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Bekanntmachungen von Departementen und andern Verwaltungsstellen des Bundes, # S T #

Kreisschreiben des

eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements an die Kantonsregierungen über die Einführung des revidierten Obligationenrechts.

(Vom

81. März 1937.)

Hochgeachtete Herren!

Am 18. Dezember 1936 haben die eidgenössischen Bäte das Bundesgesetz über die Eevision der Titel XXIV bis XXXIII des Obligationenrechts in der Schlussabstimmung angenommen. Das Gesetz wurde am 80. Dezember publiziert (Bundesbl. 1986, III, S. 605), und am 80. März ist die Eeferendumsfrist unbenutzt abgelaufen. Der im Anschluss an den Erlass des Zivilgesetzbuches vorgenommenen Anpassung der beiden ersten Abteilungen des OB (Art. 1---551) vom 80. März 1911 folgt nun diejenige der übrigen Abteilungen, umfassend die Handelsgesellschaften und die Genossenschaft, Handelsregister, Geschäftsfirmen und Buchführung sowie die Wertpapiere mit Einschluss.

der Gläubigergemeinschaft beiAnleihensObligationen (Art. 552--1182). Da das Obligationenrecht trotz eigener Numerierung der Artikel zum Zivilgesetzbuch gehört und dessen fünften Teil bildet, ist mit dem Zustandekommen der Eevision das grosse Werk unserer Privatrechtskodifikation nach einer viele Jahrzehnte umfassenden Arbeit erst richtig vollendet worden.

Gemäss Art. 19 des Schlusstite tritt das revidierte OB schon auf den 1. Juli 1987 in Kraft. Ausgenommen davon ist der Abschnitt über die Gläubigergemeinschaft (Art. 1157--1182), dessen Inkraftsetzung dem Bundesrat vorbehalten wurde, da dieses Bechtsgebiet heute durch Notverordnungen stark beeinflusst ist und die formelle Inkraftsetzung des Gesetzestextes infolgedessen hier zu Rechtsunsicherheiten hätte führen müssen.

Trotz seines beträchtlichen Umfanges wird die Einführung des neuen Eechts wenigstens von Seiten der Kantone nicht vieler Massnahmen bedürfen; handelt es sich doch in der Hauptsache um die Neugestaltimg alten Rechtsstoffes. Das einzige neue Gebilde ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die nun auch bei uns Eingang gefunden hat. Von den bestehenden Formen sind namentlich die Aktiengesellschaft und die Genossenschaft stark ausgebaut

691 und der seit dem Erlass des alten OB bedeutend fortgeschrittenen Ent-wickhmg ftngepasst worden. Die Abteilung über Handelsregister, Firmen und Buchführung, bisher am Schluss des Gesetzes stehend, hat ihren natürlicheren Platz unmittelbar nach dem Gesellschaftsrecht erhalten. Das Wertpapierrecht wurde in systematischer Hinsicht ergänzt. Seinen Hauptbestandteil machen wie im alten Hecht Wechsel und Check aus, die nun aber in Übereinstimmung mit don Genfer Abkommen von 1980 und 1981 über die Vereinheitlichung des Wechsel- und des Checkrechts geordnet worden sind; die Schweiz ist diesem Abkommen unter Vorbehalt des Zustandekommens des revidierten OE beigetreten (vgl. Bundesbl. 1931, II, S. 841). Die Schluss- und Übergangsbestimmungen endlich regeln das Verhältnis zum bisherigen Becht und enthalten (in Art. 15 und 17) einige notwendige Abänderungen und Ergänzungen des Schuldbetreibungsgesetzes sowie des Bankengesetzes.

Im nachfolgenden möchten wir nun auf eine Reihe von Bestimmungen hinweisen, die das Verhältnis des Bundesrechts zum kantonalen Eecht berühren und insbesondere untor dem Gesichtspunkt des Erlasses kantonaler Ausführungsbestimmungen Interesse bieten.

1. Vorweg sei hier Art. 688, Abs. 3, erwähnt, der bei der Gründung der Aktiengesellschaft eine Neuerung bringt, um Scheinmanöver zu bekämpfen: Die Bareinzahlungen auf das Aktienkapital sind bei einer von den Kantonen zu bezeichnenden Dopositenstelle auf den Namen der zu gründenden Gesellschaft zu hinterlegen und dürfen der Verwaltung erst nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister ausgehändigt werden. Auf diese^Vorechrift nehmen ferner Art. 685, Abs. l und 2, sowie Art. 688, Abs. 2, Z. 2, Bezug.

Die Kantone haben die zuständige Depositenstelle zu bezeichnen; es steht ihnen frei, mehrere Stellen für den Kanton zu schaffen, sofern sie ein Bedürfnis dafür als gegeben erachten. Dem Zweck der Vorschrift entsprechend wird es sich empfehlen, öffentlichen Kassen oder Amtsstellen (Kantonalbank, Staatskasse usw.) die Aufgabe zu übertragen.

2. Dem Entscheid des Eichters sind im neuen Eecht naturgetnäss zahlreiche Fälle vorbehalten. Soweit es sich um die Erledigung obligationenrechtlicher Streitigkeiten im ordentlichen Zivilprozess handelt, ist darauf hier nicht einzutreten; diese Kompetenz der Gerichte versteht sich hier wie
Überall im Privatrecht von selbst. Dagegen möchten wir eine Eeihe von Gosetzesstellen anführen, die richterliche Verfügungen auf einseitigen Antrag in Fällen vorsehen, wo die Beteiligten sich über eine zu treffende Massnahme oder eine zu bezeichnende Person nicht einigen können. Die kantonalen Einführungsgesetze zum ZGB pflegen den für derartige Verfügungen zuständigen Bichter besonders zu bezeichnen (gewöhnlich ist es der Gerichtspräsident). Auch steht es den Kantonen natürlich frei, für solche, in der Eegel rasch zu treffende Verfügungen ein besonderes, Vereinfachtes Verfahren vorzusehen. Das bisherige OE enthält schon manche Vorschrift dieser Art; im revidierten Teil Sind sie noch vermehrt worden. Die Annahme liegt nahe, dass auch für die

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neuen Stellen die Zuständigkeit des bisher bezeichneten Richters Platz greifen wird, soweit die Kantone nichts anderes anordnen. Nachstehend geben wir das Verzeichnis dieser Artikel im revidierten Teil des Gesetzes : Art. 565, Abs. 2, vorläufige Entziehung der Vertretungsbefugnis eine» Kollektivgesellschafters ; gilt gemäss Art. 603 auch für die Kommanditgesellschaft ; Art. 583, Abs. 2 (bisher 580, Abs. 2), Ernennung und Abberufung von Liquidatoren der Kollektivgesellschaft; gilt gemäss Art. 619, Abs. l (bisher 611, Abs. 1), auch für die Kommanditgesellschaft; Art. 585, Abs. 3, Art der Veräusserung von Grundstücken bei Liquidation dor Kollektivgesellschaft; gleiche Bemerkung; Art. 600, Abs. 8, Prüfungsrecht des Kommanditärs ; Art 697, Abs. 3 (bisher 641, Abs. 4), Kontrollrechte des Aktionärs; Art. 699, Abs. 4, Einberufung der Generalversammlung auf Begehren von Aktionären ; Art. 706, Abs. 8, Bestimmung eines Vertreters der Aktiengesellschaft bei Anfechtung eines Beschlusses der Generalversammlung durch die Verwaltung; Art. 741 (bisher 666, Abs. 8), Bestellung und Abberufung von Liquidatoren der Aktiengesellschaft; gilt gemäss Art. 828 und 918, Abs. l, auch für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und für die Genossenschaft; Art. 809, Abs. 3, Einberufung der Gesellschafterversammlung der GmbH auf Begehren von Gesellschaftern; Art. 857, Abs. 8, Kontrollrechte des Genossenschafters; Art. 881, Abs. 3, Einberufung der Generalversammlung auf Begehren von Genossenschaftern; Art. 971, 972, 977, 981 bis 988, 1072 bis 1080, 1098, 1143, Z. 19 (bisher Art. 791 ff. und 849 ff.), Kraftloserklärung von Wertpapieren; Art. 1164, Abs. 3, Einberufung der Gläubigerversammlung bei Anleihensobligationen auf Begehren von Gläubigern.

3. Wir schliessen eine Reihe von Bestimmungen an, die, ohne notwendig kantonale Ausführungsmassnahmen zu erheischen, für die Kantone unter andern Gesichtspunkten Interesse bieten können: Art. 673 und 674, Abs. 8, ordnen die Wohlfahrtsfonds von Aktiengesellschaften für Angestellte und Arbeiter und schreiben vor, dass solche Reservef onds in Stiftungen übergeführt werden müssen ; das nämliche gilt nach Art. 805, 862 und 868, Abs. 3, für Wohlfahrtsfonds von Gesellschaften mit beschränkter Haftung und von Genossenschaften. Diesen Vorschriften werden künftig die Kantone Rechnung tragen müssen,
wenn sie Verordnungen über Stiftungen erlassen. Zu beachten ist auch die Übergangsbestimmung in Art. 8 des Schlusstitels, Art. 751 und 915 sehen die Übernahme des Vermögens einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft durch das Gemeinwesen vor und regeln die Folgen.

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Im gleichen Zusammenhang verweisen wir auf die Art. 762 und 926 über die Beteiligung von Körperschaften des öffentlichen Eechts an Aktiengesellschaften und Genossenschaften; ein Bückgriffsrecht gegen die von der Körperschaft in die Verwaltung oder die Kontrollstelle abgeordneten Vertreter im Sinn& dieser Bestimmungen kann auch durch künftiges kantonales Bechi geschaffen werden.

Art. 768 schliesst die Anwendung des Aktienrechts aus für bestimmte Gesellschaften und Anstalten, die durch kantonale Gesetze gegründet worden sind und unter Mitwirkung öffentlicher Behörden verwaltet werden; die Gründung solcher Unternehmen durch kantonales Eecht ist auch künftig noch möglich.

Ähnlich werden in Art. 829 die öffentlich-rechtlichen Personenverbände, auch wenn sie genossenschaftlichen Zwecken dienen, von der Herrschaft des Obligationenrechts ausgenommen; es bleibt also hier bei den Normen des öffentlichen, in der Regel des-kantonalen Bechts, wie schon Art. 59 ZGB es allgemein für die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und insbesondere für die Allmendgenossenschaften vorsieht.

Für die Organisation des Handelsregisters ist darauf hinzuweisen, das» Art. 927, Abs. 8, für jeden Kanton nur noch eine kantonale Aufsichtsbehörde vorsieht, dass also die Einsetzung bezirksweise zuständiger unterer Aufsichtsbehörden nicht mehr zulässig ist. Für die Haftbarkeit der Begisterführer, der Aufsichtsbehörden und des Kantons aus der Führung des Handelsregisters hat Art. 928 die nämlichen Grundsätze übernommen, die nach Art. 42 ZGB im Gebiete des Zivilstandswesens gelten. Die Befugnis der Begisterbehörde, gegen säumige Eintragspflichtige Ordnungsbussen abzusprechen (bisher Art. 864, Abs. 1), ist in Ait. 948 ausgedehnt worden auf Mitglieder der Verwaltung einer Aktiengesellschaft, die der durch Art. 704 eingeführten Pflicht zur Auflegung der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz beim Handelsregisteramt nicht nachkommen; der Bussenentscheid kommt der kantonalen Aufsichtsbehörde zu, und das Verfahren wird in der Handelsregisterverordnung näher geordnet.

Der Wechselprotest ist nach Art. 814 des bisherigen Bechts «durch einen Notar oder eine andere obrigkeitlich dazu ermächtigte Person» aufzunehmen; Art. 1035 des neuen Bechts spricht von einer «hierzu ermächtigten Person oder Amtsstelle» (was nach Art. 1098 und 1148, Z. 9,
auch für den eigenen Wechsel und für den Check gilt). An die Stelle der Eintragung der Proteste in ein besonderes Register gemäss Art. 817 des alten Eechts tritt nach Art. 1040, Abs. 3, des neuen die blosse Verpflichtung zu chronologisch geordneter Aufbewahrung der Abschriften der Protesturkunden, Es kann den Kantonen, überlassen werden, nach ihrem Gutfinden die zuständigen Urkundspersonen oder Amtsstellen auf diese Neuerung aufmerksam zu machen.

Wechsel- und checkrechtliche Handlungen können wie bisher an einem Bonntag oder einem andern staatlieh anerkannten Feiertag nicht gültig vorgenommen werden (Art. 819 und 886 alt, 1081 und 1136 neu) ; nach wie vor sind

694 also ausser den Sonntagen die durch die Kantone bestimmten staatlichen Feiertage massgebend.

Im Abschnitt über die Warenpapiere regelt Art. 1155 die Bedeutung von Scheinen, die über eingelagerte oder verfrachtete "Waren ausgegeben werden.

Sie werden als Wertpapiere anerkannt, wenn sie den Formerfordernissen derselben genügen; der Aussteller unterhegt aber einer von der zuständigen kantonalen Behörde zu verhängenden Ordnungsbusse, wenn er die «vom Gesetz verlangte Bewilligung» nicht besass. Damit verweist die neue Bestimmung auf Art. 482 OB, der bisher schon die Möglichkeit vorsah, Lagerhaltern, die sich öffentlich zur Aufbewahrung von Waren anerbieten, die Bewilligung zur Ausgabe von Warenpapieren mit Wortpapiercharakter zu orteilen. In dieser Bestimmung ist auch die neue Vorschrift verankert.

4. Dio Revision des Handelsrechts erfordert eine grundliche Umarbeitung der ohnehin revisionsbedürftigen Handelsregisterverordnung von 1890 und ihrer Nachträge sowie des Gebührentarifs für das Handelsregister. Die neue Verordnung und der neue Tarif werden ebenfalls noch vor dem 1. Juli dieses Jahres herauskommen.

Schliesslich bleibt uns nur beizufügen, dass die Massnahmen der Kantone zur Einfuhrung des neuen Eechts wie diejenigen zum Zivilgesetzbuch der Genehmigung des Bundesrates bedürfen, wie sich aus Art. l der Schlussbestimmungen in Verbindung mit Art. 52 des Schlusstitels zum ZGB ergibt.

Wir ersuchen Sie daher, uns Erlasse solcher Natur unterbreiten zu wollen.

Von welcher Behörde solche Erlasse ausgehen, das zu bestimmen ist Bache des kantonalen Eechts und von der Bundesbehörde nicht zu überprüfen.

Genehmigen Sie, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochschätzung.

Bern, den 81. März 1937.

Eidgenossisches Justiz- und Polizeidepartement: 331 Baumann.

Amtliches Warenverzeichnis zum schweizerischen Zolltarif.

JVach.trag'.

Ein 8. Nachtrag des amtlichen Warenverzeichnisses zum schweizerischen Zolltarif, in deutscher und franzosischer Sprache, ist soeben erschienen.

Die beiden Drucksachen können bei der eidgenössischen Oberzolldirektion in Bern, boi den Zollkreisdirektionen in Basel, Schaffhausen, Chur, Lugano, Lausanne und Genf, sowie bei den Hauptzollämtern in Zürich und St. Gallen zum Preise von 30 Rappen per Exemplar, plus 5 Rp. Porto, bezogen werden.

(2.).

Bern, den I.April 1937.

333

Eidgenössische Oberzolldirektion.

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5% eidgenössische Anleihe von 1925.

Gemäss Beschluss des Bundesrates vom 6. April 1937 wird die 5% eidgenössische Anleihe von 1925 von Fr. 140000000 auf 15. Juli 1937 titelgemäss zur Rückzahlung gekündigt.

Diese zur Rückzahlung aufgerufenen Obligationen werden von ihrem Verfalltage an nicht mehr verzinst.

B e r n , den 6. April 1937.

Eidgenössisches Finanz- und Zolldepartement: Meyer.

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Verzeichnis der von der Abteilung für passiven Luftschutz geprüften Stoffe und Spezial-Verdunkelungspapiere.

Zeichen :

Firma:

Hausammann & Cie. .

L + DA 406, 413, 414, 424

Artikel:

Gebrüder Abegg . . . . 407, 4 0 8 Schmid & Cie 409 B. Albrecht AG 410 Berlinger & Cie 411 Stoeckli & Cie.

. 412 Jacques Schindler, . 415, 416 Baumgartner & Cie.

. 417 S. & W. Wyler .

. 418, 419, 420, 421, 422

Adresse:

Stoffe

Winterthur

Stoffe Stoff Stoff Stoff Spezialpapier Asphaltkrep Spezialpapier Stoffe

Borgen Burgdorf Basel Ganterswil Basel Zürich Lausanne.

Aarau

Diese Stoffe, Spezialpapiere usw. müssen am Rand mindestens von Meter zu Meter den amtlichen Prüfstempel tragen:

LS+DA(Nr.)

B e r n , den 5. April 1937.

Abteilung für passiven Luftschutz.

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Wettbewerb- und Stellenausschreibungen sowie Anzeigen.

Ausschreibung von Bauarbeiten.

Landwirtschaftliche Versuchsanstalt in Zürich-Oerlikon.

Über die Erd-, Maurer-, Eisenbeton-, Kanalisations-, Umgebungs-, Zimmer-, Spenglerund Dachdeckerarbeiten für den Neubau eines Ökonomiegebäudes, sowie über die Erd-,

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Jahr

1937

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1

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14

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

07.04.1937

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690-695

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