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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erhöhung der Preiszuschläge auf Speiseölen und Speisefetten (Vom 5. Juni 1961)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Am 28. April 1961 haben wir die Preiszuschläge auf Speiseölen und Speisefetten sowie auf den zu ihrer Herstellung nötigen Eohstoffen und Halbfabrikaten neu festgesetzt. Wir beehren uns, Ihnen im Sinne von Artikel 30, Absatz 3 des Milchbeschlusses vom 29. September 1953 wie folgt zu berichten.

I. Einleitung Auf Grund des vom Schweizerischen Bauernsekretariat im vergangenen Frühjahr üblicherweise erstatteten Berichts über die Kosten- und Ertragslage der schweizerischen Landwirtschaft wurde festgestellt, dass diese sich in letzter Zeit merklich'verschlechtert hat. Während der durchschnittliche Arbeitsverdienst der Buchhaltungsbetriebe in den Jahren 1958 und 1959 den paritätischen Lohnanspruch praktisch noch erreichte, dürfte dies pro 1960 nur zu 86 Prozent und 1961, ohne geeignete Vorkehren, zu einem noch geringeren Teil möglich sein.

Die laufenden Berechnungen des Schweizerischen Bauernsekretariates werden von der Verwaltung eingehend kontrolliert, und wir haben ihr den Auftrag erteilt, auch die angewendeten Berechnungsgrundlagen neuerdings zu überprüfen. An der Tatsache einer wesentlichen Verschlechterung der Ertragslage kann aber kein Zweifel bestehen.

Die rückläufige Entwicklung des bäuerlichen Einkommens ergibt sich beispielsweise aus der Tatsache, dass die Verkehrsmilchproduzenten bei dem seit November 1957 geltenden nominellen Milchgrundpreis von 43 Eappen je kg/l in der Abrechnungsperiode 1959/60 (I.November big 31.Oktober) nach Abzug ihres Anteils am Aufwand für die Milchproduktenverwertung und des Zehntelrappens Werbebeitrag nur 40,7 Eappen je kg/l lösten. Trotz guter Ernten und

1221 erhöhter Produktivität vermag die Landwirtschaft die stärker gestiegenen Kosten nicht mehr zu decken. In Anbetracht dieser Feststellungen war es notwendig, Massnahmen zu treffen, die geeignet sind, den Anteil der Verkehrsmilchproduzenten am Verwertungsaufwand für die Milchprodukte zu vermindern.

Dies soll u.a. durch eine Erhöhung der Einnahmen in der Milchrechnung geschehen, unter welchen die Preiszuschläge auf Speiseölen und Speisefetten einen bedeutenden Posten bilden.

II. Rechtliche Grundlagen der Preiszuschläge auf Speiseölen und -fetten 1. Gestützt auf Artikel 26 des Landwirtschaftsgesetzes vom S.Oktober 1951 (AS 1953, 1073) kann die Bundesversammlung zur Sicherung einer geordneten Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten und zur Förderung des Absatzes von Milch zu Preisen, die nach den Grundsätzen dieses Gesetzes angemessen sind, unter Berücksichtigung der Interessen der Gesamtwirtschaft u.a. die Erhebung von Abgaben auf der Einfuhr von Speiseölen und Speisefetten mit Einschluss der zu ihrer Herstellung notwendigen Rohstoffe und Halbfabrikate anordnen.

2. Kraft dieser Befugnis hat die Bundesversammlung den Bundesrat in Artikel 30 des Milchbeschlusses (AS 1953, 1109) ermächtigt, nach Anhören der Beteiligten und der beratenden Kommission für die Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes die genannten Preiszuschläge festzusetzen. Dabei ist auf die Entwicklung der Weltmarktpreise der belasteten Waren, auf die Preis- und Absatzverhältnisse bei den inländischen Milchprodukten und Speisefettstoffen sowie auf die Lebenshaltungskosten Bücksicht zu nehmen. Die Bundesversammlung beschliesst in der nächsten Session, ob und in welchem Ausmass die Preiszuschläge in Kraft bleiben sollen.

Gemâss Artikel 26 des Landwirtschaftsgesetzes und des Milchbeschlusses sind die Erträgnisse dieser Preiszuschläge zur Senkung der Preise einheimischer Milchprodukte und zur weitern Förderung ihres Absatzes im In- und Ausland zu verwenden.

III. Ausgangslage für die Erhöhung der Preiszuschläge 1. Auf eingeführten Speisefettstoffen werden Preiszuschläge seit 1935 erhoben; diese Massnahme fand, neben ändern ähnlich gerichteten, wie beispielsweise die Abgaben auf Konsummilch und Konsumrahm, zur Erleichterung der Verwertung von Milchprodukten und zur Förderung ihres Absatzes Aufnahme ins Landwirtschaftsgesetz
und in den Milchbeschluss. Die Zuschläge betrugen je q anfänglich 25 Franken auf Speiseölen und 10 Franken auf Speisefetten, sodann 1938 auf beiden Produkten 46 Franken und schliesslich 1939 im Maximum 55 Franken ; nach vorübergehender Senkung dieser Zuschläge auf l Franken im Jahre 1941 - mit Eücksicht auf die kriegsbedingte Warenverknappung und -Verteuerung - wurden sie 1949 wiederum auf 5 Franken je q heraufgesetzt.

1222 Mit Bundesratsbeschlusä vom 24. Juni 1955 sind die Preiszuschläge auf Speiseölen und Speisefetten sowie auf den zu ihrer Herstellung nötigen Eohstoffen und Halbfabrikaten in Anbetracht der erhöhten Aufwendungen für die Butterverwertung auf das Doppelte der bisherigen Ansätze, d.h. auf 10 Franken je q brutto Fertigware erhöht worden. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass neben diesen Preiszuschlägen auf importierten Speiseölen und Speisefetten Garantiebeiträge für die Pflichtlagerhaltung in der Höhe von zurzeit 10 Franken je q, Basis Baffinat, zu leisten sind.

In den Jahren 1955 bis 1960 erreichten die Einnahmen dieser Preiszuschläge folgende Beträge: Franken 1955 3852850.25 1956 6097381.-- 1957 6552541.-- 1958 6950555.-- 1959 5946364.20 1960 7190208.55 2. Nach Artikel 30 des Milchbeschlusses ist, wie erwähnt, bei der Bemessung der Preiszuschläge u.a. auf die Entwicklung der Weltmarktpreise Bücksicht zu nehmen. Diese zeigen für die wichtigsten ausländischen Fettstoffe und Öle zu Speisezwecken folgendes Bild :
Copra Philipp.

- Amsterdam/ Rotterdam je 1016 kg

Rohkokosöl fco. Basel, verzollt, nackt je 100 kg

$

Franken

cif

Erdnussöl der inländischen Ölwerke, fco. Empfänger in Fässern je 100 kg Franken

1953/55 . . . · 1959/61

229.83 189.66 229.66 225.50 183.66 199.33 % % % Bückgang gegenüber 1953/55 . .

1,8 3,2 13,2 3. Die Konsumentenpreise für Speiseöle und -fette mussten bei der letzten Änderung der Preiszuschläge im Jahre 1955 dank gleichzeitiger entsprechender Senkung der Garantiebeiträge für die kriegsvorsorgliche Pflichtlagerhaltung nicht heraufgesetzt werden. Seither erfuhren sie leichte Erhöhungen; indexmässig blieben diese unter denjenigen des Indexes für Nahrungsmittel und des Gesamtindexes, wie die nachstehende Tabelle zeigt : Speisefette/Öle 1955 1960

Nahrungsmittel 1955 1960

Gesamtindex 1955 1960

Januar 174,5 167,1 190,4 192,4 172,4 181,0 Juli 163,7 167,6 189,2 196,2 172,4 183,7 Dezember 162,1 166,9 191,9 197,6 173,6 184,7 In Übereinstimmung mit dieser Entwicklung zeigen die monatlichen Preisnotierungen für ausgewählte Nahrungsmittel in der «Volkswirtschaft», dass seit Juli 1955 die Detailpreise für Kokosnussfett mit und ohne Butter leicht angestiegen sind, nicht aber diejenigen für Erdnussöl.

1223 Juli 1955 Fr./kg

Juli 1960 Fr./kg

Januar 1961 Er. /kg

Kokosnussfett in Tafeln 2.82 3.05 3.07 Kokosnussfett mit 10 Prozent Butter 3.93 4.17 4.16 Erdnussöl 2.71 2.70 2.70 4. Über den tatsächlichen Verbrauch von pflanzlichen Fetten und Ölen und, im Vergleich dazu, von Butter gesamthaft, so\vie pro Kopf der Wohnbevölkerung und Jahr, gibt die Tabelle im Anhang näheren Aufschluss.

Anhand dieser Unterlagen kann festgestellt werden, dass gegenüber der Vorkriegszeit innerhalb des gesamten sichtbaren Fettverbrauches eine erhebliche Verschiebung zugunsten der billigeren pflanzlichen Fette und Öle eingetreten ist. Während auf diese im 8-Jahros-Mittel 1931/38 37,7 Prozent des Gesamtverbrauches entfielen, waren es im Durchschnitt der Jahre 1955/00 rund 55 Prozent. Demgegenüber ist der Butterverbrauch mit 6,5 kg pro Kopf der Bevölkerung und pro Jahr trotz namhafter Verbilligungsbeiträge ziemlich stabil geblieben.

5. In diesem Zusammenhang ist ferner darauf hinzuweisen, dass die Butterpreise durch unsern Beschluss vom 28. April 1961 erhöht worden sind, was ohne Erhöhung der Preiszuschläge auf Speiseölen und Speisefetten eine weitere Verschiebung des Verbrauches zugunsten dieser Öle und Fette zur Folge hatte.

IV. Auffassung der Beteiligten und der konsultativen Orgaue

Begtimmungsgemäss sind die Beteiligten sowie die konsultativen Organe (Fachausschuss Milch und beratende Kommission für die Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes) angehört worden.

1. Die Beteiligten - Fettindustrie und Importhandel - wandten sich energisch gegen die Erhöhung der Preiszuschläge mit der Begründung, dass von Seiten der Ëohstoffe vorderhand keine preisliche Entlastung zu erwarten sei.

Die dadurch bedingte Überwälzung der höheren Preiszuschläge auf die Konsumentenpreise würde vor allem die weniger kaufkräftigen Kreise treffen, welche auf die billigeren pflanzlichen Speisefette und -öle angewiesen seien. Die Fettindustrie machte zudem einen eher rückläufigen Verbrauch der im Inland hergestellten Speisefette und -öle seit 1955 geltend.

2. Aus den Beratungen des Fachausschusses Milch und der beratenden Kommission, in welchen auch die Konsumenten vertreten sind, ging hervor, dass die Mehrheit mit einer Erhöhung der Preiszuschläge auf 30 Franken je q brutto einverstanden war.

V. Beschluss des Bundesrates

1. In Abwägung aller Gesichtspunkte gelangten wir zürn Schluss, dass die Preiszuschläge von 10 auf 30 Franken je q brutto bzw. 33.60 Franken je q netto.

Basis Eaffinat, zu erhöhen seien, mit entsprechender Abstufung der Ansätze bei Halbfabrikaten und Eohstoffen nach Massgabe der durchschnittlichen Aus-

1224 beute. Gleichzeitig waren auch die Preiszuschläge auf butterhaltigen Speisefetten den veränderten Verhältnissen -- einerseits rückläufige Weltmarktpreise für Beimischbutter und anderseits Butterpreiserhöhung auch für die Fettindustrie - anzupassen. Diesen nach Butterfettgehalt abgestiaften Zuschlägen liegt nun ein Preisunterschied von 550 Pranken je q zwischen dem Ankaufspreis für Einsiedebutter, ohne Verpackung, für die Kochfettindustrie (Fr. 960) und den mittleren Gestehungskosten für Butter in importierten Mischfetten (Fr. 410) zugrunde.

2. Die durch den eingangs erwähnten Bundesratsbeschluss vom 28. April 1961 (AS 1961, 340) angeordnete Erhöhung der Preiszuschläge ab I.Mai 1961 wird, auf ein ganzes Jahr bezogen, eine Steigerung der Einnahmen in der Milchrechnung um etwa 14 Millionen auf rund 21 Millionen Franken und mit der Zeit einen Anstieg des Gesamtindexes der Konsumentenpreise um 0,18 Punkte bewirken; die vor dem I.Mai 1961 ausgestellten Verträge über Kauf und Verkauf von Speiseölen und -fetten sowie von zu deren Herstellung nötigen Kohstoffen und Halbfabrikaten können bis zu ihrem Verfall noch zu den alten Ansätzen ausgenützt werden.

Gestützt auf diese Ausführungen beantragen wir Ihnen, vom Bundesratsbeschluss vom 28. April 1961 über Preiszuschläge auf Speiseölen und Speisefetten in zustimmendem Sinne Kenntnis zu nehmen und zu beschliessen, dass die damit festgesetzten Ansätze weiterhin in Kraft bleiben sollen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 5. Juni 1961.

Im ÌSamen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident :

Wahlen Der Bundeskanzler: Ch. Oser

1225 Versorgung mit Nahrungsfetten 1931 [38 und 1955/56 bis 1959/60 (je I.Juli lis 30.Juni) Quelle : Berechnungen des Schweizerischen Bauernsekretariates, Brugg.

Landwirtschaftsjahr (1.7. -30.6.)

Pflanzliche Fette und öle

Schweineschmalz

Butter

Rinderfett

Total Erzeugnisse

Verbrauchsmenge ') total in q 1931/38 2)

262 850

1955/56 1956/57 1957/58 1958/59 1959/60

504 337 603 986 544923 596 090 620 291

78506 58345 65574 60754 56913 59808

75364 74505 80360 70115 71199 71 522

280 875 323 801 335 269 334 825 339 428 347144

697 595

960 988 1 085 189 1 010 617 1 063 630 1 098 765

Verbrauchsinenge je Kopf der Bevölkerung In kg 1931/38a )

1955/56 1956/57 1957/58 1958/59 1959/60

6.3 10,0 11,8 10,5 11,4 11,7

6.7 6.4 6,6 6.5 6,5 0,0

Ì

1,8 1,5 1,6 1.4 1,3 1.3

* , i

16,7 19,1 21,3 19,6 20.3 20,6

1,9 1,2 1,3 1,2 1,1 1,1

Bemerkungen : *) Inlandproduktion und Einfuhr abzuglich Ausfuhr unter Berücksichtigung der Vorräteveränderung beim Bund und den Pflichtlagerhaltern (Grosshandel, Industrie).

2 ) 8-Jahres-Mittel (aus Veröffentlichung Nr. 24 der Preisbildungskommission des EVD).

Verbrauch von eingeführten Speisefetten und -ölen (ohne Berücksichtigung der Exporte1) (Angaben der Treuhandstelle Schweizerischer Lebensmittelimporteure) Kalenderjahr:

Total Pro Kopf (kg) Mittlere Wohnbevölkerung (Millionen) 1

1955 t

1956 t

1957 t

1958 t

1959 t

1960 t

50 489 56 971 56 046 58 864 57 356 61 276 10,14 11,30 10,95 11,35 10,95 11,32 4,977

5,039

5,117

5,185 5,240 5,411

) Exporte zwischen 700 und 800 t pro Jahr; 1956 rund 2500 t (abnormal hoch).

6758

Bundesblatt. 113. Jahrg. Bd. I.

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1961

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08.06.1961

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