, 175 ff.). In der Folge wurde dann aber im Hinblick darauf,
dass die geltende Rechts- und Wirtschaftsordnung im gewerblichen Leben das freie Spiel der Kräfte zur Grundlage habe und dass auch alle anderen dasselbe Individualreoht für sich in Anspruch nehmen können, der Boykott nur noch dann als unerlaubt bezeichnet, wenn er auf eine direkte Vernichtung der wirtschaftlichen Persönlichkeit des ändern abziele, oder durch Mittel bewirkt werde, die einen direkten Angriff gegen deren Achtung und Geltung im gewerblichen Verkehr bedeuten, oder an sich geeignet seien, diese wirtschaftliche Persönlichkeit zu vernichten (vgl. BGE 32 II, 360 ff.).

Und in einem Entscheide (der II. Zivilabteilung) aus jüngster Zeit wurde die Frage der Zulässigkeit eines Boykottes ausschliesslioh auf dem Boden von Artikel 41, Absatz 2 des Obligationenrechtes (d. h. vom Standpunkte der guten Sitten aus) untersucht und aus dem Individualreoht auf Achtung der wirtschaftlichen Persönlichkeit direkt überhaupt nichts mehr hergeleitet. Dabei wurde ausgeführt, dass die Unsittlichkeit eines Boykottes im erfolgten Zweck oder den angewandten Mitteln, oder aber auch darin liegen könne, dass ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem durch den Boykott angerichteten Schaden und dem hiedurch angestrebten Vorteil bestehe (vgl. B GE 51II, 525 ff.). »

577 An,dieser sogenannten Dreikriterien-Theorie - Rechtswidrigkeit oder Unsittlichkeit des Zwecks oder der Mittel, .Missverhältnis zwischen Schaden und Vorteil - hat.das Bundesgericht .bis vor kurzem festgehalten. Gemäss diesen Kriterien wurde auch neuerdings die Verdrängung eines Konkurrenten, mangels Nachweises schutzwürdiger Interessen, als widerrechtlich erklärt (BGE 76, II, 281 ff., 81, II, 117 ff., 82,.11, 292 ff.), während in einem nicht veröffentlichten Entscheid vom 6. November 1959 die Sperre von Filmen gegenüber einem neuen Lichtspieltheater .als statthaft erachtet wurde. Der Unterwerfungsboykott wurde grundsätzlich zugelassen, so noch in einem die Uhrenindustrie betreffenden Urteil aus dem Jahre 1959 (BGE 85,, lì, 489 ff.).

3. An dieser Rechtsprechung des Bundesgeriehtes ist Kritik geübt worden, weil sie zu sehr auf das Kartellinteresse an der Wettbewerbsbeschränkung abstelle, und das Interesse .des Boykottierten an der freien wirtschaftlichen Betätigung zu,wenig berücksichtige. Es ist geltend gemacht worden, «dass der Boykott, grundsätzlich und in allen Fällen ein:als Persönlichkeitsrecht aufzufassendes Rechtsgut des Aussenseiters tangiert und dass dieser Eingriff sich lediglich durch den vom Kartell zu erbringenden Nachweis der Wahrung be rechtigter Interessen zu .rechtfertigen vermag» 1 (H.Merz, Über die Schranken der-Kär:teübindung, 1953, S.41).

. · .

Mit Urteil vom 20.Dezember 1960 (BGE-86, II. 3,65 ff.) hat das Bundesgericht ^seine Bechtsprechung entscheidend geändert. Danach verletzt .der Boykott notwendigerweise das Persönlichkeitsrecht auf freie wirtschaftliche Betätigung, und ist daher:grundsätzlich widerrechtlich. Der freie Wettbewerb, auf .dem die schweizerische Wirtschaft beruhe, dürfe auch nicht durch private Abmachungen ausgeschaltet werden. Wohl sei niemand geschützt vor den Ausflüssen ;eines sich nach, den Grundsätzen von Treu und Glauben abwickelnden Wettbewerbes, aber der Boykott gehe als organisierter Zwäng über das hinaus, was jeder Unternehmer als Folge eines normalen, freien Wettbewerbes dulden müsse. .Die Vertragsfreiheit und die Freiheit des Zusammenschlusses erlaube dem Kartell nicht, absichtlich auf Eingriffe in fremde Rechte hinzuarbeiten.

Jedo.ch fügte das Bundesgerioht bei, die verabredete Unterlassung wirtschaftlicher Beziehungen zum Boykottierten sei
nicht immer unerlaubt. Es komme vielmehr auf das Ziel des Boykottes an. Der Richter müsse im:Eiuzelfall entscheiden, ob in Anbetracht der sich gegenüberstehenden Interessen das Recht des Boykottierten oder jenes des Boykottierenden vorgehe. Dabei gebei nicht das wirtschaftlich wichtigere Interesse notwendigerweise den Ausschlag. Der Boykottierende handle nicht schon dann rechtmässig,, wenn die von ihm erstrebten ,Vorteile den dem Boykottierten zugefügten Schaden übertreffen.

«Nur wer mit dem Boykott offensichtlich überwiegende berechtigte Interessen verfolgt, die er auf keine andere Weise wahren kann, verstösst nicht gegen, das Recht.». Der Boykottierende hat solche Interessen zu beweisen. Das Bundesgericht wies die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück, hielt aber fest, was das Kartell in der Berufungsantwort vorgebracht habe, genüge nicht zur Rechtfertigung des Boykottes. «Die Tatsache, dass ein Unternehmer durch

578 angemessene Organisation seines Betriebes in der Lage ist, die Gestehungskosten und damit die von seinen Kunden zu zahlenden Preise herabzusetzen, ist kein vom Becht anerkannter Grund, ihn zu boykottieren, mag auch sein Vorgehen den hergebrachten Aufbau eines Wirtschaftszweiges erschüttern» (BGE 86, II, 379).

Dieses Urteil bringt deutlich zum Ausdruck, dass der Boykott grundsätzlich unzulässig ist und nur mit besonderen Gründen gerechtfertigt werden kann.

Es bestätigt damit -die Konzeption, welche dem Entwurf der Expertenkommission für die Kartellgesetzgebung zugrundelag. Indessen spricht sich auch dieses neuste Urteil über die möglichen Eechtfertigungsgründe nicht näher aus.

Da das geltende Eecht keine besonderen Bestimmungen über die Wettbewerbsbehinderung enthält, müssen die anwendbaren Normen aus allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen gewonnen werden. Es ist aber für ein Gericht nicht leicht, in einer derart wichtigen Angelegenheit wie : dem Verhalten privater Selbsthilfeorganisationen eine Wertung von geradezu gesetzgeberischer Bedeutung vorzunehmen. Um so mehr drängt es sich auf, dass der Gesetzgeber selber das Nötige vorsieht und namentlich die Eechtfertigungsgründe zu umschreiben sucht, um damit eine vermehrte Bechtssicherheit zu gewährleisten.

4. Wie das Bundesgericht dargelegt hat, läuft die Behinderung des Wettbewerbes durch Bezugs- und Liefersperren und andere Vorkehren der Wettbewerbsfreiheit und damit dem Persönlichkeitsrecht der Betroffenen zuwider.

Sie ist keine legitime Auswirkung der Vertragsfreiheit, sondern ein Machtmittel, das einen Mitbewerber zu einem bestimmten Verhalten am Markte zwingen will.

Soweit die Behinderung wirksam wird, stellt sie den Wettbewerb als marktwirtschaftliches Prinzip in Frage und bildet die gefährlichste Quelle volkswirtschaftlich oder sozial schädlicher Auswirkungen. Diesen Sachverhalt hat die Preisbildungskonunission in ihrem Bericht mit besonderem Nachdruck dargelegt (vgl. insbesondere S. 164 ff.). Es ist daher angebracht, in Übereinstimmung mit der neuen Eechtsprechung des Bundesgerichtes und mit der Preisbildungskommission im Kartellgesetz eine in ihrer Grundtendenz eindeutige Eegelung zu treffen, welche von der grundsätzlichen Unzulässigkeit privater Zwangsgewalt ausgeht. Unsere Eechtsordnung behält die Anwendung von Zwang dem Staate
vor und verpöntl die Selbsthilfe, soweit sie Eechte Dritter verletzt, abgesehen von seltenen Ausnahmen wie der Notwehr (Zivilgesetzbuch Art. 926, Obligationenrecht Art. 52). Das Strafgesetzbuch sodann stellt in Artikel 181 die Nötigung unter Strafe. Die staatliche Gesetzgebung hat zu entscheiden,, unter welchen Voraussetzungen ein Zwang ausgeübt werden darf.

Dementsprechend soll die Wettbewerbsbehinderung grundsätzlich unzulässig sein, unter Vorbehalt von Ausnahmen. Diese Eegelung bildet das Kernstück des Gesetzes, indem sie den Gedanken des «Möglichen Wettbewerbes» am deutlichsten herausstellt und damit auch für die Auslegung der übrigen Bestimmungen einen Hinweis gibt. Dabei ist jedoch zweierlei zu beachten.

5. Der wirtschaftliche Wettbewerb ist auch abgesehen von den Kartellen nicht vollkommen und kann es aus Gründen, welche die Preisbildungskommis-

;

.

:

,

579

sion dargelegt hat (S. 152 if.), nicht sein. So verfügen verschiedene Unternehmungen, selbst wenn sie nicht ähnliche Organisationen im Sinne von Artikel 8 darstellen, über Mittel und über eine Macht, die ihren Konkurrenten abgehen.

Es erscheint ausgeschlossen, mit einem Kartellgesetz diese Ungleichheiten zu beseitigen. Die Bestimmung über Wettbewerbsbehinderung richtet sich nur gegen die gezielte Behinderung Dritter, nicht .aber gegen jeglichen Machteinsat/..'Der Tatsache, dass in der Wettbewerbslage Ungleichheiten bestehen, ist gebührend Eechnung zu tragen. Exklusivbestimmungen von Kartellen können unter anderem zum Zwecke haben, gerade derartigen Ungleichheiten entgegenzuwirken. ; Soweit dies,der,Fall ist-, sind sie je nach den Umständen als legitim zu betrachten.

'· . , , Ferner darf man nicht ;ausser acht lassen, dass die jahrzehntelange grundsätzliche Duldung des Boykottes tatsächliche Verhältnisse und Anschauungen hat, aufkommen lassen, an denen, der : Gesetzgeber nicht einfach vorbeisehen kann. Sie beeinflussen übrigens auch die staatliche Wirtschaftspolitik.

Absatz l (Behinderung durch Kartelle) 1. Entsprechend1 dem Gesagten wird in Artikel 4 des Entwurfes die Behinderung von Aussenseitern grundsätzlich als unzulässig erklärt, unter Vorbehalt von Ausnahmen, die in Artikel 5 umschrieben sind. Besondere zivilrechtliche Bestimmungen über Boykott und andere diskriminierende Vorkehren hätten keinen Sinn, wenn man nach dem Begehren verschiedener Vernehmlassungen von diesem eindeutigen Grundsatz absehen und z.B. noch hinter die neue Rechtsprechung zurückgehen wollte. Tn diesem Falle wäre es übrigens unumgänglich, die Verwaltungsrechtlichen Bestimmungen zu verschärfen.

' Die zuweilen geäusserte Behauptung, mit der grundsätzlichen Unzulässigkeit der Wettbewerbsbehinderung werde die Kartellierung als solche in Frage gestellt, trifft nicht zu. Die grosse Mehrheit der Kartelle kennt keine Exklusivbindungen, sondern beschränkt sich auf die Eegelung der Innenverhältnisses der Mitglieder. Unter Vorbehalt besonderer Umstände ist diese Beschränkung allen Kartellen zumutbar. Die Wirksamkeit, der bisher mit, Exklusivbindungen ausgestatteten Kartelle wird nur in dem Masse herabgesetzt, als es das Prinzip des «Möglichen Wettbewerbes» erheischt. Sie stellen sich auf diese Weise nicht schlechter als alle
übrigen Kartelle, die auf Diskriminierungsmassnahmen verzichten oder nicht in der Lage sind, solche Massnahmén zu ergreifen.

2. Absatz l nennt die wichtigsten Beispiele von Vorkehren, mit denen eine Behinderung erzielt wird (Bezugs- und Liefersperre, Arbeitersperre, Preisbenachteiligung, ^Preisunterbietung 'gegen.bestimmte Wettbewerber). Vorkehren von Arbeitnehmerverbänden gegen Arbeitgeber werden ebenfalls erfasst, soweit sie nicht der Wahrung von Arbeitsmarktinteressen, sondern der "Beeinflussung des Gütermarktes dienen. Ferner sind neben jenem Boykott, der lediglich im Einzelfall gegen einen bestimmten Unternehmer verhängt wird, auch dauernde Sperre- und Preisbenachteiligungs-Systeme gegen beliebige Aussenseiter unzu-

580 lässig. Dazu gehören u.a. die Nichtbelieferung aller Unternehmer, die sich einem Kartellpreis oder einer Preisbindung der zweiten Hand nicht unterziehen, oder der Ausschluss weiterer Konkurrenten mittels einer lückenlosen Aufteilung der Abnehmer unter den Kartellfirmen.

3. Unter Wettbewerbsbehinderung darf nicht jedes Verhalten verstanden werden, das einen Konkurrenten benachteiligt. Der Entwurf erwähnt ausdrücklich, dass die Behinderung erheblich sein muss. Eine bloss geringfügige Beeinträchtigung, die den Aussenseiter in seiner Geschäftstätigkeit nicht wesentlich beeinflusst, fällt nicht unter Artikel 4. Vor allem aber betrifft er nur Vorkehren, die eigens darauf gerichtet sind, jemanden in der Ausübung des Wettbewerbes zu behindern und dadurch den Wettbewerb zu beeinträchtigen (Diskriminierung). Darauf weist besonders das Wort «sollen» hin, aber auch schon das Wort «Vorkehren» («Vorkehren eines Kartells, mit denen Dritte ... behindert werden sollen»). Eine subjektive Absicht ist nicht erfordert; es genügt, dass der Sache nach der Boykott auf jenes Ziel ausgerichtet ist (objektives Ziel der Vorkehr).

In den bisher von den Gerichten beurteilten Fällen war diese Zielrichtung durchwegs gegeben.

Die Weigerung, eine Unternehmung zu beliefern oder ihr einen branchenüblichen Rabatt zu gewähren, stellt nicht zum vorneherein eine Wettbewerbsbehinderung dar. Dabei ist insbesondere an die Fälle zu denken, in denen die Weigerung betriebswirtschaftlich begründet ist; dies gilt beispielsweise vom Funktionsrabatt, der nur jenen Unternehmern gewährt wird, welche die mit dem Eabatt verbundenen Funktionen (Delcredere, Lagerhaltung, Sortiment, Werbung usw.) auch tatsächlich ausüben. Solche Eabatte sind ein echtes Leistungsentgelt. Ferner werden vielleicht hochwertige Gebrauchsartikel nur an Spezialgeschäfte geliefert, weil der Lieferant auf einen besonderen Kundendienst Gewicht legt. Dicht neben diesen Motiven kann allerdings jenes der Ausschaltung eines Konkurrenten stehen.

Absatz 2 (Behinderung durch ähnliche Organisationen) Die Behinderung des Wettbewerbes ist ebenfalls unstatthaft, wenn sie von einer marktraächtigen Unternehmung ausgeht. Auch ohne Kartellierung kann jemand durch Einsatz von Marktmacht durch eine oder mehrere Unternehmungen zu einem bestimmten Verhalten veranlasst werden. Ein Anspruch
gegenüber einer kartellähnlichen Organisation, eine Liefersperre zu unterlassen, wird vielleicht in der Wirkung auf einen Kontrahierungszwang gegenüber einem Trust oder Konzern hinauslaufen, was aber gerechtfertigt ist, wenn die Organisation ein Monopol besitzt. Immerhin ist die Nichtbelieferung oder die Abstufung von Preisen und Konditionen durch marktmächtige Unternehmungen nicht ohne weiteres der organisierten Behinderung durch ein Kartell gleichzusetzen, weshalb Artikel 4 und 5 auf kartellähnliche Organisationen lediglich sinngemäss anwendbar sein sollen.

581 ;

Artikel 5 : Ausnahmen

Allgemeine Bemerkungen 1. Die konsequente Verwirklichung des «Möglichen Wettbewerbes» würde keinerlei Ausnahmen von der Unzulässigkeit der Wettbewerbsbehinderung gestatten. Es fehlt nicht an Stimmen, wonach überhaupt keine, Ausnahmen zuzulassen seien. Wir haben aber bereits im Zusammenhang mit Artikel 4 darauf hingewiesen, dass angesichts gewisser Ungleichheiten in der Wettbewerbslage eine. Ausnahmebestimmung nötig ist. Besonderen wirtschaftlichen Gegebenheiten kann auf diese Weise Bechmmg getragen, werden ; es ist denkbar, dass unter Umständen Vorkehren gegen Aussenseiter mit dem .Gesamtinteresse vereinbar sind.

: 2. Nach dem Entwurf hat der Zivilrichter über die Zulässigkeit eines Boykottes zu entscheiden. Verschiedentlich ist in den .Vemehrnlassungen geltend gemacht worden, die zivilgerichtliche Beurteilung ,berge Schwierigkeiten in sich, weil die anwendbaren Bestimmungen zu vage seien, und weil der Eahmen der Bechtsprechung gesprengt werde, wenn der Zivilrichter über bedeutsame wirtschaftspolitische Fragen entscheiden müsse. Diese Kritik ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Deshalb wurde Artikel 5 deutlicher gefasst,,so dass die geschilderte Gefahr wesentlich geringer sein sollte. Die Aufgabe des Zivilricht'ers wird übrigens dadurch erleichtert, dass er über Fragen von grundsätzlicher Bedeutung ein Gutachten der.Kartellkommissipn einholen kann (Art.18, Abs.2).

Gerade für die wirtschaftspolitische Würdigung werden diese Gutachten bedeutsam sein. Ausserdem zeigt die bisherige Bechtsprechung, dass eine stattliche Anzahl von Fällen ohne besondere wirtschaftspolitische Untersuchungen entschieden werden kann. Der Entwurf kennt auch nur eine einzige kantonale Instanz für die Beurteilung der Boykotte (Art.?,: Abs. 1), wodurch das Verfahren vereinfacht und mehr Gewähr für eine sachgemässe Beurteilung geboten wird.

3. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund hat aus dem Bedenken heraus, dass die Zivilrechtsprechung nicht genüge, ein öffentlich-rechtliches Bewilligungsverfahren vorgeschlagen. Danach würde auf Gesuch von Kartellen und ähnlichen Organisationen die Kartellkommission'generell über Ausnahmen für bestimmte Wirtschaftszweige und Märkte befinden. Zuvor würde ein Einspracheverfahren durchgeführt. Gegen die Entscheide der Kommission wäre die Beschwerde,an eine gerichtliche Instanz
gegeben. Da die Entscheidungen befristet wären, könnten sie nach Ansicht des Gewerkschaftsbundes rascher dem Wandel der Konjunktur angepässfr werden als ein Gerichtsurteil.

Die-konjunkturpolitische Motivierung dieses Vorschlages erweckt jedoch Bedenken. Man kann sich fragen, ob es konjunktürpolitisch richtig ist, einer bestimmten Branche zulasten anderer Kreise eine Sperre zu bewilligen. Abgesehen davon könnte auch die Kartellkommission nicht sofort entscheiden. Sie musate zuwarten, bis der Konjunkturrückschlag sich als nicht bloss vorübergehend erweisen würde (man denke an die letzte: Bezession in einzelnen Branchen, die yon kurzer Dauer war), und hätte jedes Begehren,eingehend zu prüfen.

582 Ferner würden die Beschwerden gegen die Entscheide der Kommission dazu beitragen, dass auch das öffentlich-rechtliche Verfahren etwelche Zeit beanspruchen dürfte. Nach den Erfahrungen mit staatlichen Interventionen fiele es zudem schwer, eine einmal bewilligte Vorkehr wieder rückgängig zu machen. Es wäre auch mit einer grossen Zahl von Bewilligungsanträgen zu rechnen. Die amtliche Bewilligung würde nicht bloss für einen Einzelfall, sondern für ein ganzes Sperre-System gelten. Sie hätte ähnliche Folgen wie eine Allgemeinverbindlicherklärung, da die behördliche Gutheissung die Wirksamkeit der Vorkehren verstärken würde. Die Kartelle würden unbotmässigen Aussenseitern nachdrücklich und mit Erfolg die Genehmigung der Sperre entgegenhalten.

Die rein zivilrechtliche Entscheidung hat demgegenüber den Vorteil, dass eine Praxis herausgebildet werden kann, selbst wenn nur einige Einzelfälle entschieden werden. Der Entscheid im Einzelfall lässt anderseits eine Anpassung an veränderte Verhältnisse durch spätere Urteile offen. Und für die wenigen Fälle von grundsätzlicher Bedeutung lohnt es sich, von der Kartellkommission ein ausführliches Gutachten ausarbeiten zu lassen.

4. Die besonderen Umstände, welche eine Wettbewerbsbehinderung zu rechtfertigen vermögen, müssen von den Urhebern des Boykottes nachgewiesen werden. Dies entspricht den allgemeinen Begeln über die Verteilung der Beweislast (ZGB Art.8) und der darauf fassenden Praxis des Bundesgerichtes in Boykottsachen (vgl. BGE 76, II, 290 f., 82, II, 306, 86, II, 378 f.).

Absatz l (Generelle Ausnahmebestimmung) Absatz l umschreibt, unter welchen Voraussetzungen die Wettbewerbsbehinderung zulässig ist. Die Behinderung muss durch Interessen gerechtfertigt sein, die schutzwürdig sind, die Interessen des Betroffenen überwiegen und mit dem Gesamtinteresse vereinbar sind. Indem das Gesetz das Gesamtinteresse erwähnt, bringt es zum Ausdruck, dass der Boykott im Bahmen:dessen bleiben muss, was nach den allgemeinen Grundsätzen unserer Eechtsordnung vertretbar ist. Ferner dürfen die Vorkehren, auch wenn sie nach der Interessenlage zulässig erscheinen, die Freiheit des Wettbewerbes im Verhältnis zum angestrebten Ziel sowie nach Art und Durchführung nicht übermässig. beeinträchtigen (Grundsatz der Verhältnismässigkeit, Wahrung der guten Sitten). Die verschiedenen
Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Die Eegelung von Absatz l kann in dieser allgemeinen Form nur verantwortet werden, weil die Unzulässigkeit der Wettbewerbsbehinderung (Art.4) vorangestellt und 'als massgebender Grundsatz klar herausgearbeitet ist, und weil anderseits in Absatz 2 und 3 noch Präzisierungen erfolgen. Andernfalls wäre sie zu vage, um als Kriterium für die Abgrenzung zwischen zulässiger und unzulässiger Behinderung dienen zu können.

Der Bichter hat die Interessen des Kartells und des Aussenseiters im Sinne der Kriterien von Absatz l gegeneinander abzuwägen. Da der allgemeine Grundsatz durch die Begelung der Ausnahmen nicht ins Gegenteil verkehrt werden

583 darf, fällt das jedem Kartell innewohnende Interesse an der Marktunifassung oder Marktscliliessung ausser Betracht. Vielmehr können nur besondere Umstände die Wettbewerbsbéhinderung rechtfertigen.

Absatz 2 (Beispiele für überwiegend schutzwürdige Interessen) 1. Absatz 2 führt vier Beispiele für schutzwürdige Interessen an, nämlich die Gewährleistung, des lauteren und unverfälschten Wettbewerbes, die Verwirklichung .angemessener, fachlicher und beruflicher Voraussetzungen, die Sicherung einer im Gesamtinteresse erwünschten Struktur einer Branche .und die Durchsetzung eines Kartells, auf ausländischen Markten. Der Expertenentwurf nannte als Beispiele nur die Strukturerhaltung und die Durchsetzung 1 eines Exportkartells. La der Vernéhmlassungen befürworteten namentlich die Untemehmerverbände diese Beispiele. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die. Sozialdemokratische Partei wünschten als .weiteres Beispiel die Verhinderung sozial schädlicher Auswirkungen. In einigen ändern Vernéhmlassungen wurde : vorgeschlagen den Boykott nur .unter den Voraussetzungen von Artikel 31bls, Absatz 3, Buchstabe a der Bundesverfassung zuzulassen (Existenzgefährdung). Anderseits möchten die Vereinigung schweizerischer Angestelltenverbände und der Verband evangelischer ; Arbeiter und Angestellter1 die Beispiele überhaupt weglassen, da sie verwirrend und gefährlich seien.

Wie erwähnt, drängt .sich eine Verdeutlichung der sehr allgemein gehaltenen Ausnahmeklausel des Absatzes l auf. Freilich wird es nicht gelingen, die Fälle abschliessend aufzuzählen und scharf zu umreissen. Doch erfüllen die Beispiele gemäss Absatz 2 die Funktion von Wegweisern. Indem man die generelle Eegel konkretisiert, wird : die Praxis in bestimmte Bahnen gelenkt. Dies macht es aber notwendig, den zwei Beispielen des Expertenentwürfes - Strukturerhaltüng und Exportkartelle: 4- zwei weitere Fälle beizufügen. Dadurch wird nicht etwa bezweckt, deri Bereich der Ausnahmen auszudehnen. Gegenteils soll der Gefahr begegnet werden,, dass der Eichter irgendwelche Vorkehren,' die ihm legitim erscheinen, unter \ Strukturwahrung subsuniiert und dieses Beispiel zur Generalklausel ausweitet. Ein etwas längerer Katalog vermittelt ein anschauliches Bild der Interessen, die nach der Absicht des Gesetzgebers · Schutz beanspruchen können. Den Strukturwahrungs-
und Exportkartellbeispielen werden Fälle vorangestellt, die mit dem Wettbewerbsgedanken eng verbunden .sind (Lauterkeitsschutz,,angemessene berufliche Anforderungen). Mit den vier Beispielen der Vorlage werden Interessen umschrieben, die als überwiegend, schutzwürdig gelten können. Dass Idabei stets die Unistände des Einzelfalles gewürdigt werden müssen und kein absoluter1 Anspruch auf eine Ausnahme besteht, bringt die Wendung «als überwiegende schutzwürdige Interessen fallen insbesondere in Betracht . . . » zum Ausdruck. Anderseits sind die Ausnahmennicht auf jene vier Beispiele beschränkt.; So ist denkbar, dass unter Umständen die Einhaltung von Kartellpreisen,, auch: wenn sie durch keinen der vier, Fälle gedeckt wäre, als schutzwürdig erachtet würde. Doch wird der Nachweis schutzwürdiger Inter-

584 essen, die nicht im Katalog des Absatzes 2 angeführt sind, besondere Anforderungen stellen.

2. Es wurde auch erwogen, die Wettbewerbsbehinderung nur unter den Voraussetzungen zuzulassen, wie sie nach Artikel 31Ms der Bundesverfassung für staatliche Massnahmen in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit erforderlich sind (durch das Gesamtinteresse gerechtfertigte Erhaltung eines in seinen Existenzgrundlagen gefährdeten Wirtschaftszweiges oder Berufes).

Diesem Vorschlag liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Einwirkung auf Dritte durch private Vorkehren die Wirtschaftsfreiheit beeinträchtige und folgerichtig nur unter denselben Voraussetzungen statthaft sein dürfte, wie sie für staatliche Massnahmen in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit gelten.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der Verfassungsgesetzgeber der Kartelltätigkeit einen weiteren Baum belassen hat als dem staatlichen Gesetzgeber; ein Vergleich von Buchstabe a des Artikel 31Ms, Absatz 3 (staatliche Massnahmen) und Buchstabe d (Kompetenz zur Kartellgesetzgebung) zeigt dies deutlich. Selbstverständlich soll das Kartellgesetz dazu beitragen, dass nicht eine unerträgliche Diskrepanz zwischen den beiden Gebieten besteht, aber es ist nicht, erforderlich, staatliche Massnahmen und Kartellvorkehren von denselben Voraussetzungen abhängig zu machen. In der Tat gibt es Fälle, in denen der Nachweis einer Existenzgefährdung nicht verlangt werden könnte, z.B. die legitime Abwehr wettbewerbswidriger Einflüsse. Auf der ändern Seite braucht eine Existenzgefährdung nicht zum. vorneherein eine Sperre zu rechtfertigen. Immerhin schliesst die Tatsache, dass der Entwurf nicht ausdrücklich auf Artikel 31Ms Bezug nimmt, nicht aus, dass unter Uniständen eine Existenzgefährdung nachgewiesen werden muss: dabei ist namentlich an das Beispiel der Strukturwahrung zu denken.

Buchstabe a (Lauterer und unverfälschter Wettbewerb) 1. Die Gewährleistung des lauteren Wettbewerbes wird seit jeher in Abmachungen und Beschlüssen als Kartellzweck genannt. Allerdings betrachtet man in Kartellkreisen als unlauter auch Tatbestände, welche das Bundesgesetz vom 30. September 1943 über den unlauteren Wettbewerb .nicht erfasst, wie etwa das Unterbieten von Verbandstarifen. Der Entwurf versteht den lauteren Wettbewerb selbstverständlich im Sinne des Wettbewerbsgesetzes. Es
ist die Erage aufgeworfen worden, ob der Lauterkeitsschutz einen Boykott rechtfertige, nachdem das Wettbewerbsgesetz hiefür zivil- und strafrechtliche Behelfe zur Verfügung stelle. Doch entspricht es ständiger Praxis, dass in dieser Beziehung die Selbsthilfe neben dem staatlich geordneten Eechtsweg zulässig sein soll. Auch das sonst strenge deutsche Kartellgesetz enthält Ansätze für eine zulässige Selbsthilfe, wenn auch nicht im Zusammenhang mit Boykott und Diskriminierung (§§ 28-33 über Wettbewerbsregeln; § 38, Abs.2 über wettbewerbsfördernde Bedingungen gegenüber Grossbetrieben). Der Lauterkeitsschutz steht sicher in der Bangordnung der Bechtfertigungsgründe an erster Stelle.

Weist das Kartell nach, dass es ihm wirklich um dieses Ziel zu tun ist, so ist eine Ausnahme am ehesten am Platze. -Dass z.B. ein Unternehmer nicht in einen Ver-

585 " band aufgenommen .wird,, weil er sich unlauteren Wettbewerbes schuldig geinachthat, erscheint unter Umständen auch dann als statthaft, wenn die Verweigerung der Aufnahme einer Diskriminierung gleichkommt.

Gemäss Artikel :1, Absatz 2, Buchstabe h des Wettbewerbsgesetzes begeht unter anderem unlauteren, Wettbewerb, wer .Arbeitsbedingungen, verletzt, die berufs- oder ortsüblich ,,sind, oder die durch Gesetz, Verordnung oder Vertrag auch dein!Mitbewerber auferlegt sind; Dieser Tatbestand ist durch den,Hinweis des Kartellgesetzes auf den Lauterkeitsschutz ebenfalls gedeckt, womit dem Wunsche Kechnung,getragen wird, auch die sozialen Verhältnisse zu berücksichtigen.

2. Der Wettbewerb kann auch in anderer Weise als durch unlauteres Gebaren ina Sinne des Wettbewerbsgesetzes verfälscht werden. Es soll statthaft sein, dass die Kartelle diesbezüglich eine gewisse Ordnung schaffen, z.B. indem sie sich gegen ein Überborden von Zugaben aller Art zur Wehr setzen oder indem sie eine kostengerechtePreiskalkulation (nicht aber einen festen Preis) verlangen.

Verfälschungen können auch.Sachverhalte darstellen, welche die Preisbildungskommission als «unechten Wettbewerb» qualifiziert hat.

, Mit dem Wort «unverfälscht» wird deutlich gemacht, dass es nur darum gehen darf, den Wettbewerb in echter Ausprägung zu gewährleisten, nicht etwa darum, ihn einzuengen und überhöhte Preise durchzusetzen. Hier wie bei den ändern Beispielen sind nicht die Auffassungen der Kartelle inassgebend. Vielmehr hat der Eiehter in objektiver Betrachtung über die Ausnähmen zu entscheiden.'Kaufmännische Usanzen sind für ihn gleichfalls nicht bindend, auch wenn sie ihm : nützliche Aufschlüsse über die in der Branche ' herrschenden Ansichten vermitteln.

'· ' : 3. Ein Anliegen der Kartelle besteht darin, dass die Kleinen der Marktstrategie des Grossen vereint ihre,eigene entgegensetzen dürfen («Verbunden werden auch die Schwachen mächtig»). Wirtschaftliche Macht darf geltend gemacht und im Konkurrenzkampf eingesetzt werden, wird aber bedenklich,, wenn sie die Voraussetzungen,des echten Wettbewerbes aufhebt. Dadurch würde im Sinne von Absatz 2,,Buchstabe a der Wettbewerb verfälscht, so,dass eine Gegenmassnahme unter diesem Titel zulässig sein könnte.,Es wäre z.B. denkbar, daiss in- oder ausländische Grossunternehmungen versuchen würden,
durch gezielten Machteinsatz, der sich nicht bloss gegen einzelne Konkurrenten (vgl.

Art.4, Abs.l), sondern gegen eine ganze Branche richtet, den Markt zu erobern.

Je nach den Umständen wäre hier eine Verfälschung des Wettbewerbes anzunehmen. ' · . · , , "' , Buchstabe b (Berufliche Voraussetzungen)

:

Die Wettbewerbssituation kann auch durch Konkurrenten ohne genügende berufliche Fähigkeiten gestört werden. Auf die Dauer wird, sich zwar der fähigere Unternehmer behaupten, aber man wird beispielsweise Gewerbetreibenden nicht verargen,1 wenn sie .sich zu einem .Kartell zusammenschliessen, ,um mögliche Verluste aus dem Kampf mit unqualifizierten Kpnkurrenten, zu vermeiden.

Bundesblatt. 113. Jahrg. Bd. II.

41

586 Andere Staaten schreiben für gewerbliche Berufe einen Fähigkeitsausweis vor, so auch Deutschland, wodurch ein gewisser Ausgleich zum Verbot oder zur scharfen Beschränkung der Kartelle geschaffen wird. Nachdem in der Schweiz der staatlich vorgeschriebene Fähigkeitsausweis abgelehnt wird, sollte es anderseits den Privaten nicht verwehrt werden, im Wege der Selbsthilfe für ausreichende berufliche Fähigkeiten zu sorgen, wenn dies sachlich gerechtfertigt ist.

Buchstabe b führt deshalb die Verwirklichung angemessener fachlicher und beruflicher Voraussetzungen an. Als fachliche Voraussetzung,ist auch ein in der betreffenden Branche notwendiger Kundendienst zu betrachten. Die Anforderungen sind nur dann angemessen, wenn sie nicht weiter gehen als für den betreffenden Beruf nach einem objektiven Maßstab nötig ist. Nicht immer wird ein bestimmter Ausweis gefordert werden dürfen. Ein Finanzausweis fällt ausser Betracht, ebenso andere Massnahmen, die, auf eine Erschwerung des Zugangs zum Beruf abzielen.

Buchstabe c (Struktur eines Wirtschaftszweiges oder Berufes) Es erscheint nicht unbedenklich, die Struktur eines Wirtschaftszweiges oder Berufes durch Wettbewerbsbehinderung sichern zu lassen. Wirtschaftliche und technische Faktoren führen zu einer ständigen Wandlung der Struktur, unter anderem das, Erfordernis, die Produktivität zu steigern. So ist in gewissen Branchen eine Entwicklung zu grösseren Unternehmungen kaum zu vermeiden.

Auch staatspolitisch betrachtet ist nicht jede bestehende Struktur erhaltenswert. Der Strukturwandel darf deshalb nicht generell durch künstliche Massnahmen aufgehalten werden. Indessen kann er mitunter Ergebnisse zeitigen, die vom Standpunkt, des Gesamtinteresses aus nicht erfreulich sind, wie z.B.

eine Machtzusammenballung bei einigen wenigen Unternehmungen. Ferner sind allzu rasche und unvermittelte Änderungen im Gefüge der Wirtschaft auch unter sozialen Aspekten unerwünscht. Übergangsmassnahmen können unter solchen Urnständen angezeigt sein. Allenfalls verlangt die Anpassung an neue Verhältnisse, dass die bisherige Struktur verbessert wird.

Der Entwurf lässt Vorkehren zur Sicherung einer Struktur nur zu, sofern diese im Gesamtinteresse erwünscht ist. Nicht die Erhaltung der einmal bestehenden Unternehmungen und der Schutz einer bestimmten Ertragslage soll angestrebt
werden dürfen, wohl aber die Erfüllung einer staatspolitisch wichtigen Aufgabe, eine wünschbare Grössengliederung oder regionale Dezentralisierung der Unternehmungen einer Branche, oder auch die Abwehr gegen mächtige ausländische Unternehmungen. Selbst unter diesen Einschränkungen wird die Bestimmung mit der gebührenden Vorsicht gehandhabt werden müssen.

Das Bundesgericht führt in seinem letzten Urteil aus, der Boykott sei nicht gerechtfertigt, wenn ein Unternehmer infolge angemessener Organisation seines Betriebes die Kosten und Preise herabsetzen könne, «mag auch sein Vorgehen den hergebrachten Aufbau eines Wirtschaftszweiges erschüttern»; der Boykott dürfe nicht «einer unzweckmässig aufgezogenen Wirtschaft zu Hilfe kommen» (BGE 86, II, 379 f.). Diese Darlegungen sind im Hinblick auf das Strukturbei-

587 spiel von Interesse. Wir teilen die Auffassung, dass1 der Boykott nicht dazu, dienen darf, eine unzweckmässige Branchenordnung zu schützen. Die Strukturwahrung ist nur dann gemäss Buchstabe c im Gesamtinteresse erwünscht, wenn sie zu einem wirtschaftlich sinnvollen Ergebnis führt.

· ' · , Buchstabe d (Exportkartelle)

:

'

,,

Es erscheint unter Umständen gefechtfertigt, dass ein schweizerisches Kartell Aussenseiter veranlagst, auf ausländischen Märkten die Kartellbestimmungen einzuhalten. Wirtschaftspolitisch besteht gegen eine Ausnahme kein Bedenken. Immerhin sei daran erinnert, dass gegenteilige staatsvertragliche Bindungen (wie insbesondere Art. 15 der EFTA-Konvention) dem Landesrecht nach herkömmlicher Praxis vorgehen. Die im Gesetz vorgesehene Erleichterung könnte somit einem klagenden EFTA-Partner nicht entgegengehalten werden.

Absatz 3 (Fernhaltung neuer Wettbewerber) Das Bundesgericht hat mit einer Ausnahme den Verdrängungsboykott, der einzig darauf ausgeht; neue Konkurrenz: fernzuhalten, stets als unzulässig erklärt (BGE 32, II, 360 ff., 37, II, 417 ff., 61, II, 250 ff., 348 ff., 76, II, 281 ff., 81, II, 117 ff., 82, II, 292 ff.). Die Ausnahme betraf die Eröffnung eines Lichtspieltheaters (nicht veröffentlichter Entscheid vom 6. November 1959) und stand wohl im Zusammenhang mit den geltend gemachten Besonderheiten der Filmbranche.

Es ist gegeben, dass auch das Kartellgesetz solche Bestrebungen als unstatthaft erklärt. Indessen soll nicht jeder Boykott, der die Zulassung zu einem Beruf beschränkt, zum vorneherein unstatthaft sein. In Absatz 3 wird nur der Fall visiert, dass das Interesse des Kartells ausschliesslich auf die Fernhaltung gerichtet, ist. Dies trifft nicht zu, wenn die Vorkehr mit Gründen im Sinne von Absatz 2, z.B. mit angemessenen fachlichen und beruflichen Anforderungen, gerechtfertigt werden kann, oder wenn andere schützenswerte Interessen für eine Nichtzulassung sprechen, wie etwa die im Gesamtinteresse liegende Eationalisierung einer Branche. Dagegen stellt die zählenmässige Beschränkung der Unternehmer, erfolge sie durch numerus clausus oder Bedürfnisklausel, !

für sich allein kein schützenswertes Interesse dar. ; Der Kichter wird, wie nach der bisherigen Praxis, auf Klage hin zu prüfen haben, ob das Interesse an der Nichtzulassung schätzenswert ist oder, weil unter Absatz 3'fallend, keinen Schutz verdient. Dabei wird er darauf abstellen, welche Gründe im konkreten Fall tatsächlich ausschlaggebend waren. i Artikel 6: Ansprüche Absatz' l (Umschreibung der Ansprüche) Die Ansprüche des Klägers auS! unzulässiger Wettbewerbsbehinderung sind entsprechend Artikel 2 des Bundesgesetzes über den unlauteren; Wettbewerb

588

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geregelt. Es ist gegeben, dass auf die Bestimmungen eines verwandten Spezialgesetzes abgestellt wird.

Absatz 2 (Durchsetzung) Der Kläger vermag den Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch nicht durchzusetzen, wenn die Kartellmitglieder kraft Abrede verpflichtet sind, ihn zu diskriminieren. Deshalb soll der Richter anordnen können, dass dem Kläger gegenüber Kartellverpflichtungen unverbindlich sind. Wenn nötig soll der Eichter, selbstverständlich nur auf Begehren des Klägers, auch die Beteiligung am Kartell oder die Aufnahme in den Verband anordnen dürfen. :Für diese Regelung finden sich Ansatzpunkte in neueren Urteilen des Bundesgerichtes, die, aber noch nicht zu einer feststehenden Praxis geführt haben (BGE 76, II, 294 ff., 82, II, 306 f., 86, II, 368 ff.).

.

, Absatz 3 (Veröffentlichung des Urteils) In Anlehnung an Artikel 6 des Bundesgesetzes über den unlauteren Wettbewerb soll der.Eichter die obsiegende Partei zur Veröffentlichung des Urteils ermächtigen können. Die Veröffentlichung ist nur statthaft, wenn, das,Interesse des Klägers sie erfordert.

Artikel?: Gerichtsstand.

Absatz l (Einzige kantonale Instanz) Es ist angezeigt, für Klagen wegen Wettbewerbsbehinderung eine einzige kantonale Instanz vorzuschreiben. Damit wird für diese meist nicht einfachen Streitigkeiten der Prozessweg abgekürzt und eine sachgemässe Beurteilung gewährleistet. Eine Bestimmung dieser Art enthält auch Artikel 76, Absatz l des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1954 betreffend die Erfindungßpatente. Die Prozessökonomie gebietet, dass die einzige Instanz auch andere Ansprüche beurteilt, die gleichzeitig mit dem Anspruch aus unzulässiger Wettbewerbsbehinderung .geltend gemacht werden.

Die Entscheide der einzigen kantonalen Instanz können, sofern der Streitwert mindestens 8000 Franken beträgt, im Wege der Berufung an das Bundes-, gericht weitergezogen werden. Mit der Berufung kann allerdings nur geltend gemacht werden, der Entscheid beruhe auf einer Verletzung von Bundesrecht.

Dagegen darf das Bundesgericht die Tatsachen, wie sie von den kantonalen Gerichten festgestellt werden, nicht überprüfen; in der rechtlichen. Würdigung der Tatsachen ist es jedoch frei (Art. 43,63 und 64 des Bundesgesetzesi vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege). In Boykottsachen wird der Entscheid oft wesentlich von
den wirtschaftlichen Verhiältnissen abhängen, die unter Umständen das Bundesgericht ohne eine Neuüberprüfung des Sachverhaltes nicht richtig würdigen kann. Diesfalls muss es die Sa«he zu neuer Entscheidung an das kantonale Gericht zurückweisen (Vgl. BGE 86, II, 879).

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5 8 9

In der Expertenkommission wurde geltend gemacht, es wäre einfacher und z^veckmässiger, dass das .Bundesgericht die, tatsächlichen Feststellungen hinsichtlich, der wirtschaftlichen Verhältnisse selber überprüfe. In aller Eegel werde es: sich nur darum handeln, «in ergänzendes : Gutachten der Kartellkommission oder anderer Sachverständiger einzuholen. Es wurde auf Artikel 67 des Organisationsgesetzes (in der Fassung gemäss Art. 117 des Patentgesetzes) hingewiesen, der in Streitigkeiten über Erfindungspatente die Überprüfung der technischen Verhältnisse gestattet. Das Bundesgericht lehnt eine Regelung dieser Art im Kartellgesetz mit Entscheidenheit ab. Die Berufung sei keine Appellation, sondern solle einzig die einheitliche Auslegung des Bundesrechts gewährleisten.

Die gemäss Artikel 114 der Bundesverfassung gegebene Eechtsnatur der Berufung gestatte höchstens in Ausnahmefällen, für die sich eine absolut triftige Begründung geben lasse, in die den Kantonen vorbehaltene Feststellung des Sachverhaltes einzugreifen. Abgesehen davon, dass sich die durch das neue Patentgesetz eingeführte Ordnung nicht bewährt habe, bestehe nach den bisherigen Erfahrungen mit Boykottprozessen beim' Kartellgesetz zweifellos keine praktische Notwendigkeit für eine Sonderbestimmüng. Überdies könnte eine Taibestandsüberprüfung dazu führen, dass der Prozess über Gebühr andauern würde. In Würdigung der Stellungnahme des Bundesgerichtes haben wir darauf verzichtet, eine Bestimmung über die Prüfung, des Sachverhaltes im Berufungsverfahren aufzunehmen.

r Absatz 2 (Örtliche Zuständigkeit) Buchstabe.:«. Soweit Klagen aus Wettbewerbsbehinderung gegen Organisationen mit juristischer Persönlichkeit gerichtet sind, macht der Gerichtsstand keine ; Schwierigkeiten. Hingegen könnte d,er Kläger gezwungen sein, den: Anspruch bei mehreren Gerichten einzuklagen, wenn das Kartell eine einfache Gesellschaft bildet oder wenn mehrere untereinander nicht verbundene Personen beim Boykott mitwirken. Die Zivilklage würde dadurch in unerwünschter Weise erschwert, weshalb Artikel 7, Absatz 2 für die Klage gegen alle Mitwirkenden einen .einheitlichen Gerichtsstand gewährleistet.

,· , In der Expertenkommission wurde auch erwogen, ob nicht neben dem Gerichtsstand am Wohnsitz des Beklagten wahlweise der Gerichtsstand am Begehungsort, vorgesehen werden
solle. Vorbilder hiefür finden sich unter anderem in Artikel 75, Absatz l des Patentgesetzes und Artikel 84 des Bundesgesetzes vom 19.Dezember 1958 über .den Strassenverkehr (Gerichtsstand am Unfallort).

Die Meinung überwog jedoch, es bestehe,kein hinlänglicher Grund, von der Garantie: des, Wohnsitzgerichtsstandes gemäss Artikel 59 der Bundesverfassung abzuweichen.

, ,; Buchstabe l. Eine Ausnahme vom Wohnsitzgerichtsstand drängt sich auf, wenn der Beklagte in der Schweiz keinen Wohnsitz hat. Für diesen Fall sieht der Entwurf den Gerichtsstand am Begehungsort vor.

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590 Artikel 8 : Wahrung von Geschäftsgeheimnissen In Streitigkeiten wegen unzulässiger Wettbewerbsbehinderung sollen die Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse der Parteien gewahrt werden. Eine besondere Bestimmung nach dem Vorbild von Artikel 68 des Patentgesetzes erwies sich als nötig, weil die kantonalen Prozessgesetze mehrheitlich keine Vorschriften dieser Art enthalten.

Artikel 9 : Vorsorgliche Massnahmen Die vorsorgliche Massnahme ist ein zivilprozessuales Mittel, durch welches private Ansprüche provisorisch sichergestellt werden sollen. Da oft längere Zeit verstreicht, bevor ein Urteil im ordentlichen Prozess ergeht, trifft der Eichter auf Begehren einer Partei in einem summarischen Verfahren die notwendigen einstweiligen Anordnungen., Im Falle einer Wettbewerbsbehinderung ist die Gefahr besonders gross, dass der Kläger in der Zeit bis zum Urteil einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil erleidet. Es ist daher angezeigt, wie im Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb (Art. 9 bis 12) und im Patentgesetz (Art. 77 bis 80) einheitliche bundesrechtliche Vorschriften aufzustellen. Zu diesem Zwecke erklärt der Entwurf die Eegelung des Wettbewerbsgesetzes sinngemäss anwendbar.

2. Verpflichtungen der Kartellmitglieder Während die Artikel 4 bis 9 von der Behinderung des Aussenseiters handeln, betreffen die Artikel 10 bis 15 das interne Kartellverhältnis. Da die Beziehungen der Mitglieder unter sich und zum Kartell bereits durch das allgemeine Zivilrecht normiert sind, namentlich durch das Gesellschaftsrecht, kann sich das Kartellgesetz auf einige wettbewerbspolitisch besonders wichtige Bestimmungen beschränken.

Artikel 10: Form der Kartellverpflichtung Absatz l (Grundsatz) Das Erfordernis der Schriftlichkeit soll die Beteiligten zu grösserer Umsicht bei der Begründung von Kartellpflichten veranlassen. Die Schriftform bildet lediglich ein zivilrechtliches Gültigkeitserf ordernis und verbietet den Beteiligten nicht, eine formlos getroffene und daher nicht klagbare Abmachung (gentlemen's agreement) einzuhalten. Die Schriftlichkeit gilt sowohl für Verträge als auch für Beschlüsse. Für die Gültigkeit eines Kartellvertrages (wodurch eine einfache Gesellschaft begründet wird) bedarf es stets der Unterzeichnung durch alle Partner, während bei einem Verbandsbeschluss das unterzeichnete Protokoll genügt.
Absatz 2 (Beitritt zum Kartell) Eine besondere Bestimmung ist für den Beitritt zum Kartell notwendig.

Wer einem Kartell beitritt, soll an die im Zeitpunkt des Beitrittes bestehenden

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591

Verpflichtungen nur soweit gebunden sein, als er sie schriftlich anerkennt. Die Kompetenz der Verbandsorgane, zum Erlass, künftiger Kartellbestimmungen bleibt davon unberührt. Es geht einzig darum, dass der Unternehmer im Augenblick des Beitrittes im klaren darüber ist, welche Verpflichtungen er auf sich nim'mt.

Absatz 3 (Preisbindungen zweiter Hand) Für Preisbindungen zweiter Hand, soweit sie nach Artikel 2, Absatz 2 unter das Gesetz fallen, solldie Schriftlichkeit nicht verlangt werden. Sie würde eine unzumutbare Erschwerung für alle jene Fälle darstellen, in denen heute1 die Bindung durch Preisaufdruck auf den Warenpackungen und die stillschweigende Annahme durch den Abnehmer begründet wird.

, Artikel 11 : Befreiung von der Kartellverpflichtung: Allgemeine Bemerkungen , ..

, 1. Der Austritt aus dem Kartell sollte nicht übermässig erschwert werden, weil sonst der Wettbewerb der Erstarrung anheimzufallen droht und die persönliche Freiheit der Kartellmitglieder eingeengt wird. Anderseits haben die Kartelle zum Teil ein legitimes Bedürfnis, den Austritt nicht schon nach kurzer Mitgliedschaft zuzulassen, weil sie sonst ihre Aufgabe nicht richtig, erfüllen können. Das trifft insbesondere für Syndikate zu, die Produktion und Absatz durch Kontingentierung ordnen und möglicherweise wertvolle Eationalisierungsmassnahmen treffen; sie sind nur bei einer gewissen Konstanz der Mitgliedschaft funktionsfähig. Heute ist der Austritt vielfach dadurch gehemmt, dass er den Boykott des Austretenden nach sich ziehen würde. Auch unter diesem Gesichtspunkt'erweist sich die grundsätzliche Unzulänglichkeit der Wettbewerbsbehinderung als erwünscht.

Schon auf Grund des, geltenden Eechtes bestehen Kündigungs-. und Austrittsmöglichkeiten. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der, Beendigung der Kartellbin düng aus wichtigem Grund und der Beendigung ohne Nachweis eines wichtigen Grundes unter Beobachtung einer bestimmten Frist.

Aus1 wichtigem Grund sind Kündigung oder Austritt jederzeit bei allen für Kartelle in Betracht fallenden Bechtsformen möglich, bei der einfachen Gesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung auf Klage, beim, Bichter (Obligationenrecht Art. 545, 822), beim Verein (nach der Gerichtspraxis) und der Genossenschaft (Obligationenrecht Art. 843) durch einseitige Erklärung. Für die Doppelgesellschaft
(in der Eegel Verbindung von einfacher Gesellschaft und Aktiengesellschaft) dürfte das Eecht der einfachen Gesellschaft massgebend sein.

Ohne Nachweis eines besonderen Grundes, das heisst voraussetzungslos, sind Austritt oder Kündigung von Gesetzes wegen gewährleistet beim Verein auf Ende:des .Jahres (Zivilgesetzbuch Art.70), ebenfalls bei der einfachen Gesellschaft, soweit sie auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist (Obligationenrecht

592 Art. 546), und bei der Genossenschaft nach einer. Frist von fünf Jahren (Obligationenrecht Art. 843). Keine zwingende Vorschrift kennt das Eecht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

2. Für die Befreiung von einer Kartellbindung fallen drei Möglichkeiten in Betracht : - die voraussetzungslose Kündigung nach Ablauf einer bestimmten Frist; - die Kündigung aus wichtigem Grund; - die Klage beim Richter auf Befreiung aus wichtigem Grund.

Jede dieser Lösungen hat Vor- und Nachteile, die nicht leicht gegeneinander abzuwägen sind. Am radikalsten wäre die voraussetzungslose Kündigung, die den Vorteil rascher Wirkung für sich hätte und klare Verhältnisse schaffen würde. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass.ein grosser Teil der Horizontalkartelle als Vereine organisiert ist und somit den Austritt von Gesetzes wegen auf Jahresende kennt. Soweit aber nicht bereits das geltende Eecht die kurzfristige Kündigung vorsieht, müsste sie mit der Möglichkeit einer richterlichen Ausnahmebewilligung für abweichende statutarische Bestimmungen verbunden werden, die für eine Eeihe von Kartellen unerlässlich wären. Damit würde der Eichter über die Dauer eines Kartelles .entscheiden, was nicht erwünscht wäre.

.

Dass aus wichtigem Grund einseitig gekündigt werden kann, würde bei der einfachen Gesellschaft und1 der Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Erleichterung gegenüber dem geltenden Eecht, das die Befreiungsklage vorsieht, darstellen. Eine Minderheit der Expertenkommission befürwortete diese Lösung und schlug folgende Fassung von Artikel 11 vor: «! "Wer eine Kartellverpflichtung eingegangen ist, kann von Gesetzes wegen mit sofortiger Wirkung die Verpflichtung kündigen oder aus dem Verband austreten, sofern seine Stellung erheblich verschlechtert wird oder sonst ein wichtiger Grund eintritt, der die Kartellverpflichtung nach Treu und Glauben unzumutbar macht.

2 Teilweise Befreiung oder Befreiung ohne Austritt aus dem Verband sind nur zulässig, wenn dies dem Kartell billigerweise zugemutet werden kann. »

In einer Eeihe von Vernehmlassungen wird dieser Vorschlag unterstützt.

Zum Teil wird sogar beantragt, die voraussetzungslose Kündigung zuzulassen.

Anderseits ward von Unternehmerseite geltend gemacht, es bestünde das Eisiko leichtfertigen Austrittes, und das Kartell würde veranlasst, seinerseits beim Eichter die Ungültigkeit des Austrittes feststellen zu lassen, sofern die Mitgliedschaft für seinen Bestand von erheblicher Bedeutung wäre. Das gilt freilich heute schon für die Genossenschaft, die ebensosehr wie die einfache Gesellschaft oder die Gesellschaft mit beschränkter Haftung auf die Konstanz der Mitgliedschaft angewiesen sein kann. Unter Umständen würde aber trotz einseitiger Kündigung die Klägerrolle dem Mitglied zufallen, z.B. wenn es eine Kaution hinterlegt hat und beim Austritt aus wichtigem Grund genötigt ist, auf deren Herausgabe zu klagen.

Der Entwurf sieht in Artikel 11 die Befreiungsklage vor, eine Lösung, die den heutigen Eechtszustand für die auf bestimmte Zeit verabredete einfache

593 Gesellschaft und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestätigt. Der Fortschritt liegt in einer gewissen Präzisiemng des Befreiungsanspruches, ferner in dem Grundsatz, dass das richterliche Urteil in der Eegel rückwirkende Kraft hat.

Die Befreiungsklage bietet dem Kartell erhöhte Rechtssicherheit und hält das Mitglied davon ab,, leichthin das Vorhandensein eines wichtigen Grundes zu behaupten. Die Erschwerung, die sie im Vergleich zur einseitigen Kündigung für das Mitglied darstellt, kann durch vorsorgliche Massnahme gemildert werden, indem der Eichter die vorläufige Befreiung von der strittigen Kartellbildung anordnen kann (Art. 15). Die Klage muss gegen das Kartell an dessen Sitz angestrengt werden, während ini Fall der einseitigen Kündigung das Kartell die negative Feststellungsklage am Wohnort des Mitgliedes zu erheben hätte.

Absatz l (Grundsatz) Die richterliche Befreiung setzt einen wichtigen Grund voraus, wofür der Entwurf als Hauptfall eine erhebliche Verschlechterung der Stellung des Mitgliedes nennt. So kann die Verschlechterung der Wettbewerbsstellung auf Grund einer veränderten Marktlage einen wichtigen Grund bilden, doch genügt hiefür nicht jede Veränderung am Markte. Im Interesse des Klägers wird bestimmt ', dass das Urteil auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurückwirkt, sofern der Eichter nicht ausnahmsweise etwas anderes anordnet,.

, Absätze 2 und 3 (Teilbefreiung)

,

,

Die Klage kann auf eine bloss teilweise Befreiung oder auf die Befreiung von der Kartellverpflichtung unter Aufrechterhaltung der Verbanclsmitgliedschaft beschränkt werden (Abs. 2 und 3). Die Teilbefreiung entspricht dem Grundsatz von Artikel 20, Absatz 2 des Obligatiohenrechts («Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre»). . · ' ', , , , Absatz 4 (Günstigere Bestimmungen) : ,, ' : Artikel 11 darf für den Verein, die Genossenschaft und die auf unbestimmte Zeit verabredete einfache Gesellschaft nicht zwingend gelten, um den Bechtszustand für den Austrittswilligen gegenüber dem geltenden Eecht nicht zu verschlechtern. Absatz 4 behält daher für den Verpflichteten günstigere Bestimmungen vor.

, ' Artikel 12: Unzulässige Erschwerung des Austrittes Absatz l (Ablösungssumme)

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Absatz l 'erklärt - anders als das Genossenschaftsrecht (Obligationenrecht Arti842) - Auslösungssummen als unzulässig. Sie hemmen'den Austritt aus Kartellen,und sollen daher nicht statthaft sein, sofern der Verband vorwiegend Kartellzwecke verfolgt. ' , :

594 Absatz 2 (Übermässige Austrittserschwerung) Absatz 2 übernimmt den Grundsatz des Genossenschaftsrechtes (Art. 842, Abs.3 des Obligationenrechts), dass der Austritt nicht übermässig erschwert werden darf. Dieser allgemeine Grundsatz ermöglicht es dem Eichter, im Streitfall die den Umständen angemessene Entscheidung zu treffen. Das Verbot der übermässigen Erschwerung des Austrittes verfolgt wie die Befreiungsklage gemäss Artikel 11 das Ziel, den Kartellzwang zu lockern. Seine praktische Bedeutung steht hinter jener der Befreiungsklage kaum zurück.

Als Mittel der Erschwerung erwähnt der Entwurf im Sinne von Beispielen die Regelung der Vermögensrechte des Ausscheidenden oder der Kündigungsoder Austrittsfrist. Oftmals bestimmen die Statuten, dass der Austretende keinen Anspruch auf das Verbandsvermögen habe. Solche Bestimmungen müssen grundsätzlich zulässig bleiben. Aber es gibt Fälle, in denen sie zufolge des Ausmasses des Vermögensverlustes den Austritt praktisch verunmöglichen, so wenn das Mitglied sehr hohe Summen an die Verbandskasse geleistet hat (Eintrittsgeld, Anteilscheine usw.).

Die Austrittsfrist kann bei der Genossenschaft auf fünf Jahre erstreckt werden (Obligationenrecht Art. 843), und die Dauer der einfachen Gesellschaft kann noch länger angesetzt sein. Für die Gesellschaft mit beschränkter Häftling besteht von Gesetzes wegen überhaupt keine Austrittsfrist. Der Austritt aus dem Kartell soll aber nicht für beliebige Zeit ausgeschlossen werden dürfen.

Auch in diesem Punkte wird es Aufgabe des Eichters sein, eine. sachgemässe Lösung zu finden. Für die Genossenschaften stellt weiterhin die Fünf Jahresfrist die obere Grenze dar, die aber in Anwendung von Artikel 12 außh unterschritten werden könnte.

Artikel 13: Massregelung Absatz l (Grundsatz) Die Artikel 4 und 5 des Entwurfes betreffen die Wettbewerbsbehinderung gegenüber Aussenseitern. Die Behinderung kann sich aber auch gegen Kartellmitglieder richten und die Durchsetzung von Kartellverpflichtungen bezwecken.

Der Entwurf bezeichnet diese Behinderung als Massregelung. Sie ist eines der Mittel des internen Kartellzwanges, unter denen die Konventionalstrafe an erster Stelle steht. Über die Konventionalstrafe enthalten die Artikel 160 bis 163 des Obligationenrechts nähere Vorschriften, so auch die Bestimmung, dass der Eichter übermässig
hohe Konventionalstrafen nach seinem Ermessen herabsetzt (Obligationenrecht Art.168, Abs.3).

Da sich die Massregelung gegen die Verletzung einer zum voraus eingegangenen Verpflichtung wendet, ist sie anders zu beurteilen als die Sperre eines Aussenseiters, der durch sein Verhalten keine Eechtspflicht verletzt. Artikel 13 lässt daher die Massregelung grundsätzlich zu, sofern damit bestehende Kartellverpflichtungen durchgesetzt werden- sollen. Die Bestimmung gilt auch für

,595 Preisbindungen zweiter Hand, soweit sie,nach der Definition in Artikel 2, Absatz 2 den Kartellverpfüchtungen gleichgestellt :sind. Wesentlich ist, dass die Preisbindung von einem Kartell -- oder einer ähnlichen Organisation - durchgesetzt wird, gleichgültig, ob sie dem Kartell selbst oder dem einzelnen Mitglied gegenüber eingegangen worden ist. Näheres über die Durchsetzung der Preisbindungen zweiter Hand, wird zu Absatz 3 ausgeführt.

Des nähern wird bestimmt, dass die Massregelung nur zulässig ist, wenn die materiellen Verpflichtungen, (z.B. Preise, Konditionen), welche: durchgesetzt werden sollen, angemessen sind. So soll es nicht : statthaft sein, die Einhaltung übersetzter Preise zu erzwingen. Ferner dürfen die Vorkehren den Betroffenen im Verhältnis zum angestrebten Ziel sowie nach Art und Durchführung nicht übermässig beeinträchtigen ; im Unterschied zu Artikel 4 und 5 geht es nicht um den Schutz der Wettbewerbsfreiheit, sondern um das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen.

, , . ' Absatz 2 (Ansprüche) Ist die Massregelung unzulässig, so sollen dem Betroffenen .dieselben Ansprüche zustehen wie einem widerrechtlich boykottierten Aussenseiter (vgl.

Art. 6).

' ' Absatz 3 (ünterziehung unter die Vorkehren) 1. Die grundsätzliche Zulässigkeit der Massregelung erscheint nach dem Gesagten nur gerechtfertigt, weil der Betroffene eine Verpflichtung eingegangen ist. Die Verpflichtung muss aber die Sanktion einschliessen, d.h. der Betroffene muss sich für den Fall, dass er seine materiellen Pflichten verletzt, der Vorkehr zum voraus unterzogen haben. Auch eine Konventionalstrafe ist, wie schon der Name besagt, nur geschuldet, wenn sie vereinbart oder für das Mitglied durch Verbandsbeschluss begründet worden ist. Hat sich der Betroffene nicht zum voraus unterzogen, so sind, auf die Massregelung die .strengeren Bestimmungen der Artikel 4 und 5 ,über den Aussenseiterboykott, anwendbar. Die Unterziehung kann auch stillschweigend, erfolgen, indem z.B. der Abnehmer von Waren den gedruckten Lieferungsbedingungen, die eine Sperre bei Nichteinhaltung der Preisbindungen vorsehen, nicht widerspricht. Es sei daran erinnert, dass die Preisbindung meist formlös zustandekommt (vgl. Art. 10, Abs.3).

2. Näherer Erläuterung bedarf die Eechtslage bezüglich der Preisbindungen zweiter Hand. Die Markenartikel-Industrie
und weite Kreise des Handels legen grosses Gewicht darauf, dass die Preisbindungen lückenlos durchgesetzt werden können. Soweit sich ein Abnehmer ausdrücklich oder stillschweigend auf einen bestimmten Wiederverkaufspreis verpflichtet und der Massrege.lung für den Fall der Nichteinhaltung unterzogen hat, ist dieses Postulat erfüllt; das Kartell kann eine Liefersperre über, ihn verhängen.

, , Dagegen erfasst Artikel 13 jene Fälle nicht, in denen ein Abnehmer die Preisbindung auflöst oder zum vorneherein als Aussenseiter auftritt. Will er

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,

den Wiederverkaufspreis nicht einhalten, so ist es freilich kraft Vertragsfreiheit dem einzelnen Fabrikanten oder Grossisten unbenommen, die Lieferung abzulehnen. Diese Weigerung stellt keine Wettbewerbsbehinderung dar, sofern sie nicht von einer ähnlichen Organisation ausgeht. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn sämtliche Fabrikanten oder Grossisten sich unabhängig voneinander weigern würden, an einen die Wiederverkaufspreise nicht einhaltenden Abnehmer zu liefern.

i Beruht aber die Weigerung, einen auf die Preisbindung nicht verpflichteten Abnehmer zu beliefern, auf einer Kartellabrede, so liegt ein Ausseiiseiterboykott vor, der nach Artikel 4 grundsätzlich unzulässig ist. Durch die organisierte Meidung soll der Aussenseiter veranlasst werden, sich der Preisbindung zu unterziehen. Es wurde die Befürchtung geäussert, die grundsätzliche Unzulässigkeit solcher Sperren würde es einigen Aussenseitern ermöglichen, das gesamte Preisbindungssystem zu sprengen, weil sich die übrigen Abnehmer angesichts der Preisunterbietung durch die Aussenseiter ebenfalls von der Preisbindung befreien wollten. Damit werde die Markenartikel-Produktion, die für eine hohe und gleichbleibende Qualität bürge, aufs Spiel gesetzt.

Zweifellos würde die Eegelung gemäss Entwurf nicht mehr gestatten, den Aussenseiter wegen Nichteinhaltung der Wiederverkaufspreise zu boykottieren, es wäre denn unter den Voraussetzungen von Artikel 5. Aber die Wirksamkeit der Preisbindung der zweiten Hand beruht nicht allein auf der Boykottandrohung, sondern ebensosehr auf dem Interesse der Grosszahl der Handelsgeschäfte und teils auf einer tatsächlich geübten Solidarität der Fabrikanten, die nicht leichthin einen scharfen Preiskampf aufkommen lassen. Gegen diese faktische Sicherung der Preisbindungen ist nichts einzuwenden. Soll aber eine unerwünschte Verfestigung oder gar Erstarrung des Preisgefüges vermieden werden, so darf nicht die Eechtsordnung die lückenlose Durchsetzung gewährleisten, sofern nicht besondere Umstände eine Ausnahme gemäss Artikel 5 rechtfertigen. Im übrigen steht auch den kartellierten Lieferanten der Nachweis offen, dass die Belieferung eines bestimmten Abnehmers aus kommerziellen Gründen und nicht im Hinblick auf die Kartellverpflichtung abgelehnt worden sei, weshalb nicht von einer Wettbewerbsbehinderung gesprochen
werden könne.

Artikel 14: Schiedsgerichtsbarkeit Allgemeine Bemerkungen 1. Die Schiedsgerichtsbarkeit, die in allen kantonalen Prozessordnungen zur Erledigung von Streitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Eechtsweges zugelassen wird, ist für Kartellsachen sehr verbreitet. Soweit sie zweckmässig organisiert ist, hat sie namentlich den Vorteil rascher Beilegung von Streitigkeiten für sich.

· Nach fast allen kantonalen Prozessordnungen ist der Weiterzug von Schiedsgerichtsurteilen an den staatlichen Eichter im Wege des ordentlichen Eechtsmittels ausgeschlossen; es sind lediglich ausserordentliche Eechtsmittel gegeben:

597

;

Diese Ordnung hat zur Folge, dass für Kartellsächen eine staatliche Kontrolle der Rechtsanwendung entfällt und die Praxis der Schiedsgerichte nicht oder nur sehr beschränkt der Allgemeinheit zur Kenntnis gelangt. Das Fehlen .der Publizität bildet einen schwerwiegenden Mangel, auch wenn gegen .ein Urteil sachlich nichts einzuwenden;ist. Ferner besteht ^um Unterschied.von der Praxis staatlicher Gerichte, die sich nach den Präjudizien oberer Instanzen ausrichtet, keine Gewähr für. eine einheitliche Rechtsprechung der zahlreichen Schiedsgerichte. Auch liegt es in der Natur,der Sache, dass besonders die ständigen Schiedsgerichte, als Spezialgerichte eines ^bestimmten Berufszweiges, bei allem .Bemühen um eine objektive Entscheidung der Gefahr ausgesetzt sind, unter einem ändern Blickwinkel zu urteilen als der staatliche Richter. Freilich treffen'diese Bedenken auch,für andere als Kartellschiedsgerichte zu, doch sind sie hinsichtlich der Kartellrechtsprechung, besonders gewichtig, weil .hier das öffentliche Interesse in hohem Masse berührt wird.: , 2. Angesichts des .Urnstandes, dass die, schiedsgerichtliche Erledigung je nach der Sachlage beiden Parteien durchaus erwünscht, sein kann, erscheint es nicht als angezeigt, die Kartellschiedsgerichte schlechterdings zu untersagen.

Sie können trotz der geäüsserten Bedenken ihre Berechtigung haben. Es geht lediglich darum, gewisse Nachteile auszuschalten.

Die Expertenkommission erwog ursprünglich ein bundesrechtlich gewährleistetes Rechtsmittel gegen Schiedsgerichtsurteile, kam aber wegen der Unzukömmlichkeiten, die mit den Eingriffen ins kantonale Prozessrecht verbunden wären, von dieser Lösung: ab. Sie entschied sich sodann für den Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit : hinsichtlich Streitigkeiten grundsätzlicher Natur (Begründung und Beendigung von Kartellverpflichtungen, Wettbewerbsbehin.defung)-; dagegen sollten andere Streitigkeiten, namentlich über Konventionalstrafen, weiterhin schiedsgerichtlich beurteilt werden können. Gegen diesen:Vorschlag sind verschiedene Bedenken geäussert worden. So würde das Bundesgericht eine Bestimmung vorziehen, wonach die Parteien selber darüber befinden, ob die Streitigkeit vor ein'Schiedsgericht oder vor den staatlichen Richter gebracht werden soll; eine Vorschrift dieser Art enthält § 91 des deutschen Kartellgesetzes.

; Absatz! (Nichtigkeiten .von Schiedsabreden)

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' Der'Entwurf entspricht, der Anregung des Bundesgerichtes:: Die Schiedsabreden sollen jedem Beteiligten das Recht geben, im Einzelfall statt der Entscheidung durch das Schiedsgericht eine Entscheidung ;,durch den ordentlichen Richter zu verlangen. Andernfalls sind sie nichtig. Auf diese Weise :wird der Gefahr begegnet, dass ein Kartellmitglied auf Grund der Schiedsäbrede eine Verpflichtung eingeht, deren Tragweite es für mögliche Streitfälle nicht richtig abzuschätzen vermag. Wird eine Klage beim Schiedsgericht angebracht, und lässt sich der Beklagte nicht auf das Schiedsgericht ein, so muss die Sache an den staatlichen Richter gewiesen werden. Diese Bestimmung hat den Vorteil, dass das Schiedsgericht als Institution nicht in Frage gestellt wirdy und dass kein

598 Eingriff ins Prozessrecht nötig ist. Die Vorschrift ist jedoch beschränkt auf Streitigkeiten von grundsätzlicher Bedeutung, nämlich über die .Entstehung, Gültigkeit und Beendigung von Kartellverpflichtungen oder über Massregelungen gemäss Artikel 13, weil hier das Persönlichkeitsrecht im Vordergrund steht und zum Teil auch allgemeine Interessen zu berücksichtigen sind. Dagegen besteht kein Anlass, Streitigkeiten über Konventionalstrafen, die den überwiegenden Teil der schiedsgerichtlichen Entscheidungen ausmachen, miteinzubeziehen.

Der Aussenseiter ist nicht verpflichtet, sich einem Schiedsgericht zu unterziehen. Würde ein Kartell versuchen, ihn durch Behinderung im Sinne von Artikel 4 der Schiedsgerichtsbarkeit zu unterwerfen (z.B. bezüglich:der Eröffnung eines Betriebes), so wäre damit sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Ausserdem wäre der Schiedsvertrag anfechtbar. Dieser Fall braucht angesichts der klaren Rechtslage nicht ausdrücklich geregelt zu werden.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass neben der Schiedsgerichtsbarkeit weiterhin die statutarische Befugnis der Verbände bestehen bleibt, verbindliche Entscheidungen im Einzelfall zu treffen, wobei vielfach ein Rekursrecht an ein höheres Verbandsorgan eingeräumt wird. Nach der Rechtsprechung kann erst der Entscheid der letzten Instanz gerichtlich überprüft werden; Ermessensfragen unterliegen der gerichtlichen Überprüfung nicht (B GE 85, II, 525 ff.).

' Absatz 2 (Beurteilung von Einreden) Da auch im Prozess über andere Streitigkeiten als solche gemäss Absatz l, z.B. über eine Konventionalstrafe, der Bestand der Kartellverpflichtung streitig werden kann, muss für den Fall, dass eine Partei eine Einrede oder Widerklage dieser Art erhebt, eine Sonderregelung getroffen werden. Das, Schiedsgericht soll zur Beurteilung auch solcher Ansprüche zuständig sein, sofern die Partei, welche die Einrede erhoben hat, nicht binnen dreissig Tagen beim staatlichen Richter Klage führt.

Absatz 3 (Internationale Schiedsgerichte) Schiedsgerichte sind auch in internationalen Kartellen vorgesehen. Es besteht kein Anlass, die Beurteilung durch ein internationales Schiedsgericht dem Kartellgesetz zu unterstellen. Andernfalls wäre möglich, dass schweizerische Unternehmer sich einer Schiedsabrede nicht unterziehen könnten, die für ausländische Beteiligte
verbindlich wäre. Absatz 3 nimmt daher die Beurteilung von Streigigkeiten durch ein internationales Schiedsgericht von der Regelung aus.

Artikel 15 : Weitere prozessrechtliche Bestimmungen Für Streitigkeiten über Massregelungen gemäss Artikel 13 wird derselbe Gerichtsstand vorgesehen wie für jene über die Behinderung von Aussenseitern (Art.7).

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Für die Befreiungsklage geruäss Artikel 11 erübrigt sich eine besondere Gerichtsstandsbestimniun'g. Ist das Kartell als; juristische Person organisiert, so kann die Klage an deren Sitz angebracht werden. Handelt es sich um eine einfache Gesellschaft, so bilden die Gesellschafter eine notwendige Streitgenossen Schaft, gegen welche nach der Praxis der einheitliche Gerichtsstand interkantonal gewährleistet ist (BGE 69, I, 8 f.) ;. die Klage kann gegen die Streitgenossenschaft am Wohnsitz eines "der Genossenschafter angebracht werden.

Wohl aber sollen auöh auf Streitigkeiten über Kartellverpflichtungen die Bestimmungen über die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen und über vorsorgliche Massnahmen anwendbar sein (Art. 8 und 9).

lu. Verwaltungsrechtliche Bestimmungen 1. Bereits die zivilrechtlichen und zivilprozessualen Bestimmungen des Kartellgesetzes dienen mittelbar dem öffentlichen Interesse, indem sie im Sinne des «Möglichen Wettbewerbes» ein genügendes Mass von Wettbewerbsfreiheit anstreben und dadurch schädlichen Auswirkungen begegnen wollen. Sie reichen jedoch zur Wahrung des ' öffentlichen Interesses nicht aus, da keine Gewähr besteht, dass auf diese Weise die volkswirtschaftlich oder sozial schädlichen Auswirkungen in vollem Umfang erfasst werden. Es muss indessen .dafür gesorgt sein, dass schädliche Auswirkungen zuverlässig festgestellt und gegebenenfalls unterbunden werden können, und zwar durch unmittelbaren Einfluss auf die schädigenden Abreden oder Vorkehren., Verwaltungsrechtliche Vorschriften erweisen sich deshalb als notwendig. Sie bezwecken die Information der Behörde und der Öffentlichkeit über die Wettbewerbsbeschränkungen und deren, Auswirkungen sowie die freiwillige Korrektur oder nötigenfalls die Répression schädlicher Auswirkungen.

, , Verwaltungsrechtliche ; Massnahmen sollen auf Fälle beschränkt bleiben, in denen die Interessen der Allgemeinheit gewichtig genug sind, um ein öffentliches Einschreiten zu rechtfertigen. Sie dürfen nicht dazu dienen, den Beteiligten die Anhebung einer Zivilklage zu ersparen. . ;' · 2. Über die Frage, ob im Gesetz überhaupt öffentlich-rechtliche Massnahmen vorgesehen werden sollen, gingen die Meinungen vorerst auseinander. In der Expertenkommission hielten Vertreter von Industrie und Gewerbe ursprünglich dafür, .dass schon mit privatrechtlichen
Bestimmungen allein Missbräuche wirksam bekämpft werden könnten. Verwaltungsrechtliche Massnahmen würden zu einschneidenden Eingriffen und zu Doppelspurigkeiten mit der Zivilklage führen. Diese Bedenken traten in der Folge zurück, da die öffentlichrechtlichen Massnahmen sorgfältig abgegrenzt wurden. Den Ausschlag gab die Aufnahme der verwaltungsrechtlichen Klage an Stelle der von einer Minderheit postulierten Verwaltungsverfügung. In den Vernehmlassungen werden verwaltungsrechtliche Vorschriften meist, begrüsst oder zumindest nicht abgelehnt.

Der Gesetzesentwurf sieht in Artikel 16 eine Kartellkommission vor, die gleich der Preisbildungskömmission allgemeine Erhebungen über Stand und

600

Entwicklung der Kartelle und ähnlichen Organisationen durchführt (Art. 17).

Ferner unterbreitet sie den Behörden Empfehlungen für die Wettbewerbspolitik und erstattet den Gerichten Gutachten über Kartellsachen von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 18). Ihre wichtigste Aufgabe besteht darin, dass sie im Auftrag des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements Spnderuntersuchungen durchführt, durch welche abgeklärt werden soll, ob bestimmte Kartell oder ähnliche Organisationen schädliche Auswirkungen haben (Art. 19). Das Verfahren der Sonderuntersuchung wird in Artikel 20 näher geregelt. Im Anschluss an eine Sonderuntersuchung kann die Kommission den Beteiligten empfehlen, Kartellbestimmungen zu ändern oder aufzuheben oder bestimmte Vorkehren zu unterlassen. Führen diese Mittel nicht zum Ziele, so kann das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement auf Grund einer Sonderuntersuchung unter näher bezeichneten Voraussetzungen verwaltungsrechtliche Klage beim Bundesgericht erheben (Art.21). Dieses Verfahren - Sonderuntersuchung, Empfehlungen der Kommission und anschliessen.de verwaltungsrechtliche Klage - bildet eine grundlegende Neuerung. Die Übersicht zeigt, dass ein mannigfaches Instrumentarium zur Verfügung steht, anderseits aber die zwangsweise Einwirkung auf das Unerlässliche beschränkt bleibt.

3. Ein wichtiges Instrument der Wettbewerbspolitik stellt die Publizität dar. Wirtschaftliche Kreise befürchten allerdings, dass es in unzweckmässiger, wenn nicht missbräuchlicher Weise verwendet werden könnte. Das Gesetz sollte aber für eine geeignete Publizität bezüglich der Kartelle und ähnlichen Organisationen sorgen, um schwerwiegende Massnahmen nach Möglichkeit entbehrlich zu machen. Eines unter mehreren möglichen Mitteln der Publizität ist das Kartellregister. Seine Ziele sind einerseits die Information der Behörden, um ihnen eine präventive oder nachträgliche Kartellkontrolle zu erleichtern, und anderseits die Selbstkorrektur durch die beteiligten Privaten, namentlich zufolge der öffentlichen Kritik (Mässigung der Kartellpolitik oder gar Abnahme der Zahl der Kartelle).

Zur Information der Behörden ist ein Eegister nicht nötig, wenn eine permanente Untersuchungsbehörde wie die Kartellkommission besteht (vgl.

Art. 16 bis 20. des Entwurfes). Die schädlichen Auswirkungen, auf deren Bekämpfung man sich
beschränken will, kommen der Kommisson auf anderem Wege als durch den Eintrag in ein Eegister zur Kenntnis. Die blosse Eegistrierung ist für Informationszwecke ungenügend. Ausserdem würde ein Eegister ohne laufende Ergänzung und Auswertung der Unterlagen und ohne zusätzliche Publizität mit der Zeit an Aktualität verlieren und zu einer wenig beachteten Dokumentensammlung herabsinken. Aber selbst eine systematische Auswertung wäre nicht sehr ertragreich, da aus den Abreden allein die Kartellpraxis nicht hervorgeht.

Von der mit dem Eegister verbundenen Publizität wird eine Mässigung der Kartellpolitik und - auf Grund ausländischer Erfahrungen - ein Eückgang der Kartelle erhofft. Es ist durchaus möglich, dass eine Eeihe von Kartellen, vor allem wenn sie ohnehin keine grosse Bedeutung mehr haben, im Hinblick

601 auf · die Eegisterpflicht aufgelöst würden. Kartelle mit kleiner Mitgliederzahl, die leicht verheimlicht werden können, würden aber vielleicht nicht gemeldet und insgeheim weiterbestehen. Zudem könnten andere Wettbewerbsbeschränkungen,-zum Beispiel durch marktmächtige Unternehmungen, wohl nicht der Eegisterpflicht unterstellt werden. Das Eegister;würde kaum ein wirklichkeitsgetreues Bild ergeben, zum Nachteil der gut «sichtbaren» Kartelle.

Die Generalpräventioh durch das Kartellregister ist sodann ein grobes Instrument. Die Eegisterpflicht wird als generelles Misstrauensvotum gegenüber den Kartellen aufgefasst und wirkt in der .Tat auf schädliche wie auf unschädliche Kartelle in gleicher Weise ein, was sich mit der verfassungsrechtlichen Konzeption, dass nur schädliche Auswirkungen bekämpft werden sollen, nicht vereinen lässt.

Die Expertenkommission ist mehrheitlich zum Schlüsse gelangt, dass von einem Eegister abzusehen sei. Sie berücksichtigte dabei auch den Umstand, dass seinerzeit die Registrierung der Gesamtarbeitsverträge entschieden abgelehnt worden ist. Wir teilen diese Auffassung. Der Vorschlag einer Kommissionsminderheit, der in verschiedenen Vernehmlassungen befürwortet wird, ein Eegister mit bloss zivilrechtlichen Wirkungen einzurichten, vermag die geäusserten Bedenken nicht zu beseitigen und würde zu neuen Unzukömmlichkeiten führen.

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,1. Organisation und Aufgaben der Kartellkommission '

Absatz l (Einsetzung)

Artikel 16: Organisation .

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Der Staat kann keine Kartellpolitik betreiben, ohne sich ständig über : die tatsächlichen Verhältnisse auf dem laufenden zu halten. Er braucht dazu ein besonderes Untersuchungs- und Begutachtungsorgan. Das Beispiel der Preisbildungskommission beweist, wie nützlich es ist, über ein solches ; Organ zu verfügen. Dabei ist die Preisbildungskommission, deren Auf gaben | zum grössten Teil von der Kartellkömmission übernommen werden, in ihrer wertvollen Arbeit vollkommen auf freiwillige Auskünfte angewiesen, während die Kartellkömmission eine andere Stellung, und grössere Kompetenzen! haben wird. Der Entwurf sieht eine Kommission von sieben bis elf Mitgliedern vor. In ihr sollen die Wissenschaft, die Wirtschaft (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) und die Konsumenten vertreten sein. Der richtigen Zusammensetzung der Kommission wird man alle Aufmerksamkeit schenken müssen. Es wurde auch schon vorgeschlagen, die Kornmission solle sich ausschliesslich aus unabhängigen Sachverständigen zusammensetzen. Doch ist es angebracht, dass ihr auch Vertreter der Wirtschaft ;angehören. Ausschlaggebend wird sein, dass die Kommission im gesamten genommen befähigt ist, ihre Aufgaben objektiv zu erfüllen.

Der .Kommission wird ein ständiges Sekretariat beigegeben. Die Mitgliedschaft in der Kommission1 soll nebenämtlich sein, was nichts daran.ändert, dass Bundesblatt. 113. Jahrg. Bd. II.

42

602 sie als Behörde anzusehen ist. Die Einzelheiten der Organisation werden in einem Geschäftsreglement festgelegt, so die Bestellung von Unterausschüssen.

In diesem Eeglement soll auch vorgeschrieben werden, dass die Mitglieder keine Privatgutachten über Wettbewerbsfragen erstatten, die ihrer Unabhängigkeit abträglich wären.

Absatz 2 (Unabhängigkeit der Kommission) Die Kommission muss von den Verwaltungsbehörden unabhängig sein, abgesehen davon, dass das Volkswirtschaftsdepartement Aufträge, für Erhebungen und Sonderuntersuchungen erteilt. Der Jahresbericht, den sie dem Departement erstattet, wird veröffentlicht.

Absatz 3 (Amtsgeheimnis) Die Kommissionsmitglieder haben das Amtsgeheimnis zu wahren; Artikel 320 des Strafgesetzbuches ist anwendbar. Die Berichte der Kommission dürfen, soweit sie veröffentlicht werden, keine Geschäftsgeheimnisse preisgeben.

Artikel 17: Erhebungen Absatz l (Allgemeine Erhebungen) Gleich der Preisbildungskommission wird die Kartellkommission laufend allgemeine Erhebungen über Stand und Entwicklung der Kartelle und ähnlichen Organisationen durchführen. Der Auftrag für solche Erhebungen wird der Kommission durch das Gesetz erteilt. Sie kann von sich aus Erhebungen an die Hand nehmen, doch soll wenn nötig auch das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement der Kommission den Auftrag für eine Erhebung in einer bestimmten Branche erteilen dürfen. Die Berichte werden veröffentlicht, sofern das Dapartement nichts anderes entscheidet. Die Veröffentlichung soll dem Landesinteresse nicht abträglich sein.

Ob Kartelle und ähnliche Organisationen schädliche Auswirkungen zeitigen, ist nicht durch allgemeine Erhebungen, sondern durch Sonderuntersuchungen gemäss Artikel 19 und 20 abzuklären. Doch werden die Berichte über allgemeine Erhebungen auch Feststellungen enthalten, die Schlüsse auf die Tragweite bestimmter Wettbewerbsbeschränkungen zulassen.

Absatz 2 (Urteilssammlung) Die Kommission soll die Urteile sammeln, welche von den Gerichten in Anwendung des Gesetzes gefällt werden, und periodisch eine Zusammenstellung dieser Urteile veröffentlichen. Eine vermehrte Publizität fördert die Einheitlichkeit der Kechtsprechung und veranlasst die Kartelle zur Anpassung an die Gerichtspraxis. Die Sammlung dient ferner der Kommission, die auf diese Weise ergänzende Angaben über Auswirkungen von Kartellen und ähnlichen Organisationen erhält, und überdies der wissenschaftlichen Arbeit. Eine allfällige

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Vergütung an die Gerichte für die Zusendung der Urteile wäre ini Eeglement der Kommission festzusetzen. Die Urteilssammlung stellt kein ISTovum dar; im Zusammenhang mit der staatlichen Versicherungsaufsicht ordnet ein Bundesbeschluss vom. 20. Dezember 1888 die Einsendung von Zivilurteilen in Versicherungssachen an.

Artikel 18: Empfehlungen und Gutachten Absatz l (Wettbewerbspolitische Empfehlungen) 1. Die Preisbildungskommission hat dargetan, dass die Gewährleistung der Wettbewerbsfreiheit nicht nur Bestimmungen über Kartelle und ähnliche Organisationen, sondern ebensosehr eine Überprüfung der staatlichen Massnahmen aller Art erfordert (Bericht S.187 ff.). Die staatliche Beschränkung des Wettbewerbes ist legitim, wenn sie verfassungsrechtlich vorgesehen und im Gesamtinteresse erwünscht ist. Aber es soll nicht leichthin unter Berufung auf ein vielleicht nur vermeintlichesGesamtinteresse die freie Konkurrenz beeinträchtigt oder eine private Abrede .von Staates wegen begünstigt werden. Beides ist gefährlich, weil die Möglichkeit der Umfassung oder Schliessung ' des Marktes erheblich zunimmt, wenn der Staat diese Bestrebungen durch seine Massnahmen unterstützt. Es wäre wenig sinnvoll, dass der Staat auf der einen Seite die Wettbewerbsbehinderung durch iPrivate grundsätzlich als unzulässig erklärt, und'auf der ändern Seite selbst solchen Beschränkungen hilfreich die Hand bietet.

Die staatliche Wirtschaftspolitik soll daher mit der Zielsetzung des Gesetzes soweit als möglich in Einklang gebracht werden, gehe es um die Handelspolitik, die Agrarpolitik, den Schutz von Industriezweigen, die Vergebung öffentlicher Arbeiten, die Beeinflussung des Arbeitsmarktes oder die Handhabung von : Eegalrechten.

2. Der Entwurf sieht vor, dass die Kartellkommission vor Erlass eidgenössischer Vorschriften, welche die Freiheit des Wettbewerbes beschränken, anzuhören ist. Sie kann auch:von sich aus dem Bundesrat Empfehlungen für die Wettbewerbspolitik unterbreiten. Selbstverständlich sind ihre Gutachten nicht verbindlich, aber1 wenn ihr diese Aufgabe durch das Gesetz ausdrücklich übertragen ;wird, dürfte ihrer Beurteilung ein erhebliches Gewicht zukommen. , Anderseits ist eine gewisse Beschränkung dieses Aufgabenbereiches unumgänglich, teils um dringliche Massnahmen nicht über Gebühr zu verzögern, teils mit Bücksicht
darauf, dass die Kommission nicht mit Gutachten überlastet werden darf. Die obligatorische Anhörung der Kommission soll daher auf Entwürfe1 zu Gesetzen und Verordnungen beschränkt sein; es ginge zu weit, einzelne Massnahmen, die in Anwendung bestehender Vorschriften ergehen, einzubeziehen. Doch bleibt es der Kommission, unbenommen, von sich aus Empfehlungen zu wichtigen Massnahmen abzugeben.

, Von einer allgemeinen: gesetzlichen Weisung an die Bundesbehörden, in ihren Anordnungen das Ziel des Kartellgesetzes zu heachten, soll abgesehen werden. Die Bestrebungen des Kartellgesetzes sind hur eine unter verschiedenen

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Komponenten der Wirtschaftspolitik, so dass es sich nicht rechtfertigt, nur diese Komponente ausdrücklich hervorzuheben, abgesehen davon, dass eine solche Empfehlung problematisch wäre.

Absatz 2 (Gutachten) Die Kommission soll dem Zivilrichter auf Ansuchen in Kartellsachen von grundsätzlicher Bedeutung ein Gutachten erstatten. Namentlich in Prozessen betreffend Wettbewerbsbehinderung, die zuweilen schwierige wirtschaftspolitische Fragen aufwerfen, wird dies erwünscht sein. Damit soll aber nicht etwa ein Begutachtungsmonopol der Kommission begründet, sondern nur die Möglichkeit objektiver Begutachtung gewährleistet werden. Zudem werden die Gutachten ausdrücklich auf Fragen von grundsätzlicher Bedeutung beschränkt, um eine Überlastung der Kommission zu vermeiden.

Artikel 19 : Sonderuntersuchungen Absatz l (Voraussetzungen) , ' 1. Durch die Sonderuntersuchungen soll abgeklärt werden, ob ein bestimmtes Kartell oder eine bestimmte kartellähnliche Organisation volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen hat, deren Behebung im allgemeinen Interesse liegt. Das Ergebnis einer Sonderuntersuchung bildet die Grundlage für Empfehlungen der Kommission an die Beteiligten (Abs. 2) und, für eine verwaltungsrechtliche Klage des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements beim Bundesgericht (Art.21). Hinsichtlich des Untersuchungsverfahrens sei auf Artikel 20 verwiesen.

, Eine Sonderuntersuchung darf nur angehoben werden, wenn hinreichende Gründe gegeben sind. Für einen Entscheid von dieser Bedeutung muss das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement zuständig sein, das in erster Linie für die Wirtschaftspolitik verantwortlich ist. Dies schliesst nicht aus, dass die Kommission dem Departement Anregungen, für Sonderuntersuchungen unterbreitet. Ferner wird das Volkswirtschaftsdepartement eine Sonderuntersuchung nicht anordnen, ohne mit ändern Departementen, die an der Angelegenheit interessiert sind, zuvor Fühlung aufzunehmen.

2. Die Sonderuntersuchungen sollen sich auf alle volkswirtschaftlich oder sozial schädlichen Auswirkungen erstrecken. Eine Beschränkung auf speziellere Kriterien ist nicht angebracht. Die Allgemeinheit hat ein berechtigtes Interesse daran, dass untersucht wird, ob schädliche Auswirkungen irgendwelcher Art festzustellen sind.

Volkswirtschaftlich oder sozial schädlich können auch
kartellistische Beschränkungen des Aussenhandels sein, z. B. eine private Einfuhrbeschränkung.

Deshalb wird, wenn ein Mitgliedstaat gemäss Artikel 15 der Konvention über die Freihandelszone gegen die Schweiz Beschwerde erhebt, das Volkswirtschaftsdepartement zur Abklärung des Falles eine Sonderuntersuchung .gemäss Kartell-

,

605

gesetz anordnen können. Es ist zu beachten, dass mangels einer offiziellen schweizerischen, Abklärung die Klage eines ausländischen Vertragspartners wegen der Unmöglichkeit: von Gegenbeweisen, leicht als berechtigt anerkannt werden könnte. Betorsionsmassnahmen, welche der klagende Staat in diesem Falle gegen die Schweiz zu treffen befugt wäre, könnten unsere Wirtschaft : empfindlich beeinträchtigen.

Absatz ,2, (Empfehlungen), ,

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Die Beteiligten sollen!in der Sonderuntersuchung Anspruch auf rechtliches Gehör haben- Die Kommission mues ihnen vor Abschlags des Verfahrens Gelegenheit geben, zum Untersuchungsergebnis Stellung zu nehmen. Sie soll aber auch befugt sein, dem Kartell oder gegebenenfalls der ähnlichen Organisation zu empfehlen, Kartellbestimmungen aufzuheben oder abzuändern oder Vorkehren zu, unterlassen, selbstverständlich nur soweit, als sie schädliche, Auswirkungen ,· zeitigen. Bezüglich der ähnlichen Organisationen genügt es, dass die Unterlassung schädlicher Vorkehren empfohlen wird, wogegen es entbehrlich ist, auf eine, Konzern-Entflechtung oder Auflösung eines Trusts hinzuwirken.

, . Auf: 'Grund ausländischer Erfahrungen darf,, man annehmen, dass , den Empfehlungen der Kommission meist entsprochen wird, so · dass ' kein Anlass zu weiteren Interventionen mehr besteht. :Gerade der Umstand, dass allenfalls verwaltungsre.chthche Klage .angehoben werden könnte, wird dazu beitragen, dass den Empfehlungen,nachgelebt wird. , ·.

i; .Absatz 8.(Bericht)

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Nach Abschlags des Verfahrens erstattet die Kommission dem Volkswirtschaftsdepartement Bericht und Antrag. Der Antrag lautet entweder, es seien keine,weiteren Vorkehren zu treffen, so wenn keine schädlichen Auswirkungen festgestellt werden oder wenn die Beteiligten allfällige Empfehlungen befolgen, oder aber, es! sei eine verwaltungsrechtliche Klage gemäss Artikel 21 .anzuheben.

Sache des, Volkswirtschaftsdepartements ist es dann, sich über die Folge schlüssig zu werden, die es dem Antrag der Kommission geben will.

,. XJber die ' Bekanntgabe der Untersuchungsergebnisse entscheidet,das Departement. Im einzelnen bestehen je nach der Sachlage verschiedene Möglichkeiten. Eine angemessene Information muss im öffentlichen Interesse,-- und gelegentlich sogar im Interesse der Kartelle selber - möglich sein; übrigens wurden schon bisher Berichte der Preisbildungskommission über Spezialuntersuchungen veröffentlicht. Entsprechen die Beteiligten den Empfehlungen, der Kommission, so wird das Departement von einer Veröffentlichung ides Berichtes überhaupt absehen können; unter Umständen reicht auch eine Mitteilung im Jahresbericht der Kornmission oder eine sonstige kurze Mitteilung aus. Wird den Empfehlungen keine Folge gegeben, so besteht ein Interesse an vermehrter Information.

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606

Absatz 4 (Ergänzende Untersuchung) Erachtet das Departement eine ergänzende Untersuchung als notwendig, so wird sie von der Kommission durchgeführt. Dem Departement stehen demnach keine eigenen Untersuchungsbefugnisse zu.

Artikel 20 : Verfahren der Sonderuntersuchung Absatz l (Freiwillige Auskünfte) Die Kartellkommission soll bei Sonderuntersuchungen bestrebt sein, sich die benötigten Aufschlüsse soweit als möglich auf freiwilligem Wege zu verschaffen. Sie ersucht Personen, die zur Abklärung des Sachverhaltes beitragen können, ihr die erforderlichen Auskünfte zu erteilen .sowie die notwendigen Urkunden vorzulegen.

Absatz 2 (Auskunftspflicht) Für den Fall, dass nicht freiwillig Auskunft erteilt und Urkunden vorgelegt werden, oder dass die Auskünfte und Urkunden als ungenügend oder unzuverlässig zu betrachten sind, muss die Kartellkommission über wirksame Mittel zur Feststellung des Sachverhaltes verfügen, damit das Volkswirtschaftsdeparternent in voller Kenntnis der Verhältnisse über die Anhebung einer verwaltungsrechtlichen Klage entscheiden kann. Die Sonderuntersuchung wird also unter Umständen in zwei Phasen zerfallen. Der Expertenentwurf sah ursprünglich eine generelle Auskunftspflicht vor, die sich auch auf die Parteien erstreckte, jedoch selbst für Zeugen nur eine sehr milde Strafe für Zeugnisverweigerung oder falsche Aussage androhte.

Nach nochmaliger Prüfung erachtete es die Expertenkommission als angezeigt, auf das Verfahren in der zweiten Phase die Hegeln des Bundeszivilprozesses (Art. 36 bis 65) über die Einvernahme von Parteien und Zeugen sowie über die Vorlage von Urkunden anwendbar zu erklären. Damit gilt für Zeugen die scharfe Strafandrohung von Artikel307 des Strafgesetzbuches, was dem Gebot der Rechtseinheit entspricht; wenn schon eine Zeugnispflicht besteht, soll sie auch gernäss ihrer Bedeutung gesichert werden. Die Parteien sind dagegen, abgesehen vom seltenen Fall der förmlichen Beweisaussage unter Straffolge (Bundeszivilprozess Art. 64), für falsche Aussage nicht strafbar. Durch den Hinweis auf den Bundeszivilprozess ist auch das Zeugnisverweigerungsrecht geregelt.

Ferner muss das Gesetz gewährleisten, dass an der Untersuchung keine Personen mitwirken, gegen welche Ausschliessungs- oder Ablehnungsgründe bestehen. Deshalb werden die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die
Organisation der Bundesrechtspflege betreffend den Ausstand der Gerichtspersonen (Art. 22 bis 26) sinngemäss anwendbar erklärt.

Absatz 3 (Beschwerde) Um den Beteiligten alle verfahrensrechtlichen Garantien zu geben, soll wegen Verletzung klaren Eechtes im Untersuchungsverfahren binnen zehn

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Tagen v beim Präsidenten des Bundesgerichtes Beschwerde geführt werden können. Vor allem wird es darum gehen,.ob und in welchem Aùsmass jemand auskunftspf lichtig ist.

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2. VerwaUungsrechttiche Klage Allgemeine Bemerkungen 1. Der Entwurf sieht in Artikel 21 vor, dass das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement auf Grund einer Sonderuntersuchung Klage beim Bundesgericht anheben ' kann. Dieser Bestimmimg dürfte eine erhebliche präventive Wirkung zukommen, weshalb die' Klage nur in einer geringen Zahl von !

Fällen notwendig sein wird.

Die Expertenkommission hat anfänglich ausser der verwaltungsrechtlichen Klage auch die Verwaltungsverfügung in Erwäg ang gezogen, die durch das .Volkswirtschaftsdepartement erlassen würde und im Wege der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden könnte. Sie sprach sich aber nach eingehender Prüfung mit grossem Mehr für die verwaltungsrechtliche Klage aus. Massgebend war das Bedürfnis, jeden Fall von allem Anfang an in einem ausgebauten Prozessverfa'hren, das den Beteiligten die nötigen Garantien bietet, durch eine richterliche Instanz beurteilen zu lassen.

Die Kommissionsmehrheit erachtet die Überprüfung einer Verfügung im Wege der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht als ungenügend. Gemäss Artikel 104 des Bundesgesetzes über die Organisation der, Bundesrechtspflege kann mit dieser Beschwerde nur geltend gemacht werden, , der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht. In diesem Fall kann auch geprüft werden, ob der Entscheid auf einer unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes beruhe (Art. 105). .Hingegen erstreckt sich die Kognition nicht auf Ermessensfragen, ausgenommen die Frage des Ermessensmissbrauchs. Ermessensfragen werden aber mitunter stark ins Gewicht fallen, es sei denn, man lege einen sehr eng gefassten Begriff des Ermessens zugrunde, was der bisherigen Praxis kaum entspricht (vgl. aus dem Bereich des Uhrenstatuts BGE 79 I 383, 81 1-384). Ermessensentscheide kann nach geltendem Becht nur der Bundesrat im Verfahren der Verwaltungsbeschwerde überprüfen, doch ziehen es die Beteiligten vor, wenn die Beurteilung einer gerichtlichen Instanz zugewiesen wird. Im übrigen wäre damit zu rechnen, dass beim System der : Verwaltungsverfügung angesichts der Bedeutung der Fälle sozusagen immer Beschwerde
geführt würde, weshalb das Verfahren nicht einfacher und; kürzer wäre als bei der verwaltungsrechtlichen Klage.

ii ; Die Kommissionsminderheit machte, dagegen geltend, die Eechtsahwendung müsse, wie dies auch sonst in der Bundesgesetzgebung der Fall sei;, den Verwaltungsbehörden zustehen, und nur ihre Überprüfung sei einem Gericht zu übertragen. Mit der direkten Klage bei einem Gericht :würde diesem die Ver- ' antwortüng für den Vollzug des Verwaltungsrechts überbunden, indem das Urteil im Grunde einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt bilde. Dies sei init

608

der Eigenart der gerichtlichen Tätigkeit nicht vereinbar. Das Bundesgericht teilt diese Auffassung; es sei nicht Aufgabe eines Gerichtes, wirtschaftspolitische Entscheidungen zu treffen, für welche es zudem die anwendbaren Normen weitgehend selber schaffen müsste. Indessen lehnt das Bundesgericht aus denselben Erwägungen auch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, da eine Justizmassige Überprüfung der Fälle überhaupt nicht möglich sei, und empfiehlt statt dessen die Beschwerde an den Bundesrat oder an eine besondere Eekurskommission.

Die Vernehmlassungen ergeben dasselbe Bild wie die Kommissionsberatungen, indem die Meinungen über'die wünschbare Lösung auseinandergehen.

Wir teilen die Auffassung der Mehrheit der Expertenkommission, wonach die verwaltungsrechtliche Klage vorzuziehen ist. Gewiss betritt man damit Neuland, doch muss bedacht werden, dass die verwaltungsrechtliche Eepression in Kartellsachen einen aussergewöhnlichen Eingriff in private Verhältnisse darstellt. Dies rechtfertigt ein formstrenges prozessuales Verfahren, wie es nur die gerichtliche Beurteilung voll zu gewährleisten vermag. Angesichts der vermutlich sehr geringen Zahl von Klagen sollte übrigens die praktische Tragweite der Grundsatzfrage nicht überschätzt werden.

2. Die Expertenkommission hatte zuerst mehrheitlich vorgeschlagen, die verwaltungsrechtliche Klage durch das Bundesgericht beurteilen zu lassen.

Demgegenüber äusserste das Bundesgericht Bedenken, indem es geltend machte, die Klagegründe seien zu unbestimmt, als dass sie dem Eichter eine Handhabe für die Anwendung des Gesetzes geben würden. Anders als in der Boykottrechtsprechung bilde hier das Gesaratinteresse das entscheidende Kriteriuni, welches richterlicher Würdigung nur, beschränkt zugänglich sei. Mit Bücksicht auf diese Stellungnahme des Bundesgerichtes wurde bei der Vorbereitung des Gesetzes in der Expertenkommission die Schaffung eines besonderen Kartellgerichtes in Aussicht genommen. Das Kartellgericht, das die verwaltungsrechtliche Klage zu beurteilen hätte, wäre ein Spezialverwaltungs.gericht höchster Instanz, gleich wie das Versicherungsgericht, die Eekurskommission der Militärverwaltung, die Zollrekurskommission, die Alkoholrekurskommission und die Mietzinsrekurskommission.

Die Schaffung eines besonderen Kartellgerichtes ist ohne Zweifel erwägenswert,
dürfte sich aber, bei aller Würdigung der grundsätzlichen Bedenken des Bundesgerichtes, aus verschiedenen Gründen nicht empfehlen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es nicht erfreulich wäre, ein neues Spezialverwaltungsgericht zu schaffen. Auch würde dessen Zusammensetzung nicht unerhebliche Schwierigkeiten bereiten. Des weitern erscheint es als zweifelhaft,;ob im Jahresdurchschnitt auch nur eine einzige verwaltungsrechtliche, Klage angehoben wird. Es würde sich aber kaum rechtfertigen, für eine,so geringe Zahl von Klagen eine besondere Instanz zu schaffen, die keine Spruchpraxis zu entwickeln vermöchte. Anderseits hat die, Zuständigkeit des Bundesgerichts den Vorteil, dass die Einheit der Rechtsprechung gewahrt bleibt, indem das Bundesgericht sowohl

609 die Kechtsprechung in Bovkottsachen als auch die Entscheide verwaltungsrechtlicher Klagen aufeinander abstimmen kann. Die unter Artikel ,21 fallenden Sachverhalte sind dem Bundesgericht meistens aus der Boykottrechtsprechung geläufig und dürften nach ähnlichen Gesichtspunkten beurteilt werden, auch wenn bei1 .der verwaltungsrechtlichen Klage das Gesamtinteresse das massgebende Kriterium darstellt. Aus .diesen Gründen möchten wir von einem besonderen 'Kartellgericht absehen und die verwaltungsrechtliche Klage durch das Bundesgericht beurteilen lassen.

Die vom Bundesgericht zu beurteilende verwaltungsrechtliche Klage gemäss Artikel 21 der Vorlage fällt unter, die in Artikel 111, Buchstabe i,,des Bundesgesetzes über die Organisation · der Bundesrechtspflege vorgesehenen Streitigkeiten, die dem Bundesgericht durch Bundesgesetz zur ausschliesslichen Erledigung.zugewiesen werden können. Das Verfahren in diesen Fällen richtet sich nach den Artikeln 91 bis 96 des genannten Gesetzes.

· ' ; , ; Artikel'21 ·' , ' . " ' . , "\ .'

Absatz l (Voraussetzungen) · ,, : ; 1. Nach dem Entwurf ist das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement · zur Anheb.ung der Klage legitimiert, und zwar binnen eines Jahres seit Einreichung des Berichtes über die Sonderuntersuchung. Das Departement ist an : die Schlussfolgerungen der Kartellkommission nicht gebunden,, sondern entscheidet in Würdigung des Üntersuchungsberichtes und nach pflichtgemässem Ermessen selbständig, ob Anlass zu einer Klage besteht. Dies ist der Sinri der Kann-Vorschrift in Artikel 21. Wollte man die Klageerhebung verbindlich erklären, so müsste sie davon abhängig gemacht werden, ob nach Auffassung der Kommission volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen vorliegen.

Dann aber könnte die .Klage ebensogut von, der Kommission erhoben w.erden.

Dies wäre indessen ihrer Stellung als Untersuchungsorgan abträglich, weil ihr die .Beteiligten mit Misstranen begegnen und, möglicherweise nicht mehr freiwillig Auskunft erteilen würden. Ausserdem würde das Departement: in einer wirtschaftspolitisch bedeutsamen Angelegenheit jeder Einfmssnahme auf das Verfahren beraubt.

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; 2. Ausdrücklich wird bestimmt, dass die Klage nur zur Wahrung des öffentlichen Interesses erhoben werden soll. Sind in einem Falle nur private Interessen
gegeben,1 so verbietet sich eine verwaltungsrechtliche Klage; die beteiligten Privaten sollen ihr Eecht beim Zivilrichter suchen. Ist ein gewichtiges öffentliches Interesse im Spiele das aber auch im Wege des: Zivilprozesses gewahrt werden könnte, so wird da's Departement darauf abstellen, ob bereits eine Zivilklage hängig oder zu erwarten ist. Der Umstand, dass, einem Beteiligten die Zivilklage zumutbar wäre, darf aberzieht den Ausschlag geben. Grundsätzlich kann von · (einem Beteiligten nicht verlangt werden, anstelle des Staates das öffentliche Interesse wahrzunehmen. Sieht er davon ab, beim Zivilrichter zu klagen,, so soll das Departement gleichwohl eine verwaltungsrechtliche Klage

610 einreichen. Das Gesetz kann im übrigen die Momente, die das Departement zu berücksichtigen hat, nicht näher umschreiben. Das öffentliche Interesse stellt lediglich eine Direktive für den Entscheid des Departements dar, nicht aber eine eigentliche Kollisionsnorm zur Abgrenzung von zwei Gerichtsbarkeiten, etwa in dem Sinne, dass die verwaltungsrechtliche Klage gegenüber der Zivilklage subsidiären Charakter hätte.

3. Bei der Umschreibung des Gegenstandes der Sonderuntersuchung ist es vertretbar, den allgemeinen Begriff der «volkswirtschaftlich oder sozial schädlichen Auswirkungen» gemäss Artikel 31Ms der Bundesverfassung zu verwenden.

Für die verwaltungsrechtliche Klage sollten dagegen die Voraussetzungen verdeutlicht werden. Im Interesse der Rechtssicherheit und im Hinblick auf die Anwendung durch ein Gericht ist eine möglichst klare Ordnung erwünscht.

Entsprechend der Konzeption des «Möglichen Wettbewerbes» visiert Artikel 21 den Tatbestand, dass der Wettbewerb in einer mit dem Gesamtinteresse nicht vereinbaren Weise ausgeschlossen oder erheblich beeinträchtigt wird. Der Gedanke von Artikel 4, dass die Wettbewerbsbehinderung unerwünscht sei, wird hier auf die Stufe eines ganzen Wirtschaftszweiges oder Berufes übertragen. Was zivilrechtlich unzulässig ist, soll bei grösserer Bedeutung der Angelegenheit auch öffentlich-rechtlich reprimiert werden können. Doch wird der Wettbewerb nicht nur durch Behinderung im Sinne von Artikel 4, sondern zuweilen auch durch das Verhalten eines straffen Horizontalkartells erheblich beeinträchtigt, so dass sich die Klage auch gegen ein solches Verhalten richten kann. Die Bestimmung deckt wohl alle Fälle, die nach der Zielsetzung des Gesetzes erfasst werden sollten.

4. Es wurde auch schon vorgeschlagen, eine Generalklausel aufzunehmen, die ganz allgemein die volkswirtschaftlich oder sozial schädlichen Auswirkungen nennen würde. Sie wäre aber bezüglich ihrer Tragweite nicht zuverlässig zu beurteilen und würde der Praxis keine Eichtung weisen, wogegen die Bestimmung des Entwurfes den Wettbewerbsgedanken klar herausstellt. Auch entspräche sie keinem praktischen Bedürfnis. Insbesondere soll mit der Klage nicht eine Kartellpreispolitik eingeführt werden. Zwar wird die Preisfrage wesentlich mitspielen, da gemäss ausdrücklicher Vorschrift die Klage namentlich gegen
Bestrebungen gerichtet sein soll, die sich zum Nachteil der Konsumenten auswirken. Aber es geht nicht darum, einzelne Preise zu untersuchen, sondern die Voraussetzungen zu schaffen, unter denen die Preise marktgerecht zustande kommen. In Anwendung von Artikel 21 können daher Vorkehren unterbunden werden, die eine missbräuchliche Preisgestaltung zur Folge haben. Nur im seltenen Falle des absoluten Monopols einer Unternehmung dürfte unmittelbar auf den Preis eingewirkt werden. Wir verweisen auch auf unsere allgemeinen Ausführungen zur Preisgestaltung (oben A, V, 3).

5. Die Klage ist sowohl gegen Kartelle als auch gegen ähnliche Organisationen gegeben. Die Zivilklage gegen eine ähnliche Organisation wird infolge der komplexen tatsächlichen Verhältnisse oft wenig Aussicht auf Erfolg haben.

611 Um so wichtiger ist es, dass die verwaltungsrechtliche Klage offensteht. Auch Unternehmer'können durch erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbes seitens einer ähnlichen Organisation in unzulässiger Weise benachteiligt werden.

Absatz 2 (Anordnungen des Gerichts) Heisst das Gericht die Klage gut, so soll es durch geeignete Massnahmen schädliche Auswirkungen von Kartellen und ähnlichen Organisationen beseitigen. Insbesondere kann es Kartellbestimmungen aufheben oder abändern oder Vorkehren von Kartellen und ähnlichen Organisationen verbieten: diese Massnahmen decken sich inhaltlich mit den, Empfehlungen, welche die Kartellkommission auf Grund einer Sonderuntersuchung erteilt (vgl. Art. 19, Abs. 2).

IV. Schlussbestimmungen Artikel 22 Absatz l (Anwendbarkeit des Zivilrechts)

,

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Soweit das Kartellgesetz nichts anderes vorsieht, sind auf Kartelle und .ähnliche Organisationen die allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen anwendbar, was der Klarheit halber ausdrücklich festgehalten wird.

Absatz 2 (Vorbehalt- anderer Gesetze) Wie in den Ausführungen über den Geltungsbereich dargetan wurde, kann der Bereich des Kartellgesetzes nicht im einzelnen gegenüber dem Bereich der Bundesgesetzgebung über den unlauteren Wettbewerb, den gewerblichen Béchts, schütz und das Urheberrecht abgegrenzt werden (vgl. Vorbemerkungen zu Art. 1Ziff. 4). Doch empfiehlt es sich, in der Schlussbestimmung einen Vorbehalt dieser Gesetzgebung anzubringen, womit auf das Erfordernis einer sachgemässen Abgrenzung, hinge wiesen wird. Ebenso ist es angezeigt, ganz generell abweichende öffentlich-rechtliche Vorsehriften vorzubehalten ; damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass verwaltungsrechtliche Spezialbestimmungen dem Kartellgesetz vorgehen. Wir verweisen auf die Ausführungen zu Artikel l (Ziff. 3).

Absatz 3,(Inkrafttreten) Nachdem das Kartellgesetz schon längere Zeit in Aussicht gestellt worden ist, sollte es sobald als möglich in Kraft treten. Sein Vollzug erheischt keine langen Vorbereitungen. Wir sind daher der Auffassung, dass das Gesetz auf den 1. Januar 1963 in Kraft gesetzt werden kann.

612 Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Bundesgesetzes zu empfehlen. Ferner beantragen wir, es sei Ihre Motion vom 19.März/6. Juni 1957 (Nr. 7301) abzuschreiben, da ihr mit dieser Botschaft Folge gegeben wurde.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 18.September 1961.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Wahlen Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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(Entwurf)

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Bundesgesetz über

Kartelle und ähnliche Organisationen

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Die Bundesversammlung , der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 31Ws, 64 und 114Ws der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 18. September 1961, beschliesst:

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I. Geltungsbereich :

' ' Art. l : Grundsatz ' . - · ' ' Das; Gesetz ist anwendbar auf Kartelle und ähnliche Organisationen. Es ist nicht anwendbar auf Verträge, Beschlüsse und Vorkehren, soweit sie ausschliesslich das Arbeitsverhältnis;betreffen.

, , , <: : Art. 2: Kartelle ;, ', ', . , 1 -, Alä Kartelle im Sinne des Gesetzes gelten Verträge, Beschlüsse oder rechtlich unverbindliche Abreden, welche mittels gemeinsamer Beschränkung des, Wettbewerbes den Markt für bestimmte Waren oder Leistungen beeinflussen oder zu,beeinflussen geeignet sind, namentlich durch die Begelung der Erzeugung, des Absatzes oder Bezugs von Waren sowie der Preise un'd Geschäftsbedingungen.

·j : 2 Den Kartellen sind gleichgestellt Abreden zwischen Lieferanten und ihren Abnehmern, wonach bei der Weiiierveräusserung von Waren bestimmte Preise oder Verkaufsbedingungen einzuhalten sind (Preisbindungen der zweiten Hand), sofern diese Abreden auf Grund einer Kartellbestimmung oder durch eine kartellähnliche Organisation, auferlegt oder durchgesetzt werden.

614 Art. 3: Kartellähnliche Organisationen Als kartellähnliche Organisationen im Sinne des Gesetzes gelten, soweit sie den Markt für bestimmte Waren oder Leistungen beherrschen oder massgeblich beeinflussen, einzelne Unternehmungen, mehrere Unternehmungen, die ohne Abrede ihr Verhalten gegenseitig abstimmen, sowie durch Kapitalbeteiligung oder andere Mittel bewirkte Zusammenfassungen von Unternehmungen.

II. Zivil- und prozessrechtliche Bestimmungen 1. Behinderung Dritter im Wettbewerb Art. 4: Unzulässigkeit der Wettbewerbsbehinderung 1 Vorkehren eines Kartells, mit denen Dritte vom Wettbewerb ausgeschlossen oder in dessen Ausübung erheblich behindert werden sollen, wie Bezugs- und Liefersperren, Sperren von Arbeitskräften, Benachteiligung in den Preisen und Bezugsbedingungen oder gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Preisunterbietungen, sind unter Vorbehalt der Ausnahmen von Artikel 5 unzulässig.

2 Auf kartellähnliche Organisationen sind die Bestimmungen über unzulässige Wettbewerbsbehinderung sinngemäss anwendbar.

Art. 5 : Ausnahmen Die Wettbewerbsbehinderung ist zulässig, sofern die Vorkehren durch überwiegende schutzwürdige Interessen gerechtfertigt und mit dem Gesamtinteresse vereinbar sind und sie ausserdem die Freiheit des Wettbewerbes im Verhältnis zum angestrebten Ziel sowie nach Art und Durchführung nicht übermässig beeinträchtigen.

2 Als überwiegende schutzwürdige Interessen fallen insbesondere in Betracht a. die Gewährleistung des lauteren und unverfälschten Wettbewerbes ; b. die Verwirklichung angemessener fachlicher und beruflicher Voraussetzungen ; c. die Sicherung einer im Gesamtinteresse erwünschten Struktur eines Wirtschaftszweiges oder Berufes ; d. die Durchsetzung eines Kartells auf ausländischen Märkten.

3 Nicht als schutzwürdig gilt das Interesse, das ausschliesslich darauf gerichtet ist, neue Wettbewerber fernzuhalten.

1

Art. 6: Ansprüche Wer durch unzulässige Wettbewerbsbehinderung geschädigt oder gefährdet wird, hat Anspruch auf Peststellung der Widerrechtlichkeit, Unterlassung der Vorkehren und Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes, Ersatz des Schadens bei Verschulden und Genugtuung im Falle von Artikel 49 des Obligationenrechts.

2 Zur Durchsetzung des Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruches kann der Richter auf Begehren des Klägers anordnen, dass diesem gegenüber Kartell1

615 Verpflichtungen unverbindlich sind. Nötigenfalls kann er auch die Beteiligung am Kartell mit den damit verbundenen Eechten und Pflichten oder die Aufnahme in den Verband anordnen.

, . . .

3 Der Richter kann die obsiegende Partei auf : deren Begehren ermächtigen, das Urteil, auf Kosten der unterlegenen Partei zu ; veröffentlichen. Er bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.

Art. 7: Gerichtsstand 1

Die Kantone bezeichnen für Klagen wegen unzulässiger Wettbewerbsbehinderung ein Gericht, welches für das ganze Kantonsgebiet als einzige kantonale Instanz entscheidet. Dieses ist auch zuständig hinsichtlich anderer zivilrechtlicher Ansprüche, die gleichzeitig mit dem Anspruch aus unzulässiger Wettbewerbsbehinderung geltend gemacht werden.

2 Die Klage kann angebracht werden : a. gegen alle Mitwirkenden im Kauton, in dem das .Kartell oder die ähnliche Organisation den Sitz hat oder beim Fehlen eines: solchen, imKanton, in dem die Verwaltung geführt wird, und mangels eines solchen Ortes, imKanton, in dem die grösste Zahl von Beklagten Wohnsitz hat, oder wahlweise in den Kantonen mit gleicher Zahl von Beklagten; b. am Begehungsort, falls kein anderer Gerichtsstand in der Schweiz gegeben ist. ' · , , Art. 8: Wahrung von Geschäftsgeheimnissen In Streitigkeiten wegen unzulässiger Wettbewerbsbehinderung sind die Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse der Parteien zu wahren. Beweismittel, durch welche solche Geheimnisse offenbart werden können, dürfen der Gegenpartei nur soweit zugänglich gemacht werden, als dies mit der Wahrung der Ge!

heimnisse vereinbar ist.

' Art. 9: Vorsorgliche Massnahmen Auf Antrag einer Partei verfügt der B-ichter zum Schütze, von Ansprüchen aus unzulässiger Wettbewerbsbehinderung.vorsorgliche Massnahmen, wie Be^ Weissicherung oder Unterlassung der Wettbewerbsbehinderung. Artikel 9, bis 12 des Bundesgesetzes vom 30. September 1943 über den unlauteren Wettbewerb sind sinngemäss anwendbar.

2. Interne Verpflichtungen der Kartellmitglieder Art. 10: Form der Kartellverpflichtung 1

;

Verträge und Beschlüsse, durch die Kartellverpflichtungen begründet werden, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.: Bei Beschlüssen genügt das unterzeichnete Protokoll.. · , , · '. ·

616 2

Wer einem Kartell beitritt, ist an bestehende Kartellverpflichtungen nur soweit gebunden, als er sie schriftlich anerkennt.

3 Die dem Gesetz unterstehenden Preisbindungen der zweiten Hand bedürfen der schriftlichen Form nicht.

Art. 11 : Befreiung von der Kartellverpflichtung Wer eine Kartellverpflichtung eingegangen ist, kann auf gänzliche oder teilweise Befreiung klagen, wenn seine Stellung erheblich verschlechtert wird oder sonst ein wichtiger Grund vorliegt, der die Kartellverpflichtung nach Treu und Glauben unzumutbar macht. Das Urteil wirkt auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück, sofern der Eichter nicht ausnahmsweise etwas anderes anordnet.

2 Die teilweise. Befreiung von einer Kartellverpflichtung ist nur zulässig, wenn anzunehmen ist, dass die Verpflichtung auch ohne den angefochtenen Teil begründet worden wäre.

3 Will sich ein Verbandsmitglied von der Kartellverpflichtung befreien, ohne aus dem Verband auszutreten, so darf der Eichter dem Befreiungsbegehren nur stattgeben, wenn dies dem Verband billigerweise zugemutet werden kann.

4 Für den Verpflichteten günstigere gesetzliche, statutarische oder vertragliche Bestimmungen über Kündigung und Austritt bleiben vorbehalten.

1

Art. 12: Unzulässige Erschwerung des Austrittes Fällt für einen Beteiligten die Kartellverpflichtung dahin, oder scheidet er aus einem Verband aus, der vorwiegend Kartellzwecke verfolgt, so darf ihm keine Auslösungssumme auferlegt werden.

2 Die Beendigung der Kartellverpflichtung darf nicht durch die Eegelung der Vermögensrechte des Ausscheidenden oder der Kündigungs- oder Austrittsfrist oder in anderer Weise übermässig erschwert werden.

1

Art. 18 : Massregelung 1

Wettbewerbsbehindernde Vorkehren im Sinne von Artikel 4, mit denen bestehende Kartellverpflichtungen durchgesetzt werden sollen, sind nur zulässig, wenn diese Verpflichtungen angemessen sind und die Vorkehren den Betroffenen im Verhältnis zum angestrebten Ziel sowie nach Art und Durchführung nicht übermässig beeinträchtigen.

2 Sind die Vorkehren unzulässig, so richten sich die Ansprüche nach Artikel 6.

3 Auf Vorkehren, denen sich der Betroffene nicht zum voraus unterzogen hat, ist Artikel 4 und 5 anwendbar.

Art. 14: jächiedsgerichtsbarkeit 1

Verträge oder Beschlüsse, welche die Beurteilung künftiger Streitigkeiten über die Entstehung, Gültigkeit und Beendigung von Kartellverpflichtungen

617 oder über Massregelungen gemäss Artikel 13 einem Schiedsgericht übertragen, sind nichtig, wenn sie nicht jedem Beteiligten das Recht geben, im Einzelfalle statt der Entscheidung durch das Schiedsgericht eine Entscheidung durch den ordentlichen Eichter zu verlangen.

2 Werden in anderen, Streitigkeiten vor einem Schiedsgericht Ansprüche im Sinne von Absatz l geltend gemacht, so ist das Schiedsgericht auch zu deren Beurteilung zuständig, sofern die Partei, welche die Ansprüche geltend macht, nicht binnen dreissig Tagen beim ordentlichen Eichter Klage führt.

3 Die Bestimmungen von Absatz l und 2 sind nicht anwendbar auf Verträge oder Beschlüsse, an denen ausländische Parteien beteiligt sind, sofern die Beurteilung von Streitigkeiten durch ein internationales Schiedsgericht vorgesehen : ist.

Art. 15 : Weitere prozessrechtliche Bestimmungen In Streitigkeiten über Kartellverpflichtungen ist hinsichtlich der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen und der vorsorglichen Massnahmen Artikel 8 und 9 anwendbar. Ferner bestimmt sich der Gerichtsstand für Streitigkeiten über Mass!

regelungen im Sinne von Artikel 13 nach Artikel 7.

m. Verwaltungsrechtliche Bestimmungen 1. Organisation und Aufgaben der Kart-ellkommission Art. 16: Organisation

!

1

Der Bundesrat ernennt'eine Kartellkommission von sieben bis elf Mitgliedern, in der die Wissenschaft, die Wirtschaft und:,die Konsumenten vertreten sind. Der Kommission wird ein Sekretariat beigegeben. Der Bundesrat erlässt im Einvernehmen mit der Kommission deren Geschäftsreglement.

2 Die Kommission ist von den Verwaltungsbehörden unabhängig. Sie erstattet dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement jährlich einen Bericht ; über ihre Tätigkeit, d e r veröffentlicht wird.

·, 3 Die Kommissionsmitglieder haben das Amtsgeheimnis zu wahren; Die Berichte der Kommission dürfen, soweit sie veröffentlicht werden, keine Geschäftsgeheimnisse preisgeben.

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Art. 17: Erhebungen 1

, Die Kartellkommission führt von sich aus oder im Auftrag des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Erhebungen über Stand und Entwicklung der Kartelle und ähnlichen Organisationen in der schweizerischen Wirtschaft durch. Die Berichte über diese Erhebungen werden veröffentlicht, sofern das Departement nicht anders entscheidet.

. .

Bundesblatt. 113. Jahrg. Bd. II.

43

618 2 Die Kommission sammelt die Urteile, die in Anwendung dieses Gesetzes gefällt werden, und veröffentlicht sie periodisch in geeigneter Form. Die Gerichte haben der Kommission vollständige Abschriften der Urteile einzusenden.

Art. 18: Empfehlungen und Gutachten 1

Die Kartellkommission ist vor Erlass von Bundesgesetzen und Verordnungen, welche die Freiheit des Wettbewerbes beschränken, anzuhören. Sie kann auch von sich aus dem Bundesrat Empfehlungen für die Wettbewerbspolitik unterbreiten.

2 Die Kommission erstattet den Gerichten auf Ansuchen in Kartellsachen von grundsätzlicher Bedeutung Gutachten.

Art. 19: Sonderuntersuchungen 1

Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement kann die Kartenkommission mit Sonderuntersuchungen beauftragen, durchweiche abgeklärt werden soll, ob bestimmte Kartelle oder ähnliche Organisationen volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen haben.

2 Die Kommission gibt vor Abschluss des Verfahrens den Beteiligten Gelegenheit, zum Untersuchungsergebiiis Stellung zu nehmen. Sie kann ihnen empfehlen. Kartellbestimmungen abzuändern oder aufzuheben oder Vorkehren von Kartellen oder ähnlichen Organisationen zu unterlassen.

3 Nach Abschluss des Verfahrens erstattet die Kommission Bericht und Antrag an das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement. Über die Bekanntgabe der Untersuchungsergebnisse entscheidet das Département.

4 Brachtet das Departement eine ergänzende Untersuchung als notwendig; so wird sie von der Kommission durchgeführt.

Art. 20: Verfahren der Sonderuntersuchung 1

Bei Sonderuntersuchungen ersucht die Kartellkonimission die Personen, welche zur Abklärung des Sachverhaltes beitragen können, die : erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Sie kann Sachverständige beiziehen.

: .i , 2 Kann auf freiwilligem Wege der Sachverhalt nicht genügend abgeklärt werden, so hat die Kommission Parteien und Zeugen einzuvernehmen und die Vorlage von Urkunden zu verlangen. Artikel 36 bis 65 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess und Artikel 22 bis 26 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege sind sinngemäss anwendbar.

3 Gegen Anordnungen und Entscheidungen der Kommission kann wegen Verletzung klaren Hechts binnen zehn Tagen beim Präsidenten des Bundesgerichtes Beschwerde geführt werden.

619

2. Verwaltungsrechtliohe Klage

Art. 21 1

Zur Wahrung des öffentlichen Interesses kann das Eidgenössische Volkswirtschaftsdeparteinent auf Grund einer Sonderuntersuchung beim Bundesgericht binnen eines Jahres seit Einreichung, des Untersuchungsberichtes Klage erheben, ;vrenn ein EartelLoder eine ähnliche Organisation den Wettbewerb in einem Wirtschaftszweig oder Beruf in einer mit dem Gesamtinteresse nicht vereinbaren Weise ausschliesst oder erheblich beeinträchtigt, insbesondere zum Nachteil der Konsumenten.

i2 Heisst das Bundesgericht die Klage gut, so ordnet es die: erforderlichen Massnahmen an ; insbesondere kann es ;Kartellbestinunungen aufheben oder ändern oder Vorkehren von Kartellen und ähnlichen Organisationen verbieten.

IV. Schlussbestimmungen

Art. 22, , , ·. 1 Soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes vorsieht, sind auf Kartelle und ähnliche Organisationen die; Bestimmungen des, Zivilgesetzbuches, insbesondere jene über das Obligationenrecht, anwendbar.

, 2 Vorbehalten bleiben die Bundesgesetzgebung über den unlauteren Wettbewerb, den gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht sowie von diesem Gesetz abweichende öffentlich-rechtliche Vorschriften.

· .; 3 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens 'des Gesetzes.

.' 5810

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über Kartelle und ähnliche Organisationen (Vom 18. September 1961)

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1961

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

40

Cahier Numero Geschäftsnummer

8326

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.10.1961

Date Data Seite

553-619

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10 041 464

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